Jüdisches Regensburg Schwerpunkt - Jahresthema des Kulturreferats 2019 "Stadt und Gesellschaft" - Schwerpunkt "Jüdisches ...

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Jüdisches Regensburg Schwerpunkt - Jahresthema des Kulturreferats 2019 "Stadt und Gesellschaft" - Schwerpunkt "Jüdisches ...
Schwerpunkt
Jüdisches Regensburg

   Jahresthema des Kulturreferats 2019
   „Stadt und Gesellschaft“
Jüdisches Regensburg Schwerpunkt - Jahresthema des Kulturreferats 2019 "Stadt und Gesellschaft" - Schwerpunkt "Jüdisches ...
Bild: Synagoge 1912, Bilddokumentation Stadt Regensburg
Jüdisches Regensburg Schwerpunkt - Jahresthema des Kulturreferats 2019 "Stadt und Gesellschaft" - Schwerpunkt "Jüdisches ...
Einen neuen Anfang wagen
Die Synagoge steht am alten Ort

Die Vergangenheit wirkt bis in die Gegenwart. Nichts
macht das gegenwärtig deutlicher als der Neubau der
Synagoge der Jüdischen Gemeinde am historischen Ort
in der Regensburger Altstadt. Es ist der Ort, wo vor 80
Jahren die Nationalsozialisten die Synagoge der Vorgän-
gergemeinde plünderten und in Brand setzten. Heute steht
dort wieder das jüdische Gemeindezentrum mit Synagoge.

Es ist das Ergebnis zielstrebigen Handelns vieler Akteu-
re, dass die Fertigstellung mit einem historischen Datum
aus der Regensburger Stadtgeschichte zusammentrifft:
dem Jahr 1519. Vor 500 Jahren, am 21. Februar 1519,
beschloss der Regensburger Stadtrat die Vertreibung der
Juden. Vorausgegangen war diesem Pogrom eine jahre-
lange antijüdische Hetz- und Verleumdungskampagne. Sie
mobilisierten in einer Periode des wirtschaftlichen Nieder-
gangs der Stadt Aberglauben und Habgier und zerstörten
ein jahrhundertealtes, nicht immer spannungsfreies Mitein-
ander von Juden und Christen in Regensburg.

Doch die Geschichte der Juden in Regensburg endete
nicht mit der Vertreibung. Im 17. Jahrhundert kamen mit
dem Immerwährenden Reichstag wieder Juden nach
Regensburg. Eine neue Gemeinde, die Israelitische Kul-
tusgemeinde entstand. Die Rassenpolitik der Nazis – die
Entrechtung der jüdischen Bevölkerung, der Raub ihres
Eigentums und schließlich ihre Deportation und Ermor-
dung in den Mordstätten in Ostpolen – beendete jedoch
erneut jüdisches Leben in Regensburg. Nach 1945, nach
der Shoah, wagten jüdische Überlebende einen neuen
Anfang. Sie gründeten 1950 die Jüdische Gemeinde Re-
gensburg.

2019 eröffnet die Gemeinde wieder eine Synagoge mit
Gemeindezentrum und dokumentiert damit ihre Zuversicht,
weiterhin in Regensburg ihren Glauben ohne Bedrohung
leben zu können. Diese Hoffnung unterstützt das nachfol-
gende Veranstaltungsprogramm. Eine Vielzahl von Vor-
trägen, Ausstellungen und musikalischen Themen stellt im
Laufe des Jahres 2019 die wechselvolle Geschichte und
die Gegenwart der jüdischen Gemeinde dar und lädt ein,
sich über jüdisches Leben in Regensburg zu informieren.

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Jüdisches Regensburg Schwerpunkt - Jahresthema des Kulturreferats 2019 "Stadt und Gesellschaft" - Schwerpunkt "Jüdisches ...
Vortrag
                                    Widerstand durch Recht
                                    So, 10.03.2019, 17 Uhr
                                    Großer Runtingersaal, Keplerstraße 1

                                    Referentin: Dr. Veronika Nickel, Salomon Ludwig Stein-
                                    heim-Institut an der Universität Duisburg-Essen

                                                             Der Vertreibung der mittelalterli-
                                                             chen Judengemeinde 1519 aus
                                                             Regensburg gingen eine jahre-
Bild: Museen der Stadt Regensburg

                                                             lange Drangsalierung durch die
                                                             Stadt und ein Streit um gegensei-
                                                             tige Rechte und Pflichten voraus.
                                                             Kaiser Maximilian I., Schutzherr
                                                             der Judengemeinde, ordnete die
                                                             gerichtliche Klärung in Innsbruck
                                                             an. Dieses bislang wenig beach-
                                                             tete Gerichtsverfahren bot der Ju-
                                                             dengemeinde die Möglichkeit zum
                                    Widerstand – nachdem das absolute Stillhaltegebot wäh-
                                    rend des Gerichtsprozesses durch den Tod des Kaisers im
                                    Januar 1519 vom Stadtrat gebrochen und von diesem die
                                    Vertreibung aller Juden beschlossen und binnen nur einer
                                    Woche umgesetzt worden war.

                                    Ausstellung
                                    Regensburg – Mittelalterliche Metropole der Juden
                                    15.03. – 02.06.2019
                                    Eröffnung: Do, 14.03.2019, 18 Uhr
                                    Historisches Museum, Dachauplatz 2-4
                                    Einführung: Prof. Dr. Eva Haverkamp-Rott und Dr. des.
                                    Astrid Riedler-Pohlers,
                                    beide Ludwig-Maximilians-Universität München

                                    Bild: Regensburger Stadtansicht aus der „Weltchronik“ Hartmann Schedels,
                                    Nürnberg 1493

                                                                         2
Jüdisches Regensburg Schwerpunkt - Jahresthema des Kulturreferats 2019 "Stadt und Gesellschaft" - Schwerpunkt "Jüdisches ...
Im mittelalterlichen Regensburg gehörten die Juden zur
                           städtischen Gesellschaft. Die Ausstellung erzählt die Ge-
                           schichte der Juden auf der Grundlage neuer wissenschaft-
                           licher Erkenntnisse in ihren vielfältigen Beziehungen zu
                           Bürgern, Bischöfen, Herzögen und Kaisern. Die Regens-
                           burger jüdische Gemeinde war für die städtische Gesell-
                           schaft Regensburgs und für die Juden im mittelalterlichen
                           Reich und Europa von großer Bedeutung. Ihre Leistungen,
                           die sie trotz immer wieder einsetzender Repressalien,
                           Ausgrenzungen und Bedrohungen hervorgebracht ha-
                           ben, werden in vielen – auch alltäglichen – Aspekten ihrer
                           langen Geschichte seit dem 10. Jahrhundert vorgestellt.
                           Anlass der Ausstellung ist die Vertreibung der Juden durch
                           den Stadtrat im Jahre 1519.

                           Führung
                           Jüdische Grabsteine des 1519 zerstörten Jüdischen
                           Friedhofs im Stadtgebiet Regensburg
                           Sa, 16.03.2019, 14 Uhr

                           Treffpunkt: Emmeramsplatz, ehem. Evangelisches Kran-
                           kenhaus (Südseite)
                                                          Stadtheimatpfleger Dr.
                                                          Werner Chrobak bietet
                                                          zum Jahresthema 2019
                                                          „Stadt und Gesellschaft“
                                                          eine Führung an: Die drei
                                                          Wochen nach dem Ju-
                                                          denpogrom durchgeführte
                                                          Zerstörung des Alten Jüdi-
                                                          schen Friedhofs vor dem
Foto: Dr. Werner Chrobak

                                                          Peterstor führte zur Ver-
                                                          schleppung von jüdischen
                                                          Grabsteinen aus dem
                                                          Friedhof und zur Aufstel-
                                                          lung als „Siegeszeichen“
                                                          innerhalb des Stadtgebiets
                                                          Regensburg. Teilweise
                           wurden die Grabsteine auch als kostenloses Baumaterial
                           verwertet. Diesen Spuren soll im wahrsten Sinne des
                           Wortes „nachgegangen“ werden.
                           Führungsdauer: ca. 2 Stunden, Teilnahme frei.
                           www.stadtheimatpfleger-regensburg.de

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Jüdisches Regensburg Schwerpunkt - Jahresthema des Kulturreferats 2019 "Stadt und Gesellschaft" - Schwerpunkt "Jüdisches ...
Vortrag
                               Das mittelalterliche Judenviertel in Regensburg
                               Di, 19.03.2019, 19 Uhr
                               Großer Runtingersaal, Keplerstraße 1
                               Referenten: Prof. Dr. Bernd Päffgen/Peter Müller-Rein-
                               holz M.A., beide Ludwig-Maximilians-Universität München

                               Foto: Projektgruppe Neupfarrplatz, LMU München

                               An der LMU München hat ein Projekt zur Aufarbeitung der
                               archäologischen Grabungen am Neupfarrplatz begonnen,
                               die von 1995 bis 1998 stattfanden, aber bislang noch nicht
                               ausgewertet sind. Kooperationspartner sind die Stadt Re-
                               gensburg und das Bayerische Landesamt für Denkmalpfle-
                               ge. Auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat nun
                               Mittel für das Projekt bereitgestellt.
                               Einleitend berichtet Prof. Dr. Bernd Päffgen in seinem
                               Vortrag „Die Ausgrabungen am Neupfarrplatz und das
                               mittelalterliche jüdische Quartier in Regensburg“ über das
                               Aufarbeitungskonzept und die Grabung im Bereich der
                               Synagoge. Der Titel des anschließenden Vortrags von
                               Peter Müller-Reinholz M.A. lautet „Die 1519 abgebrochene
                               Hausbebauung im jüdischen Quartier in Regensburg“. Die-
                               se Hausbebauung ist Thema seiner in Arbeit befindlichen
                               Dissertation.

                                                                                Konzert
                                                                                Klezmer pur
Foto: The Klezmer Connection

                                                                                So, 24.03.2019,
                                                                                18 Uhr, Großer
                                                                                Runtingersaal,
                                                                                Keplerstraße 1

                                                                      Die drei Salzburger
                                                                      Musiker der „Klezmer
                                                                      Connection“ Georg
                               Winkler (Klarinette), Hubert Kellerer (Akkordeon) und
                                                                    4
Jüdisches Regensburg Schwerpunkt - Jahresthema des Kulturreferats 2019 "Stadt und Gesellschaft" - Schwerpunkt "Jüdisches ...
Peter Aradi (Kontrabass) präsentieren ihr neues Pro-
                       gramm „Klezmer Pur“, mit dem sie sensibel und kraftvoll
                       die reiche Tradition jiddischer Musik ins Heute transportie-
                       ren. Im Dialog zwischen Klarinette, Akkordeon und Kontra-
                       bass, der keine Worte braucht und doch verstanden wird,
                       entsteht ein vitales Mosaik, ein einmaliges Klanggemälde
                       aus Lebensfreude, Melancholie und Sinnlichkeit. Die „Kle-
                       zmer Connection“ steht für emotionsgeladene Interpretati-
                       onen voll lyrischer Eleganz und feuriger Virtuosität.

                       www.winkler-kellerer.blogspot.com

                       Vortrag
                       Metamorphosen der Judenfeindschaft
                       Do, 28.03.2019, 19 Uhr
                       Großer Runtingersaal, Keplerstraße 1
                       Referent: Prof. Dr. Wolfgang Benz,
                       Zentrum für Antisemitismusforschung, Berlin

                                                Dem christlichen Antijudaismus,
                                                der die religiöse Minderheit ins
                                                Ghetto drängte, folgte im 19. Jahr-
                                                hundert der „moderne Antisemitis-
                                                mus“, der rassistisch argumentier-
                                                te und in der Shoah gipfelte. Nach
                                                der Katastrophe entstanden neue
                                                Formen der Judenfeindschaft,
Foto: Charlie Kuball

                                                die sich an Restitutionsleistungen
                                                festmachten wie der „sekundäre
                                                Antisemitismus“ und als politische
                                                Manifestation gegen Israel der
                                                Antizionismus. Die historischen
                       Wurzeln und die aktuellen Erscheinungsformen des Antise-
                       mitismus werden im Überblick dargestellt.

                       Konzert
                       Ensemble „...sed vivam!“
                       „Fürwar, eyn newe Zeyt!“ –
                       Musik an der Wende zur Neuzeit
                       Sa, 30.03.2019, 19 Uhr
                       Großer Runtingersaal, Keplerstraße 1

                       Das Konzert des Ensembles „...sed vivam!“ spiegelt die
                       rasanten Entwicklungen und Umstürze der Renaissance
                       in der Musik jener Zeit wider. Das erstarkende Selbstbe-
                       wusstsein der städtischen Bevölkerung prägte auch das
                                                    5
Musikleben. So demonst-
                                                                         rierten die Regensburger
                                                                         Bürger zugleich Macht und
                                                                         Lebenslust, indem sie sich
                                                                         mit dem Reichssaal ihren
                                                                         eigenen Tanzsaal bauten. Der
                                                                         aufkommende Notendruck
                                                                         demokratisierte die Musikpfle-
  Foto: Hartmut Rohrmann

                                                                         ge und die Reformation gab
                                                                         der zeitgenössischen Musik
                                                                         vielfältige Impulse. In der
                                                                         Vielfalt der musikalischen Stile
                                                                         verschoben sich die Grenzen
                                                                         zwischen den traditionellen
                                           Polen der höfischen, geistlichen und bürgerlichen Musik.
                                           Ein wichtiger Aspekt des Programms ist auch, wie Musik
                                           zu allen Zeiten der kulturellen und religiösen Integration
                                           ebenso dienen konnte wie der Agitation und Hetze.
                                           www.sedvivam.de

                                           Vortrag
                                           Die Synagogen der Neuzeit in Regensburg
                                           Do, 04.04.2019, 19 Uhr
                                           Großer Runtingersaal, Keplerstraße 1

                                           Referenten: Dr. Cornelia Berger-Dittscheid, Kunsthistorike-
                                           rin, und Prof. Dr. Hans-Christoph Dittscheid, Kunsthistori-
                                           ker, Universität Regensburg
Foto: Bilddokumentation Stadt Regensburg

                                           Neu gefundene Pläne in den Central Archives for the
                                           History of Jewish People in Jerusalem für die Synagogen
                                           in der Unteren Bachgasse (1841) und Am Brixener Hof
                                           (1912) werfen ein neues Licht auf ihre Bau- und Planungs-
                                           geschichte. Die baufällig gewordene Synagoge in der
                                                                         6
Unteren Bachgasse sollte im ehemaligen Wohnturm einen
                       Ersatz finden. Die Entwürfe blieben jedoch unausgeführt.
                       Daraufhin plante die Israelitische Kultusgemeinde Am
                       Brixener Hof einen Neubau und schrieb einen Wettbewerb
                       aus. Diesen gewann der Wiener Wilhelm Stiassny, ein
                       Spezialist des Synagogenbaus. Der Baukunstausschuss
                       in München lehnte Stiassnys Entwurf als unpassend für
                       Regensburg ab. Zuletzt entschied sich die Gemeinde für
                       einen Plan des Regensburger Architekten Joseph Koch.

                       Tages-Busexkursion
                       Jüdische Stätten in der Oberpfalz: Regensburg (Fried-
                       hof Schillerstraße), Floß (Friedhof und Synagoge),
                       Sulzbach-Rosenberg (Friedhof) und Sulzbürg bei
                       Neumarkt (Friedhof)
                       So, 14.04.2019, 8 – 19 Uhr
                       Busabfahrt: vor Bahnpost, ehem. Stempel Pfuhl
Foto: Dr. Werner Chrobak

                       Im Rahmen dieser Veranstaltung bietet Stadtheimatpfleger
                       Dr. Werner Chrobak in Zusammenarbeit mit dem Kultur-
                       referat der Stadt Regensburg eine Fahrt zum Vergleich
                       jüdischer Stätten in Regensburg und der Oberpfalz an.
                       Besichtigt werden neben der klassizistischen Synagoge
                       in Floss vor allem Friedhöfe mit ihrem unwiderstehlichen
                       Zauber, so in Regensburg, Floss, Sulzbach-Rosenberg
                       und Sulzbürg bei Neumarkt. Der geschichtliche Rahmen
                       wird selbstverständlich nicht zu kurz kommen.

                       Teilnehmerbeitrag in Höhe von 20 Euro ist im Bus zu be-
                       zahlen. Anmeldung bei: Katholische Erwachsenenbildung
                       in der Stadt Regensburg e. V., Tel. 0941/597 22 31,
                       E-Mail: info@keb-regensburg-stadt.de

                       www.stadtheimatpfleger-regensburg.de
                                                  7
Konzert
                      Jiddische Lieder mit Dresdner Klezmer
                      So, 14.04.2019, 18 Uhr
                      Leerer Beutel, Bertoldstraße 9

                                                          Valeriya Shishkova & Di
                                                          Vanderer spielen sowohl
                                                          traditionelle jiddische
                                                          Lieder und Klezmer als
                                                          auch zeitgenössische
Foto: Yury Shishkov

                                                          Kompositionen nach
                                                          Texten klassischer und
                                                          moderner jiddischer Au-
                                                          toren. Zu ihrem Reper-
                                                          toire gehören auch eige-
                      ne Kompositionen nach Gedichten der israelischen Dichter
                      Lev Berinsky und Michael Felsenbaum, die beide zu den
                      wenigen und möglicherweise letzten Autoren gehören, die
                      nicht in Hebräisch, sondern in ihrer jiddischen Mutterspra-
                      che schreiben. Valeriya Shishkova besitzt die Gabe, Lieder
                      mit einer großen und ergreifenden Emotionalität so spürbar
                      und mit Herzblut zu gestalten, dass sich wohl niemand
                      diesem besonderen Zauber entziehen kann.
                      Die Formation tritt in folgender Besetzung auf: Valeriya
                      Shishkova (Gesang), Sergey Trembitskiy (Klavier, Flöte)
                      und Gennadiy Nepomnjaschiy (Klarinette).
                      In Kooperation mit dem Klub „Schalom“.
                      www.valeriya-shishkova.info

                      Vortrag
                      Der lange Schatten der Revolution:
                      Juden und Antisemiten in Hitlers München 1918 – 1923
                      Mo, 29.04.2019, 19 Uhr
                      Jüdisches Gemeindezentrum, Am Brixener Hof 2

                      Referent:
                      Prof. Dr. Michael Brenner,
                      Ludwig-Maximilians-Uni-
                      versität München / Direk-
                      tor des Center for Israel
                      Studies an der American
                                                                                 Foto: Privat

                      University Washington

                      Nach dem Ersten Welt-
                      krieg wurde München zum Schauplatz ungewöhnlicher
                      politischer Konstellationen: Kurt Eisner wurde im Novem-
                                                    8
ber 1918 der erste jüdische Ministerpräsident eines deut-
schen Staates, während Schriftsteller wie Gustav Land-
auer, Ernst Toller und Erich Mühsam sich im April 1919 für
die Räterepublik engagierten. Die jüdische Gemeinde war
eher konservativ ausgerichtet, und selbst die orthodoxen
Mitglieder besuchten nach dem Synagogenbesuch gerne
das Hofbräuhaus. Auch in Regensburg engagierte sich
Rabbiner Seligmann Meyer in seiner „Deutschen Israeli-
tischen Zeitung“ gegen die jüdischen Revolutionäre und
rief zur Wahl der Bayerischen Volkspartei auf. Anfang der
Zwanziger Jahre gab es in München antijüdische Ten-
denzen in Politik, Presse und Kirche sowie Judenauswei-
sungen und offene Gewalt gegen jüdische Bürger auf der
Straße. Die „Stadt Hitlers“, wie Thomas Mann die spätere
„Hauptstadt der Bewegung“ bereits im Juli 1923 nannte,
wurde zum Ausgangspunkt für den beispiellosen Aufstieg
der hier gegründeten nationalsozialistischen Partei.

Vortrag
Verteidigungsstrategien der Regensburger Juden
im Spätmittelalter
Di, 07.05.2019, 19 Uhr
Großer Runtingersaal, Keplerstraße 1

Referentin: Dr. des. Sophia Schmitt,
Ludwig-Maximilians-Universität München

Bild: Aus Tegernseer Pessach Haggada, BSB München, Cod. hebr. 200, fol. 24v.

Im Jahr 1476 beschuldigte der Regensburger Stadtrat
prominente Mitglieder der Regensburger Judengemeinde,
in der Stadt mehrere Kinder aus angeblichen religiösen
Gründen ermordet zu haben. Er konstruierte eine Anklage
und sperrte die Beschuldigten ins städtische Gefängnis.
Der Vortrag konzentriert sich auf die jüdische Gemeinde,
die sich durch die Beschuldigung des Ritualmordes in ihrer
Existenz bedroht sah. Deswegen ergriff sie verschiedene
Verteidigungsmaßnahmen, um sich gegen die Vorwürfe
der Stadt zu wehren und ihre gefangenen Gemeindemit-
glieder zu retten.
                                     9
Vortrag
               Seligmann Meyer – Die jüdische Stimme aus
               Regensburg
               Do, 09.05.2019, 19 Uhr
               Jüdisches Gemeindezentrum, Am Brixener Hof 2
               Referent: Dr. Klaus Himmelstein, Bildungshistoriker,
               Regensburg

                                        Über vierzig Jahre, von 1881
                                        bis zu seinem Tod 1925, war
                                        Seligmann Meyer Rabbiner der
                                        Israelitischen Kultusgemeinde
                                        Regensburg. Neben seiner Aus-
                                        bildung zum orthodoxen Rabbiner
                                        arbeitete Meyer journalistisch: vor
                                        seinem Umzug nach Regensburg
Foto: Privat

                                        als Chefredakteur der orthodoxen
                                        „Jüdischen Presse“ in Berlin. Er
                                        nutzte das Medium im Kampf ge-
               gen das Reformjudentum. Entschieden bezog er Stellung
               gegen den Antisemitismus seiner Zeit, vor allem gegen
               den Historiker Heinrich von Treitschke. In Regensburg gab
               er zunächst „Die Laubhütte“ heraus, dann ab 1900 die
               „Deutsche Israelitische Zeitung“ mit der „Laubhütte“ als
               Beilage. Im Mittelpunkt des Vortrags steht die Doppelrolle
               Seligmann Meyers als Rabbiner und Redakteur.

               Vortrag
               Gelehrte, Sünder und Heilige: Die Regensburger
               Juden im 12. und 13. Jahrhundert
               Di, 14.05.2019, 19 Uhr
               Großer Runtingersaal, Keplerstraße 1
               Referentin: Dr. Rachel Furst, Ludwig-Maximilians-Universi-
               tät München

               Bild: : Aus der Darmstädter Haggadah, ca 1430 (Universitäts- und Landesbiblio-
               thek Darmstadt Cod. Or. 8, folio 48 v)
                                                      10
Im späten dreizehnten Jahrhundert bezeichnete der
                            Talmudgelehrte Chaim Or Sarua Regensburg als „jüdi-
                            sche Metropole“. Vom legendären Rabbiner Jehuda dem
                            Frommen bis zu den zahlreichen einfachen Jüdinnen und
                            Juden, deren Andenken in Gerichtsakten und Moralliteratur
                            überliefert ist, stellte diese „jüdische Stadt“ einen Quer-
                            schnitt jüdischen Lebens im mittelalterlichen Nordeuropa
                            dar. Wer waren diese Gelehrten, Sünder und Heiligen?
                            Über Erzählungen, Abbildungen und rechtliche Texte
                            rekonstruiert der Vortrag das jüdische Leben jener Zeit in
                            seiner Interaktion mit der christlichen Nachbarschaft.

                            Vortrag
                            Brennpunkt Israel – Aktuelle Ereignisse in historischer
                            Perspektive
                            Do, 23.05.2019, 19 Uhr
                            Jüdisches Gemeindezentrum, Am Brixener Hof 2

                            Referent: Prof. Dr. Noam Zadoff, Ludwig-Maximilians-
                            Universität München / Indiana University Bloomington

                                                           Fast wöchentlich wird in
                                                           den Medien über den isra-
                                                           elisch-palästinensischen
                                                           Konflikt berichtet. Dabei wird
                                                           selten erwähnt, dass diese
Foto: APT IUJewishStudies

                                                           heutigen Nachrichten ihre
                                                           Wurzel in einer fast hundert-
                                                           jährigen Spannungsgeschich-
                                                           te zwischen der Zionistischen
                                                           Bewegung und dem arabi-
                                                           schen Nationalismus haben
                                                           und im Aufeinandertreffen
                            der jüdischen Einwanderer mit den lokalen Bewohnern
                            des Landes. Im Vortrag wird die historische Vorgeschichte
                            diskutiert, die hinter den aktuellen Nachrichten steckt.

                            Vortrag
                            Wer spricht heute noch Jiddisch?
                            Di, 04.06.2019, 19 Uhr
                            Jüdisches Gemeindezentrum, Am Brixener Hof 2
                            Referent: Holger Nath, M.A., M.Phil., Institut für Slavistik,
                            Slavisch-Jüdische Studien, Universität Regensburg

                            Jiddisch wird schon seit über hundert Jahren totgesagt,
                            aber auch heute, im 21. Jahrhundert, ist Jiddisch weiterhin
                                                          11
lebendig. Trotz Shoah und Assimi-
                                      lation wird Jiddisch noch immer in
                                      Teilen der säkularen und beson-
                                      ders in chassidischen Gemeinden
                                      gesprochen. Das Klezmer-Revival
                                      in den 1980er Jahren, verstärktes
                                      Interesse an Jiddisch an den Univer-
                                      sitäten und jiddische Sommerkurse
Foto: Privat

                                      führten auch dazu, dass Nichtju-
                                      den sich vermehrt mit der Sprache
                                      beschäftigen. Gerade das Internet
               bildet gegenwärtig eine enorme Möglichkeit, Jiddischspre-
               cher, jiddische Publikationen und andere Medien weltweit
               miteinander zu verbinden.

               Vortrag
               Mixing Business and Pleasure: Financial Ties bet-
               ween Jews, Christians and Converts in Late Medieval
               Regensburg
               Mi, 05.06.2019, 14 Uhr
               H2, Universität Regensburg, Universitätsstraße 31

               Referentin: Ahuva Liberles Noiman, Hebräische Universi-
               tät Jerusalem / Ben Gurion Universität / Ludwig-Maximili-
               ans-Universität München

               Religious conversion was followed by high expectations
               to shift one’s life experience from being a member of a
               persecuted minority, narrowed in economic opportunities,
               to becoming a member of the predominant society. In what
               way did undergoing baptism open financial doors that were
               former closed to pre-modern Jews, and in what manner
                                                                   were their former
                                                                   professional
                                                                   identities preser-
                                                                   ved? Focusing
                                                                   on converts do-
                                                                   cumented in the
                                                                   Regensburg‘s
                                                                   archives, the
                                                                   talk will examine
                                                                   change and con-
                                                                   tinuity in the pro-
               Bild: Holzschnitt aus Der Teutsch Cicero von Johann
               von Schwarzenberg, Augsburg, Steiner 2535,
                                                                   fessional   lives of
               folio 122 verso.                                    these individuals
                                                                   and their milieu.

                                                 12
Vortrag
                   Die Regensburger „Schutzjuden“ der Reichserbmar-
                   schälle von Pappenheim,1650 – 1806
                   Di, 18.06.2019, 19 Uhr
                   Jüdisches Gemeindezentrum, Am Brixener Hof 2
                   Referent: Dr. Till Strobel, Staatsarchiv Amberg

                                                    Die mittelalterliche Ge-
                                                    schichte der Juden in
                                                    Regensburg endete mit
                                                    ihrer Vertreibung aus der
                                                    Reichsstadt 1519. Im
                                                    Gefolge des Immerwäh-
                                                    renden Reichstags kamen
 Foto: Privat

                                                    ab dem Ende des 17.
                                                    Jahrhunderts wieder Ju-
                                                    den nach Regensburg und
                   siedelten sich an. Allerdings standen sie nicht unter dem
                   Schutz der Stadt, sondern der Reichserbmarschälle, der
                   Grafen von Pappenheim. Diese ungewöhnliche Konstella-
                   tion und ihre Auswirkung auf das Leben der Regensburger
                   Juden stehen im Mittelpunkt des Vortrags.

                   Vortrag mit Musik
                   Jüdische Melodien für zwei Celli und Porträts
                   Regensburger Juden
                   Do, 27.06.2019, 19 Uhr
                   Jüdisches Gemeindezentrum, Am Brixener Hof 2

                   Musik: Dominika Weiss Hošková und Jiří Hošek, Prag
                   Referent: Thomas Muggenthaler, Journalist, Regensburg
Foto: Jiří Hošek

                   Die junge Cellistin Dominika Weiss Hošková gehört zu
                   den herausragenden Persönlichkeiten der zeitgenössi-
                   schen tschechischen Celloschule. Mit ihrem Vater, dem
                                              13
berühmten Cellovirtuosen und ehemaligen Lehrer an der
Prager Akademie für Musik Jiří Hošek, führt sie mit gro-
ßem Erfolg zu Hause und im Ausland Cello-Kompositionen
jüdischer Komponisten des 19. bis 20. Jahrhunderts auf.
Jiří Hošek und Dominika Weiss Hošková sind Sohn und
Enkelin der KZ-Überlebenden und Malerin Helga Hoško-
vá-Weissová.

Thomas Muggenthaler ist Chronist und Vermittler von jüdi-
scher Geschichte in Regensburg. Seit über 30 Jahren be-
richtet er im Radio von seinen Begegnungen mit jüdischen
Männern und Frauen aus Regensburg, die als Emigranten
die Stadt verlassen mussten.

Konzert
Jüdische Themen in den Werken bekannter
Komponisten
So, 30.06.2019, 18 Uhr
Jüdisches Gemeindezentrum, Am Brixener Hof 2

Die in Moskau gebore-
ne Mezzosopranistin
Vera Egorova ist seit
ihrem Engagement im

  EN
Ensemble des Thea-

ER TF
ters Regensburg nicht
                                                            Foto: Patrick Reinig

mehr wegzudenken. Im

  SA ÄL
Dezember 2012 gab

     TZ LT
die Opernsängerin dort
ihr Debüt als Amneris

       LO
in „Aida“ und interpre-
tierte unter anderem Partien Baba in „The Rake’s Pro-

          S!
gress“, Brangäne, Carmen, Angelina, Dorabella, Herodias,
Ulrica und Tigrana aus „Edgar“.
Bei dem Konzert wird Vera Egorova von der Pianistin Ye-
katerina Ilyina begleitet, die als Performerin, Konzertmeis-
terin und Kammerensemble Musikerin tätig ist. Sie nahm
unter anderem bei Produktionen der Opern „L´elisir d´amo-
re“, „The Queen of Spades“ und „War and Peace“ teil.

Vortrag
Jüdischer Humor: Darüber lacht der Rabbi –
As der Rebbe lacht
Do, 04.07.2019, 19 Uhr
Jüdisches Gemeindezentrum, Am Brixener Hof 2

                            14
Referent: Julian-Chaim Soussan, Rabbiner der jüdischen
                        Gemeinde Frankfurt und Vorstandsbeirat der orthodoxen
                        Rabbinerkonferenz
                                                  Humor nimmt im Judentum
                                                  eine zentrale Rolle ein. Er
                                                  ist nicht nur ein sprachliches
                                                  Stilmittel der Thora, sondern
                                                  auch pädagogisches Konzept
                                                  im Talmud. Historisch diente
                                                  er oft als Katalysator, um mit
                                                  Antisemitismus, Unterdrü-
                                                  ckung und Zensur umzugehen.
Foto: Rafael Herrlich

                                                  Anhand von Beispielen aus der
                                                  Schrift und einer Vielzahl von
                                                  jüdischen Witzen versucht Ra-
                                                  bbiner Soussan einen Einblick
                                                  in dieses schier grenzenlose
                        Gebiet jüdischen Selbstverständnisses zu geben.

                        Vortrag
                        Between Public and Private: Creating Jewish Space
                        and Time in Medieval Germany
                        Mi, 17.07.2019, 14 Uhr
                        H2, Universität Regensburg, Universitätsstraße 31

                        Referentin: Prof. Dr. Elisheva Baumgarten, Hebräische
                        Universität Jerusalem

                        How did Jews interact with
                        Christians in urban public spaces
                        and how did these interactions
                        differ from those that took place
                        within Jewish homes? What were
                        the mechanisms used by Jews
                        as a minority religion to preserve
                        their identity within the space of a
                        practicing Christian community?
                        How were conflicts between the
                        Jewish annual cycle and the time
                        cycle of the Christian environ-
                        ment resolved? These questions
                        will be at the heart of this talk
                        that explores the daily rhythms of     Foto: © Prof. Dr. Elisheva
                        medieval Jewish life.                  Baumgarten

                                                      15
Vortrag
                                 Jüdische Märtyrer und der Heilige Emmeram von
                                 Regensburg
                                 Mi, 24.07.2019, 14 Uhr
                                 H2, Universität Regensburg, Universitätsstraße 31
                                 Referent: Dr. Peter Sh. Lehnardt, Ben-Gurion Universität,
                                 Beer Sheva
                                                        Der Vortrag versucht aufzuzeigen,
                                                        wie die jüdischen Gemeinden in
                                                        Folge der Verfolgungen des 11.
Foto: © Dr. Peter Sh. Lenhardt

                                                        Jahrhunderts und in der Epoche
                                                        der Kreuzzüge eine in ihrer Umwelt
                                                        „verständliche“ Martyrologie entwi-
                                                        ckelten. Diese zollte einerseits den
                                                        jüdischen Traditionen die gehörige
                                                        Achtung und sollte andererseits den
                                                        christlichen Verfolgern ein Mindest-
                                                        maß an Respekt für die jüdische
                                 Religiosität abfordern. Als Fallstudie hierfür soll eine
                                 „jüdische Lesung“ der Vita et passio St. Emmerams von
                                 Regensburg und ihrer Motive durch Wiederaufnahmen in
                                 Texten aus dem jüdischen Mittelalter dienen.

                                 Vortrag
                                 Schreiben nach der Shoah:
                                 Der jiddische Autor Mendl Man in Regensburg
                                 Do, 25.07.2019, 19 Uhr
                                 Jüdisches Gemeindezentrum, Am Brixener Hof 2
                                 Referentin: Prof. Dr. Sabine Koller, Institut für Slavistik,
                                 Slavisch-Jüdische Studien, Universität Regensburg

                                                           Der jiddische Autor, Journalist
                                                           und Maler Mendl Man (1916 –
                                                           1975) kommt in der unmittelbaren
                                                           Nachkriegszeit nach Regensburg.
                                                           Er wird eine tragende Säule der
  Foto: Privatarchiv Zwi Man

                                                           jiddischen DP-Zeitschrift „Der na-
                                                           jer moment“ (Der neue Moment),
                                                           die von März 1946 bis November
                                                           1947 in Regensburg erschienen
                                                           ist. Zugleich schreibt er – Auge in
                                                           Auge mit der Judenvernichtung
                                                           – Gedichte. Mendl Man spricht
                                 mit vielen Stimmen, kritischen, trauernden, hoffenden.
                                 Der Vortrag will diese Stimmenvielfalt Mendl Mans auf der
                                 Suche nach dem verlorenen Menschsein nachzeichnen.
                                                                16
Ausstellung
                                          25 Jahre Ausgrabung am Neupfarrplatz
                                          26.07. – 01.10.2019
                                          Königliche Villa, Adolf-Schmetzer-Straße 1

                                                                                   Vor 25 Jahren
   Foto: Stadt Regensburg, Peter Ferstl

                                                                                   erwuchs aus
                                                                                   einem kleinen
                                                                                   Baggerloch eine
                                                                                   der größten Stadt-
                                                                                   kerngrabungen
                                                                                   Bayerns. Hinter-
                                                                                   grund dafür war
                                                                                   die Neugestaltung
                                                                                   des Neupfarrplat-
                                          zes, der einen modernen Plattenboden erhalten sollte, um
                                          auf diese Weise zu verdeutlichen, dass der Platz durch
                                          einen Gewaltakt – der Vertreibung der Juden im Jahre
                                          1519 – entstanden war.
                                          Nur ca. 30 Zentimeter unter dem alten Pflaster kamen die
                                          Mauern des mittelalterlichen Judenviertels zum Vorschein.
                                          Neben zahlreichen Kellern stießen die Archäologen auch
                                          auf die Reste der romanischen Synagoge, die im frühen
                                          13. Jahrhundert nochmals vergrößert und umgebaut wur-
                                          de. Sie stand an jenem Platz, wo sich heute das Kunstwerk
                                          von Dani Karavan befindet. Zu den spektakulärsten Fun-
                                          den gehört der Fund von 625 Goldmünzen, die um 1388 in
                                          zwei kleinen Gefäßen in einem Keller vergraben wurden.

                                          Ausstellung
                                          Jüdische Spuren – Regensburg und Sulzbürg
                                          02.08. – 09.09.2019
                                          Eröffnung: 01.08.2019, 18 Uhr
                                          Neupfarrkirche, Neupfarrplatz 1

                                                                                   Die Ausstel-
                                                                                   lung von Edgar
                                                                                   Pielmeier zeigt
                                                                                   im ersten Teil
                                                                                   Bilder des jüdi-
Foto: Edgar Pielmeier

                                                                                   schen Friedhofs
                                                                                   in Sulzbürg. Die
                                                                                   Fotos wurden in
                                                                                   der Zeit zwischen
                                                                                   2007 bis 2008
                                          gemacht – vor der Sanierung der Grabsteine. Der zweite
                                          Teil der Ausstellung hat die Entstehung des Kunstwerks
                                          am Neupfarrplatz in Regensburg zum Thema.
                                                                      17
Der Künstler Dani Karavan nannte es „Ort der Begegnung“.
                     Zwischen 2004 und 2005 entstanden die Bilder im Beton-
                     werk Klee und in Regensburg. Das verbindende Thema
                     dieser unterschiedlichen Bilder ist das friedliche Zusam-
                     menleben zwischen Christen und Juden, sowohl in der klei-
                     nen Gemeinde Sulzbürg als auch in der Stadt Regensburg,
                     das über Jahrhunderte funktionierte – bis zur Katastrophe.

                     Filmfestival
                     37. Regensburger Stummfilmwoche – die „großen
                     Fünf“ zu Juden und Christen
                     13. – 22.08.2019
                     Jüdisches Gemeindezentrum, Am Brixener Hof 2
                     Neupfarrkirche, Neupfarrplatz 1
Foto: Ulf Büschleb

                     In der Frühzeit des Kinos setzten sich führende europäi-
                     sche Filmemacher mit grundlegenden Fragen der Mensch-
                     heit in Zeiten des Umbruchs auseinander. Sie ermöglichen
                     uns, den Blick der 1920er auf diese Themen zu werfen. Es
                     haben sich fünf Werke erhalten, die bei der Stummfilmwo-
                     che – die in ihrem 37. Jahr erstmals einen thematischen
                     Schwerpunkt setzt – gezeigt werden.

                     Eines der heute bekanntesten Werke ist „Der Golem, wie
                     er in die Welt kam“ (Paul Wegener). Im Prag des 16. Jahr-
                     hunderts soll der mystische Mann aus Lehm die jüdische
                     Gemeinde schützen. Frisch restauriert und auf der Berli-
                     nale gefeiert wurde „Das alte Gesetz“ (E. A. Dupont), der
                     um 1860 einen galizischen Rabbinersohn ans Burgtheater
                     begleitet und die Assimilation thematisiert. In „Nathan der
                     Weise“ (Manfred Noa) lässt Lessing die religiöse Toleranz
                     von den Vertretern der drei Weltreligionen diskutieren.
                     Weniger tolerant geht es zu in „Die Gezeichneten“.
                                                 18
Meisterregisseur C. T. Dreyer zeigt anhand der Unruhen
in Russland 1905, wie schnell Vorurteile in einem Pogrom
gipfeln können. Tagesaktuell angesiedelt ist „Die Stadt
ohne Juden“ (H. K. Breslauer), dem prophetische Weit-
sicht hinsichtlich des Dritten Reichs zugeschrieben wird.

Stummfilm ist nicht stumm: Jede Vorstellung wird von
hochkarätigen Musikerinnen und Musikern begleitet, die
neue Partituren schaffen und „ihrem“ Film ihre individuelle
Note schenken. Für 2019 konnte das Jewish Chamber
Orchestra Munich gewonnen werden, das bei der Vorstel-
lung „Das alte Gesetz“ am 13. August spielen wird. Zudem
werden die Stammmusiker Aljoscha-Zimmermann-En-
semble, Rainer J. Hofmann und Vsevolod Pozdejev Filme
gestalten.

Kooperationspartner: Jüdische Gemeinde Regensburg,
Gemeinde Neupfarrkirche, Stadt Regensburg und Arbeits-
kreis Film e. V.
www.stummfilmwoche.de

Ausstellung
Josel von Rosheim (1478 bis 1554) zwischen dem Ein-
zigartigen und Universellen. Ein engagierter Jude im
Europa seiner Zeit und im Europa unserer Zeit
16.09. – 06.10.2019
Eröffnung: So, 15.09.2019, 17 Uhr
Jüdisches Gemeindezentrum, Am Brixener Hof 2

                                  Die deutsch-franzö-
                                  sische Wanderaus-
                                  stellung wurde in ihrer
                                  deutschen Version zum
                                  ersten Mal im Frühjahr
                                  2012 in Erfurt gezeigt.

                                  Josel ben Gerschom
                                  von Rosheim ist eine
                                  wichtige, bislang
                                  aber wenig bekannte
                                  Persönlichkeit des
                                  deutschen Judentums
                                  in der beginnenden
                                  Frühen Neuzeit. Er, der
                                  aus dem elsässischen
                                  Hagenau stammte und
                             19
später in die benachbarte Reichsstadt Rosheim zog, fun-
gierte als anerkannter Fürsprecher seiner Glaubensgenos-
sen im gesamten Reich.

Josel ist eine Persönlichkeit des Judentums zu Beginn der
Neuzeit, in den ersten Jahrzehnten der Reformation. Wäh-
rend wir über das mittelalterliche Judentum in Mitteleuro-
pa viel wissen und viele Forschungen stattfinden, ist die
Geschichte der deutschen Juden bis zur Zeit der Franzö-
sischen Revolution noch oft „terra incognita“. Dem will die
eindrucksvolle und gut präsentierte Schau abhelfen.

Vortrag
Was die jüdischen Grabsteine erzählen
Di, 17.09.2019, 19 Uhr
Jüdisches Gemeindezentrum, Am Brixener Hof 2
Referent: Prof. Dr. Michael Brocke, Direktor des Ludwig
Salomon Steinheim-Instituts, Essen

                                    In der Altstadt sind
                                    vermauerte und frei
                                    stehende hebräi-
                                    sche Grabsteine als
                                    Trophäen zu sehen
                                    – eine Regensburger
                                    Besonderheit nach
                                    der Vertreibung der
                                    jüdischen Bevölke-
                                    rung 1519.
                                    Im Laufe der Jahrhun-
                                    derte sind von einst
                                    mehreren Tausenden
                                    solcher Stelen des
                                    jüdischen Friedhofs
                                    vor der Stadt, nahe
                                    dem heutigen Haupt-
Foto: Privat                        bahnhof, immerhin
gut Hundert solcher Denkmale ganz und in Fragmen-
ten aufgefunden worden. Sie berichten über 300 Jahre
jüdischen Lebens vom 13. bis ins 16. Jahrhundert. Der
Vortrag will sie zum Sprechen bringen und auch personelle
Verknüpfungen mit anderen Quellen und Funden sichtbar
und fasslich werden lassen.

                            20
Vortrag
                                        In der Gegenwart mit der Erinnerung leben –
                                        ein Zeitzeugenbericht von Ernst Grube
                                        Do, 26.09.2019, 19 Uhr
                                        Jüdisches Gemeindezentrum, Am Brixener Hof 2

                                                                            Ernst Grube, 86 Jahre
                                                                            alt, ist einer der letz-
                                                                            ten Überlebenden der
                                                                            Shoah. Als jüdisches
                                                                            Kind wurde er mit seiner
                                                                            Familie in München aus-
                                                                            gegrenzt und verfolgt. Er
                                                                            musste mitten in Mün-
                                                                            chen in Lagern leben,
Foto: Paul Huf

                                                                            den gelben Stern tragen
                                                                            und wurde schließlich
                                                                            mit der jüdischen Mutter
                                        und beiden Geschwistern nach Theresienstadt deportiert.
                                        Ernst Grube lebt mittlerweile auch in Regensburg. Für
                                        sein lebenslanges Engagement zeichnete ihn die Lan-
                                        deshauptstadt München 2017 mit dem Georg-Elser-Preis
                                        aus. „Ernst Grube hat sich aufgrund seiner persönlichen
                                        Verfolgungserfahrung Zeit seines Lebens gegen Ausgren-
                                        zung und Unterdrückung engagiert“ (aus der Begründung
                                        der Jury) Er ist Mitglied der Vereinigung der Verfolgten des
                                        Naziregimes (VVN/BdA), Präsident der Lagergemeinschaft
                                        Dachau und engagiert sich in der Stiftung Bayerischer Ge-
                                        denkstätten ebenso wie im politischen Beirat des NS-Do-
                                        kumentationszentrums München.

                                        Buchpräsentation mit Musik
                                        Joseph Opatoshu: Ein Tag in Regensburg
                                        Do, 10.10.2019, 19 Uhr
                                        Jüdisches Gemeindezentrum, Am Brixener Hof 2

                                                                     Referenten: Prof. Dr. Sabine
 Bild: Undzer moment, 24.3.1947, S. 3

                                                                     Koller, Institut für Slavistik,
                                                                     Slavisch-Jüdische Studien,
                                                                     Universität Regensburg, und
                                                                     Verlag Friedrich Pustet Re-
                                                                     gensburg

                                                                     Der jiddisch schreibende Autor
                                                                     und Freund Marc Chagalls Jo-
                                                                     seph Opatoshu (1886–1954)
                                                                    21
veröffentlicht 1933 die Erzählung „A tog in Regensburg“
                                           (Ein Tag in Regensburg): Fahrende Sänger, lustiges Bett-
                                           lervolk und eine Tänzerin kommen in die Stadt, eine jüdi-
                                           sche Hochzeit soll gefeiert werden. Doch mitten in dieses
                                           pralle Leben tritt das Unheil, die Vertreibung der Juden aus
                                           Regensburg im Jahr 1519.
                                           Die Neuauflage der Erzählung erscheint im Oktober 2019
                                           im Verlag Friedrich Pustet. Die Buchpräsentation ist als
                                           zweisprachige szenische Lesung in Jiddisch und Deutsch
                                           gestaltet und wird vom Multi-Instrumentalisten Heinz
                                           Grobmeier umrahmt.

                                           Vortrag
                                           Die Pogromnacht von 1938 und was zuvor geschah
                                           Do, 07.11.2019, 19 Uhr
                                           Jüdisches Gemeindezentrum, Am Brixener Hof 2
                                           Referentin: Waltraud Bierwirth, Journalistin und Autorin,
                                           Regensburg

                                                                        Abgrundtiefer Hass auf alles
                                                                        Jüdische war dem Angriff in
                                                                        der Nacht vom 9. November
                                                                        1938 zu eigen. Der SS-Ober-
Foto: Bilddokumentation Stadt Regensburg

                                                                        bürgermeister von Regens-
                                                                        burg sah zu, als die Synagoge
                                                                        brannte. Dann zerstörten und
                                                                        plünderten Nazi-Terrorkom-
                                                                        mandos jüdische Geschäfte
                                                                        und Wohnungen. Die Tä-
                                                                        ter misshandelten Männer,
                                                                        Frauen und Kinder. Die Polizei
                                                                        schützte nicht, die Feuerwehr
                                                                        löschte nicht, „brave“ Bürger
                                                                        standen Spalier. Im Vortrag
                                           wird auch dargestellt, was ein halbes Jahr zuvor geschah,
                                           als die Welt die Juden verriet.

                                           Konzert
                                           Konzert mit jüdischer Musik
                                           So, 17.11.2019, 17 Uhr
                                           Jüdisches Gemeindezentrum, Am Brixener Hof 2

                                           Klassik-Konzert der Jüdischen Gemeinde, gefördert durch
                                           den Zentralrat der Juden in Deutschland

                                                                        22
Weitere Führungen

                                       „Zachor – Erinnere Dich!“ – Das Jüdische Regensburg
                                       18.06.2019, 18.30 Uhr
                                       Treffpunkt: Besucherzentrum Welterbe, Weiße-Lamm-Gasse 1

                                       An vielen Stellen in der Stadt ist das jüdische Regensburg mit
                                       seinen Spuren in Vergangenheit und Gegenwart lebendig.

                                       Einzelbesucherinnen und -besucher: Karten bei der Tourist
                                       Information im Alten Rathaus und im Besucherzentrum Wel-
                                       terbe. Gruppen: Termine nach Vereinbarung unter
                                       Tel. 0941/507-3413 oder tourismus@regensburg.de

                                       document Neupfarrplatz
                                       Do – Sa, jeweils 14.30 Uhr; Juli und August auch So & Mo,
                                       jeweils 14.30 Uhr
                                       Treffpunkt: Neupfarrplatz, nördliche Längsseite der
                                        Neupfarrkirche

                                                                              Am Neupfarrplatz
Foto: Stadt Regensburg, Peter Ferstl

                                                                              fand von 1995 bis
                                                                              1998 die bisher
                                                                              größte archäolo-
                                                                              gische Grabung
                                                                              in Regensburgs
                                                                              Innenstadt statt.
                                                                              Ein Teil des
                                                                              Grabungsareals
                                                                              wurde dauerhaft
                                       zugänglich gemacht und dokumentiert eindrucksvoll die
                                       Geschichte des Platzes und der Stadt.

                                       Einzelbesucherinnen und -besucher: Karten bei Tabak
                                       Götz, Residenzstraße/Domplatz 6
                                       Gruppen: nach Vereinbarung unter Tel. 0941/507-3442 oder
                                       museumsfuehrungen@regensburg.de

                                       Ein Haus für die Ewigkeit – Regensburgs jüdischer
                                       Friedhof

                                       Als „Haus für die Ewigkeit“ hat der Friedhof in der jüdischen
                                       Tradition einen besonderen Stellenwert. Im Friedhof am
                                       Stadtpark finden sich einfache Grabsteine, aber auch sol-
                                       che von hohem kulturhistorischen Wert.

                                       Termine nur für Gruppen und nach Vereinbarung unter
                                       Tel. 0941/507-3413 oder tourismus@regensburg.de
                                                                     23
Projekt REDISCOVER

                                        Seit 01. Juni 2018 ist die
                                        Welterbekoordination
                                        des Kulturreferats der
                                        Stadt Regensburg Pro-
                                        jektpartner des EU-Pro-
                                        jektes REDISCOVER.

Ziel des Projektes ist die Wiederentdeckung und zeitge-
mäße Darstellung und Vermittlung des lokalen jüdischen
Kulturerbes in den beteiligten Städten. Dabei werden loka-
le öffentliche und private Akteure eingebunden, um dieses
auf heutige Erwartungen abzustimmen und damit anderer-
seits attraktive Angebote für die junge Generation anzu-
stoßen. Ergebnis des Projektes soll es sein, das jüdische
Kulturerbe noch besser zu kommunizieren, es zugänglich
zu machen und damit auch wirtschaftliche Möglichkeiten
für den Tourismussektor zu schaffen.

Das EU-Projekt REDISCOVER bietet eine gute Gele-
genheit, die vorhandenen Aktivitäten zur Vermittlung des
jüdischen Kulturerbes gemeinsam mit lokalen Interessen-
gruppen und vor allem in enger Zusammenarbeit mit der
Jüdischen Gemeinde zu verstärken und gerade in Hinblick
auf das kulturelle Jahresthema 2019 der Stadt Regens-
burg „Stadt und Gesellschaft“ das Projekt als weiteren
Baustein mit anderen Initiativen und Veranstaltungen noch
enger zu vernetzen und neue Ansätze zu entwickeln.

Neue Synagoge in Szeged (Ungarn)    Karavan-Denkmal Neupfarrplatz
Foto: Welterbekoordination,         Foto: Stadt Regensburg, Peter Ferstl
Daniela Laudehr

                                   24
Eintritt / Eintrittskarten:

Vorträge und Lesungen: Eintritt frei
Konzerte im Runtingersaal und im Leeren Beutel:
www.okticket.de
Konzerte im Jüdischen Gemeindezentrum:
an der Abendkasse

Hinweise:

Bitte beachten Sie, dass der Runtingersaal aufgrund
der historischen Bausubstanz nicht barrierefrei ist.

Bei Veranstaltungen im Jüdischen Gemeindezentrum
werden Sicherheitskontrollen durchgeführt.

Kooperationspartner:

Das Programm entstand in Zusammenarbeit von:
Stadt Regensburg / Kulturreferat
(Kulturamt, Amt für Archiv und Denkmalpflege)
Jüdische Gemeinde Regensburg
Universität Regensburg
Ludwig-Maximilians-Universität München

Aktuelle Informationen zum Programm unter:

www.regensburg.de/kultur
www.jg-regensburg.de

Änderungen vorbehalten.
Kulturelles Jahresthema 2019

Das Jahr 2019 wird im Zeichen des Gedenkens an ein
dunkles Kapitel der Regensburger Geschichte stehen:
die Auslöschung der jüdischen Gemeinde des Mittelalters
1519. Sie hatte über Jahrhunderte das wirtschaftliche, ge-
sellschaftliche und kulturelle Leben der Stadt entscheidend
mitgeprägt – daran wird zu erinnern sein. Dies geschieht
hauptsächlich durch eine intensive wissenschaftliche Auf-
arbeitung des Themas, zum Beispiel durch Vortragsreihen,
Veröffentlichungen, Ausstellungen und Konzerte.

Es wird aber nicht nur um Erinnerung gehen, sondern das
Kulturreferat möchte sich auch mit der Gegenwart ausei-
nandersetzen und in die Zukunft schauen. Deshalb lautet
der Titel des Jahresthemas 2019 „Stadt und Gesellschaft“.
Die Regensburger Kulturakteure und Institutionen wurden
aufgerufen, das Thema aus heutiger Sicht zu bearbeiten.
Das Ergebnis dieser künstlerischen Auseinandersetzung
ist ein facettenreiches Programm, das über das ganze Jahr
2019 verteilt ist.

Impressum:

Herausgeber:      Stadt Regensburg, Kulturreferat|Kulturamt,
		                Haidplatz 8, 93047 Regensburg,
E-Mail:		         kulturverwaltung@regensburg.de
Verantwortlich:   Christiana Schmidbauer, Leiterin Kulturamt
Titelbild: 		     Computerbild Staab Architekten, Berlin
Layout:		         Reiner Schedl, Stadt Regensburg
Druck:		          WIRmachenDRUCK GmbH
		                2. aktualisierte Auflage
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