Junge Erwachsene mit Diabetes - motivierende Gesprächsführung - Deutsche Diabetes ...
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Fortbildungskurs „Diabetologe DDG“ Dresden, 19.09.2020 Junge Erwachsene mit Diabetes – motivierende Gesprächsführung Prof. Dr. Bernhard Kulzer Diabetes Zentrum Mergentheim, Forschungsinstitut der Diabetes Akademie Bad Mergentheim (FIDAM) Universität Bamberg, Lehrstuhl für klinische Psychologie
Unterschied der Betreuung in der Kinder- und Jugenddiabetologie - Erwachsenendiabetologie ▪ Betreuung von Kindern- und Jugendlichen in der Regel beim Pädiater - zumeist in speziellen kinder- und jugendspezifischen diabetologischen Ambulanzen − Ganzheitliche, interdisziplinäre und familienfokussierte Betreuung, die vor allem darauf abzielt, Kindern und Jugendlichen eine gute Starthilfe für den lebenslangen Umgang mit dem Diabetes zu geben und diesen bestmöglich in das Familienleben zu integrieren ▪ Betreuung von jungen Erwachsene ab 18 Jahren in diabeto- logischen Einrichtungen für Erwachsene - zumeist diabetologische Schwerpunktpraxen − Dort geht man von einem autonomen Menschen aus, der vom Diabetesteam Empfehlungen bekommt, beraten und geschult wird, aber von dem erwartet wird, dass dieser eigene, selbstverantwortliche Entscheidungen hinsichtlich seiner Therapie trifft Nicht jeder junge Erwachsene kann das!
Vom Jugendlichen zum jungen Erwachsenen ▪ Das frühe Erwachsenenalter ist ein relativ schwer abgrenzbarer Lebensabschnitt, mit jedoch enormer Bedeutung für die Entwicklung und das weitere Leben eines Menschen („Weichenstellung“) ▪ Junge Erwachsene müssen/dürfen mit dem Eintritt ins Erwachsenenalter ein viel größeres Maß an Verantwortung für sich, aber zunehmend auch für andere übernehmen, als sie es aus Kindheit und Jugend gewohnt ist. ▪ Sie müssen weitreichende, teils unumkehrbare Entscheidungen treffen, deren Folgen ihn unter Umständen bis ans Ende seines Lebens begleiten werden ▪ Sie müssen sich ihren Platz in der Gesellschaft suchen und das Verhältnis zu den eigenen Eltern völlig neu ordnen.
Junge Erwachsene: Viele Anforderungen, viel Unge- wissheit, viel Druck in der „Rush-Hour des Lebens“ Diabetes
Junge Erwachsene mit Typ 1-Diabetes: Hba1c USA: 16.061 Typ 1-Diabetiker 01.09.2013 – 01.12.2014 Mittlerer HbA1c in % (mmol/mol) Lebensalter Miller KM et al. (2015) Diabetes Care 38(6): 971-978.
Mädchen (Kreise) Jungen (Dreiecke) Holl RW & Prinz N. (2018) In: Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2018.
DMP Typ 1-Diabetes: Junge Erwachsene DMP DM1 Nordrhein 2014 - HbA1c-Werte in Abhängigkeit vom Alter und Geschlecht Hagen B. et al. (2015) Qualitätssicherungsbericht 2014. Disease-Management-Programme in Nordrhein
DMP Typ 1-Diabetes 2008 2014 Abbildung 7-4: DMP DM1 - HbA1c-Werte 2014 in Abhängigkeit vom Alter 9,6 8,0 9,0 8,1 7,1 7,4 6,1 6,7 Hagen B et al. (2015) Qualitätssicherungsbericht 2014. Disease-Management-Programme in Nordrhein.
Langzeitprognose
Langzeitprognose … ▪ Nationales mit Typ1 ohne Typ1 Δ Schottisches Register 2008-2019 Männer + 46,2 + 57,3 11,1 ▪ alle Typ1-Diabetiker > 20 Jahre ▪ n= 24.691 Frauen + 48,2 + 61,0 12,8 Ein Lebensalter von 70 Jahren erreichten … Livingstone SJ et al JAMA 2015:37
Früher Tod bei Typ-1-Diabetes – woran? Männer Frauen Todesursache 20-49 J. ≥ 50 J. Gesamt 20-49 J. ≥ 50 J. Gesamt Alle Todesfälle 179 413 592 111 340 451 Malignome % 10,6 17,4 15,4 10,8 17,1 15,5 Kardiovask. 23,5 49,2 41,4 25,2 45,9 40,8 (MACE) % Diab. 16,2 2,7 6,8 15,3 0 3,8 Ketoazidose % Nierenversagen % 4,5 6,3 5,7 7,2 5,9 6,2 Livingstone SJ et al JAMA 2015:37
Erhöhte Mortalität bei Typ 1-Diabetes ▪ Daten des Swedish National Diabetes Register; N=33.915 T1DM vs. N=169.249 gesunde Kontrollpersonen (gematched nach Alter und Geschlecht) ▪ Signifikant höhere Mortalität (N pro 1.000 Patientenjahre) für T1D im Vergleich zur nicht-diabetischen Kontrollgruppe über alle Altersgruppen. Gesamtmortalität 2,9 vs 8,0 HR 3,52 (95% KI 3,06 - 4,09) CV-Mortalität 0,9 vs 2,7 HR 4,60 (95% KI 3,47 - 6,10) ▪ Die Mortalitätsraten steigen mit zunehmendem HbA1c: HbA1c ≤ 6,9% 7,0 - 7,8 7,9 - 8,7 8,8 - 9,6 ≥ 9,7 Gesamt-Mortalität 5,4 7,1 8,5 8,7 12,0 Exzess-Mortalität Ref. + 31,5% +57,4% + 61,1% + 122,2% Lind M, Svensson AM, Kosiborod M, et al. (2014). N Engl J Med. 371(21):1972-1982.
Mortalität junger Erwachsene mit Typ 1-Diabetes Mit Dank an Karin Lange, Hannover
Mortalität junger Erwachsene mit Typ 1 Diabetes Mit Dank an Karin Lange, Hannover
Mortalität junger Erwachsene mit Typ 1 Diabetes • Mortality was 4.4 times that of the general population • More than 50% of all deaths were caused by acute or chronic complications. • A relatively high proportion of deaths were related to alcohol. • Acute complications: DKA, Hypoglykämie • Chronic complications: include deaths from renal failure and all cardiovascular deaths, subdivided as death from ischemic heart disease, cerebrovascular disease and all other CVDs, and other diabetes complications • Violent death: subdivided as fatal accidents, intoxications, and suicides • Other, non-diabetes-related deaths: all other causes of death, including infections Ganum et al. (2017) Long-term Mortality and End-Stage Renal Disease in a Type 1 Diabetes Population Diagnosed at Age 15–29 Years in Norway not related to diabetes, any form of Diabetes Care 2017;40:38–45 | DOI: 10.2337/dc16-1213 cancer, and sudden, unexplained deaths.
Mortalität junger Erwachsene mit Typ 1 Diabetes Conclusion • In conclusion, the high mortality reported in this cohort with an onset of diabetes in late adolescence and young adulthood draws attention to people diagnosed during a vulnerable period of life. • Both acute and chronic complications cause substantial remature mortality, implying a continuous need for improved diabetes care. • Our study suggests that increased awareness of alcoholrelated death should be encouraged in clinics providing health care to this group of patients. Ganum et al. (2017) Long-term Mortality and End-Stage Renal Disease in a Type 1 Diabetes Population Diagnosed at Age 15–29 Years in Norway Diabetes Care 2017;40:38–45 | DOI: 10.2337/dc16-1213
Mortalität junger Erwachsene mit Typ 1 Diabetes Ganum et al. (2017) Long-term Mortality and End-Stage Renal Disease in a Type 1 Diabetes Population Diagnosed at Age 15–29 Years in Norway Diabetes Care 2017;40:38–45 | DOI: 10.2337/dc16-1213
Ketoazidose
Krankenhausbehandlungen aufgrund diabetischer Ketoazidose (DKA) N=31.330 mit T1D | Alter 12,7 Jahre (Median) Hospitalisierungs- DPV-Diabetes Register, 2011 - 2013 rate aufgrund DKA: 4,81 pro 100 Patientenjahre Höchste DKA Raten bei (Risikofaktoren): •HbA1c ≥ 9.0 % •Alter 15–20 Jahre •DD 2,0–4,9 Jahre •Geschlecht (Mädchen) •Migrations- hintergrund Karges B et al. (2015) Eur J Endocrinol. 2015 173(3):341-350.
Hypoglykämien
Krankenhausbehandlungen aufgrund schwerer Hypoglykämien (SH) N=31.330 mit T1D | Alter 12,7 Jahre (Median) Hospitalisierungs- DPV-Diabetes Register, 2011 - 2013 rate aufgrund SH: 1,45 pro 100 Patientenjahre Höchste SH Raten bei (Risikofaktoren): • Vorausgegangene schwere Hypos 17.69 vs 0.42 (RR 41,91) • Migrations- hintergrund Karges B et al. (2015) Eur J Endocrinol. 2015 173(3):341-350.
Psychiatrische Kommorbidität
Psychiatrische Komorbidität und Suizidalität bei Kindern und Jugendlichen mit Typ 1-Diabetes ▪ Schwedische Registerstudie; Kinder der Geburtsjahrgänge 1973 bis 2009; Beobachtungszeitraum: bis zum 18ten Geburtstag ▪ N=17.122 Typ 1-Diabetes, N=18.874 Geschwisterkinder, N=1.696.611 nicht-diabetische Kinder (gematchte Kontrollgruppe) Butwicka A et al. (2015) Diabetes Care 38(3):453–459.
Essstörungen Colton et al. (2015) Diabetes Care 38:1212-1217
Essstörungen Colton et al. (2015) Diabetes Care 38:1212-1217
Depressionen: Erkrankungsalter 50 % aller Patienten erkranken in Deutschland bereits vor ihrem 31. Lebensjahr erstmalig an einer Depression. Die Erkrankungsraten in jüngeren Altersgruppen nehmen zu.
Depression bei jungen Erwachsenen • Gesicherte Depressionsdiagnosen • 764 618 Versicherte im Alter von 18 – 25 Jahren • Anstieg der Depressionsdiagnosen 2006 – 2016: +66% Barmer Arztreport 2018
Lebensqualität bei Jugendlichen, jungen Erwachsenen: The Gobal TEENS Study Anderson B. et al. (2017). Factors Associated With Diabetes- Specific Health-Related Quality of Life in Youth With Type 1 Diabetes: The Global TEENs Study https://doi.org/10.2337/dc16-1990
Risikoverhalten
Risikoverhalten Weitzmann et al. (2016) J Pediatr 136:450-457.
Rauchen und Stoffwechselkontrolle bei Jugendlichen mit Typ 1-Diabetes (DPV) Jugendliche, die Rauchen, haben ein schlechteres metabolisches Risikoprofil. Hofer SE et al. (2009) J Pediatr 154:20-23.
Metabolische Risikofaktoren
Kardiovaskuläre Risikofaktoren bei Kindern und Jugendlichen SEARCH for Diabetes in Youth Study N=1,083 Mädchen und N=1,013 Jungen im Alter von 0-19 Jahren ▪ Die Prävalenz von mindestens 2 kardiovaskulären Risikofaktoren beträgt 21%. ▪ Bei Jugendlichen zwischen 10 – 19 Jahre beträgt 25% (p
Transition
Transition ▪ SEARCH for Diabetes in Youth Study ▪ 185 frischmanifestierte Personen mit Typ-1-Diabetes (durchschnittliches Alter: Baseline 15.9 Jahre, Follow-up 20,5 Jahre) – mindestens 1 Visite mußte > 18 Jahre sein ▪ Follow-up 12,24,60 Monate ▪ Durchschnittliches Transitionalter in die Erwachsenenmedizin: 20,1 Jahre ▪ Zwischen 18-20 Jahre: nur 47% Transition Lotstein et al. (2013) . Pediatrics, 131: e1062-1070
Transition ▪ SEARCH for Diabetes in Youth Study . ▪ Leaving pediatric care was associated with a 2.5-fold increase in odds of having poor glycemic control ▪ These findings suggest that young adults need additional support when moving to adult care Lotstein et al. (2013) . Pediatrics, 131: e1062-1070
Übergang in die Erwachsenenmedizin http://between-kompas.com Ziele des Transitionsprozesses: • Kontinuität in der Diabetesbehandlung sicherstellen • „Diabetes-Anlaufstelle“ in der „rush hour des Lebens“ • Behandlungsmotivation erhalten
Zusammenfassung (1)
Typ 1-Diabetes bei jungen Erwachsenen ▪ In Bezug auf den Diabetes Risikogruppe für − Erhöhte HbA1c-Werte − Schwere Unterzuckerungen − Schwere Ketoazidosen − Psychische Probleme − Risikoverhalten mit möglichen negativen Konsequenzen auf den Diabetes − Diskontinuierliche Betreuung ▪ Ein Lösung: Transitionsmodelle (z.B. Berliner Modell) ▪ Aber, unbedingt auch erforderlich: Spezielle Konzepte für diese Gruppe von Menschen mit Diabetes in der „Rush-our of life“
Unsere Konsequenz: Spezielle Therapiekonzepte für junge Erwachsene ▪ Spezielles Gruppenkonzept für diese Altersgruppe (Team: Diabetesberater/innen, Psychologen, Ärzte), angepasst auf die besonderen Bedürfnisse und Probleme dieser Zielgruppe ▪ 12 Tage stationär, Diabetes-Klinik Bad Mergentheim ▪ Altersangepasste Themen, Fokus auf Technik, neue Diabetestechnologien ▪ Geleiteter Erfahrungsaustausch, Gruppendiskussionen („Modell-Lernen“) ▪ Erarbeitung eines individuellen Behandlungsplanes durch die Teilnehmer („Meine Projekt, mein Ding mit Diabetes“), Vorstellung in der Gruppe, Coaching
Spezielle Therapiekonzepte für junge Erwachsene ▪ Spezielles Anmeldeverfahren: Überweisung und Checkliste durch Arzt, zusätzliches Anmeldeformular durch Patient (analog problemspezifische Gruppen)
Motivierende Gesprächsführung
Was ist Motivierende Gesprächsführung? Motivierende Gesprächsführung ist ein patientenzentrierter Ansatz zur Gesprächsführung, um • die Eigenmotivation von Menschen zu erhöhen • problematisches Verhalten zu ändern Entwicklung aus den 90er Jahren durch • William R. Miller (University of New Mexico, USA) • Steven Rollnick (University Wales College of Medicine) • Tabak-, Raucherentwöhnung • Sucht, Alkohol- und Drogenmissbrauch • Gesundheitsförderung und Prävention • Diät- / Ernährungsumstellung • Bewegungsaktivierung • Diabetesberatung • Strafvollzug
MI: Menschenbild, Ziele, Prozesse, Methoden Menschenbild MI Ziele von MI Phase 1: Förderung der Phase 2: Festlegung von Zielen, Planung Änderungsmotivation der Veränderung Prozesse 4. Planung: Begleitung zur Zielerreichung „Bergführer“ 3. Evokation: Motive für Veränderung entlocken „Hebamme“ 2. Fokusierung: Anliegen klären „Lotse“ 1. Beziehung aufbauen „Tanzlehrer“ Methoden 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. Offene Affirmationen Aktives Zusammen- Änderungs- Umgang mit Änderungs- Fragen Bestätigung Zuhören fassung motivation Widerstand motivation aufbauen: stärken: Change talk Confidence talk Modifiziert nach: Körkel J, Veltrup C. Motivational Interviewing: Eine Übersicht Suchttherapie 2003; 4: 115-124
Motivierende Gesprächsführung (MI): Menschenbild Autonomie • Der Patient verhielt sich - in seiner eigenen Logik - durchaus sinnhaft • Soll sich ein Patient verändern? Welches Ziel? Wie? Patient entscheidet selbst, soll respektiert werden von fern lenken begleiten beobachten Den Patienten Anerkennung, dass Patient Gleichgültigkeit drängen, selbst entscheiden muss gegenüber Wünschen ihn verändern (inkl. mangelnde Änderungs- / Entscheidungen wollen bereitschaft) des Patienten
Motivierende Gesprächsführung (MI): Menschenbild Widerstand: Folge von Verletzungen der Autonomie Autonomieverletzungen: • Arzt drängt Patient eigene Sichtweisen auf • Holt den Patient nicht da ab, wo er steht Autonomie respektieren: „Rechthaber-Reflex“ bändigen Offenheit für die Sichtweisen, Ziele und bevorzugten Verhaltensweisen des Patienten
Motivierende Gesprächsführung (MI): Menschenbild Autonomie: Widerstehe dem Reflex, den Patienten „in eine Richtung zu schubsen“ (1) Versuche nicht, den Patienten zu überzeugen, ein Problem zu haben (2) Räsonieren nicht über die Vorteile einer Veränderung (3) Gebe nicht unaufgefordert Ratschläge, wie sich der Patient verändern soll (4) Informiere – aber drohe nicht mit Konsequenzen bei Nichteinhaltung von Empfehlungen
Motivierende Gesprächsführung (MI): Menschenbild Evokation („Entlocken“) Menschen sind nicht unmotiviert, sondern ambivalent „Einerseits möchte ich etwas verändern, …. andererseits aber auch nicht“ Mangelnde Bereitschaft, den Lebensstil zu ändern • ist weniger bedingt durch Uneinsichtigkeit oder Willensschwäche • sondern Ausdruck einer inneren Zwiespältigkeit. Ambivalenz ist ein normaler Bestandteil eines Prozesses, wenn Menschen ihr Verhalten ändern.
Motivierende Gesprächsführung (MI): Menschenbild Evokation („Entlocken“) • Widersprüchliche Motive gemeinsam erkunden und betrachten • Bild „Terrain ausleuchten“ passiv befürworten befragen folgen Arzt nennt Gründe Den Patienten ermuntern, Zulassen, dass für eine Veränderung seine eigenen Gedanken Gespräch „dahintreibt“ zu einer Veränderung zu äußern
Verhaltensänderung wird wahrscheinlicher … … wenn in einer Person die Argumente für eine Veränderung an Gewicht gewinnen Wenn ich aufhöre, bin ich für Ohne Zigarette andere attraktiver fühle ich mich unsicherer… Meine Klamotten und Wohnung riechen besser Rauchen entspannt mich Wenn ich aufhöre, kann ich besser atmen Wenn ich aufhöre, Bin leistungsfähiger nehme ich zu Habe weniger Angst, krank zu werden
Motivierende Gesprächsführung (MI): Menschenbild Partnerschaftliche Zusammenarbeit • Patient = Experte seines Alltag, „wichtigster Mensch im Raum“ • Arzt hat verschiedene unterstützende Rollen - Beziehungsaufbau: „Tanzlehrer“: - Ziele / Prioritäten setzen: „Lotse“ - Motivation wecken: „Hebamme“ - Planung: „Bergführer“ „ringen“ „kämpfen“ „tanzen“ „Schein-Kommunikation“ partnerschaftlich zusammenarbeiten, aneinander vorbeireden, gegeneinander Arzt führt, geht bei Widerstand Pseudoberatung, Crash-Schulung arbeiten, „Machtprobe“ „geschmeidig einen Schritt zurück“
MI: Prozesse und Rollen des Beraters 1. Beziehung aufbauen - „Geschmeidiger Umgang mit Widerstand“ - Führung, gleichzeitig „Raum geben“: Rolle „Tanzlehrer“ 2. Fokussierung: Anliegen klären - Fokussierung auf Ziele des Patienten - Rolle „Lotse“: lotst den Patienten durch den Dschungel an Angeboten / an Informationen zum Ziel 3. Evokation: Patientenmotive entlocken - Hilfe für Patient, eigene Pro-Gründe für eine Veränderung zu finden - Rolle „Hebamme“: Berater „entlockt“ Änderungsmotive 4. Planung: Begleitung zur Zielerreichung - Klärung des Wegs zur Verhaltensänderung (z.B. Schrittfolge) - Begleitung auf dem Weg zur Zielerreichung Berg- - Rolle „Bergführer“: orientiert sich am Tempo des Patienten führer „Hebamme“ „Lotse“ „Tanzlehrer“
Personenzentrierte Beratungsfertigkeiten
Offene Fragen stellen „Halboffene Fragen“ „Was halten Sie vom Insulinspritzen?“ „Nichts ...“ ➢ Wo? ➢ Was? ➢ Warum? ➢ Wann? ➢ Wer? ➢ Wie? • entlocken manchmal eher kurze Antworten • können verwendet werden, um Kenntnisse über bestimmte Informationen zu überprüfen oder Angaben zu bestätigen
Offene Fragen stellen • „Was denken Sie über….“ „Wie ist das passiert ... ?“ • „Welche Auswirkungen hat …. ?“ „Inwiefern trifft das zu?“ • „Erzählen Sie mir ….“ „Erklären Sie mir….“ Vorteile offener Fragen • Kontrolle über das Gespräch geht an Patienten über: Austausch wird möglich • Fragen zeigen Interesse des Arztes am Patienten • Eröffnen die Chance, bedeutungsvolle und durchdachte Antworten zu erhalten • Einladung an den Patienten, mehr über sich zu erzählen, z.B. Wahrnehmungen, Gedanken, Vorstellungen, Emotionen • Erleichtert „fließendes Gespräch“, bessere Herstellung einer Verbindung zwischen Arzt und Patient
Offene Fragen stellen 10 9 Skalierungsfragen 8 7 6 5 4 3 2 1 0
Motivation schaffen für die Diabetestherapie: Ansätze Junge Erwachsene in ihrer Lebenswirklichkeit abholen
Motivation schaffen für die Diabetestherapie: Ansätze Junge Erwachsene in ihrer Lebenswirklichkeit abholen Interesse / Anteilnahme an aktueller Lebenssituation: Themenfelder • Neue Umgebung, eigene Wohnung, Distanz von der Familie • Berufliche Perspektive, Ausbildung, Studium • Abschied von der elterlichen Sorge – mehr Eigenverantwortlichkeit • Partnerschaft und Freundschaft • Lebensentwürfe, Gleichgewicht von Arbeit, Hobbies und Privatleben • Umgang mit Alkohol, Drogen, sozialen Medien • Emotionale Stabilität
Affirmationen, Bestätigungen Funktion und Wirkung • Sind ein Weg, einem Patienten gegenüber Wertschätzung zu zeigen und ihn aufzurichten. • „Ich schenke Ihnen meine ganze Aufmerksamkeit“. Grundsatz: „Wahrnehmen, aufrichten, unterstützen“ • Tut Patienten gut, die negative Aufmerksamkeit gewohnt sind
Affirmationen, Bestätigungen Umsetzung • Einfache und komplexe Bestätigungen Einfach: „Wow, super“ Komplex: „Es ist prima, dass Sie es geschafft haben das erste Mal mir Ihre Glukosewerte downzuloaden und sie mir zu schicken“ • Sprechen Sie eine Stärke an „Sie haben sich mit Ihren Glukosewerten iintensiv beschäftigt“ • Authentische Bestätigung: Muss sich auf etwas gründen, was es wert ist, bestätigt zu werden
Reflektierendes Zuhören Funktion und Wirkung Arzt verfolgt Inhalte und Ausdruck des Patienten: „Was sagt er? Wie sagt er es?“ Arzt vergewissert sich: „Habe ich die Botschaft des Patienten verstanden?“ Arzt gibt reflektierende Rückantwort • Zeigt dem Patienten, ob er gehört und verstanden wird • vermittelt Empathie, stärkt die therapeutische Beziehung • Arzt liest „zwischen den Zeilen“: lädt den Patienten ein, seine Betrachtungen zu vertiefen und fortzusetzen
Reflektierendes Zuhören Varianten Einfaches Reflektieren Jugendlicher: „Diese Termine nerven mich.“ Arzt: „Du kommst wirklich nicht gerne hierher.“ Komplexes Reflektieren („Wahre Bedeutung der Aussage als Hypothese anbieten“) Patient: „Ich komme ja nur wegen der Bescheinigung zu Ihnen.“ Arzt: „Sie haben es satt, dass andere Ihnen sagen, was Sie tun sollen.“ Gefühle spiegeln „Sie sind enttäuscht, dass Sie schon wieder eine schwere Unterzuckerung hatten.“ Metaphern verwenden „Jeder trampelt auf Ihnen herum.“ → günstig: mit Bildern, die dem Patienten geläufig sind
Motivation schaffen für die Diabetestherapie: Ansätze Austausch mit anderen jungen Erwachsenen mit Diabetes • emotionale Entlastung und Stabilisierung • Hinterfragung von Behandlungsgewohnheiten und Denkmustern • Gemeinsames Lernen, „sich von anderen eine Scheibe abschneiden“ • Entwerfen und Ausprobieren von kreativen Lösungen für die Diabetestherapie • sich gegenseitig ermutigen, stützen, motivieren
Zusammenfassen Anwendung Rollnick & Miller: „Blumen pflücken, dann Strauß überreichen.“ • Aussagen aus einem Gespräch auswählen und „die Punkte verbinden“ • Zeigt dem Patienten, dass man ihm aufmerksam zuhört: ist gleichzeitig auch eine Spiegelung • Vorzugsweise mit einer Aussage beenden, welche einer Änderung begünstigt. • Zeigt dem Patienten, dass man ihm aufmerksam zuhört: ist gleichzeitig auch eine Spiegelung
Zusammenfassen „Sie haben mir von Ihren Bedenken erzählt, Antidepressiva einzunehmen. Sie sind sich nicht sicher, Ihrem Körper Chemikalien zuzuführen. Sie haben auch gesagt, dass sich Ihre Stimmung bessert, wenn Sie das Medikament nehmen. Sie wollen das Medikament nicht für den Rest Ihres Lebens einnehmen, aber Sie fragen sich, ob es Ihnen kurzfristig helfen könnte.“ Pro und contra ernst nehmen + Aussagen verbinden + enden mit pro-Aussage Veränderungsbereitschaft „am Köcheln“ halten
Change talk: Erfolg vorwegnehmen, sich auf Stärken besinnen Zukunft nach einer Verhaltensänderung vorstellen lassen „Angenommen, Sie hätten es bereits geschafft, Ihre negative Einstellung zu Ihrem Diabetes zu verändern - Was würde sich in Ihrem Alltag ändern?“ Welche Stärken sehen Sie bei sich? „Was ist ihr bisher größter Erfolg im Zusammenhang mit der Insulinpumpe?“
Change talk: Imaginationen Sich Extrementwicklungen vorstellen „Was wäre das Schlimmste, was passieren könnte, wenn Sie Ihr Verhalten beibehalten?“ und „Was wäre das Beste, was passieren könnte, wenn Sie sich für einen Veränderung entscheiden und damit Erfolg haben?“ Rückschau auf die Zeit vor dem Problemverhalten „Wie war Ihr Leben, bevor Sie angefangen haben so extrem auf Ihr Gewicht zu achten und immer wieder Insulin wegzulassen?“ (→ konkretes Verhalten benennen)
Confidence talk: Zuversicht stärken • Der Glaube eines Patienten, sein Problemverhalten ändern zu können, ist ein guter Prädiktor dafür, ob er sein Verhalten tatsächlich ändern wird • Verstärken Sie die Zuversicht eines Patienten für das Gelingen einer Verhaltensänderung. • Stellen Sie den Bezug her zu früheren Erfolgen, zu seinen Stärken und Ressourcen.
„Commitment talk“: Einen Änderungsplan erarbeiten und vereinbaren Ziele vereinbaren Ziele gemeinsam erarbeiten, anstatt Ziele vorzugeben
Motivation schaffen für die Diabetestherapie: Ansätze Begegnung mit „Modellen“
Projekt erstellen: Motivierende Fragen an Junge Erwachsene Welchen Zustand strebe ich im Umgang mit dem Diabetes an? Was wäre wünschenswert, was ist machbar? Was möchte ich künftig konkret anders machen? (Ideensammlung) Was habe ich davon? Wofür würde es sich lohnen? Alleine machen? Jemanden in meinen Plan einweihen? Wann ja, wie kann mich der-/diejenige unterstützen? Auf welche Stärken, Talente, guten Erfahrungen kann ich zurückgreifen? Wenn‘s nicht so läuft? Was hilft mir bei Frust, trotzdem „am Ball zu bleiben“? Wann ziehe ich eine erste Zwischenbilanz? Alleine? Mit jemandem zusammen?
Auswertung der Arbeitsprojekte Vorstellung der Projekte, Austausch von Lösungen, fachliche Unterstützung • Vorstellung der Projektergebnisse • Feedback und Ergänzungen der Jungen Erwachsenen untereinander • Fachliche Unterstützung: - Präzisierung: Ziel und Umsetzung des Vorhabens - Informationen zu hilfreichen Strategien - Möglichkeiten der Unterstützung - Erfolgskontrolle, langfristige Planung des Vorhabens
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