KARNEVAL MACHT SCHULE - Ein Projekt des FESTAUSSCHUSS BONNER KARNEVAL e.V.
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KARNEVAL MACHT SCHULE Ein Projekt des FESTAUSSCHUSS BONNER KARNEVAL e.V. Die Geschichte des Karneval: Karneval ab dem 19. Jahrhundert Französische Revolution Erlaubnis für „französische Bürger“ Die Französische Revolution (1789 - 1799), Einschneidend im positiven Sinn war der der Imperialismus Napoleons (1799 - Friedensschluss 1801 von Luneville, durch 1815), die französischen Besatzungskriege den das linke Rheinland dem französischen gegen die deutschen Länder in dieser Zeit, Staatsgebiet zugeteilt wurde. Den zu fran- seit 1815, nach dem "Wiener Kongress", die zösischen Staatsbürgern gewordenen Eingliederung des Rheinlandes in Preußen Rheinländern wurde nun das Karnevalfeiern als preußische Rheinprovinz haben den wieder erlaubt. Die Kölner Symbolfigur der rheinischen Karneval stark beeinträchtigt - Fastnacht, der Narr "Bellegeck", durfte wie- beseitigen und auf Dauer unterdrücken der auf den Straßen tanzen und mit ihm konnten sie ihn nicht (Dietz, S. 61). "Mit wurde der Straßenkarneval wieder zugelas- den heranziehenden französischen Revolu- sen. Auch in Bonn und Koblenz zeigten sich tionstruppen ergriffen die letzten Kurfürsten die Karnevalisten mit fantasievollen Masken (insbesondere die der Rheinlande, d. Verf.) auf Plätzen und Straßen sowie bei zahllosen die Flucht. Von ihnen Übernahmen die fran- Kostümbällen: der Nachholbedarf war of- zösischen Soldaten nicht nur die Macht am fensichtlich. Rhein, sondern auch das Problem, wider- spenstige rheinische Frohnaturen zu bändi- Schon 1806 ein Wirtschaftsfaktor gen." (Brog, S.32). Unter Napoleon wurde 1806 auch der Kar- neval als Wirtschaftsfaktor benutzt, denn es Franzosen verbieten den Karneval wurde ein Maskenballmonopol erlassen, mit Im Jahr 1795 erließ der französische Stadt- dem fiskalische Abgaben verbunden waren: kommandant Daurier beispielsweise in Köln der Staat kassierte vom Karnevalsvergnü- ein totales Karnevalsverbot, vor allem aber gen. Später musste dieses Monopol für ein strenges Maskierverbot. 1797 wurden in Gaststätten und Kneipen ohne Eintrittsgeld Köln Fastnachtsgedichte (Verse) gegen das gelockert werden, weil die Proteste der Wir- französische Karnevalsverbot verfasst - te und Bevölkerung sich durchsetzten. 1814 vielleicht die Vorläufer der späteren Bütten- zogen die französischen Besatzungstruppen reden. ab. In Bonn Streit um Karneval Auch Preußen verboten den Karneval Wegen französischer Karnevalsverbote und "Förderer" des rheinischen Karnevals von Einschränkungen gab es auch in Bonn Düsseldorf über Köln und Bonn bis Koblenz Streitigkeiten und Gewaltaktionen zwischen waren die Preußen nun wirklich nicht, eher aktiven Karnevalisten und Besatzern (Brog, war das Gegenteil der Fall (Müller, S. 85 - S. 38 ff.). Die Karnevalsbegeisterten setz- 91). Das Fastnachtstreiben war ihnen un- ten sich häufig gerade in den nächsten Jah- bekannt und verdächtig, dennoch über- ren über die Verbote hinweg, indem sie nahmen sie von den Franzosen, mit dem kostümiert die Säle und Straßen bevölker- Karneval die staatlichen Einnahmen zu er- ten. In den Jahren um 1799 wurden gerade höhen. Der preußische König Friedrich Wil- in Köln, Bonn und Koblenz in begrenztem helm III. (1797 -1815) verbot generell aus Umfang von der französischen Obrigkeit Angst vor Konspiration und Aufruhr unter Fastnachtsbälle zugelassen, weil deren er- dem Versteck der Masken und Kostüme die heblicher Erlös für die notdürftige Versor- Karnevalsveranstaltungen. Nur in Orten gung der Armen, verteilt durch die Stadt- und Gebieten, in denen die Fastnacht eine verwaltungen, genutzt wurde ("Wohltätig- alte Tradition habe, könne sie unter stren- keitsbüros"). ger Kontrolle der preußischen Obrigkeit ge- nehmigt werden.
1824 Laetitia-Umzug in Bonn verboten Versteckter politischer Spott 1824 wollten die Bonner einen traditionel- Die Karnevalszeitungen der Gesellschaften len Karnevalszug mit Laetitia als Göttin der im Rheinland enthielten im ganzen 19. Freude auf einem Schiffswagen durch die Jahrhundert häufig versteckten politischen Stadt ziehen lassen, aber die Anfrage um und sozialen Spott. Da die Obrigkeit Kritik Genehmigung beim preußischen König er- nicht duldete, fielen Schriften und einzelne hielt eine strikte Absage. In Düsseldorf und persiflierende Beiträge nicht selten der Köln waren dagegen im Jahr vorher Karne- staatlichen Zensur zum Opfer (Brog, S. 87 valsumzüge unter strengen Auflagen ge- ff.). nehmigt worden. Der preußische Stadt- kommandant in Köln, Baron von Cettritz, Ab 1843 auch in Bonn erlaubt hatte die Erlaubnis aufgrund des Arguments Unter dem preußischen König Friedrich Wil- bekommen, "unter Aufsicht sei der Karne- helm IV. (1840 -1861) wurde das Karne- val ungeführlicher." (Wolf/Engelhardt, valsverbot weiter gelockert (in Bonn erst S.20). seit 1843 !), von den Karnevalisten auf der Straße wurde aber eine Art "Steuer", erho- 1823 erster Umzug des Festkomitees ben, ein Zwangsalmosen für die Armenkas- Am 10. Februar 1823 fand in Köln zum ers- sen in den jeweiligen kommunalen Haushal- ten Mal ein von einem zentralen Festkomi- ten. Diese Steuer blieb etwa bis zur Jahr- tee organisierter Rosenmontagszug statt. hundertwende in Kraft. Einzelheiten zur Er war das Ergebnis des Zusammenschlus- Herausbildung und Entwicklung des Karne- ses einiger karnevalsbegeisterter, promi- valsgeschehens im Rheinland und in Bonn nenter Kölner Bürger, die sich zum Ziel ge- unter der preußischen Obrigkeit sind in den setzt hatten, das Fastnachtsgeschehen in Beiträgen "Rheinland und Karneval" und den Sälen und auf den Straßen so zu re- "Bonner Karneval" beschrieben. formieren, dass es für alle Schichten der Bürgerschaft, insbesondere aber zunächst Uniformierte Garden und Corps für die Oberschicht, die sich zeitweise zu- Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts "inte- rückgezogen hatte, attraktiv sein sollte. grierten" und imitierten ironisch die Rhein- Das weitere Ziel, mehr Geld aus den Karne- länder sozusagen das frühere französische valseinnahmen für die Bedürftigen der und das damals unbeliebte preußische Mili- Stadt aufzubringen, wurde allerdings ver- tär im Karneval, indem man karnevalisti- fehlt. sche "Garden" und "Funken" aufstellte und sie als Karnevalisten mit alten Uniformimi- Karneval wurde immer teuer taten ausstattete: veränderte Uniformteile, In den nächsten Jahren wurde dieser Kar- Dreispitz, Perücken mit Haarrollen und neval immer prächtiger und kostspieliger, Zopf, Militärgruß verkehrt: rechte Hand an die Maskenbälle im "Gürzenich" wurden die linke Schläfe. immer teurer. Neben diesem Karneval der Die Garden waren die karnevalistischen Oberschicht und der Reichen entwickelte Corpssoldaten, also Parodien auf die regu- sich aber allmählich ein Karneval des bür- lären militärischen Truppen, die Funken wa- gerlichen Handwerks, des Handels und Ge- ren eine Verspottung der früheren Stadt- werbes sowie auch einer der eher "einfa- wächter und -polizisten, also der kommuna- chen Leute". Mehrere Karnevalskomitees, len Ordnungshüter. In dieser Zeit entstan- auch eines der "Mittelschicht", wetteiferten den auch die Bräuche der öffentlichen Bi- um die Mitte des 19. Jahrhunderts um die waks auf den Marktplätzen, die Erstürmung besten und preisgünstigsten Karnevalsver- der Rathäuser und (wieder) die karnevalis- anstaltungen und (wieder) um höhere tisch-symbolische Umkehrung der Macht- Spendensummen für die Armenbetreuung. verhältnisse, von Regierenden und Unterta- nen, von "oben" und "unten". 1828 Karnevals-Komitee in Bonn In Bonn wurde 1828 ein koordinierendes Marketenderinnen und Mariechen Karnevalskomitee gegründet. Im ganzen Ebenfalls aus dieser Zeitperiode stammt die Rheinland entwickelte sich seit den 30er traditionelle weibliche Begleitfigur der kar- und 40er Jahren der Karneval auch zu einer nevalistischen "Truppen, die Marketenderin. Touristenattraktion, was seinen Charakter Sie wurde zunächst von einem Mann darge- als Wirtschaftsfaktor verstärkte. stellt und erinnert an die Händlerinnen, die in früheren Zeiten die Heere begleiteten und mit Waren aller Art versorgten.
Politische Bedeutung des Karneval „angepasster“ Karneval In einigen historischen Perioden und Ereig- In den Jahren nach dem gewonnenen Krieg nissen hat der rheinische Karneval eine po- Deutschlands gegen Frankreich 1870/71 litische Bedeutung gehabt. Seine positive und nach der deutschen Reichsgründung oder negative Rolle während der römischen 1871 geriet der rheinische Karneval vieler- und französischen Besatzung des Rheinlan- orts in ein nationalistisches, Preußen- des und den politischen Implikationen der freundliches Fahrwasser. Die distanzieren- Einflussnahmen Preußens und des National- de, obrigkeits-kritische und ironisierende sozialismus sind weitgehend bekannt. In Grundausrichtung sowie das Militärische den deutschen demokratischen und natio- und das Preußentum persiflierenden Akzen- nalen Revolutionen gegen die autokrati- te kamen den Fastnachtsbräuchen häufig schen Regime 1830 und 1848/49 spielten abhanden. Die Kölner Roten Funken waren rheinische Karnevalisten partiell eine Rolle, da als Spass-Militär eine rühmliche Aus- übrigens erheblich beeinflusst von der Gro- nahme (Brog, S. 181 - 201). ßen Französischen Revolution 1789. Aber jeweils hat der deutsche Obrigkeitsstaat Ab 1914: kein Karneval mehr gesiegt. Mit Beginn des 1. Weltkriegs 1914 begann im Rheinland eine längere, auch durch Prominent im Karneval: Klinkel in Bonn staatliche Verbote, nahezu karnevalsfreie Prominentes Beispiel für Bonn ist, dass der Zeit, die auch noch einige Jahre nach Bonner Theologieprofessor Gottfried Kinkel, Kriegsende 1918 anhielt. Öffentliches Kar- wie auch andere Professoren (bis in die nevalstreiben fand nicht mehr statt. Erst ab heutige Zeit: Prof. Lützeler), im Karneval den Jahren 1924/25 lebte der ursprüngliche aktiv gewesen war und Büttenreden gehal- Saal- und Straßenkarneval wieder mehr ten hatte, im Frühjahr 1848 "der Hauptred- und mehr auf, bis er durch die schwere ner der großen Revolutionsveranstaltung in Wirtschaftskrise in Deutschland Anfang der Bonn (war)“ (vgl. Brog, S. 111 ff.). In Wien 30er Jahre wieder stark beeinträchtigt wur- war inzwischen Fürst Metternich gestürzt de. (einer der Hauptverantwortlichen für "Res- tauration", antidemokratische Unterdrü- Nazis misstrauten dem Karneval ckung und Zensur, der Verf.) und in Preu- Auch die Nationalsozialisten (1933 -1945) ßen die Zensur aufgehoben worden. misstrauten dem Karnevalstreiben zutiefst, befürchteten sie doch wie jede antidemo- Kritik an Zensur des Karneval kratische Regierung und Obrigkeit hinter „Mit der schwarz-rot-goldenen Fahne in der den Masken und Kostümen, hinter dem Hand bestieg Kinkel die Rathaustreppe (in ausgelassenen Fastnachtfeiern Opposition, Bonn), wo er eine flammende Rede hielt Widerspruch, Insubordination, Aufstände und dazu aufrief, die errungenen Freiheiten und Verschwörungen, ja, auch bei den "Na- mit starker Faust zu verteidigen." (Brog, S. zis" kam dazu noch die Furcht, lächerlich 111). Damit kritisierte er auch die Zensur gemacht zu werden, das "Schlimmste", was bei Karnevalssitzungen, bei denen er selbst, einer totalitaristischen, diktatorischen Herr- um die Zensur zu überlisten, seine Bütten- schaft geschehen kann. (Zum Thema Kar- reden ohne schriftliches Manuskript gehal- neval und Nationalsozialismus erscheint ten hatte. Die Revolutions-Ereignisse von 2008/2009 neueste wissenschaftliche Lite- 1948 vermischten sich in dieser gleichzeiti- ratur von Karl-Heinz Erdmann "Karneval gen Karnevalssession mit dem Fastnachts- Anfang der 1930er-Jahre in Bonn" in der treiben im Rheinland, beeinträchtigten es in Festschrift zu 75 Jahre Ehrengarde der erheblichem Ausmaß (siehe für diese Zeit- Stadt Bonn und 2009 von Marcus Leifeld in spanne auch: Müller, S. 89). seiner Doktorarbeit (Dissertation) voraus- sichtlich unter dem Titel: "Der Kölner Kar- Universität Bonn: Karnevals-Hochburg neval im 'Dritten Reich' Eine Studie zum Überhaupt war die Bonner Universität in der zentralen Kölner Brauch zwischen Anpas- Mitte des 19. Jahrhunderts eine Hochburg sung, Gleichschaltung und oppositionellem des Karnevals und gleichzeitig der Oppositi- Verhalten" sowie ebenfalls von Leifeld 2009 on gegen den demokratiefeindlichen Obrig- voraussichtlich im Münchner Verlag mit keitsstaat. Die Bespitzelung der rheinischen dem geplanten Titel "Karneval im 'Dritten Karnevalisten und Strafaktionen gegen sie Reich'".) durch die preußische Staatsregierung bis hin zu Todesurteilen blieben bestehen.
Nazis führen Frauen ein ren zunehmenden Einfluss im und die Do- Vorgeschobene Gründe für Verbote von minanz über den rheinischen Karneval. Das Karnevalsaktivitäten waren leicht zu finden. gilt auch für Bonn und Umgebung (siehe: So untersagten die Nationalsozialisten be- Brambor, Hans: Bonn Alaaf) und für den reits 1935 die Darstellung der Marketende- Koblenzer Raum. Schließlich wurde unter rin durch einen Mann, weil das angeblich dieser Politik der "Bund Deutscher Karne- dem deutschen Mannestum widersprach val" gegründet und "gleichgeschaltet". und der Homosexualität und dem Transvestitentum Vorschub leiste. Opportunismus des Karnevals Die Nationalsozialisten versuchten aber Dennoch sollte bei der historischen Beur- auch, sich bei den Karnevalisten anzubie- teilung dieser Zeit und der handelnden Per- dern, allerdings indem sie begannen, den sonen das Gebot der Verhältnismäßigkeit Karneval und die Karnevalsvereine in der beachtet werden. Gewiss gab es bei etli- NS-Organisation "Kraft durch Freude" chen Karnevalisten des Rheinlandes Anpas- (KdF), einer nationalsozialistischen, ideolo- sung, Opportunismus und die Bereitschaft, gisch orientierten Freizeit- und Tourismus- sich unter der völkischen Ideologie "gleich- organisation, "gleichzuschalten". KdF war schalten" zu lassen. Aber es gab auch Wi- eine Sonderorganisation der "Deutschen derstand dagegen und diese Zeit betrug Arbeitsfront", die nach dem Verbot der Ge- nicht zwölf, sondern sechs Jahre: von 1933 werkschaften Arbeitgeber und Arbeitneh- bis 1939 -eine relativ kurze Zeit im Ver- mer unter dem Dach der Nationalsozialisten gleich zur Jahrhunderte langen Entwick- zwangsvereinigte. lungsgeschichte des Karnevals. Seit Kriegs- beginn 1939 gab es praktisch keinen Kar- Karneval war kein Widerstand neval mehr. Dieses Urteil ist keine Ver- Die Versuche nach dem Ende des National- harmlosung, sondern ein Beitrag zur Objek- sozialismus 1945 und in der Zeit der Bun- tivierung von Geschehnissen, die dem Kar- desrepublik Deutschland seit 1949, dem neval des Rheinlandes, auch in Bonn, nicht rheinischen Karneval eine Art Widerstand "zur Ehre gereichen". oder Opposition gegen das totalitäre Nazi- Weitere Hinweise zu diesem Thema sind im Regime zu unterstellen, sind nicht überzeu- Kapitel "Rheinland und Karneval zu finden. gend (Brog, S. 223 - 251). Den Nationalso- zialisten gelang es überwiegend, den rhei- Tanzmariechen nischen Karneval zu vereinnahmen, teilwei- Da die männliche Marketenderin von den se ideologisch "gleichzuschalten", indem er Nationalsozialisten verboten worden war, bereits 1933 von der NSDAP (National- schufen sich die gewitzten Karnevalisten ei- Sozialistische Deutsche Arbeiter-Partei) auf nen mehr als gleichwertigen "Ersatz": das seine angeblich prägenden heidnisch- Tanzmariechen, das in seiner weiblichen "völkisch"-germanisch-atheistischen Wur- Uniform mit seinem Tanzoffizier akrobati- zeln reduziert wurde. Karnevalistische Kritik sche und graziöse Karnevalstänze aufführt. an der NS-Obrigkeit wurde strikt untersagt. Selbst die Zusammensetzung des Kölner Rosenmontagszuges wurde von den Natio- „Held Karneval“ wird „Prinz Karneval“ nalsozialisten vorgegeben. Aus dem "Held Karneval" im Rheinland des Erste, kleine Anzeichen von Antisemitismus 19. Jahrhunderts wurde bald "Prinz Karne- waren zu erkennen. val". Karnevalsprinzen und Prinzessinnen (in Bonn die "Bonna", in Koblenz die „Gleichschaltung“ auch des Karneval "Confluentia", in Düsseldorf die "Venetia") Allerdings formierte sich 1935/36 auch öf- und/oder "Dreigestirne", also Prinz, männli- fentlicher Widerstand gegen diese politische che oder weibliche "Jungfrau" (in Köln und Vereinnahmung aus den Reihen der traditi- in vielen Kölner Einflussgegenden) sowie onellen Karnevalsvereine und -corps (z.B. Bauer, Narrenzepter ("Pajaz") und in Köln: (allerdings zwiespältig) Thomas Närrinnendiademe, Kostüme vielfältigster Liessem, Präsident der Prinzengarde). Der Art, Karnevalsmützen der Vereinsangehöri- Widerstand hielt aber nicht an; die Verein- gen (wahrscheinlich ein Narrenschiff sym- nahmung durch den völkischen- bolisierend) gehören unbedingt zum antisemitischen Nationalsozialismus setzte Karnevalfeiern. sich durch. Die nationalsozialistische "Kraft durch Freu- de"-Organisation gewann in den 30er Jah-
1827: Narrenkappen der Vereine Rheinseite viele Frauen-Karnevals- Diese Karnevalsmützen sollten schon An- gesellschaften blühen und gedeihen, gewiss fang des 19. Jahrhunderts ein einheitliches eine Auswirkung der "alten", traditionellen Bild der Karnevalisten bei Versammlungen und grundlegenden Beueler Weiberfast- gewährleisten: so bei den Kölner Repräsen- nacht. Darüber wird in dem eigenen Kapitel tanten des Karnevals, wenn sie sich zu Ver- 7 im einzelnen berichtet. sammlungen trafen -als Vorläufer (zunächst "Festordnendes Komitee" genannt) des 1991: Erste DamenKG in Köln heutigen "Festkomitees Kölner Karneval". Köln war und ist da sehr viel konservativer Daraus entstanden die "Kappen"-Sitzungen. und rückständiger: erst 1991 wurde die Vorgeschlagen wurden die einheitlichen erste Kölner Damen-Karnevalsgesellschaft Karnevalsmützen 1827 ausgerechnet von Colombina Colonia gegründet -unter den einem preußischen Generalmajor: "Gleiche misstrauischen Blicken der männlichen Köl- Narren, gleiche Kappen". ner Karnevalsfunktionäre (Brog, S. 139 - 164). Über Jahrzehnte und Jahrhunderte „Begleitpersonal“ der Tollitäten vorher hatten die rheinischen Frauen in Karnevalistisches Begleitpersonal mit Präsi- vielfältigen Formen und an allen möglichen denten, Prinzenführern, Paginnen und Pa- Orten kräftig und deftig Karneval gefeiert - gen, Karnevalisten in bunten halb- aber zumeist nicht in eigenen Karnevalsge- militärischen Uniformen, Musikkapellen, sellschaften und schon gar nicht in den Karnevalsschlager und Marschmusik und männlich-exklusiven Karnevalscorps. vieles andere mehr hat sich seit dieser Zeit bis heute als unverzichtbar für nahezu jede Neuer Vereinskarneval nach 1945 Karnevalsveranstaltung erwiesen, aber Nach 1945, als die Alliierten Besatzungs- auch entwickelt und verändert. mächte in Westdeutschland - Amerikaner, Das alles ist wesentlicher Bestandteil rhei- Engländer und Franzosen - nach und nach nischer Kultur und teilweise Kunst gewor- ihre Vereins- und Versammlungsverbote lo- den. Heute ist die Karnevals-"Session", die ckerten und dann aufhoben, kam allmählich "Fünfte Jahreszeit", selbstverständlicher der ursprüngliche, unzensierte, kritische- rheinischer Brauch im geregelten Jahresab- politische und freiheitliche rheinische Kar- lauf. neval wieder zu seinem Recht. Auch der Karneval und etliche Karnevalisten mussten Frauen im Karneval vorher "entnazifiziert" werden. 1953 wurde Zur Geschichte des Karnevals gehört im der Bund Deutscher Karneval neu gegrün- Vereinskarneval die schwierige, wechselhaf- det. Ein Großteil der nationalsozialistischen te, späte Entwicklung des Frauenkarnevals. Belastungen wurde verdrängt (Brog, S. 253 Während Frauen in der "Vorgeschichte" - 270). (siehe Einzelheiten in diesem Kapitel) In den letzten Jahrzehnten und erst recht in durchaus eine führende Rolle spielten, wur- der heutigen Zeit ist es hoffentlich gemein- de ihr Einfluss später, insbesondere seit sames Selbstverständnis aller Karnevalsbe- dem 19. Jahrhundert (preußische Vorbehal- geisterten im Rheinland, dass Fastnachtfei- te!) zurückgedrängt, als sich im Rheinland ern in einer demokratischen Gesellschaft die Karnevalscorps als "reine" Männerge- und in einem demokratischen Staat nicht sellschaften, mit Ausnahme der Marketen- nur Fröhlichkeit und Ausgelassenheit, Satire derinnen und später der Tanzmariechen , und traditionelles Brauchtum ist, sondern gründeten. auch eine freiheitlich-kritische, und damit politische Funktion gegenüber jeder "Obrig- Ab 1823 Damenkomitees keit" hat. Erst später entstanden gerade maßgeblich in Bonn etwa seit 193o "reine" Frauenkar- nevalsgesellschaften, die "Damenkomitees" (DK), zum Beispiel: DK Honigsmöhne (1889), DK "Blau-Weiß Duisdorf von 1935, DK Bönnsche Blömche, DK Bönnsche Mädche, DK Lustige Bucheckern (1947), DK Rot-Weiß Buschhoven, DK Süße Möhne und insbesondere, ausnahmsweise schon früh- zeitig, "Altes Beueler Damenkomitee 1824" (!), wie generell auf der östlichen Bonner
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