Karpatenblatt - Bundespräsident besuchte Slowakei
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Karpatenblatt September 2021 09 30. Jahrgang ČASOPIS NEMCOV NA SLOVENSKU | ZEITSCHRIFT DER DEUTSCHEN IN DER SLOWAKEI Bundespräsident Hauerlandfest Wörterbuch besuchte Slowakei in Schmiedshau der Holzhacker-Mundart
Inhalt ♦ Infoservice Bundespräsident besuchte Slowakei 3 Freundschaftlicher Besuch aus München Lehr- und Wörterbuch der Holzhacker-Mundart 4 Neues Themenheft „Flucht und Vertreibung“ Trauertag der Russlanddeutschen 5 Bund der Vertriebenen hat neues Präsidium 6 Blaufuß feierte 690 Jahre ♦ Aus den Regionen Das 29. Hauerlandfest 7 90 Jahre Posaunenchor in Einsiedel 8 Das Unterzipser Mantakentreffen 9 Fest in Úhorna und Schmöllnitz Hütte Evangelische Kirche in Topporz 10 Unser Regionaltreffen in Schwedler 11 ♦ Kultur Kochen mit dem Karpatenblatt: Letscho 12 Rund um Bräuche und Welttage im September 13 ♦ Kolumne Schmidts Kater Lojzl 14 ♦ Berühmte Zipser Lehrer, Pfarrer und Jurist Karl Maday (1821-1870) 15 ♦ Gedanken zur Zeit Im Strom der Zeit: Dunajská Lužná 16 Monatsgruß von Thomas Herwing 17 ♦ Nachrichten aus Heim und Familie Wir gratulieren 18 -19 In stiller Trauer ♦ Kaleidoskop Editorial 20 Impressum Treffen der Präsidenten Anfang September hat der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Slo- wakei besucht. Zum Ausklang seines ersten Besuchstages nahm er mit der slowaki- schen Staatspräsidenten Zuzana Čaputová an einem Konzert im Liszt-Garten der Uni- versitätsbibliothek in Preßburg/Bratislava teil. Mehr über seinen Besuch und sein Treffen mit Vertretern des Karpatendeutschen Vereins und der Germanisten erfahren Sie auf Seite 3. 2 © Universitätsbibliothek Preßburg/Bratislava
Infoservice Bundespräsident besuchte Slowakei Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Anfang September die Slowakei be- sucht. Er traf mit der slowakischen Präsidentin Zuzana Čaputová zusammen, legte am Tor der Freiheit in Theben/Devín einen Kranz zum Gedenken an die Opfer des Eisernen Vorhangs nieder, nahm an einer Podiumsdiskussion zur Zukunft der Demokratie teil und besuchte mit der slowaki- schen Präsidentin zusammen ein Jazz-Konzert. „Den deutschen Präsidenten Frank-Walter Steinmeier sehe ich als Konzert und Empfang einen Freund an. Ich bin sehr froh, dass ich ihn erneut in Bratislava Für den Abend seines ersten Besuchstages war ein Treffen mit Men- begrüßen konnte“, schrieb die slowakische Präsidentin in einem so- schen geplant, die sich besonders für die deutsch-slowakischen Be- zialen Netzwerk. Deutschland sei für die Slowakei ein strategischer ziehungen einsetzen. Auch der Vorsitzende des Karpatendeutschen und besonderer Wirtschaftspartner. In der Slowakei arbeiten über Vereins, Dr. Ondrej Pöss, nahm daran teil. In einem kurzen Gespräch 500 deutsche Firmen mit einem Jahresumsatz von rund 22 Milliar- in der Universitätsbibliothek in Preßburg/Bratislava hat er mit dem den Euro und 150.000 Angestellten. Bundespräsidenten über das Leben der Karpatendeutschen in der Čaputová und Steinmeier sprachen über die innenpolitische Ent- Slowakei gesprochen. wicklung der beiden Länder, Extremismus und Hassreden in den Vertreter der Germanisten und Deutschlehrer informierten sozialen Medien. Auch die Pläne der beiden Länder klimaneutral zu die Staatspräsidentin Zuzana Čaputová auch über die Lage des werden, wurden thematisiert. Dabei wurden auch schwierigere The- Deutsch-Unterrichtes in der Slowakei. men wie Nord Stream 2 und die Situation in Afghanistan angespro- Am zweiten Tag seines Besuches traf Frank-Walter Steinmeier mit chen. dem slowakischen Premierminister Eduard Heger zusammen. Red Der KDV-Vorsitzende Ondrej Pöss, der Leiter des Germanistik-Lehrstuhls Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Gespräch der Comenius-Universität in Preßburg Jozef Tancer, die ehemalige mit dem KDV-Vorsitzenden Dr. Ondrej Pöss SUNG-Vorsitzende Nadežda Zemaníková, die slowakische Staatspräsi- dentin Zuzana Čaputová und der SUNG-Vorsitzende Marek Lupták Freundschaftlicher Besuch aus München In den ersten Septembertagen konnten wir die Delegation der Sudetendeutschen Landsmann- schaft an der Spitze mit ihrem Sprecher Bernd Posselt in der Slowakei begrüßen. Herr Posselt (*1956) ist Sohn sudeten- mäßigten Flügel der Sudetendeutschen Lands- deutschen Vereins, Ondrej Pöss, statt. In dem deutsch-steirischer Eltern. Seinen beruflichen mannschaft“. angenehmen, freundschaftlichen Gespräch Werdegang hat er als Journalist begonnen. der langjährigen Bekannten ging es um die jet- Seit Ende der 1970er Jahre engagiert er sich Zusammenarbeit mit der Slowakei zige Situation, aber auch um die ganz konkrete auch politisch: Von 1978 bis 1994 war er als Während seiner langen politischen Aktivitäten Zusammenarbeit. Wir freuen uns auf zukünftige engster politischer Mitarbeiter und Pressespre- arbeitete Bernd Posselt auch mit einigen slowa- Besuche von solch gern gesehenen Freunden cher von Otto von Habsburg tätig, gleichzeitig kischen Politikern zusammen, vor allem mit den der Karpatendeutschen, zu denen Bernd Pos- war er im Europaparlament aktiv. Seit 1993 Abgeordneten des Europäischen Parlamentes, selt schon seit Jahren gehört! O.P. bekleidete er mehrere bedeutende Positionen die er auch jetzt besuchte. Mit Begeisterung in der CSU, von 1994 bis 2014 war er Mitglied sprach er über das Treffen mit dem ehemaligen des Europäischen Parlaments. slowakischen Staatspräsidenten Rudolf Schus- Gut bekannt ist uns Posselt auch auf- ter in Metzenseifen und Kaschau, mit dem er grund seiner Tätigkeit in der Paneuropa-Union schon mehrere Jahre befreundet ist. Deutschland, in der er seit 1998 Präsident ist. Herr Posselt interessierte sich auch für das Seit 1992 ist er in den führenden Gremien der Leben der Karpatendeutschen. Im Hauerland Sudetendeutschen Landsmannschaft tätig: besuchte er Schmiedshau und das dortige mehrere Jahre als Bundesvorsitzender, seit Museum, wo ihn die Initiatorin des Museums 2008 als Sprecher, also oberster politischer M. Ďuricová begleitete. Mit einigen KDV-Mit- Repräsentant der Sudetendeutschen Volks- gliedern hat er sich auch in Weinitz/Bojnice gruppe. Im Juni 2021 wurde er erneut in diese getroffen. In Kesmark wurde er vom dortigen Position gewählt. Er will sich für Verständigung KDV-Vorsitzenden Ing. V. Wagner ausführlich und den Dialog zwischen den Sudetendeut- über das Leben in der Zips informiert. Auf der schen und den Tschechen einsetzen. Laut der Rückreise fand in Preßburg eine Besprechung tschechischen Presse gehört Posselt zum „ge- mit dem Landesvorsitzenden des Karpaten- Bernd Posselt und Ondrej Pöss KB 09/2021 3
Infoservice Neues Themenheft „Flucht und Vertreibung“ Die Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit beleuchtet gemeinsam mit der Be- auftragten der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene, Sylvia Stierstorfer, MdL, in einem neuen Themenheft ein schwieriges Kapitel der deutschen Geschichte: Flucht und Vertreibung. Es wurde in der Reihe ”Einsichten + Perspektiven“ herausgegeben und behandelt auch die Vertreibung der Karpatendeutschen. Auf 152 Seiten werfen elf Journalisten und deutsche (Nachkriegs-) Gesellschaft. Abge- Wissenschaftler einen umfassenden Blick rundet werden die Artikel durch historisches auf das Thema. So verfasste beispielswei- Kartenmaterial und ergänzende Infotexte zu se Tobias Weger, wissenschaftlicher Mit- grundlegenden Fakten rund um das Thema arbeiter am Institut für deutsche Kultur und Flucht und Vertreibung. Eine neue Perspek- Geschichte Südosteuropas an der LMU tive bieten Interviews mit Betroffenen aus München, das Kapitel „Flucht und Vertrei- verschiedenen Generationen. Red bung. Die Tschechoslowakei und ihre Nach- folgestaaten“ und Martin Schulze Wessel, Hier können Sie sich das Heft herunterladen: der Leiter des Collegium Carolinum, schrieb über „Die Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei“. Die Journalistin Hel- ga Hirsch beschäftigte sich mit dem Thema „Über Generationen hinweg: Das Erbe der Vertreibung – Traumata, Verhaltensmuster, Mentalitäten“. Die Autoren widmen sich unterschied- lichen Aspekten von Flucht und Vertrei- bung nach 1945, den unterschiedlichen Herkunftsorten, dem Umgang Bayerns mit Geflüchteten und Vertriebenen sowie den Auswirkungen der Zuwanderung auf die Die Titelseite des Themenheftes Lehr- und Wörterbuch der Holzhacker-Mundart ”Umatum“ heißt ein Lehrbuch der Mundart der deutschen Holzhacker in den Kleinen Karpaten, das an der Universität der Hl. Cyril und Method in Tyrnau/Trnava herausgegeben wurde. Es ist um ein Wörterbuch der Holzhacker-Mundart ergänzt. Zunächst aber kurz einiges über diese kleine Dušan Fedič. Der Titel des Lehrbuches „Uma- Dazu haben auch die Nachkommen der Holz- deutsche Minderheit. Die Ankunft der deutsch- tum“ ist eine mundartliche Ableitung des deut- hacker beigetragen. sprachigen Holzhacker in den Kleinen Karpa- schen „um herum“. Basis für dieses Lehrbuch Das Lehrbuch umfasst 125 Seiten und es ten ist mit Veränderungen in der Forstwirtschaft und das Wörterbuch ist die Sammlung von Frau besteht aus zehn Lektionen mit reichen Illustra- verbunden, die insbesondere während der Lotty Weber Hrozáň, die Worte und Wortver- tionen (ISBN 978-80-572-0055-0). Herrschaft von Maria Theresia (1740 - 1780) bindungen der Holzhacker-Mundart sammelte. O.P. eingeführt wurden. Die Pálffy-Familie war der größte Landbe- sitzer in den Kleinen Karpaten. Sie luden die Holzhacker in ihre Besitzstände ein. Außerdem kamen sie in die Wälder, die den Städten Bö- sing/Pezinok und Modern/Modra gehörten. In der Bevölkerung und später auch bei den Fach- leuten wurden sie „Huncokári“ genannt, was vom deutschen Wort „Holzhacker“ abgeleitet ist. Das Schicksal dieser Deutschen war das- selbe wie das aller Karpatendeutschen: Nach 1945 mussten sie ihre Siedlungen verlassen, in der Slowakei sind nur wenige geblieben. Gedenken an die Holzhacker In den letzten Jahren bemühen sich die Nach- kommen, die Erinnerung an diese kleine deut- sche Minderheit wieder zu beleben. Da hat die Universität in Tyrnau mit ihren Forschungspro- jekten einen großen Beitrag geleistet. Im Au- gust 2021 hat dort auch Pavol Krajčovič erfolg- reich seine Doktorarbeit über die Holzhacker verteidigt. Die Autoren der Publikation sind Simona Fraštíková, Monika Hornáček Banášová und Das Wörterbuch zu dem Lehrbuch über die Der Titel der Publikation ist eine mundartliche deutschen Holzhacker in den Kleinen Karpaten. Ableitung eines deutschen Begriffes. 4
Infoservice Trauertag der Russlanddeutschen Am 28. August gedachten die Russlanddeutschen eines der tragischsten Momente in der Ge- schichte ihres Volkes, das sich an diesem Tag vor 80 Jahren ereignete. An diesem Tag erließ das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR den Erlass (”Ukaz“) Nr. 21/160 ”Über die Umsied- lung der im Wolgagebiet ansässigen Deutschen“, in dem die Wolgadeutschen wahllos beschul- digt wurden, bei sich ”Tausende und Zehntausende von Saboteuren und Spionen“ zu verstecken. Danach erfolgte eine vollständige Deportation der Deutschen aus der Autonomen Republik der Wolgadeutschen in entlegene Gebiete Sibiriens, Kasachstans und Zentralasiens. Die Geschichte der Deutschen in Russland ist Darin hieß es: „Entsprechend glaubwürdigen Entspannung, Auswanderung, lang. Sie erstreckt sich über viele Jahrhunderte. Nachrichten der Militärbehörden befinden Konsolidierung So vielfältig, wie das Land und die dort leben- sich in den Wolgagebieten unter der dortigen 1953 starb Stalin. 1955 besuchte Adenauer den Menschen sind, ist auch die Geschichte, deutschen Bevölkerung tausende und zehntau- erstmals seit dem Krieg Moskau, diplomatische die sich daraus entwickelte. Russen und Deut- sende Saboteure und Spione, die auf ein von Beziehungen zwischen Moskau und Bonn wur- sche waren schon früh miteinander verbunden, Deutschland zu gebendes Signal Sabotage- den wieder aufgenommen. In der Folge erließ vor allem politisch, kulturell und wirtschaftlich. akte in den von Wolgadeutschen besiedelten der Oberste Sowjet der UdSSR am 13. De- Die ersten regelmäßigen und andauernden Be- Gebieten auszuführen haben“. Infolgedessen zember 1955 das Dekret „Über die Aufhebung ziehungen nahmen frühhansische Kaufleute in sehe sich „die Sowjetregierung gezwungen, der Beschränkungen in der Rechtsstellung der der Mitte des 12. Jahrhunderts mit Nowgorod Strafmaßnahmen gegen die gesamte deutsche Deutschen und ihrer Familienangehörigen, die auf. Ab der Mitte des 16. Jahrhunderts zog es Bevölkerung des Wolgagebietes zu ergreifen“. sich in den Sondersiedlungen befinden“. Mit viele Deutsche nach Moskau und ab Anfang Man spricht zwar nur über die Deportation der diesem Dekret wurde die Kommandantur abge- des 18. Jahrhunderts vor allem in die aufstre- Wolgadeutschen, Tatsache war aber, dass alle schafft, die Menschen durften sich wieder frei bende Stadt Petersburg. Sowjetdeutschen damit als Volksverräter be- bewegen, konnten Verwandte und Bekannte Seit dem Einladungsedikt (1763) von der zeichnet wurden. In der Ostukraine sowie auf besuchen. Sie durften jedoch nicht in ihre alten Zarin Katharina der Großen und ihrem Enkel der Krim hatte die Deportation sogar schon im Wohnorte zurückkehren und auch keinen An- Alexander I. zogen im 18. und 19. Jahrhundert Juli 1941 begonnen. spruch auf ihr ehemaliges Vermögen erheben. tausende Deutsche in die Weiten Russlands, Seit dem entsprechenden Erlass des Diese Vorschriften wurden erst 1972 geändert. um sich dort niederzulassen. Sie siedelten sich Obersten Sowjets wurden rund 900.000 Russ- Ende der 1970er Jahre sprechen offizielle hauptsächlich an der Wolga, am Schwarzen landdeutsche nach Sibirien und Kasachstan Statistiken der UdSSR von circa 2 Millionen Meer, in Wolhynien – mit Tochtersiedlung bis deportiert. Etwa 350.000 Menschen wurden Russlanddeutschen. Nach der Auswande- nach Turkestan und Sibirien – an und trugen in Arbeitslager gebracht, mindestens 150.000 rungswelle in den 1980er/1990er Jahren entscheidend zur Entwicklung des Landes verloren ihr Leben. Auf die Deportierten wartete leben noch etwa 650.000 Deutsche in den bei. Antideutsche Hetze im Ersten Weltkrieg, ein neues, schwieriges Leben: die Arbeitsar- Nachfolgestaaten der Sowjetunion, davon Kollektivierung und bolschewistischer Terror mee, der Hunger, die Kälte und der Verlust von in Russland um die 400.000, in Kasachstan setzen ihnen zu. Am 19. Oktober 1918 setz- Angehörigen. Sie durften ihren Wohnort nicht um die 180.000 und in der Ukraine um die te Lenin seine Unterschrift unter das Dekret ohne Genehmigung des Kommandanten verlas- 33.000. Sie werden durch hunderte Selbst über die Errichtung der „Arbeitskommune der sen. Von 1945 bis zum Sommer 1956 durften organisationen repräsentiert. Ihr Haupt- Deutschen des Wolgagebiets“. Anfang 1924 sie die Grenzen ihres Kreises nicht überschrei- anliegen ist die Konsolidierung, Erhaltung wurde die Republik der Wolgadeutschen mit ten. Die Verletzung dieser Vorschrift wurde mit und Entwicklung der deutschen Minderheit der Hauptstadt Engels (früher Pokrowsk) ge- 20 Jahren Zuchthaus bestraft. Laut Erlass des in ihrem jeweiligen Land. Seit Anfang der gründet. Obersten Sowjets von 1948 waren die Deut- 1990er Jahre haben die Volksdelegierten schen „auf ewige Zeiten verbannt und der Son- der Russlanddeutschen beschlossen, am Anfang der Katastrophe derkommandantur unterstellt“. Das war der Hö- 28. August auf den jährlichen Gedenkveran- Hitlers Überfall auf die Sowjetunion in den frü- hepunkt der Entrechtungspolitik der Deutschen staltungen an den Tag ihrer Deportation zu hen Morgenstunden des 22. Juni 1941 war für in der UdSSR. Nach sowjetischen Angaben erinnern. Red die deutsche Volksgruppe in der UdSSR der lebten 1959 von den 1,62 Millionen Russland- Beginn einer Katastrophe. Nach zehn Wochen deutschen 90 Prozent im asiatischen und 10 wurde der oben erwähnte „Ukaz“ erlassen. Prozent im europäischen Teil der UdSSR. Die Deportation 1941 Die Ansiedlung an der Wolga KB 09/2021 5
Infoservice Bund der Vertriebenen hat neues Präsidium Am 27. August 2021 wurde auf der Bundesversammlung des Bundes der Vertriebenen in Berlin über ein neues Präsidium abgestimmt. Dabei wurde der bisherige Präsident, Dr. Bernd Fabritius MdB, mit 94,5 Prozent der Delegiertenstimmen wiedergewählt. Auch die Vorsitzende der Karpa- tendeutschen Landsmannschaft in Deutschland, Brunhilde Reitmeier-Zwick, wurde als Präsidial- mitglied gewählt. Der Karpatendeutsche Verein gratuliert ganz herzlich. Fabritius, der aus Siebenbürgen stammt und „beim dritten Anlauf endlich wieder möglich“ und Spätaussiedler sowie der deutschen auch Beauftragter der Bundesregierung für seien. Einen der inhaltlichen Schwerpunkte Minderheiten in den Heimatgebieten in ihre Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten setzte Dr. Fabritius im Hinblick auf die Bun- politische Arbeit einzubeziehen. Hierzu fass- ist, tritt damit seine vierte Amtszeit an. destagswahl. So gelte es für jede demokra- te die Bundesversammlung einstimmig eine Zu Vizepräsidenten wurden gewählt: tische Partei, die Anliegen der deutschen Entschließung. Stephan Grigat, Raimund Haser MdL, Chris- Heimatvertriebenen, Flüchtlinge, Aussiedler BdV/Red tian Knauer, Stephan Mayer MdB, Egon Primas und Johann Thießen. Zu weiteren Präsidialmitgliedern wurden gewählt: Rita Hagl-Kehl MdB, Milan Horáček, Steffen Hörtler, Siegbert Ortmann, Brunhilde Reit- meier-Zwick und Editha Westmann MdL. Die Präsidentin des Frauenverbandes im BdV, Dr. Maria Werthan, gehört kraft Amtes dem Präsidium an. Auch zukünftig wird Ar- beit und Zusammensetzung des Präsidiums somit die Vielfalt des Gesamtverbandes wi- derspiegeln. Aufbruchstimmung im BdV Aufbruchstimmung ging vom Arbeitsbericht des Präsidenten aus, der sich gemeinsam mit den Delegierten freute, dass unter Ein- haltung sämtlicher Corona-Auflagen Begeg- Das neue Präsidium des Bundes der Vertriebenen mit seinem Präsidenten Dr. Bernd Fabritius (Fünfter von links) nung und Austausch der Delegierten nun Blaufuß feierte 690 Jahre Die Gemeinde Blaufuß/Krahule in den Kremnitzer Bergen feierte am 14. August ein außerge- wöhnliches Jubiläum: Vor 690 Jahren wurde der Ort erstmals schriftlich erwähnt. Zur Feier des Tages fanden gleich zwei Veranstaltungen statt. Auf der Vorsitzenden des Karpatendeutschen Vereins im Hauerland, Hil- dem Sportplatz blubberten in Kesseln köstliche Gerichte, denn hier da Steinhübl, eröffnete die Singgruppe aus Blaufuß das Programm. gab es bereits am Vormittag einen Wettbewerb im Gulaschkochen. Die Gruppe leitet Regina Lukáčová, die Vorsitzende der Ortsgruppe Am Nachmittag erklangen auf dem Platz vor dem Gemeindeamt kar- des Karpatendeutschen Vereins, die passend zum Anlass das Eröff- patendeutsche Lieder und die Kinder der Grundschulen aus Krem- nungslied ausgesucht hatte – das „Blaufuß-Lied“. nitz begeisterten die Besucher mit ihren Tanz- und Singeinlagen. Bei strahlendem Sonnenschein zeigten dann die Kinder aus Blau- fuß und Umgebung ihre Tanzkünste. Auch die Neutrataler aus Gaidel/ Buntes Programm Kľačno sorgten für hervorragende Stimmung. Durch das Programm Nach den Ansprachen des Bürgermeisters Miroslav Schwarz und führte mit viel Feingefühl MUDr. Helga Nikles. Red Die Singgruppe aus Blaufuß Die Veranstaltung moderierte MUDr. Helga Nikles. 6
Aus den Regionen Das 29. Hauerlandfest Im Dorf Schmiedshau/Tužina in der Oberen-Neutra-Region hat am 21. August 2021 das 29. Hauerlandfest stattgefunden. Eigentlich war es schon für 2020 geplant, aber wegen der COVID-19-Pandemie wurde es auf einen günstigeren Zeitraum verschoben, damit auch die Gäs- te aus dem Ausland teilnehmen konnten. So kam der 21. August 2021. In Schmiedshau befindet sich ein Mit Ansprachen richteten sich an die Teilnehmer des Hauerlandfes- Gemeindemuseum. Ein ganzes Wohnhaus ist als Ausstellungshaus tes Frau Hilda Steinhüblová, die Vorsitzende der KDV-Region Hau- eingerichtet und dort befinden sich Gegenstände, die die Bewohner erland, der Bürgermeister der Gemeinde, Herr Miroslav Dzina, und von Schmiedshau/Tužina hauptsächlich vor dem Zweiten Weltkrieg der KDV-Vorsitzende Dr. Ondrej Pöss. Als Erstes trat die heimische benutzt haben. Das Museum wird von Frau Kornelia Richterová ver- Singgruppe Schmiedshauer auf, dann die Singgruppe aus Oberturz/ waltet, die diesem Museum ergeben ist. Den Teilnehmern des Hau- Turček, die Jugendtanzgruppe Schadirattam aus Metzenseifen/ erlandfestes wurde ermöglicht, sich verschiedene Exponate anzuse- Medzev, die Singgruppe aus Kuneschau/Kunešov, die Singgruppe hen, die sich im Museum befinden. Grünwald aus Krickerhau/Handlová, die Singgruppe Neutrataler aus Gaidel/Kľačno und die Singgruppe JASS aus Krickerhau/Handlová. Andacht in der Jakobskirche Perfekt moderierte auf Deutsch und Slowakisch Frau MUDr. Helga Dann hat die Andacht in der Kirche des Heiligen Jakobs unter Teilnah- Nikles. me des Herrn Pfarrers Ladislav Zajac und dp. Johannes Waldenmaier Zum Schluss des Kulturprogramms wurde die Stafette in die Hän- aus Deutschland im deutsch-slowakischen Vortrag stattgefunden. de der Frau Hildegard Radovská aus Krickerhau/Handlová weiterge- Der Aufbau der Kirche wurde im Jahr 1788 begonnen. Sie wurde geben. Der 30. Jahrgang des Hauerlandfestes wird also in Handlová auf den alten Grundmauern der ursprünglichen Kirche errichtet, die stattfinden. wurde abgerissen, weil sie nicht entsprechend war. Neun Jahre dau- erte der Bau der neuen Kirche. Schöne Erinnerungen Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Kirche markant be- Nach diesem Akt hat Frau Matilda Ďuricová, die Vorsitzende der Orts- schädigt, der Turm wurde in den 50er Jahren des letzten Jahrhun- gruppe des Karpatendeutschen Vereins in Schmiedshau/Tužina sich derts renoviert und das innere Gemälde wurde zerstört. Die gesamte bei allen Mitwirkenden für ihre wunderschönen Auftritte bedankt. Au- Rekonstruktion des Gemäldes wurde im Jahr 2002 begonnen und ßerdem dankte sie Frau Hilda Steinhübl, der Vorsitzenden des gan- dauerte fünf Jahre. Für die Rekonstruktion und Gewinnung der Fi- zen Hauerlandes und dem Bürgermeister der Gemeinde Schmieds- nanzmittel sorgte unser in Deutschland lebende Kompatriot Herr hau für die hervorragende Vorbereitung des Festivals. Sie schätzte Walther Greschner. Leider konnte er an diesem Hauerlandfest nicht die Teilnahme der werten Gäste des Herrn Dr. Ondrej Pöss mit der teilnehmen. Ehefrau und des Herrn Dr. Jozef Lang. Eingeladen waren auch unsere weiteren Landsleute aus Deutsch- Der gesamte Schluss wurde von Frau MUDr. Helga Nikles mit land, die uns mit Bedauern mitgeteilt haben, dass Frau Anni Zjaba einem schönen Vortrag gestaltet und die Teilnehmer beendeten die und Herr Johann Dubb an dem Hauerlandfest nicht teilnehmen kön- Veranstaltung mit dem Singen des Liedes „Wahre Freundschaft“. nen. Der Samstagnachmittag ist gelungen, auch die Schmiedshauer Kompatrioten, die uns in niedrigerer Anzahl als üblich bei einer sol- Umzug und Kulturprogramm chen Veranstaltung besucht haben, waren zu Tränen gerührt. In allen Das Programm des Hauerlandfestes ging weiter mit dem Umzug von von uns hinterließ das Treffen der Mitglieder des Hauerlandes und der Kirche zum Kulturhaus, wo auf dem Platz vor dem Kulturhaus die unserer Freunde schöne Erinnerungen. Auftritte der Gruppen stattfanden. Matilda Ďuricová Zahlreiche Gruppen aus dem Hauerland und der Zips nahmen Das Wetter spielte auch mit. am Umzug und der Feier teil. Die Vorsitzende der KDV-Region Hauerland Hilda Steinhübl begrüßte Am Schluss sangen alle gemeinsam „Wahre Freundschaft“. alle ganz herzlich. KB 09/2021 7
Aus den Regionen 90 Jahre Posaunenchor in Einsiedel Am letzten Sonntag im August wurde in der Evangelischen Kirchengemeinde Augsburger Be- kenntnisses in Einsiedel an der Göllnitz/Mníšek nad Hnilcom mit einem feierlichen Gottesdienst das 90-jährige Jubiläum der Gründung des Posaunenchors gefeiert. Hinter der Idee eines Posaunenchors im Posaunenchor, hielt eine Predigt zu 2. Chron. 5,13. Zur festlichen stand der damalige Gemeindepfarrer Atmosphäre trugen auch die vor dem Altar stehenden Bergmänner in Matej Danielis. Als Vorbild dienten ihm ihren festlichen Uniformen bei. die deutschen Kirchenbläserensem Ein schöner Teil des Gottesdienstes war auch eine Gratulation, bles, die in und außerhalb der Kir- die an den frischen 70-Jährigen František Göllner ging, der seit chen zum Lob Gottes spielen. Johann 48 Jahren ununterbrochen auf seinem schweren Heligon spielt. Zu- Kuhlo in Bethel half ihm mit dem Wis- gleich gebührt ihm der große Verdienst, die Mitglieder des jubelnden sen, das er aus seinen Erfahrungen Posaunenchors aus den Reihen der Familienmitglieder zu gewinnen. gewonnen hatte. Nach der Rückkehr Der Abschluss der Feier fand am Grab des Gründers des Posau- nach einem einmonatigen Deutsch- nenchores auf dem örtlichen Friedhof statt. landaufenthalt gründete Matej Danie- „Nun danket alle Gott“ hieß das erste Lied, welches die Posaunis- lis im August 1931 eine ähnliche Mu- ten einstudiert hatten. Sein Verweis ist bis heute aktuell. sikgruppe in der Kirchengemeinde. Text und Fotos: Ján Alcnauer Matej Danielis (1895-1958) hatte In der vergangenen Zeit hat der die Idee für den Posaunenchor. Posaunenchor verschiedene Epo- chen durchlaufen. Er trat häufig im Inland auf, war aber auch in Rundfunk- und Fernsehübertragungen sowie bei mehreren Auslandsauftritten zu sehen. Einer der Dirigen- ten, der seine Karriere vor fünfzig Jahren begann, ist der Autor dieses Artikels. František Göllner mit seinem Heligon Der Posaunenchor in seiner derzeitigen Zusammensetzung Der feierliche Gottesdienst Die Bergmänner beim Einzug in die Kirche Feierlicher Gottesdienst Ein Mitglied des Posaunenchores, Klaudia Wenzelová, machte die Anwesenden mit der näheren Geschichte des Ensembles vertraut. Der Gemeindepfarrer Ján Sabanoš war der Liturge, Schwester Pfar- Am Grab des Gründers des Posaunenchores rerin Zuzana Alcnauerová geb. Turzáková, eine ehemalige Baritonistin 8
Aus den Regionen Das Unterzipser Mantakentreffen ”Der schönste Platz der Welt ist doch zu Hause, wo keine Sehnsucht brennt, bin ich daheim. Da, wo das Gras so grün, die Berge leuchten, dort wohnt das Glück für mich allen (...)“ singen die Vaiolets aus Südtirol und so empfinden wir es auch in unserem kleinen Einsiedel, wenn wir um uns blicken. Unsere Berge und Hügel leuchten um uns Einwanderung unserer Vorfahren voller Ehre herum. Da Spitzenpiag, da Raabastaan, da gedacht haben. Korban, de Kloptanne – es reicht, die Namen Anfang August 2006 hat das „Erste Unter- zu erwähnen und schon macht sich ein gutes zipser Mantakentreffen“ stattgefunden. Es wa- Gefühl breit. ren immer die Mitglieder aus den Ortsgruppen Das Wahrzeichen unserer Gemeinde ist der der Unterzips und mehrere Gäste eingeladen. 703 Meter hohe Spitzenberg. Das Kreuz auf Es gab ein gutes Programm und im Hof des ihm erinnert uns an die Einwanderung unserer Hauses der Begegnung hat man die Mundar- Vorfahren. Der Aufstieg zum Kreuz ist immer ten der Unterzips gehört. eine Huldigung an sie, an ihre unermüdliche Im Jahre 2020 war leider alles anders. Ein Arbeit, an ihre Ausdauer, an ihre Erfolge und festliches Treffen war geplant. Es hätte das an alles, was sie uns hinterlassen haben: die „15. Unterzipser Mantakentreffen“ werden sol- Natur, die Kultur und die Sprache – unsere len. Aber nur wir Einsiedler kamen zusammen. Mundart, das Mantakische. Auch heuer fand unser „Unterzipser Mantaken- treffen“ nur im kleinen Kreise statt, nur wir aus Die Unterzipser Mantakentreffen Einsiedel an der Göllnitz. In der Ansprache ha- Das Unterzipser Mantakentreffen hat ein wich- ben wir uns an unsere Aufstiege zum Kreuz er- tiges Ziel: unsere Mundart zu erhalten und zu innert. Die Erinnerungen bleiben uns. Das Ziel, fördern. Es war immer ein wunderbares Gefühl unsere mantakische Mundart zu fördern und zu für alle, die beim Kreuz auf dem Spitzenberg erhalten, werden wir auch weiterhin verfolgen. an die Gründung unserer Gemeinde und an die Gabriela Wenzelova Die Einsiedler 2015 auf dem Spitzenberg Fest in Úhorna und Schmöllnitz Hütte Auch dieses Jahr wollten wir in unserer Region des Karpatendeutschen Vereins in Schmöllnitz Hütte/Smolnícka Huta feiern. Wir waren aber leider laut Covid-Automat nicht in einer grünen Regi- on. Darum war es aufgrund der Beschränkungen nicht möglich, etwas Großartiges zu organisie- ren, aber wir trafen uns dennoch im kleinen Kreise. Am 8. August fand bei der Kapelle Jungfrau Maria vom Schnee auf Nach dem Gottesdienst bedankte sich die Vorsitzende der Orts- dem Berg Úhorna um 6.30 Uhr eine Festmesse in deutscher, danach gruppe des Karpatendeutschen Vereins, Darina Mikulová, für die in ungarischer und daraufhin in slowakischer Sprache statt. Daran gute Zusammenarbeit mit dem Ausschuss. Außerdem dankte sie nahm auch der KDV mit einem Programm teil. Wir hoffen, dass die der Singgruppe auch für den Auftritt in Hopgarten/Chmeľnica, wo Lage in der Adventszeit schon besser sein wird. sie den Ausschuss mit der Singgruppe am Abend zu einer kleinen Erfrischung eingeladen hat. Ein besonderer Dank gebührt auch dem Ein festlicher Gottesdienst zu Maria Himmelfahrt Herrn Bürgermeister, Marián Pohly, für die Unterstützung und gute Wie vergangenes Jahr feierten wir Maria Himmelfahrt am 15. August Zusammenarbeit. um 11 Uhr mit einem Festgottesdienst in der katholischen Kirche. Darina Mikulová Einen Beitrag zu dem Festgottesdienst hat auch die Singgruppe un- serer Ortsgruppe des Karpatendeutschen Vereins geleistet. Sie sang die Bergmannshymne und das Marienlied „Mit frohen Herzen.“ Beim Gottesdienst Wir sind im kleinen Kreis zusammengekommen. KB 09/2021 9
Aus den Regionen Evangelische Kirche in Topporz Am 31. Juli 2021 hat in der verwaisten Kirche in Topporz die Generalversammlung der Gemeinschaft der evangelischen Frauen in der Slowakei stattgefunden. Um 10 Uhr kamen 52 Teilnehmer zu einem Arbeitstreffen zusammen. Darunter waren 48 Schwestern und vier Brüder, inkl. des Bischofs vom Ost- distrikt der evangelischen Kirche in der Slowakei Mgr. Peter Mihoč. Es wurde über die Arbeit der Gemeinschaft der evangelischen 1770 gebaut. Geweiht wurde sie am Feiertag der heiligen Dreifal- Frauen des vergangenen Jahres gesprochen, die sehr von der tigkeit von Senior Caspar Raisz. 1815 hatte Topporz 3 735 Seelen. COVID-19-Pandemie betroffen war. Nachmittags um 14 Uhr wurde Ende des 19. Jahrhunderts sind viele Einwohner wegen großer Not von Pfarrerinnen ein Gottesdienst abgehalten, die Predigt hielt der nach Amerika ausgewandert. 1891 waren in Topporz 537 evange- Bischof des Ostdistrikts der ECAV in der Slowakei, Peter Mihoč. Da- lisch. 1937 war in der Gemeinde ein großes Feuer. Dabei brannte rin würdigte er die Arbeit der Frauen in verschiedenen Bereichen in der Kirchenturm der evangelischen Kirche ab. Ein neuer Kirchenturm der Kirche, Familie und Gesellschaft. Bei dieser Gelegenheit haben wurde in den Jahren 1939 bis 1940 gebaut. wir uns an den 250. Jahrestag der Kirchenweihe der evangelischen Vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges sind viele Evangelische Kirche in Topporz erinnert. Eigentlich war es dieses Jahr der 251. aus Topporz mit ihrem Pfarrer nach Deutschland ausgesiedelt. Jahrestag – wegen der COVID-19-Pandemie konnte man im Jahr 2020 aber keine Gedenkfeier organisieren. Danach informierte Pfar- Nach dem Zweiten Weltkrieg rerin Ľubica Sobanská von der Kirchengemeinde in Winschendorf/ Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Einwohner von Topporz, die Slovenská Ves, in dessen Bezirk diese Kirche gehört, über die Ge- deutscher Nationalität waren, gemäß der Beneš-Dekrete abgescho- schichte der Kirche. ben. Viele sind in die USA, nach Kanada und Australien ausgewan- dert. Der Torso der Evangelischen, die da geblieben sind, wurde zur Die Geschichte der Kirche Kirchengemeinde nach Hollumtz, dann nach Kesmark, Zipser Bela Die erste schriftliche Nachricht über die Gemeinde Topporz stammt und zuletzt 1954 zur Kirchengemeinde in Windschendorf als Diaspo- aus dem Jahr 1297. Die Geschichte der evangelischen Kirche in Top- ra eingegliedert. In den Jahren 1968 bis 1972 wanderten die letzten porz beginnt kurz nach Luthers Reformation, dank der Familie Gör- zwei Familien von der evangelischen Kirchengemeinde in Topporz gey, die sich im Jahre 1951 zur Lehre der Reformation bekannte. Im nach Deutschland aus. Jahre 1521 existierte da schon eine Kirchengemeinde und im Jahre 1997 bis 1999, wurde die evangelische Kirche in Topporz, aus 1538 hatte diese Gemeinde ihr eigenes Reglement. Im Jahre 1544 Gottes Gnade, generalüberholt, obwohl hier nur noch sechs Evan- wurde den Evangelischen die katholische Kirche zur Verfügung ge- gelische waren. Unser Gott hatte alles so geregelt, dass wir dies stellt, denn die ganze Gemeinde war evangelisch. Ab 1550 haben die durch eigene Mittel der Kirchengemeinde, die Arbeit von hilfsberei- Kirche die Evangelischen und die Römisch-Katholischen gemeinsam ten Gemeindemitgliedern und Meister, aber auch durch die Hilfe der genutzt, ohne Hader. Im Jahre 1673 wurde die Kirchen den Evange- Gemeinde Topporz und der Landsleute, was sehr notwendig war, lischen abgenommen und dem Orden der Piaristen in Pudlein/Po- durchführen konnten. So dient diese Kirche auch heute noch der dolínec übergeben. Von dieser Seite hatte sich die Gegenreformati- Verkündung von Gotteswort und Erteilung der Sakramente. Letztes on ausgebreitet. In der Verfolgungszeit trafen sich die Evangelischen Jahr waren in der Gemeinde noch zwei evangelische Frauen, dieses aus Topporz und Umgebung in den Kellerräumen des Kastells der Jahr ist es nur eine. Wir treffen uns regelmäßig jedes Jahr zur Erin- Familie Görgey, wo Johann Görgey Gottes Wort predigte. nerung an die Kirchweihe und gelegentlich bei Besuchen von Lands- In den Jahren 1682 bis 1710 haben die Evangelischen wieder leuten, bei verschiedenen Treffen im Rahmen des Seniorats, Distrikts abwechselnd mit den Katholischen die katholische Kirche genutzt. oder der gesamten Kirche. Jetzt war es bei der Generalversammlung 1681 hatten sich die Evangelischen in Topporz auf Grund der Öden- der Gemeinschaft der evangelischen Frauen ECAV und bei dem Ge- burger Artikel eine Holzkirche bauen können. Das Grundstück für denken an den 250. Jahrestag der Weihung dieser Kirche, den wir den Bau dieser artikularen Holzkirche hatte die Familie Görgey zur voriges Jahr nicht feiern konnten. Es sei für alles Dank und Heil unse- Verfügung gestellt. Kurze Zeit nach dem Bau ist diese Kirche aber ab- rem Gott, aus dessen Gnade wir alle leben, uns bewegen und alles gebrannt, 1732 wurde durch eine Bewilligung Karls III. und der Hilfe tun, was notwendig ist. der Familie Görgey wieder eine Holzkirche aufgebaut. Diese brannte Ľubica Sobanská, wieder ab. Dann gab Maria Theresia die Bewilligung zum Aufbau ei- Pfarrerin aus Windschendorf/Slovenská Ves ner gemauerten Kirche. Diese Kirche wurde in den Jahre 1768 bis Der Altar mit der Kanzel Die Frauen und Pfarrerinnen der Generalversammlung 10
IX-2021 Journal der Karpatendeutschen Jugend in der Slowakei Ein einfacher Mensch - Kapitel 3 von 4 Diese Geschichte stammt von Emma Horvat, einer 13-jährigen Schülerin der Deutschen Schu- le Bratislava/Preßburg. Sie ist im Schreib-Café entstanden, einem Online-Projekt zum Kreativen Schreiben des Karpatendeutschen Vereins und des Instituts für Auslandsbeziehungen. Wir ver- öffentlichen sie als Fortsetzungsgeschichte in vier Teilen. Sie wachte in der Nacht auf. Verwirrt versuchte sie zu entkommen, Mensch.“ „Ich bin kein einfacher Mensch, sonst wäre ich nicht hier.“ aber nachdem sie ihre Umgebung um sich herum wahrgenom- „Du willst nicht hier bleiben.“ „Nein, will ich nicht.“ „In deiner Welt gibt men hatte und ich ihr versicherte, ich sei kein Monster und würde es nur einfache Menschen. Dies bedeutet, du bist auch ein einfacher ihr nichts antun, entspannte sie sich ein bisschen. Sie sei hungrig Mensch.“ „Du kommst auch aus meiner Welt.“ „Ich bin kein einfacher und ich stellte ihr meinen gekochten Amaranth zur Verfügung. Ihre Mensch.“ „Du warst es einmal.“ „Ich war nie ein einfacher Mensch. grün-blauen Augen leuchteten, als sie das Essen sah und sie aß es Menschen sind einfach. Ich war niemals einfach.“ Sie zückte ihre mit Vergnügen. Sie war wunderschön, aber sagen konnte ich es ihr Augenbraue nach oben und ich sah ihr wieder in die Augen. Augen nie. Nicht einmal später. Niemals habe ich ihr gesagt, sie sei fast so rein wie ein Fluss, wie der Himmel, wie die Augen eines Engels, so schön wie ich. Niemals. „Wer bist du?“ fragte sie mich. Meine Augen, die ich nie verlieren wollen würde. Und sie wollte hier weg, Antwort wäre normalerweise gewesen: Ich bin ein Wesen, das ein wie konnte sie es wagen?! Mensch war und die einfache Gestalt dieses Menschen verlassen hat. Ich bin die, die allein auskommt und niemanden braucht. Ich bin die, die Magie in ihrer wahren Form sehen kann, ohne dass sie mich blendet, ohne dass ich mich vor ihr fürchten muss.“ Doch dies wäre zu kompliziert für einen einfachen Menschen wie sie, also antworte ich ihr einfach, so, wie es Menschen gefällt. Einfach. „Ich bin ich.“ Das Mädchen schaute mich an, als ob sie wüsste, dass es eine Lüge war, aber sie sprach nicht weiter. Das Mädchen wuchs mir schnell ans Herz. Sie war nett, interessierte sich wirklich für mich und hörte zu. Das war das erste Mal seit lan- gem, dass ich sprechen konnte, dass mich wirklich jemand hörte. Noch nie war mir jemand so wichtig, wie sie es war. Ihr Lachen war Musik für meine Ohren und das erste Mal seit Jahren hatte ich einen Grund, endlich wieder Beeren pflücken zu gehen. Meine Kleider wa- ren ihr zu klein und deshalb verbrachte ich Nächte damit, neue für sie zu nähen. Ich brachte ihr bei, sich selber welche zu nähen. Ich versi- cherte ihr, ihre Werke sähen gut aus, obwohl sie wie Kartoffelsäcke aussahen. Ich zeigte ihr mein Leben – das Leben, das ich in dieser Welt führte und langsam lernte sie, wie die Magie dieser Welt funk- tionierte. Ich liebte sie, so, wie ich niemanden jemals geliebt hatte. Und als ich dachte, alles sei in Ordnung und sie würde mit mir für den Rest unserer Leben bleiben, fragte sie mich etwas: „Wie könnte ich nach Hause gehen?“ Das Enttäuschen in meinen Augen versuchte ich zu verstecken. Ich weiß nicht, ob es mir gelang. „Warum willst du nach Hause?“ „Weil es mein Zuhause ist.“ „Dies kann dein neues Zu- hause sein.“ Sie schüttelte den Kopf und erklärte mir, dass dies nicht die Realität ist. Dies sei nicht das, was ein Mensch brauche, dies sei nicht das, was sie wolle. Stille herrschte im Haus und ihr Blick war auf mich gerichtet. „Menschen sind zu einfach, um in einer Welt wie dieser zu Leben. Geh, geh zurück und finde dein Glück, du einfacher KB 09/2021 I
Jugendblatt „In der Geschichte Das Gespräch führte Hubert. Er interviewt das ganze Jahr über Mitglieder der Karpatendeut- der Karpatendeutschen schen Jugend für die Reihe „KDJ auf ein Wort“. kann man viele Persönlichkeiten mit faszinierenden Lebensschicksalen finden“ Tajana Hevesiová ist 25 Jahre alt und Doktorandin am Lehrstuhl für Germanistik, Nederlandistik und Skandinavistik an der Comenius-Universität in Preßburg/Bratislava. In ihrer Doktorarbeit beschäftigt sie sich mit der Zipser Mundartliteratur und dem karpatendeutschen Dichter Samuel Pellionis. Wir tra- fen sie, um Näheres über sie und ihre Forschungsarbeit zu erfahren. Wie bist du zum Studium der Germanistik gekommen? Samuel Pellionis (1870 – 1953) war ein ungewöhnlicher Mundart- Die deutsche Sprache hat mir schon an der Grundschule Spaß ge- dichter, weil er als Schuhmacher nicht in die Kategorie der üblichen macht und am deutschen bilingualen Gymnasium Bilíkova wurde akademisch gebildeten Autoren passte. Außerdem erlebte er in der mir allmählich klar, dass Sprachen meine stärkste Seite sind. Meine ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts drastische Veränderungen der ganze Kindheit habe ich an Rezitationswettbewerben teilgenommen Welt, was seine Werke stark prägte. Zum Beispiel bieten seine Ge- (einmal auch im Haus der Begegnung der Karpatendeutschen) und dichte einen einzigartigen Blick auf das Gefühl der Entfremdung der die Arbeit mit dem Text kam mir ganz natürlich vor. Außerdem habe Heimat, das viele der in der Slowakei gebliebenen Karpatendeut- ich, als ich klein war, mit meiner Familie zwei Jahre in Bonn gewohnt schen spürten. Bisher habe ich mich der Verarbeitung des Ersten und an diese Zeit habe ich sehr schöne Erinnerungen. Aus diesen Weltkriegs in seinen Texten gewidmet und als Nächstes möchte Gründen habe ich dann Übersetzen und Dolmetschen aus dem Deut- ich die Rolle seiner Dichtung in Regional- und Dialektliteratur und schen und Schwedischen studiert. Ursprünglich wollte ich Dolmet- in seiner Heimatregion (Dobschau und Umgebung) erforschen. Ein scherin werden, aber nach dem Masterstudium habe ich gespürt, äußerst interessantes Thema ist auch die Rezeption des Dichters dass ich mich akademisch noch mehr entwickeln wollte. Mit Herrn sowohl während seines Lebens als auch nach seinem Tod in den Dozent Jozef Tancer habe ich die Möglichkeit besprochen, weiter verschiedenen Staatsregimen. Germanistik zu studieren – so bin ich zum Thema Zipser Mundartli- teratur gekommen. Die Mundarten haben mein Interesse geweckt, Wie ist das PhD-Programm organisiert? weil ich mich schon früher im Studium unterschiedlichen historischen Das Studium dauert für interne Doktoranden vier Jahre, wobei der oder außergewöhnlichen Sprachformen gewidmet habe. Darüber hi- Hauptfokus immer auf der Forschung zum Dissertationsthema liegt. naus kann man in der Geschichte der Karpatendeutschen viele Per- In den ersten zwei Jahren, die ich schon hinter mir habe, nimmt man sönlichkeiten mit faszinierenden Lebensschicksalen finden. noch an verschiedenen Kursen teil, ähnlich wie im Masterstudium. Außerdem fängt man an zu publizieren und am Lehrstuhl zu unter- Worum geht es in deiner Forschungsarbeit? richten. Nach zwei Jahren legt man eine Prüfung ab und danach liegt Ich analysiere die Werke des Dobschauer Mundartdichters Samuel der Schwerpunkt des Programmes eher auf dem Publizieren und der Pellionis. Der Fokus auf diesen Dichter ergab sich, nachdem Herr Arbeit an der Dissertation. Als interne Doktorandin bin ich auch häufig Dozent Tancer mit dem Enkel des Dichters, Herrn Rudolf Pellionis, bei Veranstaltungen des Lehrstuhls dabei und stehe den Studenten in Kontakt gekommen war und den umfangreichen Nachlass des zu Verfügung, wenn sie Fragen haben. Dichters bei ihm gefunden hatte. Herr Pellionis hat uns sehr großzü- gig diesen Nachlass zum Studium übergeben. Tajana ist Germanistin und schreibt zur Zeit ihre Doktorarbeit. Bei einem Konzert mit der Gruppe Roc'hann (Foto: David Lesák) II
Jugendblatt Du hast einige Zeit im Ausland verbracht. Wo warst du und was Außerdem sollte den Studierenden die deutsche Sprache gefallen hast du dort gemacht? und Spaß machen. Man muss gewisse Selbstdisziplin haben und Neben mehreren kürzeren Sprach- und Dolmetschkursen in Deutsch- ständig mit der Sprache arbeiten. Die Universität bietet wirklich zahl- land und Schweden habe ich ein Semester im schwedischen Lund reiche Möglichkeiten, ins Ausland zu reisen oder an innovativen Pro- verbracht und jetzt auch ein Semester in Innsbruck. In Lund war ich jekten teilzunehmen. Es liegt nur daran, alle diese Gelegenheiten zu im Rahmen des Erasmus+-Programms. In einem Kurs über die histo- nutzen. rischen Formen der schwedischen Sprache habe ich dort das The- ma für meine Bachelorarbeit gefunden: die Autobiografie von Agneta Welche Träume hast du für die Zukunft? Horn. Im Rahmen des Doktorandenstudiums war ich jetzt im wunder- Immer mehr überlege ich, dass ich nach dem Studium in internationa- schönen Innsbruck, wo ich einerseits sehr nützliche Kurse zum aka- len Beziehungen arbeiten möchte – also am liebsten mit deutschen demischen Schreiben besucht habe, andererseits hatte ich Zugang und österreichischen Institutionen in der Slowakei, die Kontakt zu der zu wichtigen Quellen der Bibliothek zum Thema Regionalliteratur und deutschen Bevölkerung der Slowakei pflegen oder deutsche Kultur Literatur im Ersten Weltkrieg. verbreiten. Ich interessiere mich auch für politische Verhältnisse. Zu- erst möchte ich aber natürlich meine Dissertation erfolgreich ausar- Du musst viel lesen, wenn du nicht gerade wissenschaftlich tä- beiten und den Dichter Samuel Pellionis dadurch ans Licht bringen. tig bist, was liest du gerne? Im Doktorandenstudium liest man natürlich sehr viel Fachliteratur und danach bleibt mir nur wenig Energie und Zeit zum weiteren Lesen üb- rig. Wenn ich aber doch Zeit und Lust zum Lesen habe, zum Beispiel im Sommerurlaub, lese ich meistens Fantasy-Literatur – ich mag die Werke von J.R.R. Tolkien, Patrick Rothfuss oder Neil Gaiman. Ich habe dich im Haus der Begegnung der Karpatendeutschen in Preßburg/Bratislava getroffen, als du dort für die Karpaten- deutschen Geige gespielt hast. Was machst du in deiner Frei- zeit sonst noch gerne? Geige spiele ich, seitdem ich sechs Jahre alt war. Außer der Kunst- schule ZUŠ Eugena Suchoňa, wo ich eine ewige Schülerin bin, bin ich jetzt Mitglied in zwei Musikgruppen: Mit Roc’hann spielen wir bre- tonische Tanzmusik und mit Musica Ursusica vor allem mittelalterliche Musik mit manchen modernen Elementen. Die letztgenannte Gruppe ist Teil der historischen Schaukampfgruppe Ursus aus Stupava, wo ich auch Feuershows mache. Außerdem nehme ich gerne an Ver- anstaltungen wie dem Tolkien Reading Day teil und mag Natur und Hunde. Wenn man Deutsch studieren will, was sollte man vor dem Stu- dium wissen? Gute sprachliche Vorkenntnisse sind immer ein Vorteil, egal ob man Übersetzen und Dolmetschen oder Lehramt studieren will, weil man Tajana mit einem Teil des Nachlasses und einem sich dann auf die neuen Fachkenntnisse mehr konzentrieren kann. Foto des Dichters Samuel Pellionis Tajana spielt in der Gruppe Musica Ursusica Geige. KB 09/2021 III
Jugendblatt Preßburg und Johann Nepomuk Hummel Hummel wurde am 14. November 1778 in Preßburg/Bratislava in ei- nem Haus in der heutigen Nedbalova-Straße geboren. Das Renais- sance-Gebäude beherbergt seit 1937 das Johann-Nepomuk-Hum- mel-Museum und... Zur Zeit ist in den Räumlichkeiten dieses Musikgeschäfts unter ande- rem die Ausstellung „Hummel mit den Augen von Kindern“ der Jan-Al- brecht-Kunstgrundschule in Preßburg/Bratislava zu sehen. ...befindet sich in einem Innenhof, den man durch ein Mietshaus aus dem Jahr 1910 betritt. Neben der Hummel-Straße in der Altstadt erinnert an diesen berühm- ten Bewohner Preßburgs auch ein Denkmal in der Nähe der Donau. Dieses nationale Kulturdenkmal befindet sich seit 2002 auf dem Das Hummel-Museum versteckt sich hinter einem Musikgeschäft in Hviezdoslav-Platz direkt vor der deutschen Botschaft. der Klobučnícka-Straße 2. Radoslav Páleš IV
Aus den Regionen Unser Regionaltreffen in Schwedler Es ist bereits ein Jahr seit unserem letzten Regionaltreffen vergangen. Damals hatten wir das Projekt Kurjan zum Schwerpunkt unserer Arbeit für die Zukunft gemacht und so ein neues Unternehmen ins Rollen gebracht. Beim Bilanzieren dieses ambitiösen Gestal- zwar die Ober- und die Unterzipser (Gründler) muel Kurjan einst das Amt des Oberlehrers be- tungswerks fühle ich mich auch persönlich gesondert.“ So beschreibt der beste Kenner kleidete und selbst unterrichtete, ist also aufs verpflichtet, all den mehr oder weniger betag- der Zips, Dr. Julius Gréb, seine Volkskunde Neue belebt worden. Der Namensträger unse- ten Teilnehmern und Mithelfern, deren unei- und setzte mit der einzelnen Verteilung der res Projekts wäre sicherlich hocherfreut über gennützige Arbeit diese imposante Leistung in Ober- und Unterzipser Dichter fort. Nur selten all das, was wir auf seinem Bildungs- und Auf- der Hauptsache zuzuschreiben ist, besonders konnte sich ein Zipser Dichter glücklich schät- klärungspfad bisher erreicht haben und ermun- herzlich zu danken. Sie haben sich mit großem zen, seine Werke seinem frohen Leservölk- tert noch erreichen wollen. Als Geleit mögen Idealismus trotz der Coronazeit und der damit chen in Buchform unterbreiten zu können. uns die in Samuel Kurjans „Bergmanns-Gebet“ verbundenen erhöhten Anforderungen auch für Ihre einzelnen Gedichte wurden oft nur in der angeführten Worte begleiten: das gemeinsam beschlossene Unternehmen „Karpathen-Post“ oder im „Zipser Boten“ veröf- Kurjan zur Verfügung gestellt. fentlicht. Diese Wochenblätter waren aber eher Vor der Schicht für die Oberzipser Leser gedacht. So veröffent- Glück auf! Erfolgreicher Widerhall lichten sie Oberzipser Mundartgedichte zwar Oh, Gott! Nun lass mich wieder, Dabei stellten wir mit Freude fest, dass der Sam- sehr oft, Gedichte in Gründler Mundart (Unter- Mit Mut betreten meinen schweren Gang! melaufruf für das Heimatmuseum in Schwedler zipser) jedoch sehr selten. Ein Erster, der die Wenn Ich zur Tiefe nieder, im Karpatenblatt 9/2020 von Seiten unserer Zipser Mundart als Kunstmittel handhabte, war Muss in Gefahr in Bergeshang. lieben Ortsgruppenvorsitzenden – Frau Dipl. Friedrich Scholz, Gymnasialprofessor und Autor Ing. Gabriele Ivančová – auf sehr fruchtbaren des Zipser Volksliedes. Die Mundart hat wesent- Und in der Nacht des Schachtes, Boden gefallen war. Wir erhielten wirklich viele lich dazu beigetragen, das Bewusstsein der Zu- In tausend Ecken fletscht der böse Tod, wertvolle Exponate aus verschiedenen Zeiten, gehörigkeit zum Deutschtum zu erhalten, wobei Mich führt die Hand des Vaters, wofür allen Spendern unser aufrichtiges und diese Entwicklung keinesfalls einheitlich verlief. Drum bin ich kühn, und fürchte keine Not. gebührendes Dankeschön ausgesprochen sei. Oh bleib bei mir auch heute, Um nur ein paar davon kurz zu erwähnen: Samuel Kurjan Oh schenk mir Deine Gnad, verlass mich nicht, Bücher für die ehemalige Volksbücherei der Ein überaus aktiver und begeisterter Vertreter Gib reiche Tagesbeute, deutschen Volksschule, Hausgeräte aus allen dieser Literaturgattung war auch unser Samu- Und das ich gesund steig ans Tageslicht! Bereichen des Alltags, wodurch sogar die Re- el Kurjan. Hierbei ist zu erwähnen, dass der Glück auf! konstruierung der Schwedler Damen- und Her- größte Teil seiner Werke in Manuskriptform, in Amen rentracht schon im Raum steht, sowie bereits Kurrentschrift und teils Hochdeutsch, teils in ein fertiges Schlafgemach. Sogar ein verschol- seiner heimatlichen Schwedler Mundart und Nach der Schicht lenes Gemälde unserer Landsleute bereicherte teils auch in ungarischer Sprache erschien. Glück auf! Die Schicht ist nun zu Ende, unsere Bilderkollektion. Es stammt von Horst Seine Werke sind, wie er selber schreibt, zum Durch Deine Gnad hab ich sie gut vollbracht, Jobs und zeigt Schwedler vor dem Zweiten Nachdenken und Unterhalten bestimmt. Sein Es falten sich mit Dank die Hände, Weltkrieg. Er lebt mit seiner Frau Charlotte Werk und sein Schaffen sind als Panoptikum Zu preisen Deine Liebe, Güte und Macht. Hamrák, die ursprünglich aus Schwedler ist, des Zeitgeschehens wie auch des Seins und Du warst bei mir, derzeit in Kanada. Werdens der Karpatendeutschen zu betrach- hab Dank dafür! Für sein musterhaftes Interesse und seinen ten. Aber auch als Ringen um die eigene Iden- Glück auf! nachgewiesenen unentgeltlichen Opfersinn tität eines Karpatendeutschen und Kind seiner Du lieber Vater dessen Güte, wurde unser lieber Landsmann Rüdiger Lan- Zeit. All dies aus der Sicht eines Dorflehrers Mir hilfreich heute an der Seite stand, germann aus Schlotheim in Deutschland als und überaus engagierten Mitgestaltenden des Doch preiset innig mein Gemüte, Ehrenmitglied in unsere Ortsgruppe aufgenom- Kulturlebens nicht nur in seiner Gemeinde. Zu Dir sich hebet flehend meine Hand. men. Auf dem Felde der Ahnen- und Familien- Unser Sonntagnachmittag neigte sich Verlass mich nicht!, forschung hat er sich hervorragende Verdiens- schnell seinem Ende zu und nun stimmten wir Sei Du mein Licht! te erworben, was unsere Heimatforschung weit einige wunderschöne deutsche Gesänge an. Glück auf! voranbrachte. Bald war unsere renovierte Heimatstube voller lustiger, aber auch wehmütiger Lieder. Ein rein So, wie ein Kind den Vater liebet, Einblick ins geschichtliche Zeitpanorama zufälliger Besucher konstatierte, dass im gan- So hebt mein Herz in Erfurt sich zu Dir, Die Freude des gemeinsamen Wiedersehens zen Gebäude und in der ganzen Heimatstube So, wie es seine Schwachheit fühlet, ließ uns alle Sorgen des vergangenen Jahres die Geschichte überall spürbar sei, was natür- So fleh auch ich um Deine Kraft, dass hier, hinter uns bringen, wenngleich auch so man- lich so manches Herz stolz hochschlagen ließ. Den nächsten Tag, ches Auge nicht trocken blieb. Bald wurden die Ich nicht vertag. Stimmen laut und ein heiteres Gespräch mün- Neue Kurjan-Ausstellung Glück auf! dete danach in einen wahren Prosa-Nachmittag Der Unterrichtsraum der früheren deutschen Amen mit Werken unserer Heimatdichter, vor allem von Gemeindevolksschule in Schwedler, an der Sa- Oswald Lipták Samuel Kurjan. Die gesellige Atmosphäre cha- rakterisierte am besten ein Gedicht von Franz Ratzenberger, das Frau Marie Patz (auf dem Foto zweite sitzende Person von links) vortrug. „Unsere Volkskunde verlangt bei jedem unserer Dichter einerseits Antwort auf die Fra- ge, was seine Werke aus unserem Volksleben und unserer Volksseele vorführen, anderer- seits aber auch, was aus seiner dichterischen Persönlichkeit für den Zipser Volkscharakter von Bedeutung ist und zwar im überzeitlichen Sinne. Dem volkskundlichen Standpunkt die- ses Überblickes entsprechend, scheint es am zweckmäßigsten, die einzelnen Dichter in ihrer zeitlichen Reihenfolge zu betrachten – und In dem Unterrichtsraum, in dem unsere Regionaltreffen stattfinden (im Hintergrund ein Werk von Helmut Bistika) KB 09/2021 11
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