COVID-19 setzt den Geschäftsimmobilien zu - Credit Suisse

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COVID-19 setzt den Geschäftsimmobilien zu - Credit Suisse
Investment Solutions & Products
         Swiss Economics

         COVID-19 setzt den
         Geschäftsimmobilien zu
         Immobilienmonitor Schweiz | Juni 2020

Wohneigentum                         Büroflächen                  Indirekte Immobilienanlagen
Nur ein kurzes Luftanhalten          Strukturwandel Home-Office   Verschmähte Geschäftsimmobilien

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COVID-19 setzt den Geschäftsimmobilien zu - Credit Suisse
Impressum

Herausgeber: Credit Suisse AG, Investment Solutions & Products
Nannette Hechler-Fayd’herbe
Head of Global Economics & Research
+41 44 333 17 06
nannette.hechler-fayd'herbe@credit-suisse.com

Fredy Hasenmaile
Head Real Estate Economics
Tel. +41 44 333 89 17
fredy.hasenmaile@credit-suisse.com

Redaktionsschluss
5. Juni 2020

Publikationsreihe
Swiss Issues Immobilien

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www.credit-suisse.com/immobilien

Copyright
Die Publikation darf mit Quellenangabe zitiert werden.
Copyright © 2020 Credit Suisse Group AG und/oder mit ihr
verbundene Unternehmen. Alle Rechte vorbehalten.

Autoren

Fredy Hasenmaile, +41 44 333 89 17, fredy.hasenmaile@credit-suisse.com
Alexander Lohse, +41 44 333 73 14, alexander.lohse@credit-suisse.com
Thomas Rieder, +41 332 09 72, thomas.rieder@credit-suisse.com
Dr. Fabian Waltert, +41 44 333 25 57, fabian.waltert@credit-suisse.com

Mitwirkung

Fabian Diergardt

2          Immobilienmonitor | 2. Quartal 2020
COVID-19 setzt den Geschäftsimmobilien zu - Credit Suisse
Editorial

            Liebe Leserin, lieber Leser

            Fragen über Fragen. Das Coronavirus hat nicht nur unser soziales Leben, sondern auch die wirt-
            schaftlichen Verhältnisse gehörig durcheinandergebracht. Es mag erstaunen, dass trotz intensiver
            Erforschung vieles über die Pandemie noch immer unklar ist. Wie weit fortgeschritten ist die
            Durchseuchung? Wie steht es mit der Immunität nach einer Ansteckung? Wann kommt die zweite
            Welle, und wird sie wieder Schäden anrichten?

            Eines ist gewiss. Die Welt wird nach COVID-19 nicht mehr die gleiche sein wie zuvor. Noch selten
            gab es ein Ereignis, das die Welt so rasch und umfassend auf den Kopf gestellt hat wie dieses
            Virus. Die Hoffnungen auf eine rasche Erholung dürften zu optimistisch gewesen sein. Die wirt-
            schaftlichen Schäden der Pandemie werden noch auf Jahre hinaus zu spüren sein (Seite 5).

            Zu Beginn der COVID-19-Krise standen Fragen zur Stabilität des Schweizer Immobilienmarktes
            im Vordergrund. Mitte März, als Panik die Märkte erfasste, wurden die Immobilientitel davon nicht
            ausgenommen, und es kam zu heftigen Ausschlägen. In der Folge konnten Schweizer Immobilien
            aber ihrem Ruf einer hohen Stabilität einmal mehr gerecht werden. Sie büssten im Jahresverlauf
            deutlich weniger Performance ein als internationale Immobilienanlagen. Zudem haben die Anleger
            begonnen, verstärkt zwischen den einzelnen Segmenten zu differenzieren (Seite 15).

            Was die Pandemie für den Schweizer Immobilienmarkt bedeutet, lesen Sie auf den folgenden Sei-
            ten. Wir erläutern die Situation auf den einzelnen Teilmärkten und geben einen Ausblick auf den
            Wohneigentumsmarkt (Seite 8), den Mietwohnungsmarkt (Seite 10), den Baumarkt (Seite 7) und
            die kommerziellen Immobilienmärkte (Seite 12: Büroflächen, Seite 14: Verkaufsflächen).

            Der Fokus der Fragestellungen verschiebt sich derweil von der unmittelbaren Betroffenheit der
            einzelnen Immobiliennutzungen auf die längerfristigen Auswirkungen der Pandemie. Im Zentrum
            stehen dabei derzeit der künftige Stellenwert des Home-Office und die Auswirkungen auf die Bü-
            roflächennachfrage. Lesen Sie dazu unsere Einschätzung auf Seite 12.

            Im Namen der Autoren wünsche ich Ihnen eine informative und inspirierende Lektüre.

            Fredy Hasenmaile
            Head Real Estate Economics

                                                                    Immobilienmonitor | 2. Quartal 2020    3
COVID-19 setzt den Geschäftsimmobilien zu - Credit Suisse
Inhalt

Konjunktur                                                                                  5
Die Wirtschaft ist keine Glühbirne
Die Eindämmung des Virus und die Freude über die gestaffelten Lockerungsmassnahmen
dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Wiederherstellung der vormaligen
Wirtschaftsdynamik viel mehr Zeit benötigen wird, als ursprünglich erwartet.

Bauwirtschaft                                                                               7
Resiliente Bauwirtschaft
Durch die Corona-Krise werden sich Bauprojekte verzögern, und insbesondere im
Wirtschaftsbau dürfte die Nachfrage in den kommenden Quartalen deutlich nachgeben.
Auf einen eigentlichen Einbruch im Bau deutet hingegen zurzeit noch wenig hin.

Wohneigentum                                                                                8
Nur ein kurzes Luftanhalten
Die COVID-19-Krise hat im ersten Moment bei Wohneigentum zu einer Marktlähmung
geführt. Letztere war aber nur von kurzer Dauer. Dank weiterhin sehr tiefen Zinsen und
tiefer Bautätigkeit erwarten wir rasch eine Normalisierung des Marktes. Nachhaltig dürfte
der Nachfrageschock aber frühestens nächstes Jahr überwunden werden.

Mietwohnungen                                                                               10
Nachfrage bricht ein
Auch der Mietwohnungsmarkt kann sich der Corona-Krise nicht entziehen. Kurzfristig ist
mit einem markanten Nachfragerückgang und einem verstärkten Anstieg der Leerstände
zu rechnen. Trotzdem dürften Mehrfamilienhäuser als Renditelieferanten gefragt bleiben.

Büroflächen                                                                                 12
Verwaiste Büroflächen
Kurzfristig sind die Büroimmobilien nur wenig von COVID-19 betroffen. Die Mietertrags-
ausfälle halten sich in engen Grenzen. Mittelfristig dürften jedoch der Beschäftigungs-
rückgang und langfristig der durch den Lockdown beschleunigte Strukturwandel die
Büroflächennachfrage erheblich mindern.

Verkaufsflächen                                                                             14
Detailhandel arg in Bedrängnis
Die COVID-19-Pandemie trifft einen bereits angeschlagenen stationären Detailhandel und
hat die Verlagerung von Umsätzen in den Onlinehandel beschleunigt. Konkurse und
Flächenreduktionen werden den Verkaufsflächenmarkt rascher schrumpfen lassen.

Indirekte Immobilienanlagen                                                                 15
Verschmähte Geschäftsimmobilien
Schweizer Immobilienfonds und -aktien bekommen die Auswirkungen der Pandemie
ebenfalls zu spüren. Erstere erweisen sich jedoch einmal mehr als vergleichsweise
krisenresistente Anlage. Sowohl global als auch in der Schweiz meiden Anleger derzeit
nicht nur Verkaufsflächen und Hotels, sondern vermehrt auch Büroflächen.

4           Immobilienmonitor | 2. Quartal 2020
Konjunktur

Die Wirtschaft ist keine Glühbirne
                                       Die Eindämmung des Virus und die Freude über die gestaffelten Lockerungsmass-
                                       nahmen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Wiederherstellung der vormali-
                                       gen Wirtschaftsdynamik viel mehr Zeit benötigen wird, als ursprünglich erwartet.

Pandemie erstaunlich                   Mitte März hätte kaum jemand erwartet, dass die Schweiz die Coronavirus-Pandemie derart rasch
rasch zurückgedrängt                   in den Griff bekommt. Die Nation war vorbereitet auf das Schlimmste und verfolgte gebannt die
                                       Zahl der Neuinfektionen. Nachdem das exponentielle Wachstum schon um den 22. März gebro-
                                       chen werden konnte, gelang es, die Zahl der Neuinfizierten kontinuierlich bis auf aktuell weniger
                                       als zwei Dutzend pro Tag zu reduzieren.
Social Distancing                      Die erste COVID-19-Welle konnte somit erfolgreich gestoppt werden. Die Social-Distancing-Mas-
funktioniert, …                        snahmen scheinen der Übertragung des Virus wirkungsvoll einen Riegel zu schieben – zumindest
                                       solange sie so diszipliniert wie bisher umgesetzt werden. Die Erfolge im Kampf gegen das Virus
                                       erlaubten in der Folge, die einschneidenden Massnahmen phasenweise zu lockern.
… doch der Preis                       Während sich also an der epidemiologischen Front rasch Erfolgsmeldungen einstellten, wuchs mit
dafür ist hoch                         jedem Tag Lockdown das Bewusstsein, welche immensen Schäden das gezielte Herunterfahren
                                       der Wirtschaft anrichtete. Die Zahl der Arbeitssuchenden auf der Stellenplattform des Bundes ist
                                       deutlich in die Höhe geschnellt (Abb. 1). Bereits heute ist klar, dass der Schweiz der grösste Wirt-
                                       schaftseinbruch seit der Ölkrise Mitte der 70er-Jahre bevorsteht. Dabei dürfte die Schweiz dank
                                       zielgerichteten und rasch umgesetzten Abfederungsmassnahmen des Bundes einen weniger tie-
                                       fen Rückschlag erleiden als das Ausland. Gemäss IWF droht der globalen Wirtschaft der grösste
                                       Wertschöpfungseinbruch seit der Grossen Depression in den 1930er-Jahren.
Eine Wirtschaft lässt                  Zeit, um die Folgen der drastischen Massnahmen des Bundes im März reiflich zu überdenken und
sich nicht aus- und                    zu diskutieren, gab es nicht. Der Not gehorchend mussten einschneidende Schutzmassnahmen
wieder anknipsen                       rasch ergriffen werden. Dabei war die Hoffnung verbreitet, nach dem Lockdown würde eine ra-
                                       sche Erholung – ja sogar ein Erholungsboom folgen. Im Nachhinein muss erstaunen, wie wenig
                                       wir eigentlich von der Wirtschaft verstehen. Eine Wirtschaft lässt sich nicht wie eine Glühbirne ein-
                                       fach aus- und wieder anknipsen. Das wurde schlicht zu wenig bedacht.
Wirtschaftliche Tätig-                 Wirtschaftliches Agieren – ja sogar jede Transaktion oder jeder Geschäftsabschluss – basiert auf
keiten basieren auf                    Vertrauen und Zuversicht. Beides ist in der COVID-19-Krise abhandengekommen. Bestes Bei-
Vertrauen und                          spiel dafür waren die Hamsterkäufe, die das Ausmass der Verunsicherung in der Bevölkerung
Zuversicht                             zum Ausdruck brachten. Fairerweise muss erwähnt werden, dass die COVID-19-Krise beispiellos
                                       ist. Es fehlen folglich taugliche Referenzwerte. Noch nie in der modernen Geschichte hat eine ein-

Abb. 1: Steil wachsende Zahl Arbeitssuchender seit dem Lockdown                     Abb. 2: Mobilität nimmt sukzessive wieder zu
Zahl der registrierten Arbeitssuchenden auf der Stellenplattform des Bundes         Verkehrszählung Nationalstrassen, Anzahl Fahrzeuge (Autos und Busse), gleitende
(Jobroom.ch)                                                                        7-Tages-Summe, Indexiert: 100 = 07.03.2020
190’000                                                                                        Bern               Basel             Chiasso               Gotthard
                                                                                               Coppet             Würenlos          Renens                Durchschnitt
180’000                                                                             120
                                                                                                 Lockdown                       1. Phase      2. Phase
170’000                                                                                                                         Lockerung     Lockerung
                                                                                    100
160’000
                                                                                     80
150’000

140’000                                                                              60

130’000                                                                              40
              Arbeitssuchende
120’000                                                                              20
              Arbeitssuchende (erwartete Entwicklung ohne COVID-19)
110’000
                                                                                       0
100’000                                                                                    KW KW KW KW KW KW KW KW KW KW KW KW KW
     01/2019      04/2019     07/2019      10/2019      01/2020     04/2020                10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22

Quelle: SECO, KOF                                  Letzter Datenpunkt: 30.05.2020   Quelle: Bundesamt für Strassen                   Letzter Datenpunkt: 31.05.2020

                                                                                                             Immobilienmonitor | 2. Quartal 2020                         5
zelne Ursache innert Kürze fast die ganze Welt lahmgelegt. Schwierig gestaltet sich die wirtschaft-
                                      liche Wiederingangsetzung. Zwar dürfte es möglich sein, relativ rasch die wirtschaftlichen Aktivitä-
                                      ten auf vielleicht 85 bis 90% des Niveaus von vor COVID-19 zu bringen. Bis zur vollen Wiederher-
                                      stellung aller wirtschaftlichen Tätigkeiten dürfte es aber ein langer Weg sein. Die Wirtschaftsak-
                                      teure dürften in den nächsten Quartalen überaus vorsichtig agieren und nur zurückhaltend Ausga-
                                      ben tätigen. Die Zuversicht muss Schritt für Schritt zuerst wiederaufgebaut werden.
Mobilitätsdaten als                   Zur Verunsicherung trägt auch die Problematik bei, dass verlässliche Konjunkturdaten erst mit ei-
Indikator für den                     nigen Monaten Verzögerung verfügbar sind. Viele Daten werden zudem auf Quartalsebene ausge-
Wirtschaftsgang                       wertet, so dass überhaupt erst mit Bekanntwerden der Daten vom zweiten Quartal das Ausmass
                                      der Schäden sichtbar wird. Abhilfe schaffen auf Tages- oder Wochenbasis verfügbare Mobilitäts-
                                      daten, aus denen sich die wirtschaftlichen Aktivitäten ungefähr abschätzen lassen.
Rapider Rückgang –                    Die Auswertung verschiedener Messstationen zeigt, dass der Strassenverkehr auf den Schweizer
langsame Erholung                     Autobahnen zwischen Anfang und Ende März im Durchschnitt um beinahe 60% eingebrochen ist
                                      (Abb. 2). Weil im Sample der Messstationen die Grenzregionen übervertreten sind, dürfte der Ver-
                                      kehr insgesamt weniger abgenommen haben. Der Rückgang war insbesondere in der Woche des
                                      Lockdowns, der am 16. März in Kraft getreten ist, ausserordentlich stark. Bereits zuvor ging die
                                      Mobilität der Schweizer Bevölkerung zurück, weil einige Erwerbstätige begannen, im Home-Office
                                      zu arbeiten.
Grosse Unterschiede                   Aufschlussreich sind die grossen Unterschiede innerhalb der Schweiz. Im Raum Bern sank die
in der Schweiz                        Mobilität nie unter 58%, während im Tessin oder am Gotthard zweitweise die 20%-Schwelle un-
                                      terschritten wurde. Interessanterweise scheinen Regionen wie das Tessin oder die Genferseere-
                                      gion (Coppet), die als erste die wirtschaftlichen Aktivitäten einschränkten, länger zu benötigen, um
                                      die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. In diesen Regionen dürfte wohl auch die Rezession stär-
                                      ker ausfallen als in vielen Teilen der Deutschschweiz. Der Verlauf der Mobilität macht deutlich,
                                      dass die Normalisierung ein längerer Prozess ist. Weil zudem viele Arbeitnehmer noch immer im
                                      Home-Office arbeiten und aufgrund von COVID-19 Privatfahrzeuge bevorzugen, hinkt der öffentli-
                                      che Verkehr der Entwicklung hinterher (Abb. 3).
Inland ist nicht                      Der binnenorientierte Güterverkehr ist wieder auf Vorkrisenniveau angelangt, wie die Messungen
gleich Ausland                        des LKW-Verkehrs in Würenlos (Grossraum Zürich) und Bern zeigen (Abb. 4). Dagegen hat sich
                                      der grenzüberschreitende Güterverkehr noch nicht vollständig normalisiert. Die grenznahen Mess-
                                      stationen melden ein LKW-Verkehrsaufkommen von rund 90%. Dementsprechend dürfte sich
                                      auch das Exportgeschäft noch weit weg von der früheren Dynamik befinden. Dafür verantwortlich
                                      sind nicht die viel beschriebenen Verwerfungen auf der Angebotsseite, sondern ganz klar der
                                      Nachfrageschock, der sich in tiefen Bestelleingängen manifestiert.
Fazit                                 Die Schweizer Wirtschaft erholt sich sukzessive von ihrem Schock, das Vorkrisenniveau dürfte al-
                                      lerdings – wie dies auch die Mobilitätsdaten zeigen – noch nicht wieder erreicht sein. In Anbetracht
                                      der wirtschaftlichen Schäden, welche die COVID-19-Krise hinterlässt, ist eine schnelle Erholung
                                      immer weniger wahrscheinlich. Es dürfte sehr lange dauern bis wieder überall Zuversicht herrscht.

Abb. 3: Nur langsame Normalisierung beim öffentlichen Verkehr                      Abb. 4: LKW-Verkehr im Inland wieder auf Vorkrisenniveau
Verkehrszählung Stadt Zürich nach Verkehrsteilnehmer, gleitende 7-Tages-Summe,     Verkehrszählung Nationalstrassen, Anzahl LKWs, gleitende 7-Tages-Summe, inde-
indexiert: 100 = 02.03.2020                                                        xiert: 100 = 08.03.2020
       Motorisierter Individualverkehr         Öffentlicher Verkehr (Hardbrücke)           Bern              Basel             Chiasso            Gotthard
       Velo                                    Fussgänger
                                                                                           Coppet            Würenlos          Renens             Durchschnitt
             Lockdown                      1. Phase  2. Phase                                                                  1. Phase 2. Phase
200                                        Lockerung Lockerung                     120         Lockdown
                                                                                                                               Lockerung Lockerung
180
                                                                                   100
160
140                                                                                  80
120
100                                                                                  60
 80
                                                                                     40
 60
 40                                                                                  20
 20
  0                                                                                   0
      KW KW KW KW KW KW KW KW KW KW KW KW KW                                              KW KW KW KW KW KW KW KW KW KW KW KW KW
      10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22                                              10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22

Quelle: Stadt Zürich                             Letzter Datenpunkt: 31.05.2020    Quelle: Bundesamst für Strassen                Letzter Datenpunkt: 31.05.2020

6                Immobilienmonitor | 2. Quartal 2020
Bauwirtschaft

Resiliente Bauwirtschaft
                                         Durch die Corona-Krise werden sich Bauprojekte verzögern, und insbesondere im
                                         Wirtschaftsbau dürfte die Nachfrage in den kommenden Quartalen deutlich nachgeben.
                                         Auf einen eigentlichen Einbruch im Bau deutet hingegen zurzeit noch wenig hin.

Baubetrieb zumeist                       Der aufgrund der COVID-19-Pandemie verhängte Lockdown belastet zahlreiche Branchen stark.
nicht unterbrochen –                     Während im Tessin und über kürzere Zeit zum Teil auch in den Kantonen Genf und Waadt Bau-
aber verzögert                           stellen geschlossen wurden, konnte auf dem Bau meistenorts unter Einhaltung der Distanz- und
                                         Hygieneregeln weitergearbeitet werden. Die ergriffenen Massnahmen haben zusammen mit Per-
                                         sonalausfällen jedoch zu Verzögerungen geführt, die sich heute noch nicht genauer beziffern las-
                                         sen. So dürfte sich zum Beispiel die Fertigstellung des Projekts «The Circle» am Zürcher Flugha-
                                         fen aufgrund der Corona-Schutzmassnahmen um zwei bis drei Monate verzögern.
Rückgang, aber kein                      Mittelfristig entscheidender ist, wie die Bauherren mit der plötzlichen Veränderung der wirtschaftli-
Einbruch bei Bau-                        chen Lage umgehen. Werden weit gediehene Projekte grossmehrheitlich noch realisiert und neue
gesuchen                                 Projekte unverändert in Angriff genommen? Erste Antworten auf diese Fragen geben die in den
                                         Monaten März und April eingereichten Baugesuche (Abb. 5). Insgesamt liegt das wertmässige Vo-
                                         lumen der in diesen Monaten eingereichten Hochbau-Gesuche mit CHF 6 Mrd. 22% unter der
                                         Vorjahresperiode. Ein geringeres Volumen wurde in diesen zwei Monaten zuletzt 2003 verzeich-
                                         net. Dieser Rückgang ist jedoch überzeichnet, da die Gemeinden des Tessins und der West-
                                         schweizer Kantone Waadt, Genf, Freiburg und Neuenburg die Meldung von Baugesuchen zum
                                         Teil vorläufig eingestellt haben. Werden diese Kantone rausgerechnet, beträgt der Rückgang nur
                                         noch 10%.
Wohnungs- und                            Auch wenn in den vergangenen Monaten in der Schweiz weitergebaut worden ist und auch weiter-
Tiefbau im Vorteil                       hin neue Projekte geplant werden, geht die COVID-19-Pandemie nicht spurlos am Bau vorbei. Im
                                         2. Quartal 2020 verliert der Bauindex, der die Umsätze im Bauhauptgewerbe prognostiziert, 2.3%
                                         und liegt damit 6.7% unterhalb des Niveaus des Vorjahresquartals (Abb. 6). Vorab beim konjunk-
                                         tursensiblen Wirtschaftsbau ist in den kommenden Quartalen mit Korrekturen zu rechnen, da die
                                         Nachfrage aus stark von der Krise betroffenen Branchen wie dem Verkauf und der Gastrono-
                                         mie/Hotellerie erheblich leiden dürfte. Die Wohnungsnachfrage hingegen reagiert weniger auf
                                         Konjunkturschwankungen, und Mehrfamilienhäuser dürften im anhaltenden Negativzinsumfeld als
                                         Anlageobjekte gefragt bleiben. Auch beim Tiefbau rechnen wir mit einer nur moderaten Korrektur,
                                         da dieser auf einen sehr hohen Auftragsbestand zurückgreifen kann und die Finanzierung von Inf-
                                         rastrukturprojekten dank Spezialfinanzierungen (FABI, NAF) vorerst gesichert sein dürfte. Insge-
                                         samt deutet somit einiges darauf hin, dass der Bau resilienter ist als viele andere Branchen. Die
                                         Unsicherheit über die Entwicklung der kommenden Monate bleibt jedoch gross.

Abb. 5: Rückgang bei den Baugesuchen überzeichnet                                    Abb. 6: Coronavirus vertieft den Abschwung im 1. Quartal
Hochbau-Gesuche der Monate März und April in CHF Mio.; Kantone mit Lieferstopp       Bauindex: Erwartete Umsätze im Bauhauptgewerbe, saisonbereinigt, nominal,
während Corona-Krise: Tessin, Waadt, Genf, Freiburg und Neuenburg                    Punkte = Trenderwartung, Index: 1.Q 1996 = 100
                     CH ohne Kantone mit Lieferstopp     Kantone mit Lieferstopp     190
10'000                                                                               180        Index Wohnungsbau
                                                                                                Index Wirtschaftsbau
 9'000                                                                               170
                                                                                                Index Hochbau
 8'000                                                                               160        Index Tiefbau
 7'000                                                                               150
 6'000                                                                               140
 5'000                                                                               130
                                                                           -10%

 4'000                                                                               120
 3'000                                                                               110
 2'000                                                                               100
 1'000                                                                                90
      0                                                                               80
          1997      2001          2005     2009        2013      2017        2020          2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020

Quelle: Baublatt, Credit Suisse                        Letzter Datenpunkt: 04/2020   Quelle: Credit Suisse, Schweiz. Baumeisterverband   Letzter Datenpunkt: Q1/2020

                                                                                                              Immobilienmonitor | 2. Quartal 2020                 7
Wohneigentum

Nur ein kurzes Luftanhalten
                                           Die COVID-19-Krise hat im ersten Moment bei Wohneigentum zu einer Marktlähmung
                                           geführt. Letztere war aber nur von kurzer Dauer. Dank weiterhin sehr tiefen Zinsen und
                                           tiefer Bautätigkeit erwarten wir rasch eine Normalisierung des Marktes. Nachhaltig
                                           dürfte der Nachfrageschock aber frühestens nächstes Jahr überwunden werden.

Eigentumsmarkt                             Nachdem der Schweizer Wohneigentumsmarkt sehr gut ins laufende Jahr gestartet ist, hat die
kurzfristig gelähmt                        COVID-19-Krise beziehungsweise der verhängte Lockdown den Markt im ersten Moment ge-
                                           lähmt. Mit dem Gebot zu Social Distancing mussten Verkäufer und Makler sich zuerst überlegen,
                                           wie unter diesen Umständen überhaupt noch Wohnungsbesichtigungen und Verkäufe möglich
                                           sind. Potenzielle Käufer dagegen schoben pandemiebedingt das Thema Eigentumserwerb erst
                                           einmal auf.

Unsicherheit ist Gift                      Zum ersten Schock gesellte sich bald die Unsicherheit in Bezug auf die wirtschaftliche Entwick-
für die Nachfrage                          lung. Die rasant wachsenden Kurzarbeitszahlen und die markant steigende Arbeitslosigkeit haben
                                           die potenziellen Nachfrager anfänglich stark verunsichert. So ist die Konsumentenstimmung jüngst
                                           auf ein Allzeittief gesunken (Abb. 7). Dies gilt auch für die Frage nach dem richtigen Moment für
                                           grössere Anschaffungen. Zwar wird dabei nicht spezifisch nach Immobilien gefragt, doch wirt-
                                           schaftliche und persönliche Unsicherheiten sind gerade beim Erwerb von Wohneigentum Gift.

Inserate nach                              Da viele Indikatoren zum Immobilienmarkt nur quartalsweise erscheinen, sind in diesen die Folgen
Lockdown stark                             des Lockdowns noch nicht oder kaum zu sehen. Aus diesem Grund beobachten wir die inserierten
gesunken                                   Eigentumsobjekte nun auf wöchentlicher Basis. Hierbei zeigen sich die Folgen des Lockdowns
                                           eindrücklich. So ist die Anzahl ausgeschriebener Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser bis
                                           Ende April um 30% gesunken (Abb. 8). Einerseits ist dies darauf zurückzuführen, dass die Anzahl
                                           neu publizierter Inserate regelrecht eingebrochen ist (-72%). Andererseits ist die Anzahl vom Netz
                                           genommener Inserate in einzelnen Wochen stark angestiegen. Dies dürfte aber in vielen Fällen
                                           nicht wegen eines erfolgreichen Verkaufs der Fall gewesen sein.

Markt kommt wieder                         Seit Ankündigung der ersten Lockerungen Mitte April zeigt sich eine langsame Trendwende. So
in die Gänge                               ist die Anzahl neu inserierter Eigentumsobjekte seither wieder am Steigen (Abb. 8). Mit der
                                           schrittweisen Rückkehr zur Normalität ist die Anzahl neuer Wohnungsinserate auch jüngst weiter
                                           angestiegen, liegt aber noch deutlich unter dem Vorkrisenniveau. Dabei zeigen sich jedoch regio-
                                           nal grosse Unterschiede. Vor allem im Tessin und in der Westschweiz, die von der Pandemie hef-
                                           tiger heimgesucht wurden, ist die Anzahl Inserate stärker gesunken als vielerorts in der Deutsch-
                                           schweiz (Abb. 9). Entsprechend hinkt auch die Erholung in den genannten Regionen hinterher.

Abb. 7: Konsumentenstimmung auf Allzeittief                                           Abb. 8: Die Zahl neuer Inserate steigt wieder
Konsumentenstimmung, Abweichung vom Mittelwert 2000 – 2019                            Inserierte Wohnungen auf den Online-Plattformen, pro Kalenderwoche im Jahr 2020

    100                                        Sicherheit der Arbeitsplätze                EFH - Inserate total (linke Skala)         EWG - Inserate total (linke Skala)
                                               Zeitpunkt für grössere Anschaffungen        EFH - Inserate neu (rechte Skala)          EWG - Inserate neu (rechte Skala)
    80
                                               Index der Konsumentenstimmung          45’000                                                                          3’600
                                                                                                                                Lockdown         1. Phase
    60                                                                                40’000                                                     Lockerung            3’200
    40                                                                                35’000                                                                          2’800
                                                                                                                                                         2. Phase
                                                                                      30’000                                                             Lockerung 2’400
    20
                                                                                      25’000                                                                        2’000
     0
                                                                                      20’000                                                                        1’600
    -20                                                                               15’000                                                                        1’200
    -40                                                                               10’000                                                                         800
                                                                                       5’000                                                                         400
    -60
                                                                                            0                                                                        0
    -80                                                                                         KW   KW    KW     KW     KW     KW     KW     KW     KW     KW
       2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020                                    1    3     5      7      9     11     13     15     17     19

Quelle: Staatssekretariat für Wirtschaft                Letzter Datenpunkt: 04/2020   Quelle: Meta-Sys AG, Credit Suisse                  Letzter Datenpunkt: 17.05.2020

8                 Immobilienmonitor | 2. Quartal 2020
Anzahl Transaktionen                  Der Eigentumsmarkt dürfte weniger stark getroffen worden sein, als dies die Anzahl Inserate sug-
steigt wieder                         geriert. Anhand unserer bankeigenen Geschäftstätigkeit lässt sich zwar der anfängliche Rückgang
                                      bei den Transkationen belegen, ebenfalls aber die anschliessende Erholung. Dies dürfte insbeson-
                                      dere auf die rasche Reaktion des Bundesrats nach Ausbruch der Krise zurückzuführen sein. Damit
                                      sind vielerorts grössere Lohnausfälle verhindert worden. Aber auch das Interesse der Nachfrager
                                      wurde wiedererweckt – hat der Lockdown doch die Wichtigkeit der eigenen Wohnung gezeigt.
                                      Das dürfte viele Interessenten bekräftigt haben, das Ziel Eigentumserwerb weiterzuverfolgen.
                                      Hinzu kommt, dass Verkäufer, Makler, Banken und Behörden ihre Prozesse schnell an die neuen
                                      Begebenheiten angepasst haben.

Jährliche Wohnkosten                  Die nach wie vor sehr tiefen Hypothekarzinsen sind wohl die wichtigste Stütze gegen einen Nach-
bleiben tief                          frageeinbruch. So wird sich an dem nach wie vor sehr tiefen tatsächlichen finanziellen Aufwand für
                                      die eigenen vier Wände nicht so schnell etwas ändern. Die durchschnittlichen jährlichen Hypothe-
                                      karkosten dürften im laufenden Jahr sogar nochmals sinken und für bestehende Eigentümer im
                                      Durchschnitt nur noch bei CHF 4750 pro Jahr liegen (Abb. 10). Damit sollten bestehende Eigen-
                                      tümer selbst bei Lohnausfällen kaum in Zahlungsschwierigkeiten geraten.

Markt bleibt für                      Auch bei einer Vollkostenrechnung zeigt sich, dass Wohneigentum vielerorts tiefere jährliche Kos-
Neuerwerber attraktiv                 ten verursacht als eine vergleichbare Mietwohnung. Damit bleibt der Markt für Neuerwerber at-
                                      traktiv. Aufgrund der unverändert hohen kalkulatorischen Anforderungen dürfte sich die Nachfrage
                                      weiterhin auf das tiefe und mittlere Preissegment fokussieren. Im Hochpreissegment rechnen wir
                                      in den nächsten Quartalen eher mit einer geringeren Nachfrage. Weitgehend aus dem Markt zu-
                                      rückgezogen haben sich Schwellenhaushalte, die alle Hebel in Bewegung setzen mussten, um die
                                      kalkulatorischen Finanzierungsanforderungen zu erfüllen. Zu gering ist für diese aktuell die Ein-
                                      kommenssicherheit.

Es entsteht nur wenig                 Eine weitere Stütze für den Markt ist das nach wie vor sinkende Angebot an neuem Wohneigen-
neues Eigentum                        tum. Bereits vor Ausbruch der COVID-19 Krise gingen wir davon aus, dass die Eigentumsproduk-
                                      tion in diesem Jahr nochmals um 7% sinkt. Kurzfristig dürfte dieser Rückgang aufgrund von CO-
                                      VID-19-bedingten Verzögerungen auf den Baustellen sogar noch kräftiger ausfallen. Damit dürfte
                                      das Angebot an Wohneigentum auch mittelfristig knapp bleiben. Der nur kurzzeitig gestörte Trans-
                                      aktionsmarkt könnte dennoch zu leicht höheren Leerständen als im Vorjahr führen, da diese be-
                                      reits am 1. Juni gemessen werden und dadurch kaum Zeit zum Aufholen bleibt.

Kurzfristig leichte                   Auch wenn sich der Markt für selbstgenutztes Wohneigentum vom gröbsten COVID-19 Schock
Preisrückgänge                        bereits erholt, wird dieser auch in den kommenden Monaten von der Pandemie beeinflusst blei-
                                      ben. Sofern es nicht zu einem zweiten Lockdown kommt, rechnen wir mit einer weitgehenden
                                      Normalisierung. Die tiefe Rezession sowie die zeitraubende Wiederherstellung der wirtschaftlichen
                                      Aktivitäten und die Wiedergewinnung des Vertrauens in die Zukunft dürften allerdings eine voll-
                                      ständige Rückkehr zu den Nachfrageniveaus vor COVID-19 frühestens nächstes Jahr ermögli-
                                      chen. Die Verunsicherung dürfte sich wohl auch im Preisniveau zeigen. Wir rechnen derzeit über
                                      das ganze Jahr trotz nur kurzer Schockstarre mit einem leichten Preisrückgang, wobei die Preis-
                                      anpassung im gehobenen Segment am stärksten ausfallen dürfte.

Abb. 9: Trendwende noch nicht überall erreicht                                 Abb. 10: Finanzieller Aufwand für Wohneigentum auf Tiefststand
Inserate Wohneigentum, Veränderung zum Niveau vor COVID-19                     Hypothekarzinskosten pro Eigentumsobjekt in CHF; hypothekarischer Durchschnitts-
                                                                               zinssatz jeweils per 30. September des jeweiligen Jahres; 2020: Prognose

Veränderung zum Niveau vor COVID-19                                             12’000              Hypothekarkosten pro Eigentumsobjekt                       6%
    < -50%                                                                                          Hypothekarischer Durchschnittszinssatz (rechte Skala)
    -50% – -40%                                                                                     Fix-Hypothek 5 Jahre (rechte Skala)
    -40% – -30%                                                                 10’000                                                                         5%
    -30% – -20%
    -20% – -10%
                                                                                 8’000                                                                         4%
    -10% – 0%
    > 0%
                                                                                 6’000                                                                         3%

                                                                                 4’000                                                                         2%

                                                                                 2’000                                                                         1%
                                                       Trend seit KW 16
                                                          Starker Rückgang
                                                          Rückgang                    0                                                                        0%
                                                          Seitwärtsbewegung               2008     2010       2012      2014      2016       2018       2020
                                                          Anstieg
                                                          Starker Anstieg

Quelle: Meta-Sys AG, Credit Suisse, Geostat   Letzter Datenpunkt: 17.05.2020   Quelle: Credit Suisse, SNB, BWO                           Letzter Datenpunkt: 2019

                                                                                                          Immobilienmonitor | 2. Quartal 2020                   9
Mietwohnungen

Nachfrage bricht ein
                                        Auch der Mietwohnungsmarkt kann sich der Corona-Krise nicht entziehen. Kurzfristig ist
                                        mit einem markanten Nachfragerückgang und einem verstärkten Anstieg der Leer-
                                        stände zu rechnen. Trotzdem dürften Mehrfamilienhäuser als Renditelieferanten gefragt
                                        bleiben.

Lockdown auch bei                       Die Schweiz ist ein Zuwanderungsland. Nahezu 80% des Bevölkerungswachstums der vergange-
der Zuwanderung                         nen zehn Jahre ist auf die Zuwanderung aus dem Ausland zurückzuführen. Diese ist somit der
                                        wichtigste Treiber für die Nachfrage auf dem Mietwohnungsmarkt. Mit dem am 16. März vom
                                        Bundesrat verordneten Lockdown droht nun der Mietwohnungsnachfrage vorübergehend der
                                        Treibstoff auszugehen. Grenzkontrollen wurden wieder aufgenommen, und ein weitreichendes
                                        Einreiseverbot für Bürger der Nachbarstaaten, Spaniens und Nicht-Schengen-Staaten ohne Auf-
                                        enthaltstitel eingeführt. Letzteres wurde am 25. März auf sämtliche Schengen-Staaten ausge-
                                        dehnt, und die Kantone sind angewiesen worden, Aufenthaltsgesuche bis auf wenige Ausnahmen
                                        zu sistieren.

Reduktion des Grenz-                    In der Folge konnte ein eigentlicher Einbruch der Grenzübertritte verzeichnet werden. In Chiasso,
verkehrs um bis zu                      wo die Grenzen bereits am 13. März geschlossen wurden, wurden im grenznahen Personenver-
95%                                     kehr auf der Autobahn in den folgenden Wochen eine Reduktion von rund 95% an Wochenenden
                                        und bis über 80% an den übrigen Wochentagen registriert (Abb. 11). Auf der grenznahen
                                        Schwarzwald-Autobahnbrücke setzte der Verkehrsrückgang rund eine Woche später ein und be-
                                        trug rund 80% an Wochenenden und 50% unter der Woche.

Zuwanderungszahlen                      Die weitgehende Schliessung der Grenzen beginnt sich erst allmählich in den offiziellen Zahlen zur
sinken erst                             Zuwanderung niederzuschlagen. Im 1. Quartal 2020 lag die Nettozuwanderung insgesamt gar
zögerlich…                              30% über dem Vorjahr. Selbst im März wurde das Vorjahresniveau noch deutlich übertroffen. Wer
                                        bereits ein Visum erhalten hatte, konnte bis zum 24. März nämlich weiterhin einreisen, gleichzeitig
                                        war bei den Auswanderungen bereits ein starker Rückgang zu verzeichnen. Für den April zeigte
                                        sich in der Nettozuwanderung schliesslich erstmals ein deutliches Minus (–10.2%, Abb. 12). Die
                                        Zahl der ausgestellten Asylgesuche reduzierte sich im selben Monat gar um 70%.

Abb. 11: Einbruch des grenzüberschreitenden Personenverkehrs                       Abb. 12: COVID-19-Pandemie schwächt Zuwanderung
Verkehrszählung Personenverkehr in Richtung Schweiz an grenznahen Zählstellen,     Wanderungssaldo der ständigen ausländischen Wohnbevölkerung (ohne Registerkor-
Veränderung gegenüber des gleichen Wochentags im Vorjahr                           rekturen) und Anzahl Asylgesuche: Veränderung zur Vorjahresperiode
  20%                                                                               80%                                           Wanderungssaldo, nur Jan. bis März
                                                   A2 Basel           A2 Chiasso                                                  Wanderungssaldo, nur April
                                                                                    60%
   0%                                                                                                                             Asylgesuche, nur April
                                                        Lockerung

                                                                    2. Phase
                     Lockdown

                                                                                    40%
                                                        1. Phase

                                                                    Lockerung                                                                            30.4%
 -20%
                                                                                    20%
                                                                                                                                                             -10.2%
 -40%                                                                                0%

                                                                                   -20%
 -60%
                                                                                   -40%
 -80%
                                                                                   -60%
                                                                                                                                                         -70.3%
-100%                                                                              -80%
     01.03      15.03           29.03   12.04   26.04         10.05      24.05             2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020

Quelle: Bundesamt für Strassen                   Letzter Datenpunkt: 02.06.2020    Quelle: Staatssekretariat für Migration, Credit Suisse Letzter Datenpunkt: 04/2020

…dürften jedoch                         In den vom Bundesrat aufgrund der sinkenden Fallzahlen beschlossenen Lockerungsmassnahmen
auch in den                             ist eine möglichst schnelle Wiedereröffnung der Grenzen vorgesehen. Seit dem 11. Mai werden
kommenden Monaten                       vor dem 25. März eingereichte Aufenthaltsgesuche wieder bearbeitet und erste Lockerungen
schwach ausfallen                       beim Grenzübertritt realisiert, etwa beim Familiennachzug. Per 15. Juni sollen schliesslich die
                                        Grenzen zu den EU/EFTA-Staaten sowie dem Vereinigten Königreich wieder geöffnet werden.
                                        Trotzdem dürfte auch in den nächsten Monaten die massiv eingetrübte Situation auf dem Arbeits-

10              Immobilienmonitor | 2. Quartal 2020
markt (vgl. S. 5) die Nachfrage nach Arbeitskräften aus dem Ausland stark begrenzen. Eine ra-
                                        sche Erholung der Zuwanderung ist daher nicht zu erwarten. Wir rechnen für das Jahr 2020 ins-
                                        gesamt mit einem Rückgang der Nettozuwanderung gegenüber dem Vorjahr um bis zu 15’000
                                        Personen.

Nachfragrückgang                        Dieser drastische Rückgang der Zuwanderung wird im laufenden Jahr die Mietwohnungsnach-
um 8000 Wohnungen                       frage belasten. Doch auch vonseiten der Inländer dürften deutlich weniger zusätzliche Wohnungen
                                        nachgefragt werden. Die massiv verschlechtere Konsumentenstimmung und die anspruchsvolle
                                        Situation auf dem Arbeitsmarkt dürften bewirken, dass geplante Haushaltsgründungen vorerst
                                        entfallen und auf den Umzug in eine grössere Wohnung vorläufig verzichtet wird. Insgesamt er-
                                        warten wir für 2020 einen Rückgang der Nachfrage nach zusätzlichen Mietwohnungen um rund
                                        8000 gegenüber 2019 (Abb. 13). Aufgeschoben ist aber nicht zwingend aufgehoben: In unserem
                                        Hauptszenario einer raschen wirtschaftlichen Erholung (BIP-Wachstum 2021 von +3.5%) dürfte
                                        sich die Nachfrage 2021 wieder um rund 3000 bis 4000 Wohnungen erholen. Selbst in diesem
                                        vergleichsweise günstigen Szenario bleibt die Nachfrage damit jedoch deutlich hinter dem Vorkri-
                                        senniveau zurück.

Corona bremst                           Zurzeit noch schwierig abzuschätzen ist der Effekt, den die Corona-Krise auf der Angebotsseite
temporär auch                           des Marktes auslöst. Auf den Online-Portalen zeigt sich ein deutlicher Rückgang der Anzahl Inse-
das Angebot                             rate (Abb. 14). Wer konnte, dürfte einen Umzug bei den erschwerten Bedingungen während des
                                        Lockdowns vermieden haben. Die verminderte Nachfrage und die erschwerten Bedingungen für
                                        Wohnungsbesichtigungen haben teilweise Vermarkter dazu bewogen, laufende Kampagnen zu
                                        unterbrechen. Wir rechnen jedoch spätestens in der zweiten Jahreshälfte mit einem Wiederanstieg
                                        der Menge inserierter Mietwohnungen. Ein erstes Anzeichen dafür ist die leichte Erholung der An-
                                        zahl neuer Inserate während der letzten Wochen. Bei der Fertigstellung von Bauprojekten dürfte
                                        es in einigen Fällen jedoch zu Verzögerungen kommen, und neue Bauprojekte werden aufgrund
                                        regionaler Bewilligungsstopps verzögert in Angriff genommen (vgl. S. 7).

Beschleunigter                          Diese Verzögerungen dürften vor allem im laufenden, aber auch im nächsten Jahr einen gewissen
Anstieg der Leer-                       dämpfenden Effekt auf die Zahl neuer Wohnungen auf dem Markt haben. Trotzdem dürften ge-
stände erwartet                         mäss unserer Schätzung per 1. Juni 2020 im Vorjahresvergleich rund 7000 bis 8000 Mietwoh-
                                        nungen zusätzlich leer gestanden haben, was die Leerwohnungsziffer auf 2.9% steigen lässt. Die-
                                        ser Anstieg dürfte sich auch im folgenden Jahr noch fortsetzen. Auch in den Zentren, die beson-
                                        ders viele Zuwanderer anziehen, dürfte sich der Markt vorübergehend etwas entspannen. Mit wie-
                                        der stärker sinkenden Mieten kann jedoch primär ausserhalb der Agglomerationen gerechnet wer-
                                        den.

Anleger dürften Mehr-                   Die Corona-Krise wird den Mietwohnungsmarkt in nächster Zeit belasten und den Trend steigen-
familienhäusern den-                    der Leerstände und sinkender Mieten beschleunigen. Ein «Game Changer» dürfte Corona auf dem
noch die Treue halten                   Mietwohnungsmarkt jedoch nicht werden. Aus Anlegersicht dürften Mehrfamilienhäuser kaum an
                                        Popularität verlieren, denn die Risiken bezüglich Ertragsausfällen bleiben über ein ganzes Portfolio
                                        im Vergleich zu kommerziellen Objekten überschaubar. Bewertungsseitig fällt das kaum ins Ge-
                                        wicht, solange die anhaltend tiefen Zinsen einen Anstieg der Diskontsätze kaum zulassen.

Abb. 13: Temporärer Nachfrageeinbruch bei Mietwohnungen                              Abb. 14: Vorübergehend weniger Mietwohnungen im Angebot
Jährliche Veränderung der Absorption von Mietwohnungen und Wachstum der Be-          Auf den Online-Portalen inserierte Mietwohnungen, nach Kalenderwoche, 2020
schäftigung (Vollzeitäquivalente), 2019: Schätzung, 2020/2021: Prognose

12'000                                   Wachstum Beschäftigung (r. Skala)    4%     90'000
                                         Veränderung Absorption, beobachtet                                                   Neue Inserate      Übrige Inserate
                                         Veränderung Absorption, modelliert          80'000
 9'000                                                                        3%
                                         Prognose                                    70'000
 6'000                                                                        2%
                                                                                     60'000

 3'000                                                                        1%     50'000
                                                                                                                                     Lockdown

                                                                                                                                                          1. Phase Lockerung

      0                                                                       0%     40'000

                                                                                     30'000
 -3'000                                                                       -1%
                                                                                     20'000
 -6'000                                                                       -2%
                                                                                     10'000

 -9'000                                                                       -3%          0
          2004 2006     2008   2010 2012         2014 2016 2018     2020                    W. 1   W. 3   W. 5   W. 7     W. 9 W. 11 W. 13 W. 15 W. 17 W. 19

Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse            Letzter Datenpunkt: 2019   Quelle: Meta-Sys AG, Credit Suisse               Letzter Datenpunkt: 17.05.2020

                                                                                                              Immobilienmonitor | 2. Quartal 2020                              11
Büroflächen

Verwaiste Büroflächen
                                                                                         Kurzfristig sind die Büroimmobilien nur wenig von COVID-19 betroffen. Die Mietertrags-
                                                                                         ausfälle halten sich in engen Grenzen. Mittelfristig dürften jedoch der Beschäftigungs-
                                                                                         rückgang und langfristig der durch den Lockdown beschleunigte Strukturwandel die
                                                                                         Büroflächennachfrage erheblich mindern.

Büroimmobilien                                                                           Weder zählt der Immobilienmarkt im Allgemeinen noch der Büroflächenmarkt im Speziellen zu den
unmittelbar nur                                                                          stark vom Lockdown betroffenen Wirtschaftsbereichen. Weniger als 16% der Büromieter waren
wenig betroffen                                                                          unmittelbar vom Lockdown betroffen. Bei den meisten Mietern ist die Belegschaft ins Home-
                                                                                         Office geschickt worden und erhält – vielfach bis zum heutigen Tag – von zu Hause aus den Be-
                                                                                         trieb aufrecht. Für die Vermieter dürfte sich der Mietzinsausfall im laufenden Jahr im tiefen einstel-
                                                                                         ligen Bereich bewegen.
COVID-19 langfristig                                                                     Man könnte daraus folgern, dass die Pandemie den Büroflächenmarkt nur am Rande trifft – wenn
ein Game Changer?                                                                        nicht das verstörende Bild von verwaisten Büroflächen wäre. Grossraumbüros ohne einen einzigen
                                                                                         Mitarbeiter. Die Betriebe funktionieren dennoch einwandfrei und werden wie von Geisterhand von
                                                                                         der Belegschaft aus dem Home-Office ferngesteuert. Technisch war das bereits vor COVID-19
                                                                                         möglich, wurde aber nur von wenigen auch wirklich genutzt. Gemäss Bundesamt für Statistik ha-
                                                                                         ben 2019 bloss 3% der Beschäftigten hauptsächlich von zu Hause aus gearbeitet. Während CO-
                                                                                         VID-19 waren es zeitweise mehr als die Hälfte. Bei der Credit Suisse arbeiteten über Wochen
                                                                                         mehr als 80% der Mitarbeiter von zu Hause aus (Abb. 15). Bei Roche waren es sogar 85%. CO-
                                                                                         VID-19 hat den unwiderlegbaren Beweis erbracht, dass Heimarbeit funktioniert. Für die Büroflä-
                                                                                         chennachfrage könnte das langfristig spürbare Folgen haben.
Heimarbeit ist salon-                                                                    Heimarbeit ist salonfähig geworden. Vorgesetzten, die sich bisher mehrheitlich dagegen sträubten,
fähig geworden                                                                           fehlen künftig die Argumente. Kommt hinzu, dass das Topmanagement mit Interesse zur Kenntnis
                                                                                         genommen hat, dass sich dank Heimarbeit erheblich Raumkosten einsparen lassen. James Gor-
                                                                                         man, CEO von Morgan Stanley, zum Beispiel hat bekannt gegeben, seine Bank erwäge, ihren
                                                                                         Fussabdruck im Büroflächenmarkt zu verringern. Andere CEOs oder CFOs haben ähnliche State-
                                                                                         ments abgegeben. Damit dürfte der Widerstand der Linienvorgesetzten schwinden, und die Mitar-
                                                                                         beiter dürften ihre Wünsche in Zukunft offensiver formulieren und besser durchsetzen können.
                                                                                         Wie verschiedene Umfragen belegen, wünscht eine Mehrheit der Arbeitnehmer auch nach Wo-
                                                                                         chen im Home-Office diese Form der Heimarbeit in Zukunft weiterhin ausüben zu können. In
                                                                                         Deutschland möchten beispielsweise gemäss einer Umfrage von Heise 62% der über 27’000
                                                                                         Antwortgeber weiter im Home-Office arbeiten (Abb. 16); nur 23% bevorzugen das Büro.

Raumkosten sind ein                                                                      Dienstleistungsunternehmen wenden üblicherweise einen mittleren einstelligen Prozentsatz der Er-
starker Treiber                                                                          träge für Raumkosten auf, was Letztere zu einem wesentlichen Kostenfaktor macht. Historisch
                                                                                         lässt sich zudem beobachten, dass Raumkosten stets ein wichtiger Treiber für Standortzusam-
                                                                                         menlegungen und Verlagerungen von Büroflächen waren. Gemäss einer internationalen Umfrage

Abb. 15: Gebäudezutritte von Mitarbeitern der Credit Suisse                                                                                                                                Abb. 16: Mitarbeiterbefragung zu Home-Office in Deutschland
Anzahl Zutritte in der Schweiz, pro Woche, Index: Woche ab 06.01.2020 = 100                                                                                                                «Möchten Sie gerne weiter im Home-Office arbeiten?»
120

100

 80

 60

 40

 20

   0
       06.01 - 12.01

                       20.01 - 26.01

                                         03.02 - 09.02

                                                         17.02 - 23.02

                                                                         02.03 - 08.03

                                                                                           16.03 - 22.03

                                                                                                           30.03 - 05.04

                                                                                                                           13.04 - 19.04

                                                                                                                                           27.04 - 03.05

                                                                                                                                                           11.05 - 17.05

                                                                                                                                                                           25.05 - 31.05

                                                                                                                                                                                              Ja, ich arbeite dort effektiver,               Nein, ich arbeite gerne mit
                                                                                                                                                                                              es spart Fahrtkosten und ist                   Kollegen zusammen und
                                                                                                                                                                                              ökologischer                                   möchte im Büro arbeiten
Quelle: Credit Suisse                                                                                             Letzter Datenpunkt: 31.05.2020                                           Quelle: heise online (n = 27’128)               Letzter Datenpunkt: 02.06.2020

12                                     Immobilienmonitor | 2. Quartal 2020
von Gartner Inc. unter mehr als 300 CFOs planen drei von vier der Befragten, den Arbeitsplatz
                                        von mindestens 5% ihrer Mitarbeiter permanent ins Home-Office zu verschieben. Im Mittel wür-
                                        den dadurch rund 11% der Arbeitsplätze verlagert. Das Einsparpotenzial ist somit erkannt und
                                        dürfte über kurz oder lang Wirkung entfalten.
Dienstleistungsfirmen                   Die monatlich von uns befragten Einkaufsmanager erwarten, dass künftig in ihren Dienstleistungs-
rechnen mit 7%                          unternehmen ein Pensum von 14% in Heimarbeit geleistet wird (Abb. 17). Die dadurch ausgelös-
weniger Büroflächen                     ten Einsparungen an Büroflächen veranschlagen die befragten Unternehmen auf 7% (Abb. 18). In
                                        der Industrie rechnet man mit geringeren Einsparungen von 3.6%. Vor allem Neuanmietungen
                                        von Büroflächen dürften dies zu spüren bekommen, da viele Unternehmen nun Expansionspläne
                                        auf Eis legen und genau prüfen werden, ob die Bestandsflächen nicht ausreichen.
Langfristige Folgen                     Unter den Immobilienexperten bestehen aktuell grosse Meinungsunterschiede bei der Frage nach
für die Büroflächen-                    den möglichen Folgen für die Vermietung von Büroflächen. Für die einen bleibt das Büro der un-
nachfrage                               ersetzliche Ort, wo die gemeinsame Unternehmenskultur gepflegt wird, wo Kreatives im sponta-
                                        nen Austausch entsteht und wo sich die Mitarbeiter über die Vielfalt der sozialen Kontakte freuen.
                                        Für die anderen steht den Büroflächen eine disruptive Entwicklung bevor, wie sie die Verkaufsflä-
                                        chen seit Jahren erleben. Einig sind sich die allermeisten Experten bloss darin, dass eine Rück-
                                        kehr zur Situation vor der Pandemie sehr unwahrscheinlich ist. Auch die grössten Skeptiker rech-
                                        nen mit einem konstant höheren Anteil Heimarbeit in Zukunft. Die Meinungen gehen vor allem in
                                        Bezug auf das Ausmass und das Tempo der Verlagerung ins Home-Office auseinander.
Drei Szenarien für die                  Erst nach Aufhebung der Social-Distancing-Massnahmen wird messbar werden, welches Pensum
nächsten zehn Jahre                     die Beschäftigten inskünftig im Home-Office leisten werden. Gegenwärtig zeigen die Mobilitätsda-
                                        ten, dass erst ein kleiner Teil der Beschäftigten ins Büro zurückgekehrt ist. Wir haben daher ba-
                                        sierend auf den gegenwärtig vorliegenden Informationen drei Szenarien für die Langfristwirkungen
                                        der Heimarbeit auf die Büroflächennachfrage skizziert. Im Szenario «Return» rechnen wir ceteris
                                        paribus nur mit geringen Auswirkungen und einer langfristigen Reduktion der nachgefragten Büro-
                                        flächen von maximal 5%. Im Szenario «Game Changer» könnte nach unserer Auffassung die
                                        Nachfrage nach Büroflächen bis in zehn Jahren um bis zu 25% abnehmen. Im mittleren und von
                                        uns erwarteten Hauptszenario rechnen wir mit einem langfristigen negativen Effekt von 15%. Zu
                                        beachten ist, dass insgesamt die Nachfrage netto um einen geringeren Prozentsatz sinken dürfte,
                                        da sich andere strukturelle Trends (Digitalisierung, Tertiarisierung) positiv auf die Büronachfrage
                                        auswirken. Nichtsdestotrotz werden Nachfrageverlagerungen in obiger Grössenordnung natürlich
                                        die Büromieten in Mitleidenschaft ziehen. Gestützt auf historische Daten gehen wir davon aus,
                                        dass ein Nachfragerückgang von 1% kurzfristig in etwa einen Rückgang der Mietpreise von 2.4%
                                        auslösen dürfte. Das künftige Mietpreispotenzial bliebe damit klar beschränkt.
Beschäftigungsabbau                     Bevor sich allerdings die Folgen des durch die COVID-19-Krise beschleunigten Strukturwandels
ist das unmittelbare                    auf den Büromärkten niederschlagen, wird mittelfristig der Rückgang der Beschäftigung die Nach-
Problem                                 frage belasten und seitens der Vermieter als das grössere Problem wahrgenommen werden. Wir
                                        rechnen bis Jahresende mit einem Beschäftigungsabbau von 1.5%. Das dürfte zu einer negativen
                                        Zusatznachfrage nach Büroflächen von rund 770’000 m2 führen. Das entspricht beinahe drei
                                        Viertel der am Markt beobachteten kumulierten Zusatznachfrage der letzten beiden Jahre und
                                        wäre mit dem Einbruch des Büromarktes in der Finanzkrise vergleichbar.

Abb. 17: Erwartetes Pensum der Belegschaft im Home-Office                        Abb. 18: Erwartete Büroflächen-Einsparungen seitens Arbeitgeber
Befragung Einkaufsmanager: Erwartetes Pensum der Belegschaft im Home-Office      Befragung Einkaufsmanager: Mit welchen langfristigen Einsparungen an Büroflächen
nach Aufhebung der COVID-19-Restriktionen                                        rechnen Sie in Ihrem Unternehmen dank Home-Office (in % der heuten Fläche)?
45%                                                                              70%
                                                      Anteil der Antworten                                                               Anteil der Antworten
40%
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                  5%      10%        15%   20%   30%   50%   75% 100%                              5%      10%        15%   20%   30%   50%   75% 100%

Quelle: Credit Suisse, procure.ch                  Letzter Datenpunkt: 05/2020   Quelle: Credit Suisse, procure.ch                   Letzter Datenpunkt: 05/2020

                                                                                                           Immobilienmonitor | 2. Quartal 2020                  13
Verkaufsflächen

Detailhandel arg in Bedrängnis
                                                                                        Die COVID-19-Pandemie trifft einen bereits angeschlagenen stationären Detailhandel
                                                                                        und hat die Verlagerung von Umsätzen in den Onlinehandel beschleunigt. Konkurse und
                                                                                        Flächenreduktionen werden den Verkaufsflächenmarkt rascher schrumpfen lassen.

Detailhandel leidet                                                                     Bereits vor COVID-19 stand der stationäre Detailhandel in der Schweiz aufgrund der wachsenden
massiv unter COVID-                                                                     Konkurrenz des Onlinehandels spürbar unter Druck. Die temporäre Schliessung der meisten Ge-
19-Massnahmen                                                                           schäfte ab dem 16. März 2020 fügte dem stationären Handel zusätzlich schweren finanziellen
                                                                                        Schaden zu. Obwohl mit der Lockerung vom 11. Mai die Käufer wieder in die Läden strömten und
                                                                                        ihre Debitkarten im stationären Einkauf sogar noch häufiger einsetzten wie vor Corona (Abb. 19),
                                                                                        erwarten wir im Non-Food Bereich über das ganze Jahr einen Umsatzrückgang von rund 20%.
                                                                                        Eine schleppende Auslandnachfrage der hiesigen Wirtschaft und weiter wachsende Arbeitslosen-
                                                                                        zahlen werden die Stimmung der Konsumenten belasten und die Rückkehr zu den vormaligen
                                                                                        Konsumniveaus torpedieren.
Food, Personal Care /                                                                   Alle Detailhändler befanden sich zwar im selben Sturm, aber nicht alle im selben Boot. Gewisse
Gesundheit und                                                                          Detailhandelssektoren waren weniger von den COVID-19-Einschränkungen betroffen. So konnte
Heimelektronik                                                                          im ersten Quartal der Food-Bereich ein starkes Umsatzplus von 7.4% im Vergleich zum Vorjah-
gewinnen Umsatz                                                                         resquartal verzeichnen (Abb. 20). Während viele Cafés und Restaurants schliessen mussten, blie-
                                                                                        ben Lebensmittelgeschäfte geöffnet, weshalb sich viele Menschen selber verpflegen mussten und
                                                                                        Notvorräte anlegten. Der stärkere Fokus auf Gesundheit und Hygiene hat dem Bereich «Personal
                                                                                        Care und Gesundheit» ein Umsatzplus von 6.7% beschert, und das Aussitzen der Pandemie zu
                                                                                        Hause inklusive Arbeiten im Home-Office hat die Nachfrage nach Heimelektronik (+4.3%) ange-
                                                                                        kurbelt.

Bekleidung/Schuhe                                                                       Dagegen hat das Bekleidungssegment, das ohnehin in den letzten Jahren grosse Marktanteile an
erneut unter den                                                                        Onlineanbieter abgeben musste, im ersten Quartal einen weiteren Umsatzrückgang von 20% erlit-
Verlierern                                                                              ten. Das zweite Quartal wird noch schlechtere Zahlen bringen. Auch in den Bereichen Haushalt,
                                                                                        Wohnen, Garten, Autozubehör und Freizeit, wo die Umsätze bereits im ersten Quartal 2020 deut-
                                                                                        lich rückläufig waren, wird das zweite Quartal desaströse Zahlen liefern.

Langfristeffekte für                                                                    Notgedrungen sind während des Lockdowns viele Konsumenten auf den Onlinehandel ausgewi-
stationären Handel                                                                      chen. Nicht wenige dürften dadurch dessen Vorzuge schätzen gelernt haben und werden dauer-
möglicherweise noch                                                                     haft einen Teil ihres Konsums über den Onlinehandel abwickeln. Die Trägheit vieler Konsumenten
gravierender                                                                            war bisher der beste Freund des stationären Handels. COVID-19 zwang viele Konsumenten zur
                                                                                        rascheren Adaption neuer Einkaufsformen. Wir gehen davon aus, dass das Coronavirus den
                                                                                        Strukturwandel um drei Jahre abgekürzt hat. In der Folge dürfte sich auch im Verkaufsflächen-
                                                                                        markt rascher die Spreu vom Weizen trennen.

Abb. 19: Die Käufer kehren zurück in die Schweizer Läden                                                                                                                                  Abb. 20: Umsatzplus bei Food und Gesundheit wegen COVID-19
Anzahl der Einsätze von Schweizer Debitkarten im stationären Einkauf in der Schweiz                                                                                                       Nominales Wachstum der Detailhandelsumsätze im Vorjahresvergleich (saison- und
und im Ausland, pro Woche, Index: Woche ab 06.01.2020 = 100                                                                                                                               verkaufstagsbereinigt), 2016 – 2019: Januar – Dezember; 2020: Januar - März
140                                                                                                                                                                                        10%
                                                                                                                                                                                                                       2016      2017       2018     2019       2020
                                                                                                              Schweiz                    Ausland
120                                                                                                                                                                                          5%

100                                                                                                                                                                                         0%

 80                                                                                                                                                                                        -5%
 60                                                                                                                                                                                       -10%
                                                                                                                                                                                                                                                                                Non-Food
 40                                                                                                                                                                                       -15%
 20
                                                                                                                                                                                          -20%
                                                                                           Beginn des Lockdowns
                                                                                                                                                                                                                                         Bekleidung/
                                                                                                                                                                                                                              Non-Food

                                                                                                                                                                                                                                                                           Haushalt und

                                                                                                                                                                                                                                                                                                           DIY/Garten/
                                                                                                                                                                                                    Total

                                                                                                                                                                                                                                                       Personal Care und

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         Freizeit
                                                                                                                                                                                                             Food/Near-Food

                                                                                                                                                                                                                                                                                          Heimelektronik

                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Autozubehör

   0
                                                                                                                                                                                                                                           Schuhe

                                                                                                                                                                                                                                                                             Wohnen
                                                                                                                                                                                                                                                          Gesundheit
       06.01 - 12.01

                       20.01 - 26.01

                                        03.02 - 09.02

                                                        17.02 - 23.02

                                                                        02.03 - 08.03

                                                                                         16.03 - 22.03

                                                                                                         30.03 - 05.04

                                                                                                                         13.04 - 19.04

                                                                                                                                          27.04 - 03.05

                                                                                                                                                          11.05 - 17.05

                                                                                                                                                                          25.05 - 31.05

Quelle: SIX BBS AG, Credit Suisse                                                                                  Letzter Datenpunkt: 31.05.2020                                         Quelle: GfK, Credit Suisse                                                             Letzter Datenpunkt: 03/2020

14                                     Immobilienmonitor | 2. Quartal 2020
Indirekte Immobilienanlagen

Verschmähte Geschäfts-
immobilien
                                       Schweizer Immobilienfonds und -aktien bekommen die Auswirkungen der Pandemie
                                       ebenfalls zu spüren. Erstere erweisen sich jedoch einmal mehr als vergleichsweise
                                       krisenresistente Anlage. Sowohl global als auch in der Schweiz meiden Anleger derzeit
                                       nicht nur Verkaufsflächen und Hotels, sondern vermehrt auch Büroflächen.

Immobilienfonds                        Die COVID-19 Krise hat für Korrekturen an den Finanzmärkten gesorgt, die in puncto Geschwin-
erholen sich von der                   digkeit und Intensität selbst die globale Finanzkrise von 2008 deutlich übertrafen. Trotz anfängli-
Verkaufswelle                          chem Dagegenhalten konnten sich die indirekten Schweizer Immobilienanlagen der Verkaufswelle
                                       nicht entziehen (Abb. 21). Innerhalb von nur einer Woche (10.03. – 17.03.) brachen sogar die Im-
                                       mobilienfonds um 17% ein. Solch heftige Bewegungen bei den Fonds sind äusserst selten und
                                       widerspiegeln den Stress, der in jener Märzwoche an den Märkten herrschte. Trotz dem Rück-
                                       schlag bewiesen die Schweizer Immobilienanlagen ihre defensiven Qualitäten. Das Vertrauen in
                                       die Stabilität insbesondere der Immobilienfonds kam den Investoren nur kurzzeitig abhanden. Ab
                                       der zweiten Märzhälfte begannen sich die Kurse der Immobilienfonds zu erholen. Bei den Immobi-
                                       lienaktien erfolgte die Erholung jedoch nur sehr zögerlich.

Globaler Markt                         Trotz Aufholphase liegen die Gesamtrenditen der Schweizer Immobilienfonds (-1.3%) und Immo-
korrigiert deutlich                    bilienaktien (-7.5%) seit Jahresbeginn im Minus (Abb. 21). Im internationalen Vergleich sind die
stärker*                               kotierten Schweizer Immobilienanlagen jedoch deutlich weniger zurückgegangen, korrigierte doch
                                       der MSCI World Real Estate in derselben Zeitperiode um 10.4%. Die Schweizer Immobilienanla-
                                       gen dürften dabei vom «Save Haven»-Effekt profitiert haben, hat doch auch der breite Schweizer
                                       Aktienmarkt (SPI: -2.0%) deutlich weniger nachgegeben als der globale Aktienmarkt (MSCI
                                       World: -5.4%).

Anlagen mit Fokus                      Auffällig ist zurzeit die merklich schwächere Performance von Anlagen mit Fokus auf die von der
Geschäftsflächen                       Corona-Krise besonders stark betroffenen Immobiliensegmente. Gemessen an den globalen, nach
unter Druck                            Sektoren gegliederten REIT-Indizes von MSCI sind die grössten Verlierer die Verkaufsflächen
                                       (-33.3%), die Hotels (-30.8%) und die Büroflächen (-23.5%), während Wohnflächen seit Jahres-
                                       beginn «nur» 14.0% einbüssten. Als Gewinner der Corona-Krise sehen die globalen Märkte die
                                       Logistik- und Industrieflächen, welche seit Jahresbeginn gar deutlich zulegen konnten (+8.9%).
                                       Dieses Muster widerspiegelt die Erwartungen der Anleger bezüglich Auswirkungen von COVID-19
                                       auf die Mieterträge und Wertzuwächse in den verschiedenen Segmenten.

Abb. 21: Globale Korrektur bei Immobilienanlagen                                        Abb. 22: Kräftige Erholung bei den Wohnimmobilienfonds
Gesamtperformance von Schweizer Immobilienanlagen im internationalen Vergleich*;        Ausmass der Korrektur und Erholung in den verschiedenen Schweizer Immobilien-
Indizes: 01.01.2015 = 100, in lokaler Währung                                           Anlageklassen (Gesamtperformance kotierte Anlagen)*

220                                                                    Performance        19.02. – 17.03.2020 (Korrekturphase)      17.03. – 03.06.2020 (Erholungsphase)
                                                                        2020 (YTD)        19.02. – 03.06.2020 (Gesamte Periode)
200

180                                                                                     Alle Immobilienfonds
                                                                             -7.5%
160
                                                                                             Fonds Wohnen
                                                                            -2.0%
140
                                                                            -1.3%
120                                                                        -10.4%            Fonds Geschäft

100                                                                        -23.5%
                                                                                            Immobilienaktien
 80                                                                        -33.3%
          SXI Real Estate Funds        SXI Real Estate Shares
 60       Swiss Performance Index      MSCI World Real Estate                                           SPI
          MSCI World: Office REIT      MSCI World: Retail REIT
 40
 01/2015      01/2016      01/2017      01/2018     01/2019      01/2020                                   -25% -20% -15% -10% -5% 0%          5% 10% 15% 20% 25%

* Historische Wertentwicklungen und Finanzmarktszenarien sind keine verlässlichen In-   * Historische Wertentwicklungen und Finanzmarktszenarien sind keine verlässlichen In-
dikatoren für zukünftige Ergebnisse.                                                    dikatoren für zukünftige Ergebnisse.

Quelle: Datastream, Credit Suisse                   Letzter Datenpunkt: 03.06.2020      Quelle: Datastream, Credit Suisse                   Letzter Datenpunkt: 03.06.2020

                                                                                                                  Immobilienmonitor | 2. Quartal 2020                    15
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