Märkte und Anlagepolitik Viertes Quartal 2018 - Santro Invest AG
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Märkte und Anlagepolitik Viertes Quartal 2018 “Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zu- 1. Das Wachstum verlangsamt sich kunft betreffen“. Dieses geflügelte Wort, aus wessen Mund es stammt, niemand so richtig weiss, beschäf- Die Einkaufsmanager-Indices der grössten Volkswirt- tigt Makroökonomen tagtäglich. Manchmal weniger, schaften liegen noch komfortabel über 50 Punkte, was öfters aber mehr. Trivial, oder nicht? Wachstum indiziert. Allerdings ist die Dynamik am Ab- brechen. In Europa hat dieser Prozess schon Ende Der wahre Zündstoff des Zitats liegt darin, dass diese 2017 begonnen, ausgelöst von einer konjunkturellen an sich triviale Aussage einen Prozess betrifft, der ge- Pause in Deutschland. Die grösste Volkswirtschaft Eu- rade Nichttrivialität verlangt: „Morgen gehen die Bör- ropas hat sich inzwischen wieder gefangen, dafür se- sen hoch oder runter“ ist wohl keine Prognose. hen die Perspektiven in der Peripherie weiterhin wol- kenverhangen aus. Jüngst hat sich vor allem der vor- Fragt sich: was macht denn eine valide Prognose aus? laufende Indikator für Spanien wieder eingetrübt, Gemäss Wikipedia bilden aus Fakten gewonnene Da- währendem Frankreich eher sportlicher unterwegs ist. ten die Basis, aus derer dann mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit Voraussagen gemacht werden könnten. Erfahrungswissen und Extrapolationen wer- den dabei zu Hilfe genommen. So gesehen haftet jeder Prognose ein Vergangenheits-Etikett an. Diese Erkenntnis gilt es insofern im Gedächtnis zu be- halten, als die jüngsten wirtschafts- und geopoliti- schen Veränderungen die Basis der Prognosen – die Fakten und Daten – fleissig durcheinanderwirbeln. Handelsbeziehungen werden gebrochen (und eventu- ell neu aufgestellt), die Geldpolitik der grössten Volks- Quelle: Bloomberg, Santro Invest wirtschaften unterdrücken weiterhin in corpore wich- tige Preissignale, Militärbündnisse werden in Frage ge- Das BIP Wachstum in Europa schnitt mit +0.4% im Q2 stellt, mühsam erarbeitete (Atom)Abkommen gekün- etwas besser als erwartet ab, wobei sich der private digt, Handelsbarrieren aufgebaut, geostrategische Konsum erstaunlich stark abschwächte. Kräfteverhältnisse verschoben. Heute dieser Tweet, morgen jener Tweet. Ohne eine verlässliche Basis lässt sich schwerlich eine gute Prognose erstellen. Trotzdem versuchen wir es – die Welt steht ja nicht vollends Kopf! Wir haben uns fürs letzte Quartal 2018 fünf Thesen zurechtgelegt: Quelle: Bloomberg, Santro Invest 1
Private und staatliche Investitionen waren aufgrund schwächere Währung, erste positive Zeichen von Frei- gut gefüllter Kapazitäten bei solider Industrienach- handelsabkommen EU – Japan (im Übrigen der welt- frage und Wachstum im Sozialwesen die positiven weit grösste Handelsfreiraum!!!) und Ausweichkäufe Treiber. aus dem amerikanisch-chinesischen Handelsstreit ma- nifestieren könnten. Die potenzielle Wachstumsab- schwächung in den Schwellenländern ist allerdings ei- nes der grösseren Risiken für den EUR Raum. In den USA stehen wir gemäss Einkaufsmanagerindex erst am Anfang einer möglichen Abkühlung. Der PMI des produzierenden Gewerbes, jüngst aber auch der Dienstleistungen blicken etwas schwierigeren Zeiten entgegen. Vor allem die vorlaufende Auftragskompo- nente in der Industrie ist seit Jahresbeginn in einem Abwärtstrend. Das Niveau von 60 deutet aber noch auf solides Wachstum hin. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Beim Aussenhandel hat der starke EUR Spuren hinter- lassen. Das Exportwachstum litt gegenüber den Im- porten, welche von der gesunden Binnenkonjunktur profitierten. Regional gesehen spielte die Erholung Deutschlands der EU in die Hände, wohingegen Frank- reich und Italien mit Schwäche „brillierten“. Für die EU erwarten wir in den nächsten Quartalen keine grossen Sprünge. Aufgrund der Stimmungsindi- katoren, die stark von Befürchtungen steigender Han- delshemmnisse und von Problemen innerhalb der EU Quelle: Bloomberg, Santro Invest (Italien/Griechenland, Brexit) beeinflusst sind, ist eher Abschwächung angesagt. Gerade in der Industrie wird Trotzdem: Mit +4.2% BIP Wachstum im Q2-2018 dürf- die Situation skeptischer beurteilt, unterstützt von ten die USA wohl ein Wachstumshoch erreicht haben. mittlerweile stagnierenden Auftragseingängen. Wir Dieses optisch imposante Wachstum gilt es zudem zu erwarten eine schwächere Investitionsneigung. relativieren: es kam sequenziell gegen ein sehr schwa- ches Q1-2018 zu Stande und übersetzt sich in eine Pro- gression gegenüber dem Vorjahr von „nur“ +2.9%. Quelle: Bloomberg, Santro Invest So dürfte dem Konsum im nächsten Quartal erneut eine absolut tragende Rolle zufallen. Steigende Löhne Quelle: Bloomberg, Santro Invest und fallende Arbeitslosigkeit stimmen diesbezüglich zuversichtlich. Einen positiveren Wachstumsbeitrag erwarten wir auch vom Aussenhandel, wo sich die 2
Die Analyse nach einzelnen Komponenten zeigt, dass verfügbare Einkommen steigen mit knapp unter 3% der private Konsum zwar nicht am meisten gewach- immer noch relativ schwach. Die stagnierenden Real- sen ist, aber, seiner Bedeutung wegen, erneut den löhne sind dem schwachen Produktivitätswachstum grössten Wachstumsbeitrag lieferte. Vor allem dauer- geschuldet. hafte Konsumgüter erfreuten sich grosser Beliebtheit, allerdings etwas von Hamsterkäufen vor Einführung von Importzöllen getrieben! Auch Dienstleistungen im Gesundheitsbereich nahmen stark zu. Ein positives Zeichen für die US Wirtschaft bleibt wei- terhin die lebhafte Investitionstätigkeit. Die enger werdenden Kapazitäten in der Industrie werden wei- ter ausgebaut und dies obwohl die Auslastung – ge- messen am Konjunkturzyklus - mit 78% erstaunlich tief ist. Es scheint, dass weiterhin nur das dringend Notwendigste angeschafften wird. Da schwingt schon Quelle: Bloomberg, Santro Invest etwas Skepsis bezüglich der kontroversen Wirt- schaftspolitik der Regierung Trump mit, steuerliche Der gesunde Arbeitsmarkt zwingt mehr amerikanische Stimuli hin oder her. Dies dürfte auch so bleiben. KMU, Pläne für Salärerhöhungen zu schmieden. Die Löhne werden jedoch nicht explodieren. Mit Blick auf Bei den staatlichen Ausgaben gab es ebenfalls ein die tiefe Beschäftigtenrate vermuten wir, dass noch Plus. Für einmal war nicht nur die Rüstung für Wachs- genügend Arbeitskräftepotenzial im Markt schlum- tum zuständig. Mit der Verabschiedung des Militär- mert. So dürfte sich der US Verbraucher weiterhin sei- budgets von über USD 700 Mrd. dürfte dieser Posten ner Kreditkarte und Börsengewinne für zusätzlichen aber gewichtig bleiben. Bei den Investitionen bleibt Konsum bedienen. Insgesamt profitieren die Amerika- der weiterhin schwache Häusermarkt ein Wehmuts- ner in den nächsten Quartalen noch von der Steuerer- tropfen. Die Häuserverkäufe leiden unter knapper leichterung, der Effekt schwindet jedoch zunehmend. Verfügbarkeit, was Liegenschaften weniger er- schwinglich macht und der Anzahl von Baubewilligun- gen zusetzt. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Quelle: Bloomberg, Santro Invest Das Nachlassen des Steuereffekts wird sich auch bei den Investitionen in den kommenden Monaten nie- Trotz einem stärkeren USD legten die Nettoexporte derschlagen. Die Industrieproduktion wächst mit gut zu. Um höhere Zölle zu vermeiden sprangen insbe- +4% solide und trifft auf eine Auslastung, die immer sondre Exporte von Agrargütern im Q2 sprunghaft an. noch übrige Kapazität verspricht. Die in den letzten Dies dürfte offensichtlich nicht nachhaltig sein! Jahren sukzessive erfolgten Investitionen scheinen in die Produktivität geflossen zu sein. Schwächeres In den nächsten Monaten erwarten wir ein Nachlassen Wachstum bei den Auftragseingängen und zuneh- der starken Dynamik beim privaten Konsum. Das Ver- mende Investitionsunsicherheit führten bei vielen brauchervertrauen ist zwar hoch, die Löhne bzw. das KMU zu einem Überdenken der Investitionspläne. 3
Der amerikanische Präsident dürfte das Thema weiter „bewirtschaften“, dabei versuchen, zeitgereicht noch einen Deal auf den Tisch zu legen und diesen als Erfolg zu verkaufen, selbst wenn das neue Vertragswerk – wie z.B. mit Mexiko – nicht wirklich vorteilhaft ist. Trump wird auch alles daran setzten die aktuelle vor- teilhafte Wirtschaftslage als seinen Erfolg darzustel- len. Wir schliessen somit nicht aus, dass die Republi- kaner an den November-Wahlen ihre Stellung gar festigen werden und die eher volatile, Schulden ba- sierte und aufs Binnenwohl ausgerichtete Wirt- Quelle: Bloomberg, Santro Invest schafts- und Steuerpolitik ihren Fortgang nimmt. Oder sind dies etwa schon Vorboten auf die anstehen- Dies wäre aus unserer Sicht kein gutes Omen fürs glo- den Zwischenwahlen in den USA? Die Wahlexperten bale Wachstum, denn von offenen Märkten profitie- erwarten nämlich, dass die Demokraten zum ersten ren die Schwellenmärkte weiterhin am meisten. Just Mal seit 2010 die Kontrolle übers Repräsentantenhaus diese Länder steuern allerdings über 2/3 des jährli- ergattern werden. Der Senat – der nur zu einem Drittel chen Wirtschaftswachstums bei. Der bedeutende neu bestellt wird – dürfte republikanisch bleiben. In ei- Brocken ist dabei China. Das Land ist aktuell für rund ner solchen, gegenüber heute komplizierteren Kons- +1% des +3.7% globalen BIP Wachstums verantwort- tellation dürften zusätzliche fiskalische Stimuli weni- lich. Bei einer weiteren Eskalation der Handelsbezie- ger Chancen haben, die Möglichkeiten, der protektio- hungen mit den USA bzw. einem Flächenbrand der nistischen Handelspolitik Trumps einen Riegel zu Emerging Marktes im generellen, droht Ungemach. schieben werden aber auch nicht zunehmen. Der Prä- sident wird in vielen Belangen sein Veto nutzen. Für eine weiter explodierende Staatschuld ist gesorgt. Im Q4-2018 wird also die ganze Welt gebannt nach Washington schauen. Das Gewinnen der Zwischen- wahlen ist für Trump ein „must“ – und so sind viele seiner aktuellen Entscheidungen im Hinblick auf die Wahlen zu sehen. Nur noch zwei Monate vor dem Ur- nengang sieht die Bilanz fassbarer Resultate der Trump Regentschaft noch mager aus, von Staub auf- wirbeln und Steuersenkungen mal abgesehen. So ge- Quelle: Bloomberg, Santro Invest hört die Zoll-Rhetorik in den Werkzeugkasten des Wahlkampfs. Noch ist es nicht soweit. China ist mit einem stetigen Wachstum von knapp unter +7% unterwegs. Im Q2- Das positive an Trumps Holzhammermethode ist zu- 2018 war eine leichte Abschwächung spürbar. Dabei gegebenermassen, dass zum Teil überholte Verträge geht der Umbau in eine vom Konsum getriebene Wirt- neu verhandelt werden. Besteht das Ziel wirklich da- schaftsleistung weiter. Der private Konsum dürfte auf- rin, die Zölle zu senken oder abzuschaffen, wäre dies grund der Detailhandelszahlen überproportional ge- für alle Beteiligten positiv. Ob der Weg übers Einfüh- wachsen sein, währendem der industrielle Output ren von Strafzöllen der richtige ist, wagen wir zu be- knapp auf BIP Niveau wächst, jüngst sogar leicht da- zweifeln. Wegen neuen Handelshemmnissen droht runter. Dies könnten schon die ersten Spuren schwie- eine zeitaufwändige und kostspielige Anpassung der rigerer Handelsbeziehungen mit den USA sein. Das- Lieferketten. Zölle verteuern die Waren und führen zu selbe gilt bei den Investitionen, deren Wachstumsra- Unsicherheit, was wiederum dem Investitionsklima ten sich der Industrieproduktion angepasst haben. nicht bekommt. 4
Quelle: Bloomberg, Santro Invest Quelle: Bloomberg, Santro Invest Allerdings ist die Verlangsamung auch Konsequenz Bei den übrigen Schwellenländern ist eine währ- des erwünschten Schuldenabbaus. Von der Zentral- schafte Wirtschaftskrise aufgrund von Währungsver- bank gesteuert konnte das Kreditwachstum in die werfungen noch nicht vom Tisch. Das gefährliche ist Nähe des BIP gebracht werden. Darunter hat der „pri- die Abwärtsspirale, die von Kapitalbewegungen aus- vate“ Sektor am meisten gelitten. Dort werden die gelöst werden kann. Trifft sie auf verfehlte Wirt- Restriktionen aufgrund des tieferen Wachstums wie- schaftspolitik und/oder strukturelle Ungleichgewichte der etwas gelockert. Bei den staatlich kontrollierten (negative Zahlungsbilanz, USD Verschuldung) wie in Unternehmen und den Regionalregierungen geht der der Türkei, wird es ungemütlich. Es droht weiterhin Entschuldungsprozess noch weiter. Ansteckungsgefahr. Ansonsten lauern in den grösseren Schwellenländern vor allem politische Risiken mit potenziellen Auswir- kungen auf die Wirtschaftsleistung: Brasilien steht vor schwierigen Präsidentenwahlen, an denen sich ehe- malige Kräfte wieder zu beteiligen versuchen, Russ- land leidet unter verschärften Sanktionen seitens der USA und in Indien, wo die Wirtschaft auf Erholungs- kurs ist, wird die Politik von Skandalen geschüttelt. Premierminister Modi muss (zum Glück) erst nächstes Jahr wieder antreten. Insgesamt besteht am meisten Hoffnung auf Wachstumsbeschleunigung in Latein- Quelle: Bloomberg, Santro Invest amerika – das Risiko ist allerdings hoch, dass wir ein- mal mehr enttäuscht werden. Als Wachstums-Puffer dienen die massiven Investiti- onen der Zentralregierung (Stichwort: Seidenstrasse). Letztere werden das Wachstum in den kommenden Quartalen spürbar stabilisieren. Dass dies dringend 2. Inflation ist auf Zielkurs & unter Kontrolle nötig ist, zeigen die fallenden Einkaufsmanager-Indi- zes. Welche Inflationszahl auch immer betrachtet wird, die Aussage bleibt dieselbe: die Inflation hat weltweit an- Interessant erscheint uns letztlich die Entscheidung gezogen, scheint aber unter Kontrolle zu sein. Es sei der chinesischen Regierung, die einheimische Ban- denn, es handle sich um ein Schwellenland mit verfehl- kenlandschaft für ausländische Mehrheitsbeteiligun- ter Wirtschafts- und Geldpolitik wie die Türkei oder Ar- gen zu öffnen. Trump wird dies als Erfolg auf sein gentinien. Dort beschleunigt der Währungszerfall die Konto buchen… ohnehin schon hohe Teuerung. 5
Quelle: Bloomberg, Santro Invest Quelle: Bloomberg, Santro Invest Die Frage sei allerdings trotzdem erlaubt? Warum 2. Die massiv gestiegene Schuldenlast wirkt zieht die Inflation nicht mehr an, wenn doch die Pro- strukturell schwächend auf die Nachfrage, duktionslücken sowohl in den USA, in Europa und so- was Preisdruck verursacht. Die weiter zuneh- gar in Japan mehr oder weniger geschlossen sind? Und mende Verschuldung dürfte weiter deflatio- dies nach einer Liquiditätsschwemme, die mittler- när wirken. weile im 10. Jahr ist? 3. Die andauernde expansive Geldpolitik wirkte wie eine enorme Liquiditätsspritze, war (ist?) aber ein Rettungsring für die marode Banken- landschaft und favorisierte die Finanzmärkte. In der Realwirtschaft kam fast nichts an. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Da gibt es unseres Erachtens drei wesentliche Fakto- ren: Quelle: Bloomberg, Santro Invest 1. Die deflationären Trends wie Digitalisierung, Automatisierung, alternde Gesellschaft, und Zeuge davon sind die anhaltend tiefen Geld- von Schwellenländern importierter Preisdruck umlaufmultiplikatoren, gestützt durch die – haben wenig an Kraft verloren. Letzterem gemessen am Konjunkturverlauf – tiefe Nach- wirkten jüngst die gestiegenen Lohnkosten et- frage nach Krediten. Die Kennzahl hat sich in was entgegen. Mit den aktuellen Währungs- den USA und Europa zwar stabilisiert, liegt problemen dürften die Importpreise in den aber weiterhin auf Rekordtief. Angesichts der USA und Europa wieder Entlastung erfahren. Wachstumsverlangsamung dürfte sich dies in absehbarer Zeit nicht ändern. Die Überschuss- liquidität dürfte weiterhin weitgehend im Fi- nanzmarkt landen. 6
Quelle: Bloomberg, Santro Invest Quelle: Bloomberg, Santro Invest Dass die Inflation trotzdem auf Zielkurs des FED und vor allem auch der EZB ist verdanken wir: Dies hat sich jüngst geändert. Der Faktor Ar- beit verlangt mehr Beteiligung am vergange- 1. den in den letzten Quartalen gestiegenen nen Gewinnwachstum. Die Kapazitäten bei Rohstoffpreisen, insbesondere beim Öl, aber den Arbeitskräften knapper (tiefere Arbeitslo- auch bei den Basismetallen. Preistreibend sigkeit). Dies ist ein globales Phänomen! Die wirkten bei den Rohstoffen vor allem die Ka- von der Globalisierung angetriebene Arbeits- pazitätsanpassungen. Der Basiseffekt bei der teilung kommt (vorerst) ins Stocken. So stei- Preisentwicklung stützt die Inflation. Dieser gen auch die Lohnkosten in Schwellenländern Effekt dürfte in den kommenden Monaten an wie z.B. Vietnam oder Kambodscha. All dies Gewicht verlieren, auch wenn das Preisniveau hat geholfen, die Inflation anzustossen, und beim Öl im H2 2018 gegenüber dem Vorjahr wir sind vermutlich noch nicht am Ende. rund 30% höher ist. Spätestens im Q2-2019 wird die Veränderung gemessen am heutigen Der Lohndruck wird u.E. in den USA und auch Preis, nur noch knapp +5% betragen. Die in Europa in nächster Zeit inflationär wirken. Wachstumsschwäche in den Schwellenlän- In Ländern mit stark regulierten Lohnstruktu- dern wird bei den Industrierohstoffen Spuren ren droht damit ein gewisses Überschießen hinterlassen, während wir bei den Landwirt- der Teuerung. So könnte sich in Europa das schaftsgütern einen gewissen Inflationsdruck Gespenst der Stagflation zurückmelden. Japan spüren (tiefere Lagerhaltung). hat einen geschlossenen Arbeitsmarkt und ist somit dieser Entwicklung weniger ausgesetzt. Quelle: Bloomberg, Santro Invest 2. dem steigenden Lohndruck. Das Gewicht der Quelle: Bloomberg, Santro Invest Produktionskosten in den letzten Jahren ver- schob sich stark zugunsten des Kapitals (güns- Unter Berücksichtigung all dieser Aspekte ist jedoch tige Zinsen). Den tiefen Produktivitätsfort- kein signifikantes Anziehen der Inflation zu erwarten. schritten in den USA, Europa und Japan ist zu Darauf deuten die inflationsgeschützten Bonds sowohl verdanken, dass die Salärentwicklung nicht in USD, also auch in EUR und JPY hin. dynamischer verlief. 7
3. Die Zinsen sind „gefangen“ Wachstum am Verlangsamen, Inflation tief und unter Kontrolle, Schwellenmarktwährungen am Abwerten und Verschuldungsberg am Explodieren. Warum sol- len die Zinsen denn weiter steigen? Verpufft die Zins- wende schon wieder, kaum hat sie begonnen? Viel spricht im Augenblick wieder für ein Zinsszenario “lower for longer“, wenigstens für die westlichen In- Quelle: Bloomberg, Santro Invest dustriestaaten. In einem „normalen“ Konjunkturzyk- lus muss Überhitzung und Inflation mit höheren Zinsen Allerdings könnten die Verwerfungen beim Welthan- bekämpft werden. Heute stehen wir auf dem Wachs- del die Karten etwas anders verteilen. Handelshemm- tumsgipfel und sprechen von Zinserhöhungen, trotz nisse wirken inflationär. Die selektive Einführung von tiefer Inflation. Ein Blick auf die Realzinsen zeigt, dass Zöllen würde jedoch nur einen Teil der Produkte be- das Zinsniveau gemessen am realen BIP Wachstum treffen, i.e. nicht zu einer generellen Preisspirale füh- effektiv zu tief ist. Die Realrenditen liegen bei rund ren. Eine Belastung chinesischer Importe von USD 200 Null, das reale Wachstum bei knapp +3%. Die Nach- Mrd. würden die Produkte um 4-6% erhöhen, was sich frage nach Investitionen ist auf diesem Niveau ver- in einen Anstieg der Verbraucherpreise um maximal ständlicherweise klein. 0.2% niederschlagen würde. Etwas anders sähe es aus, wenn der Handelskrieg ein flächendeckendes Phäno- men würde. Aus Sicht der Inflation ergibt sich für die Geldpolitik der Zentralbanken zurzeit keinen Handlungsbedarf. In den USA setzt sich der graduelle Pfad der Zinserhö- hungen fort, die EZB ist mit der monetären Normali- sierung noch lange nicht unter Druck wogegen die meisten Schwellenländer aufgrund des Währungs- drucks einen eher restriktiveren Kurs einschlagen werden. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Der US Nominalzins müsste also viel höher sein, denn heute schon ist die Inflation gemessen am Nominal- zinsniveau unüblich hoch! Quelle: Bloomberg, Santro Invest Ausnahme bleibt China. Der Yuan beginnt seine Rolle als Weltwährung mit über 3 Bio. USD Reserven zu spie- len. Die chinesische Zentralbank ist wegen drohender Wachstumsverlangsamung ohnehin expansiver. Quelle: Bloomberg, Santro Invest 8
Ergo braucht die USA – um ins Gleichgewicht zu kom- men – höhere Nominalzinsen. Das FED geht also – richtigerweise – den Weg der Normalisierung. Das Problem: wenn obige Übung stimmt, müssten die US Nominalzinsen bei ~6% sein. Bei der heutigen Ver- schuldung würde das Land unter der Zinslast ächzen, allen voran die Stütze des US BIP Wachstums, der Kre- dit finanzierte private Konsum. Dort beginnen sich die steigenden Kurzfristzinsen schon jetzt auf die Last der Schuldenbedienung bemerkbar zu machen. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Dies würde die weiter abflachende Zinskurve endgül- tig in eine inverse Lage bringen. Folgt darauf die Re- zession? Es muss nicht sein, aber ein zurzeit entschei- dender Wachstumstreiber – die Investitionen – wür- den unter einer solchen Situation leiden. Mittelfristig haben die USD Zinsen unseres Erachtens eher Poten- zial nach unten. Dabei ist das Verhalten des FED ent- scheidend! Quelle: Bloomberg, Santro Invest Interessanterweise stimmen die gleichen Überlegun- gen auch für den EU Raum. Dort ist es noch schlimmer. Damit reales Wachstum und Realzins mehr oder weni- ger alieniert sind, bräuchte es um +6% höhere Nomi- nalzinsen (i.e. ein Niveau um ~4%). So bestätigen wir die öfters schon gemachte Aussage, dass die Zinsen nicht steigen dürfen. Da sind wir für einmal mit Trump einig. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Ein Garant dafür gibt es allerdings nicht. Viele volks- wirtschaftliche Entwicklungen lassen sich nur schwer Für die flache USD Zinskurve sind auch die künstlich steuern, und wenn, dann nicht mit alt hergebrachten tief gehaltenen Zinsen in EUR, CHF und JPY mitverant- Rezepten, die jedes Mal in eine Krise führten. Dies be- wortlich. So werden Festzins-Investoren in den USD deutet für Anleger, wachsam zu sein und die Inflation gedrückt, ausser sie haben sich eine blutige Nase bei und deren Ursachen sorgsam zu verfolgen. Schwellenländer-Anleihen geholt. Für die nächsten Monate erwarten wir bei USD Zinsen eine Seitwärtsbewegung. Das lange Ende dürfte we- Europa bleibt auf absehbare Zeit expansiv, auch gen fehlender zusätzlicher Wachstumsdynamik unter wenn die EZB das Kaufprogramm etwas zurückstutzt. Druck bleiben. Am kurzen Ende ist mindestens noch Von Zinserhöhungen ist in der relativ steilen Zinskurve eine Zinserhöhung eingepreist. Bei einem weiteren nichts zu sehen. Und wir sind auch überzeugt, dass die- Schritt im Dezember – der zunehmend vom Markt in ses Thema über 2019 hinaus aufs Eis gelegt wird. Wie Frage gestellt wird – könnten sich die Kurzläufer noch das FED wird auch die EZB mehr mit Kapitalflüssen, vor etwas nach oben bewegen. allem in periphere EUR Regionen, beschäftigt sein und übers Bilanzmanagement Geldpolitik betreiben. Die EUR Zinskurve signalisiert eine gesunde wirtschaftli- che Entwicklung, wäre da nicht das historisch tiefe 9
Zinsniveau, das von der EZB im kurzen Bereich ins Ne- gative gedrückt wird. Ansonsten gilt festzuhalten, dass die langlaufenden Zinsen jüngst eher wieder etwas un- ter Druck kamen. Wohl ein Resultat einer kritischeren Wachstumsbeurteilung. Quelle: Bloomberg, Santro Invest In der aktuellen Krise mit dem Finger nur auf die Schwellenländer zu zeigen greift zu kurz. Rendite su- chende Investoren „drängten“ ihnen die überflüssige Liquidität geradezu auf, versprachen die Renditen in Quelle: Bloomberg, Santro Invest diesen Ländern ein schönes, willkommenes Extra ge- genüber den Negativzinsen in der alten Welt. Im Um- Wir erwarten im EUR Raum keine grossen Zinsbewe- feld steigender USD Zinsen verteuern sich die Schul- gungen, es sein denn, die Situation in Italien eskaliere den und die Zinslast der Fremdwährungskredite und/oder Griechenland scheitere am Kapitalmarkt. schiesst in die Höhe. Investoren ziehen Kapital aus den Dies würde punktuell zu Risikoaufschlägen führen. Schwellenländern ab, die Währungen kollabieren. Das schlimmste dabei ist der Vertrauensverlust, der eine Japan ist in Sachen moderner Geldpolitik wohl ein Abwärts-Spirale in Gang setzt. Vorreiter. Die Bank of Japan ging schon vor fast einem Jahr dazu über, die Zinskurve und nicht den Leitzins Da hilft es im Augenblick wenig, dass die USD Abhän- zu kontrollieren. Die Cash Flows für die Refinanzie- gigkeit relativ zur Wirtschaftszeitung in vielen Regio- rung des Staatshaushalts hat die Zentralbank ohnehin nen abgenommen hat und der höheren Verschuldung schon im Griff, gehört ihr doch schon mehr als 50% in den Schwellenländern kräftig gestiegene Devisen- der ausstehenden Staatsschuld, welche mittlerweile einnahmen von wachsenden Exporten gegenüber- bei 235% des BIP liegt. Eine Entschuldung Japans über steht. Die Fähigkeit, „Hartwährungen“ für den Schul- die Zentralbank ist nur noch eine Frage der Zeit. Wenn dendienst zu verdienen, ist gestiegen. sich also FED und EZB nicht aus der (politischen) Ver- antwortung stehlen dürfen, so kann dies die japani- Zudem haben die meisten der grösseren Emerging sche Zentralbank schlicht und ergreifend nicht mehr. Markets ihre Devisenreserven seit der Asienkrise Die JPY Zinsen bleiben plombiert. kräftig aufgestockt. Das gilt allerdings nicht für alle Re- gionen. AUSSTEHENDE INTERNATIONALE BONDS VS. EXPORTE 4. Währungs-Verwerfungen halten an (IN BIO USD) Die Schwellenländer werden zum ersten Opfer rest- riktiver Geldpolitik westlicher Zentralbanken. Sie ha- ben nach der Finanzkrise die künstlich tief gehaltenen Zinsen in EUR und USD genutzt, um sich günstig zu ver- schulden. Gemäss BIZ werden USD 3.7 Bio Kredit- und Schuldpapiere in USD von Schwellenländern gehalten. Oder anders gesagt, rund 2/3 der Schwellenland-Kre- dite sind in USD denominiert. Das ist mehr als das doppelte als vor 10 Jahren. Im EUR sind es USD 3.1 Bio. Quelle: LBBW 10
Einen signifikant steigenden Schuldendienst in Rela- Fahrwasser sein, wo Liquidität in die Finanzmärkte tion zu den Exporteinnahmen weisen die Regionen La- fliesst, um dieses Mal die Schwellenländer nicht weiter teinamerika und Osteuropa/Zentralasien auf. So er- zu gefährden. Ein „Glück“, dass die die Währung der staunt es nicht, dass exportschwache Staaten wie Ve- Volkswirtschaft mit dem aktuell grössten globalen nezuela oder Argentinien, aber auch die Türkei als Wachstumsbeitrag (= China) Kapitalverkehrskontrol- erste leiden. Die Regionen Asien/Pazifik und Mittlerer len unterliegt! Osten/Nordafrika sind dagegen recht robust und ge- ben derzeit wenig Anlass zu Besorgnis. Sie sind ja ge- Monetäre Steuerung über die Zentralbankbilanz ist rade deshalb auch Ziel der restriktiveren amerikani- auch in Europa en vogue. Das Wirtschaftswachstum ist scher Handelspolitik, welche den ganzen Schlamassel zu fragil, die Schuldenproblematik zu manifest und die ausgelöst hat. (politischen) Verwerfungen zu prominent, um einen Zinszyklus loszutreten. Und dies, obwohl die Inflation Für die USA könnte der Schuss allerdings auch nach eigentlich auf Zielkurs ist. Wie erwähnt erwarten wir hinten losgehen. Fundamental scheinen die Schwel- sowohl bei den USD- als auch bei den EUR-Zinsen lenländer eine USD Krise heute überstehen zu können. keine grossen Veränderungen, was dem USD/EUR Eine echte Vertrauenskrise könnte allerdings für alle Währungspaar aus der Optik der Zinsdifferenz zu ei- Schwellenländer zum Problem werden – nämlich ner gewissen Stabilität verhelfen sollte. Etwas anders übers Wachstum. Viele Zentralbanken reagieren mit sieht es bei der Wachstumslücke aus. höheren Zinssätzen auf den Wertverlust ihrer Wäh- Wir erwarten, dass sich die US Wirtschaft relativ zu Eu- rung resp. auf die damit verbundenen Inflationsrisi- ropa stärker verlangsamen wird. Dadurch dürfte der ken, und laufen dabei die Gefahr, das Wachstum ab- EUR Unterstützung kriegen. zuwürgen. Dabei könnten auch schwach verschuldete Länder mit hoher Importnachfrage – wie z.B. Indien - in den Strudel geraten. Indirekt dürfte sich dies dann auch auf die BIP Entwicklung in den USA und Europa auswirken. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Dieser Entwicklung entgegenwirken könnten aller- dings die Konstruktions-Probleme des EUR, die immer Quelle: Bloomberg, Santro Invest wieder sichtbar werden, wenn (finanz)politische The- Das FED gerät so in einen neuen Interessenkonflikt: men aufs Parkett kommen. Die Budgetdiskussion in mit einem dem BIP Wachstum angepassten Zinserhö- Italien im Herbst dieses Jahres könnten dem EUR wie- hungzyklus drohen die Schwellenländer ins Stocken zu der etwas zusetzen. geraten, mit potenziell negativer Rückkopplung aufs US Wachstum und die Handelsbilanz. Kommen dann Gar keine Freude an einem stärkeren USD hätte der noch Handelsbarrieren dazu, ist der Abschwung per- amerikanische Präsident. Seine Wachstums- und Han- fekt. delsbilanz-Ziele wären „at risk“. Dabei gilt festzuhal- ten, dass Trump selber die Trendwende beim USD So gesehen können wir einen Flächenbrand nicht aus- weiter befeuert – über seine Schulden finanzierte Fis- schliessen. Oder wird das FED vor diesem Hintergrund kalpolitik. Wer absorbiert in Zukunft das massive An- dem Bilanz-Management als geldpolitisches Instru- gebot an Treasuries wenn das FED nicht mehr kaufen mentarium erneut mehr Gewicht beimessen als Zins- will und neue Schuldscheine zur Finanzierung des US erhöhungen? Wenn dem so wäre, würden wir im alten Staatshaushalts auf den Markt geworfen werden? 11
Dem FED droht die Kontrolle über den (Leit)Zins zu Das können wir nachvollziehen. Die Sorglosigkeit verlieren! Zudem dürfte der politische Druck aufs FED mahnt aber weiterhin zu Vorsicht. so gross werden, sodass wir in ein paar Quartalen er- neut eine Diskussion über ein neues QE via FED Bilanz hören könnten. Trifft dies zu, bliebe auch die EZB Ge- wehr bei Fuss, und Japan bewegt sich auf absehbare Zeit sowieso nicht. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Dies umso mehr, als doch gewisse Risiken zunehmend Spuren in Wirtschafts- und Unternehmensdaten hin- terlassen. Wir haben bereits auf die von Währungstur- Quelle: Bloomberg, Santro Invest bulenzen ausgelösten Probleme den Schwellenlän- dern hingewiesen. Die Finanzmärkte in den entspre- chenden Regionen haben bereits reagiert. Wir sind er- 5. Unsicherheiten steigen & zeigen langsam staunt, dass die westlichen Finanzmärkte unbeein- druckt sind, geht doch ein guter Teil des Wachstums Wirkung aufs Konto der aufstrebenden Länder. Bei amerikani- schen Firmen z.B. stammen über 35% der Gewinne aus Auf dem internationalen Politparkett vergeht fast kein dem Ausland, und dieser Teil entwickelt sich überaus Tag, an dem sich nicht neue Aspekte zunehmender In- dynamisch. Eine Wachstumsschwäche in den Schwel- stabilität offenbaren. Die neuesten Beispiele: die USA lenländern wäre auch in den USA spürbar. drehen dem UNO Hilfswerk für Palästinaflüchtlinge den Geldhahn zu, stärkt indirekt Israels Rücken und Am weitaus kritischsten beurteilen wir die Verände- riskiert eine weitere Radikalisierung der fragilen Situa- rungen beim Welthandel. Diskussionen mit den wich- tion im Mittleren Osten. Auch Pakistan muss mit we- tigsten Handelspartnern der USA (China, Mexiko und niger Mitteln vom traditionell verbündeten Amerika Kanada) steht ein Wert von nicht weniger als USD auskommen. Indien schlägt sich - wie die Türkei - bei 1‘716 Mrd. (fast 9% des US BIP) auf dem Spiel. seinen Rüstungskäufen zunehmend auf die Seite Russ- lands und reizt damit das ohnehin schon angespannte Die Erhöhung von Zöllen, das Erlassen von Sanktio- Verhältnis mit den USA. Die WTO läuft die Gefahr ohne nen und der Aufbau von Handelshemmnissen im Rah- die USA weiterarbeiten zu müssen. Die Liste liesse sich men von Anpassungen bei Freihandelsverträgen wir- beliebig erweitern. ken inflationär und Wachstums hemmend. Werden die Zölle auf insgesamt USD 250 Mrd. chinesischen Im- All diesen Ereignissen ist gemein, dass sie die beste- porten wie vorgesehen eingeführt, würde dies die US hende Ordnung auf den Kopf zu stellen drohen, dabei Wirtschaft mit etwas über USD 30 Mrd. belasten, oder auch Chancen für einen Neuanfang eröffnen. Aller- rund 0.15% des US Wachstums wegfressen. Eine 25% dings schaffen sie vorerst globales wirtschafts- und si- Belastung von Importen europäischer Automobile cherheitspolitisches Vakuum, Situationen, mit teil- würde das BIP Wachstum noch einmal um rund 0.1% weise unabsehbaren Konsequenzen. verringern. Die US Wirtschaft würde wohl nicht in eine Rezession fallen, den amerikanischen Konsumenten - Die Finanzmärkte scheinen sich darüber nicht zu sor- die wesentliche Stütze des Wirtschaftswachstums – je- gen. Die meisten Stress- und Volatilitäts-Indikatoren doch empfindlich treffen. Die Tatsache, dass auch Ka- stehen auf Entspannung. Zu unklar sind wohl die Kon- pitalgüter und Zwischenprodukte von Zöllen betrof- sequenzen, eskaliert der eine oder andere Hotspot. 12
fen sind, macht die Sache komplexer bzw. lässt vermu- Denn es darf letztlich nicht vergessen werden, dass ten, dass der negative Effekt aufs Wachstum (und Be- viele Unternehmen von den (so unfairen) globalen schäftigung) unterschätzt werden dürfte. Lieferketten profitieren und schöne Gewinne schrei- ben, die an der Börse auf grossen Anklang stossen... Zugegeben, Neuverhandlung von Handelsbeziehun- gen können auch zu einem besseren Resultat führen. In den kommenden Monaten wird auch der Brexit Und tatsächlich sind die USA in gewissen Bereichen wieder vermehrt auf die Agenda der Investoren kom- benachteiligt. Europa aber auch (siehe untenstehende men. Ja, es verbleiben noch etwas mehr als ein halbes Tabelle). Viele dieser Zölle greifen auf langjährige pro- Jahr, bis es zum Bruch Grossbritanniens mit der EU tektionistische Wirtschaftspolitik in bestimmten Sek- kommt. Und noch immer herrschen unterschiedliche toren zurück und bedürfen einer Überprüfung. Insge- Meinungen vor allem darüber, wie es nach Ende März samt sind die Verwerfungen beim Handel zwischen 2019 weitergeht. England möchte die grossen Linien den USA und Europa aber klein. Da muten die 25% post-Brexit gezeichnet haben, die EU sieht diese Ver- Zölle auf Automobile etwas ausserirdisch an. handlungen eher 2019. Zudem stehen die beiden Sei- ten inhaltlich noch auf zwei Planeten. Grossbritannien VERGLEICH AUSGEWÄHLTER ZOLLTARIFE USA/EU möchte eine wirtschaftliche Zukunft à la carte, die EU hält am Prinzip „Alles oder Nichts“ fest. Es geht dabei um die vier Freiheiten, die aus Sicht der EU nicht ver- handelbar sind. Brüssel muss dabei hart bleiben, sonst potenzieren sich die innereuropäischen Probleme zu einer noch grösseren Krise. Und dann ist dann noch die Frage nach der irischen Grenze zu lösen etc., etc. Wird man sich nicht einig, wird es in extremis zu kei- nem Austrittsvertrag kommen und UK wird automa- tisch zu Drittland. Einen solchen chaotischen Austritt, Source: Capital Economics, Santro Invest will eigentlich niemand. Alle Parteien hoffen, dass der Das Thema Handelsbeziehungen dürfte mindestens zunehmende zeitliche Druck die Fronten aufweicht. bis zu den US Zwischenwahlen im November aktiv Allerdings stehen sowohl Theresa May innenpolitisch „bewirtschaftet“ werden. Ob danach eine Entspan- als auch die EU – innereuropäisch - enorm in der nung folgt, wagen wir zu bezweifeln, sind doch wirt- Pflicht, sodass aus heutiger Sicht kaum Konzessions- schaftspolitische Massnahmen zu den schärfsten Waf- möglichkeiten erkennbar sind. Nicht zu vergessen die fen in der US Aussenpolitik mutiert. letzte grosse Hürde: der Ratifizierungsprozess in den entsprechenden Parlamenten. Einen für ungeordne- Einige der jüngsten Entwicklungen lassen Fragezei- ten Brexit, was auch für die Finanzmärkte der „worst chen zu den wirklichen Absichten der USA aufkom- case“ wäre, können wir deshalb nicht ausschliessen. men. Besteht da überhaupt eine Strategie? Die EU wollte Zölle auf Autos ganz einstampfen. Die USA Der Newsflow wird steigen, und dabei gilt es den Par- winkte ab, was Trumps Beteuerung keine Zölle zu wol- teikongress der britisch Konservativen Ende Septem- len, widerspricht. Das mit Mexiko „ausgehandelte“ ber im Auge zu behalten. Diesen Kongress muss die (sprich aufgedrängte) neue Abkommen ist netto eine Premierministerin „überleben“, sonst treibt das Verschlechterung der Handelsbeziehungen. Kein Brexit-Schiff erneut steuerlos durch die Gegend. Es fol- Wunder opponiert Kanada. So erhält man mehr und gen zwei EU Gipfeltreffen Mitte Oktober und Dezem- mehr den Eindruck, Handelsströme sollen mit grossem ber. Spätestens bei zweiten Treffen müssten dann wirtschaftlichem Druck zugunsten der USA ausgestal- substanzielle Erfolge aufgezeigt werden, oder dann tet werden. Da können wohl nur China und Russland halt eben nicht. dagegenhalten. Zuguterletzt sei an die aufkommende Budgetdiskus- Handelsbeschränkungen sind generell Giftpfeile für sion in der EU erinnert. Es zeichnet sich ab, dass min- international ausgerichtete Unternehmen. Die Fi- destens der italienische Haushalt, der sich Ausgaben nanzmärkte gehen mit diesen Risiken zu lasch um. freundlicher geben wird, zu heftigen Diskussionen im 13
Oktober führen wird. Die entscheidende Frage ist da- Es muss also andere Gründe für die Überperformance bei nicht einmal, ob eine Lösung gefunden wird, son- geben. Hier ein Erklärungsversuch: dern vielmehr wie viele (populistische) Nachahmer die EU weiter zu destabilisieren gedenken. 1. Die Unternehmensgewinne der US Firmen wuchsen im Q2 mit +25% so stark wie noch nie und schlugen die Erwartungen mit +5.5%. 80% aller Ausweise waren besser als erwartet. Aktien: Defensive Ausrichtung Dies führte zu positiven Revisionen der Ge- winnschätzungen von rund 22% (übers Jahr). „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ In China war das Wachstum rund 7% tiefer, und der positive Revisionstrend lässt nach. In Europa haben nur rund 1/3 der Unternehmen bessere Gewinne gezeigt, bei einem Wachs- tum von etwas über +4% und Schätzungsan- passungen von knapp 10%. Mehr positive Überraschungen und höhere Revisionen ha- ben also die US Märkte getrieben. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Die amerikanischen Börsen haben auch 2018 die Füh- rungsrolle übernommen. Die Performance-Lücke hat sich dabei jüngst sogar noch vergrössert – gegenüber allen Indizes. Damit einher geht auch die erdrückende Überlegenheit der Technologie- und Wachstumstitel und sie schon seit fast Jahresbeginn skeptische Hal- Quelle: Bloomberg, Santro Invest tung der Investoren zu den Schwellenländern. 2. Kapitalflüsse bewegen die Börsen. Gemäss di- Zugegeben, das US Gewinnwachstum schraubte sich versen Statistiken sahen die US Aktienmärkte dank guter Konjunkturlage, Steuergeschenken und Ak- dieses Jahr die grössten Zuflüsse. Die Dyna- tienrückkäufen auf Rekord hohe +17%. Allerdings ver- mik hat sich mit der Währungskrise akzentu- zeichneten auch die an der Shanghai-Börse kotierten iert. Die Schwellenländer profitierten vor al- Unternehmen ein ähnliches Wachstum, während bei lem in den ersten 5 Monaten stark von neuem Euro STOXX „nur“ rund 9% anfielen. Zudem ist die Be- Geld. Inzwischen baute sich der Nettozufluss wertung der US Börsen relativ zu den anderen Indizes um gut 1/3 wieder ab. Europa ist die einzige hoch. Region, welche seit Jahresbeginn Nettoab- flüsse zu verzeichnen hat. 3. Vermögensverwalter sind wieder positiver auf US Aktien eingestellt. Gemäss Bank of America sind netto 19% der Vermögensver- walter in US Papieren übergewichtet. Ein Re- kordwert. Das Blatt hat sich bei den Schwel- lenländern jüngst gewendet: netto 1% sind untergewichtet, was eine markante Verände- rung von 43% noch im April bedeutet. Dies hat an den Aktienkursen Spuren hinterlassen. Quelle: Bloomberg, Santro Invest 14
AKTIENALLOKATION SCHWELLENLÄNDER Markt erwartet auch für die nächsten 2 Jahre doppel- stelliges Wachstum. Quelle: Bloomberg, Santro Invest All dies ist natürlich Vergangenheit. Wie könnte es in den nächsten Monaten aussehen? Quelle: Bloomberg, Santro Invest Investoren tendieren bei den Gewinnern zu bleiben. Um potenziellen Schätzungsfehlern bei der Bewertung Passive Investoren sind zudem „gezwungen“ bei stei- der Märkte nicht aufzusitzen, betrachten wir schon genden Kursen nachzukaufen um die Abweichung mal die Marktkapitalisierung im Verhältnis zum BIP. zum Benchmark nicht gross werden zu lassen. Zudem Die hohe Bewertung ist offensichtlich. stehen beim S&P 500 Index Veränderungen an, die vor allem den Technologie-Sektor betreffen. Ob An- passungen zu Nachkäufen führen werden, kann nicht ausgeschlossen werden. Es entsteht dabei eine Spirale nach oben, die aktuell für US Aktien spricht. Zudem hat die Steuerreform und die damit verbun- dene Möglichkeit der günstigen Repatriierung von Cash-Beständen zu Ankündigungen Rekord hoher Ak- tienrückkäufe geführt. Seit Anfang Jahr haben US Kon- zerne Programme in der Gesamthöhe von über USD 700 Mrd. angekündigt. Geht es in diesem Tempo wei- Quelle: Bloomberg, Santro Invest ter dürften es aufs Jahr hochgerechnet über USD 1 Bio werden (= Marktkapitalisierung von Apple!). Das wä- Gegenüber anderen Aktienmärkten fällt auch die klar ren rund 40% der in den USA getätigten Investitionen tiefere Risikoprämie beim S&P 500 auf. Sie wurde von in Kapitalgüter und würden rund 50% mehr sein als der guten Index-Entwicklung und gleichzeitig steigen- der letzte Rekordwert im Jahre 2007. Diese Aktien- den Zinsen beeinflusst. rückkäufe stützen den amerikanischen Aktienmarkt. Bei solchen Überlegungen ist allerdings Vorsicht gebo- ten. Wir erachten US Aktien als teuer. Dank stark po- sitiven Schätzungsrevisionen haben sich die Bewer- tungskennzahlen zwar zurückgebildet, es besteht je- doch gegen Ende eines Konjunkturzyklus die Gefahr, dass das Gewinnwachstum fortgeschrieben wird und Erwartungen zu hoch sind. Der Markt wird dann plötz- lich „teuer“. In den Schätzungen für US Firmen sehen wir Tendenzen, dass das Umsatzwachstum extrapo- liert wird und trotz steigender Rohmaterial- und Lohnkosten Profitabilitätsverbesserungen bei Rekord Quelle: Bloomberg, Santro Invest hohen Margen in die Modelle eingebaut werden. Der 15
Schwindendes Momentum beim Wirtschaftswachs- tum wird sich auch bei den Gewinnen niederschlagen. Das könnte sich gegen Ende des Jahres manifestieren. Zudem nimmt der Basiseffekt der Steuerreduktion ab Q1-2019 massiv ab. Letztlich dürften die Gewinnrevi- sionen in diesem Umfeld ebenfalls an Dynamik verlie- ren. In der Summe bildet sich in den kommenden Mo- naten dann doch ein erhebliches Enttäuschungspo- tenzial auf. Nebst den aufziehenden Wolken beim Gewinnwachs- tum könnte speziell in den USA die Normalisierung Quelle: Bloomberg, Santro Invest der zu tiefen Kreditaufschläge in allen Bonitätsklassen zu einer Korrektur an den Aktienmärkten führen. Energietitel haben dabei ein spannendes Gewinnmo- mentum, welches sich noch nicht in der Bewertung niedergeschlagen hat. Auch Werte aus dem Gesund- heitssektor erachten wir als attraktiv, wohingegen der Telekom Sektor zwar günstig aussieht, aber vor gros- sen Investitionsvorhaben (u.a. G5) steht. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Übrigens ist der US Aktienmarkt weiterhin stark von ein paar Einzelwerten getrieben. Die Marktbreite ist zwar noch in neutraler Zone, aber am Abbrechen. Zu- Quelle: Bloomberg, Santro Invest dem sind ein sehr tiefes Niveau an Short-Positionen und eine geringe Bereitschaft zum Absichern konträre Die teilweise schon stark gefallenen Kurse von zykli- Hinweise auf ein Ende des Rally. Wir bleiben deshalb schen Werten erachten wir nicht als Kaufgelegenheit. bei den US Aktien untergewichtet. Es ist zu früh, weil das Auftragseingangswachstum sich vorerst noch eintrüben wird. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Trotz unserer vorsichtigen Haltung sehen wir Investi- Quelle: Bloomberg, Santro Invest tionsmöglichkeiten bei US Aktien. In Zeiten von nach- lassendem Wachstum dürfte „Value“ wieder interes- santer werden. 16
Was makroökonomisch für den US Aktienmarkt gilt, stimmt natürlich auch für Europa. Allerdings gibt es ein paar Unterschiede: die Wirtschaft wächst aus strukturellen Gründen schwächer und es fehlt an fis- kalpolitischen Stimuli, was sich auf die Gewinnent- wicklung niederschlägt. Die Abhängigkeit von den Schwellenländern ist höher als in den USA, insbeson- dere beim DAX. Die Banken leiden weiterhin unter tie- fer Kapitalisierung und Stress im EUR Finanzsystem. Aktienmärkte sind relativ zu den Bondmärkten wegen tiefer Zinsen attraktiv. Das Vertrauen der Anleger in den EUR Raum ist aber sehr angeschlagen. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Investoren im EUR Raum leiden angesichts der tief ge- haltenen Zinsen weiterhin unter valablen Investitions- möglichkeiten. Werte mit nachhaltig guter Dividende stellen eine Alternative für negativ/schwach rentie- rende Bonds dar. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Tiefes Vertrauen = tiefe Bewertung. Tatsächlich ist die Bewertung ist im langfristigen Vergleich tief, Der Markt scheint einiges von einem drohenden Ab- schwung schon vorwegzunehmen. Allerdings wird im- mer noch ein Gewinnwachstum von 9% im 2019 und 8% 2020 erwartet. Auch diese Zahlen dürften unter Quelle: Bloomberg, Santro Invest veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen Revisions- bedarf haben. Wir bleiben in Europa selektiv enga- Die defensivere Ausrichtung unseres Aktienportfo- giert, bauen aber auf diesem Niveau nicht weiter aus. lios spricht für Engagements im Schweizer Aktien- markt. Die grossen Nahrungsmittel- und Pharmawerte Interessanterweise ist auch in Europa der Trend bei dürften die jahrelange Underperformance gegenüber den Gewinnrevisionen positiv. Dies kommt vor allem den KMU-Titeln in einem etwas anspruchsvolleren aus den defensiven Sektoren wie Getränke & Nah- Umfeld (endlich) korrigieren. Eine erste Adjustierung rungsmittel, Gesundheitswesen und Detailhandel bei der Bewertung fand schon mal statt, und dies ob- aber auch von den zyklischeren Energiewerten. Bei wohl die grossen Mid-Caps noch nicht gross korrigier- den übrigen Zyklikern ist Zuwarten angesagt, insbe- ten. Aufgrund der oft knappen Liquidität könnte es in sondere bei Hersteller von Kapitalgütern. Der Auto- diesen Titeln durchaus zu einem Blutbad kommen. und Autozulieferer-Sektor wo gewisse Titel schon tief im Bärenmarkt-Modus sind dürften sich in den kom- menden Monaten Möglichkeiten für ausgewählte En- gagement ergeben. Bei den Banken gefällt uns die schmale Kapitalbasis kombiniert mit anziehenden Kreditaufschlägen und steigenden NPLs nicht. 17
was sich mittelfristig positiv auf die Gewinnentwick- lung der Unternehmen niederschlagen sollte. Für En- gagements ist es ratsam das Ende des negativen Revi- sionstrends abzuwarten. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Für Japan spricht die attraktive Bewertung vor allem auch gegenüber den Festverzinslichen. Mit den Ver- werfungen in den Schwellenländern sind wir allerdings etwas vorsichtiger geworden, hängt doch ein grosser Quelle: Bloomberg, Santro Invest Teil des Gewinnwachstums vom unmittelbaren Um- feld ab (da eigene Wirtschaft ja kaum wächst). Die Ab- schwächung Chinas et alter ist kein gutes Zeichen. Da Obligationen: Steigende Attraktivität von stehen weiter steigender Gewinnerwartungen quer in USD Anleihen der Landschaft. Wir sind in Japan nicht engagiert. Die erwartete Entspannung bei den Inflationserwar- tungen führt dazu, dass wir die festverzinslichen Anla- gen etwas weniger negativ beurteilen. Ein Paradox, wenn man bedenkt, dass die Bondmärkte hoch be- wertet sind! Die Entlastung bei den Rohstoffkosten (Basiseffekt) dürfte die anziehende Lohninflation dämpfen. Die grösste Unsicherheit sehen wir bei den unabsehbaren Effekten neuer Handelsschranken auf die Preisent- wicklung und die Auswirkungen der knapperen Geld- politik auf die Zinsen. Beides wirkt inflations- bzw. Quelle: Bloomberg, Santro Invest zinstreibend. In allen grösseren Wirtschaftsräumen Unsere Allokation in den Schwellenländern ist klein haben die Politiker – angesichts der hohen Verschul- und dürfte kurzfristig nicht steigen. Aktuell ist schwie- dung und/oder der instabilen Finanzsysteme bzw. der rig abzuschätzen, wie stark sich die Währungsab- sich abkühlenden konjunkturellen Entwicklung kein schwächung in vielen Ländern auf die Realwirtschaft Interesse an höheren Zinsen Über die nächsten 12 auswirken wird. Wir sind der Meinung, dass es zuerst Monate werden wir uns somit wohl wieder vermehrt noch etwas schwieriger wird, bevor sich der Nebel in die Hände der Zentralbanken begeben – bevor wir lichtet. Insbesondere in jenen Ländern, wo politische uns überhaupt davon gelöst haben. Entscheidungen anstehen (z.B. Brasilien). China bildet in diesem Universum wohl eine Ausnahme. Die Kor- Die Lage der verschiedenen Zinskurven spricht dabei rektur von fast 20% reflektiert schon einen schönen Bände. Untenstehende Grafik zeigt auf einen Schlag in Teil der Wachstumsabschwächung – ob hausgemacht welcher konjunkturellen und geldpolitischen Phase oder von Trump aufgepfropft. Der Yuan wird mit den die entsprechenden Wirtschaftsräume sind. anderen Schwellenland-Währungen in Geiselhaft ge- nommen, obwohl er ein „Eigenleben“ geniesst. Die Abwertung verbessert Chinas Wettbewerbsfähigkeit, 18
die letzten Jahrzehnte graduell, während die Risiko- aufschläge auf historischem Tief verharren. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Im USD sind die Renditen über die letzten 12 Monate- über alle Laufzeiten gestiegen und bewegen sich zwi- schen relativ attraktiven 2.3% und 3%. Vor allem das Quelle: Bloomberg, Santro Invest kurze Ende hat sich im Hinblick auf die erwarteten Zinserhöhungen stark nach oben bewegt. Die Heraus- Die Kreditaufschläge bleiben (zu) tief, auch wenn man forderung bei den USD Festverzinslichen ist die sehr das Ganze im Verhältnis zum tiefen risikofreien Zins- flache Zinskurve, welche fast keinen Zusatzertrag aus satz betrachtet. Der Risikoaufschlag bei schlechten Bo- veränderter Duration erlaubt. So gilt es umso mehr die nitäten liegt fast 100 Basispunkte unter dem längjäh- die wirtschaftliche Entwicklung zu antizipieren. Sie rigen Durchschnitt, die Kreditkosten haben sich nur wird die Zinskurve in den nächsten Monaten bewegen. kurzfristig etwas erhöht. Da in Phasen nachlassender wirtschaftlicher Dynamik die Renditen am langen Ende zu fallen beginnen, ist eine unterdurchschnittliche Duration zu verlängern. Ob sich dies im heutigen Umfeld auszahlt, wird sich weisen. Es sei daran erinnert, dass es sehr unüblich ist, dass das FED in einer spätzyklischen Phase von einem tiefen Niveau die Zinsen erhöht. So könnte es bei wirt- schaftlichen Verwerfungen durchaus rasch auch am kurzen Ende zu Korrekturbewegungen kommen. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Interessanterweise zogen die Aufschläge bei Krediten mit besserem Rating seit Anfang Jahr mehr an. Dort scheint eine gewisse Normalisierung von Rekord tie- fem Niveau aus, stattzufinden. Die Nachfrage nach USD High Yield Anleihen scheint dagegen ungebro- chen. Die Risiken werden weiterhin unterschätzt, was den tiefen Zinsen und der soliden Wirtschaftslage ge- Quelle: Bloomberg, Santro Invest schuldet ist. Die erwartete konjunkturelle Abkühlung wird die Spreu vom Weizen trennen. Wir erachten Bei USD Obligationen lohnt es sich somit Papiere mit deshalb die Kreditmärkte als uninteressant. variablem Coupon zu kaufen, oder sich im mittleren Teil der Kurve zu positionieren. Die erwartete Normalisierung auf der Kreditseite ent- wickelt sich weiterhin schleppend. Global verschlech- terte sich das Rating der Unternehmensanleihen über 19
italienischen Staatsanleihen, deren Aufschlag gegen- über dem Bund zwar um fast 200 Bps stiegen, deren Rendite aber immer noch unter dem 10jährigen US Treasury liegt. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Die EUR Zinskurve hat sich gegenüber dem Vorjahr nicht gross geändert. Sie ist aufgrund des etwas stär- keren Wachstums leicht steiler geworden. Das kurze Quelle: Bloomberg, Santro Invest Ende bleibt von der EZB fixiert, am langen Ende stehen die Renditen etwas höher. Kurzfristig hat der Konjunk- Opportunitäten könnten sich aus kurzfristigen Ver- turoptimismus allerdings – nach einem relativ schwa- werfungen in Zusammenhang mit den Budgetdiskussi- chen Q2 BIP – wieder etwas nachgelassen. Und das Ri- onen der EU Mitglieder ergeben. Dies wäre dann aber siko einer Stagflation ist erneut gestiegen. ein risikoreiches „Trading“. Verstecken kann man sich höchstens in Anleihen zu variablen Zinssätzen. Anders als in den USA hat der europäische Kredit- markt eine Risikoprämie über dem historischen Durchschnitt aufgebaut. Wir schreiben dies der Nor- malisierung der Kreditkonditionen vor dem Hinter- grund von Wachstumsschwäche, dem fragilen Ban- kensystem in Europa und vergangenen Fehlfinanzie- rungen zu. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Wir erwarten, dass sich die EUR Zinskurve in den nächsten Monaten nicht wesentlich verändern wird, weil die europäische Wirtschaft hartnäckig im Erho- lungsmodus stecken bleibt, und die EZB mindestens bis Ende Jahr das Wertschriften-Kaufprogramm fort- führt. Tritt die EZB gegen Ende des Jahres weniger als Käufer auf, erwarten wir ein Abflachen der Kurve und gleichzeitig eine Verschiebung auf ein leicht höheres Quelle: Bloomberg, Santro Invest Niveau. Die Zinsen bleiben aber unter den Fittichen der EZB. Auf Unternehmensebene sehen wir eine steigende Anzahl Bilanzen, die einer Sanierung (vorerst) übers Da sich die Zinsen nicht viel bewegen werden und das Aktienkapital bedürfen. Schwächt sich die Konjunktur Niveau unattraktiv tief bleibt oder leicht nach oben ab, dürfte die Anzahl solcher Fälle zunehmen. Letztlich tendiert, halten wir uns von EUR Staatsanleihen fern. ist auch darauf hinzuweisen, dass die Kreditaufschläge Wo noch Geld zu verdienen wäre, wird das Risiko ak- in Europa extrem tief waren. Der jüngste Anstieg, der tuell zu wenig abgegolten. Typisches Beispiel sind die 20
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