Klagenfurter Geographische Schriften Heft 28 - Eine Zukunft für die Landschaften Europas und die Europäische Landschaftskonvention
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Klagenfurter Geographische Schriften Heft 28 Institut für Geographie und Regionalforschung der Universität Klagenfurt 2012 Hans Peter JESCHKE und Peter MANDL (Hrsg.) Eine Zukunft für die Landschaften Europas und die Europäische Landschaftskonvention
Titelblatt: „Unsere Umwelt beginnt in der Wohnung und endet in der Weite der Landschaft“ Aus: IVWSR (1973): Wiener Empfehlungen. Luxemburg. In: Jeschke, Hans Peter (Hrsg.) (1982): Problem Umweltgestaltung. Ausgewählte Bestandsaufnahme, Probleme, Thesen und Vorschläge zu Raumordnung, Orts- und Stadtgestaltung, Ortsbild- und Denkmalschutz, Landschaftspflege und Umweltschutz. Verlag Stocker, Graz. (= Schriftenreihe für Agrarpolitik und Agrarsoziologie, Sonderband 1) Medieninhaber (Herausgeber und Verleger): Institut für Geographie und Regionalforschung der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt Universitätsstraße 65-67, A-9020 Klagenfurt Herausgeber der Reihe: Ass.-Prof. Mag. Dr. Peter MANDL Prof. Mag. Dr. Friedrich PALENCSAR Schriftleitung: Prof. Mag. Dr. Friedrich PALENCSAR Redaktionelle Betreuung: Dipl.-Ing. Stefan JÖBSTL, Bakk. Webdesign und –handling: Natalie SCHÖTTL, Dipl.-Geogr. Philipp AUFENVENNE ISBN 978-3-901259-10-4 Webadresse: http://geo.aau.at/kgs28
Hans Peter Jeschke, Peter Mandl (Hrsg.) (2012): Eine Zukunft für die Landschaften Europas und die Europäische Landschaftskonvention. Institut für Geographie und Regionalforschung an der Alpen-Adria Universität Klagenfurt. Klagenfurter Geographische Schriften, Heft 28. KULTURLANDSCHAFTEN IN SCHWEDEN – SCHUTZ UND ENTWICKLUNG Eva EFFERTZ 1. Einleitung In der Forschungstradition der schwedischen Geographie hatte die Beschäftigung mit Kulturlandschaften stets eine zentrale Bedeutung.1 Ein sehr umfangreicher Bestand historischer Karten sichert eine gute Forschungsinfrastruktur, die mit dem Projekt „Digitale Historische Karten für das Kulturerbe-Management“ im Schwedischen Amt für Denkmalpflege ausgebaut wird.2 Im folgenden werden zunächst kulturlandschaftliche Gliederungen Schwedens vorgestellt, dann Gesetze und Instrumente zum Schutz der Kulturlandschaft und ihre Handhabung aufgezeigt und schließlich drei konkrete Beispiele zur Pflege und Entwicklung historischer Kulturlandschaften diskutiert.3 2. Kulturlandschaftliche Gliederungen Schwedens Vor einem sinnvollen Schutz und einer Entwicklung der Kulturlandschaft hat deren Aufnahme zu stehen, die Inventarisation, Dokumentation, Gliederung und Beschreibung. Die schwedischen Kollegen legten in den vergangenen Jahren zwei Kulturlandschaftsgliederungen unterschiedlichen Maßstabs vor. 2.1 Großmaßstäbige Kulturlandschaftsgliederung Schwedens Ulf Sporrong vom Institut für Anthropogeographie der Universität Stockholm war Leiter eines Forschungsprojekts, das darauf abzielte, Leitlinien für eine koordinierte, systematische Landschaftsanalyse zu entwickeln. Ziel der entwickelten kulturlandschaftlichen Gliederung ist, auf der Basis dieser homogenen Regionen, ihrer Beschreibung und Analyse Vergleiche zu ziehen und Bewertungen zu ermöglichen. Fünf Gruppen von Kriterien wurden der Gliederung zugrundegelegt. Die naturräumliche Ausstattung (1) umfasst Landschaftsformen, Hygrographie und Böden, Vegetation, hier speziell die Frage nach Laub- oder Nadelwald, sowie Besonderheiten wie ausgedehnte Gras- oder Heideflächen, aber auch die landwirtschaftliche Nutzung. Die historische Entwicklung vor allem bezüglich der Siedlungsstruktur (2) berücksichtigt Form und Lage landwirtschaftlicher Siedlungen, Parzellenformen und die Art der Landnutzung. Mit dem heutigen Landschaftsbild (3) wurde der Landschaftscharakter beschrieben, z.B. das Vorherrschen industrieller Agrarwirtschaft, städtisch-industrieller Kennzeichen oder traditioneller Siedlungs- und Nutzungsformen. Besondere regionale Charakteristika (4) entstehen aus kulturellen und naturräumlichen - und vor allem durch deren Zusammenspiel bestimmten - Unterschieden mit Auswirkungen auf Siedlung und Landnutzung, wie 1 HELMFRID 1988. 2 RENTZHOG 2000. 3 Der Beitrag beruht auf dem Vortrag „Kulturlandschaften in Schweden – Schutz und Entwicklung“ bei der 9. Tagung der Arbeitsgruppe für Angewandte Historische Geographie im Arbeitskreis für Genetische Siedlungsforschung in Mitteleuropa im März 2002 in Linz / Österreich zum Thema „Internationalisierung der Kulturlandschaftspflege“. 141
142 EVA EFFERTZ ___________________________________________________________________________ beispielsweise in Bergbauregionen. Schließlich berücksichtigte man einzigartige Phänomene von wissenschaftlicher Bedeutung (5). Die bei der Ausweisung von neun Regionen entstehenden Grenzen werden aufgrund der Vielzahl der Abgrenzungskriterien als Übergangsregionen gesehen. In Schweden liegen zwei Hochland-Regionen, die sich vom Rest des Landes unterscheiden, das südschwedische Hochland und die inländischen, gebirgigen Teile Norrlands. Der Rest des Landes liegt unterhalb der ehemaligen höchsten Küstenlinie vor der Landhebung, wo sich heute der Großteil der landwirtschaftlich genutzten Flächen befindet, an den Küsten, auf Tonschichten der Moränen, in den mittelschwedischen Tiefländern und entlang der Flusstäler. Unter kulturhistorischen und geologischen Aspekten ist die Fläche südlich der alten Grenze zu Dänemark vom Rest des Landes zu unterscheiden, die Region Schonen ist eng mit Dänemark und dem nördlichen Kontinent verbunden. Auch der östliche Bereich Schwedens, vom Kalmarsund im Süden bis nach Gästrikland im Norden, hat seine eigenen Merkmale. Das Siedlungsmuster war möglicherweise, in Teilen sicher, vom feudalen Europa geprägt. Die Siedlungen und das kultivierte Land sind streng reguliert und kleinräumige Muster bilden ein mosaikartiges Landschaftsbild aus. Die Insel Gotland ist anders als das übrige östliche Schweden. Auffälligstes Merkmal ist das Vorherrschen von Einzelhöfen, das Fehlen von Dörfern. Auch das westliche Schweden und das südliche Norrland haben sich anders als Ostschweden entwickelt. Siedlungen und Agrarlandschaft sind der Topographie angepasst, haben vielfältigere Formen und möglicherweise ältere historische Wurzeln. Die Nähe nach Norwegen einerseits und Finnland andererseits erklären Ähnlichkeiten dieser Landesteile mit Merkmalen der Nachbarländer. Die Flusstäler Norrlands bilden ebenfalls eine eigene Kulturlandschaft. Die Siedlungen sind hier jünger als im Süden und es gab nie einheitliche Regeln zur Landnutzung. Daraus resultiert eine große Variationsbreite der Siedlungs- und Flurformen. In den weiten Wäldern Norrlands liegen kleinere Regionen, die sich vom vorherrschenden Bild abheben: Das Obere Dalarna rund um den Siljansee, die Region um den Storsjön, den großen See, und das Tornetal.4 2.2 Kulturlandschaftsgliederungen Schwedens in mittlerem Maßstab Eine differenziertere Kulturlandschaftsgliederung wird von Staffan Helmfrid im Themenband Kulturlandschaft und Besiedlung des Schwedischen Nationalatlas vorgestellt. Rund 50 homogene Regionen wurden abgegrenzt, benannt und beschrieben. Auch hier liegen fünf Aspekte der Gliederung zugrunde, die naturräumliche Ausstattung, Vegetation und Klima, Besiedlung und Landnutzungsformen, regionale Besonderheiten, die mit umfangreichen jüngeren Veränderungen verloren gehen können sowie regionale historisch-landschaftliche Identitäten und dazu gehörige Regionalnamen. Mit der Ausweisung von Gebieten als „Küstenlandschaft oder landwirtschaftlich genutzte Gebiete mit erhaltenen regionalen Eigenheiten“ erfolgen auch eine Bewertung des Befundes und damit ein Anwendungsbezug. Es fällt die deutlich kleinräumigere Gliederung im Süden des Landes, hier auch mit höherem Anteil historischer Strukturen, gegenüber dem später und dünner besiedelten Norden auf.5 4 SPORRONG u.a. 1995. 5 HELMFRID in Kulturlandskapet och bebyggelsen 1994, S.62 ff.
KULTURLANDSCHAFTEN IN SCHWEDEN – SCHUTZ UND ENTWICKLUNG 143 ___________________________________________________________________________ Darüber hinaus gibt es weitere Ansätze, auch beispielsweise in historischen Zeitschnitten zu arbeiten, wie eine mit 21 ausgewiesenen Regionen recht differenzierte Kulturlandschaftsgliederung Schwedens um 1750.6 3. Gesetze und Instrumente zum Schutz der Kulturlandschaft Die Geschichte von Denkmalschutz und –pflege setzt in Schweden bereits im 17. Jahrhundert mit staatlicher Inventarisierung und Kartierung von Bodendenkmälern ein.7 Die heute relevante Schutz- und Planungsgesetzgebung stammt teilweise aus dem Ende der 1980er Jahre: Das Kulturdenkmalgesetz 1988 (Kulturminneslagen) schützt Boden- und Baudenkmäler und ihre unmittelbare Umgebung, das Naturschutzgesetz 1987 (Naturresurslagen) umfasst Umweltaspekte und führt den zentralen Begriff Kulturmilieu („kulturmiljö“) ein. Hinzu tritt seit 1999 die neue Umweltgesetzgebung (Miljöbalken) mit weiteren Zuständigkeiten für die Kulturlandschaftspflege. Gemäß dem Naturschutzgesetz wurden im Jahr 1987 Kulturmilieus von nationalem Interesse ausgewiesen und beschrieben. Das Verzeichnis dokumentiert etwa 1700 Bereiche auf rund 200 Seiten.8 Diese Auswahl wurde 1996-97 überarbeitet und in einigen Fällen modifiziert. Der im schwedischen Gesetz verwendete Begriff Kulturmilieu („kulturmiljö“) soll in den folgenden Ausführungen übernommen werden. Er bezieht sich auf kulturell bedingte Elemente und Eigenschaften in einer von Menschen beeinflussten und genutzten Landschaft. Der als allgemeiner verstandene – aber rechtlich nicht definierte - Begriff Kulturlandschaft wird ebenfalls verwendet, häufig um den Aspekt der Gesamtheit herauszustellen. Die als „Kulturmilieu“ ausgewiesenen Landschaften und Bereiche beziehen Anlagen, die nach dem Denkmalschutzgesetz geschützt sind, wie Bau- und Bodendenkmäler, mit ein. Doch muss ein schützenswertes Kulturmilieu keine derartigen Anlagen enthalten. Stattdessen kann es wichtig sein, dass es viele alltägliche oder typische Anlagen beinhalten, gute Beispiele für humanökologische Verhältnisse bietet, historische Landnutzungsformen bewahrt hat, typische kulturelle „Zeitbilder“ oder kontinuierliche, chronologische Sequenzen beinhaltet. Es ist die Ganzheitlichkeit, die den Wert eines Kulturmilieus ausmacht, sozusagen die Verdichtung von Informationen und Atmosphäre durch historische Elemente und Strukturen in der Landschaft. Dem Kulturmilieu wird gesellschaftlich ein Wert oder Nutzen von großer Bedeutung zuerkannt, als kulturelles Erbe aller und in jedermanns Verantwortung. 9 Erst nach der neuen Umweltschutzgesetzgebung von 1999 (Miljöbalken) sind diese Kulturmilieus auch tatsächlich geschützt und zu pflegen. Die Handhabung dieser ausgewiesenen „nationalen Interessen“ wird geregelt in 3 Kap. 6 §, nach dem diese Bereiche gegen solche Eingriffe oder Maßnahmen zu schützen sind, die einen „offensichtlichen Schaden“ verursachen können. Zuständig für die Durchsetzung der staatlichen Aufgabe, der Kulturmilieupflege, gegenüber den Kommunen sind die Bezirksregierungen. Die Kommunen haben in ihren Flächennutzungsplänen (ÖV = Översiktsplan) die Kulturmilieus von nationalem Interesse darzustellen. Dabei handelt es sich aber nicht nur eine nachrichtliche Übernahme, wie in Deutschland, sondern es ist zusätzlich anzugeben, wie sich das jeweilige konkrete Kulturmilieu für die kommunale Entwicklungsplanung sinnvoll nutzen lässt. Die Kommunen 6 SPORRONG in Kulturlandskapet och bebyggelsen 1994, S.32. 7 SCHNELL 1990, S.150. 8 RIKSANTIKVARIEÄMBETET 1990. 9 BLOMKVIST in Kulturminnen och Kulturmiljövård 1994, S.147, S.155.
144 EVA EFFERTZ ___________________________________________________________________________ sind also gezwungen, sich mit positiven Szenarien zur Nutzung des kulturellen Erbes auseinander zu setzen.10 Abbildung 1: Mit der Ausweisung von rund 1700 national bedeutsamen Kulturmilieus wird die schwedischen Kulturlandschaft auch in großräumigen Bezügen geschützt, wie beispielsweise im Regierungsbezirk Uppsala (Riksantikvarieämbetet 1990) 10 TARSALA 2000; Riksantikvarieämbetet im Internet: www.raa.se/kml/index.asp.
KULTURLANDSCHAFTEN IN SCHWEDEN – SCHUTZ UND ENTWICKLUNG 145 ___________________________________________________________________________ Aussagekraft der Kulturmilieus im Gesamtzusammenhang Der Auswahl der Kulturmilieus durch das staatliche Amt für Denkmalpflege lag ein übergeordnetes Leitbild, ein programmatischer Ansatz zugrunde: Die Aussagekraft der ausgewählten Bereiche im Zusammenspiel soll ermöglichen, Hauptzüge der historischen Entwicklung in der Landschaft wieder zu finden. Es fanden agrarische und maritime, dörfliche und städtische sowie gewerbliche oder industrielle Milieus Berücksichtigung und die Geschichte aller sozialen Gruppen einschließlich des samischen Kulturkreises war zu berücksichtigen. Auch abstrakte Begriffe wie Kommunikation und Macht finden ihren Niederschlag in der Kulturlandschaft und sind entsprechend ausgewiesen. Dieser konzeptionelle Anspruch soll am Beispiel der Insel Gotland deutlich werden: Gotland hat eine ausgesprochen reiche vorgeschichtliche Landschaft aus der im Mittelalter die Hansestadt Visby hervorgetreten ist. Sie erlangte Wohlstand durch den Warenhandel der Hanse im Ostseeraum und wurde im 13. Jahrhundert zur internationalen Großstadt mit einem großen Anteil deutschsprachiger Bevölkerung. Doch Konflikte mit der übrigen Insel führten 1288 zum Krieg der Stadt gegen den Rest der Insel. Die Auswahl der Kulturmilieus auf Gotland soll die historischen Macht-Spannungen zwischen Stadt (Visby) und Land erkennen lassen und umfassen neben Visby als UNESCO-Weltkulturerbe sehr viele ländliche Gemeindezentren mit den monumentalen mittelalterlichen Wehrkirchen, elf Hafenanlagen der Dörfer („fiskeläge“) und fast alle Bauernhöfe mit mittelalterlicher Bausubstanz. 11 Damit wird und bleibt der rote Faden der Geschichte in der Landschaft erfahrbar durch die Konservierung der Kulturmilieus als verdichtete Ensembles. Das kulturelle Erbe in der Gesellschaft: Umsetzung der Schutzgesetze Die Planungsgesetzgebung beinhaltet die übergeordneten Gesichtspunkte und Interessen des Kulturmilieuschutzes oder in der Umsetzung der Kulturlandschaftspflege. Ihre Umsetzung erfolgt dreifach abgestuft:12 Die Kommunen sind inhaltlich und ökonomisch für die Kommunalplanung und Entwicklung zuständig, damit auch für die Kulturmilieu- bzw. Kulturlandschaftspflege. Für Kirchen liegt die Verantwortung bei den Kirchengemeinden. Die Hauptverantwortung für die rechtliche Aufsicht über Kulturmilieuaspekte liegt bei den Verwaltungen der Regierungsbezirke, die die meisten Angelegenheiten gemäß Kulturdenkmalgesetz beschließen.13 Deren interne Organisation kann unterschiedlich sein. Eine ungewöhnliche Konstruktion ist die nichtformalisierte Zuständigkeit der Bezirksmuseen.14 In jedem Regierungsbezirk befindet sich ein Bezirksmuseum, das Natur, Kultur und Geschichte der Region darstellt, erforscht und publiziert, zunehmend finden sich im Rahmen der Forschungstätigkeiten auch kulturlandschaftliche Inventarisierungen. Die Bezirksmuseen erhalten staatliche finanzielle Unterstützung für ihre Tätigkeit in der Beratung und Unterstützung der Bezirksregierungen in der Kulturlandschaftspflege. Jeder Regierungsbezirk hat ein regionales Bodendenkmalpflegeprogramm. Für jedes Bodendenkmal existiert ein Pflegeplan mit Beschreibung, Zielsetzung und Maßnahmenprogramm. Die Durchführung erfolgt gemeinsam mit den Forstämtern und den genannten Museen, zunehmend auch mit den Kommunen. Die Unterschutzstellung eines Baudenkmals (auch Parks und Gärten, Brücken etc.) erfolgt auf Regierungsbezirksebene, wenn das Denkmal in privatem oder kommunalem Eigentum befindlich ist. Ist der Staat 11 BLOMKVIST in Kulturminnen och Kulturmiljövård 1994, S.147-153. 12 KULTURMINNEN och Kulturmiljövård 1994. 13 Schweden ist in 20 Regierungsbezirke („län“) eingeteilt, die die Funktion der Mittelbehörde haben. 14 „Länsmuseum“
146 EVA EFFERTZ ___________________________________________________________________________ Eigentümer des Objekts, entscheidet die Regierung auf Vorschlag des staatlichen Amtes für Denkmalpflege über die Unterschutzstellung. Die Oberaufsicht über Denkmalpflege und die Kulturmilieu- oder -landschaftspflege wird vom staatlichen Amt für Denkmalpflege in Stockholm ausgeübt, das für Forschung und Entwicklung zuständig ist, insgesamt die Interessen von Denkmalschutz und –pflege und explizit auch die der Kulturlandschaftspflege vertritt und mit anderen zentralstaatlichen Ämtern zusammenarbeitet, wie dem Naturschutzamt oder dem Amt für Agrarwesen. Die Tatsache, dass dieses Amt in einem Land von 9 Mio. Einwohnern rund 670 MitarbeiterInnen hat (Jahresende 2001) betont die gesellschaftliche Wertschätzung des Themas Denkmalschutz im weitesten Sinne.15 4. Ansätze zur Pflege und Entwicklung historischer Kulturlandschaften Generell gehen Inventarisierungen kulturlandschaftlicher Werte oder Zustände umfassend in die Bauplanung, Flächennutzungsplanung, aber auch in eine umfassender verstandene und zukünftig in neuen Organisationsformen umzusetzende Regionalentwicklung ein. Anhand von drei Beispielen gewerblich-industrieller, hauptstädtischer und peripherer Kulturlandschaften sind konkrete Aspekte der Pflege und Entwicklung von Kulturlandschaften in Schweden zu diskutieren. 4.1 Regionalentwicklung durch Ernennung zum Weltkulturerbe? Die Welterbekommission der UNESCO hat im Dezember 2001 die „historische Industrielandschaft um den Großen Kupferberg und die Stadt Falun“ in der mittelschwedischen Provinz Dalarna zum Weltkulturerbe ernannt. Damit werden in der gewerblich und industriell geprägten Kulturlandschaft intensive Hoffnungen auf wirtschaftlichen Aufschwung gehegt.16 Ab Mitte der 1970er erfuhren in Schweden industrielle Kulturlandschaften eine positive Bewertung. Vielerorts bedeutete die Erhaltung industrieller Kulturlandschaften oder ihrer Bestandteile auch die Bewahrung der lokalen Identität.17 Industrie-Denkmalpflege wird in hohem Maße als lokale und auch regionale Aufgabe angesehen und landesweit sind rund 2000 Industriemuseen und didaktisch aufbereitete industriekulturelle Ensembles bekannt.18 In Schweden wurden früh dezentrale Ansätze einer eigenständigen Regionalentwicklung propagiert und umgesetzt, industrielle Kulturlandschaften erhielten bereichsweise eine wichtige Rolle nach dem Leitbild „Industriekultur fördert Regionalentwicklung“. Die Regionen Bergslagen mit einem der ältesten „Eko-Museen“ einschließlich UNESCO- Weltkulturerbe Eisenhütte Engelsbergs Bruk und Uppland mit einem Netzwerk wallonischer Eisenhütten nutzen ihre historische industriekulturelle Raumstruktur und -prägung als Motor der Imagebildung für Regionalentwicklung und Fremdenverkehr. „Eisenreich“ Gästrikland, „Holzreich“ Västernorrland und „Glasreich“ Småland entwickeln ein Image aufgrund ihrer natürlichen Ressourcen, die historische Bedeutung für die Regionalentwicklung hatten und 15 Riksantikvarieämbetet Årsredovisning (Jahresbericht) 2001, S. 11. 16 KISTEMANN 2002. 17 Vgl. dazu KISTEMANN 2000a. 18 Vgl. z.B. KISTEMANN 1999, 2000b, 2000c.
KULTURLANDSCHAFTEN IN SCHWEDEN – SCHUTZ UND ENTWICKLUNG 147 ___________________________________________________________________________ teilweise noch immer von wirtschaftlicher Bedeutung sind. Stets profitieren Tourismus und Handel von der historischen Industriekultur, die sich auch kulturlandschaftlich manifestiert.19 Das jüngste Projekt „Kopparberget“, der Kupferberg, etabliert ein weiteres Ekomuseum um Dalarnas Provinzhauptstadt Falun. Bereits zu Beginn des ersten vorchristlichen Jahrtausends gab es Montanaktivitäten im Bereich der heutigen Stadt Falun. Um 1650 stellte die Grube über zwei Drittel der Weltkupferproduktion und förderte Gold und Silber, Blei, Zink und Schwefelkies. Für die Expansionspolitik Schwedens im 16. und 17. Jahrhundert war der „Große Kupferberg“ zentrale Rohstoffbasis, Falun war mit 6.000 Einwohnern zweitgrößte Stadt des schwedischen Reiches und internationales Zentrum technologischer Innovationen. Bergbaugeschichte, Gewerbetradition und Siedlungsgeschichte sind in der heutigen Kulturlandschaft deutlich ablesbar: Die Grube selbst mit ihrem umfangreichen Tagebau und unterirdischen Spuren stellt den Kernbereich des Schutzgebietes dar. Das Kupfergewerbe war im 17. Jahrhundert mit rund 140 Kupferhütten vertreten, Betriebsgebäude blieben erhalten, blassgelbe Steine auskristallisierten Schwefels finden sich auf den Schlackenhalden. Transportwege bezeugen die vielfältigen Warenströme: Bauholz wurde aus den Wäldern zur Grube, Erz von der Grube zu den Hütten, Rohkupfer von den Hütten zu den Waagen und von dort zur Weiterverarbeitung im In- und Ausland transportiert. Wasserkraft war Energiequelle und Voraussetzung für alle Aktivitäten, Stauteiche, Kanäle und Mühlgräben durchsetzen die Kulturlandschaft. Die Stadt Falun weist Gruben- und Hüttenarbeitersiedlungen sowie Bergmannshöfe und repräsentative Villen der Kupferhändler auf.20 Das Geltungsgebiet des Ekomuseums Kopparberg umfasst die Grube sowie große Teile der Stadt Falun als Kerngebiet sowie in einem Radius von etwa 20 km weiten Bereichen der bergmännisch geprägten Kulturlandschaft. Die wichtigste Aufgabe des Ekomuseums als Institution wird in der Schaffung eines Netzwerks von Akteuren zur lokalen und regionalen Entwicklung gesehen. Die Verantwortlichen vor Ort setzen auf die Förderung der lokalen und regionalen Identität, von Kreativität und „Unternehmergeist“ am Ort und in der Region durch die Ernennung als Weltkulturerbe der UNESCO.21 Fazit: Für Falun mit dem „Großen Kupferberg“ sind Schutzstatus und der Wille zu Pflege und Entwicklung der charakteristischen Kulturlandschaft – als Ressource – sehr günstig zu nennen. 4.2 Landnutzungskonflikte in der Hauptstadtregion Stockholm Das Park-Gelände von Ulriksdal – Haga – Brunnsviken - Djurgården in der schwedischen Hauptstadt Stockholm und der Nachbarstadt Solna ist seit dem 1.1.1995 zum ersten „National-Stadt-Park“ Schwedens erklärt worden und unterliegt damit weitreichendem Schutz. Das ausgewiesene Park-Gelände ist 27 km² groß, davon sind etwa zwei Drittel Land und ein Drittel ist Wasser, es deckt sich größtenteils mit einem ausgewiesenen „Ekopark“. Bereits im Verzeichnis der Kulturmilieus von nationalem Interesse von 1990 waren die fraglichen Bereiche unter den beiden beteiligten Städten Stockholm und dem nordwestlich anschließenden Solna mit ihren historischen und landschaftlichen Werten ausgewiesen und benannt worden.22 Seit dem späten 17. Jahrhundert wurde das Gelände als zusammenhängendes königliches Jagdgebiet nach kontinental-europäischen Vorbildern angelegt. Vier der zehn königlichen 19 KISTEMANN 2001. 20 NISSER 1993, SUNDSTRÖM 1998. 21 Application for inclusion ... 1999, S.14-23. 22 Stockholms län: Solna kommun Nr. 37, Stockholms kommun Nr. 115;Riksantikvarieämbetet 1990.
148 EVA EFFERTZ ___________________________________________________________________________ Schlösser finden sich hier, englische Parks wurden an den Rändern des langgestreckten Sees Brunnsviken angelegt. Mit der Anlage von Eisenbahnen, Industriegebieten und Hafen im nördlichen Djurgården (= Tiergarten) seit dem späten 19. Jahrhundert und der Verwendung als Verfügungsgelände für Stadterweiterung und Sondereinrichtungen wie Universität und Museen wurde der Charakter dieses „königlichen Grüngürtels“ zwar beeinträchtigt. Dennoch besitzen die Flächen, die diagonal die Hauptstadt durchziehen und nicht unwesentlich an Wasserflächen gebunden sind, herausragende ökologische, kulturhistorische und touristische Qualitäten.23 In der Umweltgesetzgebung wurde ein Zusatz hinsichtlich des National-Stadt-Parks verankert: "Das Gelände Ulriksdal-Haga-Brunnsviken-Djurgården ist ein Nationalstadtpark. In einem Nationalstadtpark dürfen neue Gebäude und Anlagen nur dann errichtet werden und weitere Maßnahmen ergriffen werden, wenn sie keine Beeinträchtigung der Parklandschaft oder der Natur verursachen und ohne dass die Natur- und Kulturwerte der historischen Landschaft Schaden nehmen.“ Um die vielfältige Kulturlandschaft des National-Stadt-Parks zu bewahren, ist neben den Kenntnissen der kulturlandschaftlichen Werte und der Bereitstellung finanzieller Mittel auch eine Vision des kulturlandschaftlichen Potentials erforderlich. Die Beschreibung und Charakterisierung der kulturlandschaftlichen Qualitäten und ihrer Vielfalt beinhaltet die Forderungen nach der Bewahrung, Restaurierung und Erneuerung der prägenden Bestandteile, nach einem Verzicht auf maßstabssprengende Neubauten und einer Verbesserung der Zugänglichkeit. Das Leitbild sieht die Entwicklung über Einzelschritte und –Maßnahmen zu einem Park im Stil der Romantik vor.24 Trotz der prominenten Schutzausweisung sind die Freiflächen des National-Stadt-Parks durch die Landnutzungskonkurrenz großstädtischer Funktionen gefährdet. So sind im Flächennutzungsplan für Stockholm sechs „Hauptbereiche der Veränderung“ ausgewiesen, das Universitätsgelände im Ekopark ist eins davon.25 Erstes Resultat der ausgehenden 1990er Jahre ist ein maßstabsprengendes und weithin sichtbares Physikzentrum. Weiterhin sind die Landzungen zwischen den Wasserläufen schon in historischen Zeiten bedeutende Verkehrswege von der Hauptstadt zu den nördlichen Landesteilen gewesen, deren weiterer großmaßstäbiger Ausbau innerhalb des National-Stadt-Parks für die nahe Zukunft zu befürchten ist. Fazit: Die kritische Informations- und Öffentlichkeitsarbeit der Dachorganisation „Förbundet för Ekoparken“, die sich 1992 als aus 45 Vereinen bildete, um den Ekopark zu forcieren und seine Natur- und Kulturwerte gegen die Bedrohung der Nutzung dieser Freiflächen zu verteidigen, ist im Sinne der behutsamen Kulturlandschaftsentwicklung weiterhin erforderlich.26 4.3 Kulturlandschaft, Naturschutz und Tourismus auf einer Ostseeinsel Die Insel Gotska Sandön ist ein Beispiel für eine Landschaft mit herausragenden landschaftlichen wie kulturellen Werten. Sie ist als „Kulturmilieu von nationalem Interesse“ ausgewiesen27 und seit 1963 zum Nationalpark erklärt worden. Ein Zehntel der Insel (386 ha) wurde bereits 1910 zum Nationalpark, gemeinsam mit acht anderen Gebieten als erste 23 LINDER 1997, THURDIN 1995. 24 KOINBERG 1995. 25 [The] Stockholm City Planning Department (Hrsg.): Structure Plan for Stockholm. 1992. 26 Der Förbundet för Ekoparken (FFE) stellt seine Aktivitäten auf der Internetseite www.ekoparken.org vor. 27 Riksantikvarieämbetet 1990, Gotlands län Nr. 46.
KULTURLANDSCHAFTEN IN SCHWEDEN – SCHUTZ UND ENTWICKLUNG 149 ___________________________________________________________________________ Nationalparks Schwedens. Hier sind ökologische und kulturlandschaftliche Aspekte abzustimmen.28 Abbildung 2: Kulturlandschaftspflege im Nationalpark Gotska Sandön: Die größte Fläche bleibt natürlichen Prozessen vorbehalten, doch für 12 kulturhistorisch bedeutsame Gebiete werden detaillierte Pflegepläne aufgestellt (Naturvårdsverket: Skötselplan bilaga 9) Die Insel Gotska Sandön ist 9 km lang und 6 km breit. Ihre isolierte Lage in der Ostsee 40 km nördlich von Gotland hat ihr das Attribut als einsamste oder isolierteste Insel der Ostsee eingebracht. Es gibt keine dauerhafte Siedlung mehr auf der Insel. Die „Sandinsel“ tauchte vor 5.000 Jahren aus dem Meer auf. Größeren Wanderdünen sind mächtige Randdünen vorgelagert. In Strandnähe sind sie von Segge, Gras, Moos und Flechten bewachsen, im Hinterland binden ausgedehnte Kieferwälder den Sand, es finden sich aber auch Waldpartien, die von Wanderdünen überrollt wurden. Der höchste Punkt liegt 43m üNN. Der rund 4.500 ha große Nationalpark hat 3.648 ha Landfläche, deren Nutzung wird dominiert von Nadelwald 28 SKÖTSELPLAN 1990. - Grundsätzlich erfolgt seit 1998 eine formelle Zusammenarbeit zwischen den staatlichen Ämtern für Denkmalschutz und für Naturschutz. Unter Einbeziehung eines dritten Partners, dem staatlichen Amt für Bau- und Siedlungswesen, stehen dabei drei Fragenkreise im Vordergrund: „Zusammenarbeit zwischen Natur- und Kulturpflege im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung“, „Strategien und Argumente“ sowie „Methoden der Landschaftsanalyse“ (Riksantikvarieämbetet Årsredovisning 2000, S. 18).
150 EVA EFFERTZ ___________________________________________________________________________ mit 2.913 ha, 542 ha Sanddünen und 186 ha Sandstränden, lediglich 6 ha Laubwald, 6 ha Wiese und 13 ha Kulturfläche finden sich.29 Trotz der Dominanz naturlandschaftlicher Aspekte gibt es interessante kulturlandschaftliche Zusammenhänge. Seit der späten Steinzeit haben sich gelegentlich Menschen auf Gotska Sandön aufgehalten. Im Mittelalter gab es eine wohlhabende Bevölkerung auf der Insel. Schriftliche Quellen aus dem 16. und 17. Jahrhundert bezeichnen die Insel als unbewohnt. Bis Ende 18. Jahrhundert wurde sie von Einwohnern der Nachbarinsel Fårö extensiv saisonweise für die Robbenjagd und als Schafweide genutzt. Ende 18. bis Mitte 19. Jahrhundert war die Insel im Besitz von Kaufleuten und Unternehmern. Sie legten Gamla Gården (dt.: Alter Hof) an, schufen erstmals Ackerflächen und hegten Weiden ein. Wirtschaftlicher Schwerpunkt war die Forstwirtschaft mit Windsägen und Schiffsbau bei einer Bevölkerung von mehreren hundert Personen. Als der letzte Inseleigentümer in Konkurs ging, erwarb der schwedische Staat 1859 die Insel und legte einen Leuchtturm an, kurzzeitig einen zweiten. Die stationäre Wohnbevölkerung bestand aus dem Leuchtturmpersonal, fünf Männer bzw. deren Familien. Nach Schließung der Volksschule 1962 und bald folgender Umstellung auf automatisierte Leuchtfeuer verlegten die Familien ihren Wohnort nach Gotland. Der Fremdenverkehr nahm seit den 1950er Jahren allmählich zu. Ende der 1960er Jahre lag die Besucherzahl bei 1000 Personen im Jahr, als 1978 die Schiffsverbindung vom Festland aufgenommen wurde, erhöhte sich die Anzahl auf 2.500 Personen im Jahr.30 Entwicklungsaspekte Das staatliche Amt für Naturschutz hat 1990 ein Pflegekonzept für die Insel aufgestellt, das auch der Entwicklung der Kulturlandschaft Rechnung trägt. 31 Als Allgemeines Ziel (II 1.2.1) sollen die natürlichen Prozesse der Inselbildung und -gestaltung in Zukunft im Vordergrund der natürlichen Inselentwicklung stehen, die zukünftige Landschafts- und Vegetationsentwicklung soll sich ohne menschliches Einwirken vollziehen. Festgelegte Wege sind offen zu halten. Für einige kleine, kulturgeprägte Bereiche wie Heuwiesen, Bodendenkmäler oder bebaute Bereiche bedarf es dennoch gewisser Rodungs- und Pflegearbeiten, die aus Gründen der Denkmalpflege erforderlich sind. Der übrige Wald und die Vegetation sollen im Naturpark – abgesehen von Maßnahmen zur Bekämpfung des Waldbrandes – unberührt bleiben. Zu diesem Zweck ist der Nationalpark in 13 Pflegebereiche aufgeteilt worden. Pflegebereich 1 umfasst alle Wald-, Strand- und Dünenbereiche und soll der freien Vegetationsentwicklung überlassen bleiben mit Ausnahme kleiner Maßnahmen bei eventuellen Boden- oder Kulturdenkmälern. Die übrigen 12 Pflegegebiete mit kulturhistorischen Bezügen werden im Einzelnen detailliert behandelt. Zur Bewahrung der Kulturlandschaft wird beispielsweise die Heumahd und Offenhaltung der Wiesen genau reguliert, etwa für die Wiese an Gamla Gården und wie folgt beschrieben für die Kapellenwiese: „Wiesenpflege auf traditionelle Art mit jährlicher Heumahd Mitte Juli. Nach der Mahd soll das Gras etwa 10 Tage liegen bleiben, danach eingesammelt und kompostiert werden. Keine Mahd nördlich der Kapelle. Die Haselsträucher sind bei Bedarf zu schneiden. Beweidung mit Schafen ist zugelassen. Um den Vogelteich bleibt das Gras erhalten, außer nach Südwesten hin“ (II. 1.2.3). Zugang und Pflege der Gebäude sind ebenfalls geregelt. Die 1 ha große Fläche Gamla Gården, das ehemalige Siedlungszentrum der Insel, wird beschrieben als „Offenes Grasland mit einigen alten Eichen sowie im nördlichen Teil einige schöne Wacholder“, Pflegeziel ist „Offenes Grasland mit historischen, rekonstruierten Gebäuden“. Entsprechend bestehen die 29 HANNEBERG / LÖFGREN 1998, S.49. 30 SILTBERG 1997³. 31 NATURVÅRDSVERKET 1990.
KULTURLANDSCHAFTEN IN SCHWEDEN – SCHUTZ UND ENTWICKLUNG 151 ___________________________________________________________________________ Maßnahmen der Landschaftspflege in „Grasmahd nach Bedarf, frühestens am 15. Juli. Eindringende Bäume oder Sträucher werden im Zusammenhang mit dem Mähen entfernt, dabei werden einige schöne Wacholder am Rand ausgespart. Beweidung mit Schafen ist zugelassen. Die Hausfundamente und Ruinen werden freigehalten von höherer Vegetation. Sträucher und Bäume werden aus der unmittelbaren Nähe der Gebäude entfernt.“ Hier existieren drei rekonstruierte Gebäude, die im Besitz des Naturschutzamtes sind und unterhalten werden vom Heimatverein Gotska Sandö (II. 1.2.10). Im Bereich des Gamla Gården entstehen gewisse Konflikte, da der Heimatverein historisch nachgewiesene, aber nur noch in Fundamenten bestehende Gebäude rekonstruieren möchte, andere Institutionen wie Naturpark und Staatliches Denkmalpflegeamt sind damit nicht einverstanden. Potentielle Bedrohungen der Insel stellen wirtschaftliche Aktivitäten dar: Die Pläne eines Unternehmers, nahe der Insel Sand zu gewinnen sind jedoch abgewendet worden. Im Oktober 2000 wurde die Küste durch 8-10 t Öl verschmutzt, die in einem dreiwöchigen Arbeitseinsatz freiwilliger Helfer aus dem Heimatverein bekämpft wurde. Das Öl wurde auf der Insel kompostiert und biotechnologisch umgewandelt.32 Die Insel ist attraktiv für den Individual- und Abenteuer-Tourismus, doch der Zugang ist stark eingeschränkt durch unregelmäßige und unkomfortable Fährverbindungen, die Festlegung der Höchstzahl von 125 Gästen pro Nacht und deren maximaler Aufenthaltsdauer von sieben Tagen sowie durch die Tatsache, dass auf der Insel kein Geschäft existiert und damit keine Möglichkeit, Lebensmittel zu erwerben. Fazit: Der dreifache Schutz der Insel als national bedeutendes Kulturmilieu, als Nationalpark mit Pflegeplan und ihre eingeschränkte Zugänglichkeit sichern die kulturlandschaftlichen Werte in ausreichender Weise. 5. Ausblick Die Kulturlandschaftspflege in Schweden, ihre Organisation, Ziele und Instrumente, können auch zukünftig mit Gewinn beobachtet werden. In der Anwendung für Schutz und Pflege der Kulturlandschaften kommt mit der Umweltgesetzgebung (Miljöbalken) von 1999 ein neues Schutzinstrument ins Spiel, das „Kulturreservat“. Damit liegt ein Instrument vor, mit dem in „wertvollen, kulturell geprägten Landschaften“ eine aktive Landschaftspflege, kein rein passiver Schutz, betrieben werden kann. Drei Kulturreservate sind bis zum Jahr 2001 bereits eingerichtet worden,33 die Einrichtung weiterer acht Kulturreservate ist für die nahe Zukunft vorgesehen. Insgesamt ist für etwa 50 Kulturmilieus die Unterschutzstellung als Kulturreservat vorgesehen. Etwa die Hälfte davon sind traditionell-agrarische Bereiche.34 Die Wirksamkeit des neuen Schutz- und Entwicklungsinstruments bleibt zu überprüfen. In der Forschung zeigt das Projekt „Moderne Landschaft mit Geschichte“ („Nutida landskap med historia“) des Staatlichen Amtes für Denkmalpflege neue Dimensionen und Erkenntnisse der Wahrnehmung durch die Bevölkerung und behördlicher Erwartungen an Kulturlandschaften und das landschaftsgebundene kulturelle Erbe auf.35 32 ELVERS 2001. 33 Eine umfangreiche Hofanlage in Östergötland, Smedstorps dubbelgård in Ydre, und der Hof Juhola finngård in Värmland sowie das Dorf Åsen in Småland, dessen bereits bestehender Schutzstatus von einem Naturreservat in ein Kulturreservat umgewandelt wurde. 34 Riksantikvarieämbetet Årsredovisning 2001, S.16. 35 Burström 2000, Tarsala 2000.
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