Klagenfurter Geographische Schriften Heft 28 - Eine Zukunft für die Landschaften Europas und die Europäische Landschaftskonvention

 
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Klagenfurter Geographische Schriften Heft 28 - Eine Zukunft für die Landschaften Europas und die Europäische Landschaftskonvention
Klagenfurter
                 Geographische
                 Schriften Heft 28
                 Institut für Geographie und Regionalforschung
                 der Universität Klagenfurt 2012

Hans Peter JESCHKE und Peter MANDL (Hrsg.)

Eine Zukunft für die Landschaften Europas
und die Europäische Landschaftskonvention
Klagenfurter Geographische Schriften Heft 28 - Eine Zukunft für die Landschaften Europas und die Europäische Landschaftskonvention
Titelblatt: „Unsere Umwelt beginnt in der Wohnung und endet in der Weite der Landschaft“
Aus: IVWSR (1973): Wiener Empfehlungen. Luxemburg. In: Jeschke, Hans Peter (Hrsg.)
    (1982): Problem Umweltgestaltung. Ausgewählte Bestandsaufnahme, Probleme, Thesen
    und Vorschläge zu Raumordnung, Orts- und Stadtgestaltung, Ortsbild- und
    Denkmalschutz, Landschaftspflege und Umweltschutz. Verlag Stocker, Graz.
    (= Schriftenreihe für Agrarpolitik und Agrarsoziologie, Sonderband 1)

Medieninhaber (Herausgeber und Verleger):
Institut für Geographie und Regionalforschung der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
Universitätsstraße 65-67, A-9020 Klagenfurt

Herausgeber der Reihe:       Ass.-Prof. Mag. Dr. Peter MANDL
                             Prof. Mag. Dr. Friedrich PALENCSAR

Schriftleitung:              Prof. Mag. Dr. Friedrich PALENCSAR

Redaktionelle Betreuung:     Dipl.-Ing. Stefan JÖBSTL, Bakk.
Webdesign und –handling:     Natalie SCHÖTTL, Dipl.-Geogr. Philipp AUFENVENNE

ISBN 978-3-901259-10-4

Webadresse: http://geo.aau.at/kgs28
Klagenfurter Geographische Schriften Heft 28 - Eine Zukunft für die Landschaften Europas und die Europäische Landschaftskonvention
Hans Peter Jeschke, Peter Mandl (Hrsg.) (2012): Eine Zukunft für die Landschaften Europas und
die Europäische Landschaftskonvention. Institut für Geographie und Regionalforschung an der
Alpen-Adria Universität Klagenfurt. Klagenfurter Geographische Schriften, Heft 28.

    DAS GRÜNE BAND UND DER EISERNE VORHANG - DAS EUROPÄISCHE
 GRENZSYSTEM DES KALTEN KRIEGES ZWISCHEN NATUR- UND KULTURERBE
            DER EUROPÄISCHEN UNION UND DER UNESCO

                                         Hans Peter JESCHKE

    1. Einleitung
Im Kulturhauptstadtjahr Europas Linz 2009 fand über Initiative der Oö. Landesmuseen, des
Amtes der Oö. Landesregierung und des Oö. Naturschutzbundes die Linz 09-
Sonderausstellung „Das Grüne Band Europas – Grenze . Wildnis . Zukunft“ statt (vgl. Abb.
1). Der Autor war unter dem Kurat von Thomas Wrbka als Projektpartner in der
Vorbereitungsphase (2008) mit einem Katalogbeitrag (Jeschke 2009) eingebunden. Grundlage
für diesen Beitrag war eine Machbarkeitsstudie „Das Grüne Band als Kultur- und Naturerbe
der UNESCO“ (2008). Das Deutsche Nationalkomitee für Denkmalschutz veranstaltete
ebenfalls 2009 eine Tagung „Mauer und Grenze – Denkmal und Gedenken“ in Berlin (vgl.
Abb.2), bei der Jörg Haspel den Vorschlag einer Kontinentalerbeevaluierung für die
Innerdeutsche Grenze einbrachte.2010 liegt nun neben den erwähnten Vorschlägen für die
Welterbeliste und das Kontinentalerbe ein Beschluss der Kultusminister der deutschen
Bundesländer (Kultusministerkonferenz 24.04.2010) vor, mit dem die Absicht festgehalten
wurde, den „Eisernen Vorhang“ als Europäisches Kulturerbe einzureichen.
Die weiteren Ausführungen konzentrieren sich daher einerseits auf die Verbindung von
Natur- und Kulturerbeaspekten im Zusammenhang. Andererseits wird die Frage der
Evaluierung als Kontinental- oder Welterbe weitergehend untersucht.

Abb.1: Katalog der Linz 09-Ausstellung: „Das Grüne Band Europas Abb2: Tagungsband des Deutschen
– Grenze . Wildnis . Zukunft (Europäische Kulturhauptstadt Linz 09) Nationalkomitees für Denkmalpflege:
                                                                 „Mauer und Grenze – Denkmal und
                                                                     Gedenken“ in Berlin

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Klagenfurter Geographische Schriften Heft 28 - Eine Zukunft für die Landschaften Europas und die Europäische Landschaftskonvention
DAS GRÜNE BAND UND DER EISERNE VORHANG - DAS EUROPÄISCHE GRENZSYSTEM DES
KALTEN KRIEGES ZWISCHEN NATUR- UND KULTURERBE DER EUROPÄISCHEN UNION UND DER
UNESCO                                                                    463
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Ausgangslage
Der Eiserne Vorhang in seiner räumlichen Ausprägung als europäisches Grenzsystem des
Kalten Krieges zog sich als Nahtstelle und Trennlinie mitten durch ganz Europa. Er bildete
eine Grenze zwischen zwei unterschiedlichen politischen, militärischen, wirtschaftlichen und
gesellschaftlichen Systemen in ganz Europa. Er teilte 45 Jahre lang 23 Staaten mit Ihren
Landschaften, Städten und Dörfern, zerschnitt Verkehrswege, trennte Familien, Verwandte
und Bekannte voneinander und prägte das Leben von Millionen Menschen. Er ist aber
insbesondere auch die räumliche und ideologische Manifestation einer die ganze Welt
erfassenden Blockbildung in West und Ost, die weit über Zentraleuropa hinaus wirkte. Viele
zeitgeschichtlich relevante Relikte in der Landschaft des Grünen Bandes bzw. des ehemaligen
Europäischen Grenzsystems sind mit den Jahren verschwunden. Die Schrecken konnten nicht
ausgelöscht werden. Im Laufe der Jahrzehnte verloren jene Reste nichts von ihrer Bedeutung
als Mahnmal. Im Gegenteil – sie gewannen an Bedeutung. Sie lehren heute besser als jede
Abhandlung oder jedes Memorandum, wie unmenschlich das Grenzregime war, auch in
seiner Wahl von Schauplätzen, Architekturen und bei der Zerstörung von grenznahen
Lebensräumen.
Das Grenzsystem in seiner Transformation

3.1    Das Grüne Band
a)     Das Grüne Band in Deutschland
      Die Struktur
Im Bereich der ehemaligen innerdeutschen Grenze konnte sich aufgrund der erzwungenen
Nutzungsruhe und Abgeschiedenheit über Jahrzehnte ein zusammenhängendes Band von zum
Teil wertvollen Biotopen entwickeln, das heutige „Grüne Band“. Bereits vor dem
Zusammenbruch des Eisernen Vorhangs zeigten naturschutzfachliche Untersuchungen der
Grenzregion von der Westseite aus, dass der Grenzstreifen eine große Arten- und
Lebensraumvielfalt beherbergt. Die naturschutzfachliche Wertigkeit des Grenzstreifens wurde
schon früh durch zahlreiche Kartierungen (z. B. Beck und Frobel 1981, Frobel 1978 und
1994) belegt. Vielerorts liegen darüber hinaus benachbart zum heutigen Grünen Band auch
Komplexbiotope, die seit ungefähr 50 Jahren von einer Nutzungsintensität verschont
geblieben sind.

                                                       Abb. 3: Struktureinheiten des ehemaligen
                                                       innerdeutschen Grenzstreifens, die
                                                       Bezugspunkte der Bestandsaufnahme
                                                       Grünes Band waren: Wald und Äcker
                                                       westlich der Staatsgrenze, Vorland 2,
                                                       Vorland 1 Minenstreifen, Kfz-
                                                       Sperrgraben, Spurensicherungsstreifen
                                                       und Kolonnenweg (Schlumprecht et al.
                                                       2002, S. 407).
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                                                             Abb.      4:      Grünes     Band
                                                             Mackenrode: Der Grüne Band
                                                             Deutschland an der Landesgrenze
                                                             Niedersachsen/Thüringen         im
                                                             Südharz. In intensiv genutzten
                                                             Agrarlandschaften ist das Grüne
                                                             Band oft die letzte verbliebene
                                                             Biotopstruktur. Gerade solche
                                                             Abschnitte des Grünen Bandes
                                                             sind von besonderer Bedeutung,
                                                             um größere naturnahe Gebiete
                                                             miteinander       zu     verbinden
                                                             (BUND-Projektbüro Grünes Band
                                                             / Klaus Leidorf).
      Die Gründungsidee
Die Schutz - und Gründungsidee für das „Grüne Band“ ist mit der Person Kai Frobel
verbunden, der zusammen mit Hubert Weiger (Mitarbeiter des Bundes Naturschutz in Bayern
(BN)), am 9.12.1989 zu einem ersten Treffen von mehr als 4oo Naturschützern aus Ost und
West nach Hof an der bayerisch - sächsischen Grenze mit dem Stichwort „Grünes Band“
einlud. Während dieses Treffens wurde der Name „Grünes Band“ fixiert und die erste
Resolution zum Schutz des Grünen Bandes einstimmig beschlossen. Knapp ein Jahr später,
im November 1990, spricht der damalige Bundesumweltminister Prof. Dr. Klaus Töpfer dem
Grünen Band seine besondere Bedeutung in den „Eckpunkten der ökologischen Sanierung
und Entwicklung in den neuen Ländern“ zu. Es müssen bundesweit erhebliche Anstrengungen
aufgeboten werden, „um möglichst viele natürliche und naturnahe Flächen als „Grünes Band“
zu erhalten“ (Geidezis, Schlumprecht und Frobel 2002, S. 10). Im April 1991 bestätigt die
Bundesregierung die genannten Ziele und fordert ebenfalls, „dass möglichst alle wertvollen
Biotope und für den Naturschutz bedeutenden Gebiete (...) dauerhaft geschützt bleiben bzw.
geschützt werden sollen“. Im europäischen Naturschutzjahr 1995 wird das Grüne Band als
„modellhaftes Naturschutzprojekt“ durch Bundespräsident Prof. Dr. Roman Herzog
ausgezeichnet. Seit dem Beginn war das Grüne Band nicht nur das erste gesamtdeutsche
Naturschutzprojekt, sondern auch als ein Beitrag für ein lebendiges Denkmal der jüngeren
deutschen Geschichte (Geidezis und Kreutz 2008, S. 3) verstanden.

b)     European Green Belt - Das Grüne Band Europa
      Wesen und Inhalte einer europäischen Initiative von internationaler Bedeutung
Das Grüne Band Europa ist die Fortführung des Grünen Bands Deutschland auf europäischer
Ebene. Es sollte ein Grünes Band als transnationaler Biotopverbund quer durch Europa und
als „ein Symbol für die Vereinigung von Ost und West“ (Bund Magazin 2007) realisiert
werden. Diese Vision wurde im Juli 2003 erstmals öffentlich diskutiert. Aus diesem Grunde
veranstalteten im September 2004 die Weltnaturschutzunion IUCN und das deutsche
Bundesamt für Naturschutz eine internationale Konferenz in Ungarn. Auf dieser Konferenz
wurden sieben Ziele vereinbart, die das Koordinationsbüro der Weltnaturschutzunion (IUCN)
Klagenfurter Geographische Schriften Heft 28 - Eine Zukunft für die Landschaften Europas und die Europäische Landschaftskonvention
DAS GRÜNE BAND UND DER EISERNE VORHANG - DAS EUROPÄISCHE GRENZSYSTEM DES
KALTEN KRIEGES ZWISCHEN NATUR- UND KULTURERBE DER EUROPÄISCHEN UNION UND DER
UNESCO                                                                                  465
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in Brüssel seitdem zu verwirklichen sucht. Das Grüne Band Europa (European Green Belt)
wurde zu einem Naturschutzprojekt, bei dem der durch den Kalten Krieg entstandene,
weitgehend naturnah belassene Grenzstreifen quer durch Europa erhalten werden soll. Dieses
„Grüne Band“ hat eine Gesamtlänge von über 8500 km und reicht dabei vom Eismeer im
Norden Norwegens bis zum Schwarzen Meer an der Grenze zur Türkei, wobei es durch 23
europäische Staaten verläuft. Hauptträger des Grünen Bands Europa ist die
Weltnaturschutzunion (World Conservation Union (IUCN) die vom deutschen Bundesamt für
Naturschutz unterstützt wird). Die Zentrale Koordination aller Aktivitäten rund um das Grüne
Band Europa liegt in den Händen des Sekretariats des Grünen Bandes Europa, welches im
IUCN Regionalbüro für Europa (IUCN ROfE) in Brüssel angesiedelt ist. Das Sekretariat ist
unter anderem für die Erstellung der operativen Grundsätze zuständig, welche sie mit den
„National Focal Points“, den „Regional Koordinatoren“ und den restlichen Stakeholdern
abstimmt. Auch alle weiteren Aktivitäten, von der Identifikation möglicher Maßnahmen bis
zu ihrer Durchführung, werden in enger Zusammenarbeit aller Beteiligten mit dem Sekretariat
des Grünen Bandes abgestimmt.
     Program of Work (PoW)
2004 wurden auf der erwähnten internationalen Konferenz in Ungarn die Grundlagen für das
„Grüne Band Europa“ gelegt: Das „Program of Work“, ein Arbeitsprogramm, das seitdem mit
den betroffenen Stakeholdern weiterentwickelt wird. Ziel des PoW ist es, die beteiligten
Länder bei der internationalen Zusammenarbeit zu unterstützen, nachhaltige Entwicklung zu
fördern und den Artenverlust am Grünen Band bis 2010 zu stoppen. Ausgehend von dem
Grundsatz: „To create the backbone of an ecological network, running from the Barents to the
Sea that is a global symbol for transboundary cooperation in nature conservation and
sustainable development“ wurden sieben Ziele erarbeitet:
1.       The establishment of the European Green Belt as a functional ecological network.
2.       The Green Belt becomes an establishes and respected mechanism for the sharing of
         knowledge, experience and best practice on transboundary cooperation for nature
         conservation and sustainable development.
3.       The Green Belt becomes a ciable tool to assist the sustainable development of
         communities at the local level within its range.
4.       The Green Belt becomes an ecological laboratory to study landscape and continental
         scale ecological processes and the response of habitats and species to major
         ecological changes.
5.       The Green Belt operates with a transparent and efficient structure that ensure the
         largest participation possible of all interested stakeholders.
6.       The Green Belt becomes a widely acknowledged initiative within participating
         countries and among international organisations.
7.       The Green Belt is recognised as a „band“ for products and activities that enhance
         local and regional sustainable development and nature conservation.
     Die landschaftliche Struktur
Das Grüne Band verbindet fast alle biogeographischen Regionen Europas und verknüpft 23
Staaten zwischen der Barentssee und dem Schwarzen Meer. In dem Landschaftsbereich von
12.500 km Länge sind 393 wertvolle mit 1.400 Teilgebiete erfasst. Darüber hinaus liegen eine
Vielzahl wertvoller Landschaften und vielfältiger Landschaftstypen am Grünen Band. Die
landschaftliche Struktur des Grünen Bandes besteht derzeit aus:
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      der Linie entlang des ehemaligen Eisernen Vorhanges
        dem europäischen Biotopverbund als „Netzwerk“ bestehender Schutzgebiete bzw.
        naturschutzfachlich wertvoller Gebiete
        der Pufferzone (eigentlich Pufferzonenkorridor) als derzeitigen wissenschaftlichen
        Suchraum und möglichen landschaftsökologischen Vernetzungskorridor mit einer
        Breite von 25 km oder 50 km.
        der umgebenden Matrix der „normalen“ Kulturlandschaft, die vielfältigen Nutzungen,
        Nutzungsansprüchen und Belastungen unterliegt.

Abb. 5: Das Grüne Band erstreckt sich von der Kälte des Eismeeres an der russischen Grenze bis zu den
sonnigen Küsten des Schwarzmeeres im europäischen Südosten mit einer Länge von 12.500 km in 23
europäischen Staaten. Die Vielfalt der Landschaften wird durch die Kennzeichnung der biogeographischen
Regionen Europas deutlich: 01 Subpolare Tundra, 02 Finnisch-Karelisches Wald- und Seenland, 03 Ostseeküste,
04 Norddeutsches Tiefland, 05 Europäisches Mittelgebirge, 06 Mittel- und Südosteuropäische Niederungen, 07
Südostalpen, 08 Südosteuropäisches Hochgebirge, 09 Große Seen des Balkans, 10 Mediterrane
Küstenniederungen und 11 Südosteuropäische Tafelländer und Schwarzmeerküste (Oö. Landesmuseen et al.
2009).

    3 Hauptabschnitte und die Koordination
Zur leichteren Koordination der Aktivitäten wurde das Grüne Band Europa in drei
Hauptabschnitte mit je einem Koordinator aufgeteilt:
   Fennoskandien: Norwegen, Finnland, Russland, Estland, Lettland, Litauen. Regionaler
Koordinator Baltic Fund for Nature of Saint Petersburg – Naturalist Society.
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DAS GRÜNE BAND UND DER EISERNE VORHANG - DAS EUROPÄISCHE GRENZSYSTEM DES
KALTEN KRIEGES ZWISCHEN NATUR- UND KULTURERBE DER EUROPÄISCHEN UNION UND DER
UNESCO                                                                      467
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   Mitteleuropa: Deutschland (Grünes Band Deutschland), Tschechien, Österreich,
Slowakei, Ungarn, Slowenien und Italien. Regionaler Koordinator BUND-Projektbüro
Grünes Band.
     Balkan: Kroatien, Serbien, Montenegro. Mazedonien, Rumänien, Bulgarien, Albanien,
Kosovo, Griechenland und die Türkei bis zum Schwarzen Meer. Regionaler Koordinator
Stiftung Europäisches Naturerbe (EURONATUR).
3.2    Grenzsystem zwischen Verlust und Musealisierung
Bei der Nennung des Grenzsystems des Kalten Krieges nimmt die innerdeutsche Grenze eine
besondere Position ein. Die innerdeutsche Grenze zog sich auf einer Länge von 1.393 km
mitten durch Deutschland. Ein Teil davon, die Mauer in Berlin ragte als ein besonders
prominentes schon früh international rezipiertes Zeichen des Eisernen Vorhangs im Kalten
Krieg heraus. Sie war und bleibt damit das Symbol der Verweigerung elementarer
Menschenrechte. Die tief gestaffelten Grenzanlagen und das Grenzregime mit seinen
bewaffneten Grenzsoldaten haben die Situation der geteilten Stadt jahrzehntelang geprägt.
Der innerstädtische Grenzstreifen zog sich 43,1 km von Nord nach Süd mitten durch die
Stadt. 111,9 km maß die Abgrenzung des Westteils der Stadt zum Umland. Zunächst als
Stacheldrahtzaun angelegt bzw. mit Hohlblocksteinen grob gemauert, entwickelte sich die
Grenze nach West-Berlin zu einem nahezu unüberwindlichen Grenzregime, das weltweit in
seiner Monstrosität einmalig war.
Vom gefürchteten Grenzsystem sind nach der Wende wenige Überreste erhalten. Dies wird
auch mit der zunehmenden Enthistorisierung der Landschaft im Zusammenhang gebracht.
Daher gerieten die materiellen Überreste fast durchgängig in Vergessenheit. Verloren ging
damit die räumliche Dimension der Grenze. Andererseits ging mit dem Verschwinden der
materiellen Reste aber auch die Gründung zahlreicher einschlägiger Initiativen einher. In
Deutschland z. B. widmen sich 28 Museen, Gedenkstätten und Denkmale an der ehemaligen
innerdeutschen Grenze der Dokumentation und Aufarbeitung der Geschichte der deutschen
Teilung und schlossen sich 1996 zur Arbeitsgemeinschaft GrenzMuseen zusammen.
Zum Eisernen Vorhang gehörten jedoch nicht nur die Berliner Mauer (13. August 1961 – 9.
November 1989), die Innerdeutsche Grenze und die Grenzbefestigungen der CSSR zur
Bundesrepublik Deutschland mit den bekannten Grenzbefestigungen aus Stacheldraht,
Schießbefehl, Hundelauf-Anlagen, Wachtürmen, Selbstschussanlagen und Ungarn bis zur
Ostseeküste sondern die gesamte Grenzziehung vom Eismeer bis zum Mittelmeer und
Schwarzen Meer.

4.     Problemstellung
4.1    Sektorale Konzeptionen
a) Grünes Band
Kausale Voraussetzung für das Grüne Band war die erzwungene Nutzungsruhe und
Abgeschiedenheit. Es wurde von seinem Gründungsnukleus in Bayern zu einem einzigartigen
Naturschutzprojekt mit europaweiter Netzwerkbildung unter Leitung der international tätigen
IUCN entwickelt. Diese neuen Ziele des Green Belt ergaben daher in Transformation des
Eisernen Vorhanges eine völlig neue Funktion und Bedeutung der ehemaligen
Grenzlandschaftszone, die in den 7 Zielen des „Program of Work“ festgeschrieben sind. Die
zeitgeschichtliche Dimension wird ideengeschichtlich aufgegriffen und teilweise in
Regionalprojekten konkretisiert. Der Ansatz der Historischen Kulturlandschaft und damit die
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historisch – geographische Dimension des Grenzsystems in ihrer räumlichen Ausprägung
fehlt jedoch!
b) Der Eiserne Vorhang
Die deutsche Zeitgeschichte hat im Rahmen der Kultusministerkonferenz (KMK) über
Federführung der Stiftung Berliner Mauer (A. Klausmeier) erstmals einen gesamtdeutschen
Rahmen für das ehemalige innerdeutsche Grenzsystem anlässlich der Nominierung für das
Europäische Kulturerbe vorgelegt. Eine Verbindung mit dem Grünen Band wird nicht
gesucht. Der Ansatz der Historischen Kulturlandschaft scheint in der Konzeption nicht auf,
obwohl für die Berliner Mauer eine Visualisierung als Memoriallandschaft vorliegt.
c) Enthistorisierung der Grenzlandschaftszone
Obwohl die Zone des Grünen Bandes sowohl Natur- als auch Kulturerbe ist, tritt bisweilen
durch die Konzentration auf den Naturraum die historische und kulturlandschaftliche
Dimension in den Hintergrund. Beide, der Biotopverbund und die stummen Zeugen des kalten
Krieges in ihrer räumlichen, kulturlandschaftlichen Ausprägung gehören zusammen, gehören
bewahrt – und ihre Geschichte erzählt. Andererseits enthält auch das derzeitige geschichtliche
Konzept für die innerdeutsche Grenze keine ausreichenden Hinweise im Hinblick auf eine
kulturlandschaftliche Gesamtdarstellung.
Wenn die historische Dimension des Europäischen Grenzsystems bzw. damit des ehemaligen
Todesstreifens mit seinen zeithistorischen Relikten auf die Grenzlinie als ideengeschichtlicher
Bezugspunkt bzw. die naturschutzfachliche sowie naturtouristische Konzeption und
Vermarktung reduziert würde, hätte dies eine Enthistorisierung der Landschaft (Maren
Ullrich) zur Folge. Das würde bedeuten, dass damit alle historischen Reste und Spuren
ausgeblendet werden, ohne ihre Geschichte(n) erzählen zu müssen. Im Blick auf das Gelände
interessiert nicht mehr die Frage, was die Grenze war, sondern nur noch, wo sie war. Diese
Entwicklung thematisiert auch Ekko Busch in einer Karikatur aus dem Jahr 1994. Dies führt
zur Veränderung der authentischen Raumstruktur und ihrer Objekte entlang des gesamten
Grenzsystems. Es würde auch die Integration eines herausragenden Symbols des Kalten
Krieges, der Berliner Mauer als städtische Memoriallandschaft bzw. des gesamten
Grenzsystems in das Gesamtprojekt verhindern.

                                                            Abb. 6: „Hilde, hier hat bis ´89 der
                                                            Kommunismus gewütet.“
                                                            Karikatur von Ekko Busch in der
                                                            Süddeutschen Zeitung vom
                                                            17./18. Juni 1994 (Zit. nach Ullrich 2006,
                                                            S. 205)
Klagenfurter Geographische Schriften Heft 28 - Eine Zukunft für die Landschaften Europas und die Europäische Landschaftskonvention
DAS GRÜNE BAND UND DER EISERNE VORHANG - DAS EUROPÄISCHE GRENZSYSTEM DES
KALTEN KRIEGES ZWISCHEN NATUR- UND KULTURERBE DER EUROPÄISCHEN UNION UND DER
UNESCO                                                                    469
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4.2   Unterschiedliche Handlungsebenen
Das Grüne Band stellt sich als gesamteuropäisches Netzwerk im internationalen Rahmen
dar. Die Initiative der Bundesrepublik Deutschland zum Eisernen Vorhang ist auf ihr
Staatsgebiet beschränkt.
4.3   Unterschiedliche Initiativen für eine Anerkennung als Welt – bzw.
Kontinentalerbe bzw. Antragsinhalte
a) Grünes Band
Für das Grüne Band liegt ein Vorschlag für eine Weltkultur- und Naturerbenominierung als
Expertenvorschlag des Autors vor. Die Naturerbe-Layer erscheint als bereits vollausgeformter
Baustein. Die zeitgeschichtliche Dimension (Kulturerbe) müsste als zweiter Layer adäquat
eingebracht werden.
b) Eiserner Vorhang
Die deutsche Kulturministerkonferenz hat mit Beschluss vom April 2010 ihre Absicht
festgehalten, den Eisernen Vorhang für das Europäische Kulturerbesiegel zu nominieren. Die
Kennzeichnung des „Eisernen Vorhangs“ über das Europäische Kulturerbesiegel stellt eine
Maßnahme dar, die die einschneidende historische Bedeutung des „Eisernen Vorhangs“
würdigt. Das nachstehende zitierte Arbeitsdokument der Stiftung Berliner Mauer (Klausmeier
2010) verdeutlicht die erstmalige gesamtdeutsche Konzeption, die mit dem
Einreichgegenstand „Europäisches Kulturerbesiegel für den Eisernen Vorhang“ verbunden
wurde.
       „Europäisches Kulturerbesiegel für den Eisernen Vorhang“
Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde bestimmt vom Kampf zweier politischer,
wirtschaftlicher und militärischer Systeme und ihrer gegenseitigen nuklearen Bedrohung.
Diese endete mit dem Zusammenbruch des Kommunismus. Der Systemgegensatz zwischen
Kapitalismus und Kommunismus materialisierte sich als „Eiserner Vorhang“ mitten durch
Europa. Zwar vermieden die beiden Supermächte USA und UdSSR direkte militärische
Auseinandersetzungen, doch trieben sie ein beispielloses Wettrüsten voran. Mehrmals drohte
der Interessenkonflikt zu eskalieren. Der Korea- und Vietnamkrieg, die Kuba-Krise, die erste
und zweite Berlinkrise, die Konfrontation sowjetischer und amerikanischer Panzer am
Checkpoint Charlie im Oktober 1961 waren internationale Krisensituationen, die bei weiterer
Eskalation leicht noch katastrophalere Folgen für die gesamte Menschheit hätten nach sich
ziehen können.
Jahrzehnte nach seinem Ende ist die Bedrohlichkeit des Kalten Krieges jedoch ein gerade für
jüngere Generationen kaum mehr fassbares Phänomen. Von dieser einstigen politischen,
wirtschaftlichen und vor allem militärischen Trennungslinie sowie von der Realität einer
Konfrontation, die täglich die Gefahr eines weite Teile unserer Erde zerstörenden nuklearen
Infernos in sich barg, vermitteln heute nur noch wenige Orte eine Vorstellung.
Vor diesem historischen Hintergrund beabsichtigt die Bundesrepublik Deutschland, bei der
EU einen Antrag zum Thema „Europäisches Kulturerbesiegel für den Eisernen Vorhang“ zu
stellen. Es sollte dabei nicht allein um die Auszeichnung einer „Stätte“ gehen, sondern um ein
Netzwerk von Einrichtungen zum Thema in Deutschland gehen, das offen ist für die
Ergänzung durch entsprechende Institute in anderen europäischen Ländern. Die infrage
kommenden Stätten und Einrichtungen müssten schon bei Antragstellung den Kriterien des
EU-Kulturerbedokuments entsprechen, geplante könnten erst später dazu stoßen. Die in
Betracht zu ziehenden Einrichtungen sollten ggf. eine Schwerpunktfunktion („Mutterschiffe“)
470                                                                 HANS PETER JESCHKE

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für kleinere Stätten in ihrem jeweiligen räumlichen und inhaltlichen Umfeld übernehmen und
auf diese dann verweisen.
Auf jeden Fall sollten sie das nationale und vor allem das internationale (junge) Publikum
umfassend und mit entsprechenden Bildungsangeboten nicht nur über die innerdeutsche bzw.
deutsch-tschechische Grenze informieren, sondern auch über die Gründe und Auswirkungen
dieser Grenzziehung. Im Vordergrund sollte nicht allein die „technische“ Frage stehen, wie
die Grenze unmittelbar funktionierte, sondern der nationale Sinnzusammenhang und
internationale politische Bezug des Themas. So sollten also Stätten ausgewiesen werden, die
in besonders augenfälliger Weise Aspekte der einstigen Systemkonfrontation, aber auch von
deren Überwindung, verkörperten. Deutlich gemacht wurde auch, dass bei den zu
benennenden Orten nicht nur eingetragene Denkmale, erfasste Kulturlandschaften und
Gedenkstätten zu berücksichtigen seien, sondern – falls möglich – auch Orte des
zeitgenössischen Erbes, also Orte, die sich in unterschiedlichen Formen künstlerisch oder
interpretatorisch mit diesem Erbe auseinandersetzen. Somit steht auch die für den
Denkmalschutz zwingend erforderliche authentische Substanz bei der Benennung nicht
unbedingt im Vordergrund.
So einigte man sich darauf, dass die vorgeschlagenen Einrichtungen/Orte/Stätten folgende
Themenkomplexe behandeln sollten, wenngleich selbstverständlich klar ist, dass nicht alle
Orte alle Kriterien erfüllen können. So sollten
-   Orte der politischen Entscheidungen
-   Orte der Grenze und der Grenzübergänge
-   Orte der militärischen Sicherung der Grenze und von Geheimdienstoperationen im Kalten
    Krieg mit Bezug zum „Eisernen Vorhang“
- Orte des individuellen und bürgerschaftlichen Widerstandes zur Überwindung von Mauer
    und „Eisernem Vorhang“ benannt werden.
Dabei war der Dreiklang von
-      Entstehung
-      Existenz und
-      Überwindung
des „Eisernen Vorhangs“ im Blick zu behalten.
Der Antrag sollte sich auf ausgewählte Gedenkstätten beschränken (Größenordnung ca. 5)
und auch solche Orte umfassen, die mit dem Themenbezug in der Zeit nach dem Mauerfall
entstanden sind. Er steht in keiner Konkurrenz zu den Initiativen „Grünes Band“ bzw. der für
die Einrichtung eines „Iron-Curtain-Trails“ unter dem European Heritage-Label. Diese
ergänzen das Vorhaben.
Wichtiges Kriterium für die Auswahl dieser Orte ist – auch in Abgrenzung zu den
Definitionskriterien für das UNESCO-Welterbe der Menschheit – die europäische Dimension
ihrer historischen bzw. kulturellen Bedeutung sowie ihre Einzigartigkeit in Europa (auf
Grundlage der Benennung von Alleinstellungsmerkmalen). Besonderheiten der jeweiligen
Orte gilt es herauszustellen.
Darüber hinaus sollen bei den auszuwählenden Orten Bestandssicherheit sowie bestimmte
infrastrukturelle Voraussetzungen (Besucherfreundlichkeit, Mehrsprachigkeit           und
Möglichkeiten zur Vernetzung) gegeben sein. Als ganz wesentlich wurde also die nachhaltige
Infrastruktur der jeweiligen Institution/des Ortes/der Stätte gerade in Hinsicht auf die
Vermittlungsangebote angesehen.
DAS GRÜNE BAND UND DER EISERNE VORHANG - DAS EUROPÄISCHE GRENZSYSTEM DES
KALTEN KRIEGES ZWISCHEN NATUR- UND KULTURERBE DER EUROPÄISCHEN UNION UND DER
UNESCO                                                                           471
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5. Das Grüne Band und das Europäische Grenzsystem des Kalten Krieges als Natur –
und Kulturerbe
5.1    Der methodische Ansatz der Historischen Landschaft - Grundlage für die
Identifizierung des zeitgeschichtlichen Erbes des Europäischen Grenzsystems des Kalten
Krieges
In der Landschaftszone des Grünen Bandes bzw. Europäischen Grenzsystem des Kalten
Krieges ist nicht nur herausragendes Naturerbe vorhanden, sondern auch herausragendes
Kulturerbe vorhanden, das sich gemäß europäischem Verständnis in baukulturelles,
bauhistorisches bzw. kunsthistorisches Erbe, archäologisches und (hier besonders wichtig)
kulturlandschaftliches Erbe gliedert. Die bisherigen Konzepte konzentrieren sich im Rahmen
des Grünen Bandes auf das Naturerbe und im Rahmen der Basiskonzeption „Europäisches
Kulturerbesiegel Eiserner Vorhang“ der Kultusministerkonferenz ((KMK) 2010)
schwerpunktmäßig auf die bauhistorischen Objekte bzw. Relikte und museale Brennpunkte
Die kulturlandschaftliche Dimension, der Ansatz der Historischen Kulturlandschaft, für den
die genannte KMK eine bundesweit wirksame Definition verabschiedet hat, kann bei beiden
Ansätzen nicht ausgemacht deren.
     Zum Begriff der Historischen Kulturlandschaft
Eine Historische Kulturlandschaft ist Träger materieller, geschichtlicher Überlieferung und
bekommt im Einzelfall eine eigene Wertigkeit im Sinne einer Denkmalbedeutung. Wesentlich
dafür sind Elemente und Strukturen in der Landschaft, denen man geschichtliche Bedeutung
zumisst, ohne dass sie selbst denkmalwürdig sein müssen. Die Historische Kulturlandschaft
ist zugleich das Umfeld einzelner historischer Kulturlandschaftselemente oder Denkmale. Die
Erhaltung einer historischen Kulturlandschaft oder Teilen davon liegt in beiden Fällen im
öffentlichen Interesse (Kultusministerkonferenz 2003, 1). Eine Historische Kulturlandschaft
als Träger materieller, geschichtlicher Überlieferung und bekommt somit im Einzelfall eine
eigene Wertigkeit im Sinne einer Denkmalbedeutung. Sie ist auch Kulturgut, das sich gemäß
europäischem Verständnis in baukulturelles, bauhistorisches bzw. kunsthistorisches Erbe,
archäologisches und (hier besonders wichtig) kulturlandschaftliches Erbe gliedert.
   Kulturlandschaftstypen in der Zone des Grünen Bandes und des europäischen
Grenzsystem des Kalten Krieges
Nach dem Definitionsrahmen der UNESCO-Welterberichtlinie 2008 können im
Zusammenhang mit dem Grünen Band bzw. genannten Grenzsystem u.a. folgende
Gesichtspunkte hervorgehoben werden: Der Bereich der genannten Zone ist eine kontinentale
Historische Kulturlandschaftszone mit flächen-, linien- und punktförmigen historischen
Kulturlandschaftselementen von herausragender universeller Bedeutung, in denen sich die
Neuordnung Europas, die Frontstellung des Kalten Krieges, die Bemühungen der
Entspannungspolitik, das Eintreten für die Menschenrechte, die Grenzöffnung und schließlich
die verschiedenen Konzepte einer europäischen Erinnerung etc. widerspiegeln. Die
Erinnerungslandschaft im materiellen Sinn ist der Schutzgegenstand und ein Symbol für die
territoriale Aufteilung Europas durch die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges in
Einflusssphären des „Westens“ und „Ostens“ bzw. dessen Auswirkungen. Die Relikte des
ehemaligen Grenzsystems führen uns heute durch verschiedenste Landschaftstypen: reine
„Reliktlandschaften“ (archäologische Landschaften) in denen z. B. auch bedeutende
Wüstungen vorhanden sind, insbesondere aber neben ländlichen Landschaftsbereichen, auch
durch - in der Sprache der Geographie - städtische Agglomerations- bzw. Verdichtungs-
regionen, die als sich „weiterentwickelnde Kulturlandschaftszonen“ bezeichnet werden
472                                                                            HANS PETER JESCHKE

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können. Damit sind neben der Denkmalpflege und der Landespflege auch alle historischen
Raumwissenschaften zum Schutz Visualisieren und Management heranzuziehen.
5.2    Sichtbarmachen des räumlichen und funktionellen Gesamtumfanges des
Grenzsystems „Eiserner Vorhang“ im GRÜNEN BAND und dem Ansatz der
Historischen Landschaft
   Visualisierung und Kontextualisierung des Grenzsystems in seinem räumlichen und
funktionellen Gesamtumfang
Der Begriff „Visualisierung“ bezeichnet die Kommunikation von Informationen durch
bildliche Darstellungen. Visualisierungen werden eingesetzt, um komplexe Sachverhalte und
Zusammenhänge möglichst einfach und anschaulich darzustellen. Da diese „stummen
Zeugen“ in den heutigen Landschaften Europas nicht für sich selbst sprechen, müssen sie in
zutreffender Weise erklärt und interpretiert werden. Die einzelnen historischen Objekte und
Strukturen als Zeichenträger und Mahnmal verlangen daher z. B. nach einer Kontextua-
lisierung, nach einer Rück- und Anbindung der Sachzeugnisse an das Hauptexponat, den
historischen Ort des „Eisernen Vorhanges“ und somit die Darstellung am Ort des Geschehens,
in der die Nachbarschaft von Tat, Täter und Tatort sinnfällig wird. Vergleichbares gilt für das
Naturerbe.

Abb: 7: Klein Berlin - Das innerdeutsche Grenzsystem am Beispiel von Mödlareuth in
Bayern ( Museum Mödlareuth)).
Das 50 Einwohner zählende Dorf Mödlareuth wurde wie sein großer Bruder in Berlin zum
Symbol der deutschen Teilung. Die Amerikaner nannten es „Little Berlin“. Nach dem Ende
des Zweiten Weltkrieges bildete der Tannbach zunächst die Demarkationslinie zwischen
Mödlareuth-Ost in der sowjetischen und Mödlareuth-West in der amerikanischen
Besatzungszone. Mit Gründung der beiden deutschen Staaten 1949 gehörte der thüringische
Teil des Ortes zum Territorium der DDR, die bayerische Hälfte zur Bundesrepublik. Mit der
Errichtung eines übermannshohen Holzbretterzaunes wurde die Abriegelung der beiden
Ortsteile eingeleitet. Jahrhundertealte wirtschaftliche, gesellschaftliche und familiäre
Verbindungen über den Tannbach hinweg kamen damit ziemlich abrupt zum Erliegen. In den
Folgejahren wurden die Sperranlagen in Mödlareuth immer weiter ausgebaut und
DAS GRÜNE BAND UND DER EISERNE VORHANG - DAS EUROPÄISCHE GRENZSYSTEM DES
KALTEN KRIEGES ZWISCHEN NATUR- UND KULTURERBE DER EUROPÄISCHEN UNION UND DER
UNESCO                                                                              473
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„verbessert“, bis 1966 schließlich die 700 m lange, 3,30 m hohe Betonsperrmauer errichtet
wurde.
Über 23 Jahre lang verlief diese trennende Mauer quer durch den Ort. Am 9. Dezember 1989
wurde der Grenzübergang in Mödlareuth eröffnet. Mit dem Fall der Mauer am 17. Juni 1990
entstand die Idee, ein Museum zur Geschichte der deutschen Teilung an diesem historisch
bedeutsamen Ort zu errichten. Gleichzeitig wurde auf ca. 100 m Länge die spezifische
Teilungssituation Mödlareuths mit Betonsperrmauer, Metallgitterzaun, Lichttrasse und
Beobachtungsturm vor dem Abriss bewahrt. Sie stellt als Baudenkmal zur Geschichte der
deutschen Teilung den heutigen Kernbereich des Freigeländes dar. Das Deutsch-Deutsche
Museum Mödlareuth, seit 2006 in Trägerschaft eines länderübergreifenden Zweckverbandes,
verfügt neben einer musealen Infrastruktur mit (Medien)Archiv, Präsenzbibliothek Depots
und Büros ein Freigelände, eine Dauerausstellung zur Geschichte des geteilten Dorfes
Mödlareuth, einen Sonderausstellungsbereich, eine Fahrzeugausstellung in Form eines
begehbaren Depots, einen Geschichts-Lehrpfad sowie zwei Seminar-/Veranstaltungsräume.
    Geographische Informationssysteme und 3D-Technologie
Mit einem Geographischen Informationssystems (GIS) und mithilfe von historischem
Quellenmaterial sowie Luftbildanalysen kann das Gesamtsystem für den Besucher erfahrbar
gemacht. Das Areal es „Eisernen Vorhanges“ soll damit (wieder) in den räumlichen und
historischen weitläufigen Gesamtzusammenhang des gesamten Grenzsystems „hineingestellt“
werden. Vergleichbares gilt für das Naturerbe in seiner herausragenden Komplexheit.
Ziel ist es dabei die
-  Sichtbarmachung des räumlichen und funktionellen Gesamtumfanges des Grenzsystems
„Eiserner Vorhang“ als Europäisches Grenzsystem des Kalten Krieges.
-   Sichtbarmachung von noch vorhandenen historischen Elementen und Spuren in ihrer
authentischen Substanz und Struktur auch außerhalb der sehr eng abgegrenzten Grenzlinie
und vor allem an anderen zugehörigen historischen Orten in allen Bereichen des ehemaligen
Grenzsystems sowie zugehörigen Wüstungen.
-   topographisch orientierte Sichtbarmachung des Alltages mit Zeitzeugenberichten und
Bilddokumenten sowie
-  Verknüpfung verschiedener zeitgeschichtlicher Informationen mit der regionalen und
europaweiten Topographie.
    Eine didaktisch – pädagogische Perspektive
Der Besucher soll
        wissen, dass geschichtliche Prozesse sich in Räumen abspielen,
        erfahren, dass jeder Raum geschichtlich geworden ist,
        einsehen, dass Räume in verschiedenen Zeiten anders bewertet worden sind,
        beurteilen, welche Bedingungen und wann zur Inwertsetzung oder Umwertung eines
        Raumes geführt haben und
       zur Überzeugung gelangen, dass der Raum den Gestaltungsprozess nicht determiniert,
sondern dass geistige Kräfte, gesellschaftliche Bewegungen und technisch-ökonomische
Rahmenbedingungen gleiche Räume sehr differenziert gestalten können (W. Sperling).
474                                                                            HANS PETER JESCHKE

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5.3    Die Bestandsaufnahme des Natur- und Kulturerbes – Hinweise zu vorhandenen
Intarisationsprojekten
a) Das GIS-Mapping-Project als Landschaftsinformationssystem Grünes Band auf
europäischer und nationaler Ebene (GIS-Mapping-Project – A Database for the pan-
European Green Belt (Schlumprecht et al. 2007)) – Die naturschutzfachliche Dimension
Für eine pan-europäische Darstellung des gesamten Grünen Bandes wurde in
Zusammenführung aller geographischen Informationen zu den naturschutzfachlich wertvollen
Gebieten oder Schutzgebieten ein Landschaftsinformationssystem mit dem GIS-Mapping-
Project (GIS-Mapping-Project – A Database for the pan-European Green Belt, Schlumprecht
et al. 2007), also ein „Landschaftsinformationssystem Grünes Band“ eingerichtet. Die
bisherigen Daten müssen jedoch, wie oben erläutert, durch eine historisch-geographische
Inventarisation und Grundlagenforschung ergänzt werden.
    Synthese der Gebietsbeschreibungen für die Öffentlichkeitsarbeit
Das Grüne Band besteht aus ca. 390 aggregierten Gebieten, wobei jedes Gebiet zwischen 1
und maximal 62 Teilgebiete mit unterschiedlichem Schutzstatus enthält. In der Datenbank
befinden sich bei ca. 260 Gebieten – neben den Informationen zu Arten und Habitaten – z.T.
ausführliche textliche Informationen zur Gebietsbeschreibung dieser Teilgebiete (v.a. aus
NATURA2000-Datenbanken, aber auch aus Internet-Quellen oder sonstigen Quellen).
Datenbank und GIS enthalten eine Vielzahl von Daten, die einzelnen Schutzgebiete
betreffend, jedoch keine gebietsbezogene, zusammenfassende Beschreibung der aggregierten
Gebiete (Kerngebiete, Cluster, lineare Korridore und Satellitengebiete) entlang des Grünen
Bandes.

Abb. 8: Ausschnitt des Grünen Bandes im Bereich Österreich, Tschechische Republik und
Slowakei mit den verschiedenen Gebietstypen (Schlumprecht 2009).
DAS GRÜNE BAND UND DER EISERNE VORHANG - DAS EUROPÄISCHE GRENZSYSTEM DES
KALTEN KRIEGES ZWISCHEN NATUR- UND KULTURERBE DER EUROPÄISCHEN UNION UND DER
UNESCO                                                                    475
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   Poster-Serien für das Grüne Band Europa
Aus dem GIS-Projekt wurde eine Poster-Serie erstellt, die regionale Auszüge aus dem Grünen
Band Europa wiedergibt. Sie haben folgenden Aufbau: Pan-Europäische Überblickskarte
mit Lage-Angaben der Detailkarte. Regionale Detailkarte mit den ausgewählten Gebieten
am Grünen Band und Darstellung der Pufferzone rund um den ehemaligen „Eisernen
Vorhang“. Tabellarische Auflistung der Gebiete (Code-Nummer und Name). Legende,
Logos, Impressum etc.
     Weitere Arbeitsschritte und Umsetzungsmöglichkeiten
Für die weitere Umsetzung des Schutzes des Europäischen Grünen Bandes mit Hilfe des GIS-
Mapping-Projektes bestehen folgende Möglichkeiten: 1. Synthese der Gebietsbeschreibungen
und ihre Aufbereitung für die Öffentlichkeitsarbeit, 2. Auswertungen zum Länder-
übergreifenden Entwicklungspotenzial entlang des Grünen Bandes. 3. Analyse der
Biodiversität im Grünen Band: Arten und Habitate. 4. Vorausschauende Anpassung an den
Klimawandel und 5. Landschaftsökologische Vernetzungs- und Umfeld-Analysen.
b)    Die historische Dimension als zweiter „Layer“ – Das Beispiel Berliner Mauer
Die Berliner Mauer zog sich als innerstädtischer Grenzstreifen 43,1 km von Nord nach Süd
mitten durch die Stadt. 111,9 km maß die Abgrenzung des Westteils der Stadt zum Umland.
Zunächst als Stacheldrahtzaun angelegt bzw. mit Hohlblocksteinen grob gemauert,
entwickelte sich die Grenze nach West-Berlin zu einem nahezu unüberwindlichen
Grenzsystem, das in dem nachfolgenden historischen DDR – Kartenwerk im Ausschnitt
wiedergegeben wird. Das Kartenwerk umfasste Spezialkarten in 2 Maßstabsebenen für die
Grenztruppe der DDR (Teilstreitkraft der NVA (Nationale Volksarmee)), die keine
Polizeieinheit, sondern ein Teilverband mit klaren Kampfaufträgen im „Verteidigungsfall“
war und eine Stärke von rund 40.000 Mann hatte.

                                                    Abb. 9: Karte der Grenzsicherung der DDR
                                                    im Maßstab 1 : 10.000 (Kartenblatt : N-33-
                                                    123-B-d-3 / Berlin Mitte (16
                                                    21.2.14.33.123.243)).
476                                                                    HANS PETER JESCHKE

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Der Ausschnitt aus dem genannten historischen Dokument zeigt den Verlauf des sogenannten
„Antifaschistischen Schutzwalls“ vom Spreebogen über den Potsdamer Platz bis zur
Jerusalemer Straße. Die Grenzmauer wird durch eine teilweise verstärkte schwarze Linie
dargestellt. Davor befinden sich die B-Türme, die Führungsstellen sind mit einem Punkt
versehen. Der Todesstreifen wird durch die Hinterlandsicherungsmauer (HSM) oder einen
Grenzsignetzaun (GS2) abgesichert. Das Grenzgebiet ist durch eine rote Linie markiert. Der
Zutritt war nur mit Sondergenehmigung gestattet. Die hier violett markierten und
nummerierten Objekte in Westberlin sind Bundes- und Landesbehörden. 3.3.2 =
Bundestagsverwaltung und 3.1.20 = Landesarbeitsamt. Die nummerierten Objekte auf DDR-
Gebiet sind die Grenzübergangsstellen. 9.1.4 = Friedrichstraße, 9.2.1 = Marschallbrücke und
9.3.1 = Bahnhof Friedrichstraße (Fasching und Pfahlbusch (2006)): Die topographisch-
geodätische Sicherstellung der Land – und Luftstreitkräfte der NVA sowie der Grenztruppe
der DDR. In: Fasching (Red. 2006): A.a.O. S. 74.
Im Rahmen des DEG-Projektes „Die ‚Berliner Mauer’ als Symbol es Kalten Krieges“ wurde
ein Geoinformationssystem erstellt, mit dem die im Projektmodul „Die Grenze, als Bauwerk“
erhobenen Daten zusammengefasst, analysiert und online publiziert werden können. Für die
Objektdarstellung im Kontext dynamischer Karten und Satellitenbilder des
Geoinformationssystems werden Daten aus ganz unterschiedlichen Quellen aufbereitet,
strukturiert und verknüpft. Die Erfassung der Geodaten, also der raumbezogenen Daten,
erfolgte vor Ort am Objekt. Im Rahmen dieses Projektes wurde auf 155 Kilometern nach
sämtlichen noch vorhandenen Resten und Spuren der „Berliner Mauer“ gesucht. Jeder Befund
– also jedes Grenzobjekt – wurde fotografiert, mittels eines GPS-Gerätes verortet und unter
Angabe der entsprechenden GPS-Punktnummern im Begehungsprotokoll verzeichnet. Ziel
war es, erstmals einen vollständigen Überblick über alle Reste und Spuren der „Berliner
Mauer“ zu geben. Dazu gehört auch die Bereitstellung von Hintergrundinformationen, um die
heute isoliert erhaltenen Grenzteile im Funktionszusammenhang des ehemaligen
Grenzsystems sehen zu können (vgl. Abb. 10).
Die in der Datenbank erfassten Objekte lassen sich nun im Rahmen von georeferenzierten
Karten und Luftbildern darstellen und analysieren. Sie erweitern die Darstellungs- und
Analysemöglichkeiten einer konventionellen Datenbank um eine räumliche Komponente.
Zugleich ermöglichen Zoom- und Ausschnittwahlfunktionen sowohl den Blick auf die
Gesamtstruktur als auch auf das Detail. Im Rahmen des Projektes wurden Karten und
Luftbilder des Webdienstes Google genutzt. Für Deutschland bietet Google nahezu
flächendeckend hochauflösende Satellitenbilder und Karten an, die im Rahmen
nichtkommerzieller Projekte kostenfrei genutzt werden können (Mues 2009).

                                                   Abb. 10: Das digitale Bild der Berliner Mauer.
DAS GRÜNE BAND UND DER EISERNE VORHANG - DAS EUROPÄISCHE GRENZSYSTEM DES
KALTEN KRIEGES ZWISCHEN NATUR- UND KULTURERBE DER EUROPÄISCHEN UNION UND DER
UNESCO                                                                    477
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Auf 155 km wurden die erhaltenen Grenzobjekte der „Berliner Mauer“ mit einem GS-Gerät
vermessen. Hier eine Ansicht der etwa zweitausend Messpunkte im Rahmen des Digitalen
Navigationsmodells (DNM), das über einen Web Map Service (WMS) von der
Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg zur Verfügung gestellt wird
(Mues, 2009, S. 114 ( Landesvermessungsamt Brandenburg)).

6.      Hinweise zur Frage der Bedeutung – Welterbe oder Kontinentalerbe ?
a)      Das Naturerbe
+ Der Europeen Green Belt und seine drei Abschnitte
Das Grüne Band verbindet fast alle biogeographischen Regionen Europas und verknüpft 23
Staaten zwischen der Barentsee und dem Schwarzen Meer. In dem Landschaftsbereich von
12.500 km Länge sind 393 wertvolle mit 1.400 Teilgebiete erfasst. Darüber hinaus liegen eine
Vielzahl wertvoller Landschaften und vielfältiger Landschaftstypen am Grünen Band.
Das Grüne Band Europa besteht aus folgenden drei Teilen (Stand Mai 2006):
   Nord – Fennoskandinavisches und baltisches Grünes Band (Fennoscandian and
Baltic Green Belt). Beteiligte: Norwegen, Finnland, Russische Föderation sowie Litauen,
Lettland und Estland, Polen. Verlauf: von der Barentssee bis zur Ostsee
Entlang der finnischen Seite bestehen an der Grenze zur Russischen Föderation eine Reihe
von Nationalparken und Naturschutzgebieten wie die Nationalparke UKK Park, Paanajaärvi,
Ouianka, Friendship park, Kalevala, Patvinsou, North Karelian Biosphärenreservat, Italinen
Suomenlahtii, die durch geplante Naturschutzgebiete und auch Nationalparke auf finnischer
und russischer Seite ergänzt werden sollen.
Die marine Grenze der Länder Estland, Lettland und Litauen sowie der russische Exklave
Königsberg zur Ostsee ist Bestandteil dieses Teils des Grünen Bandes.
     Mitte – Zentraleuropäischer Teil (Central European Green Belt)
Beteiligte: Deutschland, Tschechische Republik, Slowakische Republik, Österreich, Ungarn,
Kroatien und mit einer Abzweigung zum Adriatischen Meer Italien, Slowenien.
Verlauf: von der Ostsee bis zur Adria und bis in den Balkan.
     Süd – Südosteuropäisches Grünes Band (South-eastern or Balkan Green Belt)
Beteiligte: Rumänien, Bulgarien und die Staaten des ehemaligen Jugoslawiens (Republik
Serbien, Republik Montenegro, FYR Makedonien), Griechenland, Türkei sowie die Grenze
rund um Albanien.
Verlauf: von Serbien bis zum Schwarzen Meer. Dieser Bereich des Grünen Bandes Europa
beginnt ab Serbien und verläuft dann entlang der Grenze Makedoniens und der Grenzen
Bulgariens zum Schwarzen Meer. Da Albanien jahrzehntelang isoliert war, weist der
südosteuropäische Bereich auch einen Seitenast rund um Albanien auf.
Detaillierte Informationen sind dem „Landschaftsinformationssystem“ für das Grüne Band
(GIS Mapping Projekt – A Database for the Pan-European Green Belt (Schlumprecht et al.
2007)) und unter anderem den Poster-Serien für das Grüne Band Europa zu entnehmen.
478                                                                  HANS PETER JESCHKE

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+ Das Grüne Band – ein pan-europäischer Biotopverbund von Weltbedeutung
Das Grüne Band ist die Kernzone eines pan-europäischen Biotopverbundes und damit
Refugium für viele bedrohte Tiere und Pflanzen. Neben dem Erhalt bedrohter Arten ist vor
allem die barrierefreie Vernetzung verschiedener Gebiete (Zum Teil auch herausragender
Bedeutung wie UNESCO – Bioreservate, UNESCO - Kulturlandschaften, Nationalparke etc.)
eines der Hauptziele des Grünen Bandes. Dabei werden bestehende Schutzgebiete und
naturschutzfachlich wertvolle Gebiete in das System des Grünen Bandes so integriert werden,
dass ein Austausch zwischen Populationen und z.B. eine Wanderung von Tieren zwischen
den einzelnen Habitaten möglich ist. Die Schutzgebiete auf nationaler Ebene werden durch
das Projekt zu einem internationalen Biotopverbund von gesamteuropäischem Format
zusammengefasst, der wegen seiner integralen und kontinentalen Konzeption weltweit
exemplarisch ist. Mit Hilfe des Grünen Bandes Europa wurde auch ein exemplarischer
Beitrag zur Umsetzung von internationalen Schutzgebietsnetzwerken erbracht werden. Hierzu
gehören: Natura-2000-Netzwerk und FFH-Richtlinie der EU Emerald-Netzwerk Berner
Konvention     CBD (Konvention über die Biologische Vielfalt)         PEEN/PEBLDS des
Europarates.
Neben der naturschutzfachlichen ist die allgemeine gesellschaftspolitische Dimension des
Projektes wichtig. Als grenzüberschreitendes, kontinentales Naturschutzprojekt trägt es zur
Integration der Menschen über politische Grenzen hinweg bei. Dies wird auch durch die
Erweiterung des Begriffes vom Grünen Bandes als Lebensband Europas unterstützt. Das
Grüne Band Europa leistet aufgrund seiner Geschichte dabei nicht nur einen speziellen
Beitrag bei der Verständigung zwischen europäischen Staaten, sondern verdeutlicht auch die
Anliegen des Naturschutzes einer breiten, internationalen Öffentlichkeit in allen Kontinenten
der Erde.
b)     Das Kulturerbe
   Weitere Hinweise zur Bedeutung             der   Kulturlandschaftszone Europäisches
Grenzsystem des Kalten Krieges
+      Der Eiserne Vorhang aus einer weltumspannenden Sicht
Weitere Hinweise zur weltweiten Bedeutung in unserem Zusammenhang können einem
Dokument von Roman Sandgruber und Norbert Loidol (1999), die den Bedeutungshorizont
weit über die Betrachtung einer innerdeutschen Grenzziehung hinaus öffnen:
„Der Eiserne Vorhang war ein Resultat extremer Abläufe und Entwicklungen des 20.
Jahrhunderts. Die Wurzeln der nachfolgenden Teilung Europas liegen weit zurück, in den
nach dem Ersten Weltkrieg nicht gelösten Nationalitätenproblemen und der durch die
bolschewistische Oktoberrevolution geschaffenen Polarisierung Europas. Den vorläufigen
Abschluss fand diese Phase der Zerrissenheit des Kontinents, die in der Rückschau als
prägend für das”kurze 20. Jahrhundert” erscheint, durch den Zusammenbruch des "realen"
Sozialismus in den Jahren zwischen 1989 und 1990.
Aus dem Zusammenbruch der Habsburgermonarchie im Ersten Weltkrieg waren in
Ostmitteleuropa zahlreiche neue Grenzen entstanden. Die Kleinstaaten, die den neuen
Staatengürtel zwischen Deutschland und Russland bildeten, waren weder dem äußeren noch
dem inneren Druck gewachsen, weder dem Druck des nationalsozialistischen Deutschland
noch dem des kommunistischen Russlands.
Nach 1945 dehnten sich die Grenzen des Kommunismus in Europa und Asien dramatisch aus,
in Europa auf das gesamte Gebiet östlich einer Linie, die in etwa von der Elbe bis zur Adria
DAS GRÜNE BAND UND DER EISERNE VORHANG - DAS EUROPÄISCHE GRENZSYSTEM DES
KALTEN KRIEGES ZWISCHEN NATUR- UND KULTURERBE DER EUROPÄISCHEN UNION UND DER
UNESCO                                                                                 479
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verlief, mit Ausnahme Griechenlands. Unversehens fand sich mehr als ein Drittel der Welt
unter kommunistischer Herrschaft: die Baltischen Staaten, die Russland 1917 verloren hatte,
ebenso wie Polen, die Tschechoslowakei, Ungarn, Jugoslawien, Rumänien, Bulgarien und
Albanien. Auch der sowjetisch besetzte Teil Deutschlands, der 1949 endgültig vom restlichen
Deutschland abgetrennt und als eigener Staat mit dem Namen Deutsche Demokratische
Republik errichtet wurde, wurde in den sozialistischen Block einbezogen. Außerhalb Europas
etablierte sich der Kommunismus in China (1949), der Mongolei, in Korea, Vietnam, Laos,
Kambodscha, Kuba und in einigen Teilen Afrikas.
Die politische Konsequenz war die Teilung der Welt in zwei große Blöcke und der Aufbau
des Eisernen Vorhangs, der die beiden Blöcke streng von einander trennte. Die militärische
Bedrohung, die das kommunistische Vordringen zwischen 1945 und 1947 darstellte, änderte
die Strategien in Westeuropa. Die Epoche des Kalten Krieges hatte begonnen. Eine der
Folgen war der Marshallplan, der in der freien Welt den größte Wirtschaftsaufschwung
einleitete, den es je gegeben hat und hier gleichzeitig die Weichen für die europäische
Einigung stellte, während er den wirtschaftlichen Rückstand des Ostblocks und seine
Abschottung von der freien Welt verschärfte.
1989 ist der "Eiserne Vorhang" gefallen: im letzten Drittel des Jahres 1989 stürzten
schlagartig die kommunistischen Regime Polens, Ungarns, der DDR, der Tschechoslowakei,
Bulgariens und Rumäniens. Ein knappes Jahr später war Deutschland wieder vereinigt. Kurz
darauf brach die Sowjetunion zusammen. Zehn Jahr später sind Ungarn, Tschechien und
Polen Mitglieder der NATO.
Die Ereignisse überschlugen sich in den Jahren 1989/90. Das Auffallendste daran: diese
revolutionären Veränderungen sind mit Ausnahme Rumäniens und Jugoslawiens ohne Krieg
abgelaufen. Die friedliche Durchsetzung der deutschen Wiedervereinigung, die friedlichen
Revolutionen in Ostmitteleuropa, die friedliche Auflösung der Sowjetunion, all dies gehört zu
den bemerkenswertesten Entwicklungen der modernen Geschichte.
Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs und der Berliner Mauer im Jahr 1989, dieser äußeren
Sinnbilder der Teilung Europas und der Unterdrückung und Unfreiheit, hat eine neue Phase
der europäischen Geschichte begonnen. Die Probleme der Teilung sind aber noch immer nicht
völlig überwunden. Neue Konfrontationen haben sich ergeben. Gleichzeitig allerdings gilt es
zu mahnen und zu erinnern, damit die Jahrzehnte der Teilung und Trennung nicht vergessen
werden und eine Wiederkehr solcher Konstellationen verhindert wird “ (Sandgruber und
Loidol 1999, S. 1/2).
„Die Geschichte des Eisernen Vorhangs ist eng verknüpft mit der Geschichte der größten
Umsiedlungs- und Vertreibungsaktionen in der Geschichte Europas. Das National-
sozialistische Deutsche Reich begann das Konzept ethnischer Säuberungen im mittel und
osteuropäischen Raum mit Um- und Aussiedlungen, Deportationen und Vernichtungen in
großem Stile zu realisieren. Die Alliierten folgten nach. Auf den Konferenzen von Teheran
und Jalta wurde die Frage der Vertreibung der Deutschen aus Ostmitteleuropa erörtert, unter
der Zielsetzung, die Minderheitenprobleme ein für allemal aus der Welt zu schaffen. Winston
Churchill erklärte im Dezember 1944 im britischen Unterhaus: "Denn die Vertreibung ist,
soweit wir in der Lage sind, es zu überschauen, das befriedigendste und dauerhafteste Mittel.
Es wird keine Mischung der Bevölkerung geben, durch die endlose Unannehmlichkeiten
entstünden – wie zum Beispiel im Fall Elsass-Lothringen. Reiner Tisch wird gemacht
werden."
Vom 17. Juli bis 2. August 1945 trafen sich die Vertreter der Siegermächte im Cäcilienhof in
Berlin-Potsdam mit dem Ziel, zur Regelung der Nachkriegsprobleme verbindliche Beschlüsse
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