Klima- und Kulturgerechtes Bauen Bauen in unterschiedlichen Klimazonen I Leseprobe - Master Online Klima- und ...

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Klima- und Kulturgerechtes Bauen Bauen in unterschiedlichen Klimazonen I Leseprobe - Master Online Klima- und ...
Das diesem Bericht zugrundeliegende Vorhaben
                              wurde mit Mitteln des Bundesministerium für
                                         Bildung und Forschung unter dem
                                Förderkennzeichen 16OH22045 gefördert.
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               Master Online Klima- und Kulturgerechtes Bauen

              Klima- und Kulturgerechtes Bauen
                               -
            Bauen in unterschiedlichen Klimazonen I
                          Leseprobe

                     Prof. Dr.-Ing. Schew-Ram Mehra
                             Pia Krause, M.Sc.
                            Adrian Eitle, M.Sc.

Gefördert durch:
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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung                                                 2
2. Bauliche Maßnahmen in der trocken-warmen Klimazone         3
  2.1 Autochthone Gestaltungsprinzipien                       4
  2.2 Zeitgenössische Architektur – University of Qatar       14
3. Bauliche Maßnahmen in der feucht-warmen Klimazone          21
  3.1 Autochthone Gestaltungsprinzipien                       22
  3.2 Zeitgenössische Architektur – Primary School in Gando   27
Literaturverzeichnis                                          33
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1. Einleitung

Der Forscher und Planer Victor Olgyay machte bereits im Jahr 1963 darauf
aufmerksam, dass durch die Gestaltung der Gebäude die natürlichen
Ressourcen der Umgebung zur positiven Beeinflussung des Mikro - und
Raumklimas bestmöglich auszunutzen sind [19]. Bild 1 zeigt die sogenannte
bioklimatische Chart nach [19]. Das Diagramm bezieht die Parameter
Raumlufttemperatur und relative Feuchte auf den menschlichen Komfort.
Weiter bewertet es die potenzielle Anwendbarkeit ausgewählter bioklimatischer
Maßnahmen (z.B. passive Solarheizung, natürliche Belüftung, hohe thermische
Masse usw.), um die gewünschten Komfortbedingungen durch passive,
bauliche Designelemente zu erzielen.

Bild 1:     Bioklimatische Chart zur Darstellung von Maßnahmen zum
            klimagerechten Bauen nach [19].
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Der Einsatz von bioklimatischen Maßnahmen zur bewussten Beeinflussung des
Innenraumklimas ist insbesondere bei autochthonen Bauten hervorragend zu
erkennen (vgl. Lernmodul 1 – KKB Ziele und Grundprinzipien). Aber auch
ausgewählte Beispiele von zeitgenössischen Bauten setzen bioklimatische
Maßnahmen entsprechend Bild 1 um.

Das Lernmodul 4 – KKB Bauen in unterschiedlichen Klimazonen l befasst sich
mit dem klimagerechten Bauen sowohl von autochthonen, als auch von
zeitgenössischen Bauten in den Klimazonen trocken – warm sowie feucht –
warm. Darauf aufbauend werden im          Lernmodul 5    – KKB Bauen in
unterschiedlichen Klimazonen ll die Klimazonen kalt und gemäßigt behandelt.

2. Bauliche Maßnahmen in der trocken-warmen Klimazone

Wie im Lernmodul 3 – Meteorologische Grundlagen ausführlich dargestellt,
zeichnet sich das Klima in der trocken-warmen Zone durch intensive
Sonneneinstrahlungen, hohe Tag-/ Nachttemperaturdifferenzen und geringe
Niederschlagsmengen aus. Bild 2 zeigt die Spanne von Außentemperatur und
relativer Feuchte der Monate Juli und Januar der Stadt Teheran im Iran
bezogen auf das bioklimatische Diagramm. Entsprechend Bild 2 kann das
Innenraumklima bei Bauten in Teheran durch den richtigen Umgang mit solaren
Energien, natürlichen Belüftungssystemen, dem Einsatz von Speichermasse
sowie Kühlung durch Transpiration und Evaporation positiv beeinflusst werden.
Im Folgenden werden diese Prinzipien anhand von gebauten Beispielen näher
erläutert.
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Bild 2:     Bioklimatische Chart zur Darstellung von Maßnahmen zum
            klimagerechten Bauen der Stadt Teheran nach [19].

2.1 Autochthone Gestaltungsprinzipien

Außenraum und Bauform

Historisch gewachsene Städte in der trocken-warmen Klimazone weisen eine
dichte Siedlungsstruktur mit engen Gassen auf. Dadurch wird die solare
Einstrahlung auf die opaken und transparenten Bauteile reduziert (vgl. Bild 3)
[26]. Weiter ist aus Bild 3 das hohe Vorkommen von begrünten Innenhöfen zu
erkennen. Die Kubatur der Hofhäuser begünstigt zum einen die gegenseitige
Verschattung der Fassadenteile (vgl. Lernmodul 2 – SBP Einfluss der
Bebauung auf die Temperatur und Bild 4). Zum anderen kann durch den Einsatz
von   Wasser   und   Bepflanzungen    im   Innenhof   das   Mikroklima   durch
Transpiration und Evaporation positiv beeinflusst werden.
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Bild 3:   Qaleh kohneh-Viertel in der Stadt Yazd, Iran [8].

Bild 4:   Verschattung des Innenhofes eines Gebäudes im Oman [18].
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In [14] wurden traditionelle Hofhäuser in Damaskus und deren Wirkungsweisen
messtechnisch untersucht. Bild 5 stellt zusammengefasst die Ergebnisse eines
sogenannten Fakhry Hofhauses mit den Lufttemperaturverläufen von Innenhof
und -raum im Vergleich zu den Außentemperaturen über drei Tage dar. Die
Temperaturen des Innenhofes sind im Vergleich zu den Außentemperaturen
deutlich geringer. Maximal werden im Hof Temperaturen von 32 °C erreicht; im
Außenraum steigen diese hingegen auf bis zu 41 °C an. Eine weitere
Reduzierung der Temperaturen wird in dem nördlichen Wohnraum erzielt. Die
maximalen Temperaturen liegen hier bei 28 °C.

Bild 5:     Messtechnische Untersuchung eines traditionellen Hofhauses in
            Damaskus [14].

Neben dem gängigen, und häufig vorkommenden Flachdach, ist die gewölbte
Dachform ein typisches Designelement im trocken-warmen Klima (vgl. Bild 6).
Diese Dachform wird häufig mit einem Windturm kombiniert und weist
gegenüber dem Flachdach einige Vorteile auf. Unter dem gewölbten Dach
sammelt sich, aufgrund der geringeren Dichte von warmer Luft gegenüber
kalter Luft (thermische Schichtung), die erwärmte Luft. Entsprechend weist der
Wohnraum niedrigere Raumtemperaturen als der Dachraum auf. Aufgrund der
hohen Temperaturen im Dachraum, wird zusätzlich der Wärmestrom durch
Leitung von außen nach innen begrenzt.
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Die Luftzirkulation bzw. die Kühlungseffektivität kann darüber hinaus durch
Öffnungen im Dach erhöht werden. Wenn Luft über eine gekrümmte Fläche
strömt, nimmt ihre Geschwindigkeit zu, was zu einem Absinken des Drucks an
der Spitze des gewölbten Daches (d.h. an den Öffnungen) führt und einen
Unterdruck erzeugt. Die warme Luft strömt durch die Öffnungen nach außen,
zieht frische Luft von außen nach und fördert dadurch eine stetige
Rumluftzirkulation [3].

Bild 6:      Skizze eines gewölbten Daches mit Öffnung inkl. bauphysi-
             kalischer Effekte nach [3].

Speichermasse

Eines der bedeutendsten passiven Designelemente in der trocken-warmen
Klimazone stellt der Einsatz von Speichermasse dar. Speichermasse nimmt
über den Tag Wärmeenergie auf und reduziert dadurch die Temperaturspitze
im Gebäudeinneren. In der Nacht wird die Wärmeenergie wieder an die kühle
Umgebung abgegeben. Als Speichermasse fungierte bei autochthonen Bauten
insbesondere Erde in Form von Lehm, luftgetrocknetem Lehmziegel sowie
gebranntem       Ziegel.   Diese     Baustoffe     besitzen    ein       hohes
Wärmespeichervermögen und eine relativ niedrige Wärmeleitfähigkeit. Die
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massiven    Baumaterialien    stellten       zudem   auch   bei   ungünstigen
Klimaverhältnissen das Funktionieren der Windtürme (vgl. folgender Abschnitt)
sicher.

Die direkte Nutzung von Erde bzw. Gestein erfolgte im trocken -warmen Klima
auch bspw. durch sogenannte „Erdwohnungen“. Bild 7 zeigt Erdwohnungen aus
dem Nord-Iran. Hier wurde sich das Erdreich als Wärmetauscher mit einer
hohen Wärmekapazität zu Nutze gemacht, wodurch im Inneren der Wohnungen
die Lufttemperatur ganzjährig auf ca. 22 °C gehalten werden konnte (bei
Außenlufttemperaturen von 40 bis 45 °C) [7].

Bild 7:     Erdwohnungen im Nord-Iran [7].

Belüftung - Windturm

Bereits vor etwa 1300 Jahren wurde der Windturm als Designelement vor allem
im Iran erbaut. Danach hat sich diese Bauweise in anderen Ländern im Nahen
Osten z.B. Irak, Dubai und Katar verbreitet [4]. In verschiedenen Regionen
existieren unterschiedliche Typen von Windtürmen, deren Form und Funktion
von den jeweiligen klimatischen Bedingungen der Regionen abhängig sind. Zu
den am häufigsten vorkommenden Typen gehören der „Malqaf“ und der
„Badgir“.
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Der Malqaf wurde zur Hauptwindrichtung ausgerichtet und ist deswegen nur für
eine spezifische Windrichtung wirksam. Gegenüber dem Malqaf kann der
Badgir (eine verbesserte Version des Malqafs) Wind aus mehreren Richtungen
ab- bzw. einfangen. Der Badgir hat Öffnungen auf mehreren Seiten [4]. Dadurch
wurde     die    Effektivität   der     Gebäudebelüftung        auch     bei   wechselnder
Windrichtung sichergestellt.

Bild 8:         Links – Skizzenhafter Schnitt eines Malqafs [25]
                Rechts – Fotographie eines Badgirs [10].

Je nach Tageszeit und Windverhältnissen hat der Windturm                           (Badgir)
verschiedene Funktionsprinzipien:

-   An windstillen Tagen strömt die warme Außenluft langsam durch die
    Öffnungen in den Windturm. Diese warme Luft wird durch die kälteren
    massiven Wände des Turms abgekühlt und sinkt anschließend aufgrund der
    vergrößerten Dichte nach unten ab. Dadurch strömt die kühle Luft in die
    Wohnräume und verdrängt die vorhandene warme Innenluft über den von
    der Windseite abgewandten Schacht sowie über die Fenster und die Türen.

-   In einer windstillen Nacht dreht sich die Strömungsrichtung um und der
    Windturm funktioniert wie ein Kamin. Die warmen massiven Wände
    erwärmen       in   der     Nacht    die       Luft   im   Schacht     (aufgrund   der
    Phasenverschiebung im Lehm) sowie die Luft in den Innenräumen. Die
10

    Dichte der Luft nimmt dadurch ab und steigt im Turm hoch. Dabei wird
    frische Luft durch Fenster und Türen des Gebäudes nachgezogen.

-   Weht Wind in der Nacht, gelangt dieser in Form von kalter Luft durch die
    Öffnungen der Windtürme ins Innere. Durch einen Unterdruck an der
    Öffnung des Windturmes und dem Auslass im Raum wird Luft von dem
    Wohnraum herangezogen und die Luftzirkulation wird gefördert (vgl. Bild 9).

Bild 9:        Statistisches Druckbild eines traditionellen
               Verdunstungskühlwindturm mit einer Einströmgeschwindigkeit
               von 3 m/s [11].

Die Wirkungsweise des Windturmes ist am effektivsten wenn das Gebäude mit
weiteren passiven Designelementen gekoppelt ist. So ist beispielsweise die
Verbindung mit einem Innenhof oder unterirdischen Räumen sinnvoll. Bild 10
zeigt die Effektivität eines Windturms in Verbindung mit einem unterirdischen
Raum.     In   [13]   wurden   die   Temperaturen   eines   solchen   Gebäudes
messtechnisch erhoben.

Bild 11 stellt die in [13] erhobenen Ergebnisse über den Verlauf von 24 h dar.
Die Innentemperatur im Keller ist über den gemessenen Zeitraum stets
niedriger als die Außentemperatur. Die größte Temperaturdifferenz zwischen
Innen- und Außentemperatur ist um 16 Uhr mit 14 K.
11

Bild 10:   Funktion eines Windturmes in Verbindung mit einem Kellerraum
           und einem Innenhof nach [13, 25].

Bild 11:   Vergleich der Außen- und Innenlufttemperatur im Keller [13].
12

Die   Kühlwirkung      eines   Windturms     kann     durch    den    Effekt     der
Verdunstungskühlung      zusätzlich   gefördert     werden    und    dadurch     die
Innenraumbehaglichkeit weiter verbessern. In vernakularen Bauten wurde der
Effekt der Verdunstungskühlung vielzählig eingesetzt.

Beispielsweise wurde die Effektivität von Windtürmen, durch die Installation
eines kleinen Brunnens im Windturm verbessert. Diese sind insbesondere in
der Stadt Yazd im Iran vorzufinden. Bevor die warme Luft ins Gebäude tritt,
strömt diese über die Wasserfläche des Brunnens. Dabei wird sensible
(fühlbare) Wärme der Luft aufgrund von Wasserverdunstung entzogen und
erzeugt dadurch eine Absenkung der Lufttemperatur.

Die Effektivität dieses Kühlungsvorgangs hängt von der Luftgeschwindigkeit
und -feuchtigkeit ab und ist besonders im trocken-warmen Klima aufgrund der
extrem     trockenen    Luft   wirksam.     Neben     der     Luftkühlung      durch
Wasserverdunstung an der Oberfläche des Brunnens fand auch eine
Kombination    aus     Tropfkammern    und    befeuchteten      Kohleschüttungen
Verwendung (vgl. Bild 12) [15]. Durch die Vergrößerung der Kontaktfläche der
Luft mit dem Wasser erhöht sich dabei die Wirkung der Verdunstungs kühlung.

Bild 12:     Tropfkammern mit Wasseroberfläche in einem Malqaf [25].
13

Eine    weitere      Möglichkeit   der    Verdunstungskühlung       wurde   durch   die
Einbeziehung eines unterirdischen Bachs als passives Designelement erzeugt.
Ein Beispiel stellt das Bild 13 dar. Die Luft aus dem Windturm strömt durch eine
Tür über der Schachtöffnung in den Keller. Da die Türöffnung kleiner ist als die
Windturmöffnung, nimmt die Strömungsgeschwindigkeit bei gleichbleibendem
Luftvolumen im Türbereich zu. Somit reduziert sich der Luftdruck im Türbereich.
Ein weiterer Schacht im Außenraum fördert Frischluft im Bachverlauf. Durch
die erzeugte Druckabnahme im Türbereich wird die abgekühlte Luft aus dem
unterirdischen Schacht in den Keller geleitet.

Durch      die    konstante   Kühle      solcher   unterirdischen   Bäche   über    den
Jahresverlauf, sind diese Systeme im Allgemeinen sehr effektiv. Stand kein
unterirdischer Bach zur Verfügung, wurden auch unterirdische Luftkanäle
aufgrund der hohen Speichermasse des Erdreichs als Lufterdwärmetauscher
eingesetzt [3].

Bild 13:         Passive Kühlung durch Windturm und unterirdischen Bach [3].
14

2.2 Zeitgenössische Architektur – University of Qatar

Im Jahr 1973 wurde der ägyptische Architekt Kamal El Kafrawi von der
UNESCO beauftragt erste Studien für Bildungseinrichtungen, sogenannte
Colleges, für den Standort Doha durchzuführen. Die Universität wurde
schließlich im Jahr 1977 mit den Colleges für Bildung, Geistes - und
Sozialwissenschaften, Scharia-, Recht-, und Islamwissenschaften sowie Natur-
, Human-, Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften in Betrieb genommen. Bild
14 zeigt ein Luftbild des Universitätsgeländes. Es ist zu erkennen, dass der
Campus aus vielen Gebäuden, ähnlich wie die Altstadtstruktur von Yazd oder
Qatar besteht. Die Grundstruktur der Bauten           basieren auf derselben
Rasterform von 8,4 m x 8,4 m großen Oktogonen und 3,4 m breiten Qu adraten
[24].

Bild 14:    Luftbild des Universitätsgeländes [22].

Ein Vorlesungssaal ist oktogonal und mit mindestens zwei quadratischen
Lobbys mit je einer Breite von 3,4 m verbunden. Die erste Lobby wird als
Eingang verwendet, während die zweite als natürliche Lichtquelle, Aufenthalts -
und Übergangsraum für die Studierenden dient. In Bild 15 ist die Kubatur eines
15

typischen Vorlesungssaals inkl. Aufenthalts- und Übungsraum der Universität
zu sehen.

Bild 15:     Kubatur eines Seminar- bzw. Vorlesungssaal [24].

Die Oktogone laufen pyramidenförmig zusammen, sodass auf dem Dach eine
quadratische Grundfläche entsteht an dieser jeweils ein Windturm platziert ist.
Die oktogonale Form wurde aus mehreren Gründen gewählt. Zum einen handelt
es sich dabei um eine geeignete Form als Unterbau der quadratischen
Windtürme.     Außerdem         erlaubt        die   Form   viele   verschiedene
Tischgruppierungen um die Hörsäle auch für wechselnde Veranstaltungen
sinnvoll gestalten zu können.

Primär wurde zum Bau der Universitätsgebäude Beton verwendet. Dabei wurde
sowohl auf Ortbeton als auch auf vorgefertigte Elemente für die äußere
Fassadenbekleidung zurückgegriffen. Tabelle 1 gibt den Aufbau einzelner
Bauteile sowie den dazugehörigen Wärmedurchgangskoeffizienten wieder.
16

Tabelle 1: Zusammenfassung Bauteile der Universität Katar [24].

                                   University Qatar
Bauteil         Aufbau von Außen nach Innen U-Wert                       Skizze

                Betonpaneele 10 cm
Außenwand       Mineralfaser 10 cm                   0,3 W/m²K
                Ortbeton 50 cm

                Betonplatte 25 cm
Dach            EPS Dämmung 10 cm                    0,3 W/m²K
                Innenputz 1,5 cm

                Terrazzo Oberschicht 1,5 cm
                Terrazzo Unterschicht 3,5 cm
                EPS Dämmung 10 cm
Decken                                               0,3 W/m²K
                Betonplatte 25 cm
                Innenputz 1,5 cm

Bauliches Konzept

Der Architekt Kamal El Kafrawi führte während der Planungsphase der
Universität mehrere Studien durch, die sich sowohl auf die klimatischen als
auch auf die sozial-kulturellen Faktoren in Katar bezogen. Kafrawi erkannte
einen starken Einfluss der traditionellen Lebensweise der Beduinen. Dennoch
beschloss Kafrawi, dass die direkte Übertragung und das sture Festhalten an
traditionellen Bauweisen ohne eine Verbesserung durch moderne Techniken
ein    Fehler    wären.    In   gleicher    Weise        wäre    es   aber   auch   falsch,
Gebäudekonzepte beispielsweise aus Amerika zu importieren, da diese nicht
ausreichend den gesellschaftlichen und kulturellen Ansprüchen sowie den
islamischen Werten der Nutzenden entsprechen. Demnach definierte Kafrawi
das Ziel traditionelle Elemente bei der Gestaltung der Gebäude aufzugreifen
sowie diese durch moderne Techniken zu bereichern [24].

Bei den Gebäuden der Universität sind viele Elemente der arabischen
Architektur     wiederzufinden,      die   in    gleicher    Weise    eine   klimagerechte
Architektur repräsentieren. Die Baukörper bzw. Oktogone sind so angeordnet,
17

dass durch den Wechsel von Innen- und Außenraum stets ein Innenhof
entsteht. Wie bereits erläutert, haben Innenhöfe in der trocken -heißen
Klimazone   eine   wichtige bauphysikalische Bedeutung.        Durch die sich
gegenseitig verschattenden Fassaden und durch die Vegetation im Hof,
entsteht ein eigenes, wesentlich angenehmeres Mikroklima. Außerdem dienen
die Innenhöfe in traditionellen, arabischen Gebäuden als gesellschaftlicher
Treffpunkt. Dieses Prinzip wurde bei der Universität übertragen; hier dienen die
Höfe als Übergangs-, Aufenthalts- und Lernplatz.

Die Fassaden der dem Hof zugewandten Seiten bestehen aus Mashrabiya-
Wänden. Mashrabiya-Wände stammen aus der traditionellen islamischen
Architektur und sind dekorative Holzgitter. Sie dienen als Lichtfilter und bieten
Schutz vor direkter Sonneneinstrahlung. Weiter fördern sie die Wahrung von
privater und religiöser Sphäre ohne die dahinterliegenden Räume voll ständig
zu isolieren. Durch die Holzgitter kann Luft hindurchzirkulieren und diffuse
Strahlung in den Raum gelangen. Durch die stetig zirkulierende Luft von Hof
und Innenraum sind die Mashrabiya-Wände für die Funktion der Windtürme
bedeutend [24].

Bild 16:    Links – Fotographie der Mashrabiya Wänden vor dem Innenhof .
            Rechts – Fotographie eines Innenhofes [24].
18

Bild 17:    Abbildung zur Wind- und Orientierungsstudie der Bauten [23].

Die Orientierung der Bauten ist für die Windzirkulation und das Funktionieren
der Windtürme ebenfalls von Bedeutung. Wie in Bild 17 zu sehen ist, wurden
mehrere Studien durchgeführt und entsprechende Erkenntnisse abgeleitet. Die
Bauten wurden 90° zur Windrichtung errichtet, um die Durchlüftung der Räume
zu maximieren. Dabei wurde ebenfalls beachtet, dass mit dem Wind auch feine
Sandkörner aus der nördlich gelegenen Wüste mittransportiert werden. Durch
die Orientierung der Öffnungen in Richtung Innenhöfe sind die Räume dennoch
19

vor Sandeintrag geschützt. Zudem wurde die Fassadenoberfläche so gestaltet,
dass der feine Wüstensand nicht an dieser haften bleibt.

Wie bereits erläutert stellen die Windtürme ein wichtiges passives Design -
Element dar. Beim Zirkulieren der Luft durch den Windturm gibt die Zuluft, die
im    Vergleich   zum    Baustoff     des         Turms      nur   über    ein    geringes
Wärmespeichervermögen verfügt, Energie an die kühlere Masse des Gebäudes
ab.   Die    Abkühlung     der    eintretenden             Außenluft   führt     zu   einer
Luftdichteerhöhung,     wodurch     diese        absinkt    und    warme   Innenraumluft
entweicht.

Bild 18:     Fotographie der Windtürme [24].

Zur Unterstützung des Windturms dient die Speichermasse . Tagsüber ist es in
Doha wesentlich wärmer als in der Nacht, sodass sich die Bauteile über den
Tagesverlauf erwärmen. Durch die hohe Wärmekapazität der Bauteile wird die
Temperatur im Bauteile jedoch nur allmählich und zeitverzögert höher.
Gleiches gilt für die Innenraumtemperatur. Durch das TAV (vgl. Lernmodul 1 –
KKB Ziele und Grundprinzipien) sind in dem Gebäude der Universität am
späten Abend, wenn im Allgemeinen keine Veranstaltungen mehr stattfinden,
die Tageshöchstwerte zu verzeichnen. Da es in den Abendstunden bzw. in der
Nacht außen kälter als innen ist, geben die Bauteile die gespeicherte Wärme
wieder nach außen ab, sodass sie bis am Morgen abgekühlt sind und der
20

Prozess von vorne beginnt. Dieser Prozess ist dem Bild 19 zu entnehmen.
Dargestellt ist der Temperaturverlauf einer nach Süden gerichteten Außenwand
eines Seminarraumes bzw. Vorlesungssaal. Oben ist der Verlauf am Tag um
13 Uhr dargestellt, unten in der Nacht um 24 Uhr.

Bild 19:      Temperaturverlauf einer südlichen Außenfassade um 13 Uhr
              (oben) sowie um 24 Uhr (unten).

Wenn außenseitig ein Temperatursturz z.B. die Nachtkühle einsetzt, kühlt sich
das Bauteil nach außen hin ab. An der Innenoberfläche des Bauteils ist der
Temperatursturz zunächst noch nicht spürbar. Die nach außen abfließende
Wärme kommt daher nicht vom Innenraum, sondern stammt aus dem Bauteil
selbst. Das Bauteil zehrt gewissermaßen aus seinem Energievorrat, es wird
„entladen“.

Im Falle einer Erwärmung z.B. am Tag setzt der umgekehrte Vorgang ein. Das
Bauteil speichert die Wärme. Wichtig ist, dass eine Wärmespeicherung nur
dann wirksam wird, wenn sich die Temperaturen zeitlich ändern. D.h. in der
feucht-warmen Klimazone, in der die Tag- und Nachttemperaturdifferenz gering
ausfallen, ist die Speichermasse kontraproduktiv. Zudem ist die Wärme-
speicherung     an   den   sogenannten     "instationären"   Temperaturzustand
gebunden. Im stationären Zustand tritt keinerlei Speicherung auf.

Schlussfolgerung
21

Zur Zeit der Planungs- und Ausführungsphase der Gebäude herrschte weltweit
ein noch relativ junges Umweltbewusstsein. Erst die Energiekrise in den 1970er
Jahren, von der Katar jedoch gänzlich unberührt blieb, änderte insbesondere
im europäischen Raum die Sichtweise auf den Umgang mit Ress ourcen. Umso
bemerkenswerter ist es, dass sich Kafrawi das Ziel setzte, sowohl eine dem
Klima, als auch der Kultur angepasste Architektur zu entwickeln. Kafrawi
kombinierte die traditionellen passiven Design-Element der Windtürme mit
einem modernen Gebäudeentwurf. Weiter nahm er in besonderem Maße auf
kulturell geprägte Nutzerwünsche Rücksicht.

In puncto Baumaterialien ist dennoch Optimierungspotential. Primär kam Beton
zum Einsatz. Dieser ist durch die Zementherstellung und das Brennen von
Kalkstein und Ton bei ca. 1500 °C sehr energieintensiv. Interessant wäre die
Integration von beispielsweise Lehmsteinen gewesen. Diese hätten nicht nur
ein hervorragendes Wärmespeicherungsvermögen gehabt, sondern stehen
zudem auch regional zur Verfügung.

In Summe ist das Gebäude ein wichtiges Zeugnis einer modernen arabischen
Architektur. Die Form der Bauwerke wurde sowohl als Reaktion auf das Klima
als auch auf die Kultur und die Anforderungen als Universität angepasst [6].

3. Bauliche Maßnahmen in der feucht-warmen Klimazone

Die feucht-warme Klimazone ist durch ein dauerndes, stationäres, feucht-
schwüles Klima definiert (vgl. Lernmodul 3 – Meteorologische Grundlagen). Es
gibt keine ausgeprägten Sommer oder Winter, sowie keine ausgeprägten Tag-
/   Nacht-   Temperaturunterschiede.    Bild   20   zeigt   die   Spanne   von
Außentemperatur und relativer Feuchte der Monate Juli und Januar der Stadt
Rabual in Papua-Neuguinea bezogen auf das bioklimatische Diagramm.
Entsprechend Bild 20 ist zu erkennen, dass zum einen hohe Temperaturen,
aber insbesondere hohe relative Feuchten vorherrschen. Das Innenraumklima
bei Gebäuden ist daher durch Belüftungs- und Verschattungssystemen, sowie
Kühlung durch Transpiration und Evaporation positiv zu beeinflussen. Im
Folgenden werden diese Prinzipien anhand von gebauten Beispielen näher
erläutert.
22

Bild 20:    Bioklimatische Chart zur Darstellung von Maßnahmen zum
            klimagerechten Bauen der Stadt Rabaul nach [19].

3.1 Autochthone Gestaltungsprinzipien

Außenraum und Bauform

In der feucht-warmen Klimazone sind historische Siedlungsstrukturen offen
gestaltet, so dass eine Durchlüftung der Innenräume bei allen Bauten
sichergestellt wird. Beispielsweise sind in den tropischen Regenwäldern primär
Streusiedlungen vorzufinden. Diese sind locker um einen Mark tplatz bzw. in die
Landschaft eingebettet. Die Entwicklung von Streusiedlungen ist auch darin zu
begründen, dass die Böden in den Tropen sehr fruchtbar sind. Somit mussten
sich bauliche Strukturen nicht an den wenig fruchtbaren Orten orientieren [21].
Bild 21 zeigt eine Siedlungsstruktur im tropischen Regenwald mit weiten
Straßenräumen im afrikanischen Regenwald.
23

Bild 21:       Offene Bebauung mit weiten Straßenräumen im tropischen
               Regenwald in Afrika [21].

Eine offene Bebauung mit schattiger Veranda als Aufenthaltsort und zur
Förderung der natürlichen Durchlüftung zeigt die thailändische Siedlung in
Bild 22. Die schattigen Räume zwischen den einzelnen Häusern haben eine
wärmepuffernde Funktion für das Innenraumklima. Der Wind kann in diese
Zwischenräume geleitet und zur Abkühlung der Raumluft, sowie zur Abfuhr der
durch Personen und ihre Aktivitäten erzeugte Feuchtigkeit, genutzt werden.

Traditionelle Bauten sind meist aufgeständert, um sich dadurch nicht nur vor
Kriechtieren      und    Insekten,    sowie     starken   Monsunregen     bzw.
Überschwemmungen zu schützen, sondern auch um die Windzirkulation im
Gebäude weiter zu fördern. Die Wohnböden wurden, vergleichbar mit den
Wänden, luftdurchlässig gestaltet, so dass stetig frische Luft von unten in das
Gebäudeinnere strömen kann.
24

Bild 22:   Traditionelle thailändische Siedlungsform [9].

Im feucht-warmen Klima tragen weit auskragenden Dächer zur Sicherstellung
eines Sonnen- sowie Regenschutzes bei. Dadurch werden Solareinträge in den
Raum reduziert und die meist aus Holz oder Gräsern erstellten Gebäude vor
Feuchteschäden geschützt. Aufgrund der vielzähligen, sich unterscheidenden
Kulturen die in dieser Klimazone lebten, haben sich bei den Dachformen auch
unterschiedliche Gestaltungsvarianten entwickelt (vgl. Bild 23). Gemein sind
den Dächern die großen Dachüberstände sowie –Neigungen.

Bild 23:   Verschiedene Dachformen im feucht-warmen Klima.
25

Materialien

In der Konstruktion und Materialität der vernakularen Bauten spiegelt sich die
reichhaltige Flora der feucht-warmen Klimazone wider. Die Bauten bestanden
aus Holz, Gräsern, Schilf oder Bambus. Die Dachhaut wu rde dicht und
wasserundurchlässig, meist durch eine Art Webtechnik, ausgeführt. Bild 24
zeigt ein sumbanisches Haus, bestehend aus einer Bambuskonstruktion mit
Grasdeckung. Durch die große Dachneigung konnte das Wasser direkt
abfließen und drang somit nicht in die Dachhaut ein. Bei dieser Dachform wird,
eine thermische Schichtung der Luft begünstigt, so dass die warme Luft in den
Dachraum steigt und frische, kühlere Luft von unten nachkommt.

Im Gegensatz zu der trocken-warmen Klimazone ist der Einsatz von
Speichermasse wie z.B. von Lehmsteinen meist kontraproduktiv. Herrscht eine
geringe Temperaturdifferenz zwischen Tag und Nacht kann eine effektive
Phasenverschiebung nicht stattfinden. Die Speichermasse würde daher nicht
auskühlen und eine zusätzliche Wärmequelle darstellen.

Bild 24:      Traditionelles Haus im Dorf Ratenggaro im Westen Sumbas,
              Indonesien [17].
26

Lüftung

Wie bereits erläutert, förderten die weitläufigen Siedlungsformen eine stetige
Durchlüftung der Innenräume. Die Gebäude wurden meist zur Hauptwind -
richtung ausgerichtet, um den Wind bestmöglich ins Gebäude zu leiten. Die
leichten, luftdurchlässigen Außenwände ermöglichten eine Querlüftung der
Räume. Oftmals waren im Dachraum zusätzliche Öffnungen vorgesehen, so
dass die aufsteigende Wärme abgeführt wurde. In Bild 25 wird das
Lüftungskonzept am Bespiel eines traditionellen Gebäudes in Kerala in Indien
veranschaulicht. Das Gebäude besitzt einen Innenhof, der sich positiv auf das
Raumklima der umschließenden Räume auswirkt. Da sich die Luft im oberen
Abschnitt des Innenhöfs erwärmt, entsteht im unteren Bereich des Hofes ein
Unterdruck. Der Unterdruck erzeugt eine Luftbewegung von außen durch die
dem Hof umliegenden Räume (vgl. Bild 25). Auch nach Sonnenuntergang hält
dieses Phänomen weiter an, solange die Luft im Hof durch konvektive
Strömung vollständig abgekühlt ist.

Bild 25:    Konzept der Luftbewegung eines vernakularen Gebäudes in Kerala
            in Indien [1].

Die Effektivität der baulichen Maßnahmen wurde in [1] messtechnisch
untersucht. Bild 26 zeigt die Ergebnisse im Winter (links) und Sommer (rechts).
Im Winter schwanken die Außentemperaturen um 18 K von 18 °C bis 36 °C.
Die Innenraumtemperaturen haben mit einer Temperaturspanne von 23.5 °C
bis 28 °C deutlich geringe Schwankungen. Sowohl Überhitzungen , als auch zu
niedrige Temperaturen können durch die bauliche Qualität de s Gebäudes
vermieden   werden.    Im   Sommer    haben    die   Außentemperaturen    eine
Schwankung von 25 °C bis 38 °C. Vergleichbar wie im Winter sind die
27

Temperaturschwankungen im Inneren des Gebäudes mit 28°C bis 32 °C
deutlich geringer. Auch im Sommer zeigt sich die Effektivität der baulichen
Maßnahmen durch eine deutliche Reduzierung der Temperaturen.

Bild 26:    Messtechnische Untersuchung eines traditionellen Hofhauses in
            Kerala in Indien von Winter (links) und Sommer (rechts) [1].

3.2 Zeitgenössische Architektur – Primary School in Gando

In Burkina Faso ist fast die Hälfte der Bevölkerung unter 16 Jahre alt. Für die
jungen Menschen ist es in Burkina Faso nicht selbstverständlich eine Schule
zu besuchen. Wie viele Dörfer in Westafrika leiden die Bewohner Gandos unter
starker    Ungleichheit    sowie     einer    unzureichenden       schulischen
Ausbildungsperspektive. So haben in dem Dorf sehr wenige Kinder Chance n
auf eine schulische Ausbildung. Um das Überleben der Gemeinschaft und der
Familie zu sichern, arbeiten diese oftmals sehr früh auf den Feldern [5]. Dies
führt in der Konsequenz dazu, dass nur jeder vierte Erwachsene in Burkina
Faso lesen und schreiben kann. Vor diesem Hintergrund ist es zwingend
notwendig gute Bildungschancen und – Einrichtungen zu schaffen.

Die Primary School in Gando wurde 2001 erbaut und war die Reaktion von
Diébédo Francis Kéré auf die marode gewordene ehemalige Grundschule. Bei
dem Bau des Gebäudes setzte er vor allem auf lokale Materialien, wie Lehm
und Steine sowie auf passive dem Klima angepasste Techniken [2]. Zudem
integrierte Kéré bei dem Bau der Schule die Dorfbewohner und Schüler und
band sie in den Bauprozess ein. So stellten die Bewohner beispielsweise den
Lehmboden sowie die Lehmbausteine her. Durch die aktive Beteiligung der
28

Bewohner bezogen diese zum einen, während der Bauzeit der Schule ein festes
Gehalt, zum anderen erlernten sie neue Fähigkeiten in Bezug auf den Umgang
mit den örtlichen Ressourcen.

Die Schule wurde im Jahr 2004 mit den Aga Khan Award für eine
menschengerechte Architektur ausgezeichnet. Das Gebäude besteht aus drei
separaten Klassenräumen, die sich ein zusammenhängendes Dach teilen. Bild
27 zeigt die Westansicht des Gebäudes, Bild 28 die Südansicht sowie Bild 29
eine Aufnahme des Innenraumes.

Bild 27:   Primary School in Gando, Ansicht West [12].

Bild 28: Primary School in Gando, Ansicht Süd [12].
29

Bild 29:     Aufnahme des Innenraumes [20].

Das Gebäude hat eine Nord-Süd Orientierung. Jedes Klassenzimmer bietet
Platz für bis zu 50 Schüler. Zwischen den einzelnen Klassenzimmern befinden
sich offene, überdachte Bereiche, die Raum für Erholung bieten. Die Form des
Daches wurde so konzeptioniert, dass Regenwasser gezielt abläuft und in
einem Brunnen gesammelt werden kann. Mit dem Wasser wird ein kleiner
Gemüsegarten, der ebenfalls zu Lernzwecken angebaut wurde, bewässert.

Tabelle 2 gibt den Aufbau der Konstruktionen von Wand, Dach und Boden
wieder. Primäres Baumaterial ist Lehm. Dieser wurde direkt vor Ort gewonnen
und wie bereits erwähnt von den Dorfbewohnern zu Lehmsteinen verarbeitet.
Ton ist in der Region reichlich vorhanden und wird traditionell im Wohnungsbau
verwendet.    Die   traditionelle   Lehmbautechnik   wurde    modifiziert   und
modernisiert, um eine strukturell robustere Konstruktion in Form von Ziegeln zu
schaffen.
30

Tabelle 2: Zusammenfassung der verwendeten Bauteile der Primary School
           [2].

                             Primary School, Gando
     Bauteil      Aufbau von Außen nach Innen             Skizze

     Außenwand    Lehmziegelwand

                  Wellblech
     Dach         Luftraum
                  Lehmziegelkonstruktion

                  Lehm und Steinfüllung
     Boden        Gestampfter Lehm

Bauliches Konzept

Das prägende Gestaltungselement der Schule ist das Dach aus Wellblech.
Wellblechdächer sind in Burkina Faso eine weit verbreitete Dachkonstruktion.
Jedoch verursacht das Material bei direktem Kontakt mit dem Raum sowohl
akustische, als auch thermische Probleme.

Dadurch beschloss Kéré das Wellblechdach durch eine Stahlgitterkonstruktion
aus Bewehrungsstahl von den Klassenzimmern zu entkoppeln (vgl. Bild 30).
Als Decke für das Klassenzimmer dienen Lehmsteine, die nicht luftdicht verlegt
wurden, so dass eine stetige Luftzirkulation durch die Decke möglich ist. Weiter
hat auch die Wahl der Dachform mehrere bauphysikalische Vorteile.

Zum einen wird durch den großen Dachüberstand sowohl ein adäquater
Sonnen- als auch ein Regenschutz sichergestellt. Bei 29,14° östlicher Länge
31

und 11,5° nördlicher Breite liegt das Dorf zwischen dem nördlichen Wendekreis
und dem Äquator. Daher steht die Sonne sehr steil zur Erdoberfläche. Durch
die Nord-Süd Orientierung in Verbindung mit dem weit vorkragenden Dach wird
die solare Einstrahlung auf die Fassadenoberfläche minimiert. Zudem schützt
das Dach vor dem Auswaschen der Lehmfassade bei Regenfällen. Zwar hat die
Provinz Boulgou über das Jahr betrachtet eher mit Trockenheit zu kämpfen,
jedoch kommen in den Monaten Juli und August intensive Regenfälle vor.

Zwischen der aus Wellblech gefertigten Dachhaut und der Decke der
Klassenräume ist ein Zwischenraum integriert. Bild 30 zeigt schematisch den
Luftstrom im Gebäude. Auf der sonnenabgewandten Seite ist das Dach leicht
gebogen, die warme Luft steigt nach oben, entweicht und die kühle Luft
zirkuliert.    Auf    diese   Weise   wird   eine   ganzheitliche   Durchlüftung   der
Klassenräume sichergestellt sowie Schutz vor Regen gewährleistet [2]. Die
trocken gestapelte Lehmdecke bietet maximale Belüftung, zieht kalte Luft in
den Innenraum und gibt die erwärmte Luft durch die perforierte Decke ab.
Darüber hinaus wird die Querlüftung in den Klassenräumen durch den Einsatz
von Fensteröffnungen an den nördlichen und südlichen Wänden weiter
verstärkt [16].

Bild 30: Schematische Darstellung des Luftstroms in der Primary School
              [12].
32

Schlussfolgerung

Laut Kéré soll das Projekt „an die Bedürfnisse und die wirtschaftliche Situation
der Menschen in der Region angepasst werden und auf die vorherrschenden
klimatischen Bedingungen reagieren und somit in der Lage sein, Nachhaltigkeit
zu erreichen“ [2].

Durch   den    partizipativen   Bauprozess   erzielte   Kéré   nicht   nur   eine
Wertschätzung der Bevölkerung für das Gebäude, sondern durch die
durchdachte Konstruktion auch eine hervorragende Anpassung an das Klima.
Die   klimatischen   Rahmenbedingungen       bestimmten    weitestgehend      die
Formgebung, Ausrichtung und Materialität des Gebäudes. Die Aufklärung und
Integration der Dorfgemeinschaft in den Bauprozess sensibilisierte diese für
die Verwendung und Verarbeitung von lokalen Baumaterialien und die
Integration von traditionellen Designprinzipien mit modernen Gestaltungs -
formen [2].
33

Literaturverzeichnis

[1]    Dili, A.S; Naseer, M.A.; Zacharia Varghese, T.: Passive control methods
       of Kerala traditional architecture for a comfortable indoor environment:
       A comparative investigation during winter and summer. Building and
       Environment, 5, S. 1134–1143 (2010).
[2]    Aga Khan Award for Architecture: Primary School, Gando Burkina Faso
       (2001).
[3]    Bahadori, M. N.: Passive Cooling Systems in Iranian Architecture.
       Scientific American, 2, S. 144–154 (1978).
[4]    Battle McCarthy Consulting Engineers: Wind towers. Wiley, Chichester
       (1999).
[5]    Burkina Faso http://www.worldbank.org/en/country/burkinafaso (Stand:
       24.06.2020).
[6]    Coulson, J., Roberts, P., Taylor, I.: University planning and
       architecture. Routledge, Abingdon, Oxon (2011).
[7]    Gertis, K.: Klimagerechtes Bauen. Umdruck zur Vorlesung, Lehrstuhl für
       Bauphysik (2007).
[8]    HCY base archive, I.: Qaleh kohneh-Viertel, Yazd. Lizenziert durch
       Creative Commons - Lizenz CC-BY-ND https://www.unesco.de/kultur-
       und-natur/welterbe/welterbe-weltweit/historische-stadt-von-yazd-neue-
       welterbestaette-2017.
[9]    Hindrichs, D. U., Daniels, K., Berthold, S.: Plusminus 20°/40° latitude.
       Menges, Stuttgart (2007).
[10]   Javaheri, A.: Yazd - Badgir - Windcatcher - panoramio.jpg - Wikimedia
       Commons https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Yazd_ -_Badgir_-
       _Windcatcher_-_panoramio.jpg (Stand: 24.06.2020).
[11]   Calautit, J.; Hughes, B.; Chaudhry, H. et al.: CFD analysis of a heat
       transfer device integrated wind tower system for hot and dry climate.
       Applied Energy, S. 576–591 (2013).
[12]   Kéré Architecture http://www.kere-architecture.com/projects/primary-
       school-gando/ (Stand: 24.06.2020).
[13]   Khalili, M., Amindeldar, S.: Traditional solutions in low energy buildings
       of hot-arid regions of Iran. Sustainable Cities and Society, S. 171 –181
       (2014).
[14]   Mousli, K.; Semprini, G.: Thermal Performances of Traditional Houses
       in Dry Hot Arid Climate and the Effect of Natural Ventilation on Thermal
       Comfort: A Case Study in Damascus. Energy Procedia, S. 2893–2898
       (2015).
[15]   Kraft, G.: Heizungs- und Raumlufttechnik. Verl. Technik, Berlin (1991).
[16]   Lepik, A., Museum of Modern Art (New York, N.Y.): Small Scale, Big
       Change: New Architectures of Social Engagement. The Museum of
       Modern Art (2010).
34

[17]   Renata, M.: A traditional Sumba house in Ratenggaro village, West
       Sumba, Indonesia; Lizenziert unter Creative Commons - Lizenz CC BY
       2.0.
[18]   o. V.: Fotoarchiv. Lehrstuhl für Bauphysik,
[19]   Olgyay, V.: Design with climate. Princeton University Press, Princeton,
       N.J. (1963).
[20]   Primary school in Gando, the mud architecture
       https://morewithlessdesign.com/en/gando-primary-school/ (Stand:
       24.06.2020).
[21]   Lauber, W.: Klimagerechte Architektur in den afrikanischen Tropen.
       Dissertation, Architektur/Raum- und
       Umweltplanung/Bauingenieurwesen, Kaiserslautern (2003).
[22]   Qatar University | Aerial view over the campus | Archnet
       https://archnet.org/sites/288/media_contents/25264 (Stand:
       24.06.2020).
[23]   Ragette, F.: Traditional domestic architecture of the Arab Region.
       Menges, Stuttgart (2012).
[24]   Khosla, R.: Qatar University Project Brief. Aga Khan Award.
[25]   S. Suleiman, B. Himmo: Direct comfort ventilation. Wisdom of the past
       and technology of the future (wind-catcher). Sustainable Cities and
       Society, S. 8–15 (2012).
[26]   Schütze, T., Willkomm, W.: Klimagerechtes Bauen in Europa, Hamburg
       (2000).
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