KLIMA WECHSEL IN DER SCHULE - WER WIR SIND, WAS WIR TUN - VIELFALT-MEDIATHEK
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…setzt sich nachhaltig dafür ein, Unterricht und Zusammenleben so zu gestalten, dass Gewalt und Angst keine Chance haben, die Mauer von Vorurteilen durch- brochen wird, ethnische und religiöse Minderheiten in ihren Eigenarten respektiert und integriert werden. Der Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammen- arbeit in seiner Begründung zur Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille Dieses Heft ist entstanden im Rahmen des XENOS-Projekts „Informieren und Qualifizieren“ gefördert Die Arbeit der Bundes- Trägerverein durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Europäischen Sozialfonds. koordination von SOR- SMC wird gefördert von:
SEITE 3 Konzeption: Sanem Kleff Eberhard Seidel Klimawechsel in der Schule Das Courage-Netzwerk • Wer wir sind, • Was wir tun.
SEITE 4 Herausgeber: Text- und Bildredaktion: Bundeskoordination Britta Geithe | Jeannette Goddar | Schule ohne Rassismus – Sanem Kleff | Eberhard Seidel Schule mit Courage Produktion Jörg Kohn | Claudia Benders | Bernd Cornely Ahornstr. 5 10787 Berlin Titelillustration Alasdair MacKenzie Tel.: 030 | 21 45 86 0 Seite 2 und 51 Fax: 030 | 21 45 86 20 Peter O. Zierlein E-mail: Druck und Bindung: schule@aktioncourage.org Mintzel Druck Internet: V.i.S.d.P. Eberhard Seidel www.schule-ohne-rassismus.org Geschäftsführer facebook.com/SchuleohneRassismus ISBN-Nummer 978-3-933247-58-2 © 2013 Aktion Courage e.V.
SEITE 5 D eutschland ist ein Land der Vielfalt. Bereits jedes dritte schul- pflichtige Kind hat einen Migrationshintergrund. Wo so viele unterschiedliche Kulturen miteinander leben, stellt sich die Frage: Wie wollen wir zusammen l(i)eben? Was sind unsere gemeinsa- Editorial men Werte und Normen? Von den Antworten auf diese Fragen hängt es ab, wie liebens- und lebenswert Deutschland ist. Kinder und Jugendliche haben zu diesen Themen eine Menge zu sagen. Sie möchten an der Stärkung demokratischer Verhältnisse mit- wirken und sie wollen Verantwortung für den gesellschaftlichen Zu- sammenhalt übernehmen. In der Schule, der Jugendeinrichtung, aber auch im Stadtteil und in der Kommune. Kinder und Jugendliche werden aktiv, weil es sie stört, wenn Men- schen zum Beispiel auf Grund ihrer Hautfarbe, ihrer Herkunft oder auf Grund ihrer Religion beschimpft, gemobbt oder gar körperlich be- droht werden. Sie engagieren sich, weil es die Situation erfordert, und sie handeln unmittelbar, ohne zuvor ein Expertenkomitee zu Rate zu ziehen oder Fünfjahrespläne zu erstellen. Das Courage-Netzwerk bie- tet Schülerinnen und Schülern einen angemessenen Rahmen für ihr Foto: Metin Yilmaz bürgerschaftliches Engagement. Mit 1.250 „Schulen ohne Rassismus – Schulen mit Courage“ ist das Courage-Netzwerk eine lebendige und kreative Jugendbewegung. Sanem Kleff Das Bundesprogramm „XENOS – Integration und Vielfalt“ des Leiterin Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ermöglichte der Bun- deskoordination des Courage-Netzwerkes von Juni 2009 bis Mai 2013, innovative Ansätze in der Antidiskriminierungsarbeit und der politi- schen Bildungsarbeit zu entwickeln und diese bundesweit in die poli- tische Bildungsarbeit zu implementieren. Die vorliegende Broschüre stellt Ergebnisse dieser fruchtbaren Zusammenarbeit vor. Diese Broschüre wurde im Rahmen der XENOS-Maßnahme „In- formieren und Qualifizieren“ vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales, dem Europäischem Sozialfond, und der Gewerkschaft Erzie- Foto: Metin Yilmaz hung und Wissenschaften (GEW) gefördert. Für die Inhalte des Heftes ist allein die Bundeskoordination von „Schule ohne Rassismus – Schu- le mit Courage“ verantwortlich. Eberhard Seidel Geschäftsführer
SEITE 6 Klimawechsel in der Schule Inhalt Foto: Metin Yilmaz Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 4 Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 5 1. Das Projekt – die Akteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 7 ◆ Die Geschichte ◆ Das Projektziel ◆ Der Trägerverein ◆ Die Bundeskoordination und die Landeskoordinationen ◆ Kooperationspartner ◆ Die Patinnen und Paten ◆ Die SchülerInnen ◆ Die Prinzipien ◆ Die Selbstverpflichtung ◆ Auszeichnungen ◆ Finanzen und Entwicklung 2. Die Handlungsfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 25 ◆ Demokratische Schulkultur ◆ Rechtsextremismus ◆ Antiziganismus ◆ Flucht und Asyl ◆ Antisemitismus ◆ Rassismus ◆ Tipps zur Nachhaltigkeit 3. Die Innovationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 39 ◆ Kommunikation, Medien und Vernetzung ◆ Jugend zwischen Islam, Islamismus und Islamophobie ◆ Liebe, Geschlecht und Migration ◆ Rechtsextremismus in der Einwanderungsgesellschaft ◆ Stadt ohne Rassismus
Das Projekt – die Akteure ◆ Die Geschichte ◆ Das Projektziel ◆ Die Bundeskoordination und die Landeskoordinationen ◆ Die Patinnen und Paten ◆ Die SchülerIn- nen ◆ Die Kooperationspartner ◆ Die Prinzipien ◆ Die Selbstver- pflichtung ◆ Auszeichnungen ◆ Finanzen und Entwicklungen An mehr als 1.250 Schulen setzen sich rund eine Million SchülerIn- Foto: Metin Yilmaz nen für einen Klimawechsel an ihrer Schule und für ein demokrati- sches Miteinander ein. „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ ist damit das größte Schulnetzwerk in Deutschland. Es setzt erfolgreich auf die Eigeninitiative und das Engagement von SchülerInnen und LehrerInnen. Doch wie funktioniert das Netz- werk eigentlich, und wie kann man mitmachen?
DAS PROJEKT – DIE AKTEURE SEITE 8 Die Geschichte 1995 Nur wenige Monate nach dem Start ist ist immens – auch das der Öffentlichkeit. es so weit: Die erste Schule hat die geforder- Und die Hamburger Körber-Stiftung zeich- ten 70 Prozent Unterschriften für ein demo- net die Reihe in ihrem Wettbewerb „Praxis- kratisches und diskriminierungsfreies Mit- forum Schule und Islam“ als vorbildhaft Foto: Universal Music einander beisammen: Das Immanuel-Kant- aus. Gymnasium in Dortmund wird Deutsch- 2004 Das von der Bundesregierung ins Le- lands erste „Schule ohne Rassismus“. Erster ben gerufene Bündnis für Demokratie und Pate wird der Fernsehjournalist Friedrich Toleranz zeichnet „Schule ohne Rassismus – Küppersbusch. Schule mit Courage“ als „Botschafter der To- 2000 Nach fünf Jahren im beschaulichen leranz“ aus. Zur Begründung heißt es, das Wirunterstützen„Schule Bonn brechen neue Zeiten an: Sanem Kleff, Projekt setze sich „ideenreich und engagiert ohne Rassismus“, weil Lehrerin aus Berlin und Expertin für inter- gegen Ausländerfeindlichkeit, Diskriminie- Kinder und Jugendliche kulturelle Pädagogik, übernimmt im Vor- rung und Ausgrenzung ein“. unsere Zukunft sind, und stand des Trägervereins Aktion Courage die 2005 Mit Unterstützung von Journalisten Leitung des Projektes. Sie verlegt das Büro und Grafikern der Tageszeitung taz produ- weil Rassismus durch ihr nach Berlin, stellt das Projekt inhaltlich und zieren 17 SchülerInnen die erste Ausgabe der entwickeltes Bewusst- organisatorisch auf eine breitere Basis und Schülerzeitung Q-Rage. Im Dezember wer- sein weniger stattfindet, erweitert den Namen: „Schule ohne Rassis- den mehr als 100.000 Exemplare verteilt. Ab bis er in Zukunft ganz mus – Schule mit Courage.“ Zwei Jahre später 2007 wird die Q-Rage mit einer Auflage von ist die heutige Chefetage komplett: Der Jour- mehr als einer Million die größte Schülerzei- verschwunden sein wird. nalist und Buchautor Eberhard Seidel wird tung Deutschlands. 2raumwohnung, Musiker; Geschäftsführer. Im selben Jahr wird der zehnte Geburtstag seit dem 08.05.2009 Paten des Robert-Bosch-Gymnasiums 2001 Der Koordinierungsrat der Gesellschaf- mit einem Festakt in Saarbrücken begangen. Langenau, Baden-Württemberg ten für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Und: Mit dem Paulus-Prätorius-Gymnasium verleiht der Bundeskoordination von „Schu- in Wolfsburg hat sich die zweihundertste le ohne Rassismus – Schule mit Courage“ die Schule zu Aktionen gegen Diskriminierun- Buber-Rosenzweig-Medaille. Mit der Aus- gen verpflichtet. zeichnung werden seit 1968 Persönlichkei- 2006 Das kleine Bremen ist seit Jahren in Sa- ten, Initiativen oder Einrichtungen gewür- chen „Schule ohne Rassismus“ ganz groß. digt, die sich um Verständigung und christ- Nun wollen SchülerInnen es wissen: Geht lich-jüdische Zusammenarbeit verdient ma- auch „Stadt ohne Rassismus“? Drei Tage lang chen. werben sie im Foyer der Bürgerschaft um Un- 2002 Es ist ein merkwürdiger Zufall: Nicht terschriften unter ihre selbst geschriebene nur die erste, sondern auch die hundertste „Anti-Diskriminierungs-Agenda“. Es klappt: „Schule ohne Rassismus – Schule mit Coura- Mehr als 70 Prozent der Volksvertreter erklä- ge“ ist eine in Dortmund. Im Rahmen eines ren sich dazu bereit, gegen jede Form von Jugendaktionstages gegen Rechts wird der Diskriminierung einzutreten. Bremen wird Gustav-Heinemann-Gesamtschule das die erste „Stadt ohne Rassismus“. Schild feierlich überreicht. Und die stellt 2007 Auch im Süden machen SchülerInnen schon auf ihrer Website klar, dass es da nicht mobil: In den fränkischen Gemeinden Karl- nur zum Spaß hängt: „Wir haben uns dazu stadt und Wunsiedel liefern sich Jugendliche verpflichtet, eine kontinuierliche Arbeit ge- ein Kopf-an-Kopf-Rennen darum, alle Schu- gen Rechts zu leisten.“ len der Stadt mit dem Titel auszustatten. 2003 Seit dem 11. September 2001 ist der Is- Karlstadt erreicht das Ziel zuerst; Wunsiedel lam in aller Munde. Aber kommen in der De- zieht kurze Zeit später nach. Die Jugendin- batte auch SchülerInnen zu Wort? Die Bun- itiative Wunsiedel – die das Schulnetzwerk deskoordination findet: viel zu selten. Und maßgeblich vorangebracht hat – hat seither stellt eine bundesweite Reihe von Open- einen großen Erfolg erzielt: Statt der Nazis Space-Veranstaltungen auf die Beine. Mehr versammelt sich am Todestag von Rudolf als 2.000 Jugendliche kommen zum Thema Heß dort inzwischen die Zivilgesellschaft – „Islam und Ich“ ins Gespräch. Das Interesse zum „Tag der Demokratie“.
SEITE 9 2008 Erscheint das Themenheft „Jugendkul- 2010 Pünktlich zum Geburtstag von „Schule Aktion Courage e. V. initiiert „Schule turen zwischen Islam und Islamismus. Live- ohne Rassismus – Schule mit Courage“ wird ohne Rassismus“ in Deutschland. Auf einer Pressekonferenz zum Auftakt style, Medien und Musik“. im Sommer die 750. Schule ausgezeichnet. des Projektes stellt Ignatz Bubis, Vor- 2009 Die Kultusminister der Länder widmen Am 13. Juni wird das 15-jährige Jubiläum feier- sitzender des Zentralrats der Juden, sich der demokratischen Kultur an Schulen. lich begangen: mit einem Festakt im Jüdi- das Projekt am 25. August 1995 vor: Sie verabschieden einen Beschluss zur Demo- schen Museum Berlin und 400 geladenen Gä- „Die Jugend in Deutschland ist gegen- kratieerziehung, in dem sie mehr „Verant- sten, darunter SchülerInnen aus allen Bun- über Fremden viel vorurteilsfreier als die ältere Generation. Es gibt zwar wortungsübernahme von Kindern und Ju- desländern. Fremdenfeindlichkeit mit rassisti- gendlichen für ihr Lebensumfeld“ fordern. 2012 Im Januar ist das Netzwerk auf 1.000 schen Zügen, erfreulicherweise Und, wörtlich: „die Ausweitung von Initiati- Schulen angewachsen. Drei Monate später, herrscht bei vielen jungen Menschen ven wie ‚Schule ohne Rassismus‘.“ Zur Be- am 28. April, erhält „Schule ohne Rassismus – jedoch eine deutlich andere Stim- gründung sagt der Präsident der Kultusmini- Schule mit Courage“ die Theodor-Heuss-Me- mung.“ Oben: Im Sommer 2010 ta- gen Jugendliche aus Schulen des sterkonferenz: „Demokratie ist nicht selbst- daille. Und im Mai wird der Alternative Medi- Netzwerkes im Jüdischen Museum, verständlich; sie ist stets aufs Neue Gefahren enpreis für das Schülerzeitungsprojekt „Q-ra- Berlin. Foto: Metin Yilmaz ausgesetzt.“ ge“ verliehen. 2013 Inzwischen besuchen rund eine Million Kinder und Jugendliche eine Courage-Schule.
SEITE 10 Das Projektziel, die Struktur, die Akteure Junge Menschen stehen traditionellen Orga- gend an Schulen in Nordrhein-Westfalen und nisationen wie Parteien, Kirchen oder Ge- dem benachbarten Niedersachsen. werkschaften oft kritisch gegenüber. Dies be- Im Jahr 2000 machte das Projekt große deutet aber nicht, dass sie nicht am gesell- Schritte. Die türkisch-deutsche Expertin für schaftspolitischen Leben teilhaben wollen. interkulturelle Pädagogik und Lehrerin Sa- Foto: NDR, Andrea Weitze „Schule ohne Rassismus – Schule mit Cou- nem Kleff übernahm die Leitung der Bun- rage“ entfaltet sich dort, wo Kinder und Ju- deskoordination, verlegte deren Sitz nach gendliche bereits sind: an ihren Schulen. In Berlin und entwickelte die heutige Organisa- ihrem unmittelbaren Lebensumfeld finden tionsstruktur. sich vielfältige Möglichkeiten, das Schulkli- Von nun an wurde die Bundeskoordinati- ma mitzugestalten, Ideen spontan zu entwi- on bundesweit aktiv. ckeln und eigenständig umzusetzen. Dies ist Der Titel wurde – und dies ist mehr als ein Ich unterstütze „Schule ein ungewöhnlicher Rahmen für Schulen in Detail – erweitert. Er lautet nun: „Schule ohne ohne Rassismus“, weil es Deutschland. Er ermöglicht SchülerInnen, Rassismus – Schule mit Courage“. Der heutige nicht nur, aber natürlich erste Schritte zur Beteiligung an integrativen Name unterstreicht, dass der Ansatz nicht Prozessen einzuüben und maßgeblich an der ausschließlich den „klassischen Rassismus“ auch in der Schule dar- inhaltlichen Ausgestaltung der schulischen in den Blick nimmt, sondern alle Ideologien auf ankommt, was die Menschenrechtsbildung mitzuwirken. der Ungleichwertigkeit von Menschen. Menschen im Kopf ha- Erstmals entwickelten diese Vorstellung „Schule ohne Rassismus – Schule mit Cou- ben. Und nicht, welche SchülerInnen und PädagogInnen Ende der rage“ orientiert sich dabei an der 2009 auch 1980er Jahre in Belgien. Vor dem Hinter- in Deutschland in Kraft getretenen Grund- Haut- oder Haarfarbe grund der zunehmenden fremdenfeindli- rechte-Charta der Europäischen Union. Dort dieser Kopf hat. chen und rechtsextremistisch motivierten heißt es: „Diskriminierungen, insbesondere Annika de Buhr, Journalistin Gewalt erklärten sie ihre Schulen zu rassis- wegen des Geschlechts, der Rasse [sic!], der und TV-Moderatorin; seit dem musfreien Orten, eben zu einer „Schule ohne Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Her- 25.02.2010 Patin der Haupt- Rassismus“. Sie wollten dieses Ziel erreichen, kunft, der genetischen Merkmale, der Spra- und Realschule Dörverden, Niedersachsen indem sie Kinder und Jugendliche dabei un- che, der Religion oder der Weltanschauung, terstützten, ihren eigenen Beitrag zur Ent- der politischen oder sonstigen Anschauung, wicklung einer demokratischen Alltagskul- der Zugehörigkeit zu einer nationalen Min- tur zu leisten. derheit, des Vermögens, der Geburt, einer Be- Der Bonner Verein Aktion Courage e.V. hinderung, des Alters oder der sexuellen Aus- übertrug 1995 die Idee von „Schule ohne Ras- richtung, sind verboten.“ sismus“ auf Deutschland. Bis 2000 war das Letztendlich reicht es sicherlich nicht, al- Projekt im Bonner Büro des Vereins Aktion leine gegen menschenfeindliche Ideologien Courage e.V. angesiedelt und agierte überwie- zu sein. Es geht vielmehr um das positive Ziel, das Schulklima nachhaltig so zu verändern, dass im Schulalltag die Stärkung von Zivil- Eine europäische Idee macht Schule courage gezielt gefördert wird und gegensei- tige Achtung mit der Suche nach gemeinsa- „Schule ohne Rassismus“ entstand 1988 in Belgien. Seit 1992 men Werten und Regeln einhergeht. gibt es den Ansatz auch in den Niederlanden. Nach der Übernah- Um den Titel „Schule ohne Rassismus – me der Idee für Deutschland (1995) kamen dazu noch Gründun- Schule mit Courage“ zu erhalten, müssen sich gen in Österreich (1999) und in Spanien (2002). mindestens 70 Prozent aller SchülerInnen, Gemeinsam ist „Schule ohne Rassismus“ in allen Ländern fol- LehrerInnen und MitarbeiterInnen einer gende Grundidee: Schulen, die sich dem Netzwerk anschließen, Schule mit ihrer Unterschrift zu den drei einigen sich in einer Selbstverpflichtung mehrheitlich darauf, ak- Punkten des Selbstverständnisses des Projek- tiv gegen Rassismus vorzugehen. Diese Grundidee wird wegen tes bekennen. Sie verpflichten sich selbst da- der andersartigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und zu, Aktivitäten gegen Gewalt, Diskriminie- Schullandschaften in den einzelnen Ländern auf sehr unter- rungen aller Art, insbesondere Rassismus schiedliche Weise umgesetzt. durchzuführen und künftig nicht wegzu- schauen, wenn derartiges geschieht.
SEITE 11 Oben: Cem Özdemir ist Gründungs- mitglied von „Schule ohne Rassis- mus“. Während der 15-Jahr-Feier im Juni 2010 überreicht Sanem Kleff, Lei- terin der Bundeskoordination, dem Politiker ein Bild von der Pressekonfe- renz zum Auftakt des Projekts 1995. Mit auf dem Bild sind u.a. Ignatz Bu- bis und Smudo. Unten links: Am 21. Juni 1995 wird die erste „Schule ohne Rassismus“ in Deutschland ausgezeichnet. Pate ist der Fernsehjournalist Friedrich Küp- persbusch. Unten rechts: Jugendliche beim Jah- restreffen 2005 in der Gedenkstätte Neue Bremm in Saarbrücken. Foto oben: Aris Papadopoulos Fotos unten: Metin Yilmaz
SEITE 12 Der Trägerverein ziert und motiviert, sich aktiv gegen jede Form der Diskriminierung zu stellen. Aktion Courage e.V. Die Bundeskoordination ist dabei oft die er- In Deutschland ist nur der Verein Aktion ste Anlaufstelle für interessierte Schulen: Courage e.V. berechtigt, die Unterschriftenli- sten der Anwärterschulen anzuerkennen • Sie informiert mit der umfassenden und einer Schule den Titel „Schule ohne Ras- „Startinfo“ über die Voraussetzungen für sismus – Schule mit Courage“ zu verleihen. den Erwerb des Titels „Schule ohne Rassis- Sowohl „Schule ohne Rassismus“ als auch mus – Schule mit Courage“. „Schule ohne Rassismus – Schule mit Coura- • Sie regt an, vor Ort eine Initiativgruppe ge“ sind geschützte Wort-Bild-Marken, die zu bilden. beim Deutschen Patent- und Markenamt auf • Sie organisiert das Verfahren der Auf- den Verein Aktion Courage e.V. eingetragen nahme neuer Schulen in das Netzwerk, sind. Der Abdruck des geschützten Logos so- versendet die Anerkennungsurkunden wie die Durchführung von Qualifizierungs- und die Schilder mit dem Logo für das maßnahmen, Veranstaltungen, Seminaren, Schulgebäude. Schulungen, Konferenzen oder die Herausga- Foto: Bündnis 90/Die Grünen be von Publikationen unter dem Label „Schu- Die Patinnen und Paten le ohne Rassismus – Schule mit Courage“ be- dürfen der Genehmigung durch Aktion Cou- des Netzwerkes rage e.V. Zu dem Konzept von „Schule ohne Rassismus Ebenfalls ist es nur Aktion Courage e.V. – Schule mit Courage“ gehört auch, dass sich vorbehalten, in den Bundesländern geeignete jede Schule bis zur Titelübergabe eine Patin Organisationen zu Trägern der Landes- und oder einen Paten aussucht. In der Regel sind Ich unterstütze „Schule Regionalkoordinationsstellen zu benennen, dies Persönlichkeiten des öffentlichen Le- ohne Rassismus“, weil es sowie Vereinbarungen mit außerschulischen bens. Sie motivieren die Aktiven oder 1750 toll ist, wenn sich „mei- Kooperationspartnern des Netzwerkes abzu- verschaffen ihnen öffentliche Auf- schließen, beziehungsweise aufzulösen. merksamkeit in den Medien 1600 ne“ Schule einmal im Mit diesem umfassenden Schutz der Mar- und haben einen wichti- Jahr einen ganzen Tag ke „Schule ohne Rassismus – Schule mit Cou- gen Anteil am Erfolg des 1400 lang über Rassismus in rage“ stellt der Trägerverein sicher, dass Projektes. Im beruf- der Gesellschaft die Schulen, die den Titel tragen und Maßnah- lichen Leben tun Pa- 1173 men, die unter dem Label „Schule ohne Ras- ten ganz Unter- Köpfe heiß redet. sismus – Schule mit Courage“ durchgeführt schiedliches: Sie Tarek al-Wazir, MdL werden, qualitative Mindeststandards erfül- sind zum Beispiel (Bündnis 90/Die Grünen); seit dem 27.09.2004 Pate der len und das Projekt bundesweit nach den glei- Fußballer, Rudolf-Koch-Schule, chen Grundsätzen und Prinzipien arbeitet. Künstler, Mu- 998 Offenbach, Hessen siker, Die Arbeit der Schau- 843 Bundeskoordination spieler Die Berliner Geschäftsstelle der Bundeskoor- 675 dination ist die zentrale Koordinierungsstel- le des Netzwerkes. Sie gewährleistet, dass die Aktivität von „Schule ohne Rassismus – Schu- 519 le mit Courage“ nicht als lokale Initiative ein- zelner Schulen wahrgenommen wird, sondern als eine nachhaltige europäi- 400 Anzahl der Schulen sche Idee, die deutschlandweit 320 bundesweit Kinder und Jugendli- 259 Stand: 31. Dezember 2012 che vernetzt, 222 ab 2013 Prognose qualifi- 185 141 80 34 39 47 20 27 5 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015
SEITE 13 Die inhaltliche Arbeit an den Courage-Schulen wird von über 200 regional und überregional aktiven außerschulischen Kooperationspartnern übernom- men. Beispiele für solche Partner sind das Jüdische Museum, das Anne-Frank-Zentrum, Landeszentralen für politische Bildung, das Archiv der Jugend- kulturen, Sportvereine und viele andere mehr. Fotos oben: Aris Papadopoulos, Foto unten: Metin Yilmaz
SEITE 14 oder auch Politiker. Mehr als 1.400 Persön- Nach der Titelverleihung sind die Landesko- lichkeiten unterstützen eine oder mehrere ordinationen zuständig für die nachhaltige Schulen. Für die SchülerInnen sind sie, da sie Begleitung der Courage-Schulen durch Bera- ihnen nicht nur bei der Titelübergabe, son- tung und Begleitung bei der Umsetzung ih- dern auch im Alltag zur Seite stehen, eine rer Projekte. große Unterstützung. • Sie übernehmen die Öffentlichkeitsar- beit im Bundesland. Die Landes- und • Sie vernetzen regionale und lokale Ak- teure. Regionalkoordinationen • Sie führen landesweite Vernetzungstref- Eine nachhaltige Begleitung und Unterstüt- fen und Aktiventreffen durch. zung der Courage-Schulen erfordert stand- • Sie bauen das Netzwerk der außerschuli- ortnah und kontinuierlich erreichbare An- schen Kooperationspartner im Land in sprechpersonen. Um eine hochwertige Un- Absprache mit der Bundeskoordination Foto: Laurence Chaperon terstützung zu gewährleisten, richtet die aus. Bundeskoordination in den Bundesländern • Sie fördern die Kommunikation zwi- Landeskoordinationen ein. Sie benennt für schen den Schulen im Land mit einer Lan- diese Rolle geeignete Organisationen zu Trä- desrundmail oder mit landesspezifischen gern der Landeskoordinationsstellen. Unter Broschüren. ihnen befinden sich sowohl staatliche Ein- • Sie akquirieren Landesmittel zur Finan- Die Präventionsarbeit richtungen wie Landeszentralen für politi- zierung der Arbeit der Landeskoordinati- sche Bildung als auch zivilgesellschaftliche on und der Maßnahmen an den Schulen. gegen Fremdenfeindlich- Organisationen wie das Kolping Bildungs- keit und Rassismus muss werk. Die außerschulischen nachhaltig angelegt sein. Die Landeskoordinationen entwickeln das Netzwerk auf regionaler Ebene weiter. Die Re- Kooperationspartner Ich halte es für notwen- dig, dass in jeder Schule gionalkoordinationen halten persönlichen Um bei begrenzten finanziellen Ressourcen und regelmäßigen Kontakt zu den Schulen, das Rad nicht unnötig immer wieder neu er- die Bekämpfung von Ras- unterstützen sie standortnah und stellen so finden zu müssen, schaffen sich die Bundes- sismus auf der Tagesord- die Nachhaltigkeit des Ansatzes sicher. und Landeskoordinationen keinen eigenen nung steht. Neonazis Eine aktuelle Liste der Landeskoordinatio- Pool von ReferentInnen. Vielmehr wird die darf keine Möglichkeit nen finden Sie auf unserer Homepage unter: inhaltliche Arbeit an den Courage-Schulen www.schule-ohne-rassismus.org/ von mehr als zweihundert regional und gegeben werden, Kinder landeskoordination.html überregional aktiven außerschulischen Ko- und Jugendliche mit ih- operationspartnern übernommen. Beispiele Die Träger der Landeskoordinationsstellen für solche Partner, mit denen die Bundesko- rem rassistischen Gedan- verpflichten sich bei ihrer Ernennung, das ordination schriftliche Kooperationsverein- kengut zu beeinflussen. Projekt im Sinne der von der Bundesge- barungen abschließt, sind Landeszentralen Vorbildcharakter hat schäftsstelle entwickelten organisatorischen für politische Bildung, das Jüdische Museum das Projekt „Schule ohne und inhaltlichen Leitlinien und in Absprache Berlin, der Türkische Bund Berlin-Branden- mit der Geschäftsstelle der Bundeskoordina- burg, das Anne-Frank-Zentrum, der Zentral- Rassismus – Schule mit tion in ihrem Bundesland umzusetzen. Sie rat der Juden in Deutschland, das Archiv der Courage“. übernehmen dabei vielfältige Aufgaben: Jugendkulturen, Sportvereine, der Hauptvor- Maria Böhmer, Beauftragte •Sie vertreten die Bundeskoordination der Bundesregierung für stand und die Landesverbände der Gewerk- gegenüber den Courage-Schulen in ihrem schaft Erziehung und Wissenschaft, verschie- Migration (CDU), Flüchtlinge und Integration, 07.12.2011 Bundesland und in Absprache mit der dene Jugendeinrichtungen und viele andere Bundeskoordination gegenüber den Ver- mehr. Die aktuellen Kooperationspartner waltungen auf Landesebene sowie gegen- finden Sie auf unserer Homepage unter: über anderen Kooperationspartnern im www.schule-ohne-rassismus.org/partner.html Land. Die Koordinationsstellen bauen das Netz •Sie beraten und begleiten Anwärterschu- der außerschulischen Kooperationspartner len bis zur Titelverleihung. kontinuierlich aus und verstetigen die Zu- •Sie verleihen im Rahmen des festlichen sammenarbeit mit ihnen. Schließlich können Aktes den Titel und übergeben das Schild Kinder und Jugendliche nur dann aktiv am mit dem Netzwerklogo. schulischen und gesellschaftlichen Gesche- hen teilhaben, wenn sie vielfältig und kompe- tent in ihren Aktivitäten unterstützt werden.
SEITE 15 Organigramm des Courage-Netzwerks
SEITE 16 Die Schülerinnen Courage“, die dann von rund zwei Millionen Schülerinnen und Schülern besucht werden. und Schüler Damit hat der Trägerverein Aktion Coura- Las but not least kommen wir zu der wichtig- ge e.V. eine nachhaltige Institution und einen sten Gruppe des Netzwerkes. Es sind die Kin- attraktiven Rahmen geschaffen, der Genera- der und Jugendlichen, die die Courage-Schu- tionen von Kindern und Jugendlichen er- len besuchen und das Netzwerk mit Leben muntert, einen dauerhaften Beitrag zur Ent- füllen. Seit Gründung von „Schule ohne Ras- wicklung einer demokratischen Alltags- und sismus – Schule mit Courage“ haben die Schulkultur zu leisten. Ausgehend von ihren SchülerInnen mehr als 10.000 Projekttage schulischen Erfahrungen können sie auch als und Aktionen organisiert. An diesen haben Erwachsene aktiv an der gesellschaftlichen Millionen von SchülerInnen teilgenommen. Demokratieentwicklung mitwirken. Die Aktivitäten der Kinder und Jugendli- Ein so großes Netzwerk muss untereinan- chen leisten einen wichtigen Beitrag zur Inte- der kommunizieren. Täte es dies nicht, wäre Foto: Daimler AG gration und für den gesellschaftlichen Zu- „Schule ohne Rassismus – Schule mit Coura- sammenhalt. Das Projekt trägt auf diese Wei- ge“ keine bundesweite Initiative mit einer ho- se bundesweit maßgeblich zur Prävention hen Attraktivität für Kinder und Jugendliche und zum Abbau von gesellschaftlichen Kon- mehr, sondern eine Ansammlung von isolier- flikten bei und erhöht auf diese Weise nicht ten, lokal begrenzten Aktivitäten ohne größe- Ich unterstütze „Schule zuletzt auch die Attraktivität des Produkti- re Ausstrahlungskraft in die Gesellschaft. ohne Rassismus“, weil onsstandortes Deutschland. Das Interesse an der Arbeit von „Schule Um diese wichtige Kommunikation sicher- Produkte made in Ger- ohne Rassismus – Schule mit Courage“ steigt zustellen, many zwar weltweit ei- stetig. Das Projekt ist nicht nur bundesweit • führt die Bundeskoordination bundes- nen erstklassigen Ruf ha- aktiv; es wird auch bundesweit wahrgenom- weite Fachtagungen, Qualifikationssemi- ben, es in Sachen Offen- men. Die Zahl der ausgezeichneten Schulen nare und Vernetzungstreffen durch. ist seit 2001 um mehr als das Fünfzehnfache • Sie entwickelt und betreibt eine Home- heit, Toleranz und Zivil- gestiegen. page, eine Facebookseite, gibt die Zeitung courage made in Germa- Q-rage, Plakate und Postkarten heraus so- ny aber noch Luft nach Qualitätssicherung wie einen monatlichen Rundbrief und oben gibt. Das zu ändern, weitere Informationsmaterialien. und Zukunft ist Ziel der Initiative – Zur Zeit des Redaktionsschlusses Mitte 2013 Die Geschäftsstelle der Bundeskoordinati- und ich bin stolz, sie als besteht das Courage-Netzwerk aus: on stellt sicher, dass die verbindlichen Stan- Pate zu unterstützen! • der Geschäftsstelle der Bundeskoordi- dards bundesweit einheitlich gelten und dau- Dr. Dieter Zetsche, nation, erhaft eingehalten werden. Zur Qualitätssi- Vorsitzender des Vorstandes • Landeskoordinationen in vierzehn Bun- cherung erstellt die Bundeskoordination Ma- der Daimler AG und Leiter desländern, terialien, in denen die Handlungsansätze, Mercedes-Benz Cars; • mehr als dreißig Regionalkoordinatio- Themenfelder, die Methoden und die Arbeits- seit dem 19.11.2012 Pate des Hilda-Gymnasium Pforzheim, nen in den Ländern, weise von „Schule ohne Rassismus – Schule Baden-Württemberg • über 200 regional und überregional täti- mit Courage“ vorgestellt werden. gen außerschulischen Kooperationspart- Die Handbücher für die Grund- und für die nern, Sekundarstufe stellen den Handlungsansatz • mehr als 1.400 Patinnen und Paten der von SOR-SMC vor, und sie benennen die The- Courage-Schulen, menfelder und die Methoden, mit denen die- • 1.250 Courage-Schulen. Diese verteilen se im Rahmen der Antidiskriminierungsar- sich auf sechzehn Bundesländer und auf beit und von Projekttagen umgesetzt werden alle Schulstufen und -arten: von der können. Darüber hinaus erstellt die Bun- Grundschule bis zum Berufskolleg. Sie deskoordination Themenhefte zu innovati- werden von rund einer Million SchülerIn- ven Handlungsfeldern wie „Rechtsextremis- nen besucht. mus in der Einwanderungsgesellschaft“, „Diskriminierung auf Grund der sexuellen „Schule ohne Rassismus – Schule mit Cou- Orientierung“ und „Jugendkulturen zwi- rage“ ist eine zukunftsfähige Initiative. Hoch- schen Islam und Islamismus“. gerechnet gibt es im Jahr 2020 bundesweit 2.500 „Schulen ohne Rassismus – Schulen mit
SEITE 17 „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ bietet Kindern und Jugendlichen einen Rahmen, in dem sie erste Schritte hin zur gesellschaftspolitischen Partizipation einüben und aktiv an der inhaltlichen Ausgestaltung der Menschenrechtserziehung teilnehmen können. Sie werden bei ihren Aktivitäten von der Bundes- und den Landeskoordinationen, von KooperationspartnerInnen und von LehrerInnen und PatInnen unterstützt. Bei regelmäßigen Tref- fen auf Landes- und auf Bundesebene qualifizieren sie sich weiter, tauschen Erfahrungen aus und entwickeln neue Ideen. Fotos: Metin Yilmaz
SEITE 18 Häufige Fragen 1. Was ist „Schule ohne Rassismus – 4. Was bedeutet der Titel genau? Schule mit Courage“? Der Titel ist kein Preis und keine Auszeich- Wir sind ein Projekt von und für SchülerIn- nung für bereits geleistete Arbeit, sondern ist nen. Es bietet Kindern und Jugendlichen die eine Selbstverpflichtung für die Gegenwart Möglichkeit, das Klima an ihrer Schule aktiv und die Zukunft. Eine Schule, die den Titel mitzugestalten, indem sie sich bewusst trägt, ist Teil eines Netzwerks, das sagt: Wir gegen jede Form von Diskriminierung, Mob- übernehmen Verantwortung für das Klima bing und Gewalt wenden. Wir sind das größte an unserer Schule und unser Umfeld. Schulnetzwerk in Deutschland. Ihm gehören Foto: Bundesinnenministerium 5. Kümmert ihr euch mehr als 1.250 Schulen an, die von rund einer Million SchülerInnen besucht werden. nur um Rassismus? Nein. Wir beschäftigen uns gleichermaßen 2. Wie wird man eine „Schule ohne mit Diskriminierung aufgrund der Religion, Rassismus – Schule mit Courage“? der sozialen Herkunft, des Geschlechts, kör- Jede Schule kann den Titel erwerben, wenn perlicher Merkmale, der politischen Weltan- sie folgende Voraussetzungen erfüllt: Minde- schauung und der sexuellen Orientierung. stens 70 Prozent aller Menschen, die in einer Darüber hinaus wenden wir uns gegen alle Ich unterstütze „Schule Schule lernen und lehren (SchülerInnen, Leh- totalitären und demokratiegefährdenden ohne Rassismus“, weil rerInnen und technisches Personal) ver- Ideologien. weil wir friedlich und gut pflichten sich mit ihrer Unterschrift, sich 6. Beschäftigt ihr euch künftig gegen jede Form von Diskriminie- nur miteinander aus- rung an ihrer Schule aktiv einzusetzen, bei nur mit den Deutschen? kommen, wenn wir die Konflikten einzugreifen und regelmäßig Pro- Nein. Wir sind davon überzeugt, dass alle jekttage zum Thema durchzuführen. Menschen, egal woher sie kommen und wie Menschen aller Kulturen sie aussehen, in der Lage sind, zu diskrimi- mit ihren Lebensweisen 3. Zu was verpflichtet nieren. Deshalb nehmen wir zum Beispiel und Werten achten. Das sich eine Schule? den Antisemitismus oder die Homophobie gilt nicht nur in der Schu- Wer sich zu den Zielen einer „Schule ohne eines (alt)deutschen Jugendlichen genauso Rassismus – Schule mit Courage“ bekennt, ernst wie den eines Jugendlichen mit türki- le, sondern auch in der unterschreibt folgende Selbstverpflichtung: schen oder arabischen Wurzeln. Gesellschaft. Als Pate gebe ich euch meine An- 1. Ich werde mich dafür einsetzen, dass es zu 7. Wo steht ihr politisch? einer zentralen Aufgabe meiner Schule wird, Wir stehen weder rechts noch links. Das An- erkennung und freue langfristige Projekte, Aktivitäten, Initiativen liegen von „Schule ohne Rassismus – Schule mich, dass ihr Verant- zu entwickeln, um Diskriminierungen, ins- mit Courage“ sollte Aufgabe aller Demokra- wortung für das Mitein- besondere Rassismus zu überwinden. ten sein. Vertreter aller im Bundestag vertre- ander in eurer Schule tenen Parteien unterstützen unser Anliegen, 2. Wenn an meiner Schule Gewalt, diskrimi- ebenso Vertreter von Gewerkschaften und übernehmt und ein Zei- nierende Äußerungen oder Handlungen aus- Glaubensgemeinschaften. chen für lebendige Demo- geübt werden, wende ich mich dagegen und setze mich dafür ein, dass wir in einer offe- 8. Ist das Projekt kratie setzt. nen Auseinandersetzung mit diesem Pro- eher etwas für Gymnasien? Dr. Hans-Peter Friedrich, blem gemeinsam Wege finden, uns zukünf- Bundesminister des Innern Keineswegs. An unserem Netzwerk nehmen tig zu achten. alle Schulformen teil. (CSU); seit dem 28.07.2012 Pate des Jean-Paul-Gymnasi- 3. Ich setze mich dafür ein, dass an meiner ums Hof, Bayern 9. Wo seid ihr am stärksten vertreten? Schule einmal pro Jahr ein Projekt zum The- Im Osten oder im Westen? ma Diskriminierungen durchgeführt wird, Mehr als zwanzig Jahre nach der deutschen um langfristig gegen jegliche Form von Dis- Einheit gibt es da keinen Unterschied mehr. kriminierung, insbesondere Rassismus vor- Wir sind ein gesamtdeutsches Projekt, und zugehen. uns gibt es in allen Bundesländern.
SEITE 19 Oben: SchülerInnen, LehrerInnen sowie Eltern der Berliner Grundschule in den Rollbergen im Märkischen Viertel beteiligen sich an einer Projektwoche. Gemeinsam mit den Profis vom „Zirkus Zack“ war der „Zirkus Courage“ geboren. Mitte: Theater ist ein weiteres beliebtes Medium, mit dem die Schü- lerInnen ihr Anliegen ausdrücken. Hier probt eine Gruppe Jugendlicher auf dem Bundestreffen 2011 in Dessau in Sachsen-Anhalt. Unten: Szenen vom Bundestreffen 2011 in Dessau und 2010 in Berlin. Fotos: Metin Yilmaz
SEITE 20 Die Selbstverpflichtung Wer sich zu den Zielen einer Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage bekennt, unterschreibt folgende Selbstverpflichtung: 1 Ich werde mich dafür einsetzen, dass es zu einer zentralen Aufgabe einer Schule wird, nachhaltige und langfristige Projekte, Aktivitäten und Initiativen zu entwickeln, um Diskriminierungen, insbesondere Rassismus, zu überwinden. Wenn an meiner Schule Gewalt, diskriminierende Äußerungen oder Handlungen 2 ausgeübt werden, wende ich mich dagegen und setze mich dafür ein, dass wir in einer offenen Auseinandersetzung mit diesem Problem gemeinsam Wege finden, uns zukünftig zu achten. 3 Ich setze mich dafür ein, dass an meiner Schule ein Mal pro Jahr ein Projekt zum Thema Diskriminierungen durchgeführt wird, um langfristig gegen jegliche Form von Diskriminierung, insbesondere Rassismus, vorzugehen. Eine Schule bekommt den Titel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, wenn mindestens 70 Prozent aller Menschen an einer Schule diese Selbstverpflichtung unter- schrieben haben. Auszeichnungen: 1996 Jugendkulturpreis NRW der Landesarbeitsgemeinschaft Kulturpädagogische Dienste Jugendkunstschulen NRW e.V. 1997 Förderpreis „Demokratie leben“ des Deutschen Bundestages 1997 CIVIS-Preis des WDR Köln 1997 Aachener Friedenspreis 1997 Heinrich-Bußmann-Preis der SPD Lünen 1998 Bremer Solidaritätspreis des Senats der Hansestadt 1998 Jugendkulturpreis NRW der Landesarbeitsgemeinschaft Kulturpädagogische Dienste Jugendkunstschulen NRW e.V. 1999 Förderpreis „Demokratie leben“ des Deutschen Bundestages 2001 Buber-Rosenzweig-Medaille des deutschen Koordinierungsrates der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit 2004 Auszeichnung als „Botschafter der Toleranz“ vom „Bündnis für Demokratie und Toleranz“ der Bundesregierung 2012 Theodor-Heuss-Medaille von der Theodor-Heuss-Stiftung 2012 Alternativer Medienpreis für das Schülerzeitungsprojekt Q-rage von der Nürnberger Medienakademie e.V.
SEITE 21 HipHop – Graffiti, Breakdance und Rap – ist eine der interessantesten Jugendkulturen. Die Musikindustrie hat das erkannt. Sie macht viel Geld mit Texten, die Gewalt verherrlichen und Frauen und Schwule beleidigen. „Schule ohne Rassismus“ ist davon überzeugt, dass gegen diese Entwicklung keine Verbote helfen, sondern nur eine lebendige und kontroverse Debatte unter Jugendlichen. Die Bundeskoordination organisiert jedes Jahr einen Rap Contest. Ju- gendliche zeigen, dass gute Texte nicht diskriminieren müssen. Mit den GewinnerInnen wird eine CD produziert. Fotos: Metin Yilmaz
SEITE 22 Finanzen und Entwicklung Anfang 2012 trat mit dem Domgymnasium reiche Arbeit sowie die bundesweite Expansi- in Naumburg die 1000. Schule dem Courage- on nicht möglich gewesen. Aber auch das Netzwerk bei. In nur wenigen Jahren entwik- Presse- und Informationsamt der kelte sich aus einer kleinen, regionalen In- Bundesregierung, die Medienanstalt Berlin- itiative aus Nordrhein-Westfalen eine bun- Brandenburg und das Bundesministerium desweite Bewegung. Die Bilanz lässt sich se- für Familie, Senioren, Frauen und Jugend so- hen: Seit Gründung von „Schule ohne Rassis- wie die Beauftragte der Bundesregierung für mus – Schule mit Courage“ fanden an den Migration, Flüchtlinge und Integration haben Courage-Schulen mehr als 10.000 Projektta- wichtige Modellprojekte und Teilmaßnah- ge statt. Millionen von SchülerInnen haben men gefördert. daran teilgenommen. Das Couragenetzwerk Unser besonderer Dank gilt an dieser Stelle hat damit einen respektablen Beitrag zum dem Bundesministerium für Arbeit und Sozi- Zusammenhalt der Gesellschaft geleistet. ales (BMAS), mit dessen Unterstützung nicht Ermöglicht wurde dieser Erfolg durch all nur diese Broschüre erstellt wurde. Seit 2001 Foto: Thomas Kläber die Akteure, die wir Ihnen in dieser Broschüre fördert das BMAS mit Unterbrechungen im bislang vorgestellt haben. Aber engagierte Rahmen seiner XENOS-Programme Maßnah- Kinder und Jugendliche, LehrerInnen, Koope- men der Bundeskoordination zur inhaltli- rations- und Bündnispartner, gute Ideen und chen Weiterentwicklung und Qualifizierung eine effiziente Organisationsstruktur alleine der Akteure des Courage-Netzwerkes durch Ich unterstütze „Schule genügen nicht. Auch die finanziellen Rah- die Bundeskoordination. Die langjährige Zu- menbedingungen müssen stimmen. Auch in sammenarbeit ist nicht verwunderlich, denn ohne Rassismus – Schule unserem Fall gilt die alte Volksweisheit – das Bundesprogramm XENOS – Integration mit Courage“, weil es „Ohne Moos nichts los“. und Vielfalt will „Demokratiebewusstsein wichtig ist, dass Men- und Toleranz stärken und Fremdenfeindlich- schen endlich begreifen, keit und Rassismus abbauen. Dabei geht es Wichtige Förderer vor allem um präventive Maßnahmen gegen andere nicht nach ihrer Ausgrenzung und Diskriminierung auf dem des Courage-Netzwerkes Hautfarbe, sondern aus- Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft“, schließlich nach ihrem Bis heute erhält die Bundeskoordination von schreibt das BMAS. „Schule ohne Rassismus – Schule mit Coura- Charakter zu beurteilen. ge“ keine Regelförderung. Trotz breiter fach- Dr. Gregor Gysi, licher Anerkennung, trotz Unterstützung XENOS – Rechtsanwalt, MdB (DIE LINKE), durch alle im Bundestag vertretenen Partei- Eine Würdigung seit dem 01.10.2007 Pate der Gebrüder-Montgolfier-Schule, Berlin en. Die Folge: In den letzten Jahren drohte der Bundeskoordination und damit dem ganzen Den Anfang der fruchtbaren Kooperation Projekt wiederholt das finanzielle Aus. zwischen dem BMAS und uns machte von 11/ Glücklicherweise waren seit 2001 sowohl 2001 bis 10/2004 die XENOS-Maßnahme staatliche als auch nichtstaatliche Stellen be- „Schule ohne Rassismus – Schule mit Coura- reit, der Bundeskoordination zu vertrauen ge geht nach Ostdeutschland und Berlin. und ihre Arbeit zu fördern. Die Bundeszentra- Schwerpunkte Chancengleichheit – Qualifi- le für politische Bildung (BPB) und der Haupt- zierung – Vernetzung“. In diesen Jahren wur- vorstand der Gewerkschaft Erziehung und de das Projekt in den neuen Ländern imple- Wissenschaft (GEW) sowie der Landesverband mentiert, das Konzept der Landes- und Regio- Berlin haben stets an das Potential des Netz- nalkoordinationen sowie der außerschuli- werkes geglaubt. Sie haben die Arbeit der schen Kooperationspartner entwickelt. Das Bundeskoordination seit 2001 kontinuierlich Netz wurde schrittweise ausgebaut, erste Ma- und in vielfältiger Form unterstützt. Und terialien zur Weiterqualifizierung der Akteu- ohne die Förderung der Geschäftsstelle durch re wurden entwickelt. Dieser Prozess dauert die BPB in den Jahren 2009 bis 2011 und durch bis heute an. das Bündnis für Demokratie und Toleranz in „Schule ohne Rassismus – Schule mit Cou- den Jahren 2012 und 2013 wäre unsere erfolg- rage stärkt die Medienkompetenz von Ju-
SEITE 23 Im Mai 2012 veranstaltete die Bundeskoordination das „Zukunftslabor“ in Berlin. Auf der bundesweiten Fachtagung mit Multiplikatoren des Netzwerks ging es um die Frage, „Wie machen wir das Courage-Netzwerk fit für die Zukunft? Was braucht es, um die innovative, zeitgemäße Arbeit gegen jede Ideologie der Ungleichwertigkeit nachhaltig fortsetzen zu können?“ Oben: Podiumsdiskussion mit dem Islamwissenschaftler Michael Kiefer, dem Extremismusexperten der Bundeszentrale für politische Bildung, Ulrich Dovermann, dem Geschäftsführer der Bundeskoordination, Eberhard Seidel, mit Barbara John, Ombudsfrau für die Hinterbliebenen der NSU-Opfer, mit Wilhelm Heitmeyer, Direktor des Bielefelder Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung, und mit Sanem Kleff, Leiterin der Bundeskoordination von „Schule ohne Rassismus –Schule mit Courage“ (von links) Fotos: Aris Papadopoulos
SEITE 24 gendlichen und eröffnet neue Wege der Inte- labor „Das Courage-Netzwerk. Ziele, Wege gration" hieß unsere nächste XENOS-Maß- und Strukturen“. Eingeladen waren Multipli- nahme. Von 9/2006 bis 9/2008 entwickelte katoren des Netzwerks, um über die Frage zu die Bundeskoordination die Zeitung „Q-ra- diskutieren: Wie machen wir das Courage- ge“, „Radio Q-rage“, „Rap for Q-rage“, Postkar- Netzwerk fit für die Zukunft? Was braucht es, ten- und Postermotive sowie das bis heute um die innovative und zeitgemäße Arbeit ge- viel beachtete und gelesene Themenheft „Ju- gen jede Ideologie der Ungleichwertigkeit gendkulturen zwischen Islam und Islamis- auch nach dem Ende der XENOS-Maßnahme mus. Lifestyle. Medien und Musik“. Die in die- „Informieren und Qualifizieren“ im Mai 2013 sem Prozess entwickelten Medienformate so- nachhaltig fortsetzen zu können? wie das dazugehörige Vertriebssystem sind Auf der Eröffnungsveranstaltung spra- bis heute tragende Säulen der Kommunikati- chen Barbara John, als Ombudsfrau für die on im Netzwerk. Angehörigen der NSU-Opfer, und der Wissen- Im November 2007 formulierte der dama- schaftler Prof. Dr. Wilhelm Heitmeyer über lige Minister für Arbeit und Soziales, Franz alltäglichen Rassismus und gruppenbezoge- Müntefering, in einem Brief an 10.000 Schu- ne Menschenfeindlichkeit in Deutschland. Foto: bpb len seine Vision: „Wir möchten das Netzwerk Frau John bezeichnete „Schule ohne Rassis- „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage mus – Schule mit Courage“ dabei als „die in den nächsten Jahren auf 1.000 Schulen größte Präventionsagentur gegen Ungleich- Das Netzwerk von ausweiten. Ich wünsche mir, dass möglichst heitsdenken in Deutschland“. Und Wilhelm „Schule ohne Rassismus viele Schüler und Lehrerinnen und Lehrer die Heitmeyer, Initiator der zehnjährigen Studie Initiative zum Mitmachen ergreifen.“ zur gruppenbezogenen Menschenfeindlich- – Schule mit Courage“ ist Auch Franz Münteferings Nachfolger, Olaf keit, fragte provokant: „Ist Schule überhaupt ein unschätzbarer Teil Scholz und Ministerin Ursula von der Leyen, in der Lage zu integrieren, oder gibt es nicht gewaltpräventiverArbeit engagieren sich in außergewöhnlicher Form doch große Probleme in der Anerkennung?“ in Deutschland. Die rund für das Anliegen von „Schule ohne Rassismus Den anwesenden Pädagoginnen riet Heit- – Schule mit Courage“. Im November 2011 meyer, „Gleichwertigkeitserlebnisse“ und 1.000 beteiligten Schu- übernahm Ministerin von der Leyen die Pa- „Anerkennungsprozesse“ zu schaffen. „Sie len halten die Augen of- tenschaft der Erich Kästner Oberschule in müssen nach Stärken fahnden, statt nach fen und setzen sich sach- Laatzen, Niedersachsen. Schwächen zu suchen.“ und fachkundig gegen Nachhaltigkeit, Qualifikation und Kom- Von 6/2009 bis 5/2013 widmete sich die Bun- munikation – so lauteten die Schlagwörter Fremdenfeindlichkeit deskoordination mit der XENOS-Maßnahme des Zukunftslabors. Während der zweitägi- und Gewalt zur Wehr. Sie „Informieren und Qualifizieren“ schließlich gen Veranstaltung diskutierten 200 Pädago- vermitteln, wie wichtig den Ideologien der Ungleichwertigkeit in der gen, Politiker und Fachreferenten in drei auf- Toleranz und Demokra- Einwanderungsgesellschaft. Innovative Fort- einander aufbauenden Panels mit insgesamt bildungsmaterialien und Handlungsansätze 18 Workshops. Die TeilnehmerInnen infor- tie für eine lebendige und für die Antidiskriminierungsarbeit wurden mierten sich über ausgewählte Themenfel- pluralistische Gesell- erarbeitet und implementiert. Darunter die der wie Antisemitismus, Homophobie, Gen- schaft sind. Themenhefte: der sowie Rassismus und berieten sich über Thomas Krüger, Präsident • „Rechtsextremismus in der Einwande- unterschiedliche Methoden und Vermitt- der Bundeszentrale für rungsgesellschaft. Exjugoslawen, Russ- lungsinstrumente wie Theater, Illustration politische Bildung, 14.01.2012 landdeutsche, Türken, Polen“. und Musik. Näheres dazu können sie in den • „Fatma ist emanzipiert, Michael ein Ma- folgenden Kapiteln „Die Handlungsfelder“ cho!? Geschlechterrollen im Wandel“. und „Die Innovationen“ lesen. • „Klimawechsel in der Schule – Das Cou- Am zweiten Tag ging es dann um die Her- rage-Netzwerk.. Wer wir sind, was wir ausforderungen für das Netzwerk: Wie kann tun“. es etwa gelingen, die Akteure an Schulen zu • „Rassismus in der Einwanderungsgesell- qualifizieren, wie können wir belastbare schaft“. Kommunikationsstrukturen zwischen allen Akteuren etablieren und nach außen darstel- Das bundesweite len, und wie gelingt der Transfer von „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ in die Zukunftslabor Regelsysteme? Auch die nachhaltige Entwick- Am 09. und 10. Mai 2012 veranstaltete die lung des Netzwerks in finanzieller Hinsicht Bundeskoordination in Berlin das Zukunfts- wurde kreativ diskutiert.
Die Handlungsfelder ◆ Demokratische Schulkultur ◆ Rechtsextremismus ◆ Antiziganismus ◆ Flucht und Asyl ◆ Antisemitismus ◆ Rassismus ◆Tipps zur Nachhaltigkeit „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ beschäftigt sich mit Foto: Metin Yilmaz allen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Die Themen, zu denen sich die Jugendlichen engagieren, sind deshalb so vielschichtig wie die Facetten möglicher Diskriminierung: zum Beispiel Mobbing, Rechtsextremismus, Homophobie, Sexismus, Nationalsozialismus, Antisemitismus und Antiziganismus, Islamis- mus, Islamfeindlichkeit, Rassismus sowie Flucht und Asyl. Sechs Beispiele aus dem größten Schulnetzwerk Deutschlands.
DIE HANDLUNGSFELDER SEITE 26 Demokratische Schulkultur Schulen vereinen Kinder und Heranwach- relle HipHop-Ragga-Band Brothers Keepers sende ganz verschiedener sozialer und kultu- haben sie ebenso schon an die Schule geholt reller Herkunft und mit unterschiedlichen wie die kölschen Barden Bläck Fööss. Auch der sozialen Kompetenzen. Im besten Fall gelingt Pate Günter Wallraff war schon da; und die es, eine demokratische Kultur zu schaffen, in Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring- Foto: H. Flug der SchülerInnen nicht nur Fachkompeten- Eckardt. Letztere kam mit dem Projekt „Cul- zen, sondern auch ethisch-moralische Hal- ture on the Road“ vorbei, das im Auftrag des tungen entwickeln. An vielen „Schulen ohne Berliner Archivs der Jugendkulturen, eines Rassismus“ glückt das seit Jahren. Kooperationspartners, Workshops zu Ju- „SchuleohneRassismus“ Denen, die es nicht schon immer geahnt gendszenen veranstaltet. Schon zweimal dis- muss sein, weil die Wür- hatten, machten gleich zwei Anschläge auf kutierten Kölner Schüler mit den Berliner Be- de eines jeden Menschen, Mitglieder der Jüdischen Gemeinde in Düs- suchern über die Ursprünge von verschiede- unabhängig von Her- seldorf im Jahr 2000 überdeutlich: Gewalttä- nen Jugendkulturen – Punks und HipHopper, tiger Antisemitismus ist nicht auf die neuen Boarder und die Skins zum Beispiel. Jährlich kunft, Religion, Ge- Länder beschränkt. Bundesweit erreichte die wiederkehrend verknüpft die Schule einen schlecht oder Sexualität, Debatte über Rechtsextremismus eine neue Sporttag mit der Beschäftigung mit Demo- unantastbar ist und Dimension. Und Bundeskanzler Gerhard kratie und Menschenrechten. Vielleicht am bleibt. Schröder forderte höchstpersönlich einen wichtigsten aber ist, dass Vorfälle von Diskri- „Aufstand der Anständigen“. minierung ernst genommen werden. MIA, Musiker, seit dem 21.5. 2005 Paten der Johann-Gott- Das Kollegium des Nicolaus-August-Otto- fried-Herder-Oberschule, Berufskollegs in Köln-Deutz fragte sich: Was Jedes Jahr werden wieder Berlin kann unsere Schule tun? Nicht, dass es beson- ders schlecht lief an der Schule. Genau ge- Unterschriften gesammelt nommen lief es angesichts der Tatsache, dass Dass das Engagement andauert, ist vor allem 1.700 Jungen und junge Männer (Sic! Der den nachhaltigen Strukturen zu verdanken. Frauenanteil liegt bei drei Prozent!) ab 16 un- „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ ter einem Dach unterrichtet werden, sogar steht nicht nur im Briefkopf, sondern auch im ganz gut. Aber das sollte auch künftig so blei- Schulprogramm. Ein Glaskasten im Foyer prä- ben. Und: Demokratischer geht immer. sentiert laufend Neuigkeiten aus dem Projekt. Jede Klasse absolviert im Politikunterricht Furcht, an den Pranger eine Unterrichtseinheit „Schule ohne Rassis- mus“; jedes Jahr werden wieder Unterschrif- gestellt zu werden ten gesammelt. Das ist besonders wichtig, weil Auf der Suche nach Möglichkeiten, sich zu Schüler hier viel weniger präsent sind als an- engagieren, stieß man auf „Schule ohne Ras- derswo: Viele bleiben nur ein Jahr; und die sismus – Schule mit Courage“. LehrerInnen meisten kommen nur zweimal pro Woche. und SchülerInnen besprachen die Sache; Und? Ist das Leben nun anders? Armin Ahl- dann beschlossen Schulkonferenz sowie heim sagt prompt: „Ja!“ Und zum Beweis: Inzwi- Schülervertretung ganz offiziell: Wir wollen schen unterschreiben jedes Jahr neun von zehn das! Die benötigten Unterschriften zu be- der neuen Schüler das „Ja“ zum demokratischen kommen, gibt der Lehrer Armin Ahlheim un- Handeln – von jüngst eingereisten Flüchtlingen umwunden zu, war dann allerdings gar nicht über Jugendliche ohne Schulabschluss bis zu zu- so leicht. Es gab SchülerInnen, die skeptisch künftigen KFZ-Mechatronikern. So mancher, waren, was mit ihrer Signatur passiert; und der eine Wahl hat, sagt, er sei wegen „Schule solche, die fürchteten, die Deutschen sollten ohne Rassismus“ ans Berufskolleg gekommen. irgendwie „an den Pranger gestellt“ werden. Das heißt nicht, dass es gar keine Probleme Eineinhalb Jahre dauerte es, dann waren mehr gäbe. Auch hier kann es immer noch pas- mehr als 70 Prozent überzeugt. sieren, dass einer ein Hakenkreuz in die Klotür Heute ist das Kolleg eins der aktivsten bun- ritzt und sich enorm rebellisch vorkommt. Aber desweit. Die Schüler haben am Open Space anders als früher kann er sich sicher sein, es „Islam-und-Ich“ teilgenommen; bei jedem wird einer kommen und sagen: „Das geht so Bundestreffen sind sie dabei. Die multikultu- nicht – wir haben was unterschrieben!“
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