KFW-MITTELSTANDSPANEL 2021 MITTELSTAND BEWEIST ANPASSUNGS-FÄHIGKEIT IN DER CORONA-KRISE - FUNDAMENT DER KLEINEN ALLERDINGS MIT SICHTBAREN RISSEN ...
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KfW Research KfW-Mittelstandspanel 2021 Mittelstand beweist Anpassungs- fähigkeit in der Corona-Krise – Fundament der Kleinen allerdings mit sichtbaren Rissen
Jährliche Analyse zur Struktur und Entwicklung des Mittelstands in Deutschland Impressum Herausgeber KfW Bankengruppe Abteilung Volkswirtschaft Palmengartenstraße 5-9 60325 Frankfurt am Main Telefon 069 7431-0, Telefax 069 7431-2944 www.kfw.de Redaktion KfW Bankengruppe Abteilung Volkswirtschaft research@kfw.de Dr. Michael Schwartz Telefon 069 7431-8695 Dr. Juliane Gerstenberger Telefon 069 7431-4420 ISSN 1867-1470 Copyright Titelbild Quelle: Getty Images / Fotograf: YouraPechkin Frankfurt am Main, Oktober 2021
Mittelstand beweist Anpassungsfähigkeit in der Corona-Krise – Fundament der Kleinen allerdings mit sichtbaren Rissen Die Corona-Pandemie hat den Mittelstand massiv nehmen waren auch die durchschnittlichen Umsatz- getroffen. Die Umsatzverluste der kleinen und mittle- verluste am größten. ren Unternehmen (KMU) im vergangenen Jahr in Höhe von 277 Mrd. EUR spiegeln das deutlich wider. Auch in diesem Jahr dürfte sich die Corona-Krise als Die Einschnitte sind heftig, aber im Vergleich zur Belastung für die Kapitalstruktur einiger Unterneh- Wirtschafts- und Finanzkrise überschaubar. Ähnli- men herausstellen. Eine rasche Erholung der Eigen- ches gilt für die Beschäftigung, der Stellenabbau im kapitalquoten im Mittelstand ist nicht zu erwarten. Mittelstand blieb moderat. Das zeigt das KfW-Mittel- Rund jedes vierte KMU rechnet sogar noch mit ei- standspanel 2021 und gibt ein detailliertes Lagebild nem Rückgang der Eigenkapitalquote im Vergleich zur Situation der mittelständischen Unternehmen in zu Ende 2020. der Krise. Deutlich sind die Einschnitte bei den Investitionen. Danach spürt der Mittelstand die Lasten der Pande- Die Corona-Krise hat die Investitionslaune des Mit- mie – scheint in der Gesamtsicht allerdings noch telstands im Jahr 2020 gedämpft. Noch nie haben so glimpflich durch das Krisenjahr gekommen zu sein. viele Unternehmen ihre Pläne nicht umgesetzt. Rasche Anpassungen bei Geschäftsmodellen und 61 Mrd. EUR wurden dadurch nicht mehr investiert. vor allem starkes Wachstum im digitalen Vertrieb Für 2021 deutet sich eine ähnliche Größenordnung von Produkten und Dienstleistungen haben sich viel- an. Dadurch erhalten die Investitionen insgesamt fach als Rettungsanker erwiesen und Schlimmeres den absehbaren Dämpfer. Die Neuinvestitionen sin- verhindert. Umsatzeinbrüche konnten dadurch abge- ken um 7 %, der Rückgang zieht sich durch alle dämpft werden. Im Jahr 2021 ist Ähnliches zu erwar- Segmente. Da zudem Großunternehmen insgesamt ten. Jedes dritte Unternehmen erwartet aktuell wei- weniger stark betroffen waren, fällt auch die Bedeu- tere Umsatzrückgänge. Allerdings pendeln sich die tung der KMU für das gesamte Investitionsgesche- mittelfristigen Erwartungen bereits auf Normalniveau hen im deutschen Unternehmenssektor auf einen ein. Das macht Hoffnung. Zumal die Unternehmen Tiefstand. aktuell einen Aufwärtstrend konstatieren: Die Betrof- fenheit von Umsatzeinbußen geht nach Eigenanga- Dabei zeigt sich: Die Notwendigkeiten zur Anpas- ben zuletzt deutlich zurück. Allerdings haben Störun- sung bzw. Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs gen in den Lieferketten zuletzt merklich zugenom- lassen die Investorenzahl nach oben schnellen. Pa- men. rallel dazu wird aber die Projektgröße auf Talfahrt geschickt – kleinere Investitionsvorhaben zur Krisen- Trotz harter Einschnitte beim Umsatz konnten die anpassung dominieren. Dies kommt auch in der Kre- KMU weiter profitabel agieren. Die Umsatzrendite ditfinanzierung zum Ausdruck: Einer sprunghaft ge- sinkt nur leicht und erweist sich als krisenfest. Im stiegenen Anzahl an Kreditnehmern (+25 %) stehen Handel nahm sie sogar zu. Insgesamt dürfte sich die drastisch reduzierte Ticketgrößen gegenüber Vielzahl an wirtschaftspolitischen Stabilisierungs- (-41 %). Drei Viertel aller aufgenommenen Investiti- und Unterstützungsmaßnahmen zum Ausgleich von onskredite lagen bei maximal 50.000 EUR. Der „Erd- Umsatzverlusten als wirksam erwiesen haben. rutsch“ bei den Kreditvolumen, wie auch der deutli- che Zuwachs der Zahl der Kreditnehmer, ist dabei Die Belastungen der Ertragslage sind sichtbar, aber ganz überwiegend dem Verhalten der kleinen Mittel- geringer ausgefallen als erwartet. Der oftmals be- ständler zuzuschreiben. fürchtete massive Einbruch der Eigenkapitalausstat- tung in der Breite des Mittelstands ist daher (vorerst) Das Gesamtvolumen mittelständischer Bankkredite ausgeblieben. Im Aggregat gibt die Eigenkapital- gibt in der Folge mit einem Minus von 22 % deutlich quote nur moderat nach – im Detail zeigt sich aller- nach. Vor allem die Nachfrage nach langfristigen Fi- dings eine starke Ungleichverteilung: Große KMU nanzierungen bricht ein. Dabei sahen sich die KMU verzeichnen kaum sichtbare Rückgänge, wohinge- einem schwierigeren Finanzierungsklima gegenüber, gen kleine Unternehmen herbe Einschnitte hinneh- die Erfolgsquote bei Kreditverhandlungen ist aber men mussten. Ihre Eigenkapitalquote bricht ein und nur leicht eingetrübt. Erwartbar hat im vergangenen sinkt auf ein 15-Jahrestief. Die Gefahr einer Über- Jahr auch die Aufnahme öffentlicher Fördermittel zur schuldung ist für diese KMU höher. Bei Kleinstunter- Investitionsfinanzierung angezogen (+5 %). Zudem
KfW Research wurde über verstärkten Eigenmitteleinsatz die gerin- stärksten von der Aufhebung vieler Einschränkungen gere Kreditaufnahme im Finanzierungsmix kompen- profitieren. Im Verarbeitenden Gewerbe ist der Rück- siert. gang der Corona-Betroffenheit dagegen weniger aus- geprägt (-8 PP.) KMU dieses Wirtschaftszweigs haben Die Corona-Krise traf Deutschland und die Welt Anfang damit im Branchenvergleich noch am häufigsten mit des Jahres 2020 unerwartet und heftig. Rasches staat- der Corona-Pandemie zu kämpfen (67 %). liches Handeln hat die Krisenfolgen für den Unterneh- menssektor in Deutschland jedoch abgefedert. Im Jah- Grafik 1: Corona-Betroffenheit im Mittelstand resdurchschnitt 2020 ist das Bruttoinlandsprodukt letzt- Anteil der Unternehmen in Prozent lich „nur“ um 4,8 % geschrumpft, womit Deutschland Mittelstand insgesamt 49 besser dasteht als die meisten anderen G7-Volkswirt- 64 schaften. 68 63 72 Generell machen Impffortschritte und die risikoorien- 80 tierte Rücknahme der Eindämmungsmaßnahmen Hoff- Dienstleistungen 48 nung, dass Deutschland die Corona-Pandemie in ab- 65 sehbarer Zeit in den Griff bekommt und den zurücklie- 67 genden konjunkturellen Einbruch nachhaltig überwin- 65 det. 73 80 Das deutsche BIP wird im Gesamtjahr 2021 um vo- Verarbeitendes Gewerbe 67 raussichtlich 3 % wachsen und so schon vor Jahres- 75 71 ende das Vorkrisenniveau wieder überschreiten. Dank 63 anziehender Konsumfreude genießen die bislang be- 76 sonders pandemiebetroffenen Branchen, wie das Gast- 84 gewerbe, die ersehnte Erholung. Industrie und Bauge- Handel 60 werbe haben zwar mit Materialengpässen zu kämpfen, 74 aber die Aussichten sind dank einer ausgesprochen 83 62 guten Auftragslage sehr gut. 78 84 KfW Research begleitet die Folgen der Corona-Krise Bau 27 für den deutschen Mittelstand seit deren Ausbruch kon- 33 tinuierlich mit repräsentativen Sonderbefragungen im 55 Rahmen des KfW-Mittelstandspanels.1 Der hier vorge- 44 legte Bericht zur Lage im Mittelstand stützt sich neben 39 75 der Haupterhebung zum KfW-Mittelstandspanel 2021 ebenso auf die jüngsten Erkenntnisse der 6. Corona- September '21 Mai '21 Januar '21 Sondererhebung vom September 2021 und gibt somit September '20 Juni '20 April '20 ein umfassendes und aktuelles Gesamtbild. Quellen: 1. bis 6. Corona-Sondererhebung zum KfW-Mittelstands- panel. Corona-Betroffenheit geht merklich zurück Die im Mai gestartete schrittweise Lockerung zahlrei- Dies hängt vor allem damit zusammen, welche Folgen cher Pandemie-Eindämmungsmaßnahmen hat die der Pandemie aktuell dominieren (Grafik 2). Aufgrund Corona-Betroffenheit im Mittelstand merklich zurückge- der Lockerung der Eindämmungsmaßnahmen in hen lassen. Dennoch ist die Krise für viele Unterneh- Deutschland sind deutlich weniger hiesige KMU von men weiterhin deutlich spürbar. Anfang September hat- Nachfragerückgängen betroffen – insbesondere im ten rund 1,9 Mio. KMU (49 %, Grafik 1, grüne Balken) Dienstleistungssektor und Handel. Aktuell klagen dar- mit den Folgen der Pandemie zu kämpfen. Dies sind über nur noch 29 % der Mittelständler – im Juni ver- rund 560.000 Unternehmen weniger als noch im Mai. gangenen Jahres lag dieser Anteil noch bei 61 %. Dementsprechend hat sich auch die Liquiditätslage vie- Die kräftigste Erholung ist bei den Dienstleistungsun- ler KMU weiter merklich entspannt. Nur noch rund je- ternehmen (-17 Prozentpunkte) und im Handel (-14 des fünfte Unternehmen (19 %) meldet einen pande- PP.) zu beobachten. Diese Unternehmen konnten am miebedingten Rückgang der liquiden Mittel. Seite 2
KfW-Mittelstandspanel 2021 Grafik 2: Aktuelle Betroffenheit im Mittelstand durch Corona-Krise (Stand: 9. September 2021) Anteil der Unternehmen in Prozent 29 40 45 Nachfragerückgang führt zu Umsatzeinbußen 50 61 58 25 17 15 Störungen in der Lieferkette beeinflussen Produktion 9 13 17 19 27 34 Reduzierte Liquidität 31 33 44 14 15 16 Störungen im Geschäftsbetrieb (wg. Mitarbeiterausfall) 9 14 25 8 7 9 Schwierigkeiten, Hygienevorschriften umzusetzen 10 10 September '21 Mai '21 Januar '21 September '20 Juni '20 April '20 Quellen: 1. bis 6. Corona-Sondererhebung zum KfW-Mittelstandspanel. Dagegen haben Störungen in den Lieferketten noch Umsatzverluste: Es hätte schlimmer kommen einmal deutlich zugenommen. Aktuell ist davon jedes können … vierte mittelständische Unternehmen betroffen – im Die Corona-Krise und die damit verbundenen Eindäm- Verarbeitenden Gewerbe sogar jedes zweite. Hier spie- mungsmaßnahmen haben den Mittelstand im Jahr geln sich neben Einschränkungen im grenzüberschrei- 2020 spürbar getroffen: Geschäftsschließungen, Kon- tenden Waren- und Dienstleistungsverkehr auch schär- taktverbote, Hygienevorschriften oder Reisebeschrän- fere Pandemie-Eindämmungsmaßnahmen in anderen kungen haben die zu erwartende Wirkung entfaltet. Da- Ländern wider.2 bei spiegelt vor allem der Schwund der Umsätze die ganze Kraft wider, mit der die Corona-Pandemie den Kaum rückläufig sind dagegen gemeldete Probleme im Mittelstand im Griff hatte: Die mittelständischen Unter- Geschäftsbetrieb aufgrund von Mitarbeiterausfällen. nehmen haben im Jahr 2020 insgesamt Umsatzver- Rund 14 % der KMU sind hiervon weiterhin betroffen. luste in Höhe von 277 Mrd. EUR aufzuweisen. Dies Bei der letztmaligen Befragung im Mai waren es 15 %. entspricht einem Minus von rund 6 %. Die Gesamtum- Quarantäne- sowie Krankheitsfälle als auch Mitarbei- sätze der kleinen und mittleren Unternehmen in terausfälle aufgrund der Schließung von Schulen oder Deutschland gingen im vergangenen Jahr auf Kinderbetreuungseinrichtungen dürften hier eine aus- 4.349 Mrd. EUR zurück. schlaggebende Rolle spielen. Insbesondere Branchen, in denen Homeoffice nur schwer möglich ist, melden in Ein großer Teil dieser Umsatzverluste dürfte insbeson- diesem Zusammenhang überdurchschnittlich häufig dere auf den ersten Lockdown in den Frühjahrsmona- Probleme (VG: 22 %, Bau: 21 %). ten 2020 zurückgehen. Mit der schrittweisen Aufhe- bung der Eindämmungsmaßnahmen folgte zwar eine Mit Schwierigkeiten geltende Hygienevorschriften bzw. kräftige Erholung über den Sommer. Aber trotz dieser Abstandsregeln umzusetzen, sahen sich im September Aufholjagd haben sich die hohen Umsatzverluste der noch ähnlich viele Unternehmen konfrontiert wie in den ersten Jahreshälfte für die kleinen und mittleren Monaten zuvor (8 versus 7 % im Mai). Seite 3
KfW Research Grafik 3: Jährliches Umsatzwachstum im Mittelstand nach Branchen 2016 bis 2020 Angaben in Prozent 8% 7,4 6% 4% 1,9 2% 0,9 0% -0,5 -2 % -1,3 -1,8 -1,7 -4 % -3,7 -4,1 -6 % -5,8 Gesamter Unter 5 5 bis 9 10 bis 49 50 und mehr FuE-intensives Sonstiges Bau Wissensint. Sonstige Dienst- Mittelstand Beschäftigte Beschäftigte Beschäftigte Beschäftigte Verarbeitendes Verarbeitendes Dienstleis- leistungen Gewerbe Gewerbe tungen Quelle: KfW-Mittelstandspanel 2017–2021. Unternehmen nur begrenzt wieder aufholen lassen. Vor eingetroffen ist, dürfte u. a. auch daran liegen, dass es allem aufgrund der im Herbst wieder gestiegenen In- eben nicht nur „Krisenverlierer“ gab. Durch die Verlage- fektionszahlen und der damit einhergehenden neuerli- rung von Konsum konnten auch einige Mittelstands- chen Eindämmungsmaßnahmen ab November. Im Un- segmente von der Krise profitieren. Dies betraf insbe- terschied zum Frühjahr war der gesamtwirtschaftliche sondere den Lebensmitteleinzelhandel, Drogerien, den Schaden dieses Mal aber geringer. Zwar gab es wiede- Onlinehandel, Lieferdienste und Logistikdienste, die rum Geschäftsschließungen im Gastgewerbe, bei Pharmaindustrie aber auch Onlinedienste und Soft- Kunst, Unterhaltung und Erholung sowie bei den meis- wareunternehmen. Ebenso haben sich rasche Anpas- ten persönlichen Dienstleistungen. Der Einzelhandel sungen bei Geschäftsmodellen und vor allem ein star- blieb dagegen geöffnet und die Industrieproduktion kes Wachstum von digitalen Vertriebskanälen vielfach nahm vor dem Hintergrund der globalen Erholung ohne als Rettungsanker erwiesen und Schlimmeres verhin- nennenswerte Störung in den Lieferketten weiter zu. dert (siehe Abschnitt unten). An einen „Normalbetrieb“ war für sehr viele Unterneh- men – insbesondere solche mit einem engen Kontakt Auf Sonstige Dienstleistungen entfallen die meis- zu Endkunden – nahezu das ganze Jahr über aller- ten Einbußen dings nicht zu denken. Aufgrund der Abstands- und Hy- Wenn auch das Gesamtbild auf das berühmte „blaue gieneregeln konnten Kapazitäten häufig nicht voll aus- Auge“ hindeutet: Die Betroffenheit ist im Detail doch geschöpft werden. In der Folge entschieden sich sogar sehr unterschiedlich ausgeprägt. Der weitaus größte einige Unternehmen trotz einer Möglichkeit zu öffnen, Anteil an den aggregierten Umsatzverlusten im Mittel- dies nicht zu tun. stand entfällt auf Unternehmen der Sonstigen Dienst- leistungen. In diesem Segment (darunter fallen insge- Die durchschnittliche Wachstumsrate der Umsätze mit- samt 1,35 Mio. KMU bzw. 35 % aller Mittelständler) gibt telständischer Unternehmen lag daher im Jahr 2020 es nicht nur zahlreiche Überschneidungen mit dem sta- mit -1,3 % im negativen Bereich (Grafik 3). Nur wenige tionären Einzelhandel. Zudem zählen beispielsweise Segmente im Mittelstand blieben von Umsatzverlusten Unternehmen der körpernahen Dienstleistungen, Gast- verschont. Zwar sind die Umsätze damit in der Ge- ronomie und Gastgewerbe, weite Teile des Tourismus, samtsicht merklich zurückgegangen, gemessen am die Bereiche Pflege, Aus- und Weiterbildung sowie Kul- Vergleichswert der Wirtschafts- und Finanzkrise von tur und Sport dazu – allesamt Wirtschaftszweige, die in -6,2 % im Jahr 2009 sowie an der grundsätzlich breiten hohem Maß von Corona-Eindämmungsmaßnahmen Corona-Betroffenheit im Mittelstand scheinen die Ver- betroffen waren. Dort summieren sich die Verluste auf luste allerdings überschaubar. Jahressicht auf rund 161 Mrd. EUR. Die Rückgänge belaufen sich im Mittel auf 1,7 % je Unternehmen (Gra- Der Mittelstand in seiner Gesamtheit scheint damit fik 3). noch glimpflich durch das Krisenjahr gekommen zu sein. Frühere Erwartungsbilder hatten auf höhere Ein- Dass es in diesem stark von den Corona-Einschrän- bußen hingedeutet. Dass dies in der Gesamtsicht nicht kungen betroffenen Segment nicht noch zu höheren Seite 4
KfW-Mittelstandspanel 2021 Umsatzrückgängen kam, dürfte u. a. an dem oben ge- allem die Umstellung auf bzw. die zusätzliche Verwen- nannten Umstand liegen, dass es auch Unternehmen dung digitaler Vertriebskanäle könnte sich für viele Un- gab, die einen deutlichen Anstieg der Nachfrage nach ternehmen als Rettungsanker im letzten Jahr erwiesen ihren Produkten und Dienstleistungen erfahren haben. haben. Mit absoluten Verlusten von 36 Mrd. EUR, 26 Mrd. EUR sowie 54 Mrd. EUR im Jahr 2020 bewegt sich das Kurzübersicht über Eckdaten der Corona-Krise Umsatzminus für KMU des FuE-intensiven Verarbei- Erste bestätigte Sars-CoV-2- tenden Gewerbes 3, des Sonstigen Verarbeitenden Ge- 27. Januar Infektion in Deutschland werbes4 und der Wissensintensiven Dienstleistungen 5 Bund und Länder vereinbaren auf niedrigerem Niveau. Leitlinien zur Eindämmung des 12. März Coronavirus Bemerkenswert ist, dass kein Teilsegment auf Bran- BuReg erlässt umfassende 16. März chenebene an die weitaus höheren negativen Wachs- Kontrollen und Einreiseverbote tumsraten der Finanzkrise heranreicht. Denn ein erheb- Lockdow n: Bund und Länder licher Teil der Unternehmen konnte unter Einhaltung beschließen Erw eiterung der 22. März Beschränkungen von Hygienekonzepten trotz Corona-Krise weit gehend unbehindert weiter agieren. Manche Teilbranchen Verlängerung der bundesw eiten 1. April Beschränkungen bis 19. April konnten sogar in der Krise Umsatzzugewinne verbu- chen.6 Auch KMU im Umfeld der Informations- und Bund und Länder fassen weitere 15. April Kommunikationsanwendungen konnten profitieren. Das Beschlüsse (inkl. „Exit-Strategie“) hat dazu beigetragen, die aggregierten Umsatzverluste Bund und Länder vereinbaren im Mittelstand zu begrenzen. 6. Mai w eitere Lockerungen Zudem konnten Unternehmen des Baugewerbes die Öffnung der Gastronomie unter 11. Mai Umsätze erhöhen (+20 Mrd. EUR absolut bzw. durch- Abstands- und Hygieneauflagen schnittliches Umsatzwachstum von 7,4 %). Die hohe Wachstumsrate der KMU aus dem Baugewerbe kann 3. Juni BuReg: Konjunkturpaket über 130 Mrd. EUR angesichts des – ungeachtet der Corona-Krise – anhal- tenden Booms im Wohnungsbau nicht überraschen. „Lockdow n light“ tritt in Kraft 2. Nov ember Im Größenklassenvergleich entfällt das „verloren ge- gangene“ Volumen zu einem großen Teil auf die gro- 16. Dezember Verschärfung des Lockdowns bis 10. Januar tritt in Kraft ßen Unternehmen mit 50 und mehr Beschäftigten (-224 Mrd. EUR bzw. mit einer durchschnittlichen Verlängerung des „harten Wachstumsrate von -1,8 %). Weitere 46 Mrd. EUR gin- Lockdow ns“ bis Ende Januar 5. Januar gen im Segment der Kleinstunternehmen mit weniger als fünf Beschäftigten verloren. Die durchschnittlichen 19. Januar Verlängerung der Maßnahmen bis 14. Februar Umsatzverluste waren dort mit -3,7 % zwar deutlich hö- her, da aber die Gesamtumsätze je Unternehmen auf- Verlängerung des Lockdow ns grund der geringen Unternehmensgröße recht niedrig bis 7. März 11. Februar sind, fällt der höhere Durchschnittsverlust in absoluten Werten weniger ins Gewicht. 4. März Verlängerung der Maßnahmen bis 28. März und Vorlage Stufenplan Wachstum beim Onlineumsatz dürfte noch Schlim- Beschluss der meres verhindert haben: 200.000 KMU zusätzlich "Bundes-Notbremse" 21. April nutzen digitale Wege in der Corona-Krise Die Krise hat die Unternehmen erfinderisch gemacht: 9. Mai Aufhebung der w esentlichen bundesw eiten Beschränkungen Bereits im Frühjahr 2020 hatten insgesamt 43 % der für Geimpfte und Genesene mittelständischen Unternehmen aufgrund der Corona- Aufhebung der Impfpriorisierung Krise Anpassungen am Produkt- / Dienstleistungsange- 7. Juni bot, am Geschäftsmodell sowie insbesondere an ihrem Vertrieb vorgenommen.7 Weitere 14 % planten solche Die Ausweitung bzw. die Neuaufnahme von E-Com- Anpassungen zum damaligen Zeitpunkt. Mit fortschrei- merce-Aktivitäten8 haben das Potenzial, vielen KMU tender Pandemiedauer dürfte ein noch höherer Anteil dabei zu helfen, Umsatzausfälle – zumindest teilwei- an Unternehmen entsprechend reagiert haben. Vor se – zu kompensieren oder auch zusätzliche Umsätze Seite 5
KfW Research zu generieren, die sich auf herkömmlichen Vertriebs- allein, weil nachrückende Unternehmergenerationen wegen (beispielsweise stationärer Handel, Außen- die Geschäftsmodelle häufiger und stärker auf E-Com- dienst, Messeauftritte) aufgrund der im Jahr 2020 be- merce ausrichten. Diese Prozesse scheinen nicht um- stehenden Beschränkungen nicht realisieren ließen. kehrbar. Bei jüngeren Unternehmen, die weniger als Dies trifft auch auf Dienstleistungsunternehmen zu, die zehn Jahre am Markt aktiv sind, liegt der Umsatzbei- digitale Vertriebskanäle bisher vergleichsweise selten trag im Mittel bereits bei 46 %. nutzen. Verhaltene Aussichten im laufenden Jahr: Umsatz- Hier zeigt das KfW-Mittelstandspanel deutlich: In der einbußen auf ähnlich hohem Niveau erwartet aktuellen Krise konnten viele Unternehmen das Poten- Noch immer blicken die Unternehmen verhalten auf zial von E-Commerce nutzen, um Umsatzeinbrüche ab- ihre Geschäftsentwicklung. Auch im Jahr 2021 sind die zudämpfen: Im Jahr 2020 wurden 302 Mrd. EUR über Umsatzverluste, ausgelöst durch die Folgen der Ein- E-Commerce erlöst. Dazu zählen bspw. digitale Markt- dämmungsmaßnahmen, kaum mehr aufzuholen. Zu- plätze, Onlineshops, Beschaffungsplattformen und der dem bestehen weiterhin Hygieneauflagen, die bei vie- automatisierte Datenaustausch zwischen Unterneh- len Unternehmen noch immer keinen Normalbetrieb men. Das entspricht einem enormen Zuwachs im digi- zulassen. Hinzu kommt – als ständiger Begleiter – die talen Vertrieb von Produkten und Dienstleistungen von hohe Unsicherheit über die weitere Entwicklung der 24 % bzw. einem Plus von 59 Mrd. EUR (zum Ver- Pandemie. Die im Rahmen der 6. Corona-Sonderbefra- gleich, 2019: 243 Mrd. EUR / 2015: 153 Mrd. EUR). gung im September 2021 geäußerten Umsatzerwartun- Damit haben die KMU rund 7 % ihrer Gesamtumsätze gen der Mittelständler für das Gesamtjahr 2021 sind im letzten Jahr online erwirtschaftet. daher eher pessimistisch – wenn auch positiver als zum selben Zeitpunkt des Vorjahres (Grafik 4). Der Zuwachs im Volumen kommt dabei aber nicht un- bedingt daher, dass die onlineaktiven Unternehmen Jedes dritte mittelständische Unternehmen geht dem- ihre entsprechenden Umsätze ausgeweitet haben. Der nach davon aus, dass seine Umsätze im laufenden Ge- Beitrag, den E-Commerce zum Gesamtumsatz eines schäftsjahr unter dem Vorjahresniveau liegen werden Unternehmens beisteuert, liegt im Jahr 2020 bei 26 % (36 %), immerhin 19 % weniger KMU als vor Jahres- – sofern ein Unternehmen Onlineumsätze generiert frist. Im Durchschnitt erwarten diese Unternehmen ei- (2019: 27 %). Vielmehr hat die Anzahl der KMU mit nen Umsatzrückgang von rund einem Fünftel. Auch E-Commerce Aktivitäten erheblich zugenommen: Rund dies ist ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr. Den- 853.000 mittelständische Unternehmen haben Um- noch sind die Werte bei Betroffenheit und erwarteten sätze über E-Commerce erzielt. Das entspricht 22 % Einbußen weiterhin auf hohem Niveau. Weitere 11 % aller mittelständischen Unternehmen, ein Zuwachs von gehen von steigenden Umsätzen aus (2020: 6 %), und 5 Prozentpunkten oder knapp über 200.000 Unterneh- 41 % der Unternehmen erwarten eine stabile Umsatz- men im Vergleich zum Vorjahr. Der Bedeutungszu- entwicklung (2020: 26 %). Über alle Unternehmen be- wachs des Onlineumsatzes zieht sich durch sämtliche trachtet erwarten die Mittelständler eine durchschnittli- Segmente, die Anteile der Online-Aktiven nehmen zwi- che Umsatzwachstumsrate für das Jahr 2021 von schen 4 und 9 Prozentpunkten zu. -0,9 %. Dies entspräche in etwa dem Wert des Vorjah- res. Es wäre das erste Mal seit Erhebung des KfW-Mit- Der Großteil der zusätzlichen E-Commerce-Aktivitäten telstandspanels, dass die Umsätze zwei Jahre in Folge spielt sich dabei in einer eher überschaubaren Größen- sinken. Nicht einmal die Wirtschafts- und Finanzkrise ordnung ab – so sind es vor allem mehr Unternehmen hatte derartige Auswirkungen. geworden, die maximal 10 % des Gesamtumsatzes per Onlineumsatz erzielen (von 5 auf 8 % aller KMU). Be- Die dennoch positive Tendenz zeigt sich in allen Teil- deutende Onlineumsätze, d. h. zwischen 10 und weni- segmenten des Mittelstands. Das Ausmaß unterschei- ger als 50 % des Gesamtumsatzes, erzielten 10 % der det sich dabei allerdings. Auffallend erwarten dabei KMU (+2 Prozentpunkte ggü. 2019). Das lässt sich wie- KMU der Sonstigen Dienstleistungen fast genauso derum als starkes Indiz schneller und eher geringfügi- häufig Umsatzverluste im Gesamtjahr 2021 wie im Jahr ger Anpassungsprozesse interpretieren. zuvor. Die größte Entspannung geben größere Unter- nehmen, KMU der Wissensintensiven Dienstleistungen Selbst ungeachtet der Dynamiken infolge der Corona- sowie das Sonstige Verarbeitende Gewerbe zu Proto- Krise ist mit einem weiteren Bedeutungszuwachs digi- koll. taler Vertriebskanäle im Mittelstand zu rechnen. Schon Seite 6
KfW-Mittelstandspanel 2021 Grafik 4: Umsatzerwartungen für das Jahr 2021 Angaben in Prozent Anteil Unternehmen Durchschnittlicher Umsatzrückgang mit erwartetem Umsatzrückgang (wenn betroffen) Mittelstand gesamt 36 -21 55 -25 FuE-intensives Verarbeitendes Gewerbe 34 -11 53 -16 Sonstiges Verarbeitendes Gewerbe 33 -11 57 -17 Bau 12 -15 33 -19 Handel 45 -23 56 -32 Wissensintensive Dienstleistungen 32 -24 61 -31 Sonstige Dienstleistungen 50 -24 54 -28 Weniger als 10 Beschäftigte 38 -31 55 -32 10 bis 49 25 -20 51 -26 50 und mehr Beschäftigte 22 -14 56 -21 Erwartungen für Gesamtjahr 2021 (aus September 2021) Erwartungen für Gesamtjahr 2020 (aus September 2020) Hinweis: Abgebildet ist der erwartete Rückgang des Umsatzes im jeweiligen Gesamtjahr im Vergleich zum Umsatz des Vorjahres. Quellen: 5 und 6. Corona-Sondererhebung KfW-Mittelstandspanel (September 2020 und September 2021). Mittelfristige Umsatzerwartungen pendeln sich Parallel ist der Anteil an Unternehmen zurückgegan- Richtung Normalniveau ein gen, die davon ausgehen, dass die Umsätze in den Die von den KMU mit Blick auf die kommenden Jahre kommenden drei Jahren (2021–2023) unter dem Ni- (2021 bis 2023) geäußerten Umsatzerwartungen ge- veau von 2020 liegen werden (22 % bzw. -4 Prozent- ben ein etwas entspannteres Bild ab als noch vor Jah- -21 punkte). Zwar markiert dies noch immer den zweit- -25 resfrist (Grafik 5). Zwar wird die -11 Corona-Krise die Um- höchsten Anteil an Pessimisten seit Erhebung des -16 satzsituation weiterhin belasten, -11 das Ausmaß scheint -17 KfW-Mittelstandspanels – vor Corona lag das langfris- nach Ansicht der Unternehmen allerdings -15 geringer zu tige Mittel der KMU mit pessimistischen Erwartungen -19 werden. Mehr als jedes dritte mittelständische Unter- -23 bei 17 %. Der-32 Saldo aus positiven abzüglich negativen nehmen (36 % bzw. +9 Prozentpunkte) zeigt sich da- -24 Umsatzerwartungen -31 lag im Jahr 2020 mit 14 Punkten nach optimistischer und erwartet mittelfristig anzie- -24 jedoch wieder nahe am Durchschnitt der Vergangen- -28 hende Umsätze (im Vergleich zum Corona-Jahr 2020). -31 heit (2004–2019: -32 19 %). Im letzten Jahr war dieser Der Wert liegt damit bereits wieder auf bzw. sogar -20 noch -26 auf einen Prozentpunkt eingebrochen. Der Mittel- leicht über dem Vor-Corona-Niveau.-14 -21 stand blickt also wieder erheblich optimistischer in die Zukunft. Grafik 5: Mittelfristige Umsatzerwartungen im Mittelstand bis 2023 Nicht wenige KMU erwarten jedoch langfristige Angaben in Prozent Folgen der Krise für die Produktnachfrage Umsatzentw icklung Nichtsdestoweniger gehen viele KMU davon aus, dass 22 42 36 2021–2023 die Krise nachhaltige Folgen für die Nachfrage nach ih- Umsatzentw icklung ren wichtigsten Produkten und Dienstleistungen haben 26 46 27 2020–2022 wird.9 Denn die Corona-Pandemie und die damit ein- hergehenden Eindämmungsmaßnahmen haben unser 3 Jahres-Umsatzerwartungen 17 47 36 Durchschnitt 2010–2019 Konsum- und Bewegungsverhalten stark verändert. Ei- Sinken Gleich bleiben Steigen nige diese Veränderungen sind so tief greifend, dass sie wohl auch nach einem Ende der Pandemie bleiben Quelle: KfW-Mittelstandspanel 2010–2021 werden. Seite 7
KfW Research Grafik 6: Erwartete langfristige Folgen der Krise für Produktnachfrage der KMU Angaben in Prozent Mittelstand gesamt 17 40 14 29 Handel 20 53 15 11 Verarbeitendes Gewerbe 19 50 11 20 Dienstleistungen 17 39 15 29 Bau 9 16 12 63 Bis 10 Beschäftigte 17 39 18 29 11 und mehr Beschäftigte 16 48 12 25 Nachfrage wird sinken Nachfrage wie vor der Krise Nachfrage wird steigen Nachfrage war nicht von Krise beeinflusst Anmerkungen: Die Frage lautete: „Nach Ihrer Einschätzung, werden die Veränderungen des Konsumverhaltens die Nachfrage nach den wich- tigsten Produkten oder Dienstleistungen Ihres Unternehmens auch nach der Krise beeinflussen?“ Quelle: 5. Corona-Sondererhebung zum KfW-Mittelstandspanel. Rund 17 % der Mittelständler – ca. 650.000 Unterneh- rendite10 sank jedoch nur leicht von 5,6 auf 5,1 % und men – rechnen damit, dass sie mit ihrer bisherigen Pro- der Anteil an KMU mit Verlusten war sogar rückläufig dukt- bzw. Dienstleistungspalette in der Post-Corona- (2008: 15 %, 2009: 13 %). Ähnliches lässt sich nun Welt nicht mehr so gut aufgestellt sind und die Nach- auch für die Corona-Krise im Jahr 2020 konstatieren: frage nach dieser dauerhaft unter dem Vorkrisenniveau Die durchschnittliche Umsatzrendite im Mittelstand bleibt (Grafik 6). Es blicken insbesondere solche Unter- nahm in der Gesamtsicht leicht von 7,5 auf 7,3 % ab nehmen eher pessimistisch in die Zukunft, die stark (Grafik 7). von den Einschränkungen der Corona-Krise betroffen waren. Rund jedes zweite Unternehmen, was sich im Erneut erweist sich die Umsatzrendite der KMU in Kri- Frühjahr 2021 durch die Krise in seiner Existenz ge- senzeiten als relativ krisenfest. Ein stärkeres Absinken fährdet sah, rechnet damit, dass seine Produkte auch der Profitabilität wäre durchaus denkbar gewesen. Hier nach der Krise weniger stark nachgefragt werden. Al- dürfte sich aber die Vielzahl an wirtschaftspolitischen lerdings zeigen unsere Befragungsergebnisse auch: Stabilisierungs- und Unterstützmaßnahmen als wirk- Die Erwartungen zur Post-Corona-Nachfragesituation sam erwiesen haben. So konnten betroffene Unterneh- sind nicht ausschließlich negativ. Rund 14 % der Mittel- men Zuschüsse erhalten, um Umsatzverluste auszu- ständler erwarten, dass ihre Produkte / Dienstleistungen gleichen und Fixkosten zu decken. Diese im Rahmen nach der Krise stärker gefragt sind als vor der Krise. der Soforthilfe und Überbrückungshilfe I und II im Jahr Jedes siebte KMU rechnet demnach damit, von den 2020 ausgezahlten Mittel beliefen sich auf rund 18 Mrd. krisenbedingten Veränderungen profitieren zu können. EUR. Für viele Unternehmen dürfte dies jedoch nur ei- nen Teil der Umsatzverluste kompensiert haben. Kom- Fasst man die positiven und die negativen Erwartun- plementiert wurden die Unternehmenshilfen daher gen zusammen, geht rund jedes dritte KMU (31 %) da- auch mit Unterstützungsmaßnahmen, die halfen die von aus, dass das durch die Krise veränderte Konsum- Fixkostenbelastung der betroffenen Unternehmen zu verhalten die Nachfrage nach den wichtigsten Produk- reduzieren – dazu zählen insbesondere das Kurzarbei- ten oder Dienstleistungen ihrer Unternehmen auch tergeld aber auch erweiterte Möglichkeiten zur Stun- nach der Krise beeinflussen wird. Etwas mehr Unter- dung von Mieten, Kreditzahlungen o. ä. Zusätzlich ist nehmen erwarten jedoch keine nachhaltigen Auswir- es vielen Unternehmen auch gut gelungen, ihre Kos- kungen der Krise. Rund vier von zehn Mittelständlern tenstruktur an die schwächere Umsatzentwicklung an- erwarten, dass sich die Nachfrage nach ihren Produk- zupassen. In Summe ist die Profitabilität im Mittelstand ten wieder auf dem Vorkrisenniveau einpendeln wird. damit zwar im Zuge der Pandemie gesunken. Aller- dings sind die Verluste in historischer Perspektive Umsatzrendite erweist sich erneut als krisenfest überschaubar. Im Jahr 2006 lag die mittlere Umsatz- Die mittelständischen Unternehmen haben bereits in rendite beispielsweise nur bei 4,4 %. Sie hat damit trotz der letzten Krise bewiesen, dass sie trotz harter Ein- Rückgang am aktuellen Rand in den letzten 15 Jahren schnitte beim Umsatz weiterhin profitabel agieren und noch immer um zwei Drittel bzw. um fast 3 Prozent- Gewinne erzielen können. So gingen 2009 die Um- punkte zugenommen. sätze der KMU zwar um 6,2 % zurück, die Umsatz- Seite 8
KfW-Mittelstandspanel 2021 Grafik 7: Umsatzrenditen im Mittelstand nach Größenklassen (links) und Branchen (rechts) Größenklassen nach Vollzeitäquivalent-Beschäftigten, Angaben in Prozent 14,6 14,6 14,6 12,8 12,8 13,8 14,0 12,3 12,2 9,9 9,7 9,2 9,6 11,4 9,4 7,9 7,3 7,5 7,3 6,6 7,1 7,2 5,6 6,4 5,4 5,4 5,7 4,6 5,3 5,1 4,9 6,1 4,8 4,9 4,3 5,2 3,9 4,2 4,1 4,2 3,6 4,2 4,5 4,2 4,3 4,0 3,8 3,9 3,3 3,1 3,2 3,0 FuE-intensives Verarbeitendes Gewerbe Sonstiges Verarbeitendes Gewerbe Weniger als 10 10 bis 49 Bau Wissensintensive Dienstleistungen 50 und mehr Gesamter Mittelstand Sonstige Dienstleistungen Handel Quelle: KfW-Mittelstandspanel 2006–2021. Weniger KMU mit Verlusten als 2008/2009 gleichbedeutend mit einem Allzeithoch. Noch nie Die grundsätzlich hohe und über die Jahre gewach- verzeichneten KMU des Einzel- und Großhandels im sene Profitabilität hat vielen Unternehmen einen Puffer KfW-Mittelstandspanel eine höhere Profitabilität als im geschaffen, der in der aktuellen Krise hilft, Umsatzver- Jahr 2020 – wenn auch im Segmentvergleich noch im- luste abzufedern, ohne in die Verlustzone zu rutschen. mer auf unterdurchschnittlichem Niveau. Dies dürfte Der Anteil von Unternehmen mit einer negativen Um- zum einen an den oben skizzierten Unterstützungs- satzrendite ist dennoch auf 12 % gestiegen (+3 Pro- maßnahmen liegen. Zum anderen zeigt sich hier noch zentpunkte von vormals 9 % im Jahr 2019). Etwas einmal, dass der Einzel- und Großhandel nicht in sei- mehr als jedes zehnte Unternehmen hat damit Verluste ner gesamten Breite negativ von der Krise betroffen gemacht. Schwierigkeiten, einen positiven Jahresge- war – auch wenn dies in der Öffentlichkeit so wahrge- winn zu erzielen, dürften vor allem solche Unterneh- nommen wurde. Frühere Daten hatten bereits auf eine men erfahren haben, die bereits vor der Krise eine ver- im Aggregat positive Entwicklung im Handel hingedeu- gleichsweise niedrige Umsatzrendite aufgewiesen ha- tet: Gemäß Destatis-Daten wuchs trotz vielfältiger und ben. Dort ist auch der Kostendruck ausgeprägter. anhaltender Eindämmungsmaßnahmen der Umsatz im Einzelhandel nominal um 5,4 % gegenüber dem Vor- Aber auch hier gilt: Mit Blick in die Vergangenheit ist jahr. Diese positive Entwicklung kommt nun auch offen- dieser Wert keineswegs unnormal oder außerordentlich bar in der Umsatzrendite mittelständischer Handelsun- hoch. Im Krisenjahr 2009 beispielsweise mussten noch ternehmen zum Ausdruck. 16 % der KMU Verluste hinnehmen, und im Jahr 2006 waren es sogar 21 %. Eine ähnliche Aussage kann für Dagegen spiegeln sich die im Vergleich hohen Umsatz- den Anteil der Unternehmen getroffen werden, die eine rückgänge der Kleinstunternehmen im Jahr 2020 auch vergleichsweise hohe Profitabilität von 10 % und dar- wenig überraschend in sinkenden Renditen wider. Die über aufweisen. Im Jahr 2020 traf das auf 59 % der Profitabilität dieser KMU geht auf 14 % zurück (-0,6 % KMU zu (-1 Prozentpunkt von vormals 60 % im Jahr ggü. Vorjahr). In ähnlicher Größenordnung verlieren 2019). Im Krisenjahr 2009 lag dieser Anteil bei 53 %, Unternehmen der Sonstigen Dienstleistungen an Profi- im Jahr 2006 sogar bei nur 43 %. Diese Rahmendaten tabilität (-0,7 % ggü. Vorjahr). Diese Unternehmen ha- helfen, den aktuellen Wert bzw. die Dynamik unter ben allerdings bereits zu Beginn der Krise eine im Corona einzuordnen. Durchschnitt sehr geringe Rendite vorzuweisen. Dort schlägt der coronabedingte Rückgang stärker durch Handel gewinnt unter Corona an Profitabilität, (2020: 4,7 %). Hier ist zu erwähnen, dass in diesem Kleinstunternehmen und Sonstige Dienstleistungen breit gefassten Segment KMU des Handels inbegriffen mit höchsten Renditeverlusten sind, welche eine positive Renditeentwicklung gezeigt Der Handel – traditionell das Segment im Mittelstand haben. Mit anderen Worten: Würde man diese Entwick- mit der geringsten Rendite (Durchschnitt der Jahre lung herausrechnen, wäre das Minus an Profitabilität 2005–2019 von 3,5 %) – konnte im vergangenen Jahr im Segment der Sonstigen Dienstleistungen noch weit- sogar an Profitabilität zulegen. Nicht nur das. Der Zu- aus größer (Sonstige Dienstleistungen ohne Handel wachs von 0,4 Prozentpunkten auf 4,2 % ist auch 2020: 6,2 % ggü. 2019 7,8 %). Das kann nicht Seite 9
KfW Research Grafik 8: Grundlegende Kennzahlen zur Eigenkapitalquote im Mittelstand Angaben jeweils in Prozent 31,8 46,0 31,2 29,7 30,0 30,1 46,4 42,3 43,3 27,4 41,5 26,6 39,1 25,4 38,1 25,0 38,8 40,8 23,9 26,2 24,1 22,5 34,5 18,4 20,5 22,3 28,7 30,0 28,2 19,3 19,6 30,1 28,9 28,0 19,2 17,0 23,0 15,6 15,3 14,3 Mittelwert Median Eigenkapitalquote unter 10 % (gesamter Mittelstand) Eigenkapitalquote mindestens 30 % (gesamter Mittelstand) Quelle: KfW-Mittelstandspanel 2003–2021. überraschen, führt man sich die Zusammensetzung Die Folgen der Corona-Pandemie haben die durch- dieses Segments nochmals vor Augen (körpernahe schnittliche Eigenkapitalquote auf 30,1 % sinken lassen Dienstleistungen, Gastronomie, Gastgewerbe, Touris- (Grafik 8, links). Die „Trendwende“ ist damit vergleichs- mus, Kultur und Sport, etc.). weise weich verlaufen, der Rückgang von 1,7 Prozent- punkten im Mittel lässt sich als moderat bezeichnen Im Unternehmensgrößenvergleich ist überdies auffal- (2019: 31,8 %). Die Kapitalstruktur der KMU zeigt sich lend, dass mittelgroße Unternehmen (10 bis 49 Be- im Aggregat somit stabil. Die Gefahr einer Überschul- schäftigte) im zurückliegenden Jahr ihre Profitabilität dung in der Breite des Mittelstands ist daher noch im- erheblich steigern konnten. Zudem bleibt auch trotz der mer überschaubar. jüngsten Verschiebungen die Kluft zwischen kleinen und großen KMU bestehen: Kleine Mittelständler waren Das zeigt sich auch in weiteren Kennzahlen: Der Anteil im Jahr 2020 rund 3,3-mal profitabler als große KMU. von Unternehmen mit relativ niedriger Eigenkapital- Dies ist allerdings auch betriebswirtschaftlich notwen- quote von unter 10 % verbleibt bei etwa 28 % (2020: dig, da kleinere Unternehmen aufgrund kleinerer Los- 28,0 % ggü. 2019: 28,2 %). Ebenso geht der Anteil von größen und häufigerer Spezialfertigungen bzw. einma- Unternehmen mit einer relativ hohen Eigenkapitalquote lig ausgeführter Leistungen nicht oder kaum von Ska- von mindestens 30 % nur geringfügig zurück (2020: lenerträgen profitieren können. 40,8 % ggü. 2019: 41,5 %). Beide Entwicklungen zei- gen sich zudem für alle Unternehmensgrößenklassen Aufwärtstrend beendet: Eigenkapitalquoten geben (Grafik 9). Hinzu kommt ein weiterhin sehr geringer An- moderat nach teil von Unternehmen mit einer negativen Eigenkapital- Auch wenn die Umsatzeinbrüche und Gewinnrück- quote. Der entsprechende Wert liegt wie im Vorjahr bei gänge bei vielen Unternehmen geringer ausgefallen 4 %. sind als zunächst vermutet – eine grundsätzliche Be- lastung der Ertragslage ist dennoch sichtbar. Dies hat Vehementer Eigenkapitalaufbau hat Widerstands- Folgen für die Kapitalstruktur vieler Unternehmen – kraft der KMU hochgehalten denn Verluste zehren am Eigenkapital. Auch wenn die In der Gesamtsicht ist die Eigenmittelausstattung der Kreditaufnahme zur Finanzierung von Investitionen im kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland vergangenen Jahr merklich gesunken ist (siehe Ab- trotz des Ausbruchs der Corona-Krise in der Gesamt- schnitt unten), so haben nicht wenige KMU im Lauf der sicht weiterhin komfortabel. Um die Jahrtausendwende Krise dennoch Kredite aufnehmen müssen, um Liquidi- lag die Eigenkapitalquote12 noch bei rund 18 %. Seit- tätsengpässe zu überbrücken.11 Durch das in der Folge dem wurden massive Verbesserungen in der Breite steigende Verhältnis von Fremd- zu Eigenkapital wurde des Mittelstands erreicht und die durchschnittliche Ei- die Eigenkapitalquote der Unternehmen unter Druck genkapitalquote im Mittelstand hat trotz der aktuellen gesetzt. Dies zeigt sich nun. Belastungen um rund 12 Prozentpunkte zugelegt (2002–2020). Der Mittelstand erzielte dies insbeson- Der vielfach befürchtete massive Einbruch der Eigen- dere durch das Einbehalten von Gewinnen. Aber auch mittelausstattung ist aber (vorerst) ausgeblieben. Trotz- die zurückhaltende Investitionstätigkeit in den vergan- dem hat sich der seit der Jahrtausendwende im Mittel- genen Jahren hat dazu beigetragen, die Eigenkapital- stand anhaltende Trend stetig steigender Eigenkapital- quoten zu erhöhen. quoten im vergangenen Geschäftsjahr nicht fortgesetzt. Seite 10
KfW-Mittelstandspanel 2021 Grafik 9: Unternehmen mit niedriger Eigenkapitalquote (links) und hoher Eigenkapitalquote (rechts) Unternehmensanteile in Prozent; Größenklassen nach Vollzeitäquivalent-Beschäftigten 48,0 54,1 37,8 47,6 38,7 28,8 27,9 23,7 21,9 18,4 19,4 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 Weniger als 10 Beschäftigte 10 bis 49 50 und mehr Weniger als 10 Beschäftigte 10 bis 49 50 und mehr Quelle: KfW-Mittelstandspanel 2003–2021 Grafik 10: Eigenkapitalquoten im Mittelstand nach Größenklassen (links) und Branchen (rechts) Unternehmensanteile in Prozent; Größenklassen nach Vollzeitäquivalent-Beschäftigten 36,4 39,2 34,4 31,3 32,8 26,4 22,2 21,8 24,9 23,3 20,6 18,7 19,3 15,0 17,4 14,9 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 FuE-intensives Verarbeitendes Gewerbe Weniger als 10 Beschäftigte 10 bis 49 50 und mehr Sonstiges Verarbeitendes Gewerbe Bau Wissensintensive Dienstleistungen Sonstige Dienstleistungen Handel Quelle: KfW-Mittelstandspanel 2003–2021. Auslöser für das in der Vergangenheit stark gestiegene Eigenkapitalpolster hat die Resilienz der Unternehmen Bewusstsein des Mittelstands für die Bedeutung einer gegenüber unerwarteten Ereignissen – und hierunter adäquaten Eigenmittelausstattung waren Änderungen ist die Corona-Krise zu fassen – stark steigen lassen. in der Bankenregulatorik (Basel II) zu Beginn der Das scheint sich im vergangenen Jahr ausgezahlt zu 2000er-Jahre. Diese zwangen KMU sich stärker mit ih- haben. ren eigenen Risiken und ihrer Bonität auseinanderzu- setzen, wollten sie ihren Kreditzugang nicht gefährden. Eigenkapitalausstattung der Kleinstunternehmen Neben strategischen Überlegungen zur Bonitätsver- bricht ein besserung waren in den letzten Jahren aber auch die Die – im Aggregat moderat – negativen Auswirkungen Wahrung der Unabhängigkeit des Unternehmens, der der Corona-Pandemie auf die Eigenkapitalsituation der Wunsch nach höherer Widerstandsfähigkeit gegenüber mittelständischen Unternehmen sind allerdings nicht Krisenzeiten sowie der Erhalt von Flexibilität wichtige gleich verteilt. Das zeigen Detailauswertungen. So Motive der KMU ihre Eigenmittel aufzustocken. Die Er- mussten vor allem kleine Unternehmen mit weniger als innerungen an Kreditrestriktionen während der Finanz- zehn Beschäftigten herbe Einschnitte hinnehmen: Ihre krise waren vielen mittelständischen Unternehmen Eigenkapitalquote gibt im Jahr 2020 um fast 5 Prozent- noch lange präsent.13 Dieser Fokus der mittelständi- punkte auf nur mehr durchschnittlich niedrige 17,4 % schen Unternehmen in Deutschland auf kraftvolle nach (Grafik 10, links). Niedriger lag die Eigenkapital- Seite 11
KfW Research quote dieses Segments zuletzt vor 15 Jahren (2005: Dies trifft insbesondere auf solche Unternehmen zu, 16,1 %). Die größten Einschnitte erfahren demnach ge- die für dieses Jahr Umsatzverluste erwarten – in dieser rade diejenigen Unternehmen, die bereits ohnehin eher Gruppe befürchtet etwa jedes zweite Unternehmen ein schwächer kapitalisiert sind. Zu vermuten ist hier, dass Abschmelzen seiner Eigenkapitalreserven. viele der kleinen KMU im Lauf der Krise Kredite auf- nehmen mussten, um etwaige Liquiditätsengpässe zu Gleichzeitig ist aber auch mehr als die Hälfte der KMU überbrücken. Ein weiterer Rückgang der Eigenkapital- optimistisch, die Eigenkapitalquote in diesem Jahr mittel könnte problematisch werden. Denn er belastet stabil halten zu können. Rund 13 % hoffen sogar auf nicht nur die Bonität der betroffenen Unternehmen und eine Steigerung ihrer Eigenkapitalquote. Vor allem somit deren Kapitalzugang. Auch die Gefahr einer KMU mit positiven Umsatzerwartungen für 2021 haben Überschuldung und daraus resultierend einer Insolvenz die Hoffnung, ihre Eigenkapitalausstattung aufstocken nimmt für Unternehmen mit dünnem Eigenkapitalpols- zu können. ter zu. Grafik 11: Erwartete Entwicklung der Eigenkapital- Im Gegensatz dazu konnten KMU der beiden größeren quote im Jahr 2021 Größenklassen die Belastungen deutlich besser abfe- Anteile in Prozent dern und verzeichnen lediglich kaum sichtbare Rück- gänge. Hier verblieb die Eigenkapitalausstattung im Sinkt 24 Durchschnitt nahezu stabil. Folglich öffnet sich die Schere der Eigenkapitalquoten zwischen kleinen und Bleibt gleich 52 großen KMU im Jahr 2020 noch einmal deutlich. Die Eigenkapitalquote der Unternehmen mit 50 und mehr Steigt 13 Beschäftigten übersteigt die der kleinen Unternehmen zuletzt um mehr als das Doppelte. Noch unklar 11 Quelle: 6. Corona-Sondererhebung zum KfW-Mittelstandspanel In der Branchenbetrachtung zeigt trotz leicht rückläufi- (September 2021). ger Umsatzrenditen das Segment der Sonstigen Dienstleistungen etwas überraschend sogar eine im Moderater Beschäftigungsabbau im Mittelstand Durchschnitt zunehmende Eigenkapitalquote (+1,5 Pro- Die Folgen der Pandemie lasten natürlich auch auf der zentpunkte auf 34,4 %). Dies deutet darauf hin, dass Beschäftigungssituation der deutschen Unternehmen. die KMU in diesem Segment, die im vergangenen Jahr Gesamtwirtschaftlich lag nach vorläufigen Berechnun- erwirtschafteten Mittel vermutlich stärker im Unterneh- gen von Destatis die Zahl der Erwerbstätigen im Jahr men belassen haben. Die Kapitalstruktur der KMU des 2020 um 1,1 % niedriger als 2019 (2019: +0,9 %).14 Einzel- und Großhandels – ein Teilsegment der Sonsti- Damit beendet die Corona-Krise einen über 14 Jahre gen Dienstleistungen – dürfte zusätzlich von der leicht anhaltenden Anstieg der Erwerbstätigkeit in Deutsch- gestiegenen Profitabilität dieser Unternehmen profitiert land. Dennoch hat sich der deutsche Arbeitsmarkt in haben (+0,9 Prozentpunkte auf 32,8 %). Leichte Rück- dieser Krise als vergleichsweise robust erwiesen. Als gänge bei ihrer durchschnittlichen Eigenkapitalquote Beschäftigungsstabilisator wirkte hierbei insbesondere verzeichneten die Unternehmen beider Teilsegmente das Kurzarbeitergeld. Allein im April des vergangenen des Verarbeitendes Gewerbes mit einem Minus im Jahres bezogen dies rund 6 Mio. Beschäftigte. Über Jahresvergleich von jeweils etwas unter 2 Prozent- die Hälfte entfiel auf das Verarbeitende Gewerbe punkten. Am stärksten ging die Eigenkapitalquote von (31 %), den Handel (17 %) und das Gastgewerbe Unternehmen des mittelständischen Baugewerbes zu- (11 %).15 Angesichts zunehmender Fachkräfteeng- rück. Dort steht im Jahr 2020 im Mittel ein Minus von pässe gibt das Kurzarbeitergeld vielen Arbeitgebern 5,6 Prozentpunkten zu Buche (2020: 18,7 %). eine Möglichkeit ihre Beschäftigten zu halten. Davon profitieren insbesondere auch kleine und mittlere Un- Keine breite Erholung der Eigenkapitalquoten ternehmen. Der erleichterte Zugang zum Kurzarbeiter- erwartet geld wird jedoch nach aktuellem Stand Ende 2021 aus- Auch in diesem Jahr dürfte sich die Corona-Krise als laufen. Belastung für die Kapitalstruktur einiger Unternehmen herausstellen. Eine rasche Erholung der Eigenkapital- Die positive Dynamik der Beschäftigungsentwicklung quoten im Mittelstand ist daher aus Sicht vieler Unter- im Mittelstand konnte im vergangenen Jahr trotz dieser nehmen nicht zu erwarten. Rund jedes vierte KMU Unterstützung nicht gehalten werden. Die Wachstums- (24 %) rechnet sogar mit einem Rückgang der Eigen- rate der Vollzeitäquivalent-Beschäftigten (VZÄ)16 dreht kapitalquote im Vergleich zu Ende 2020 (Grafik 11). von einem stets positiven Vorzeichen erstmals seit Seite 12
KfW-Mittelstandspanel 2021 Grafik 12: Jährliches Beschäftigungswachstum im Mittelstand nach Segmenten 2016 bis 2020 Größenklassen nach Vollzeitäquivalent-Beschäftigten 5% 5% 4% 4% 3% 3% 2% 2% 1,1% 1,1% 1% 1% 0,0% 0% 0% -0,1% -1,0% -0,3% -1 % -0,5% -1 % -0,7% -0,7% -0,9% Gesamter Unter 5 5 bis 9 10 bis 49 50 und mehr FuE-intensives Sonstiges Bau Wissensintensive Sonstige Mittelstand Beschäftigte Beschäftigte Beschäftigte Beschäftigte Verarbeitendes Verarbeitendes Dienstleistungen Dienstleistungen Gewerbe Gewerbe Quelle: KfW-Mittelstandspanel 2017–2021. 16 Jahren ins Minus. Selbst in den Jahren der Wirt- Teilsegmente weiteten ihre Beschäftigung aus, mit ei- schafts- und Finanzkrise stieg die Zahl der Arbeits- ner Wachstumsrate der VZÄ-Beschäftigten von jeweils plätze. Der Beschäftigungsabbau lag im Jahr 2020 bei +1,1 % im Jahresvergleich. Nahezu von Beschäfti- durchschnittlich -0,3 % über alle Unternehmen hinweg gungsverlusten verschont blieben zudem Unternehmen (2019: +1,9 %). Gemessen an den aktuell vorliegenden des FuE-intensiven Verarbeiten Gewerbes (-0,1 %). gesamtwirtschaftlichen Zahlen zur Entwicklung der Er- Große KMU haben ihre Beschäftigung im Jahresver- werbstätigkeit in Deutschland ist die Schrumpfung der gleich stabil gehalten Beschäftigten im Mittelstand jedoch moderat. Noch vor Jahresfrist waren die KMU deutlich pessimistischer, Die Corona-Krise lässt Investitionspläne im Mittel- was ihre Beschäftigungserwartungen betraf.17 Aufgrund stand 2020 platzen einer in der Folge zurückgehenden Corona-Betroffen- Die Abschätzung von KfW Research im Zuge der heit und vielfältiger politischer Unterstützungsmaßnah- Corona-Sonderbefragungen im Mittelstand hatten es men – insbesondere der Verlängerung des Kurzarbei- bereits angedeutet. Die hohe Unsicherheit hat die In- tergeldes – haben sich diese Erwartungen allerdings vestitionslaune des Mittelstands im Jahr 2020 ge- glücklicherweise nicht zur Gänze bewahrheitet. dämpft. Die Corona-Krise hat die Investitionspläne vie- ler KMU platzen lassen. Noch nie haben so viele Unter- Dabei waren KMU der kleineren Größenklassen ver- nehmen ihre zu Jahresbeginn ursprünglich angedach- gleichsweise gravierender betroffen (Grafik 12). Dort ten Investitionsprojekte abgebrochen, verschoben oder nahm die Zahl der VZÄ-Beschäftigten durchschnittlich in geringerem Umfang umgesetzt (Grafik 13). Ursache zwischen 0,5 und 0,7 % ab. Etwas höher lag der Rück- dafür war allerdings nicht allein die hohe Unsicherheit gang in Branchensicht bei Unternehmen des Sonstigen über die generelle wirtschaftliche Entwicklung. Zahlrei- Verarbeitenden Gewerbes (-1,0 %) und den Sonstigen che Unternehmen haben zur Deckung ihrer Liquiditäts- Dienstleistungen (-0,9 %). Für die aggregierten Be- lücke – insbesondere im Frühjahr des Jahres 2020 – schäftigungsrückgänge sind allerdings aufgrund ihrer auch auf Mittel zurückgegriffen, die eigentlich für Inves- sehr hohen Anzahl die KMU der Sonstigen Dienstleis- titionen eingeplant waren.18 tungen entscheidend. Diese waren zudem härter von den Pandemie-Eindämmungsmaßnahmen betroffen Von denjenigen Unternehmen, die für das Jahr 2020 (beispielsweise Handel, Gastgewerbe). Der Stellenab- Investitionen zu Jahresbeginn angedacht hatten, haben bau betraf allerdings nicht alle Branchen oder Größen- nur 59 % diese wie geplant durchgeführt. Zum Ver- klassen (Grafik 12). Hervorstechend war diesbezüglich gleich: Zwischen 2012 und 2019 lag dieser Anteil bei vor allem das Segment der Wissensintensiven Dienst- durchschnittlich 75 %. Etwa doppelt so viele KMU wie leistungen und KMU des Baugewerbes. Wie auch in den vergangenen Jahren üblich, haben mindestens schon zuvor anhand der Umsatzentwicklungen ersicht- ein Investitionsvorhaben komplett aufgegeben (12 ver- lich, blieben Unternehmen dieser Segmente im Durch- sus 6 % im Jahr 2019). Weitere 28 % der Investitions- schnitt – ungeachtet der Corona-Krise – im Jahr 2020 planer unter den KMU haben ein Vorhaben auf einen auf Wachstumskurs und lassen sich daher durchaus späteren Zeitpunkt verschoben oder ein Vorhaben in als Stabilitätsanker des Mittelstands in der aktuellen geringerem Umfang umgesetzt (+10 Prozentpunkte). Krisensituation bezeichnen. Beide mittelständischen Nur in den Krisenjahren 2008/2009 verlief die krisen- Seite 13
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