Klimawandel: Schlagwort oder Wirklichkeit? Die Auswirkungen auf Handel und Konsumgüterindustrie - PricewaterhouseCoopers. Die Vorausdenker.

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Klimawandel: Schlagwort oder Wirklichkeit? Die Auswirkungen auf Handel und Konsumgüterindustrie - PricewaterhouseCoopers. Die Vorausdenker.
PricewaterhouseCoopers. Die Vorausdenker.

Klimawandel: Schlagwort oder Wirklichkeit?
Die Auswirkungen auf Handel und
Konsumgüterindustrie

                                       Pwc
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pwc

Klimawandel: Schlagwort oder Wirklichkeit?
Die Auswirkungen auf Handel und
Konsumgüterindustrie

Herausgegeben von PricewaterhouseCoopers AG WPG

Von Gerd Bovensiepen, Denitza Hadjinikolova, Dr. Stephanie Rumpff, Dr. Christian Wulff

Unter Mitarbeit von Sebastian Schaubeck
Klimawandel: Schlagwort oder Wirklichkeit? Die Auswirkungen auf Handel und Konsumgüterindustrie - PricewaterhouseCoopers. Die Vorausdenker.
Klimawandel: Schlagwort oder Wirklichkeit?
Die Auswirkungen auf Handel und Konsumgüterindustrie

Herausgegeben von
PricewaterhouseCoopers AG, Frankfurt am Main

Von
Gerd Bovensiepen, Denitza Hadjinikolova, Dr. Stephanie Rumpff, Dr. Christian Wulff

Unter Mitarbeit von
Sebastian Schaubeck

Juli 2008, 40 Seiten, 4 Abbildungen, Softcover

© 2008 PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigungen, Mikroverfilmung, die Einspeicherung und Verarbeitung
in elektronischen Medien sind ohne Zustimmung des Verlags nicht gestattet.

PricewaterhouseCoopers bezeichnet die PricewaterhouseCoopers AG
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und die anderen selbstständigen und rechtlich unabhängigen
Mitgliedsfirmen der PricewaterhouseCoopers International Limited.

Printed in Germany

PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist in Deutschland mit
8.390 Mitarbeitern und einem Umsatzvolumen von 1,35 Milliarden Euro eine der führenden
Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaften. An 28 Standorten arbeiten Experten für
nationale und internationale Mandanten jeder Größe. PricewaterhouseCoopers bietet
Dienstleistungen an in den Bereichen Wirtschaftsprüfung und prüfungsnahe Dienstleistungen
(Assurance), Steuerberatung (Tax) sowie in den Bereichen Transaktions-, Prozess- und
Krisenberatung (Advisory).
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Klimawandel: Schlagwort oder Wirklichkeit?                     Executive Summary
Die Auswirkungen auf Handel und Konsumgüterindustrie

Executive Summary

Ziel der Studie
Die vorliegende Studie hat zum Ziel, die Auswirkungen des Klimawandels auf Handels-
und Konsumgüterunternehmen systematisch zu untersuchen und die wesentlichen
klimabedingten Chancen und Risiken für diese Branchen zu ermitteln. Die Untersuchung
basiert auf Interviews mit Führungskräften aus Unternehmen, die in wichtigen Sub-
sektoren dieser Branchen eine marktführende Stellung in Deutschland haben. Wir haben
die Ergebnisse der Befragungen analytisch aufbereitet und mit Erkenntnissen aus unserer
Beratungspraxis verknüpft.

Der Klimawandel birgt für Handel und Konsumgüterindustrie zahlreiche Risiken entlang
der gesamten Wertschöpfungskette
Die Unternehmen sind sowohl direkt als auch indirekt vom Klimawandel betroffen. Die
direkten Auswirkungen ergeben sich aus der Änderung der klimatischen Bedingungen und
betreffen Beschaffung, Produktion und Absatz gleichermaßen:

●   Extreme Wetterereignisse wie Orkane oder Überschwemmungen können zu
    Beeinträchtigungen der Rohstoffverfügbarkeit, Produktionsstörungen bzw. -ausfällen
    und Transportverzögerungen führen.

●   Bei zunehmenden Wetterschwankungen wird die Nachfrage nach wetter- und
    saisonabhängiger Ware – von Speiseeis bis zu Wintersportartikeln – volatiler.

Indirekt wirkt sich der Klimawandel im Wesentlichen über drei Effekte aus:

●   Zunahme und Verschärfung der klimabezogenen Regulierung;

●   Anstieg der Rohstoff- und Energiepreise;

●   Änderung im Nachfrageverhalten von Konsumenten hin zu Produkten, Unternehmen
    oder Einkaufsstätten, die als klimafreundlich wahrgenommen werden.

Insbesondere börsennotierte Handels- und Konsumgüterunternehmen werden über kurz
oder lang nicht umhin können, sich mit dem Klimawandel auseinanderzusetzen und
relevante Informationen wie ihren CO2-Ausstoß offenzulegen. Es ist vorstellbar, dass
Klimaaspekte und -daten mittelfristig auch bei der Kreditvergabe an nicht börsennotierte
Unternehmen eine Rolle spielen werden.

Im Ergebnis führen die meisten der genannten Effekte zu steigenden Kosten, die nicht
selbstverständlich an die Konsumenten weitergegeben werden können. In den
Subsektoren, die ohnehin durch hohe Wettbewerbsintensität und niedrige Margen
gekennzeichnet sind, dürfte der Konsolidierungsdruck erheblich steigen.

Der Klimawandel eröffnet Handel und Konsumgüterindustrie aber auch neue Chancen
Der Klimawandel eröffnet Handels- und Konsumgüterunternehmen die Chance, ihre
Marktposition durch klimabewusste Produkt- und Dienstleistungsinnovationen zu
verbessern und sich dadurch zusätzliche Ertragspotenziale zu erschließen. Mit der
zunehmenden Sensibilisierung der Verbraucher für den Klimawandel dürfte die Nachfrage
nach klimaverträglichen Produkten weiter steigen. Voraussetzung dafür ist, dass ein
Maßstab für die Klimaverträglichkeit von Produkten bzw. für produktbezogene CO2-
Emissionen etabliert wird und die Verbraucher entsprechend informiert werden. Es ist
anzunehmen, dass klimaverträgliches Verhalten und Wirtschaften der Unternehmen von
der Öffentlichkeit, abgesehen vielleicht von einer Startphase, nicht als Unterscheidungs-
merkmal im Wettbewerb, sondern als ein absolutes Muss angesehen werden wird. Wer
nicht dabei ist, verliert den Anschluss und damit Marktanteile und Umsatz.

Gewinner und Verlierer des Klimawandels
Ausgehend von den erwarteten direkten und indirekten Auswirkungen des Klimawandels
haben wir im Rahmen einer qualitativen Analyse die potenziellen Gewinner und Verlierer
unter den Subsektoren der Handels- und Konsumgüterbranche ermittelt. Zu den
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Klimawandel: Schlagwort oder Wirklichkeit?                   Executive Summary
    Die Auswirkungen auf Handel und Konsumgüterindustrie

    Gewinnern des Klimawandels zählen Unternehmen der Subbranchen Wasch- und
    Reinigungsmittel sowie Elektro- und Elektronikgeräte, denen es gelingt, durch innovative
    Angebote den Trend zum Kauf ressourcenschonender und energieeffizienter Produkte zu
    nutzen. Auf der Verliererseite dürften hingegen in erster Linie Lebensmittel- und
    Getränkehersteller stehen, die von wetter- und klimabedingter Ressourcenverknappung
    und dem daraus resultierenden Anstieg von Rohstoffpreisen besonders stark betroffen
    sind. Starke Marken werden sich dieser Entwicklung am ehesten entziehen können.

    Handels- und Konsumgüterunternehmen ergreifen bereits klimabezogene Maßnahmen,
    aber es fehlt vielen noch an einer Gesamtstrategie
    In Rahmen unserer Unternehmensbefragung haben die Unternehmen die folgenden drei
    Hauptmotive für klimabezogene Aktivitäten genannt:

    ●   Kosteneffizienz entlang der gesamten Wertschöpfungskette, insbesondere Maßnahmen
        zur Reduzierung der Energiekosten sowie der Logistik- und Transportkosten;

    ●   Nachhaltigkeit als Ausdruck gesellschaftlicher Verantwortung, insbesondere Maß-
        nahmen zur Reduzierung des „Carbon Footprint“ und zur Verbesserung der klima-
        bezogenen Berichterstattung. Diese Maßnahmen stehen teilweise im Spannungs-
        verhältnis zur Kosteneffizienz und können damit zu Zielkonflikten führen;

    ●   Differenzierung im Wettbewerb, insbesondere durch Produkt- und Dienstleistungs-
        innovationen.

    Obwohl Umweltschutzmaßnahmen seit Jahrzehnten ein fester Bestandteil der gängigen
    Unternehmenspraxis sind, scheinen die Unternehmen im Hinblick auf Wetterrisiken und
    Klimawandel bislang nur mit Einzelmaßnahmen zu experimentieren. Eine konsistente
    klima- und wetterbezogene Gesamtstrategie ist bei der Mehrzahl der Unternehmen nicht
    ersichtlich.

    Handels- und Konsumgüterunternehmen können und müssen handeln
    Die direkten und indirekten Auswirkungen des Klimawandels können nicht mehr ignoriert
    werden. Handels- und Konsumgüterunternehmen sollten diese Auswirkungen bereits
    heute in ihrer Gesamtstrategie berücksichtigen und ihr Geschäftsmodell entsprechend auf
    den Prüfstand stellen. Der eigene Wettbewerbsvorteil und das Risiko des eigenen
    Produktportfolios müssen in Bezug auf den Klimawandel überprüft und gegebenenfalls
    angepasst werden. Mithilfe von Innovationen, Akquisitionen oder Desinvestitionen kann
    die eigene Wettbewerbsposition gestärkt werden.

    Die zunehmende Volatilität der Nachfrage in einzelnen Bereichen erhöht zudem die
    Notwendigkeit, die Prozesse in den Unternehmen effizienter und effektiver zu planen und
    die Produktion flexibler zu gestalten. Unternehmen in wetterabhängigen Branchen-
    segmenten sollten verstärkt Wetterdaten analysieren und diese in ihren Produktions-,
    Absatz- und Business-Plänen berücksichtigen. Daneben wird das Kommunizieren des
    „Carbon Footprint“ des Unternehmens bzw. der Produkte sowohl gegenüber dem
    Verbraucher als auch gegenüber dem Kapitalmarkt künftig immer mehr an Bedeutung
    gewinnen. Handels- und Konsumgüterunternehmen müssen daher in der Lage sein,
    zuverlässig und lückenlos produkt- und unternehmensspezifische Klimadaten zu erheben,
    aufzubereiten und nach außen zu kommunizieren.

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Klimawandel: Schlagwort oder Wirklichkeit?                                                   Inhaltsverzeichnis
Die Auswirkungen auf Handel und Konsumgüterindustrie

Inhaltsverzeichnis
Executive Summary ..............................................................................................................3

Abbildungsverzeichnis ..........................................................................................................6

Abkürzungsverzeichnis ......................................................................................................... 7

A Einleitung .......................................................................................................................... 9

B Klimawandel: Der aktuelle Stand der Forschung ........................................................... 11

C Der Einfluss des Klimawandels auf die Handels- und Konsumgüterbranche ................ 14

1 Systematisierung klimabezogener Einflussfaktoren ....................................................... 14

2 Branchenrelevante Auswirkungen des Klimawandels im Überblick ............................... 15

3 Gewinner und Verlierer des Klimawandels: Analyse ausgewählter Subsektoren .......... 18

D Klimabezogene Maßnahmen der Unternehmen in Handel und
Konsumgüterindustrie ......................................................................................................... 22

1 Kosteneffizienzgetriebene Maßnahmen ......................................................................... 22

1.1 Rohstoffkosten ............................................................................................................. 22

1.2 Energiekosten .............................................................................................................. 23

1.3 Logistik- und Transportkosten...................................................................................... 23

2 Nachhaltigkeitsgetriebene Maßnahmen ......................................................................... 24

2.1 Reduzierung des „Carbon Footprint“ ........................................................................... 24

2.2 Klimabezogene Berichterstattung ................................................................................ 26

2.3 Realisierung des monetären Wertes von CO2 ............................................................. 26

2.4 Kapitalmarktbezogene Maßnahmen ............................................................................ 26

3 Wettbewerbsgetriebene Maßnahmen............................................................................. 26

E Handlungsempfehlungen................................................................................................ 29

Literatur- und Quellenverzeichnis ....................................................................................... 30

Ansprechpartner.................................................................................................................. 34

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Klimawandel: Schlagwort oder Wirklichkeit?                                    Abbildungsverzeichnis
    Die Auswirkungen auf Handel und Konsumgüterindustrie

    Abbildungsverzeichnis
    Abb. 1     Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre (1794 – 2005)........................... 11

    Abb. 2     Klimabezogene Einflussfaktoren im Überblick .................................................... 14

    Abb. 3     Wichtige Gesetze zum Klimaschutz .................................................................... 16

    Abb. 4     Gewinner und Verlierer des Klimawandels.......................................................... 20

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Klimawandel: Schlagwort oder Wirklichkeit?             Abkürzungsverzeichnis
Die Auswirkungen auf Handel und Konsumgüterindustrie

Abkürzungsverzeichnis
Abk.       Abkürzungstext

AG         Aktiengesellschaft

bzw.       beziehungsweise

C          Celsius

ca.        circa

CDP       Carbon Disclosure Project

CO2        Kohlendioxid

EU         Europäische Union

FKW        Fluorkohlenwasserstoffe

GmbH       Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GRI       Global Reporting Initiative

kWh        Kilowattstunde

MWh        Megawattstunde

Lkw        Lastkraftwagen

Mio.       Million

Mrd.       Milliarde

ppm        parts per million (Teile pro Million)

rd.        rund

s.         siehe

s. u.      siehe unten

sog.       so genannte

UN         United Nations

US         United States

u. U.      unter Umständen

WWF        World Wide Fund For Nature

z.B.       zum Beispiel

                                                                               7
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    Die Auswirkungen auf Handel und Konsumgüterindustrie

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Klimawandel: Schlagwort oder Wirklichkeit?                   Einleitung
                        Die Auswirkungen auf Handel und Konsumgüterindustrie

                        A Einleitung
Motivation              Der Klimawandel beschäftigt die Menschen weltweit. Nahezu täglich wird das Thema in
                        wissenschaftlichen Publikationen, Medien und Kongressen aufgegriffen. Handel und
                        Konsumgüterindustrie stehen wegen ihrer vergleichsweise geringen Energieintensität
                        bislang nicht im Mittelpunkt der Klimadiskussion. Aber auch diese Branchen sind durchaus
                        vom Klimawandel betroffen. Zum einen sind Rohstoffverfügbarkeit und Produktabsatz zum
                        Teil stark klima- und wetterabhängig. Zum anderen führt der klimabedingte Anstieg von
                        Energie- und Rohstoffkosten zu einem weiteren Margendruck in einer bereits jetzt
                        wettbewerbsintensiven Branche.

Ziele                   Diese Studie hat zum Ziel, die Auswirkungen des Klimawandels auf Handels- und
                        Konsumgüterunternehmen systematisch zu untersuchen und die wesentlichen
                        klimabedingten Chancen und Risiken für diese Branchen zu ermitteln. Die folgenden vier
                        Fragen stehen im Mittelpunkt der Untersuchung:

                        ●   Wie beeinflussen der Klimawandel und die Wetterrisiken den Umsatz und die Kosten
                            von Handels- und Konsumgüterunternehmen?

                        ●   Welche Konsequenzen ergeben sich für die Geschäftsmodelle der Handels- und
                            Konsumgüterunternehmen aus dem Klimawandel?

                        ●   Welche Subbranchen sind per saldo Gewinner bzw. Verlierer des Klimawandels?

                        ●   Wie müssen die Unternehmen in Handel und Konsumgüterindustrie agieren, um
                            einerseits negative Auswirkungen des Klimawandels auf ihren Unternehmenserfolg zu
                            begrenzen und andererseits die aus dem Klimawandel resultierenden Chancen zu
                            nutzen?

                        Die Studie soll sowohl den klimarelevanten Status quo der Handels- und
                        Konsumgüterunternehmen darstellen als auch zur Diskussion über strategisch notwendige
                        Veränderungen anregen.

Methodisches Vorgehen   Basis der Studie sind Interviews mit Führungskräften aus den Bereichen Umwelt,
                        Sustainability und Corporate Responsibility ausgewählter, in Deutschland tätiger Handels-
                        und Konsumgüterunternehmen. Die Gesprächspartner repräsentieren verschiedene
                        Subsektoren der Handels- und Konsumgüterbranche. Alle teilnehmenden Unternehmen
                        sind Marktführer in ihrem jeweiligen Segment. Darüber hinaus wurden Vertreter von
                        Branchenverbänden und Behörden interviewt. Wir haben die wichtigsten Ergebnisse der
                        Befragungen analytisch aufbereitet und mit Erkenntnissen aus unserer Beratungspraxis in
                        der Handels- und Konsumgüterbranche verknüpft.

                        Alle Gespräche wurden von Experten des Competence Center Retail & Consumer von
                        PricewaterhouseCoopers geführt. Die qualitative Erhebung schafft die Grundlage dafür,
                        Trends, Beweggründe und Maßnahmen der Branche detailliert zu beschreiben. Die Form
                        der Befragung gewährleistet ein bestmögliches und individuelles Eingehen auf die
                        thematischen Schwerpunkte der einzelnen Unternehmen und ermöglicht so, die
                        Klimathematik aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten.

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Klimawandel: Schlagwort oder Wirklichkeit?             Einleitung
     Die Auswirkungen auf Handel und Konsumgüterindustrie

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Klimawandel: Schlagwort oder Wirklichkeit?                                                       Klimawandel: Der aktuelle Stand
                              Die Auswirkungen auf Handel und Konsumgüterindustrie                                             der Forschung

                              B Klimawandel: Der aktuelle Stand der Forschung
                              Der aktuelle Bericht des UN-Weltklimarats lässt keinen Zweifel, dass sich das Klima
                              ändert: In den letzten 100 Jahren ist die globale Temperatur im Mittel um rd. 0,7°C
                              gestiegen. Elf der zwölf wärmsten Jahre seit Beginn der Beobachtungen lagen im
                              Zeitraum 1995 bis 2006. Der Anstieg der Meeresspiegel sowie das Abschmelzen der
                              Gletscher und Eiskappen haben sich infolgedessen beschleunigt. Ferner sind extreme
                              Wetterereignisse wie Hitzewellen, Dürren und heftige Niederschläge häufiger geworden
                              und die Intensität tropischer Stürme hat sich erhöht.

Vom Menschen verursachte      Es gilt inzwischen als gesicherte Erkenntnis, dass durch menschliche Aktivitäten erzeugte
Treibhausgasemissionen        Treibhausgasemissionen in hohem Maße zu dieser Klimaänderung beigetragen haben.
tragen wesentlich zur         Treibhausgase – hauptsächlich Kohlendioxid (CO2) und Methan – sorgen in ihrer
Erhöhung der weltweiten       natürlichen Konzentration in der Atmosphäre dafür, dass auf der Erde eine durch-
Durchschnittstemperatur bei   schnittliche Temperatur von 15°C herrscht und sich Leben entwickeln kann (sog.
                              natürlicher Treibhauseffekt). Seit Beginn der Industrialisierung ist die Treibhausgas-
                              konzentration jedoch stark angestiegen. Wichtigste Ursache dafür ist der Einsatz fossiler
                              Brennstoffe wie Öl, Kohle und Gas zur Energiegewinnung. Das dabei freigesetzte
                              Kohlendioxid macht rd. 72 % der weltweiten anthropogenen Treibhausgasemissionen aus.

                                                            400
                                 CO2 Anteil in Atmosphäre

                                                            375

                                                            350

                                                            325

                                                            300

                                                            275

                                                            250
                                                               94
                                                               96
                                                               25
                                                               45
                                                               91
                                                               99
                                                               05
                                                               26
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                                                               54
                                                               59
                                                               60
                                                               65
                                                               70
                                                               75
                                                               80
                                                               85
                                                               90
                                                               95
                                                               00
                                                               03
                                                               05
                                                            17
                                                            17
                                                            18
                                                            18
                                                            18
                                                            18
                                                            19
                                                            19
                                                            19
                                                            19
                                                            19
                                                            19
                                                            19
                                                            19
                                                            19
                                                            19
                                                            19
                                                            19
                                                            19
                                                            19
                                                            19
                                                            19
                                                            20
                                                            20
                                                            20
                                                                                                                        Quelle: Law Dome / Mauna Loa Observatory
                              Abb. 1                              Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre (1794 – 2005)

Erwartet werden               Abhängig vom Niveau künftiger Treibhausgasemissionen erwarten Klimaforscher, dass
gravierende ökologische       die weltweite Durchschnittstemperatur in diesem Jahrhundert um einen Wert zwischen
und ökonomische               1,1°C und 6,4°C zunehmen wird. Des Weiteren ist mit einem höheren Risiko extremer
Auswirkungen                  lokaler Wetterereignisse (wie z.B. Hitzeperioden, Wirbelstürme und sintflutartige
                              Regenfälle) mit entsprechend negativen Folgen wie Sturmschäden an Gebäuden und
                              Infrastruktur, Ernteausfällen und häufigeren Waldbränden zu rechnen. Ferner halten
                              Wissenschaftler bei einem weiteren Temperaturanstieg die Artenvielfalt auf der Erde für
                              bedroht.

                              Die Auswirkungen der Klimaänderung sollen je nach Region unterschiedlich ausfallen.
                              Besonders betroffen sind nach aktuellen Forschungsergebnissen die am Äquator
                              gelegenen Länder. Für Deutschland lassen Klimaprognosen des Umweltbundesamtes bis
                              zum Jahr 2100 einen Anstieg der durchschnittlichen Temperatur um etwa 2°C gegenüber
                              dem Durchschnitt der Jahre 1961 bis 1990 erwarten. Weniger Frosttagen stehen nach
                              dieser Simulation immer mehr Sommertage gegenüber. Die Niederschläge sollen im
                              Sommer um durchschnittlich rd. 20 % sinken und in den Wintermonaten um 20 bis 30 %
                              steigen. Schnee im Winter soll seltener werden, während im Sommer Starkregen
                              wahrscheinlicher sind.

                              Der Klimawandel ist mit gravierenden volkswirtschaftlichen Kosten verbunden.
                              Expertenschätzungen zufolge belaufen sich die Schäden für die Weltwirtschaft bis 2050
                              auf 30 bis 40 Billionen Euro. Allein für Deutschland werden diese vom Deutschen Institut
                                                                                                                                                                 11
Klimawandel: Schlagwort oder Wirklichkeit?                  Klimawandel: Der aktuelle Stand
                              Die Auswirkungen auf Handel und Konsumgüterindustrie        der Forschung

                              für Wirtschaftsforschung auf bis zu 800 Mrd. Euro in den nächsten 50 Jahren beziffert.
                              Davon entfallen ca. 330 Mrd. Euro auf direkte Schäden wie Ernteausfälle. Hinzu kommen
                              ca. 170 Mrd. Euro für die Anpassung an die veränderten Klimabedingungen. Steigende
                              Energiepreise belasten die Volkswirtschaft zusätzlich mit rd. 300 Mrd. Euro.

Beim Klimaschutz kommt        In Wissenschaft und Politik besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass zur Vermeidung
dem Unternehmenssektor        bzw. Abmilderung der prognostizierten Folgen der Klimaänderung der Treibhausgas- und
als einem der größten         vor allem der Kohlendioxidausstoß deutlich gesenkt werden muss. Den Unternehmen, die
Kohlendioxidemittenten eine   für mehr als zwei Drittel der Kohlendioxidemissionen in Deutschland verantwortlich sind,
besondere Bedeutung zu        kommt dabei eine bedeutende Rolle zu. Die Bedrohung von Klima und Umwelt durch den
                              Menschen sowie die Reaktion der Politik auf den Klimawandel werden die
                              Rahmenbedingungen wirtschaftlichen Handelns nachhaltig verändern. Um den daraus
                              resultierenden Risiken adäquat zu begegnen sowie sich mögliche damit einhergehende
                              Chancen zu erschließen, müssen sich die Unternehmen mit den Ursachen und
                              potenziellen Folgen der Klimaänderung für ihre Branche sowie ihr Geschäftsmodell
                              auseinandersetzen.

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Klimawandel: Schlagwort oder Wirklichkeit?             Klimawandel: Der aktuelle Stand
Die Auswirkungen auf Handel und Konsumgüterindustrie   der Forschung

                                                                                         13
Klimawandel: Schlagwort oder Wirklichkeit?                     Der Einfluss des Klimawandels auf
                         Die Auswirkungen auf Handel und Konsumgüterindustrie           die Handels- und
                                                                                        Konsumgüterbranche

                         C Der Einfluss des Klimawandels auf die Handels- und
                         Konsumgüterbranche
                         1 Systematisierung klimabezogener Einflussfaktoren
Der Klimawandel          Die Unternehmen werden zum einen direkt von den sich ändernden klimatischen
beeinflusst die          Bedingungen beeinflusst. So können extreme Wetterereignisse wie Orkane oder
Unternehmen direkt und   Überschwemmungen Schäden an Gebäuden und Infrastruktur verursachen und zu
indirekt                 Produktionsstörungen bzw. -ausfällen führen. Zudem sind mittel- und langfristig in
                         Deutschland Nachfrageverschiebungen bei saisonabhängigen Produkten und
                         Dienstleistungen möglich. Beispielsweise ist mit einem Rückgang des Wintertourismus zu
                         rechnen, während der Sommertourismus an der Nord- und Ostsee an Bedeutung
                         gewinnen könnte. Zu den indirekten Einflussfaktoren zählen im Wesentlichen die
                         klimabezogene Regulierung, der die Unternehmen und ihre Stakeholder unterliegen,
                         klimabedingte Angebots-, Nachfrage- und daraus resultierende Preisänderungen auf den
                         Rohstoffmärkten sowie die Reaktionen von Kunden und Wettbewerbern auf den
                         Klimawandel.

                           Direkte Einflussfaktoren:                                Indirekte Einflussfaktoren:
                           Klima- und Wetteränderung                                Veränderte Anforderungen von
                                                                                    Stakeholdern und
                                                                                    Wettbewerbern

                                                                      Wettbewerb

                                                                     Unternehmen
                                                                       Assets
                                        Zulieferer                   Organisation            Kunden
                                                                      Prozesse

                                                                     Kapitalmarkt

                         Abb. 2     Klimabezogene Einflussfaktoren im Überblick

Die Auswirkungen sind    Die Auswirkungen des Klimawandels fallen je nach Branche unterschiedlich aus.
branchenabhängig         Maßgeblich dafür sind neben der direkten Wetter- und Klimaabhängigkeit der
                         branchenspezifischen Rohstoffe und Produkte insbesondere auch die Energieintensität
                         der Branche sowie der Einfluss staatlicher Klimaschutzmaßnahmen. Des Weiteren spielen
                         die Wettbewerbssituation sowie die Möglichkeit der Unternehmen, Kostensteigerungen an
                         ihre Kunden weiterzugeben, eine Rolle.

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Klimawandel: Schlagwort oder Wirklichkeit?                     Der Einfluss des Klimawandels auf
                            Die Auswirkungen auf Handel und Konsumgüterindustrie           die Handels- und
                                                                                           Konsumgüterbranche

                            2 Branchenrelevante Auswirkungen des Klimawandels
                            im Überblick
Schwieriges Marktumfeld     In Deutschland agieren Handels- und Konsumgüterunternehmen in einem schwierigen
für Handels- und            Marktumfeld. Trotz konjunkturellen Aufschwungs stagniert das durchschnittliche Pro-Kopf-
Konsumgüterbranche          Einkommen. Die Einkommensspreizung nimmt zu. Der Anteil der einzelhandelsrelevanten
                            Nachfrage an den Gesamtausgaben der Verbraucher ist seit Jahren rückläufig. Bei
                            Einkaufsentscheidungen spielt der Preis in allen Einkommensgruppen eine zentrale Rolle.

                            Die schwierigen Marktbedingungen und ein Überangebot an Verkaufsfläche haben zu
                            einer hohen Konzentration im deutschen Einzelhandel geführt. Die Verhandlungsmacht
                            des Handels gegenüber der nach wie vor relativ stark fragmentierten Industrie ist deutlich
                            gestiegen. Verlierer dieser Entwicklung sind insbesondere Hersteller schwächerer Marken,
                            die sich nicht in ausreichendem Maße vom Wettbewerb abheben können. Dies spiegelt
                            sich in einem zunehmenden Anteil von Handelsmarken am Einzelhandelsumsatz wider.
                            Premiummarken konnten im Vergleich zu den Handelsmarken ihren Umsatzanteil nur in
                            einem wesentlich geringeren Umfang erhöhen.

                            Um sich dem Preiswettbewerb zu entziehen, spielen Differenzierungsstrategien eine
                            wichtige Rolle. Derzeit bieten insbesondere die Themen Biolebensmittel und Nach-
                            haltigkeit Abgrenzungspotenzial.

                            Die Handels- und Konsumgüterbranche ist sehr heterogen: das Produktspektrum reicht
                            von Lebensmitteln bis hin zu Sportartikeln. Es existiert eine Vielzahl von Vertriebskanälen
                            und -formaten.

                            Nachfolgend werden zunächst die Auswirkungen des Klimawandels, die weitgehend für
                            die Gesamtbranche relevant sind, dargestellt. Im anschließenden Abschnitt 3 wird auf die
                            klimabedingten Chancen und Risiken ausgewählter Subsektoren eingegangen.

Intensivierung der          Seit 1999 wurde in Deutschland eine Reihe von Gesetzen erlassen, die primär auf den
branchenrelevanten          Klimaschutz abzielen (s. nachfolgende Abbildung 3). Diese sollen vorrangig durch die
Klimaschutzregulierung zu   Verteuerung von Kraft- und Heizstoffen sowie Strom und CO2-Emissionen den Energie-
erwarten                    verbrauch von Privathaushalten und Unternehmen senken.

                            Handels- und Konsumgüterunternehmen sind insgesamt weniger energieintensiv als
                            andere Branchen – z.B. die Energiewirtschaft, die Auto-, Stahl- und Papierindustrie. Auch
                            sind sie größtenteils vom EU-Emissionshandel ausgenommen. Auf Grund der hohen
                            Wettbewerbsintensität der Branche können sie jedoch die aus der Regulierung
                            resultierenden höheren Energiepreise nur begrenzt an die Verbraucher weitergeben. Der
                            Druck auf die ohnehin knappen Margen der Branche nimmt daher tendenziell zu.

                            Es ist davon auszugehen, dass die staatlichen Klimaschutzmaßnahmen intensiviert
                            werden. Mittelfristig werden voraussichtlich die Handels- und Konsumgüterunternehmen in
                            den CO2-Emissionshandel einbezogen.

                            Die steigenden Energiepreise dürften die Nachfrage nach energieeffizienten Konsum-
                            gütern erhöhen. Zugleich können auch Handels- und Konsumgüterunternehmen von der
                            staatlichen Förderung erneuerbarer Energien profitieren, so z.B. Lebensmittelhersteller,
                            die ihre Produktionsabfälle als Biomasse verwerten können.

                                                                                                                          15
Klimawandel: Schlagwort oder Wirklichkeit?                               Der Einfluss des Klimawandels auf
                              Die Auswirkungen auf Handel und Konsumgüterindustrie                     die Handels- und
                                                                                                       Konsumgüterbranche

                               Gesetze                           Ziele und Inhalte der Gesetze
                               Ökologische Steuerreform    1999 wurde das erste von drei Gesetzen der ökologischen Steuerreform
                               („Ökosteuer“)               verabschiedet. Zum einen hat das Gesetz eine Stromsteuer eingeführt, von der
                                                           allerdings Strom aus regenerativen Energiequellen ausgenommen ist. Im
                                                           produzierenden Gewerbe und bei industriellen Großverbrauchern gilt ein
                                                           verminderter Steuersatz. Der Handel unterliegt dem vollen Regelsteuersatz
                                                           von 20,50 €/MWh. Zum anderen ist die Mineralölsteuer nach ökologischen
                                                           Gesichtspunkten gestaffelt und schrittweise um 3,07 (1999) bis 15,3 (2003)
                                                           Eurocent für einen Liter Kraftstoff angehoben worden. 2006 wurde die
                                                           Mineralölsteuer in Energiesteuer umbenannt.
                               Gesetz für die Erhaltung,   Ziel dieses 2002 beschlossenen Gesetzes ist es, durch die Nutzung von Kraft-
                               die Modernisierung und      Wärme-Kopplung (KWK) die Kohlendioxidemissionen bis 2010 um bis zu 23
                               den Ausbau der Kraft-       Mio. Tonnen, mindestens aber um 20 Mio. Tonnen, zu vermindern (Basis:
                               Wärme-Kopplung (KWK-        1998). Um Investitionen in KWK-Anlagen zu fördern, erhalten die Betreiber für
                               Gesetz)                     jede in das öffentliche Stromnetz eingespeiste Kilowattstunde (kWh) einen
                                                           Preiszuschlag. Die Höhe dieses Bonus ist nach dem Zustand und der Größe
                                                           der jeweiligen Anlage gestaffelt.
                                                           Außerdem fällt für Erdgas, Heizöl und Flüssiggas, das in KWK-Anlagen
                                                           (Jahresnutzungsgrad >70 %) eingesetzt wird, keine Energiesteuer an.
                               Gesetz für den Vorrang      Im Jahr 2000 ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in Kraft getreten.
                               Erneuerbarer Energien       Ziel des Gesetzes ist die Verringerung der Abhängigkeit Deutschlands von
                               (EEG)                       fossilen Brennstoffen wie Kohle, Öl und Gas.
                                                           Das EEG setzt die Einspeisevergütungen für Strom aus erneuerbaren Energie-
                                                           quellen fest. 2008 erhalten Erzeuger z.B. für Strom aus Solaranlagen auf einer
                                                           freien Fläche gut 35 Eurocent pro kWh. Zu den erneuerbaren Energien
                                                           gehören u.a. Wasserkraft, Wind- und Solarenergie sowie Biomasse. Da die
                                                           Nutzung von erneuerbaren Energien zur Stromerzeugung generell teurer ist
                                                           als die konventionelle Energieerzeugung, hat der Gesetzgeber die
                                                           Energieversorgungsunternehmen zur Abnahme des Stromes aus geförderten
                                                           EEG-Anlagen verpflichtet. Die entstehenden Mehrkosten werden durch die
                                                           EEG-Abgabe direkt vom Kunden getragen, welcher damit automatisch die
                                                           Förderung der Stromerzeugung aus regenerativen Energien unterstützt.
                               EU Emissionshandelsricht-   Durch den CO2-Emissionshandel sollen die EU-weiten CO2-Emissionen bis
                               linie (2003/87/EG) und      2020 um 30 % im Vergleich zum Basisjahr 1990 gesenkt werden
                               Treibhausgas-               In Deutschland unterliegen 1.665 energieintensive Industrieanlagen (u.a.
                               Emissionshandelsgesetz      Feuerungsanlagen und Kraftwerke) dem Emissionshandel. Sie sind für rd.
                                                           55 % der deutschen CO2-Emissionen verantwortlich. Diese Industrieanlagen
                                                           dürfen nur eine vorher festgelegte Menge an CO2 emittieren. Wird diese
                                                           überschritten, müssen die Betreiber zusätzliche Emissionsrechte erwerben.
                                                           Bei einer Unterschreitung dagegen können sie ihre überschüssigen CO2-
                                                           Zertifikate veräußern und zusätzliche Einnahmen generieren. Um weitere
                                                           Anreize für die Senkung von CO2-Emissionen zu setzen, wird die Summe aller
                                                           Emissionszertifikate für CO2 jährlich reduziert. Seit Anfang 2008 wird in
                                                           Deutschland die ursprünglich kostenlose Zuteilung der Emissionszertifikate
                                                           begrenzt.
                              Abb. 3     Wichtige Gesetze zum Klimaschutz

Einfluss des Klimawandels     Der Klimawandel wirkt sich unmittelbar auf den Absatz wetter- und saisonabhängiger
auf die Wertschöpfungs-       Konsumgüter aus. So hat der ungewöhnlich milde Winter 2007/2008 zu einem
kette: Absatz und Marketing   Absatzeinbruch bei Saisonware wie Winterbekleidung und Wintersportartikeln geführt.
                              Hohe Lagerbestände, ein hoher Abschreibungsbedarf und rückläufige Renditen bei
                              Handel und Herstellern waren die Folge. Auf Grund zunehmender Wetterschwankungen
                              ist künftig mit einer volatileren Nachfrage nach wetter- und saisonabhängiger Ware zu
                              rechnen. Durch die Verwendung von Wetterprognosedaten lassen sich damit zusammen-
                              hängende Planungsschwierigkeiten reduzieren. Eine Flexibilisierung der Lieferkette z.B.
                              durch einen verstärkten lokalen Warenbezug kann negativen Renditeeffekten entgegen-
                              wirken. Des Weiteren können sich Unternehmen mit Hilfe von Wetterderivaten gegen
                              abnorme Wettereffekte absichern. Produktinnovationen wie saisonneutrale Bekleidung
                              wirken möglicherweise Absatz steigernd.

                              Den Branchenabsatz beeinflussen auch Einstellungen der Verbraucher zum Klimaschutz.
                              Wie aktuelle Umfragen belegen, ist die Mehrheit der Deutschen besorgt über die Klima-
                              änderung. Neben negativen Folgen für Wetter und Umwelt befürchten die Verbraucher,
                              dass die globale Erderwärmung die Lebensmittelversorgung beeinträchtigen und die
                              Gesundheit ihrer Kinder und Enkel gefährden könnte. Der überwiegende Teil der
                              Konsumenten ist daher bereit, durch klimabewusstes Verhalten selbst einen Beitrag zum
                              Klimaschutz zu leisten. Dies spiegelt sich bereits im Einkaufsverhalten der Deutschen
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Klimawandel: Schlagwort oder Wirklichkeit?                     Der Einfluss des Klimawandels auf
                          Die Auswirkungen auf Handel und Konsumgüterindustrie           die Handels- und
                                                                                         Konsumgüterbranche

                          wider. So achten 84 % der Konsumenten beim Kauf von Elektrogeräten auf den Energie-
                          verbrauch. Die Verbraucher akzeptieren für energieeffiziente Geräte auch höhere Preise.

                          Mit der zunehmenden Sensibilisierung der Verbraucher für den Klimawandel dürfte die
                          Nachfrage nach klimaverträglichen Produkten weiter steigen. Voraussetzung dafür ist,
                          dass ein Maßstab für die Klimaverträglichkeit von Produkten bzw. für produktbezogene
                          CO2-Emissionen etabliert wird und die Verbraucher entsprechend informiert werden. Vom
                          steigenden Klimabewusstsein könnten kurz- bis mittelfristig lokale Produkte profitieren, bei
                          denen auf Grund kürzerer Transportwege die Verbraucher eine günstigere Klimabilanz
                          vermuten. Die Klimabilanz bei lokaler Beschaffung muss allerdings im Einzelfall betrachtet
                          werden (s.u. D 1.3).

Beschaffung und Einkauf   Infolge des Klimawandels müssen Handel und Konsumgüterunternehmen tendenziell mit
                          höheren Beschaffungsrisiken rechnen. Ursächlich dafür ist zum einen die Abhängigkeit
                          der Branche von klima- und wettersensiblen Ressourcen wie Wasser sowie land- und
                          forstwirtschaftlichen Rohstoffen, zum anderen der teilweise hohe Anteil der Importe aus
                          stark vom Klimawandel gefährdeten Regionen. Um die Ressourcenversorgung zu sichern,
                          dürften nachhaltige Beschaffungsstrategien an Bedeutung gewinnen. Es ist denkbar, dass
                          Unternehmen verstärkt auf Lieferanten in risikoärmeren Regionen zurückgreifen, um
                          klimabedingte Lieferengpässe zu vermeiden. Bei der Lieferantenauswahl dürften Klima-
                          aspekte künftig eine größere Rolle spielen. Die Durchsetzung eines Einfuhrverbots für
                          CO2-intensive Konsumgüter, das derzeit in der EU diskutiert wird, würde diese Tendenz
                          verstärken. Die Unternehmen müssen darüber hinaus mit stärkeren Preisschwankungen
                          und insgesamt steigenden Rohstoffkosten rechnen.

Produktion und Logistik   Die auch von den Unternehmen erwartete Verschärfung des Klimaschutzes durch den
                          Gesetzgeber wird den Anstieg der Energiepreise weiter fördern. Die Anreize, in
                          energieeffiziente bzw. CO2-arme Produktions- und Logistikprozesse zu investieren,
                          werden zunehmen. So erscheint ein verstärkter Übergang zu absatznaher Produktion
                          geeignet, um Transportkosten einzusparen und zugleich Kohlendioxidemissionen zu
                          senken. Um den direkten Klimarisiken entgegenzuwirken, sind Standortverlagerungen in
                          risikoärmere Regionen wahrscheinlich.

Wettbewerb                Die Handels- und Konsumgüterbranche steht unter Konsolidierungsdruck. Der Klima-
                          wandel und die daraus resultierenden höheren Rohstoff- und Energiekosten dürften
                          diesen weiter verstärken und mittelfristig zu einer Zunahme der Unternehmens-
                          übernahmen und -zusammenschlüsse führen. Zugleich eröffnet der Klimawandel den
                          Unternehmen die Chance, ihre Marktposition durch klimabewusste Produkt- und
                          Dienstleistungsinnovationen zu verbessern und sich dadurch zusätzliche Ertrags-
                          potenziale zu erschließen.

Kapitalmarkt              Der Kapitalmarkt hat die Tragweite des Klimawandels für das wirtschaftliche Erfolgs-
                          potenzial und damit für den Unternehmenswert frühzeitig erkannt. Um die klimabedingten
                          Chancen und Risiken börsennotierter Unternehmen transparenter zu machen, haben
                          institutionelle Anleger bereits im Jahr 2000 das sog. Carbon Disclosure Project (CDP) ins
                          Leben gerufen. Neben CO2-Emissionen erhebt das CDP auf freiwilliger Basis eine Reihe
                          weiterer klimabezogener Unternehmensinformationen, die zunehmend in die Investitions-
                          entscheidungen der Anleger einfließen. Der Druck auf die börsennotierten Handels- und
                          Konsumgüterunternehmen, sich mit dem Klimawandel auseinanderzusetzen und relevante
                          Informationen wie ihren CO2-Ausstoß offenzulegen, nimmt zu. Es ist vorstellbar, dass
                          Klimaaspekte und -daten mittelfristig auch bei der Kreditvergabe an nicht börsennotierte
                          Unternehmen eine Rolle spielen werden.

                                                                                                                        17
Klimawandel: Schlagwort oder Wirklichkeit?                    Der Einfluss des Klimawandels auf
                            Die Auswirkungen auf Handel und Konsumgüterindustrie          die Handels- und
                                                                                          Konsumgüterbranche

                            3 Gewinner und Verlierer des Klimawandels: Analyse
                            ausgewählter Subsektoren
Subsektoren sind in         Subsektoren der Handels- und Konsumgüterbranche sind in unterschiedlichem Maße vom
unterschiedlichem Maße      Klimawandel betroffen. Im Folgenden werden die direkten und indirekten Auswirkungen
vom Klimawandel betroffen   des Klimawandels auf ausgewählte Subsektoren analysiert. Auf Grund der vielen
                            Unsicherheiten, die mit dem Klimawandel verbunden sind, beschränkt sich die Analyse auf
                            eine qualitative Darstellung und Beurteilung der verschiedenen Effekte. Darauf aufbauend
                            wird eine grobe Einteilung der Subsektoren in Gewinner und Verlierer vorgenommen. Als
                            Gewinner sind dabei die Subsektoren definiert, die sowohl direkt als auch indirekt vom
                            Klimawandel überwiegend profitieren. Die Verlierer müssen dagegen voraussichtlich mit
                            per saldo negativen direkten und indirekten Konsequenzen rechnen.

Getränkehersteller          Getränkehersteller berührt der Klimawandel auf vielfältige Art und Weise. Zum einen
                            führt die Erderwärmung langfristig zu einer Verknappung von Wasser als ihrem
                            wichtigsten Rohstoff. Zum anderen ist eine wachsende Nachfrage insbesondere nach
                            Erfrischungsgetränken zu erwarten. Der Absatz alkoholischer Getränke dagegen könnte
                            durch den Temperaturanstieg beeinträchtigt werden. Insgesamt dürfte die Planungs-
                            sicherheit auf Grund zunehmender Wetterschwankungen zurückgehen. Wegen ihrer im
                            Branchenvergleich höheren Energieintensität sind vor allem die Brauereien von den
                            steigenden Energiepreisen betroffen. Aus Kostengründen könnten die Verbraucher
                            vermehrt Mineralwasser und andere alkoholfreie Getränke durch Leitungswasser
                            substituieren. Von diesem Trend könnten Hersteller von Wasseraufbereitungs- und
                            -filtersystemen ebenso profitieren wie Hersteller von Aromen in Sirup- oder Pulverform zur
                            geschmacklichen Anreicherung des Leitungswassers. Ein steigendes Klimabewusstsein
                            könnte diese Entwicklung beschleunigen. In Ländern wie Großbritannien und Frankreich,
                            in denen traditionell Leitungswasser getrunken wird, ist der Substitutionsanteil bereits
                            heute signifikant hoch.

Lebensmittelhersteller      Die Lebensmittelhersteller spüren die wetter- und klimabedingten Beschaffungsrisiken
                            besonders stark. Wetterextreme wie anhaltende Hitze- bzw. Dürreperioden im Sommer
                            können zu Ernteausfällen und einer temporären Verknappung landwirtschaftlicher
                            Rohstoffe führen. Langfristig können veränderte klimatische Bedingungen die Verfüg-
                            barkeit einzelner landwirtschaftlicher Erzeugnisse nachhaltig einschränken. So ist ein
                            Schrumpfen der für den Kaffeeanbau geeigneten Fläche, des sog. Kaffeegürtels, infolge
                            des Klimawandels möglich. Für den Unternehmenserfolg der Kaffeehersteller gewinnt die
                            Sicherung der Rohstoffversorgung im Rahmen nachhaltiger Beschaffungsstrategien – z.B.
                            Kooperationen mit Kaffeebauern – an Bedeutung. Auf Grund der Rohstoffverknappung
                            werden die Preise landwirtschaftlicher Erzeugnisse künftig deutlich steigen. Positive
                            Nachfrageeffekte auf Grund der weltweiten Bevölkerungsentwicklung sowie der
                            vermehrten Nutzung von Pflanzen wie Mais und Weizen für die Energiegewinnung stützen
                            diesen Trend ebenfalls. Nach einer aktuellen Studie gehen z.B. 75 % der Preis-
                            erhöhungen für Mais auf den Einsatz in Bioethanolanlagen zurück. Wegen ihrer geringen
                            Verhandlungsmacht werden es die Lebensmittelhersteller schwer haben, die höheren
                            Rohstoffkosten über Preissteigerungen auf den Handel bzw. die Verbraucher abzuwälzen.
                            Ceteris paribus würden die Unternehmensgewinne zurückgehen. Hersteller starker
                            Marken dürften sich dem am ehesten entziehen können.

Textil- und                 Die Textil- und Bekleidungshersteller betrifft der Klimawandel in hohem Maße und
Bekleidungshersteller       unmittelbar. So geht der Bekleidungsabsatz deutlich zurück, wenn die angebotene Ware
                            nicht zum aktuellen bzw. erwarteten Wetter passt. Insbesondere die Hersteller hoch-
                            modischer Bekleidung sind angesichts zunehmender Wetterschwankungen mit einer
                            höheren Komplexität bei Absatz- und Produktionsplanung konfrontiert. Um flexibler auf
                            Wetteränderungen reagieren zu können, sind längerfristig Rückverlagerungen der
                            Produktion aus Asien nach Europa denkbar. Die Produktionskosten würden dadurch
                            ansteigen. Vertikal integrierte Anbieter dürften eher in der Lage sein, den Heraus-
                            forderungen des Klimawandels zu begegnen. Durch Sortimentsanpassungen, z.B. die
                            Ausweitung des Outdoor-Bekleidungssegments, können Bekleidungshersteller u. U.
                            positive Absatzeffekte erzielen. Textilhersteller könnten möglicherweise durch die

18
Klimawandel: Schlagwort oder Wirklichkeit?                   Der Einfluss des Klimawandels auf
                             Die Auswirkungen auf Handel und Konsumgüterindustrie         die Handels- und
                                                                                          Konsumgüterbranche

                             Entwicklung hochwertiger technischer Textilien wie saisonneutraler Stoffe den Trend zu
                             jahreszeitenunabhängiger Mode aufgreifen und so vom Klimawandel profitieren.

Möbelhersteller              Für die Möbelhersteller gehört Holz zu den wichtigsten Inputfaktoren. Der Klimawandel
                             kann zu einer Verknappung von Holz und damit zu steigenden Einstandspreisen für
                             diesen Rohstoff führen. Auf Grund der hohen Marktmacht des Möbeleinzelhandels dürften
                             die Hersteller diese Preissteigerungen nur begrenzt an die Kunden weitergeben können.
                             Eine rückläufige Rendite wäre die Folge. In einzelnen Produktbereichen – z. B bei
                             Outdoor-Möbeln – könnte die Nachfrage infolge des Klimawandels steigen. Darüber
                             hinaus dürfte das steigende Klimabewusstsein der Konsumenten den Absatz von
                             Holzmöbeln aus nachhaltigem Anbau fördern.

Kosmetik-, Wasch- und        Bei den Kosmetikherstellern dürfte der erwartete Temperaturanstieg zu einem
Reinigungsmittelhersteller   veränderten Produktmix führen. Spezielle Produkte für den Sommer bzw. die Sonne (z.B.
                             Sonnenschutz, Schutz gegen Hautalterung) könnten an Bedeutung gewinnen. Positive
                             Nachfrageeffekte sind auch bei Kosmetika aus nachwachsenden Rohstoffen zu erwarten.
                             Im Wasch- und Reinigungsmittelbereich könnten sich Energie und Ressourcen
                             sparende Produkte und Produktinnovationen Absatz steigernd auswirken. Insofern ist mit
                             einer wachsenden Nachfrage nach Nachfüllpackungen bei Kosmetik, Wasch- und
                             Reinigungsmitteln zu rechnen. Der Subsektor zeichnet sich durch eine vergleichsweise
                             hohe Konzentration aus. Dadurch dürften die Unternehmen eher in der Lage sein,
                             klimabedingte Steigerungen ihrer Rohstoff- und Produktionskosten an den Handel bzw.
                             die Verbraucher weiterzugeben.

Elektrogeräte- und           Bei den Elektrogeräte- und Elektronikherstellern wirkt der Klimawandel vor allem auf
Elektronikhersteller         die Absatzseite. Energieeffiziente und recyclingfähige Elektrogeräte werden weiter an
                             Bedeutung gewinnen. Auf der einen Seite werden die Verbraucher ihre alten Geräte
                             zunehmend durch energieeffiziente Neugeräte ersetzen, um auf diese Weise Energie-
                             kosten zu sparen. Auf der anderen Seite werden Verbraucher unter Umständen künftig
                             vermehrt Reparaturdienstleistungen für Elektrogeräte und Elektronikprodukte im höher-
                             preisigen Produktsegment in Anspruch nehmen, um Abfall zu vermeiden. Mittelfristig
                             könnte der Temperaturanstieg zu einer höheren Nachfrage nach verbrauchsarmen bzw.
                             CO2-effizienten Klimaanlagen und Kühlgeräten führen. Aus Gründen des Klimaschutzes
                             könnte der Gesetzgeber vermehrt in die Produktspezifikationen der Hersteller eingreifen.
                             Beispielsweise ist ein Verbot der Stand-by-Funktion von Elektronikprodukten denkbar.

Einzelhandel                 Die Auswirkungen des Klimawandels auf den Einzelhandel variieren je nach Produkt-
                             schwerpunkt: Die Einflüsse, denen z.B. Lebensmittelhersteller unterliegen, spielen in der
                             Regel auch für den Lebensmitteleinzelhandel eine wichtige Rolle. Hier wie dort ist auf
                             Grund von häufigeren Wetterextremen mit stärkeren Preisschwankungen und höheren
                             Preisen zu rechnen. Der Sortimentsschwerpunkt bestimmt auch die Energieintensität
                             eines Einzelhandelsunternehmens: Lebensmittelhändler, die durchschnittlich 30 bis 40 %
                             ihrer Produkte gekühlt transportieren und lagern müssen, haben relativ zum Umsatz
                             höhere Energiekosten als Non-Food-Einzelhändler. Damit spielen die steigenden
                             Energiepreise für den Lebensmittelhandel eine größere Rolle, in besonderem Maße für
                             Handelsunternehmen mit eigenem Fuhrpark. Auf Grund der knappen Margen der Händler
                             wird Energieeffizienz mehr und mehr zu einem Wettbewerbsvorteil für die Unternehmen.
                             Energieeffizienz der Produkte z.B. im Elektro- oder „Do it yourself“-Einzelhandel wird in
                             der Werbung und im Verbraucherbewusstsein weiter an Bedeutung gewinnen. Der DIY-
                             Handel könnte auch von staatlich geförderten Baumaßnahmen zur Verbesserung der
                             Energieeffizienz von Häusern und Wohnungen profitieren. Auf Grund der steigenden
                             Treibstoffpreise könnte das Internet als Vertriebskanal wichtiger werden. Angesichts des
                             Trends zum nachhaltigen Konsum kann eine klimabewusste Ausrichtung zum
                             Erfolgsfaktor für den Einzelhandel werden.

                                                                                                                         19
Klimawandel: Schlagwort oder Wirklichkeit?                                     Der Einfluss des Klimawandels auf
     Die Auswirkungen auf Handel und Konsumgüterindustrie                           die Handels- und
                                                                                    Konsumgüterbranche

     Die Auswirkungen des Klimawandels auf die betrachteten Subsektoren lassen sich
     danach wie folgt zusammenfassen:

                                                                                        Gewinner

                         positiv
                                                                          Elektronik-
                                                                          hersteller
                                                                                       Kosmetik-
                                                                                    Reinigungsmittel-
                                                                                        hersteller
                   Direkte                              Handel
                                                                            Möbel-
          Einflussfaktoren                 Getränke-                       hersteller
                                           hersteller        Textilien-
                                                             hersteller
                                             Lebensmittel-
                                               hersteller
                        negativ

                                    Verlierer
                                            negativ          Indirekte                  positiv
                                                         Einflussfaktoren

     Abb. 4     Gewinner und Verlierer des Klimawandels

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Klimawandel: Schlagwort oder Wirklichkeit?             Der Einfluss des Klimawandels auf
Die Auswirkungen auf Handel und Konsumgüterindustrie   die Handels- und
                                                       Konsumgüterbranche

                                                                                      21
Klimawandel: Schlagwort oder Wirklichkeit?                     Klimabezogene Maßnahmen der
                           Die Auswirkungen auf Handel und Konsumgüterindustrie           Unternehmen in Handel und
                                                                                          Konsumgüterindustrie

                           D Klimabezogene Maßnahmen der Unternehmen in
                           Handel und Konsumgüterindustrie
Status quo                 Die Interviews haben gezeigt, dass in der Branche derzeit Unsicherheit im Hinblick auf die
                           weitere Entwicklung der klimabezogenen Regulierung und die Auswirkungen der
                           öffentlichen Diskussion zum Klimawandel auf das Konsumverhalten der Verbraucher
                           herrscht. Die Unternehmen in Handel und Konsumgüterindustrie nähern sich dem Thema
                           Klimawandel in erster Linie in unternehmensübergreifenden Netzwerken (z.B. im Pilot-
                           projekt Product Carbon Footprint, s.u. D 2.1) und in der projektbezogenen Zusammen-
                           arbeit mit Ministerien, etablierten Umweltorganisationen und Wissenschaftlern.

                           Obwohl Maßnahmen zum Schutz der Umwelt seit Jahrzehnten ein fester Bestandteil der
                           gängigen Unternehmenspraxis in Handel und Konsumgüterindustrie sind, scheinen die
                           Unternehmen im Hinblick auf Wetterrisiken und Klimawandel bislang nur mit Einzel-
                           maßnahmen zu experimentieren. Eine konsistente klima- und wetterbezogene Gesamt-
                           strategie ist bei der Mehrzahl der Unternehmen nicht ersichtlich. Die aktuellen Aktivitäten
                           sind teilweise losgelöst vom eigentlichen Kerngeschäft. Dies hängt möglicherweise damit
                           zusammen, dass das Thema Klimawandel organisatorisch meist bei den Umwelt- und
                           Nachhaltigkeitsverantwortlichen und nicht in der obersten Führungsebene angesiedelt ist.

Motive für klimabezogene   In Rahmen unserer Unternehmensbefragung haben die Unternehmen die folgenden drei
Maßnahmen                  Hauptmotive für klimabezogene Aktivitäten genannt:

„Green and Lean”           ●   Kosteneffizienz entlang der gesamten Wertschöpfungskette ist das mit Abstand
                               wichtigste Motiv für Handels- und Konsumgüterunternehmen. Alle Unternehmen haben
                               klar herausgestellt, dass umweltbezogene Maßnahmen kein Selbstzweck sind. Getätigte
                               Investitionen in diesem Bereich sollen sich kurz- bis mittelfristig amortisieren.

Nachhaltigkeit ist         ●   Nachhaltigkeit als Ausdruck gesellschaftlicher Verantwortung spielt insbesondere bei
Verantwortung                  Familienunternehmen eine wichtige Rolle. Aber auch hier gilt, dass sich eine ökologisch
                               verträgliche Ausrichtung mittelfristig auszahlen soll. Angestrebt wird eine Balance
                               zwischen Ökonomie und Ökologie.

Wettbewerbsvorteil durch   ●   Vor allem Markenhersteller sehen die Möglichkeit, sich über das proaktive Aufgreifen
Innovation                     von klimabezogenen Themen und eine entsprechende Ausrichtung von ihren
                               Wettbewerbern abzuheben. Als entscheidendes Differenzierungsmerkmal betrachten die
                               Unternehmen in diesem Zusammenhang die Innovationskraft ihres Unternehmens.

                           1 Kosteneffizienzgetriebene Maßnahmen
                           Die von den Unternehmen in Handel und Konsumgüterindustrie ergriffenen Maßnahmen
                           zur Steigerung der Kosteneffizienz betreffen die gesamte Wertschöpfungskette von der
                           Rohstoffbeschaffung über die Produktion bis zum Transport.

                           1.1 Rohstoffkosten
Maßnahmen zur Sicherung    Der Anstieg der Rohstoffkosten ist insbesondere für die Lebensmittelhersteller von hoher
der Rohstoffbeschaffung    Relevanz, da bis zu 75 % der Produktionskosten in der Ernährungsindustrie auf die
und zur Kostenbegrenzung   Rohstoffe entfallen. In der Regel können die Lebensmittelhersteller den Kostenanstieg
im Fokus                   nicht vollständig an den Handel und damit in letzter Konsequenz an den Verbraucher
                           weitergeben. Die Hersteller setzen daher sowohl auf Maßnahmen zur nachhaltigen
                           Sicherung der Rohstoffbeschaffung als auch auf Maßnahmen zur Kostenbegrenzung.
                           Üblich sind neben der Beschaffung aus risikoarmen Klimazonen und der produktions-
                           ortnahen Beschaffung langfristige Beschaffungsverträge mit Lieferanten sowie intensive
                           Schulungen von Lieferanten insbesondere im landwirtschaftlichen Bereich. Auf Grund der
                           noch geringen Akzeptanz der Verbraucher und der strengen gesetzlichen Auflagen sind
                           deutsche Unternehmen bislang mit der Verarbeitung genveränderter oder synthetischer
                           Rohstoffe noch zurückhaltend. Bei knapper werdenden Rohstoffen wird die sog. „grüne
                           Gentechnologie“ künftig aber an Bedeutung gewinnen.
22
Klimawandel: Schlagwort oder Wirklichkeit?                       Klimabezogene Maßnahmen der
                          Die Auswirkungen auf Handel und Konsumgüterindustrie             Unternehmen in Handel und
                                                                                           Konsumgüterindustrie

                          1.2 Energiekosten
Maßnahmen zur             Der Anstieg der Energiekosten trifft Handel und Konsumgüterindustrie erheblich. Bei
Energieeinsparung haben   Handelsunternehmen stellen die Energiekosten inzwischen den drittgrößten Kostenfaktor
hohe Priorität            dar. Die Realisierung von Einsparpotenzialen hat daher eine hohe Priorität bei den
                          Unternehmen. Die von den Unternehmen ergriffenen Maßnahmen betreffen insbesondere
                          die Produktion und die Kühlung, wobei insgesamt ein Trend zur Eigenversorgung mit
                          Energie deutlich wird.

                          ●   Zahlreiche Lebensmittelhersteller, aber auch Unternehmen des Lebensmitteleinzel-
                              handels nutzen ihre organischen Abfälle zur Kraftwerksbefeuerung oder zur Herstellung
                              von Biogas, das anschließend zur Stromerzeugung genutzt wird. Die Unternehmen
                              gehen davon aus, dass sie hierdurch ihre Energiekosten um bis zu 30 % senken
                              können.

                          ●   Einige Konsumgüterhersteller investieren in eigene Energieerzeugung und werden
                              dadurch nicht nur Selbstversorger, sondern auch Energielieferanten. Anlagen zur
                              Nutzung regenerativer Energien stehen dabei im Vordergrund. Manche Unternehmen
                              sichern sich durch den Zukauf größerer landwirtschaftlich bewirtschafteter Flächen an
                              ihren Produktionsstandorten den Zugriff auf die für die Energieerzeugung notwendigen
                              nachwachsenden Rohstoffe. Die Einspeisung der auf diese Weise erzeugten
                              überschüssigen Energie in das Stromnetz generiert für die Unternehmen, wenn auch in
                              geringem Umfang, zusätzliche Umsätze.

                          ●   Auch Einzelhandelsunternehmen haben die Energieerzeugung als zusätzliche
                              Einnahmequelle entdeckt. Durch die Verpachtung der Dachflächen seiner
                              Logistikzentren in Deutschland und Spanien für die Installation von Solaranlagen
                              erzielen beispielsweise ALDI Süd und ALDI Nord Einnahmen in Höhe von insgesamt
                              8 Mio. Euro.

                          ●   Lebensmitteleinzelhändler stellen zudem mehr und mehr auf eine energiearme und
                              FKW-freie Tief- und Normalkühlung um. Allein der Einbau von Schiebetüren in
                              Tiefkühltruhen reduzierte bei der METRO Group den Stromverbrauch um 15 %. Die
                              Einführung von standardisierten Serienlösungen für eine Normal- und Tiefkühlung auf
                              CO2-Basis steht unmittelbar bevor.

                          ●   Auch einfache Maßnahmen führen zu erheblichen Energieeinsparungen. So kann der
                              Einbau von Fenstern in Lagerhallen, der Einsatz effizienterer Beleuchtungssysteme in
                              Lagern, Verkaufsstellen und Büros sowie die Umstellung auf energiearme
                              Speichermedien zu einer unmittelbaren Senkung der Stromkosten um bis zu 70 %
                              führen.

                          1.3 Logistik- und Transportkosten
Klimabezogene             Die gestiegenen Treibstoffpreise sowie Mautgebühren haben den Transport der Handels-
Optimierung der           und Konsumgüterunternehmen bereits erheblich verteuert. Rund 35 % der Logistikkosten
Transportprozesse senkt   eines Handelsunternehmens entfallen auf den Transport. Zugleich ist der transport-
Kosten und CO2-Ausstoß    bedingte CO2-Ausstoß ein wesentlicher Einflussfaktor des Klimawandels. Mit Investitionen
                          in das Transportsystem und einer klimabezogenen Optimierung der Transportprozesse
                          können Unternehmen sowohl ihre Transportkosten als auch ihren transportbedingten CO2-
                          Ausstoß nachhaltig senken.

                          ●   Einige Händler und Hersteller haben begonnen, ihre Lkw-Flotten vollständig
                              auszutauschen und auf energieeffizientere Fahrzeuge umzustellen. Durch diese
                              Umstellung werden nicht nur Treibstoffkosten, sondern auf Grund der geringeren
                              Schadstoffbelastung auch Mautgebühren und künftig gegebenenfalls Kfz-Steuern
                              reduziert. Allein die Reduktion der Treibstoffkosten durch die Flottenumstellung beziffern
                              die Unternehmen auf bis zu 15 %.

                                                                                                                         23
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