Kollisionsvermeidung Sense and Avoid in Europa-ADS-B in der Allgemeinen Luftfahrt-Deutscher Aero Club
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Kollisionsvermeidung der Zukunft Simpel betrachtet passieren diese Unfälle alle in Zeiten, in denen wir unsere Haustiere per GPS- – Sense and Avoid in Europa Halsband tracken können oder uns das Höhen- profil und die Strecke unserer letzten Jogging-Ein- heit auf dem neuen Smartphone anschauen. Der freie und sichere Zugang zum Luftraum ist ein Es muss uns auch in der Allgemeinen Luftfahrt hohes Gut. Dass Freiheit und Sicherheit in einer jetzt endlich gelingen, mit modernen Technolo- immer turbulenteren Welt nicht einfach unter ei- gien Zusammenstöße in der Luft zu vermeiden. nen Hut zu bringen sind, hören wir jeden Tag in Dabei mangelt es, schaut man sich auf dem Avi- den Nachrichten. Doch nicht nur am Boden, son- onikmarkt um, doch augenscheinlich gar nicht an dern vor allem darüber, sind diese zwei Attribute Lösungsmöglichkeiten, an denen wir uns bedie- seit jeher mit der Luftfahrt verbunden. Es gibt nen können. Diese Ereignisse könnten durch ein wohl kaum eine andere Branche, die es schon seit multimodulares System, in dem alle Verkehrsin- Jahrzehnten vollbringt, sich selbst beinahe global formationen ausgetauscht werden, schon heute gültige Standards zu schaffen und das Flugzeug reduziert werden. zu einem der sichersten Verkehrsmittel zu entwi- ckeln. Bisher jedoch steht ein solche Technik in Europa nicht zur Verfügung. Vielmehr existieren nur ei- Die Luftfahrt hat sich damit schon, trotz aller tech- nige bekannte Insellösungen für einzelne Katego- nischer und organisatorischer Komplexität, in Re- rien von Luftfahrzeugen oder geschlossene Sys- kordzeit zu einem Meisterstück der Menschheits- teme wie bspw. TCAS, FLARM oder Pilot Aware. geschichte gemacht. Luftfahrt verbindet Men- In den USA ist mit der verpflichtenden Ausstat- schen und Länder und setzt dabei auch noch tung von Luftfahrzeugen mit ADS-B Geräten seit technologische Maßstäbe. Bei genau diesen Maß- diesem Jahr ein wichtiger Schritt getan worden. stäben drohen wir in der Allgemeinen Luftfahrt in In Europa gilt eine ADS-B Pflicht ab 7. Dezember Europa jedoch zu verlangsamen und uns in einem 2020 für große Luftfahrzeuge ab 5,7 Tonnen Ab- Labyrinth von technischen Möglichkeiten zu ver- fluggewicht oder mehr als 250 KTAS im Reiseflug. laufen. Damit ist die Großluftfahrt vor Kollisionen unterei- Die EASA bringt es in ihren Unfallstatistiken unge- nander gut geschützt - der Luftsport ist dabei schönt auf den Punkt. In den letzten zehn Jahren nicht berücksichtigt. Natürlich kann man nicht je- (2009-2019) ereigneten sich im EASA-Gebiet 61 des System, das aus den USA kommt, 1:1 auch in tödliche Zusammenstöße in der Luft, bei denen Europa übernehmen, da die Begleitumstände oft 144 Menschen ihr Leben verloren haben. Die An- andere sind. Man kann diese Systeme und Ideen zahl an Schwer- und Leichtverletzten wird statis- dennoch adaptieren und hier bei uns standardi- tisch nicht genau erfasst. In jedem Fall sind das siert nutzbar machen. 144 Menschen zu viel, die in der Luft ihr Leben Selbstverständlich sollte neue Technik immer mit gelassen haben. Bedacht eingeführt werden und der Nutzen im Flugzeug auch garantiert sein, ohne gleich wieder Diese Ereignisse sind alle mit dem Luftsport und neue Ausrüstungsverpflichtungen zu schaffen. der Allgemeinen Luftfahrt verbunden. Die meisten der Einzelereignisse erforderten 1-2 Todesopfer, Auch die zu erwartende Integration von Drohnen das größte Einzelereignis ereignete sich in in den Mischflugverkehr im Unteren Luftraum Deutschland mit einer MAC (Mid-Air Collision) kann nur gelingen, wenn die elektronische Sicht- zwischen einer PA32 und einer DR400 mit 8 To- barkeit jedes relevanten Luftverkehrsteilnehmers desopfern. Zu den fatalen Unfällen kommt noch für jeden anderen zu jedem Zeitpunkt gegeben ist. eine unbekannte, da nicht bedingungslos melde- Diese zwingende Erkenntnis lässt eine erhöhte pflichtige, Zahl an den sogenannten AIRPROX Dringlichkeit in der Entwicklung eines europaweit (Beinahe-Zusammenstöße) hinzu. 1
einheitlichen Standards für Kollisionsvermei- der unkontrollierten Verkehrs- und Sonderlande- dungssysteme entstehen, der vom Airbus A380 plätze und Segelfluggelände. bis zur 500-g-Drohne genutzt werden kann. Dabei sind solche Überlegungen nicht neu. Die BFU schließt Ihre Untersuchung mit der Bereits 2004 hat die vom damaligen Bundesmi- SICHERHEITSEMPFEHLUNG NR . 03/2017 nisterium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen beauftragte Studie BEKLAS (Bessere Erkennbar- DAS BUNDESMINISTERIUM FÜR VERKEHR UND DIGI- keit kleiner Luftfahrzeuge als Schutz vor Kollisio- TALE I NFRASTRUKTUR (BMVI) SOLLTE SICHERSTEL- nen) auf Technologien zur Kollisionsvermeidung LEN, DASS FLÜGE DES KOMMERZIELLEN LUFTTRANS- verwiesen und die flächendeckende Ausrüstung PORTS NACH I NSTRUMENTENFLUGREGELN MIT LUFT- von Flugzeugen gefordert. Dies geschah im Ein- FAHRZEUGEN GRÖßER 5,7 T ABFLUGMASSE BZW . klang mit der medizinischen Feststellung, dass MEHR ALS 19 S ITZPLÄTZEN NUR IN LUFTRÄUMEN ER- der Grundsatz der Kollisionsvermeidung im Sicht- FOLGEN, IN DENEN DIE FLUGVERKEHRSKONTROLLE JE- flug "Sehen und gesehen werden" die Leistungs- DERZEIT IN DER LAGE IST , VERKEHRSINFORMATIONEN fähigkeit des menschlichen Auges bis an die UND AUSWEICHEMPFEHLUNGEN BEZÜGLICH ALLER Grenze ausreizt.1 SONSTIGEN IM SELBEN LUFTRAUM OPERIERENDEN Eine Studie der BFU aus dem Jahr 20172 befasste LUFTFAHRZEUGE ZU ERTEILEN SOWIE BORDEIGENE sich mit gefährlichen Annäherungen zwischen UND BODENGEBUNDENE KOLLISIONSSCHUTZSYSTEME Luftfahrzeugen im deutschen Luftraum. Die dort (ACAS UND STCA) VOR DROHENDEN KOLLISIONEN gewonnenen Erkenntnisse sind für fast jeden Pi- WARNEN KÖNNEN . loten aus eigener Erfahrung gut nachvollziehbar: Die hierbei zugrundeliegende Forderung nach „Bei insgesamt 490 der BFU gemeldeten Ereignis- räumlicher Separation der Verkehrsarten allein sen kam es zu 15 Unfällen, 31 Schweren Störun- durch Luftraumstrukturen ist jedoch in Deutsch- gen und acht Störungen mit insgesamt 19 tödlich, land schon heute nicht durchgängig darstellbar. zwei schwer und 15 leicht verletzten Personen. Die dichte Besiedelung unseres Landes bei […] Die Unfälle ereigneten sich im VFR-Reiseflug gleichzeitig hoher Anzahl an Landeplätzen, Segel- und im VFR-Platzverkehr. Bei den Schweren Stö- flugplätzen wie auch regionalen- und internationa- rungen und Unfällen versagte das Grundprinzip len Flughäfen führt zwangsläufig zu einer verdich- „See and Avoid“. […] Auch könnte mit entspre- teten Nutzung des begrenzt zur Verfügung ste- chender kompatibler Kollisionswarnausrüstung henden Luftraums über Deutschland auch im aller Verkehrsteilnehmer die Kollisionsgefahr im Mischflugverkehr. Deutschland ist hier eines der VFR-Reiseflug und im VFR-Platzverkehr, reduziert am meisten betroffenen Länder weltweit. werden.“ Auch aus diesem Grund wurde von Seiten des BMVI der „Kriterienkatalog […] zur Einrichtung Passiert ist seitdem wenig – die Verkehrsluftfahrt von Lufträumen“ vom 1. Februar 2015 in Kraft ge- fordert weiterhin immer ausgedehntere freigabe- setzt. Damit soll ein tragfähiger Kompromiss zwi- pflichtige Lufträume, um sich räumlich von dem schen den Interessen sämtlicher Luftverkehrsteil- übrigen Verkehr zu separieren. Was hierbei aller- nehmer hergestellt werden, um einerseits die Si- dings verdrängt wird, ist das zurückbleibende, cherheit im Luftverkehr bestmöglich zu gewähr- weit höhere Risiko von Kollisionen zweier unkon- leisten, ohne andererseits „unabgewogen und un- trollierter Flugzeuge miteinander – an den Gren- angemessen die Freiheit der Nutzung des Luft- zen der freigabepflichtigen Lufträume durch Ver- raums einzuengen“. dichtung der Verkehrsströme, sowie in der Nähe 1 2 Abschlussbericht BEKLAS, Kapitel 6 BFU Studie über Annäherungen und Kollisionen von Luftfahrzeugen im deutschen Luftraum 2010-2015 2
Daher erscheint es sinnvoll, sich der zweiten For- Umgebung der Kontrollzone anzeigte, erfolgt zu- derung aus der obigen Sicherheitsempfehlung nächst keine Verkehrsinformation. Der Radarlotse der BFU inhaltlich vertieft zu widmen: bemerkt dies zwar, muss aber zunächst seinen Luftfahrzeuge sollen an Bord solche Geräte mit- Kollegen im Turm per Telefon warnen, damit der führen, die es zum einen der Flugverkehrskon- dann die Information per Funk an die Besatzung trolle, aber auch den Luftfahrzeugen untereinan- der Dornier weitergeben kann. Als die dann end- der ermöglicht, eine drohende Kollision im Cock- lich im Cockpit ankommt, haben sich die Flug- pit zu erkennen und geeignete Maßnahmen zur zeuge bereits in gleicher Höhe mit einer Entfer- Kollisionsvermeidung ergreifen zu können. An- nung von 0,126 NM passiert. Der Pilot der Piper ders ausgedrückt: registrierte die Dornier erst im Moment des Vor- beiflugs. Er stand die ganze Zeit im Funkkontakt JEDER KENNT DEN GESAMTEN VERKEHR UM IHN mit Langen Information. HERUM UND WEICHT EIGENSTÄNDIG AUS . Insbesondere der Rückfall auf die durch hohe Ar- beitsbelastung und komplexe rechtliche Rahmenbedingungen nur begrenzt zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Flugsicherung zur Erteilung von Verkehrsinformationen und Auswei- chempfehlungen stellt sich in der fliegerischen Praxis immer wieder als lückenbehaftet heraus. Beispielhaft sei an dieser Stelle die hohe Fre- quenzbelastung der FIS-Frequenzen an sonnigen Nicht jeder ist in der Luft für andere erkennbar, das Luft- Wochenenden, wodurch Verkehrshinweise oft gar lagebild für niemanden komplett. nicht mehr möglich sind. Aber auch in geschützten Lufträumen tritt dieses Auch in der, bislang nur in Deutschland existie- Problem immer wieder auf. Beispielhaft sei hier renden TMZ mit Hörbereitschaft, können Ver- der Luftraum um Regionalflughäfen genannt, die kehrsinformationen nur in Abhängigkeit von der oftmals durch eine TMZ (mit Hörbereitschaft) Arbeitslast des Fluglotsen gegeben werden. Die oder Luftraum Delta geschützt sind. Zwar besteht ist insbesondere in TMZ Lufträumen in der Um- hier für die Flugsicherung die Möglichkeit auch gebung von internationalen Flughäfen oder in VFR-Flüge anzusprechen, jedoch können sich die besonders stark frequentierten Flugsicherungs- Luftfahrzeuge verschiedener Kategorien meist sektoren nicht immer zuverlässig möglich. nicht gegenseitig elektronisch sichtbar machen. Die Expertengruppe für gefährliche Luftfahrzeug- Hier zeigt sich wie wichtig, eine standardisierte in- annäherungen in Deutschland untersucht solche teroperable Kollisionsvermeidung unter allen Luft- Fälle regelmäßig. Beispielhaft seien hier die Be- fahrzeugkategorien ist. Das gilt insbesondere für richte der APEG in den Airprox-Magazinen ge- Situationen in denen die Flugsicherung, wie in den nannt. dargestellten Beispielen oder generell bei VFR/VFR Konflikten, nicht eingreifen kann. Ein anderer Fall ereignete sich am 8. September Es zeigt sich also, dass die oben dargestellte For- 2018 beim Anflug einer Dornier 328-100 auf den derung der BFU, obwohl nur wenig beachtet, das Flughafen Mannheim (Az. BFU18-1373-7X). Von überlegene Prinzip darstellt: elektronische Kolli- Sylt kommend wird das Flugzeug vom Radarlot- sionsvermeidung muss unter allen Luftfahrzeug- sen zum Turmlotsen bereits weit vor Erreichen kategorien Bord-zu-Bord funktionieren, und dies der lateralen Grenze der Kontrollzone übergeben. insbesondere vor dem Hintergrund der Integra- Da der Lotse im Mannheimer Turm aber eine tion der unbemannten Luftfahrt in den Luftraum! entgegenkommende Piper PA-28 nicht sehen konnte, weil sein Radarbild nur die unmittelbare 3
Die heutigen Systeme Mode S, TCAS, FLARM Die heutigen Systeme Immer wieder ist die Rede von einer grundsätzlich Nicht minder wichtig zu erwähnen ist die Erneue- verpflichtenden Abstrahlung eines „klassischen“ rung der Ortungsinfrastruktur durch das Projekt Transpondersignals im Mode-S Band als zertifi- MaRS.3 zierte und somit realisierbare Lösung des Kollisi- onsproblems. Die Zukunftsfähigkeit dieser Tech- Im Rahmen dieses Projekts wird bereits mit dem nologie, insbesondere in der Allgemeinen Luft- Aufbau eines ADS-B Netzwerks für die Flugsiche- fahrt und im Luftsport, ist jedoch mehr als frag- rung in Deutschland begonnen. lich. Auch die Flugsicherung nutzt zusätzlich vermehrt Diese Bodeninfrastruktur ist essenziell für ein voll- weitere Systeme wie MLAT oder ADS-B. Das der- ständiges Luftlagebild bei der Flugsicherung, al- zeitige Flugverkehrsmanagement in Deutschland lerdings neben der Bord-zu-Bord Kommunikation benötigt zwar nach wie vor Daten von Primär- und der Luftfahrzeuge auch nur einer der Bausteine Sekundärradar zur Ausübung der Flugverkehrs- einer effektiven Kollisionsvermeidung. kontrolle, einige Staaten (u.a. Australien, USA, UK) verfügen jedoch teilweise schon über „ADS- Der Mode-S-Transponder B only“ Lufträume. In Deutschland schreiten die Modernisierung und Digitalisierung der Flugsicherung ebenfalls weiter Nachdem Anfang 2008 die Mode-S-Technologie voran. Bis zum Jahr 2024 möchte die DFS auch in für alle mit Transponder ausgestatteten Luftfahr- ihren Kontrollzentralen für den unteren Luftraum zeuge Pflicht geworden war, sahen sich viele Hal- das bisherige System Phoenix ausphasen und ter einer erheblichen Investition ausgesetzt. Nach- dem europäisch harmonisierten System iCAS er- dem einige ihre noch neuwertigen Mode-C-Trans- setzen. Dabei wird Phoenix in der örtlichen Flug- ponder entsorgen mussten, war das Thema emo- verkehrskontrolle erhalten bleiben. tional hoch belastet – und das ist es bis heute. 3 Modernisation and upgrade of existing radar infra- structure 4
Während der Luftfahrzeugführer nahezu keine Da diese Technologie nicht nur vergleichsweise Vorteile für sich erkennen konnte, lagen diese klar schwer, platz- und stromintensiv ist, sondern auf der Seite der Flugsicherungen, schließlich auch einer komplexen Zertifizierung unterliegend wurde nun bei jedem Antwortimpuls auch u.a. die und entsprechend teuer, wird sie mit nur wenigen Kennung des LFZ mitgesendet, was zu einer bes- Ausnahmen nicht in Leichtflugzeugen eingesetzt. seren Identifizierbarkeit auf den Radarschirmen Ein flächiger Einsatz würde darüber hinaus auch führte. Die Kosten für die Einrüstung hatten die die Frequenzbelastung potenzieren. Halter allein zu tragen, und die summierten sich schnell auf beachtliche vierstellige Beträge. Vor Traffic Alert and Collision Avoidance Sys- allem für ältere Segelflugzeuge, die auch in TMZ tem (TCAS) Lufträumen betrieben werden, glich das fast ei- nem wirtschaftlichen Totalschaden. TCAS ist ein in den 1980er Jahren eingeführtes Dabei war die Technologie zum Zeitpunkt der Ein- Kollisionswarnsystem, das seit dem Jahr 2000 im führung in Europa bereits veraltet. Sie fußt be- Zuständigkeitsbereich von Eurocontrol stufen- kanntlich auf dem in den 40er-Jahren des vorigen weise für bestimmte Luftfahrzeugkategorien ver- Jahrhunderts entwickelten Prinzip der Laufzeit- pflichtend wurde. Seit dem 1. Dezember 2015 messung. Eine Bodenstation sendet einen Abfra- müssen alle LFZ mit mehr als 19 Sitzen oder mehr geimpuls auf 1030 MHz, der vom Transponder auf als 5700 kg MTOW in Europa mit TCAS II Version 1090 MHz mitsamt aufmoduliertem „Squawk- 7.1 ausgerüstet sein.4 Code“ zurückgesendet wird. Da die möglichen 4.096 Codes im Luftraum über Europa bereits zu Engpässen führten, stellte die Mode-S-Technolo- gie einen willkommenen Ausweg dar: nun konn- ten viele Luftfahrzeuge denselben Code (z.B. MSCC 1000, Gruppensquawks bei FIS) nutzen und dennoch durch Übermittlung des Rufzeichens bzw. der Mode-S ID eindeutig identifizierbar blei- ben. Doch auch diese Technologie stößt an Kapazitäts- grenzen. Laut verschiedener Studien (u.a. DFS/Eurocontrol „CRISTAL“) sei die Frequenzbe- lastung für den Fall, dass an einem sonnigen Wo- chenende alle Luftverkehrsteilnehmer in Deutsch- land einen Transponder betreiben würden, so hoch, dass es zu erheblichen Störungen im Mode- S Band käme. Das liegt zum einen an der dann Neben dem zuvor beschriebenen Interrogator- aktiven Vielzahl der Mode-S Transponder, zum Prinzip ist das System in der Lage, eine Schutz- anderen auch an der Vielzahl der abfragenden Ra- zone rund um das Flugzeug zu bilden und bei Ein- daranlagen. dringen anderer LFZ mit aktiver Mode-C/S Ab- Wenn diese Technologie nun aber in der Allgemei- strahlung in den inneren Bereich („RA Region“) nen Luftfahrt zur Kollisionsvermeidung bspw. verpflichtende Ausweichanweisungen (nur verti- durch TCAS I/II oder ACAS genutzt werden sollte, kal) an die Besatzung zu erteilen. müsste jedes Luftfahrzeug nicht nur ein Antwort- Allein aus den Ausmaßen der Schutzzonenberei- gerät (Transponder) führen, sondern ebenfalls che lässt sich erkennen, dass das System bereits auch noch ein aktives Abfragegerät (Interrogator), konzeptionell nicht für die Kleinluftfahrt geeignet denn schließlich antwortet der Transponder nur sein kann. auf ebendiese Abfrageimpulse. 4 EU 1332/2011 5
ACAS X TCAS I gibt Verkehrshinweise über mit Trans- ponder ausgestatte Luftfahrzeuge Ein Nachteil bei den TCAS-Systemen besteht al- TCAS II gibt zusätzlich Ausweichempfehlun- lerdings gerade in deren festen und großen gen in vertikale Richtungen. Schutzzonen. Dringt ein LFZ in die innere Schutz- zone (+/- 500ft) ein, wird eine Resolution Advisory ACAS X ist der designierte Nachfolger von generiert. Dies führt immer wieder zu unnötigen TCAS II. Fehlalarmen, da TCAS bspw. VFR- und IFR-Flug- Resolution Advisory ist eine verpflichtende flächen nicht unterscheiden kann, die mitunter in automatische Ausweichempfehlung der „RA Region“ liegen können. Auch ist die volle Funktionalität nur gegeben, Traffic Advisory ist ein Verkehrshinweis über wenn sich zwei mit TCAS II ausgerüstete Lfz be- relevante Mode C/S Ziele gegnen. Die Einrüstung ist dabei Lfz vorbehalten, die bestimmte Kriterien erfüllen, so z.B. eine Min- deststeigrate von 2.500 fpm – dies schließt LFZ TCAS I ist eine, ursprünglich für die Allgemeine der Allgemeinen Luftfahrt ebenso aus wie viele Luftfahrt entwickelte, Version von TCAS. Hierbei zukünftige Drohnen. handelt es sich um ein aktives Kollisionswarnsys- tem, d.h. es werden Transponder anderer Luft- Diese Faktoren führten schließlich zum Entwick- fahrzeuge aktiv abgefragt. Damit lässt sich eine lungsprozess von ACAS X. recht akkurate Positionsbestimmung und Flug- Mit der Version ACAS XA soll ein System geschaf- wegvorhersage anderer Luftfahrzeuge im Um- fen werden, welches bei weiterer Nutzung der be- kreis bis zu 40nm erreichen. Die benötigte Hard- stehenden Hardware, v.a. in CS-25 Flugzeugen ware benötigt einen festen Einbauplatz im Luft- der Großluftfahrt, wie Antennen, Bordrechnern fahrzeug und eine externe Stromversorgung. Die und Anzeigen auch andere Sensoren als Quelle Kosten für ein solches System liegen bei ca. einbeziehen kann – wie z.B. ADS-B Daten – und 30.000€ pro Luftfahrzeug. gleichsam weniger Fehlalarme produziert. Im Kern berechnet das System nun die tatsächliche TCAS II eignet sich systembedingt nicht für den Wahrscheinlichkeit einer Kollision und ermittelt Einsatz in niedrigen Flughöhen, wie sie in der VFR- nach vorgegebenen Kriterien den optimalen Aus- Luftfahrt die Regel sind. So gibt TCAS II ab 1.000ft weichvorschlag. Weiterhin ist ACAS XA nicht mehr GND (+/- 100ft) keine Ausweichanweisungen ausschließlich auf das Interrogator-Prinzip ange- mehr aus und gibt ab 500ft GND auch keine akus- wiesen, sondern kann auch „Broadcast“-Informa- tischen Hinweise mehr über anderen Verkehr. tionen empfangen. Auch das Fehlen horizontaler Ausweichempfeh- Mit der Version ACAS XO soll auch eine Variante lungen macht TCAS II nicht hinreichend nutzbar. für den Flugbetrieb mit reduzierten Staffelungs- Die technischen Voraussetzungen für ein TCAS II werten unter bestimmten Bedingungen kommen. können in der Allgemeinen Luftfahrt und im Luft- sport nicht geschaffen werden, da dieses System Bemerkenswert ist ein in der Entwicklung befind- jeglichen annehmbaren Preisrahmen sprengt (bis licher Substandard namens ACAS XU, welcher für zu 150T€) und zusätzliche Hardware, wie bspw. die Nutzung von Drohnen gedacht ist und neben Radarhöhenmesser benötigt. dem vertikalen Ausweichmanöver auch ein hori- zontales, vorsorgliches Ausweichen ermöglicht. In der Vergangenheit befanden sich auch die Diese Entwicklung schreitet derzeit weiter voran. TCAS Versionen III & IV in der Entwicklung, die allerdings mit dem Aufkommen von ADS-B zu Der für die Nutzung in der Allgemeinen Luftfahrt Gunsten der Entwicklung anderer Systeme, wie gedachte Standard ACAS XP, der als passives Sys- ACAS X eingestellt wurde. tem ADS-B Sendungen auswertet, scheint hinge- gen derzeit nicht weiterentwickelt zu werden. 6
FLARM (FLight alARM) Hierbei handelt es sich um ein von der Schweizer Diese Positionsangabe ist für Luftfahrer beson- Firma FLARM Technology Ltd. ursprünglich für ders gut nutzbar, weil sie (nahezu in Echtzeit über- die Anwendung im Segelflug entwickeltes Sys- mittelt) geeignet ist, um intuitiv den Kopf in Rich- tem, welches in einem frei zugänglichen Fre- tung der erwarteten Position des anderen LFZ zu quenzband (868,2 und 868,4 MHz; industrial, sci- drehen und den visuellen Kontakt herzustellen. entific and medical radio band (ISM) / short-range device radio band (SRD)) arbeitet. Dieses Band Durch die gute Nutzbarkeit im Nahbereich und wird bspw. auch für diverse andere Anwendungen den geringen Stromverbrauch (im Vergleich zum (z.B. Garagentoröffner und Alarmanlagen) ge- Transponder), sowie den durch Batteriebetrieb nutzt. Laut Hersteller sind derzeit etwa 40.000 Ge- möglichen, mobilen Einsatz hat sich das System räte weltweit bei Drohnen, Luftfahrzeugen der All- vor allem innerhalb Europas zügig insbesondere gemeinen Luftfahrt und Luftsportgeräten im Ein- im Segelflugbereich durchsetzen können. satz. Dabei konzentriert sich die Verbreitung v.a. auf den europäischen Raum. Eine aktive Interoperabilität mit anderen Systemen ist bei FLARM jedoch nur begrenzt gegeben. Da Der Vorteil von FLARM liegt darin begründet, dass in den frei zugänglichen Frequenzen die Sende- es mit geringem Hardwareaufwand aktive Kollisi- leistung auf 25 mW begrenzt ist, eignet es sich onswarnung für den Luftsport Bord-zu-Bord er- allein nicht zur Signalübertragung auf größere möglicht, ohne einen Transponder und entspre- Distanzen (ca. 3km ClassicFLARM bzw. ca. 10km chende Flugsicherungsinfrastruktur. PowerFLARM, lt. Hersteller), bspw. zum Zweck FLARM sendet mind. sekündlich seine GPS-Posi- der Verkehrsinformation und Kollisionsvermei- tion sowie weitere Daten wie die Geschwindigkeit dung bei hohen Annäherungsraten. Diese Annä- aus. Befinden sich bspw. zwei Segelflugzeuge in herungsraten können auch im Luftraum E unter derselben Aufwindzone, empfängt das FLARM- FL100 bei 500kts (926km/h) bzw. ca. 8,3nm / Gerät in beiden LFZ das jeweils andere Gerät und 15,4km pro Minute und mehr liegen. interpretiert die eingehenden Signale, vergleicht Im Zeitalter der Smartphones darf auch die sie mit der eigenen GPS-Position und stellt das Komptabilität mit diesen Geräten nicht ganz außer relevanteste Ziel durch Relativangaben dar, also Acht gelassen werden. Laut Expertenmeinung z.B. so: kann das LTE-Band der Mobilfunkanbieter (852-862MHz) das SRD-Band stören5, so dass Anwendungen in diesem Frequenzband teilweise beeinträchtigt sein könnten.6 Eines der größten Mankos liegt im proprietär ver- schlüsselten Funkprotokoll der FLARM-Geräte, was dazu führt, dass Dritthersteller für eine Nut- zung des Systems Lizenzen des Rechteinhabers FLARM Technology Ltd. erwerben müssen. Dieser ändert in einem regelmäßigen Zyklus die Firmware, die auf den Geräten alle 365 Tage aktu- alisiert werden muss. Geräte ohne das (kosten- los) vom Rechteinhaber bereitgestellte Firmware- Update sind nach diesem Zeitpunkt nicht länger betriebsbereit. Bild: FLARM Technology AG, FLARM Anzeige Air Avionics ATD 5 6 „Stört LTE das 868-MHz-Band?“ Fachzeitschrift Elekt- FLARM Informationen zu verschiedenen Gerätever- ronik Ausgabe Oktober 2013 sionen 7
Durch die genannten Einschränkungen konnte PCAS XRX erkennt in einem Radius von ca. 6 Nau- sich FLARM in der Großluftfahrt nicht etablieren – tischen Meilen und einem Höhenband von +/- für eine solche Anwendung war es allerdings auch 2.500ft um das eigene Luftfahrzeug andere aktive nie gedacht. Dies führt jedoch dazu, dass bspw. Transponder. Das System ist mit einer richtungs- sensitiven Antenne ausgestattet und kann lt. Her- eine Boeing 737 im Anflug auf einen Regionalflug- stellerangaben die Richtung (+/- 22°), Entfernung hafen, die permanent Positionsdaten über Mode (+/- 0.2 NM) und relative Höhe (+/- 200ft) zu an- C/S und ADS-B sendet und empfängt, ein nur derem Flugverkehr mit aktivem Transponder aus- 500ft tiefer fliegendes Segelflugzeug, das nur mit geben. Dabei werden die drei nächsten Ziele auf FLARM ausgestattet ist, nicht auf ihren Anzeigen dem Gerät angezeigt. sichtbar machen kann. Andersherum gelingt dies Da PCAS selbst nicht sendet ist das eigene Luft- nur dann, wenn das FLARM-Gerät zusätzlich mit fahrzeug zur elektronischen Sichtbarkeit für ande- einem Mode-S und ADS-B Empfänger ausgerüs- ren Verkehr weiterhin auf einen Transponder oder tet ist. Die Geräteversion PowerFLARM zeigt andere Kollisionswarnsysteme angewiesen. Eine Transponderziele ohne ADS-B Abstrahlung, also Schnittstelle zu anderen Kollisionswarnsystemen reine Mode C/S Ziele, jedoch als sog. „bearingless wie bspw. FLARM besteht nicht. targets“ an. Dabei ist die Anzeige der Position des Der Hersteller stellte die Produktion von PCAS im anderen Verkehrs nicht genau, sondern nur auf Jahr 2013 ein, bis dahin wurde die aktuelle Ver- einer Kreisbahn mit ungefährem Radius auf sion für ca. 1.700€ vertrieben. Grundlage der Empfangsfeldstärke mit Höhendif- ferenz möglich. Im Gegensatz zu reinen FLARM Signalen, können diese Ziele in einem wesentlich Die bisher bestehenden Kollisionswarn- größeren Bereich angezeigt werden. technologien sind untereinander nicht voll kompatibel, sodass es sich jeweils In dem o.g. Beispiel ergibt sich der im BFU-Be- um isolierte Lösungen für bestimmte richt erwähnte Fall, dass zwar beide Luftfahrzeuge Nutzergruppen handelt. mit Kollisionswarngeräten ausgestattet sind, diese aber nicht untereinander kompatibel sind (Insellösungen) und damit die Anzeige nicht in Erkenntnisse zum Status quo beiden Cockpits erfolgen kann. Die dargestellten, fortschrittlichen Kollisionswarn- Die Kosten für ein portables (Power)FLARM Gerät systeme basieren allesamt auf dem regelmäßigen bewegen sich je nach Version von ca. 1.200€ bis Aussenden bzw. Empfang von Telemetriedaten ei- 2.400€. nes Flugzeuges wie GPS-Position, Höhe und Ge- schwindigkeit in Form der permanenten Ausstrah- PCAS XRX lung („Broadcast“). Die übertragenen Daten des sendenden Flugzeuges lassen dem Empfänger Das portable PCAS XRX (Portable Collision präzise, im Bordgerät erzeugte Warnungen unter Avoidance System) vom Hersteller Zaon Flight Berücksichtigung der voraussichtlichen Trajekto- Systems ist ein passives Kollisionswarngerät für rie ohne nennenswerte Verzögerung zu. Zur War- die Allgemeine Luftfahrt. nung vor Kollisionen ist dabei nicht nur das Aus- senden von Positions- und Zustandsdaten erfor- derlich, sondern auch Empfang und Darstellung der Daten umgebender Flugzeuge. Ein flächende- ckender Nutzen für die Luftfahrt entsteht in einem Netzwerkeffekt erst dann, wenn möglichst viele Flugzeuge in ein interoperables System integriert sind und die verwendeten Standards international kompatibel sind. 8
Bisherige Versuche der neuen elektronischen Kollisionsvermeidung Apps, LTE, OpenNetwork Bereits seit einigen Jahren engagieren sich einige Zweitens umging der Hersteller das Problem der Unternehmen in der Weiterentwicklung der bishe- fehlenden Nutzung der UAT-Frequenz, indem er rigen Möglichkeiten in der elektronischen Kollisi- eine eigene Frequenz etablierte. Gesendet und onsvermeidung. Die Ansätze sind dabei vielfältig empfangen wird auch hier im SRD-Frequenzband und sollen hier nicht abschließend aufgezählt wer- auf 869,5 MHz. Es handelt sich wie bei FLARM um den. Die meisten dieser Systeme basieren auf ein lizenzfreies „Jedermannband“, dessen Nach- dem Mobilfunknetz und GNSS, oder wie FLARM, teil zum einen in der begrenzten, zulässigen Sen- ebenfalls auf lizenzfreien Frequenzen. deleistung von 500mW (ggü. mind. 7W bei UAT- Sendern) liegt und zum anderen in der mangeln- Ein Beispiel dieser Entwicklungen ist das mit einer den Interkompatibilität mit zertifizierten Syste- App nutzbare System „PilotAware“. Hierbei han- men. Tatsächlich können nur Geräte dieses Her- delt es sich um ein Gerät, welches zu einem Ver- stellers mit heutigem Stand die Signale eines an- kaufspreis von derzeit ca. 250 EUR angeboten deren PilotAware-Senders empfangen, weil kein wird. Dieses System hat einen interoperablen An- anderer Hersteller entsprechende Empfänger in satz und kann neben Verkehrs- bspw. auch Wet- seine Geräte eingerüstet hat. terinformationen zur Verfügung stellen. Leider zeigen sich aber auch hier schon bekannte Dennoch ist das Konzept durch einige innovative Problemfelder: Erstens muss beim Hersteller – es Ideen interessant: So nutzt der Hersteller in Groß- handelt sich um ein britisches Start-Up – eine britannien das Netzwerk OGN, um Informationen jährliche Lizenz käuflich erworben werden7. Der zur ungefähren Position von Mode-S-Transpon- Hersteller geht also noch einen Schritt weiter als dern durch Multilateration zu gewinnen und zur FLARM, indem er die Nutzer nicht nur zwingt, Anzeige zu bringen. In 98,29% der Fälle gelang Software-Updates ausschließlich über ihn zu be- dies mit einer tatsächlichen Genauigkeit von unter ziehen, sondern auch jährliche Abonnements ab- 0,3 NM8, welches einen enormen Vorteil gegen- zuschließen, nach deren Ablauf das Gerät nicht über den heute verwendeten ungerichteten Warn- länger genutzt werden kann. Ein die Zuverlässig- anzeigen von Mode-S-Transpondern („bearing- keit des Systems beeinträchtigender Faktor. less targets“) in gebräuchlichen Warnsystemen, 7 8 PilotAware Lizenzerneuerung PilotAware Trial 9
wie z.B. PowerFLARM darstellt. Dies ist deshalb Reisehöhe sowie beim An- und Abflug von Lan- für eine mögliche Nutzung in Deutschland von be- deplätzen nutzbar“, folgert der Redakteur. Der sonderem Interesse, weil hier ein ebenso dichtes Vorteil: sowohl die App als auch der Datenabruf Netzwerk an OGN-Bodenstationen betrieben wird sind kostenlos, da das Ganze auf den Daten wie in Großbritannien. freier Netzwerke basiert. Wer zusätzlich Wetter- Dieses freie und offene Netzwerk (open source daten wie METAR möchte, muss allerdings zur community network) von Rechnern kombiniert die Pro-Version greifen, für die eine jährliche Nut- Positionsdaten verschiedener Datenquellen, wie zungsgebühr anfällt. z.B. FLARM, OGN tracker, PilotAware, SPOT, FA- NET (paragliders), Spidertracks, usw. und sendet Für den sicheren Zugriff auf Wetterdaten auch in den Datenstrom in Nahezu-Echtzeit weiter an ver- größeren Höhen bietet z.B. Moving Terrain ein schiedene Plattformen, wie z.B. flightradar24. Moving-Map-Display als Einbaulösung an, wel- ches bspw. aktuelle DWD-Radarbilder über eine Das zeigt, wie schon heute ein europaweiter Ser- Außenantenne empfängt, die sich mit einem Sa- ververbund technisch zu realisieren und mit ge- telliten verbindet (Iridium oder Thuraya). Über Iri- ringem Kostenaufwand zu betreiben ist. OGN dium empfängt auch das von Golze Engineering stellt daher den Prototyp der in der europäischen hergestellte ADL200 die DWD-Wetterdaten, ver- U-Space-Regulation geforderten „Common Infor- fügt aber zusätzlich über ein LTE-Modul, um diese mation Function“ (CIF) dar – und natürlich macht schneller und kostengünstiger hochzuladen, es Sinn, diesen Datenstrom zur Lösung der Kolli- wenn das Gerät eine Netzverbindung herstellen sionsvermeidungsproblematiken zwischen allen kann. Außerdem ist es in der Lage, ADS-B-Ver- Luftverkehrsteilnehmern im unteren Luftraum kehr zur Anzeige zu bringen. Der gewichtige gleich mit zu nutzen. Nachteil beider Lösungen: sie sind bereits in der Anschaffung nicht günstig und benötigen zudem Wie groß der Bedarf im Betrieb teure Iridium-Datenpakete. Hier wer- an im Flug zur Verfü- den bei regulärer Nutzung jährlich mehrere hun- gung gestellten Da- dert Euro fällig. Gleichwohl soll an dieser Stelle ten auch hierzulande eine Lanze für die Hersteller gebrochen werden: ist, zeigt sich durch sie haben die einzig mögliche Datenquelle ange- das heutige Angebot zapft, die im europäischen Luftraum zur Verfü- an im Cockpit nutz- gung steht, nämlich das Satellitentelefon – damit baren Anwendungen ergeht es uns nicht besser als Fliegern über der und Geräten. Einer- sibirischen Tundra oder dem südamerikanischen seits versuchen An- Regenwald! bieter wie Flyguide, Genau daran versucht sich auch der Berliner Her- Daten des OGN- steller Dacher Systems, dessen Ansatz „SkyNa- Netzwerks sowie des vPro“ eine App zur Kollisionsvermeidung mit der Opensky Netzwerks9 Bereitstellung von Wetter- und Verkehrsdaten an Smartphones und Tablets im Cockpit über über ein im Flugzeug eingebautes Modul verbin- das Mobilfunkmodul zu streamen, um ein mög- det. Doch abgesehen von den hohen Kosten für lichst umfassendes Luftlagebild zu bieten. Das die Datenpläne und den integrierten Satelliten- funktioniert auch recht gut, wie ein Test im aero- messenger (der benötigt wird wenn kein Mobil- kurier 9/2019 zeigte (S. 92 u. 93). „Einzig die Da- funknetz verfügbar ist) bietet der Hersteller mit tenübertragung im terrestrischen Mobilfunk bil- seiner „RedLine Box“ auch ADS-B-Empfang sowie det den Flaschenhals in dem System. Je nach ein komplettes, integriertes FLARM-Modul an. Netzabdeckung und Topographie bleibt eine Mo- Leider werden keine Daten des OGN- und O- bilfunkverbindung bei uns nur bis etwa 3.000 pensky-Netzwerks genutzt, um das Verkehrsbild Fuß stabil. Damit bleibt die App nur in geringerer zu komplettieren 9 OpenSky Network 10
Mobilfunk Die künftigen U-Space Service Provider sehen die Eine mobilfunkbasierte Lösung muss immer auf Grundlage für ihr Netzwerk, mit dem die Daten- einen Netzwerkknoten (Mobilfunkmast) zurück- versorgung von unbemannten Luftfahrzeugen im greifen, um Daten zwischen mehreren Teilneh- U-Space bis ca. 500ft GND sichergestellt werden mern auszutauschen. Das bietet sich für die be- soll, auch in der Mobilfunktechnologie LTE. Dar- mannte Luftfahrt jedoch nicht an, da die Kollisi- aus entstand der Gedanke die Allgemeine Luft- onsvermeidung auch bei fehlender Netzabde- fahrt ebenfalls mit Informationen über das Mobil- ckung funktionieren muss. Zudem erreichen auch funknetz zu versorgen. Dieser Ansatz greift für die in Deutschland motorisierte als auch nicht-moto- bemannte Luftfahrt jedoch zu kurz, da die Mobil- risierte Luftfahrzeuge Höhen deutlich über funknetze dafür wortwörtlich nicht ausgerichtet 10.000ft. Es ist auch nicht zu erwarten, dass ein sind. Grundsätzlich ist das 4G-Funknetz nur auf solches System für die Großluftfahrt Realität wer- die horizontale Ebene (Erdoberfläche), aber nicht den könnte. auf die vertikale Ebene (Luftraum) ausgerichtet. Daher ist das tatsächlich größte Funkloch gar Kollisionsvermeidung in der Luft darf auch nicht nicht im aktuellen Funkloch-Atlas der Bundesnetz- Hersteller-, Nationalstaaten- oder Providerabhän- agentur erfasst – und das ist nahezu der gesamte gig sein. Es liegt in der Natur der Sache, dass deutsche untere Luftraum. Flugzeuge der Allgemeinen Luftfahrt hoch, schnell und weit fliegen. Das Kollisionswarngerät eines Natürlich ist davon auszugehen, dass Drohnen in Motorflugzeugs muss auch beim Flug über Lan- ihren verschiedenen Ausprägungen auch Flughö- desgrenzen hinweg funktionieren. Genauso wie hen oberhalb der 500ft über Grund erreichen wer- es das bei Segelflugzeugen, die die Wintersaison den. Eine zuverlässige Mobilfunkversorgung in sogar auf der Südhalbkugel verbringen, der Fall diesem Bereich macht jedoch eine vertikale Ab- sein muss. Kurzum: Ein System muss in Europa, strahlung des LTE-Netz unbedingt erforderlich den USA und ebenso in Australien oder Südafrika und auch um eine aktive Interaktion mit den Ge- funktionieren. räten der bemannten Luftfahrt (ACAS) wird man Ebenso wichtig wie die Interoperabilität, ist die zu- in größeren Höhen wohl nicht herumkommen. verlässige und freie Verfügbarkeit der Daten. Ne- ben einigen Systemen, die auf dem SRD-Band ba- Im Rahmen des Projekts SESAR 2020 Solution sieren, wäre eine solche Mobilfunklösung nur PJ14-02-05 wurde von DFS und Deutscher Tele- über kostenpflichtige Abonnements zugänglich. kom die Machbarkeit bereits untersucht: Eine flä- Die Sicherheit im Flug darf aber keinesfalls von chendeckende Versorgung mit LTE bis ca. einer Monetarisierung der flugsicherheitsrelevan- 10.000ft Flughöhe wäre in Deutschland möglich, ten Daten beeinträchtigt sein. Damit wäre in wenn Mobilfunkmasten in entsprechender Anzahl Deutschland neben Sichtflugkarten, NfL und Flug- für die vertikale Abstrahlung ausgerüstet würden. wetterzugang ein weiteres Abonnement fällig – Die über diesen Dienst im Flug oder per „Pre- während diese Produkte in unseren europäischen Load“ am Boden zur Verfügung gestellten Daten Nachbarstaaten überwiegend kostenlos zur Verfü- entsprächen dabei den Services TIS-B und FIS-B. gung gestellt werden. Solch ein Modell würde Dieses Projekt soll jedoch zunächst nicht weiter- Verbreitung und Akzeptanz einschränken und verfolgt werden. auch der staatlichen Daseinsfürsorge für die Si- cherheit im Luftverkehr widersprechen. Selbst bei Realisierung eines solchen Systems Ein solches System ist also technisch realisierbar, würde eine Abdeckung bis 10.000ft für eine in- jedoch für die Allgemeine Luftfahrt nicht geeignet. teroperable Kollisionsvermeidung aller Luftfahr- zeugkategorien nicht ausreichend sein und den Über ein mobilfunkbasiertes System könnte also bevorzugten Grundsatz der direkten Bord-zu-Bord eine weitere Insellösung entstehen, die nur sehr Kommunikation außer Acht lassen. begrenzt Wirkung zeigen könnte. 11
ADS-B Moderne Kollisionsvermeidung für die Luftfahrt Die vielfach aufgeworfenen Probleme in der elekt- ronischen Kollisionsvermeidung finden einen Lö- sungsansatz in dem schon lange Zeit in der Evo- lution befindlichen Standard ADS-B. Dieser neue Grundsatz in der Flugüberwachung setzt sich im- mer mehr durch und ist in Teilen schon als inter- nationaler Standard gesetzt. Bislang jedoch findet ADS-B in Europa keine aus- reichende Verbreitung in der Allgemeinen Luft- fahrt in Form eines einheitlichen und auf diese Nutzergruppe zugeschnittenen Standards. Zwar gilt im EASA-Gebiet eine Pflicht zur Ausrüstung Konflikte auch innerhalb des Flugbetriebs der All- mit ADS-B Technologie ab Ende 2020, jedoch nur gemeinen Luftfahrt und im Luftsport vermehrt zei- für alle Flugzeuge schwerer als 5,7t MTOW oder gen kann. schneller als 250kts Reisegeschwindigkeit. Die Allgemeine Luftfahrt benötigt dringend ein modernes System zur verlässlichen Kollisionsver- Nahezu sämtlicher Sichtflugverkehr ist von dieser meidung, das mit allen Teilnehmern am stetig Ausrüstungspflicht folglich nicht betroffen. Dabei wachsenden Luftverkehr interagieren kann. ist zu berücksichtigen, dass durch den zukünftig vereinfachten Zugang zur Instrumentenflugbe- Die Verbreitung von ADS-B wird weiter voran- rechtigung10 für Privatpiloten und der steigenden schreiten und vielfältige Optionen eröffnen. Dabei Anzahl von RNP-Verfahren an Verkehrs- und Son- ist es wichtig, dass die Allgemeine Luftfahrt und derlandeplätzen, sich das Problem der VFR/IFR der Luftsport Teil der Evolution von ADS-B sind. 10 EASA RMT.0677 12
Extended Squitter (1090ES) Der „Extended Squitter“ ist eine erweiterte Funk- Leider sind nicht alle der in Kleinflugzeugen ab tion eines klassischen Mode-S Transponders. Ein 2008 eingerüsteten Mode-S Transponder mit ei- „Squitter“ ist vereinfacht ausgedrückt ein periodi- ner ES-Schnittstelle ausgestattet und damit nicht scher Sendezyklus eines Transponders, ohne zu- ADS-B-fähig oder müssen einem entsprechenden vor durch einen Interrogator abgefragt worden zu Upgrade unterzogen werden. Dabei ist die nötige sein. zuverlässige Positionsdatenquelle (GNSS) ein Während ein Mode-C Transponder nur 3 Parame- nicht zu unterschätzender Faktor, falls diese nicht ter während eines Sendeintervalls übertragen bereits in der Avionik vorhanden ist. konnte, waren es bereits 7 beim Mode-S-Trans- Eine Neueinrüstung eines solchen Transponders ponder. Der Extended Squitter sendet 49 Parame- schlägt mit einigen Tausend Euro Beschaffungs- ter in derselben Zeit. und weiteren Installationskosten zu Buche und kommt daher meist nur in Einzelfällen in Betracht. Damit kann ein entsprechend befähigter Trans- ponder auf der Frequenz 1090 MHz („1090ES“) Da auch diese Geräte auf der Frequenz 1090 MHz neben den bisherigen Parametern wie LFZ-Ken- mit vergleichsweise hoher Leistung senden, nung, Druckhöhe usw. jetzt erstmals auch seine würde eine größere Verbreitung weiter zur Ver- GPS-Position und Flugrichtung sowie -geschwin- schärfung der Frequenzbelastung in Europa füh- digkeit übertragen. Somit wird auch das Laufzeit- ren und in nicht motorisierten Luftfahrzeugen messungs-Prinzip prinzipiell obsolet und ein akti- nach wie vor eine zusätzliche Stromversorgung ves Abfragen durch einen Interrogator oder bo- notwendig machen. dengebundene SSR-Stationen kann unterbleiben. Jeder, der nun eine geeignete Antenne betreibt, ADS-B In bezeichnet den Empfang und die kann die Position des aussendenden LFZ unmit- Auswertung von ADS-B Signalen telbar und nahezu in Echtzeit zur Anzeige bringen. ADS-B Out sendet Informationen des eigenen Luftfahrzeugs an andere Luftverkehrsteilneh- mer und Bodenstationen. Universal Access Transceiver (UAT) Da die sehr hohen Anforderungen an die Zertifi- zierung eines 1090ES Transponders, vor allem in der VFR-Luftfahrt, nicht überall benötigt werden und sich nicht alle günstigen und älteren Trans- ponder auf „Extended Squitter“ aufrüsten lassen, Abb.: Online-Netzwerk "flightradar24.com" mit Anzeige stehen als Alternative die Universal Access ADS-B emittierender LFZ Transceiver bereit. Diese universalen Sende- /Empfangsgeräte übernehmen anstelle des Dies stellte eine Neuerung dar, da zur Anzeige ei- 1090ES Transponders die ADS-B (In & Out) Funk- nes Luftlagebildes erstmals kein Datenstrom von tion. Seiten einer umfangreichen Radar Sensorik be- Über einen UAT lassen sich also ADS-B Dienste treibenden Flugsicherungsorganisation mehr er- empfangen, sowie die Informationen über das ei- forderlich war. Allerdings traten auch daten- gene Luftfahrzeug senden. schutzrechtliche Bedenken auf, können doch fast Dabei muss grundsätzlich zwischen verschiede- vollständige Bewegungsprofile von Luftfahrzeu- nen Ausrüstungsvarianten der UATs unterschie- gen durch Jedermann erstellt werden. den werden. 13
Da ADS-B für die Positionsbestimmung ein Dafür ist beispielgebend der mit einer integrierten GNSS-Signal benötigt, muss ein UAT auf einen SIL1 GNSS Quelle ausgerüstete Transceiver entsprechenden zuverlässigen und präzisen Sen- „SkyEcho 2“ des britischen Herstellers uAvionix 12 sor zugreifen können. Dazu können UATs über ei- nen bereits integrierten WAAS- bzw. EGNOS-fähi- Bei diesem Gerät handelt es sich um einen gen GNSS-Sensor verfügen. Transceiver der ADS-B Daten auf 1090MHz sen- Ebenso ist es möglich eine bereits im Flugzeug det (ADS-B Daten von Luftfahrzeugen auf vorhandene zuverlässige GNSS-Quelle mit WAAS- 978MHz können in Europa von der Flugsicherung Fähigkeit zu nutzen. Diese Vorgabe erfüllen z.B. und den meisten anderen Luftfahrzeugen noch Geräte wie Garmin GNS430W/530W, GTN650/750 nicht empfangen werden) und auf 978MHz Infor- oder Avidyne IFD440/540/550. mationen empfängt. Dieses Gerät beruht auf den Anforderungen der britischen CAA CAP 1391 und UATs finden sich sowohl als portable Geräte wie darf seit dem 19. Dezember 2019 in Großbritan- auch als Festeinbauten. nien auch gleichzeitig neben einem Mode-S Transponder betrieben werden.13 Darüber hinaus bieten bereits heute verschiedene Derzeit wird dieses Gerät für ca. 500€ vertrieben. Hersteller eine Vielzahl an Zusatzfunktionen zu ih- ren Geräten an. Das sind u.a. Bluetooth oder WiFi Die FAA-zertifizierte UAT-Version dieses Modells Schnittstellen, mit denen sich empfangene Infor- verfügt aufgrund der vorhandenen Infrastruktur in mationen auf Tablets und Smartphones übertra- den USA über einen 978MHz Transceiver und gen lassen. Weitere Hersteller rüsten ihre Geräte 1090MHz Empfänger. mit weiteren nützlichen Funktionen aus oder in- tegrieren ihre Geräte innovativ in andere Bauteile Weitere Hersteller sind an der Entwicklung sol- von Luftfahrzeugen, bspw. in die Beleuchtungs- cher Geräte interessiert, so nahm bspw. die Firma einrichtungen und sparen so Gewicht und Instal- funke Avionics mit eigenen Prototypen am Project lationsaufwand.11 EVA der britischen NATS teil, um die Praxistaug- lichkeit von ECD Systemen zu untersuchen. In den USA gibt es bereits eine Vielzahl an zertifi- zierten Systemlösungen der bekannten Hersteller Auf ADS-B im 978MHz-Kanal basierende ECD bie- wie Garmin, BendixKing, TrigAvionics oder uAvio- ten offensichtlich eine gute Lösungsmöglichkeit nix. ADS-B Systeme, die auf UAT basieren, dürfen die Allgemeine Luftfahrt mit interoperablen Kolli- dort für VFR- und IFR-Verkehr bis zur Transition sionswarnsystemen zu moderaten Kosten auszu- Altitude in 18.000ft genutzt werden. statten. Electronic Conspicuity Device (ECD) ECD ist ein Sammelbegriff für eine Vielzahl von unterschiedlichen (auch nicht zertifizierten) Gerä- ten zur elektronischen Kollisionsvermeidung. Dem zertifizierten UAT am nächsten sind dabei Geräte, die auf ADS-B basieren und sich um- Li: UAT Modul, re.:ECD SkyEcho der Firma uAvionix gangssprachlich wohl am besten als „UAT Light“ Bilder: uAvionix beschreiben lassen. 11 13 uAvionix Skybeacon uAvionx CAA Approval 12 uAvionix Skyecho 14
ADS-B In Device Des Weiteren sind auch reine ADS-B Empfänger doppelten Zieldarstellungen (DUPLI) führen. Wei- bereits seit längerer Zeit am Markt erhältlich. terhin kann es bei lokalen Ansammlungen von Diese bieten ebenfalls eine Vielzahl von Zusatz- SSR-Zielen (bspw. Formationen, Wettbewerbsfel- funktionen, wie beispielsweise integrierte CO-De- der) durch Abfragen von einer oder mehreren tektoren oder AHRS im System des Herstellers SSR-Anlagen zu den bekannten FRUIT oder Sentry.14 GARBLING Effekten kommen. Diese Geräte eignen sich jedoch als Stand-Alone Das Mode-S Band ist auch nicht für eine Belas- Lösungen nicht zur umfassenden Kollisionsver- tung durch alle Luftfahrzeuge und Luftsportgeräte meidung, da nur Daten empfangen werden, nicht ausgelegt. Zu diesem Schluss kam auch eine Ar- jedoch die eigene Luftfahrzeugposition gesendet beitsgruppe des BMVI im Jahr 2019. Ebenfalls zu wird. Um hier eine interoperable Kollisionsvermei- den Nachteilen muss auch die höhere Fehleran- dung zu ermöglichen sind weiterhin ein (ADS-B fälligkeit z.B. durch Wetterphänomene wie Eis, Out-fähiger) Transponder und andere Geräte nö- Starkregen oder Sturm gezählt werden. tig. Der Vorteil von ADS-B im Vergleich liegt in der ADS-B und Radarinfrastruktur zyklischen automatischen Abstrahlung von Luft- fahrzeuginformationen. Somit ist nicht nur ein Um den maximalen Nutzen aus ADS-B ziehen zu Livebild der Luftlage mit exakter lateraler GNSS- können ist die Errichtung einer flächendeckenden basierter Positionsbestimmung fern der Update- Bodeninfrastruktur mittelfristig unumgänglich. rate von SSR-Anlagen möglich. Durch den Entfall von Abfrageimpulsen und Laufzeitmessung der Die Infrastruktur der Flugsicherungen wird bereits allmählich auf ADS-B aufgerüstet. Allerdings möchte man in Europa bisher auch langfristig nicht auf die Abdeckung durch Sekundärradar verzichten. Der Vorteil des Sekundärradars (SSR) besteht da- rin, dass das Luftfahrzeug keine externe Daten- quelle (GNSS) zur Positionsbestimmung zur Ver- fügung stellen muss. Die Berechnung der Position erfolgt durch Laufzeitmessung zwischen Trans- ponder und Radarstation, sowie Erfassung des la- Bodenstationen erübrigen sich auch die genann- teralen Winkels und ggf. Korrektur der Schrägent- ten Fehlereffekte von Sekundärradar. Da eine fernung. Diese recht simple Art der Ortung bringt ADS-B Bodenstation im Wesentlichen nur aus allerdings auch weitere bekannte Nachteile mit Stabantennen und einem Server besteht, ist die- sich: So können Luftfahrzeuge nur im Bereich der ses Konstrukt auch wesentlich weniger anfällig „Radarkeule“ erfasst werden. Außerhalb dieses gegenüber extremen Wetterbedingungen. ADS-B eng begrenzten Erfassungsbereichs können Luft- Bodenstationen können darüber hinaus auch mo- fahrzeuge im Schweigekegel, Radarschatten oder bil eingesetzt werden und benötigen keine vorhe- unter dem Radarhorizont nicht erfasst werden. rige Flugvermessung. Das erleichtert die Luft- Zudem liegt das Updateintervall des Luftlagebil- raumüberwachung bspw. bei Ausfall von Anlagen des der meisten SSR-Anlagen bei 6 Sekunden oder in der Umgebung von Katastrophengebieten oder mehr. Das kann insbesondere bei schnellen Richtungswechseln von Luftfahrzeugen bspw. zu 14 Senty ADS-B Receiver 15
oder um andere besonders schutzbedürftige Er- Dabei sind auch Datenquellen außerhalb der eignisse. ANSP in Betracht zu ziehen. So sollen bspw. die Betreiber von bestimmten Windkraftanlagen gem. Den mobilen Einsatz eines ADS-B Transceivers in § 9 Abs. 8 EEG 2017 in Zukunft verpflichtet wer- Deutschland demonstrierte bereits Garmin erfolg- den, technische Einrichtungen für deren bedarfs- reich im Jahr 2019 für mehrere Monate im Rah- gesteuerte Nachtkennzeichnung (BNK) vorzuhal- men der Luftfahrtmesse AERO.15 ten. Darüber hinaus sind ADS-B Bodenstationen we- Erste Betreiber halten bereits Multi-Sensorsys- sentlich kostengünstiger zu errichten und zu Be- teme vor, um ein präzises Verkehrslagebild rund treiben als Radaranlagen. Laut der nationalen um ihre Windkraftanlagen zu erzeugen.16 Sie nut- Flugsicherung Airservices Australia liegen die zen hierzu neben der Auswertung von Mode-S Kosten einer ADS-B Station bei ca. einem Zehntel Transpondersignalen u.a. auch ADS-B Signale. verglichen mit einer Radaranlage. Als Nebeneffekt kann dadurch ein weit gespann- Gleichwohl sind die Flugsicherungsdienstleister tes Netz an bodengebunden Transceivern entste- primär an einer zuverlässigen ADS-B Abdeckung hen und sich damit hervorragend als zuverläs- im Bereich der IFR-Flugführung interessiert. Das sige komplementäre Datenquelle eignen. Das schließt den unteren Luftraum bis mindestens gilt insbesondere für den unteren Luftraum, der 2.000ft GND in weiten Teilen aus. für eine flächendeckende Versorgung mit ADS-B ein weit verzweigtes Netz benötigt. Da diese Um eine effektive Kollisionsvermeidung in der All- Windkraftanlagen auch in exponierten Lagen zu gemeinen Luftfahrt und im Luftsport zu erreichen, finden sind (bspw. Bergkämme) können mit den ist auch dieser untere Bereich des Luftraums von Transceivern selbst Radarhorizonte oder Abschat- immenser Bedeutung, da sich ein bedeutender tungen überbrückt werden. So könnte selbst die Teil des VFR-Flugbetriebs dort abspielt. In diesem Luftfahrt, aus der oftmals nicht ganz unproblema- Höhenbereich findet der Platzrundenbetrieb an tischen Koexistenz mit den Windkraftanlagen, ei- Flugplätzen statt, operieren Luftfahrzeuge von nen großen Nutzen ziehen. Rettungsdiensten, Polizei sowie Militär und auch Reise-, Rund und Fotoflüge sind dort genauso un- terwegs wie Kunstflugzeuge oder Ballone. Deshalb ist zum einen die Bord-zu-Bord Kommu- nikation von Kollisionswarngeräten wichtig, zum anderen müssen aber auch relevante Daten der Bodenstationen empfangen werden können. Dazu wird auch im unteren Bereich des Luftraums ein lückenloser ADS-B Empfang nötig. Eine ausreichende Versorgung allein durch die Neben den Windkraftanlagen eignen sich potenzi- Flugsicherungsdienstleister ist in diesem Bereich ell auch Verkehrs- und Sonderlandeplätze als nicht zu erwarten. Daher müssen weitere Daten- ADS-B Infrastruktur. Schon heute nutzen in quellen erschlossen werden, die bereits jetzt po- Deutschland einige Flugplätze als Informations- tenziell verfügbar sind. Die zu erwartende Fülle an quelle frei zugängliche Quellen wie Flightradar24 zu übermittelnden Informationen und die kurzen oder OpenGliderNetwork oder eigene Empfangs- Update-Intervalle sprechen für eine umfassende, stationen die ADS-B, FLARM und Mode S Signale providerübergreifende Lösung. darstellen. In Großbritannien wurden ADS-B Sta- tionen an Flugplätzen der Allgemeinen Luftfahrt bereits umfangreich getestet. 15 16 Garmin UAT zur AERO 2019 BNK Konsortium 16
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