Kologische Steuerreform: Zu viele Illusionen
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Frankfurter Institut Stiftung Marktwirtschaft und Politik Nr. 63/Juni 1999 Argumente zu Marktwirtschaft und Politik Ökologische Steuerreform: Zu viele Illusionen Juergen B. Donges, Johann Eekhoff Martin Hellwig, Wernhard Möschel Manfred J.M. Neumann, Olaf Sievert (Kronberger Kreis) Zum 1. April 1999 ist das Gesetz Zum Kritik gestoßen. Um so wichtiger ist es, externe Kosten der Umweltbelastung den Einstieg in die ökologische Steuerreform in sich im Hinblick auf die nächsten Schritte Verursachern angelastet werden. Dies senkt Kraft getreten. Die Mineralölsteuer ist um noch einmal mit dem Grundkonzept dieser die Kosten der Güter, deren Produktion sechs Pfennige pro Liter erhöht worden, die Steuerreform auseinanderzusetzen. nicht mit einer Beeinträchtigung der Um- Heizölsteuer um vier Pfennige pro Liter und welt verbunden ist, relativ zu denen, die die Gassteuer um 0,32 Pfennige pro KWh; die Umwelt belasten. Werden Produktion neu eingeführt wurde eine Stromsteuer in und Konsum an diese Veränderung der Ko- stenstruktur angepaßt, so ergibt sich für Höhe von zwei Pfennigen pro KWh. Gleich- zeitig ist der Beitrag zur Rentenversiche- Zur Idee der Ökosteuer die Gesellschaft insgesamt bei Berücksich- rung um 0,8 Prozentpunkte verringert wor- tigung der besseren Umweltqualität ein hö- den. Für das Produzierende Gewerbe und Die meisten Umweltpolitiker, aber auch heres Wohlstandsniveau. die Landwirtschaft wird die Steuererhöhung viele Finanzpolitiker und Wissenschaftler, auf ein Fünftel der Regelbelastung be- beurteilen Ökosteuern grundsätzlich positiv. Zu beachten ist, daß die Wohlstandssteige- grenzt. Außerdem kann diesen Unterneh- Zumal die Besteuerungsidee ist wenig strei- rung durch eine Änderung der Steuerstruk- men auf Antrag die zusätzliche Steuer er- tig. Bei fast allen Steuern sind die Aus- tur zustande kommt. Die zusätzlichen Ein- stattet werden, soweit sie in einem Jahr weichreaktionen der Betroffenen, etwa ein nahmen aus der Ökosteuer müssen mit ei- den Betrag von 1.000 DM je Energieart Abwandern in die Schwarzarbeit, gesamt- ner Senkung anderer Steuern, z.B. der Ein- übersteigt. Dieser Betrag wird allerdings wirtschaftlich unerwünscht, bei einer Um- kommen- und Körperschaftsteuer, verbun- nur erstattet, soweit er über das 1,2-fache weltsteuer dagegen sind sie erwünscht. den werden, so daß die Reform die gesam- des Betrages hinausgeht, um den sich für Dem Wesen einer Lenkungssteuer entspre- te Steuerbelastung nicht erhöht. Soweit die das Unternehmen der Arbeitgeberanteil an chend sorgt die Umweltsteuer dafür, daß anderen Steuern, die gesenkt werden, ihrer- den Rentenversicherungsbeiträgen durch die Kosten der Umweltbelastung den Verur- seits effizienzschädlich sind, erhöht sich den verringerten Beitragssatz ermäßigt. sachern angelastet werden. Diese werden noch der wohlfahrtssteigernde Effekt der dadurch veranlaßt, die Kosten der Umwelt- Ökosteuerreform. Wie die Ökosteuer und die Sozialversiche- belastung in ihren Entscheidungen zu be- rungsbeiträge in den nächsten zwei Schrit- rücksichtigen und umweltbelastende Emis- Die theoretisch möglichen Vorteile einer aufkommensneutralen, ökologisch orientier- Die theoretisch möglichen Vorteile sind nur ten Steuerreform sind allerdings mit dem neuen Gesetz nur schwer zu realisieren: schwer zu realisieren Die Steuertatbestände knüpfen nicht an der Emission von Schadstoffen an, namentlich ten verändert werden sollen, ist noch nicht sionen dementsprechend zu verringern oder der Emission von CO2, sondern am Ver- festgelegt. Die Bundesregierung hat ange- zu vermeiden. Eine ökologisch orientierte brauch von Energieträgern beziehungsweise kündigt, daß die Sozialversicherungsbeiträ- Steuerreform soll effizienzschädliche Steu- am Verbrauch von Strom. Die mit verschie- ge in drei Schritten auf weniger als 40 Pro- ern wie die Einkommensteuer oder Körper- denen Energieträgern verbundenen Bela- zent der Bruttolöhne gesenkt werden sol- schaftsteuer durch effizienzsteigernde Steu- stungen der Umwelt sind aber ganz unter- len. Der Einstieg in die Reform ist auf viel ern ersetzen, also durch Steuern, mit denen schiedlich. Eine Besteuerung, die diesen
Seite 2 Argumente zu Marktwirtschaft und Politik Nr. 63/Juni 1999 Ökologische Steuerreform: Zu viele Illusionen Unterschieden nicht Rechnung trägt, steht produktion hat dann einschließlich der eine Reduktion geben wird. Soweit die Öko- kaum in Übereinstimmung mit der eigentli- Umweltqualität einen höheren Nutzen als steuer die Wettbewerbsfähigkeit umweltbe- chen Besteuerungsidee. die vorherige. Das wäre ein Wohlstandsge- lastender Produktion in Deutschland beein- winn durch eine bessere Anlastung von trächtigt, kommt es zu einer Produktions- Ein noch größeres Problem liegt darin, daß Umweltkosten, die erste Dividende oder verlagerung in andere Länder, sei es durch die zusätzliche Steuer nur in Deutschland Umweltdividende. entsprechende Standortentscheidungen erhoben wird. Ein nationaler Alleingang ist deutscher Unternehmen, sei es durch eine problematisch, unter Umständen sogar Sollen bei dem nötigen und gewollten Verdrängung deutscher Unternehmen im kontraproduktiv. Von den Verfechtern des Strukturwandel negative Rückwirkungen an Wettbewerb auf dem Weltmarkt. Soweit an Einstiegs in die ökologische Steuerreform anderer Stelle, vor allem negative Rückwir- diesen anderen Standorten auch andere, wird trotzdem eine doppelte Dividende kungen auf die Beschäftigung, vermieden gegebenenfalls sogar umweltschädlichere versprochen, nämlich eine wohlstandsstei- werden, so darf er nicht durch irgendwel- Produktionsverfahren verwandt werden, ist gernde Verbesserung der Umweltqualität che Starrheiten behindert werden. Preise nicht auszuschließen, daß die Gesamtbela- und eine höhere Beschäftigung. Das läßt und Löhne müssen sich flexibel an die neue stung der Umwelt weltweit sich bei einem sich unter den genannten Umständen nicht Situation anpassen, und die Mehrbelastung deutschen Alleingang sogar vergrößert. begründen. durch Energiesteuern muß durch eine Ver- ringerung anderer Steuern ausgeglichen Die Bemühungen um weltweit abgestimmte werden. Sind diese Bedingungen nicht er- Umweltmaßnahmen zeigen, daß diese Zu- Umweltdividende der füllt, so können die negativen Rückwirkun- gen, etwa auf die Beschäftigung, die Um- sammenhänge bekannt sind. Es ist unzu- lässig, den Eindruck zu erwecken, eine im Ökosteuer im nationalen welteffekte mehr als aufwiegen. nationalen Alleingang eingeführte Ökosteuer Alleingang nicht zu oder Energiesteuer bringe den Menschen in Im Falle der jetzt beschlossenen Reform Deutschland einen Wohlstandsgewinn. Tat- verwirklichen wird die erste Dividende der Ökosteuer für sächlich muß die Bevölkerung einen Wohl- die deutschen Bürger allerdings bereits des- standsverlust hinnehmen; die realen Ein- Eine gute Umwelt ist ein wertvolles Gut. halb negativ sein, weil nicht dafür gesorgt kommen fallen geringer aus, selbst unter Aber eine Verbesserung der Umweltqualität wird, daß andere Länder mit gleichen oder Berücksichtigung der möglicherweise ver- ist wie der Mehrkonsum eines anderen Gu- ähnlichen Maßnahmen zur Verbesserung besserten Umweltqualität. tes mit Kosten verbunden. Unternehmen des Klimas beitragen. Bei einem nationalen müssen zusätzliche Ressourcen zum Bei- Alleingang ist zu erwarten, daß für die Es wird mit einem gewissen Recht gefor- spiel Filter, Reinigungsanlagen, kurz: teure- deutschen Bürger die Kosten der Ökosteuer dert, die reichen Industrieländer sollten, re Produktionstechniken einsetzen, und höher sind als der Nutzen. Der Grund liegt um die Klimaverbesserung in der Welt vor- die Verbraucher müssen Güter, deren Her- darin, daß der Nutzen einer Klimaverbesse- anzubringen, mit gutem Beispiel vorange- stellung unter den neuen Regeln höhere Ko- rung nur zu etwa vier Prozent in Deutsch- hen. Eine solche Vorreiterrolle hat aber ihre sten verursacht, teurer bezahlen oder deren Konsum einschränken. Die Verheißung lau- tet: Wenn die bisherige Preisverzerrung be- Die Vorreiterrolle in der Umweltpolitik hat ihre hoben wird, wenn es wirtschaftlich attrak- Tücken tiver wird, die Umweltqualität zu schonen, verändert sich die Produktions- und Kon- land und zu rund 96 Prozent in der übrigen Tücken; sie erschwert internationale Ab- sumstruktur zugunsten einer besseren Um- Welt anfällt. Die Kosten dagegen müssen sprachen. Bewirkt die deutsche Ökosteuer welt. Das ist von Vorteil, solange der Wert in vollem Umfang in Deutschland getragen eine Verlagerung energieintensiver Produkti- der Umweltverbesserung höher eingeschätzt werden. Man müßte die extreme Vorstel- on in ein anderes Land, so werden dort die wird als die Kosten in Gestalt des Ver- lung haben, in Deutschland überstiegen Kräfte gestärkt, die eine Ökosteuer ableh- zichts auf jenen Teil der gesamtwirtschaftli- schon vier Prozent der Nutzen 100 Prozent nen. Das Vorangehen eines Landes ver- chen Produktionswerte, der wegen der ver- der Kosten, um zu einer positiven Bewer- schafft den übrigen Ländern kostenlose schärften Rücksichtnahme auf die Umwelt tung zu kommen. Vorteile. Je weiter ein Land vorangeht, um und der dabei absorbierten Ressourcen so größer werden diese Vorteile der ande- nicht mehr erstellt werden kann. Eine ver- Im übrigen impliziert die Reduktion um- ren Länder, und um so schwerer ist ein nünftige Ausgestaltung der Ökosteuer nebst weltbelastender Produktion im nationalen Nachziehen zu erreichen, weil die zwi- vernünftiger Festsetzung der Steuersätze si- Alleingang in Deutschland nicht notwendi- schenzeitlich erzielten Vorteile wieder auf- chert diese Bedingung. Die neue Gesamt- gerweise, daß es auch weltweit gesehen gegeben werden müssen.
Argumente zu Marktwirtschaft und Politik Seite 3 Nr. 63/Juni 1999 Ökologische Steuerreform: Zu viele Illusionen werden, daß die Nettolöhne der Arbeitneh- träge als Vorabgewinn zu betrachten, der mer unverändert bleiben. Eine Verminde- die Basis für weitere Verhandlungen be- Zweite Dividende rung der Arbeitskosten braucht man, um stimmt, ohne Rücksicht darauf, daß zusätz- wahrscheinlich ebenfalls einen Ausgleich zu haben für die Anhe- liche Arbeitsplätze eine Senkung der Ar- negativ bung der Energiekosten. Eine Erhöhung der Energiekosten ohne eine gleichzeitige beitskosten der Unternehmen erfordern. Darüber hinaus scheinen sie die Senkung entsprechende Senkung der Arbeitskosten der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversiche- Neben der Verbesserung der Umweltsituati- kann bewirken, daß die Anreize, relativ ar- rung sogar als zusätzlichen Spielraum für on ist ein erklärtes Ziel der Steuerreform, beitsintensiver und weniger energieintensiv Erhöhungen der Tariflöhne zu sehen. Bei über die Senkung der Lohn-Nebenkosten zu produzieren, bezüglich der Beschäfti- höheren Energiekosten und unzureichend re- zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen. Die gungseffekte mehr als aufgewogen werden duzierten Bruttoarbeitskosten sind aber vie- Senkung der Arbeitskosten bei gleichzeitiger durch die Anreize, überhaupt weniger in le Arbeitsplätze in Deutschland nicht mehr Verteuerung der Energie soll die Unterneh- Deutschland zu produzieren. wettbewerbsfähig. men veranlassen, relativ arbeitsintensiver zu produzieren, das heißt, Produktions- Angezeigt wäre eine Mäßigung bei der Er- struktur und Produktionsverfahren so anzu- höhung der Tariflöhne, so daß bei gleichen passen, daß sie mehr Arbeitskräfte und we- niger Energie bei der Herstellung ihrer Pro- Nettolöhnen der Arbeitnehmer beide Teile der Senkung des Sozialversicherungsbei- Belastungen sind von den dukte einsetzen. Man hofft, auf diese Wei- trags zu einer Senkung der Bruttoarbeits- privaten Haushalten zu se das Niveau der Arbeitslosigkeit in kosten führen. In der Tat, wenn beide Tei- tragen Deutschland zu senken und eine zweite Di- le der Senkung des Rentenversicherungs- vidende in Form von zusätzlichen Arbeits- beitrages zu einer Senkung der Bruttolöh- plätzen zu erhalten. ne würden, so wäre das eine Konstellati- Die Kosten der Ökosteuer müssen letztlich on, aus der sich positive Beschäftigungs- von den privaten Haushalten, insbesondere effekte der Ökosteuerreform prognostizie- den Arbeitnehmerhaushalten, getragen wer- Viel kommt auf die ren ließen. den, sei es in Form höherer Preise, sei es in Form niedrigerer Löhne. Unternehmen tra- Tarifpartner an Die gebotene Tarifpolitik mag schwerfal- gen immer nur vorübergehend oder unter len, weil die Ökosteuer energieintensive Einschränkung von Produktion und Beschäf- An dieser Überlegung ist richtig, daß die Produkte verteuert und tendenziell zu einer tigung einen Teil der Kosten. Auch die Ei- Arbeitskosten als Summe aus Lohnkosten Erhöhung des Preisniveaus beiträgt. Die gentümer von Energieträgern wird man nicht und Lohn-Nebenkosten in Deutschland zu Idee der Reform setzt aber voraus, daß Ar- treffen. Der zu erwartende geringe Rückgang hoch sind und daß dies zum unerträglich beitnehmer und Gewerkschaften solche der Energienachfrage in Deutschland wird hohen Niveau der Arbeitslosigkeit beiträgt. Preisniveaueffekte ohne Kompensationsbe- sich nicht spürbar auf die Weltmarktpreise Eine Senkung der Bruttoarbeitskosten wäre gehren hinnehmen als Preis für eine ver- für Energieträger auswirken. Die Anbieter in hohem Maße erwünscht. Aber wird es besserte Umwelt. Die Relation zwischen von Energieträgern werden nicht gezwun- wirklich dazu kommen? Wird die Senkung Löhnen und Güterpreisen verschlechtert gen, sich mit niedrigeren Preisen zufrieden der Beiträge zur Sozialversicherung wirklich sich dabei. Dies entspricht dem Umstand, zu geben. Eine Rückwälzung eines Teils der zu einer Senkung der Arbeitskosten der Un- daß die durchschnittliche Arbeitsprodukti- nur in Deutschland erhobenen Steuer auf sie ternehmen führen? vität niedriger ist, wenn die Unternehmen wird somit nicht eintreten. mehr Arbeitskräfte und weniger Energie bei Entscheidend ist die Reaktion der Tarifver- der Herstellung ihrer Produkte einsetzen. Soweit die Unternehmen Güter anbieten, die tragsparteien auf die Ökosteuer und die Und das heißt konkret: Jeder Ausgleich nicht international handelbar sind, können Senkung der Sozialversicherungsbeiträge. steuerbedingter Preissteigerungen bei den sie die Energiesteuer an die privaten Haus- Eine Senkung der Bruttoarbeitskosten Arbeitnehmern gefährdet die Reformbilanz halte weitergeben, ohne befürchten zu müs- kommt zustande, wenn die Senkung der So- für die Unternehmen und läßt die Vorstel- sen, daß sie mehr als nur einen geringen zialversicherungsbeiträge nicht durch eine lung von einer zweiten Dividende als Illu- Teil ihres Absatzes verlieren. In diesem Fall gegenläufige Anpassung der Tariflöhne kon- sion erscheinen. werden die Haushalte unmittelbar mit der terkariert wird. Die Senkung der Sozialver- Energiesteuer belastet. Bei Unternehmen, sicherungsbeiträge übersetzt sich vollstän- Die jüngste Lohnrunde gibt nicht viel Hoff- die international handelbare Güter anbieten, dig in eine Verminderung der Bruttoarbeits- nung. Die Arbeitnehmer und ihre Vertreter ist dies so nicht möglich. Diese Unterneh- kosten, wenn die Tariflöhne so angepaßt scheinen die Senkung der Arbeitnehmerbei- men sind nicht in der Lage, die im interna-
Seite 4 Argumente zu Marktwirtschaft und Politik Nr. 63/Juni 1999 Ökologische Steuerreform: Zu viele Illusionen tionalen Wettbewerb bestimmten Preise um beseitigt. Um diesen Verdrängungseffekt zu mit der Pariser Metro. Daß die Nachfrage den Steueraufschlag anzuheben, weil sonst vermeiden, wäre es besser gewesen, die der privaten Haushalte nach energieintensi- die Abnehmer auf preiswertere ausländi- Unternehmen des Produzierenden Gewer- ven Gütern zurückgeht, wenn die Preise lo- sche Produkte ausweichen werden. Aber bes insgesamt von der Steuer freizustellen, kaler Güter entsprechend der Steuerbela- auch dann müssen letztlich die privaten statt sie mit einem geringeren Satz als die stung steigen, entspricht der angestrebten Haushalte die Kosten der Steuererhöhung privaten Haushalte zu besteuern und die Umweltentlastung. Denn hier geht es nicht tragen. Denn die inländischen Unterneh- Mehrbelastung außerdem durch eine kom- um eine Verschiebung der Nachfrage zu- men werden auf die Belastung mit der Öko- plizierte Erstattungsregel zu begrenzen. Die gunsten des Auslands, sondern zugunsten steuer reagieren, indem sie die Produktion einschränken, einstellen oder ins Ausland verlagern, es sei denn, die Belastung mit Freistellung international gehandelter Güter die der Energiesteuer wird durch die Reduktion bessere Lösung anderer Kosten kompensiert. Zinsen und andere Kapitalkosten kommen hierfür nicht Frage einer ausreichenden kompensatori- anderer, weniger umweltschädlich produ- in Frage, da Zinssätze bei freiem Kapital- schen Kostensenkung hätte sich dann nicht zierter Güter. Dies ist genau der Lenkungs- verkehr von den internationalen Kapital- gestellt und die unerträgliche Komplizierung effekt, der die Umweltbelastung verringert. märkten bestimmt werden. des Abgabenrechts wäre vermieden wor- Daß die privaten Haushalte dadurch bela- den. stet werden, liegt in der Natur der Sache. Die anderen Kosten können andere Steu- Daß diese Belastung aus der Sicht der pri- ern und Abgaben sein. Reicht dies nicht Praktisch ist eine saubere Trennung zwi- vaten Haushalte in Deutschland durch die aus, brauchen die Unternehmen eine Sen- schen den Anbietern lokaler Güter, die im Verbesserung der Umweltqualität nicht an- kung der Lohnkosten beziehungsweise ge- wesentlichen private Haushalte versorgen, gemessen ausgeglichen wird, liegt daran, ringere Lohnsteigerungen, wenn keine Ar- und den Anbietern international handelba- daß der Nutzen der Umweltverbesserung beitnehmer entlassen werden sollen. Die rer Güter einschließlich der lokalen Güter, überhaupt nur zu 4 Prozent in Deutschland Kosten der Energiesteuer fallen in diesem die für die international handelbaren Güter anfällt. Falle bei den Arbeitnehmern und Arbeitneh- Vorleistungen sind , nicht möglich. Inso- merhaushalten in Form von verringerten weit wäre es konsequent, die Energiesteuer Realeinkommen an. Läßt die Tarifpolitik je- ausschließlich bei den Haushalten zu erhe- doch eine Senkung der Bruttoarbeitskosten nicht zu, so sind die Kosten von denen zu ben (siehe hierzu Kronberger Kreis, Steuer- reform für Arbeitsplätze und Umwelt, Verunsicherung gefährdet tragen, die ihre Arbeitsplätze verlieren, Band 30, 1996). Das führte zu einer Ein- Arbeitsplätze wenn Betriebe die Produktion in Deutsch- schränkung des Energieverbrauchs und in- land wegen der Energiesteuer einschränken. soweit zu einer Verringerung der Umweltbe- Beinahe noch wichtiger als die direkten Ef- Sollen dann neue Arbeitsplätze geschaffen lastungen, ohne daß nationale Unterneh- fekte der gesetzlichen Maßnahmen sind die und Anreize dafür gesetzt werden, so sind men in Wettbewerbsschwierigkeiten ge- Auswirkungen auf die Erwartungen von Un- wiederum sinkende oder langsamer steigen- bracht und Arbeitsplätze gefährdet werden. ternehmern und Investoren. Damit Unter- de Löhne erforderlich. Bedenkenlos einbeziehen kann man dar- nehmen in Arbeitsplätze in Deutschland in- über hinaus jene Fälle, in denen Unterneh- vestieren, müssen sie günstige und verläßli- Mit den im Gesetz vorgesehenen Vergünsti- men weit überwiegend der Versorgung von che Rahmenbedingungen vorfinden. Neben gungen für das Produzierende Gewerbe und privaten Haushalten mit lokalen Gütern den direkten Effekten der Energiesteuer bei die Landwirtschaft wird versucht, die nega- dienen. Immerhin mag man hinreichend un- gleichzeitiger Senkung der Sozialbeiträge tiven Effekte einer Energiesteuer im natio- schädlich finden, den wenig energieinten- schafft der Einstieg in die ökologische nalen Alleingang teilweise auszuräumen. siven gesamten Dienstleistungssektor der Steuerreform aber erhebliche Unsicherhei- Dies ist grundsätzlich zu begrüßen. Die ne- Regelbesteuerung zu unterwerfen, wie es ten, weil nicht zu überschauen ist, was gativen Effekte der Energiesteuer sind dort auch Gesetz geworden ist. noch alles auf die Unternehmen zukommen besonders ausgeprägt, wo Unternehmen im wird. Unsicherheit ist ein gefährliches Inve- internationalen Wettbewerb stehen. Der Die Forderung der Nahverkehrsunterneh- stitionshemmnis. hier drohende Verdrängungseffekt zugun- men, sie müßten von der Energiesteuer sten des konkurrierenden Auslandsangebots ausgenommen werden, weil die Energieko- Von der Regierungskoalition wurde ange- mit zweifelhaften Folgen für die Umwelt- sten-Anteile über zehn Prozent liegen, ist kündigt, die Ökosteuer bis zum Jahre 2002 belastung weltweit wird durch die Erstat- nicht erfüllt worden, und das zu Recht. Die in zwei weiteren Stufen auf ein Volumen tungsregel verringert, nicht aber gänzlich Kölner U-Bahn steht nicht im Wettbewerb von insgesamt 36 Milliarden D-Mark auf-
Argumente zu Marktwirtschaft und Politik Seite 5 Nr. 63/Juni 1999 Ökologische Steuerreform: Zu viele Illusionen zustocken und die Sozialabgaben um insge- die Steuer weltweit erhoben wird, nur dann Dieser Weg wäre aber das Gegenteil des- samt 2,4 Prozentpunkte zu senken. Für die eintritt, wenn andere Steuern, insbesondere sen, was für die Ökosteuer gefordert wird, Unternehmen lassen sich das Ausmaß der wachstums- und beschäftigungsschädliche nämlich daß die Kosten eines Gutes dem künftigen Energiesteuerbelastung und die Steuern, entsprechend gesenkt werden. Das angelastet werden, der sie verursacht. Die Überwälzungsmöglichkeiten nicht verläßlich geschieht aber nicht. Die zusätzlichen Mit- individuelle Alterssicherung wird nicht stär- einschätzen. Die Stufen zwei und drei sol- tel aus der Energiesteuer dienen vielmehr ker von eigenen Leistungen abhängig ge- len mit den anderen Staaten der Europäi- dazu, unter Belastung des Bundeshaus- macht, sondern die Kosten werden zuneh- schen Union abgestimmt werden. Ob das halts einen erhöhten Zuschuß an die Ge- mend auf die Gesellschaft abgewälzt. Wer- gelingt, ist offen. Einige Politiker haben setzliche Rentenversicherung zu zahlen. den die Renten durch Steuern statt über schon angekündigt, daß das Programm durchgezogen wird, auch wenn die interna- tionale Abstimmung nicht zustande kommt. Die weiteren Stufen der ökologischen Steuerreform sind nicht überschaubar Deshalb werden viele Unternehmen in Deutschland befürchten, daß sich ihre Ko- Kompensatorische Wohltaten kommen erst Beiträge finanziert, gibt es eine Vielzahl sten durch die weiteren Schritte der Öko- über die dadurch ermöglichte Beitragssatz- von Fehlanreizen für die Versicherten im steuerreform weiter erhöhen und ihre Posi- senkung von 20,3 Prozent auf 19,5 Pro- Rentensystem, für die zusätzlich belasteten tion im Wettbewerb mit Unternehmen in zent ins Spiel. Selbständigen und nicht zuletzt für die bei anderen Staaten weiter verschlechtern der Sozialversicherung verantwortlichen Po- wird. Sie werden sich nicht darauf verlas- Die Verknüpfung mit den Sozialabgaben via litiker. sen wollen, daß die jetzt vorgesehene Er- zusätzliche Zahlungen an die Rentenversi- stattungsregel auf spätere Erhöhungen der cherung aus dem Staatshaushalt lädt dazu Der Vorschlag, statt der Rentenversiche- Ökosteuer ausgedehnt wird. Aus diesen ein, steigende demographisch bedingte rung dann die Arbeitslosenversicherung zu Gründen werden jedenfalls die energieinten- Belastungen in der Rentenversicherung entlasten, ist ebenfalls fragwürdig. Es ist siv produzierenden unter den im internatio- nicht innerhalb des Sozialversicherungssy- noch weniger auszuschließen, daß im Pro- nalen Wettbewerb stehenden Unternehmen stems aufzufangen, sondern über höhere zeß der Lohnfindung die negativen Folgen nur zurückhaltend investieren, wenn über- Steuern zu finanzieren. Nach bewährtem überhöhter Lohnsteigerungen nicht berück- haupt noch. Das in der gegenwärtigen Dis- Muster wird es dann beschönigend heißen, sichtigt werden. Die Entkopplung der Bei- kussion entstandene Klima der Unsicher- daß die versprochene Senkung der Sozial- tragslasten von den Leistungen der Arbeits- heit oder Skepsis hinsichtlich der mit den abgaben bedauerlicherweise nur in der losenversicherung verfälscht die Anreize für weiteren Stufen der Reform zu erwartenden Form des Verzichts auf eine andernfalls un- die Tarifvertragsparteien. zusätzlichen Belastungen ist dem Schaffen vermeidliche Abgabenerhöhung verwirklicht von Arbeitsplätzen für die Zukunft abträg- werden könne. Damit wird ein gefährlicher lich. Weg beschritten, der von den Sozialpoliti- kern schon immer als bequemer Ausweg Ökologisch orientierte angesehen wurde: Die Finanzierungsproble- Steuerreform: Zu viele me im Sozialsystem nicht an ihrer Wurzel Illusionen Fehlanreize durch die zu bekämpfen, sondern an Symptomen zu kurieren, jetzt mit den schönen Einnahmen Die ökologisch orientierte Steuerreform ver- Subventionierung der aus den Ökosteuern. Die Formulierung dankt sich, was die erhofften Beschäfti- Rentenversicherung Senkung der Lohn-Nebenkosten in der gungseffekte anbelangt, einer Illusion, und Gesetzesbegründung lenkt von dem ab, zwar einer doppelten Illusion. Da ist zu- worauf es ankommt. Die Ausgaben der nächst die Illusion, der Satz there is no Unsicherheit und Skepsis über die weitere Rentenversicherung werden nicht gesenkt, free lunch gelte in der Umweltpolitik nicht. Entwicklung werden durch die im Gesetz sondern sie werden zu einem weiteren Teil Das ist aber nicht so. vorgenommene Verquickung von Energie- über Steuern statt über Beiträge finanziert. steuer und Subventionierung der gesetzli- Arbeitnehmer und Arbeitgeber mögen sich Auch Umweltpolitik zielt auf einen Tausch- chen Rentenversicherung verstärkt. Diese insoweit einen Vorteil versprechen, als vorgang bessere Umwelt gegen Verzicht Verquickung birgt eine erhebliche Gefahr. Rentner, Selbständige und Beamte zur Fi- auf etwas, das sonst möglich wäre. Auch Sie verschleiert, daß die von einer Umwelt- nanzierung der Rentenversicherung heran- hier muß man bereit sein, um des Tausch- steuer erhoffte Wohlstandssteigerung selbst gezogen werden. gewinns willen etwas zu geben. Da ist unter der unrealistischen Bedingung, daß zweitens die Illusion, zu dem, was kosten-
Seite 6 Argumente zu Marktwirtschaft und Politik Nr. 63/Juni 1999 Ökologische Steuerreform: Zu viele Illusionen los möglich sei, gehöre als doppelte Divi- Das Investieren, die Schaffung von Arbeits- in vollem Umfang durch Steuersenkungen dende ein positiver Beschäftigungseffekt. plätzen, ist der Engpaß, nicht das Beset- auszugleichen. Zuschüsse zur gesetzlichen Das ist aber nicht so. Ein positiver Be- zen von Arbeitsplätzen, die schon geschaf- Rentenversicherung müssen wie andere schäftigungseffekt ist immer Beiprodukt ei- fen sind. Was beschäftigungspolitisch wirk- Ausgaben des Staates aus sich heraus be- ner Bereitschaft der Arbeitnehmer und ihrer lich hülfe (und auch die Investitionen beför- gründet werden, das heißt, sie müssen ge- Vertreter, eine Senkung der Bruttoarbeits- derte), wäre eine Senkung der Sozialabga- gen eine entsprechende Steuererhöhung kosten der Unternehmen zu akzeptieren. ben, hinter der eine letztlich auch von oder gegen die Einschränkung anderer Aus- Das gilt zunächst einmal losgelöst von je- den Arbeitnehmern akzeptierte Senkung gaben abgewogen werden. Die möglichen der Umweltpolitik. Gute Umweltpolitik der Sozialausgaben stünde. Nur sie wäre Vorteile einer abgestimmten ökologisch ori- kann solche Bereitschaft fördern. Sie kann genauso wertvoll wie eine Senkung der Ar- entierten Steuerreform sind davon unab- sie aber auch außerordentlich erschweren. beitskosten durch Lohnzurückhaltung. hängig zu sehen. Selbst gute Umweltpolitik hat einen negati- ven Einfluß auf die Produktivitätsentwick- Die steuerliche Verteuerung von Energie ist lung, an der wir die normale Lohnentwick- ein hochbedeutsamer Vorgang. Billige Ener- lung ausrichten. Dieser negative Einfluß gie ist einer der Grundpfeiler, auf denen der muß durch Abstriche bei Lohnsteigerungen Wohlstand, den Menschen der Natur abge- (oder auf andere Weise) überkompensiert rungen haben, ruht. Von der jetzt begonne- werden, wenn wir auf einen Beschäfti- nen ökologischen Steuerreform kann nur gungsgewinn aus sind. eine geringe Verbesserung der Umweltquali- tät in Deutschland erwartet werden. Trotz Eine Senkung der Sozialbeiträge durch eine der nur geringfügigen Verbesserung müssen allgemeine Subventionierung der Rentenver- fühlbare reale Einkommenseinbußen hinge- sicherung, worauf die Ersetzung von Sozi- nommen werden. Der Hauptgrund für die alabgaben durch Steuern ja hinausläuft, ist ungünstigen Wirkungen der vorgesehenen Die Reihe Argumente zu Marktwirtschaft und Politik greift aktuelle wirtschafts- und gesell- nicht der richtige Weg zur Sanierung der Reform liegt darin, daß die Umweltsituati- schaftspolitische Themen auf. Sie erscheint in Sozialversicherung und es ist nicht der on im nationalen Alleingang verbessert loser Folge. Beschäftigungspolitisch geboten ist eine Diese Ausgabe wurde ermöglicht durch freund- liche Unterstützung der informedia-Stiftung, Verringerung der Gesamtbelastung Gemeinnützige Stiftung für Gesellschafts- wissenschaften und Publizistik, Köln. richtige Weg zur Standortverbesserung, auf werden soll, so daß die positiven Wirkun- den beschäftigungspolitisch so viel an- gen auf die Umwelt zum weit überwiegen- kommt. Mögen noch so viele Menschen, den Teil den Menschen in anderen Ländern Impressum auch Fachleute, fasziniert sein von der zugute kommt. Wird die große Unsicherheit Herausgeber: Frankfurter Institut Stiftung Idee, daß es gelte, in einer Zeit hoher Ar- über die nächsten Schritte nicht behoben, Marktwirtschaft und Politik, Kisseleffstraße 10, beitslosigkeit, koste es, was es wolle, die werden die Investitionen und das Entstehen 61348 Bad Homburg hohen Abgaben, die unmittelbar am Ar- von Arbeitsplätzen in Deutschland beein- Tel. 06172 - 664 70 beitsverhältnis anknüpfen, herunterzubrin- trächtigt. Der internationale Umweltschutz, Fax 06172 - 222 92 gen: Steuern, auch Ökosteuern, sind nicht insbesondere die Klimaverbesserung, kann von vornherein weniger beschäftigungs- sinnvollerweise nur durch gemeinsame e-mail Institut@Frankfurter-Institut.de schädlich als Sozialabgaben. Das Gegenteil Maßnahmen betrieben werden. Die natio- Internet http://www.Frankfurter-Institut.de trifft oft zu. Steuern, die direkt vom Inve- nalen Aktivitäten lassen sich letztlich allein stieren abhalten, weil sie den international in einem international abgestimmten Rah- mobilen Produktionsfaktor Kapital treffen, men begründen. Vorstand sind im Wettbewerb der Produktionsstand- Gert Dahlmanns orte viel gefährlicher als Sozialabgaben, die Auf keinen Fall darf die Ökosteuer genutzt Vorsitzender des Stiftungsrates Teil der Bruttolöhne sind, und als Teil des werden, die Steuerlast weiter zu erhöhen. Klaus Schweickart Gesamtentgelts für den vergleichsweise im- Deshalb darf sie nicht mit anderen Aus- mobilen Produktionsfaktor Arbeit in den gaben erhöhenden Maßnahmen verbun- Wissenschaftlicher Beirat Kronberger Kreis Verhandlungen der Tarifvertragsparteien be- den werden. Die Mehreinnahmen sind viel- rücksichtigt werden. mehr im Rahmen einer Steuerstrukturreform
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