Innovativer Gesundheitstourismus in Deutschland - Leitfaden Allgemeine Wirtschaftspolitik

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Innovativer Gesundheitstourismus in Deutschland - Leitfaden Allgemeine Wirtschaftspolitik
Allgemeine Wirtschaftspolitik

Innovativer Gesundheitstourismus
in Deutschland
Leitfaden

www.bmwi.de
Innovativer Gesundheitstourismus in Deutschland - Leitfaden Allgemeine Wirtschaftspolitik
Text und Redaktion
PROJECT M GmbH
Cornelius Obier, Christoph Creutzburg
www.projectm.de

KECK MEDICAL GmbH
Dr. med. Andreas Keck
www.keck-medical.de

Institut für Tourismus- und Bäderforschung
in Nordeuropa GmbH (N.I.T.)
Prof. Dr. Martin Lohmann
www.nit-kiel.de

Gestaltung
Fisch und Blume Design, Berlin
Yvonne Berthold & Katrin Hellmann GbR
www.fischundblume.de

Bildnachweis:
www.fotolia.de
www.clipdealer.de
Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH
OstWestfalenLippe Marketing GmbH, M. Schrumpf

Druck
Silber Druck oHG, Niestetal

Herausgeber                                     Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie ist mit
Bundesministerium für                           dem audit berufundfamilie® für seine familienfreundliche Per-
Wirtschaft und Technologie (BMWi)               sonalpolitik ausgezeichnet worden. Das Zertifikat wird von der
Öffentlichkeitsarbeit                           berufundfamilie gGmbH, einer Initiative der Gemeinnützigen
11019 Berlin                                    Hertie-Stiftung, verliehen.
www.bmwi.de

Stand
April 2011
Innovativer Gesundheitstourismus in Deutschland - Leitfaden Allgemeine Wirtschaftspolitik
Vorworte  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   4

1.	 Einführung und Hintergründe  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                                     6

2.	 Chancen, Potenziale und Herausforderungen im „Neuen Gesundheitstourismus“ .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                                                                                                          8

      2.1 Marktentwicklung  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                  9

      2.2 Angebotssparten  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                13

      2.3 Innovative Ansätze und Best Practices   .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  19

3.	 Best Practices und innovative Ansätze im Gesundheitstourismus  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 21

      3.1 Kurorte und Heilbäder  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                      22

      3.2 Beherbergungsanbieter  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                         25

      3.3 Kliniken, Gesundheitszentren sowie medizinisch-therapeutische Dienstleister  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                                                                                           29

      3.4 Medizintechnik/Kommunikationstechnologie  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  31

      3.5 Flächendestinationen  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  34

      3.6 Städtedestinationen   .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  37

      3.7 Gesundheitsregionen  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  40

4.	 Fazit: Erfolgsfaktoren im "Neuen Gesundheitstourismus"  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 42
Innovativer Gesundheitstourismus in Deutschland - Leitfaden Allgemeine Wirtschaftspolitik
Vorworte

Die Gesundheitswirtschaft ist ein großer und innova-
tiver Wirtschaftszweig in Deutschland. Über 5,4 Milli-
onen Beschäftigte erwirtschaften rund 10 % des Brut-
toinlandsproduktes. Allein in den deutschen Heilbä-
dern und Kurorten sind rund 350.000 Menschen tä-
tig, die ca. 30 Mrd. Euro erwirtschaften. Deutschland-
weit waren in den Heilbädern und Kurorten im Jahr
2010 über 20 Mio. Gäste mit 102,8 Mio. Übernachtun-
gen zu verzeichnen.

Für viele Touristen spielen Gesundheitsaspekte eine
wichtige Rolle bei ihrer Urlaubswahl. Gesundheit und
Tourismus sind für sie zwei Seiten einer Medaille. Der
Handlungsleitfaden "Innovativer Gesundheitstouris-
mus in Deutschland" unterstreicht die wachsende Be-      Mein herzlicher Dank gilt vor allem dem Deutschen
deutung des Themas Gesundheit für den Tourismus.         Tourismusverband e. V., der als Projektträger dieses
                                                         ambitionierte Projekt bundesweit mit kompetenten
Nur mit innovativen Angeboten und Produkten, die         Experten aus Politik und Wirtschaft erfolgreich
professionell vermarktet werden, können wir im har-      durchgeführt hat.
ten internationalen Wettbewerb bestehen. Mit dem
Projekt des Bundesministeriums für Wirtschaft und        Ich wünsche uns allen viel Erfolg dabei, die neuen Ide-
Technologie sollen Impulse für innovative und kreati-    en umzusetzen und die gesteckten Ziele zu erreichen.
ve Lösungen gegeben und nachahmenswerte Beispie-
le vorgestellt werden, um den Gesundheitstourismus
zu stärken.

Ich bin mir sicher, dass Sie hier im Leitfaden und in
den dazugehörigen sieben spezifischen Branchenre-
ports schnell und zielgerichtet zukunftsweisende Best    Ernst Burgbacher, MdB
Practice-Beispiele, innovative Ideen und neue Techno-    Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundes-
logien finden, die zur Nachahmung anregen.               minister für Wirtschaft und Technologie und
                                                         Beauftragter der Bundesregierung für Mittelstand
                                                         und Tourismus
Innovativer Gesundheitstourismus in Deutschland - Leitfaden Allgemeine Wirtschaftspolitik
Megatrend, Boom, Wachstumsmarkt, Konjunktur-
motor – die Superlativ- und Positiv-Attribute sind
zahlreich, wenn vom Gesundheitstourismus die Rede
ist. Doch nicht nur die Chancen, die der Markt bietet,
auch die Herausforderungen haben sich vergrößert.
Eine weitere Ausdifferenzierung der Angebote ist vor
allem auf Grundlage eines gewachsenen Gesund-
heitsbewusstseins sowie einer alternden Gesellschaft
zu beobachten. Mehr und mehr Selbstzahler wandeln
den ehemals kurgeprägten Anbieter- zu einem Nach-
fragermarkt um. Und auch der medizinisch-techni-
sche Fortschritt wirkt sich im Gesundheitstouris-
mus aus.

Vor diesem Hintergrund hat der Deutsche Tourismus-       Wir hoffen, dass die in dieser Publikation dargestell-
verband im Juni 2009 das Projekt „Innovativer Ge-        ten Erfahrungen den Anstoß für viele weitere heraus-
sundheitstourismus in Deutschland“ aus der Taufe ge-     ragende Best Practice-Beispiele geben.
hoben.
                                                         Nutzen Sie mit uns die Chance, den Megatrend Ge-
Als Ergebnis von insgesamt neun Zukunftskonferen-        sundheitstourismus zu einer verlässlichen und quali-
zen und mehr als 800 Beispielen liegt nun in kompak-     tativ überzeugenden Branchenkonstante
ter Form der gleichnamige Praxisleitfaden vor. Insbe-    zu machen.
sondere den touristischen Orten und Regionen, die
auf das Thema setzen, bietet die Handlungshilfe Ori-
entierung im heterogenen Zukunftsmarkt Gesund-
heitstourismus. Darüber hinaus liefert sie Impulse zur
Nachahmung innovativer Beispiele, die auf dem
Markt bereits existieren.

Dem Bundesministerium für Wirtschaft und Techno-
logie gebührt ein besonderer Dank für die finanzielle    Reinhard Meyer
Unterstützung des Projekts. Unser Dank geht auch an      Präsident des Deutschen Tourismus-
die 27 VertreterInnen aus Tourismus und Gesundheits-     verbandes e. V. (DTV)
wirtschaft, die als Fachbeirat mit konstruktivem Input
zur Seite standen. Die PROJECT M GmbH hat das Pro-
jekt erfolgreich koordiniert und inhaltlich begleitet.
Innovativer Gesundheitstourismus in Deutschland - Leitfaden Allgemeine Wirtschaftspolitik
6

    1.
    Einführung und Hintergründe
Innovativer Gesundheitstourismus in Deutschland - Leitfaden Allgemeine Wirtschaftspolitik
7

Zukunftsmarkt
Gesundheitstourismus

Glaubt man den Markt- und Trendforschern kann der         Ein Fachbeirat mit 27 VertreterInnen aus dem ge-
Gesundheitstourismus in den nächsten Jahrzehnten          samten Bereich von Tourismus und Gesundheitswirt-
zu den entscheidenden Konjunkturmotoren der Tou-          schaft (Liste der Mitglieder siehe Umschlagsseite 3)
rismusbranche gehören. Angesichts des wachsenden          begleitete das gesamte Vorhaben.
Gesundheitsbewusstseins und in Folge des demogra-
phischen Wandels stehen die Chancen gut, dass sich
die Nachfrage weiter positiv entwickelt.
                                                            Im Fokus des Projektes
                                                                                                                   i
                                                            Erfolgreiche und neuartige Produkte und kon-
Trotz der enormen Potenziale: Destinationen und Be-         krete Angebote, Netzwerke (Kooperationen,
triebe betreten oft erst Neuland in diesem höchst at-       Cluster und neue Strukturen), Plattformen (Ver-
traktiven, aber sogleich stark umkämpften Markt.            marktungs- und Vertriebsplattformen für Produk-
Marktfähige Produkte, Alleinstellungen und Wettbe-          te und Anbieter) sowie Prozesse (v. a. technikge-
werbsvorteile sind gefragt, um immer anspruchsvol-
                                                            triebene Systemlösungen), die den Gesundheits-
lere Kunden und selbstzahlende Gäste zu erreichen.
                                                            tourismus voranbringen:
Wie sehen aber erfolgreiche Angebote im Gesund-
heitstourismus aus? Welche Produktanforderungen             3	„ Best Practices & Innovationen“: In den letzten
müssen Anbieter erfüllen? Welche Neuerungen gibt               Jahren eingeführte Produkt-, Prozess- und Or-
es? Wie funktionieren Innovationen und wie lassen              ganisationsveränderungen
sie sich umsetzen? Wie wird sich der Gesundheitstou-
rismus entwickeln?                                          3	„Inventionen & innovative Ansätze“: „Blick ins
                                                               Labor“ - Angebote, die in den kommenden Jah-
Diese und weitere Fragen standen im Mittelpunkt des            ren erfolgreich sein können
Projektes „Innovativer Gesundheitstourismus in              3	„Trends & Projektionen“: Abschätzung von an-
Deutschland – Handlungsempfehlungen zur Entwick-               gebots- und nachfragegetriebenen Entwick-
lung und Implementierung erfolgreicher gesund-
                                                               lungen mit längerfristiger Perspektive
heitstouristischer Angebote“, das vom Deutschen
Tourismusverband e. V. (DTV) initiiert und mit finanzi-
eller Unterstützung des Bundesministeriums für            Aufbau der vorliegenden
Wirtschaft und Technologie durchgeführt wurde.            Handlungshilfe
                                                          Dieser Leitfaden gibt zunächst einen Überblick zur ak-
Erfolgreiche Beispiele, Innovationen
                                                          tuellen Marktentwicklung und skizziert den Umfang
und der „Blick ins Labor“                                 des Gesundheitstourismus, wie er im Projektkontext
                                                          verstanden wird. Darüber hinaus wird die Vorgehens-
Ziel des Projektes war es, existierende Best Practice-
                                                          weise zur Auswertung von Innovationen und Best
Beispiele, neue Angebotsformen sowie Innovatio-
                                                          Practices im Projekt erläutert. Anhand sieben zentra-
nen zu finden, bekannt zu machen und an die Bran-
                                                          ler gesundheitstouristischer Angebots- und Hand-
che breit zu kommunizieren.
                                                          lungssegmente werden anschließend Praxisbeispiele,
Gemeinsam mit über 450 Fachleuten, Akteuren und           erfolgreiche Entwicklungen und künftige
Experten aus Tourismus, Medizin und Gesundheits-          Herausforderungen vorgestellt.

                                                                                                                   i
wirtschaft wurden in neun bundesweit durchge-               Die hier beschriebenen Ergebnisse stellen einen
führten Zukunftskonferenzen innovative Ideen,               Ausschnitt aus den Projektergebnissen dar. Wei-
beispielhafte Angebote und neue Trends im Gesund-           tergehende Informationen werden in Bran-
heitstourismus aufgespürt. Zahlreiche Beiträge wur-         chenreports für unterschiedliche Anbieterseg-
den aufgrund eines Beteiligungsaufrufes direkt              mente (Kurorte- und Heilbäder, Hotellerie, Flä-
beim DTV eingereicht oder wurden im Rahmen von              chendestinationen, Kliniken und Gesundheitszen-
Expertenbefragungen erhoben. Das Gros der Hin-              tren etc.) zusätzlichen Praxisbeispielen und
weise kam allerdings über die vielfachen Anregungen         detaillierten branchenspezifischen Aussagen und
und gemeinsame Diskussion der Fachleute in den Zu-          Erfolgsfaktoren veröffentlicht. Downloads ste-
kunftskonferenzen zusammen. Es wurden Hinweise              hen ab Ende Mai 2011 unter www.innovativer-
aus Deutschland, aber auch bspw. aus der Schweiz            gesundheitstourismus.de bzw. auf den Seiten
und Österreich berücksichtigt.                              des BMWi unter www.bmwi.de zur Verfügung.
Innovativer Gesundheitstourismus in Deutschland - Leitfaden Allgemeine Wirtschaftspolitik
8    Chancen, Potenziale und Herausforderungen im „Neuen Gesundheitstourismus“

    2.
    Chancen, Potenziale
    und Herausforderungen
    im „Neuen Gesundheitstourismus“
Innovativer Gesundheitstourismus in Deutschland - Leitfaden Allgemeine Wirtschaftspolitik
Marktentwicklung         9

2.1 Marktentwicklung

Der Gesundheitstourismus in Deutschland entwickelt
sich zunehmend dynamisch. Aufgrund demographi-
scher Veränderungen und des Wertewandels, neuen
Altersanforderungen, Lebensstilen, Bedürfnislagen
und Indikationen ergeben sich für Anbieter reiche
Möglichkeiten der Spezialisierung auf Unterthemen
und die Ausbildung von Alleinstellungsmerkmalen.
Insgesamt vier Markttreiber forcieren die Entwick-
lung eines „Neuen Gesundheitstourismus“:

Markttreiber für den „Neuen Gesundheitstourismus“

    1. 		 Wertewandel –                                                  		 Demographischer Wandel –            2.
       		 steigendes Gesundheitsbewusstsein                              		 neue Zielgruppen
       3 „Gesundheit“ als Säule eines bewussten                          3 steigendes Nachfragevolumen
       		 Lebensstils                                                    3 Verschiebung der Altersstrukturen
       3 Performance-Optimierung                                         3 bessere Ansprechbarkeit
       3 neue Indikationen und Krankheitsbilder        Der neue          3 veränderte Ansprüche und Bedürfnisse
                                                       Gesundheits-
                                                       tourismus
    3.                                                                                                          4.
         		   Wandel der Rahmenbedingungen –                             		 Wandel der Anbieter –
         		   offene Marktstruktur                                       		 Innovationen und Kooperationen
         3    verändertes Gesundheitssystem                              3 medizinisch-technologische Entwicklung
         3    Rückzug der Sozialversicherungen                           3 neue Netzwerke, Plattformen
         3    Verstärkung der Selbstzahler-Nachfrage                     		 und Kooperationen
                                                                         3 veränderte Anbieterstrukturen

   Quelle: PROJECT M & KECK MEDICAL 2011

Steigendes Gesundheitsbewusstsein –                           ruflichen und/oder privaten Belastungen bewusst. Für
                                                              viele wird das persönliche Gesundheitsmanagement
Gesundheit wird zum Lifestyle
                                                              zur Schlüsselkompetenz. Immer mehr Menschen rea-
                                                              lisieren, dass Eigenvorsorge zum Erhalt der physi-
Das steigende Gesundheitsbewusstsein der Deut-
                                                              schen und psychischen Leistungsfähigkeit einerseits
schen wird an vielen Stellen deutlich: gesunde Ernäh-
                                                              persönlich lohnend ist, andererseits auch für die Leis-
rung und soft Health-Produkte erhalten Einzug in alle
                                                              tungsfähigkeit am Arbeitsplatz und im Privaten er-
Lebensbereiche: Bio-Lebensmittel, Nahrungsergän-
                                                              wartet wird.
zungsmittel, Naturkosmetik, Möbel aus naturbelasse-
nen Materialien, Kleidung aus Bio-Fasern u.v.m. Die
                                                              Die Chancen liegen u. a. auch in neuen gesundheitli-
„Selbstdesign-Branche“ boomt: Aussehen und körper-
                                                              chen Urlaubsformen wie Selfness-Urlaub (Lebensbe-
liche Leistungsfähigkeit zu verbessern wird immer
                                                              ratung, Personal-Coaching/Krisenmanagement im
wichtiger. Die Volkskrankheit Nr. 1, „psychische Er-
                                                              Urlaub etc.), Ernährungs- und Natururlaube, die auf
krankungen“, dringt mehr und mehr ins Bewusstsein.
                                                              Erholung orientierte Urlaubsformen mit nachweis-
Die Gefahr von Burnout und stressbedingten Erkran-
                                                              lich gesundheitlichen Mehrwerten aufladen.
kungen wird immer mehr Menschen mit hohen be-
Innovativer Gesundheitstourismus in Deutschland - Leitfaden Allgemeine Wirtschaftspolitik
10      Chancen, Potenziale und Herausforderungen im „Neuen Gesundheitstourismus“

     Demographischer Wandel – neue Ziel-
     gruppen, neue Bedürfnisse                                Urlaub trotz chronischer Erkrankungen mit              i
                                                              wachsendem Bedarf

     Der demographische Wandel beeinflusst in mehrfa-         Alterstypische Erkrankungen sind auf dem Vor-
     cher Hinsicht den Gesundheitstourismus von mor-          marsch. Zuwachsraten (Prävalenz-Erkrankte oder
     gen. Immer stärker kommt es auf die Rahmenbedin-         Inzidenz-Neuerkrankungen in Deutschland) 2030
     gungen am Urlaubsort an. Bauliche Barrierefreiheit       gegenüber 2007:
     ist notwendig, nicht jedoch hinreichend: eine medizi-
                                                              3 Apoplex (Schlaganfall) + 37 %
     nisch-therapeutische Grundsicherung am Urlaubsort
     wird künftig ebenso benötigt wie auf Sicherheit aus-     3 COPD (chronische Lungenerkrankung) + 23 %
     gerichtete und stark service- und komfortorientierte     3 Demenz (z.B. Alzheimer) + 51 %
     Angebote.
                                                              3 Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
     „Better Aging“, Primärprävention hinsichtlich Alters-      + 20 bis 22 %
     beschwerden und Attraktivitätsverlust wird immer         3 Herzinfarkt + 42 %
     gefragter. Für immer mehr und immer ältere Urlaubs-
                                                              3 Krebserkrankungen + 26 %
     reisende gilt zudem: Auf Urlaub trotz Mobilitätsein-
     schränkungen und/oder chronischen Erkrankungen           3 O
                                                                berschenkelhalsfraktur (Oberschenkel-
     will man nicht verzichten. Gesundheitstouristische         halsbruch) + 42 %
     Angebote der Sekundär-/ Tertiärpräventionn (vgl. S.17)
                                                              3 R
                                                                 heumatoide Arthritis (entzündliche Erkran-
     nehmen daher zu. Angebote, die die besonderen Be-
                                                                kung der Gelenke) + 18 %
     dürfnislagen bei ausgewählten Erkrankungen in ei-
     nem urlaubstypischen Ambiente berücksichtigen, ha-
                                                                Quelle: Beske, Public Health Forum 18 Heft 66 2010
     ben große Chancen. Destinationen, denen es gelingt
     sich entsprechend der Potenziale der lokalen Anbie-
     ter auf bestimmte Indikationen und Therapieformen
     entlang der gesamten Dienstleistungskette zu spezia-
     lisieren, gewinnen.
Marktentwicklung               11

 Ein Blick in die Zahlen: Markt-
 potenziale und Marktentwicklung
                                                                          kann: So ist es 36 % der Deutschen im Urlaub „be-
                                                                          sonders wichtig“, „etwas für die Gesundheit tun“.
                                                                                                                                       i
                                                                          Gesundheitsbezogene Motive lassen sich jedoch
 Betrachtet man den gesundheitstouristischen
                                                                          bei vielen Urlaubsformen erfüllen. Deswegen ist
 Markt insgesamt, so werden Abgrenzungserfor-
                                                                          die Zahl der Personen, die definitiv einen Gesund-
 dernisse deutlich. Die Rolle von Gesundheit im Ur-
                                                                          heitsurlaub machen, deutlich kleiner als die derje-
 laub umfasst:
                                                                          nigen, die Gesundheit als wichtig bezeichnen.
 3	unspezifische gesundheitstouristische Ur-
    laubsformen, im Sinne von „etwas für die Ge-                          Die Potenzialwerte signalisieren: Es ist von einem
    sundheit tun“                                                         stabilen Nachfragevolumen für die überschauba-
 3	spezifische gesundheitsorientierte Reisefor-                          re Zukunft auszugehen (die Anteile für „ziemlich
    men im Urlaub und gesundheitsorientierte                              sicher“ liegen auf dem Niveau der Nutzer in den
    Reiseformen ohne Urlaubscharakter mit ei-                             letzten drei Jahren). Erhebliche zukünftige Wachs-
    ner klaren medizinischen Zielsetzung                                  tumsmöglichkeiten bestehen durch Personen, die
                                                                          den gesundheitsorientierten Urlaubsformen
 3	touristische Aktivitäten für gesundheitlich                           grundsätzlich positiv gegenüberstehen (Anteile
    eingeschränkte Personengruppen bzw. Men-                              für „kommt in Frage“). Beträchtliches weiteres Po-
    schen mit Mobilitätseinschränkungen oder                              tenzial kann generiert werden, wenn man zusätz-
    Behinderungen bzw. deren Betreuer                                     lich Personen aktiviert, die jetzt den gesundheits-
 Diese Aspekte bekommen auch im Tourismus                                 orientierten Urlaubsformen noch indifferent ge-
 künftig eine höhere Bedeutung. Hier bieten sich                          genüberstehen.
 bereits Chancen für Anbieter von touristischen
 Gesundheitsprodukten oder -dienstleistungen,
 mit denen man „normale“ Urlauber ansprechen

Nachfrage nach gesundheitsorientierten Urlaubsformen

   Nutzer*                                                     Potenziale**

                       1998 - 2000          2008 - 2010                2001 - 2003                               2011 - 2013

                                                                 Ziemlich            Kommt               Ziemlich         Kommt
   Angaben in % der Bevölkerung                                  sicher              in Frage            sicher           in Frage

   Gesundheitsurlaub            8,1             7,0                 6,7                11,8                6,9                 13,7

   Kur im Urlaub               3,8               5,1                3,3                10,7                5,2                 11,2

   Fitness Urlaub              3,3              3,0                 2,6                 7,3                2,3                 7,2

   Wellness-Urlaub              1,7             6,4                 1,9                 7,9                6,4              15,9

  * Urlaubsform in diesen drei Jahren gemacht; ** plane in diesen drei Jahren ziemlich sicher diese Urlaubsform bzw. kommt als Urlaubs-
    form in Frage. Angaben in % der Bevölkerung; Basis: Personen in Privathaushalten, 14 Jahre +
    Datenquelle: Reiseanalyse 2001 und 2011 (FUR)

   Quelle: Reiseanalyse Urlaub + Reisen (FUR)
12      Chancen, Potenziale und Herausforderungen im „Neuen Gesundheitstourismus“

                                                              Wandel auf Anbieterseite –
                                                              Innovation und Kooperation

                                                              Die Produktpalette im Gesundheitsmarkt wird immer
                                                              größer und spezifischer – je offener der Markt, desto
                                                              mehr Innovationen treiben den Markt voran: Die Ent-
                                                              wicklung gesunder Sitzmöbel oder atmungsaktiver
                                                              Kleidung mit UV-Schutz sind zwei nichttouristische
                                                              Beispiele. Aber auch im Gesundheitstourismus entste-
                                                              hen jede Menge neue, innovative Angebote und An-
                                                              gebotskooperationen.

                                                              Medizintechnik, die vorher z. B. nur in der Sportmedi-
     Neue Rahmenbedingungen – Öffnung                         zin angewendet wurde, wird jetzt in vereinfachter
                                                              Form auch endkunden- und damit tourismustauglich.
     der Marktstrukturen
                                                              Kommunikationstechnologie kann zu völlig neuen
                                                              Trainings- und Beratungsformen für Stressmanage-
     Jahrzehnte lang war der Gesundheitstourismus in
                                                              ment, Ernährung und Sport führen. Gerade an der
     Deutschland von kurativen Aufenthalten in prädikati-
                                                              Schnittstelle zu Gesundheitswirtschaft und Medizin-
     sierten Kurorten und Heilbädern geprägt. Im Zuge
                                                              und Kommunikationstechnologie liegen völlig neue
     der Veränderungen im Gesundheitswesen haben sich
                                                              Möglichkeiten: Durch Integration der Technologien
     die Rahmenbedingungen inzwischen grundlegend
                                                              können Präventionsangebote aufgewertet werden.
     geändert. Durch den Rückzug der Sozialversiche-
                                                              Neue, tourismusübergreifende Anbieterkooperatio-
     rungsträger werden die einstmals marktprägenden,
                                                              nen eröffnen neue Vertriebswege.
     kurfokussierten Anbieter deutschlandweit zur Neu-
     ausrichtung angeregt.
                                                              Um das Innovationspotenzial im Gesundheitstouris-
                                                              mus zu aktivieren, sind Zusammenarbeit mit Medizin
     Gleichzeitig wird der Weg frei für neue Anbieter. Die-
                                                              sowie Medizin- und Kommunikationstechnologie
     se partizipieren nicht nur am gesundheitstouristi-
                                                              wichtige Treiber, die insbesondere auch in der Kombi-
     schen Markt, sondern prägen diesen durch innovati-
                                                              nation mit Volumenthemen wie Wandern, Radfah-
     ve, zielgruppenscharfe Angebotsformen und neue
                                                              ren, Landschafts- und Naturerlebnis ein deutliches In-
     Vertriebswege. Der Markt steht an der Schwelle zu ei-
                                                              novationspotenzial in sich tragen. Bislang gibt es je-
     nem „Neuen Gesundheitstourismus“. Dessen Ausprä-
                                                              doch noch immer deutlich zu wenig regionale Netz-
     gungen werden bereits heute an manchen Angebo-
                                                              werke, die Kooperationen von medizinisch-therapeu-
     ten sichtbar, der größte Teil an Entwicklung scheint
                                                              tischen und touristischen Anbietern unterstützen.
     jedoch erst noch in der Zukunft zu liegen.
                                                              Eine wichtige Aufgabe des Gesundheitstourismus be-
                                                              steht auch darin, Medizin und Therapie optimal mit
     Immer stärker entwickeln sich in Nachfolge kurativer
                                                              den touristischen Strukturen zusammen zu führen.
     Angebote andere gesundheitstouristische Formen. Ne-
     ben selbstzahlerorientierten Angeboten ist hier v. a.
                                                              Ebenfalls ist es Aufgabe der gesundheitstouristischen
     auch das betriebliche Gesundheitsmanagement als
                                                              Anbieter, der Medizin- und Kommunikationstechno-
     Chance für den Gesundheitstourismus zu nennen. An-
                                                              logie - vergleichbar dem Fitness- und Sportmarkt -
     gesichts des demographischen Wandels und des sich
                                                              den Gesundheitstourismus als Absatzmarkt aufzuzei-
     abzeichnenden Fachkräftemangels investieren im-
                                                              gen. Kooperation und Know-How-Transfer in den Tou-
     mer mehr Unternehmen in die Gesundheit ihrer Mit-
                                                              rismus scheitern allerdings noch zu oft, weil Innovati-
     arbeiter. Bereits heute haben sich einige Kurorte und
                                                              onskompetenz, Marktverständnis und Schnittstellen
     Heilbäder auf diesen wachsenden Markt spezialisiert.
                                                              im und zum Tourismus fehlen oder nicht erkannt
     Sie kombinieren in langfristig ausgelegten Program-
                                                              werden.
     men Angebote am Arbeitsplatz und am Urlaubsort.
Angebotssparten         13

Wachstumspotenziale vorhanden –                                                           2.2 Angebotssparten
aber keine „Garantie“ für die Anbieter

Neue Rahmenbedingungen, neue Nachfragepotenzi-                                            Gesundheitstourismus: indikationsbe-
ale und neue Ansätze für Innovation und Kooperation                                       zogene und –unabhängige Angebote
bedeuten jedoch nicht zwangsweise eine höhere ge-
sundheitstouristische Nachfrage. Mit welchen Ange-                                        Die Möglichkeiten für die Entwicklung und Platzie-
boten kann die latente Nachfrage aber abgeschöpft                                         rung von gesundheitstouristischen Angeboten sind
werden? Hier steht der Gesundheitstourismus in                                            vielfältig und richten sich in erster Linie nach den Be-
Deutschland erst am Anfang seiner Entwicklungs-                                           dürfnislagen der Kunden. Hieraus ergeben sich ver-
möglichkeiten. Der „Neue Gesundheitstourismus“                                            schiedene Angebotssparten, die sich nach indikati-
befindet sich in einer frühen Marktphase. Potenziale                                      onsbezogenen und indikationsunabhängigen For-
und Nischen für Spezialisierungen gibt es für Anbie-                                      men des Gesundheitstourismus unterscheiden.
ter reichlich. Sie werden erst zum Teil genutzt, insbe-                                   Ausgehend von der Motivation des Kunden können
sondere im Innovations- und Know-How-Manage-                                              insgesamt sechs zentrale Angebotssparten be-
ment ist noch „Luft nach oben“. Es wird von den An-                                       nannt werden, die das Marktverständnis im Kontext
bietern abhängen, die exzellenten Möglichkeiten in                                        des vorliegenden Projektes erfassen und schwer-
echte Nachfrage umzuwandeln und dabei konkur-                                             punktmäßig von der Nachfrage im zweiten Gesund-
renzfähig zu agieren.                                                                     heitsmarkt getrieben werden. Die Grenzen zwischen
                                                                                          den einzelnen Sparten sind zum Teil fließend. Der
                                                                                          Wellnesstourismus ist nicht Gegenstand der Be-
                                                                                          trachtungen. Im Gegensatz zu den ersten drei Ange-
                                                                                          botssparten werden in den Angebotssparten IV-VI ge-
                                                                                          sundheitliche Probleme berücksichtigt.

   Angebotssparten    im Gesundheitstourismus
   Angebotssparten im Gesundheitstourismus          mit fließenden
                                           mit fließenden Grenzen  Grenzen

                                        Angebotssparten     Motivation/                   Beispiele                     Anbieterrelevanz
                                                            Ziel aus Kundensicht

                                   I    Primärprävention    Krankheitsvermeidung,         Vorbeugung bspw. durch        sämtliche medizinisch/tou-
                                                            Gesundheitserhaltung,         Ernährung, Sport, Wellness    ristische Anbieter mit Qualifi-
                                                            Kompetenzen für gesund-                                     kationsanforderungen nach
                                                            heitsfördernde Lebensweise                                  Leitfaden Prävention der
    nicht indikationsorientiert

                                                                                                                        Krankenkassen
    (Diagnose nicht relevant)

                                  II    Leistungsfähig-     Erreichung eines leistungs-   Resilienzerhöhung (Wider-     Anbieter mit medizinisch
                                        keit                definierten Ziels             standskraft gegen Krank-      und/oder psychologisch-
                                                                                          heiten) durch Meditation,     therapeutischem Bereich
                                                                                          Marathontraining

                                  III   Attraktivität       Erhöhung der Attraktivität    Dermabrasion, Chemical        Anbieter mit medizinisch-
                                                                                          Peeling                       therapeutischem Bereich

                                  IV    Sekundär-/          Früherkennung, Verhinde-      Einführung in das Joggen      medizinisch-therapeutische
                                        Tertiärprävention   rung der Verschlimmerung      bei Bluthochdruck             Einrichtungen mit Pro-
                                                            oder des Wiederauftretens     Chronische Erkrankungen       grammleitung, in Koope-
                                                            einer Erkrankung                                            ration mit touristischen
    Indikationsorientiert

                                                                                                                        Anbietern
    (Diagnose relevant)

                                  V     Rehabilitation      Wiederherstellung der         nach Eingriffen, Anschluss-   medizinisch-therapeutische
                                                            Gesundheit                    reha nach Unfall              Einrichtungen

                                  VI    Heilung und         Behandlung einer Erkrankung   Patientenreise in speziali-   medizinisch-therapeutische
                                        Linderung                                         sierte Klinik                 Einrichtungen

   Quelle: PROJECT M & KECK MEDICAL 2011
14      Chancen, Potenziale und Herausforderungen im „Neuen Gesundheitstourismus“

         I Primärprävention                                       Angebote der Primärprävention gibt es in den ver-
                                                                  schiedensten Anbietersegmenten. Allen gemein ist,
                                                                  dass sie touristische und medizinisch-therapeutische
         Nicht nur mit steigender Lebenserwartung steigt das
                                                                  Module kombinieren – von Entspannungsübungen
         Bewusstsein für die persönliche Verantwortung ge-
                                                                  über Bewegungs- und Ernährungsangebote, bis
         genüber der eigenen Gesundheit. Auch für jüngere
                                                                  hin zu Wellnessbausteinen oder Programmen der
         Zielgruppen die mitten im Berufsleben stehen trifft
                                                                  betrieblichen Gesundheitsförderung. Erfolgreiche
         dies zu. Unter den heutigen Lebenszielen spielen der
                                                                  und neuartige Angebote werden in Kurorten und
         Wunsch und das Wissen von Krankheiten verschont
                                                                  Heilbädern, aber auch außerhalb dieser, bspw. in
         bleiben zu können eine große Rolle. Die aktive Ge-
                                                                  Wellness- und Gesundheitshotels oder auch von Flä-
         sundheitsvorsorge gelangt immer mehr ins Bewusst-
                                                                  chendestinationen koordiniert, angeboten.
         sein: Geistige und physische Fitness und generelles
         Wohlbefinden sind wichtige Grundpfeiler des priva-
         ten und beruflichen Lebens.
                                                                  Praxisbeispiele: Gesundheitliche Aufladung von
         Hier setzen gesundheitstouristische Angebote der Pri-    Wandern und Radfahren
         märprävention an: Programme, die auf die Erhal-          3 In der TeutoVitalWanderWelt mit Angeboten u. a.
         tung der eigenen Gesundheit und Leistungsfähig-          zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Beschwerden
         keit abzielen. Es geht darum, Krankheiten zu vermei-     (j www.vitalwanderwelt.de)
         den, sich gesund zu erhalten und Kompetenzen für         3 Mit der GenussZeitReise (Bad Peterstal-Griesbach,
         eine gesundheitsfördernde Lebensweise zu erlangen.       Ferienregion Daun, Losheim am See) kooperieren drei
         Unterschieden werden die vier Bereiche der Primär-       Partnerregionen in einem Netzwerk für Wanderan-
         prävention: Bewegung, Ernährung, Entspannung             gebote mit Präventionstrainer (j www.tourismus.
         und Sucht.                                               saarland.de/de/genusszeitreise)
                                                                  3 Die Kombination Wandern und Übungen aus der
         Für die Akteure aus Tourismus und Gesundheitswirt-       Physiotherapie verbinden neue Gesundheitswander-
         schaft ergeben sich die unterschiedlichsten Angebots-    führer in der Initiative „Gesundheitswandern Let´s go –
         kombinationen, die der Vorbeugung gesundheitli-          jeder Schritt hält fit" (j www.gesundheitswander-
         cher Risiken dienen können. Erfolgreich sind diejeni-    fuehrer.de)
         gen Angebote, die auch die notwendige Qualität so-       3 Damp-Radfit-Woche oder Wochenende in Kooperati-
         wohl aus touristischer als auch aus gesundheitlicher     on mit dem Zentrum für Gesundheit der Deutschen
         Perspektive erfüllen. Anerkannt aus medizinisch-the-     Sporthochschule Köln (j www.damp-ostseehotel.de)
         rapeutischer Sicht sind bspw. die Qualifikationsanfor-
         derungen des Leitfadens Prävention der Spitzenver-       Praxisbeispiele: Gesund Tagen
         bände der Krankenkassen als Mindeststandard.             3 „Müsli statt Vanille-Croissants, Nüsse statt Schoko-
                                                                  riegel, Vitalgetränke, Stretchingübungen in der Kaf-

i          Der Leitfaden Prävention der Spitzenverbände
           der Krankenkassen dient auch im zweiten Ge-
                                                                  feepause“: Tagungspauschalen bei Partnerhotels von
                                                                  Gesund Tagen (Bayern Tourismus Marketing) nach der
           sundheitsmarkt oftmals als anerkanntes Instru-         Gesundheitsgleichung: Konzentriertes Arbeiten + ge-
           ment zur Qualitätssicherung (Qualifikationsan-         sunde Ernährung + Bewegung + Entspannung =
           forderungen Personal) im Bereich der Primärprä-        effektives Tagen (j www.gesundtagen.by)
           vention.                                               3 Bio- und Tagungshotel Zeulenroda mit gesundheits-
           Leitfaden Prävention als Grundlage für gemeinsame      orientierten Tagungsmodulen und Nachhaltigkeits-
           und einheitliche Handlungsfelder und Kriterien der     konzept (j www.seehotel-zeulenroda.com)
           Spitzenverbände der Krankenkassen zur Umsetzung
           von §§ 20 und 20a SGB V. vom 21. Juni 2000 in der
           Fassung vom 27. August 2010. j Download unter
           www.gkv-spitzenverband.de/Praevention_
           Leitfaden.gkvnet
Angebotssparten          15

    Praxisbeispiel: Präventionsreisen für Familien
    3 TUI Vitalissimo bietet u. a. Präventionsreisen für Fa-
    milien an: z. B. im Dorfhotel Sylt als eines von drei Ho-
    tels mit Familien-Prävention und Wellness. Bei der
    „Familien-Traumreise“, einem ganzheitlichen Ge-
    sundheitsprogramm für Familien, wird z. B. Familien
    Qi Gong oder „Nordsee-Geschichten-Aquafitness“ an-
    geboten (j www.tui.com)

    Praxisbeispiel: Lauf- und Triathlonseminare
    3 Laufseminare Bad Wiessee am Tegernsee mit ver-
    schiedenen Angeboten zur Optimierung der Laufleis-
    tung, enge Betreuung und individuelle Trainings-
    empfehlungen auf der Grundlage von Video-Laufstil-
    analyse, sportmotorischem Funktionstest und Laktat-         II Leistungsfähigkeit
    Feldstufentest (j www.medicalpark.de)
                                                                Neue Nachfrage entsteht mit großer Dynamik auch
i     Primärpräventionsangebote zielen auf die
                                                                durch jüngere, mitten im Arbeitsleben stehende
                                                                Menschen, mit hohen Anforderungen im privaten
      Erhaltung der Gesundheit und Leistungs-                   und insbesondere im beruflichen Lebensumfeld.
      fähigkeit ab                                              Stressprävention und Stressmanagement werden ge-
      Obgleich es sich bei den hier fokussierten Ziel-          rade für wertschöpfungsstarke und jüngere Nachfra-
      gruppen um Menschen ohne spezielle Diagnose               gesegmente immer bedeutsamer. Unter Schlagwor-
      handelt, ist es dennoch erforderlich, dass gesund-        ten wie „Selfness“ und „Mentale Wellness“ entwickeln
      heitstouristische Programme der Primärpräventi-           sich schon heute äußerst erfolgreich neue Angebots-
      on sich durch einen spezifischen, gesundheitsbe-          formen.
      zogenen Nutzwert auszeichnen, z. B.:
                                                                Doch nicht nur der Umgang mit Stress will von diesen
      3G
       rundsätzlich etwas Gutes für die Gesundheit
                                                                Zielgruppen erlernt werden. Darüber hinaus ist der
       tun, Kombination von Bewegungs-, Entspan-
                                                                Wunsch nach Optimierung der persönlichen Per-
       nungs- und Ernährungsangeboten
                                                                formance unter dem Motto „ Im Urlaub mal eben
      3	Stressmanagement, nachhaltige Entspannung              Leistungsfähigkeit und Attraktivität“ verbessern ein
         und innere Ruhe, vorbeugende Wirkung hin-              häufiger vorkommendes Motiv. Es geht dabei um
         sichtlich mentaler und/oder körperlicher Be-           möglichst individuell betreute Programme, die Para-
         schwerden, Entspannungsmethoden und indi-              meter wie physische und psychische Leistungsfähig-
         viduelle Beratung, Entspannungsfördernde               keit explizit verbessern.
         Ernährung und Bewegung
                                                                Bei solchen meist kostenintensiven Investitionen der
      3	Erhalt der körperlichen Leistungsfähigkeit und
                                                                Gäste, bei denen die Erreichung eines leistungsdefi-
         des Wohlgefühls im beruflichen und privaten
                                                                nierten Ziels im Vordergrund steht, spielen Mehr-
         Umfeld, Verbesserung der Fitness, Koordinati-
                                                                werte zur nachweislichen Performance-Optimierung
         on und Kondition, Ernährungsprogramme, Ent-
                                                                und Wirkungsnachweise wie messbare Gesundheits-
         spannungstechniken
                                                                und Erholungswerte in Zukunft eine große Rolle. An-
      3	Vorbeugung von altersbedingten Erkrankungen            bieter, die diese Voraussetzungen erfüllen können,
         und Einschränkungen der Lebensqualität, Bewe-          sind auf dem richtigen Weg. Hierfür sind medizi-
         gungs- und Ernährungsprogramme, Steigerung             nisch- bzw. psychologisch-thera­peutische Kompeten-
         der geistigen Leistungsfähigkeit                       zen für eine individualisierte Betreuung durch die An-
                                                                bieter unerlässlich. Die Angebotspalette reicht von
                                                                Lebenstil-Coaching, über das Ziel der Resilienzerhö-
16      Chancen, Potenziale und Herausforderungen im „Neuen Gesundheitstourismus“

     hung (Widerstandskraft gegen Krisen und Krankhei-         III Attraktivität
     ten trainieren) bspw. durch Meditation bis hin zum
     Marathontraining. Einige Beispiele zur Veranschauli-      Die Erhöhung der Attraktivität ist ein weiteres ge-
     chung:                                                    sundheitstouristisches Motiv. Dabei sind nicht einfa-
                                                               che Beautyanwendungen gemeint, die oft Bestandteil
      Praxisbeispiele: Leistungsdiagnostik und                 von Wellnessangeboten sind, sondern spezielle Ver-
     (Höhen)Training                                           fahren, die in der Dermatologie (Hautheilkunde) oder
     3 Für die Zielgruppe Sportler im Hotel Bornmühle: Hö-     ästhetischen Chirurgie zum Einsatz kommen. Es geht
     hentrainingszentrum sowie zwei speziell ausgerüste-       darum, im Urlaub die eigene Attraktivität und das
     te „Höhenzimmer“ mit „Lowoxygen-Technologie“ er-          Aussehen gezielt zu verbessern, oft auch im Rahmen
     möglichen Höhentraining bzw. Akklimatisierungs-           von Anti-Aging-Programmen mit weiteren präventiv-
     training im Flachland (j www.bornmuehle.de)               medizinischen Modulen.
     3 Enjoy-Triathlon als Coaching für Athleten und Tri-
     athleten in besonderen Lebenssituationen, Beratung        Anbieter sind meistens hoch spezialisierte Einrichtun-
     beruflich oder familiär stark eingebundener Triathle-     gen der Gesundheitshotellerie oder Kliniken mit tou-
     ten, bietet Potenzial für die Einbindung in ein gesund-   ristischer Ausrichtung, die z. B. Dermabrasion (Ab-
     heitstouristisches Umfeld, von Berufssportlern und        schleifung der Haut), Chemisches Peeling (Behand-
     Medizinern begleitet (j www.enjoy-triathlon.com)          lung der Hautoberflächenstruktur mit Säuren) oder
                                                               minimalinvasive Eingriffe (operative Eingriffe mit
     Praxisbeispiel: Leistungserhaltung und -steige-           kleinstmöglichen Verletzungen) offerieren.
     rung im Beruf                                             Ausgewählte Beispiele:
     3 Business Health Campus Bad Reichenhall: Business-
     veranstaltungen (Tagungen, Konferenzen, Trainings         Praxisbeispiele: Schönheitsbehandlungen im
     und Workshops) werden mit gesundheitsfördernden           Urlaub
     Aktivitäten aufgeladen, eigene Veranstaltungen zum        3 Angebote durch die TUI in Kooperation mit Clinic
     Themenkreis „Lebensqualität und Gesundheit“ (z. B.        im Centrum als Anbieter für plastische und ästheti-
     „Arbeitswelt und Gesundheit“/“Der Einzelne und sei-       sche Chirurgie. Kosmetische Anwendungen umfassen
     ne Gesundheit“), Coachings, Incentives, Managertref-      das Angebot in den TUI-Partnerhotels, diese bieten
     fen, Fitness und Gemeinschaft (Programme für Verei-       Pakete für Schönheitsanwendungen (Injektion mit
     ne und Gruppen), um sich im Berufsalltag fit zu halten    Botulinum-Toxin A, Mesotherapie, Radiage, Micro-
     (j www.business-health-campus.de)                         dermabrasion, professionelles Peeling und Fadenlif-
                                                               ting etc.) und Transfermöglichkeiten in die Kliniken
     Praxisbeispiel: Betriebliches Gesundheitsmanage-          an (j www.tui.com/urlaub-mit-tui/besondere-interes-
     ment (BGM)                                                sen/tui-vital/; www.clinic-im-centrum.de)
     3 Gesundheitsresort Freiburg: Kooperation von 4-Ster-     3 Hotel Breidenbacher Hof, Düsseldorf: Parallelange-
     ne Hotel (Dorint) und Mooswaldklinik in Städtedesti-      bot einer Beauty-Lounge mit Massagen, Maniküren
     nation u. a. zum Thema „Gesund arbeiten“                  etc., einer Fitness-Einrichtung, einer Klinik für ästheti-
     (j www.gesundheitsresort-freiburg.de)                     sche Chirurgie (Pearl of aesthetics) und einer präven-
                                                               tivmedizinischen Praxis
     Praxisbeispiel: Resilienztraining                         (j www.breidenbacherhofcapella.de)
     3 Rondo-Seminarhaus: Resilienztraining - Verstär-
     kung der Kraft, mit der es Menschen gelingt, Schick-
                                                               IV Sekundär- und Tertiärprävention
     salsschläge, Verluste und Widrigkeiten zu überwin-
     den und sich auf Veränderungen einzustellen
                                                               Auch bei gesündester Lebensweise lassen sich Krank-
     (j www.rondo-seminarhaus.de)
                                                               heiten nicht immer vermeiden. Immer mehr Men-
                                                               schen sind sich ihrer gesundheitlichen „Achillesfer-
                                                               se“, wie z. B. Bluthochdruck, längst bewusst und
                                                               möchten über die allgemeine Primärprävention hin-
Angebotssparten             17

aus zielgerichtete, kompetente personalisierte Prä-      Praxisbeispiel: Prophylaxecenter „Treffpunkt Ge-
ventionsmaßnahmen, häufig mit dem Ziel der mittel-       sundheit“
fristigen Verringerung ihres Medikamentenbedarfs.        3 Bad Füssinger Lebensstil-Programm: Entwicklung ei-
Im Rahmen der Sekundär- und Tertiärprävention geht       ner Qualitätsinitiative „Campus IGM“ zu einem prä-
es exakt um diese Punkte: Früherkennung und Ver-         ventivmedizinischen Kompetenzzentrum, für Gäste
hinderung von Komplikationen bestehender Erkran-         eine Servicestelle, die Antworten auf die Fragen lie-
kungen.                                                  fert: Wie gesund bin ich? Wie groß ist mein Risiko
                                                         krank zu werden? Wie groß ist mein Erkrankungsrisi-
Selbst wenn die Angebote der Krankenkassen weiter-       ko hinsichtlich Volkskrankheiten wie Herz-Kreislauf-
hin noch zu selten in Anspruch genommen werden,          Problemen oder Stoffwechselerkrankungen wie Dia-
so zeigt die kontinuierlich steigende Teilnahme an       betes? Zusammenarbeit mehrerer bayerischen Hoch-
Vorsorgeuntersuchungen, dass diese Erkenntnisse          schulen mit dem Kurort (j www.bad-fuessing.de)
von immer mehr Menschen auch in die Tat umgesetzt
werden. Viele möchten jedoch die Maßnahmen nicht         Praxisbeispiel: High Tech Check-up „in urbanem
im Ambiente der klassischen Medizin durchführen          Ambiente“
lassen, sondern in möglichst angenehmer Atmosphä-        3 Medizinisches Präventions Centrum Hamburg: Uni-
re und auch mit der Möglichkeit, parallel einen Ge-      versitäres Präventionszentrum mit hochmoderner
sundheitsurlaub zu genießen. Darüber hinaus sehen        Technik (u. a. Ganzkörpertomographie, Osteodensito-
Unternehmen, insbesondere in Anbetracht der konti-       metrie, Spiroergometrie) und einem straff durchorga-
nuierlichen Alterung ihrer Mitarbeiter, in der Unter-    nisierten halbtägigen Untersuchungsdurchgang. Je-
stützung von Check-up Programmen (medizinische           der Kunde hat ein eigenes Zimmer, zur Ausstattung
Vorsorgeuntersuchungen) und gezielten Präventi-          gehören u. a. eine Chaiselongue, ein Schreibtisch mit
onsmaßnahmen eine wirksame Möglichkeit, ihre Mit-        Computer sowie ein Flachbildschirmfernseher
arbeiter gesundheitlich zu stabilisieren.                (j www.mpch.de)

Für den Gesundheitstourismus bieten sich vielfältige
Möglichkeiten, der Nachfrage nach Sekundär- und           Angebote der Sekundär- und Tertiärpräventi-            i
Tertiärprävention zu begegnen. Ein großer Vorteil für     onzielen auf Früherkennung bzw. die Vermei-
Anbieter liegt in den niedrigen Streueffekten bei Mar-    dung einer Verschlimmerung oder eines Wie-
keting und Vertrieb: Menschen, die ihre gesundheitli-     derauftretens einer Erkrankung ab.
chen Risiken kennen, informieren sich sehr gezielt.
                                                          Während bei der Früherkennung überwiegend
                                                          Gesunde im Fokus stehen, sind in den weiteren
Insbesondere Check-up Angebote sind häufig in Met-
                                                          Bereichen der Sekundär- bzw. Tertiärprävention
ropolen angesiedelt und werden mit Städtereisen
                                                          bestehende Diagnosen zu berücksichtigen. Ge-
kombiniert. Im ländlichen Raum bieten gesund-
                                                          sundheitstouristisch orientierte Programme der
heitstouristisch orientierte sekundär- und tertiärprä-
                                                          Sekundär- und Tertiärprävention beinhalten u. a.:
ventive Programme in der Regel auch Bewegungs-
bzw. Entspannungstraining wie z. B.:                      3 Früherkennung z. B.: Körperliche Untersu-
                                                             chung, bildgebende Diagnostik, wie z. B. Ultra-
Praxisbeispiel: Präventionspauschalen und Check-             schall, Labor.
up-Programme                                              3 Lebensstilberatung und –training z. B. : Ernäh-
3 Beispielhaft genannt: Mit Genuss gesund in die Zu-         rungsberatung bei Diabetes mellitus oder arte-
kunft in Bad Aibling, Integration der medizinischen          rieller Hypertonie (Bluthochdruck), Bewe-
Kompetenz von drei Fachkliniken über Vorsorgeun-             gungsprogramme bei Erkrankungen des Bewe-
tersuchungen zu Schlaganfallrisiko, Inneren Krank-           gungsapparates oder nach einem Herzinfarkt,
heiten (z. B. Herz-Kreislauf) und Osteoporose (Kno-          Entspannungsprogramme nach
chendichtemessung), Kombination mit Bewegungs-
programmen (j www.aib-kur.de)
18      Chancen, Potenziale und Herausforderungen im „Neuen Gesundheitstourismus“

     V und VI Rehabilitation, Heilung und                      Praxisbeispiel: Umfassender Service für ausländi-
                                                               sche Patienten
     Linderung
                                                               3 Städtisches Klinikum München: das International De-
                                                               partment betreut übergreifend die ausländischen Pa-
     Die klassischen medizinischen Leistungen der Reha-
                                                               tienten von 5 Kliniken mit Services wie arabisch, eng-
     bilitation und Akutmedizin in Deutschland werden
                                                               lisch und russisch sprechenden Koordinatoren, Visa-
     von Anbietern in Deutschland auch häufiger für
                                                               organisation und Flughafentransfer (j www.klini-
     standortferne inländische Patienten, gelegentlich in
                                                               kum-muenchen.de)
     der grenzüberschreitenden Versorgung auch für aus-
     ländische Patienten und, seltener, auch für grenzfern
     wohnende oder sogar außereuropäische Patienten
     angeboten. Dabei kommen für die Rehabilitationskli-
                                                                 Patiententourismus
                                                                                                                        i
     niken vor allem Erkrankungen in Frage, die eine Reise       Im Medizintourismus kann entsprechend der Her-
     zu einem wohnortfernen Anbieter erlauben, bei               kunft der Patienten nach drei Kategorien unter-
     Akutkrankenhäusern sind es entsprechend überwie-            schieden werden: Inländisch (aber wohnortfern),
     gend Leistungen, deren Zeitpunkt weitgehend frei            ausländisch grenznah und ausländisch grenzfern
     gewählt werden kann. So werden beispielsweise kar-          bzw. außereuropäisch. Nachgefragt werden Re-
     diologische, neurologische oder onkologische Reha-          habilitation, soweit eine längere Anreise möglich
     bilitation oder auch Leistungen wie Herz-, Hüft- und        ist, und das gesamte Spektrum der Akutmedizin,
     Knieoperationen nachgefragt.                                wenn es im Rahmen einer Maßnahme angewen-
                                                                 det werden kann, deren Zeitpunkt weitgehend
     Sowohl bei eigenständig entscheidenden deutschen            frei wählbar ist. 2007 ließen sich dem Statisti-
     als auch ausländischen Patienten hat bei der Wahl ei-       schen Bundesamt zufolge 70.898 Patienten aus
     ner wohnortfernen Klinik in der Regel die medizini-         dem Ausland in deutschen Kliniken behandeln
     sche Qualität höchste Priorität, die wesentlich von der     (Dtsch Arztebl 2009; 106(47): A-2361 / B-2029 /
     wahrgenommen Kompetenz des medizinischen Per-               C-1973). Allerdings ist aus dieser Angabe nicht ab-
     sonals abgeleitet wird. Entscheidungsrelevant sind je-      zulesen, wie viele dieser Patienten nur aus Grün-
     doch auch die Lage und die Infrastruktur in Bezug auf       den der Diagnostik oder Therapie in deutsche Kli-
     medizinische Einrichtung und Räumlichkeiten. Zu-            niken gekommen sind und nicht beispielsweise
     sätzliche Leistungsangebote wie z. B. Medical Well-         im Rahmen eines Notfalls während einer Urlaubs-
     ness im Rahmen des Klinikaufenthaltes können, bei           reise. Die steigende Auslandsnachfrage nach me-
     sonst gleichen Voraussetzungen, ausschlaggebend             dizinischen Leistungen deutscher Kliniken lässt
     sein.                                                       sich beispielsweise an der Behandlung russischer
                                                                 Patienten dokumentieren: In 3 Jahren (2004-
     Praxisbeispiel: Rehabilitation, Medical Wellness,           2007) stieg die Anzahl um 138 % (Dtsch Arztebl
     Hotelambiente                                               2009; 106(47): A-2361 / B-2029 / C-1973).
     3 Klinik am Haussee Mecklenburg-Vorpommern: die
     Klinik bietet kardiologische, neurologische, orthopä-
     dische und psychosomatische Dienstleistungen sowie
     Medical Wellness und Wellness. Es werden gesonder-
     te hotelähnliche Zimmer auf den Stationen vorgehal-
     ten (j www.klinik-am-haussee.de)

     Bei ausländischen Patienten sind neben dem interna-
     tionalen Ruf auch der Preis und die einfache Erreich-
     barkeit (bei außereuropäischen Patienten: Flughafen-
     nähe) des Standortes wesentliche Entscheidungsfak-
     toren, z. B.:
Innovative Ansätze und Best Practices         19

    2.3 Innovative Ansätze und
    Best Practices

    Innovationen und Best Practices im                      3 Strukturen: Entwicklung, Veränderung, Weiter-/
                                                            Neuentwicklung von Strukturen (z. B. neue Organisa-
    „Neuen Gesundheitstourismus“
                                                            tions- und Kooperationsformen)

    Welche sind die Innovationen im „Neuen Gesund-
    heitstourismus“? Um dieser Frage nachzugehen,           Der Weg zu Innovationen und
    wurden systematisch innovative Ansätze und Best         Best Practices
    Practice-Beispiele identifiziert. Zur Einordnung gilt
    es, das Innovationsverständnis im Projektvorhaben       Innovationen und Best Practices sind immer „relativ“:
    „Innovativer Gesundheitstourismus in Deutschland“       Die Abgrenzung erfolgt branchenspezifisch für den
    zu klären.                                              gesundheitstouristischen Markt und ist nicht über-
                                                            schneidungsfrei. Ein Beispiel: Ein bereits markteinge-
                                                            führtes Best Practice-Verfahren im medizintechnolo-
                                                            gischen Markt kann im gesundheitstouristischen
i     Begriffsklärungen                                     Markt noch eine absolute Innovation sein, wenn das
                                                            Verfahren dort bislang noch nicht angewendet wur-
      3 Innovation: Im allgemeinen Sprachgebrauch
                                                            de. Es kommt daher auf die Perspektive des jeweiligen
      wird „Innovation“ unspezifisch im Sinne von neu-
                                                            Betrachters an: Was für den einen eine Innovation
      en Ideen und Erfindungen und für deren wirt-
                                                            darstellt, kann als Produkt für den anderen bereits ein
      schaftliche Verwertung verwendet. Im engeren
                                                            Best Practice und für einen Dritten überhaupt nicht
      Sinne spricht man erst dann von Innovationen,
                                                            beachtenswert sein.
      wenn diese in neue Produkte, Dienstleistungen
      oder Verfahren umgesetzt werden (Invention),
                                                            Die geschilderten Zusammenhänge zeigen auf, wie
      die erfolgreich Anwendung finden und den Markt
                                                            gesundheitstouristische Anbieter zu innovativen An-
      durchdringen (Diffusion).
                                                            sätzen finden können: Durch Untersuchung und Wei-
      3 Best Practice: Hierunter versteht man im all-       terentwicklung vorbildlicher Beispiele aus dem Ge-
      gemeinen Sprachgebrauch ein bestes Verfahren,         sundheitstourismus und durch Einbindung von Ent-
      ein Erfolgsrezept oder eine Erfolgsmethode.           wicklungen aus angrenzenden Branchen, insbeson-
      Wenn ein Unternehmen Best Practices heran-            dere der Medizin, Gesundheitswirtschaft und Kom-
      zieht, setzt es bewährte Verfahren, technische        munikationstechnologie. Der Weg zu Innovationen
      Systeme und Geschäftsprozesse ein, die bspw.          und Best Practices lässt sich durchaus systematisch
      ein anderer Musterbetrieb erfolgreich anwendet.       planen und durchführen, indem beispielsweise Quali-
                                                            tätsmanagementprozesse zur Innovationsentwick-
                                                            lung herangezogen werden.

    Innovationen und Best Practices wurden für den ge-
    sundheitstouristischen Markt in drei Bereichen unter-
    sucht:

    3 Produkte: Entwicklung und Markteinführung ei-
    nes neuen bzw. neuartigen Produkts (z. B. Verände-
    rung des Produktkerns, der Zusatzleistungen oder des
    Produktdesigns)

    3 Prozesse/Verfahren: Entwicklung, Veränderung,
    Weiter-/Neuentwicklung der für die Leistungserbrin-
    gung notwendigen Prozesse (z. B. neue Technologien,
    neue Produktionsstufen, neue Marketing-/Vertriebs-
    formen)
20      Chancen, Potenziale und Herausforderungen im „Neuen Gesundheitstourismus“

i         Kriterien für Innovationen und Best                                       3Q
                                                                                     ualität und Kundenorientierung: Im Falle
          Practices                                                                  von gesundheitstouristischen Dienstleistun-
          Best Practices und Innovationen, die im Projekt-                           gen und Prozessen wurden der Nutzen/Mehr-
          vorhaben „Innovativer Gesundheitstourismus in                              wert für den Kunden, die Nutzerfreundlichkeit
          Deutschland“ analysiert wurden, wurden auf be-                             und Zielgruppenorientierung, touristische so-
          stimmte Eigenschaften geprüft:                                             wie medizinisch-therapeutische Qualitätsstan-
                                                                                     dards und –sicherung berücksichtigt.
          3 Innovationshöhe: Die ausgewählten Ansätze
             stellen für viele Marktteilnehmer im Gesund-
             heitstourismus eine signifikante Neuartigkeit
             und eine Alleinstellung im Vergleich zum
             Markt-/Wettbewerbsumfeld dar. Sie zeichnen
             sich durch Originalität, Raffinesse und Kreativi-
             tät aus und besitzen eine Trendrelevanz als                           Fast 400 Best Practices und
             Treiber des gesundheitstouristischen Marktes.
                                                                                   innovative Ansätze
          3E
            rtragspotenzial: Wichtig sind auch die Wirt-
           schaftlichkeit (zu erwartende Wert-Kosten-Re-                           In einem dreistufigen Verfahren wurden zunächst
           lation), die Marktfähigkeit sowie die Markt-                            fast 800 Hinweise zu innovativen Ansätzen und Best
           chancen, die Möglichkeit zur Erschließung neu-                          Practices geprüft. Nachdem nicht passende, zu unspe-
           er Marktsegmente und/oder Zielgruppen sowie                             zifische oder medizinisch-therapeutisch fragwürdige
           die Nachhaltigkeit und Stabilität des jeweiligen                        Ansätze aussortiert worden waren, blieben noch
           Ansatzes.                                                               knapp 400 Best Practices und innovative Ansätze üb-
                                                                                   rig, die nach den o. g. Kriterien bewertet wurden.
          3W
           irkung: Bei der Auswahl der Ansätze wurden
                                                                                   Die meisten dieser 400 Best Practices und innovativen
           auch die zu erwartenden Impulseffekte, die
                                                                                   Ansätze stammen von Kliniken/Gesundheitszentren,
           Skalierbarkeit, die zu erwartenden Lern-/Nach-
                                                                                   gefolgt von Beherbergungseinrichtungen, Kurorten/
           ahmungseffekte sowie die zu erwartenden
                                                                                   Heilbädern, Gesundheitsregionen, Flächendestinati-
           volkswirtschaftlichen Effekte betrachtet.
                                                                                   onen sowie Anbietern der Medizin- und Kommunika-
                                                                                   tionstechnologie und sonstigen Anbietern.

         Innovative Ansätze und Best Practices nach Anbietersegmenten

                                     Anzahl der Beiträge, die über Hinweise in neun bundesweit durchgeführten Zukunftskonferenzen,
                        durch Experteninterviews sowie Recherchen erfasst und für die weitere Auswertung im Projekt genutzt wurden.

                                                                      0       20         40        60         80           100   120     140
           Kliniken, Gesundheitszentren, med.-therap. Dienstleister                                                                120
                         Beherbergungsanbieter, insbes. Hotellerie                                                    90
                                                Kurorte, Heilbäder                                               79
                                             Gesundheitsregionen                                            75
                                             Flächendestinationen                                     59
                             Medizin-Kommunikationstechnologie                            38
                                                        Sonstiges¹                               52
                                                                      n = 395 Mehrfachzuweisung möglich
                                                                      ¹ Veranstalter, Bildungseinrichtungen, Krankenkassen,
                                                                      Kosmetikindustrie, sonst. Verbände
           Innovative Ansätze und Best Practices
           nach Anbietersegmenten
           Quelle:PROJECT
           Quelle: PROJECTMM
                           &&  KECK
                             KECK   MEDICAL
                                  MEDICAL 20112011
21

3.
Best Practices und innovative Ansätze
im Gesundheitstourismus
22      Best Practices und innovative Ansätze im Gesundheitstourismus

         3.1 Kurorte und Heilbäder

         Marktsituation
                                                                   3 Typ 2: Touristisch allgemein gut aufgestellte
         Viele Kurorte und Heilbäder verfügen traditionell         Kurorte und Heilbäder mit weniger ausgeprägten
         über eine breite und qualitativ hochwertige gesund-       gesundheitstouristischen Aktivitäten. Hierbei
         heitstouristische Anbieterlandschaft, die sehr gute       handelt es sich oftmals um Orte in See- oder Ge-
         Potenziale für den „Neuen Gesundheitstourismus“           birgslagen mit gut nutzbaren natürlichen Poten-
         bietet. Entscheidend ist die Motivation zur Aktivie-      zialen. Einige dieser Orte arbeiten inzwischen
         rung der gesundheitstouristischen und gesundheit-         auch an der Entwicklung eines ergänzenden ge-
         lich-medizinischen Anbieter für Angebotsformen des        sundheitstouristischen Profils – oft getrieben
         „Neuen Gesundheitstourismus“. Diese ist in einer          durch vorhandene kommunale Infrastruktur und/
         ganzen Reihe von Kurorten und Heilbädern aufgrund         oder Bestrebungen für eine ganzjährige Auslas-
         bestehender Netzwerke und damit auch aufgrund             tungsoptimierung.
         vertraglicher Verpflichtungen sowie bedingt durch         3 Typ 3: Sowohl allgemein touristisch als auch
         nicht vorhandene Freikapazitäten im Übernach-             gesundheitstouristisch schwächer aufgestellte
         tungssegment schwer umsetzbar. In der Folge wird          Kurorte und Heilbäder mit Defiziten in Qualität,
         ein Teil der Kurorte und Heilbäder sofort sehr erfolg-    Service, Infrastruktur, Produkt-/ Angebotsent-
         reich am Markt agieren können. Ein anderer Teil wird      wicklung. Diese Orte befinden sich häufig in we-
         den Herausforderungen u. a. mit den im Leitfaden          niger begünstigten Lagen, was die natürlichen
         dargestellten innovativen Beispielen begegnen müs-        Potenziale angeht. Hier stellen sich grundsätzli-
         sen, um sich am Markt zu behaupten.                       che Fragen im Hinblick auf die künftige Ausrich-
                                                                   tung und Schwerpunktsetzung sowie den ent-

i          Typisierung der Entwicklung von Kurorten und
                                                                   sprechendem Ressourcenansatz.

           Heilbädern

           3 Typ 1: Gesundheitstouristisch gut, teilweise ex-
           zellent aufgestellte, marktaktive Kurorte und
           Heilbäder mit einer starken, markenartigen Pro-
           filbildung. Diese verfügen über konsequente Initi-
           ativen in Richtung Qualität, Service, Infrastruktur
           und innovativer Produkt-/Angebotsentwicklung
           nebst klarer Spezialisierungen auf einzelne
           Marktsegmente.
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