Kreuz und Altar Die Gegenwart des Opfers Christi in der Eucharistie

Die Seite wird erstellt Jens Dittrich
 
WEITER LESEN
Kreuz und Altar Die Gegenwart des Opfers Christi in der Eucharistie
Kreuz und Altar
Die Gegenwart des Opfers
Christi in der Eucharistie
von Prof. Dr. Helmut Hoping

Exzellenz, hochwürdigster                     Die Regel ist für mich freilich die
Herr Erzbischof Burke,                        Teil­nahme an der Messe Pauls
sehr verehrte                                 VI., in der ich seit 1995 als Dia-
Frau Rheinschmitt,                            kon mei­nen As­sistenz- und Pre­
meine sehr geehrten                           digt­dienst ausübe. An der klas­
Damen und Herren!                             sischen Form des römischen
                                              Ritus schät­ze ich ihre dichte
Ganz herzlich bedanke ich mich                Sa­kra­lität sowie ihren manife-
bei der Laienvereinigung „Pro                 sten la­treu­tischen Cha­­rak­ter,
Missa Triden­tina“ für die Ein­               der mich oft intensiver als sonst
ladung, bei der diesjährigen Jah-             erleben läßt, was es heißt, daß
resversammlung den öffent­lichen              sich die Dar­brin­gung der Eucha-
Vortrag zu halten. Gerne habe                 ristie in dank­sa­gen­der Anbetung
ich die Einladung in die Nach-                vollzieht. In meinem Vortrag zum
barschaft meiner nord­deutschen               Thema „Die Ge­genwart des Op­
Hei­mat an­genommen. Mei­nen                  fers Christi in der Eucharistie“
ersten Zu­gang zur klas­sischen               geht es mir um den für das christ-             Prof. Dr. Helmut Hoping
Form des römischen Ritus ver­                 liche Opfer­verständnis zen­tralen
mit­telte mir mein emsländischer              Zusammenhang von Kreuz und                     sen. Dies hängt nicht nur mit ei-
Hei­mat­pfarrer, der mich zu Be-              Altar. Ich gliedere meinen Vor-                nem unklaren Kult­begriff zusam­
ginn des 2. Vati­ka­ni­schen Kon­             trag in drei Teile. Da das Opfer               men. Das Frühchristentum hatte
zils au­ßer­halb des Jahr­gangs               der Eucharistie voraussetzt, daß               von Beginn an ein dia­lektisches
zur Früh­kom­munion führte und                der Tod Jesu ein Opfertod war,                 Verhältnis zum Kult: Während es
unmit­tel­bar da­nach zum Mi­ni­              will ich zunächst auf die sakrifi-             den zentralen jüdischen Kult an
stran­ten machte. Es folgten die              zielle Dimension des Sterbens                  entscheidender Stelle trans­for­
Feier der Messe nach dem Inte-                Jesu als Grund­­lage des eucha-                mierte, grenzte es sich von der
rimsmissale von 1965 und eine                 ristischen Opfers aufmerksam                   Idolatrie des pa­ganen Kultes
längere Zeit des Über­gangs,                  machen.                                        scharf ab (Röm 1,25; 1 Kor 5,10f;
bis schließlich 1975 das Meß­                                                                10,14.19-22; 2 Kor 6,15-17).1 Für
buch für den deut­schen Sprach­                                                              das Neue Testament ist der Tod
raum er­schien. Erst Anfang der               1. Kreuz und Kult                              Jesu das Heilsereignis schlecht-
neunziger Jahre kam ich an der                                                               hin. Eine Heils­bedeutung kann
Ostküste Nord­amerikas wie­der                Der Tod Jesu als Opfertod                      der Tod Jesu aber nur haben,
in Kontakt mit dem usus anti-                 Daß das Christentum ursprüng-                  wenn Jesus mehr war als das
quior des römischen Ritus. Seit               lich eine kultlose Religion gewe-              pas­sive Opfer des Gerechten,
dem Motu Proprio „Sum­­mo­rum                 sen sei, wird in der Theologie                 dessen Vikti­misierung den in al-
Pon­tificum“ (2007) nehme ich in              ebenso behauptet wie das Ge-                   len Kul­tu­ren wirk­samen Sünden­
unregelmäßigen Ab­stän­den an                 genteil, das Chri­stentum sei von              bock­mechanis­mus offenlegte,
der „tridentinischen“ Messe teil.             Anfang an kultorientiert gewe-                 den René Girard in seinem Werk

1		 Vgl. Knut Backhaus, Kult und Kreuz. Zur frühchristlichen Dynamik ihrer Beziehung, in: ders., Der sprechende Gott. Gesammelte Studien
    zum Hebräerbrief, Tübingen 2009, 239-260: 240. – Der Lektüre des in jeder Hinsicht lesenswerten Beitrages des Münchener Neutesta-
    mentlers verdanke ich sehr viel für die Be­hand­lung meines Themas.

4
Kreuz und Altar Die Gegenwart des Opfers Christi in der Eucharistie
so eindrucks­voll be­schrieben                     vertreten­den Sühnetod Chri­sti                  un­trennbar verbun­dene spezifi-
hat.2 Jesus wurde – das steht                      auf­zugeben, wä­re für Paulus                    sche Opferse­man­tik nicht mehr
außer Zweifel – ein Opfer (vic-                    wohl dasselbe wie die Aufgabe                    ver­standen wird. Vielmehr wird
tima) staat­licher Ge­walt. „Ge­                   der christlichen Identität.“5 Ja es              der Tod Jesu auf der Linie Fried-
kreuzigt“ bzw. „ge­litten unter                    spricht alles dafür, daß Jesus                   rich Nietzsches mit rituellen Op-
Pontius Pilatus“ – so heißt es                     beim letzten Abendmahl selbst                    fern archaischer Religionen in
im Glau­bens­be­kennt­nis. Doch                    auf das kultisch konnotierte                     Verbindung gebracht, die einen
ist der Tod Jesu aus­schließ­lich                  Süh­nemotiv zur Deu­tung sei-                    als bedrohlich schei­nen­den Gott
das Resultat eines po­litisch-                     nes Sterbens Bezug genommen                      zu be­sän­f­tigen suchten. In sei-
religiösen Konflikts? Gehört er                    hat.6                                            nem Werk „Der Anti­christ. Fluch
nicht zu­gleich in die Reihe der                   In den letzten fünfzig Jahren ist                auf das Christentum“ (1888)
sacrificia?3 Die Achse der neu­                    es zu einer massiven Erosion                     schreibt Nietzsche: „Auf die Ka-
testa­ment­lichen Aussagen zur                     des Glaubens an den stell­ver­                   tastrophe des Kreuzes fand die
Heils­be­deutung des Todes be-                                                                      gestörte Vernunft der kleinen
steht in dem Bekenntnis, daß                                                                        Gemeinschaft eine geradezu
Jesus „für uns“ gestorben ist (1                                                                    schrecklich absurde Antwort:
Thess 5,10; Röm 5,8; 1 Kor 15,3                                                                     Gott gab seinen Sohn zur Ver-
u.a.).4 Sowohl in den Evan­gelien                                                                   gebung der Sünden, als Opfer.
und im Corpus Pau­linum als                                                                         Wie war es mit einem Male zu
auch in der übrigen neu­testa­                                                                      Ende mit dem Evan­gelium! Das
mentlichen Brief­literatur wird der                                                                 Schuldopfer, und zwar in seiner
Tod Jesu sühne­theo­logisch ver­                                                                    wider­lichsten,     bar­bari­schsten
stan­den: Jesus hat sein Leben                                                                      Form, das Op­fer des Unschul-
stellvertretend für unsere Sün-                                                                     digen für die Sünden der Schul-
den dahingegeben. Bis hinein                                                                        digen! Welches schauderhafte
in die Recht­fer­ti­gungs­lehre des                                                                 Hei­dentum!“7
Apostels Paulus begegnet uns                                                                        Die Vor­stellung eines durch Opfer
                                                   Maria und Johannes unter dem Kreuz
diese Deutung des Todes Jesu.                                                                       zu besänftigenden Gottes war aber
Der Exeget Helmut Merk­lein hat                    tre­ten­den Sühnetod Jesu ge­                    schon mit dem nache­xilischen
daher Recht, wenn er schreibt:                     kommen, die daher rührt, daß                     Süh­nopferkult des Jerusa­le­mer
„Den Glauben an den stell­                         die mit der Deu­tung dieses Todes                Heilig­tums über­­wunden. Für

2     Vgl. René Girard, Der Sündenbock. Aus dem Französichen von E. Mainberger-Ruth, Düs­­sel­dorf 1998 (1988); ders., Das Heilige und die
      Gewalt. Aus dem Französischen von E. Mainberger-Ruth, Düsseldorf 2006 (1987). – Die Opfertheorie Girards kreist um das Sün­­den­bock­
      ritual. Der Sündenbock hat die kulturelle Funktion, die mimetische Wirkung der Gewalt zu durchbrechen. Die Gewalt richtet sich gegen
      ein stell­vertretendes Opfer, in dessen Tötung die Gewalt gleichsam „ge­rei­nigt“ wird. – In seinem späteren Werk kommt es bei Girard zur
      Differen­zie­rung seiner Po­sition. Jetzt nimmt Girard den Op­ferbegriff auch positiv auf und spricht vom Tod Jesu als sacrificum (vgl. René
      Girard, Hiob. Ein Weg aus der Gewalt, Zürich-Düsseldorf 1990, 195-211; ders., Mi­me­tische Theorie und Theologie, in: Vom Fluch und Se­
      gen der Sün­denböcke. FS R. Schwa­­ger, hg. von J. Niewiadomski und J. Palaver, Thaur 1995, 15-29).
3		   Vgl. Christof Gestrich, Christentum und Stellvertretung. Religionsphilosophische Untersu­chungen zum Heils­ver­­ständnis und zur
      Grundlegung der Theologie, Tübingen, 2001, 353.
4     Vgl. Karl Lehmann, Er wurde für uns gekreuzigt. Eine Skizze zur Neubesinnung in der Soteriologie, in: Theo­lo­gische Quartalschrift 162
      (1982) 298-317: 305.
5		   Helmut Merklein, Der Sühnegedanke in der Jesustradition und bei Paulus, in: Das Opfer. Bib­lischer Anspruch und liturgische Gestalt (QD
      186), hg. von A. Gerhards und K. Richter, Frei­burg-Basel-Wien: 2000, 59-91: 91.
6		   Vgl. Helmut Merklein, Jesu Botschaft von der Gottesherrschaft. Eine Skizze (SBS 111), Stuttgart 31989 (1983) 93-131: 96-109.263f; ders.,
      Der Tod jesu als stellvertretender Sühnetod (1984), in: ders., Studien zu Jesus und Pauus (WUNT 43), Tübingen 1987, 181-191: 184.
7		   Friedrich Nietzsche, Der Antichrist (WW II, 1203).

                                                                                  Dominus vobiscum Nr.1 – August 2010                           5
Kreuz und Altar Die Gegenwart des Opfers Christi in der Eucharistie
3,25), so faßt der Apostel Pau-                     „ewi­ges Leben“ ist (Röm 6,23).
                                                   lus die Heilsbedeutung des To-                      Für das vierte Evan­gelium ist
                                                   des Jesu zusammen. Das Neue                         Gottes Liebe dadurch offenbar
                                                   Te­sta­ment legt auf den stell­                     geworden, daß er „sei­nen ein­
                                                   vertretenden Sühnetod Jesu so                       zigen Sohn gab“ (Joh 3, 16), da-
                                                   großen Wert, daß es die ganze                       mit wir das Leben haben.
                                                   Breite der in den Schriften Isra-                   Sollte sich eine Inter­pretation
                                                   els anzutreffenden Op­fer­sprache                   des Todes Jesu durchsetzen,
                                                   bemüht – nicht nur als lite­ra­                     die diesen als Be­en­digung al-
                                                   rische Re­miniszenz, sondern im                     ler Opfer durch Über­win­dung
                                                   Sinne theologisch be­deutsamer                      der Op­feri­dee versteht, wäre
                                                   Metaphorik und Typologie.8 Zur                      die Identität des ka­tho­lischen
                                                   Deutung des To­des Jesu reicht                      Glaubens bis hi­nein in seinen
                                                   es aber nicht aus, nur von seiner                   Kult von Grund auf zerstört.11
                                                   Hingabe für uns zu sprechen.                        Kultgeschichtlich gesehen ist
                                                   Denn Jesu Hingabe für uns ist                       das Opfer ein religiöses Zen­tral­­
                                                   die Preisgabe seines Lebens,                        phä­nomen, die sakrale Hand-
                                                   das heißt das Opfer seines Le-                      lung schlecht­hin. Bei aller Dif­
                                                   bens. Doch der Kern des Kreu­                       ferenz im Op­fer­verständnis gilt
                                                   zesopfers Jesu besteht nicht in                     dies auch für das Christentum.
                                                   seiner Vik­ti­misierung, son­­­dern                 In seinem Buch „Das christli-
     Kreuzigung Jesu Christi (Peter Rubens)        in der äußersten Gabe, die Gott                     che Kultmysterium“, kon­­statiert
                                                   uns im Ster­ben Christi schenkt.                    Odo Casel deshalb: „Es gibt kei­­­­
das Neue Testament gilt, daß                       Das Kreuzesopfer Christi ist das                    ne Re­­­ligion ohne Opfer.“12 Das
der Tod Jesu die Identität Gottes                  „radikal gewendete Opfer“ (Chri-                    Früh­chri­­stentum beanspruchte
nicht wie einen Souverän betrifft,                 stof Ge­strich), die Gabe, die                      nicht, den Kult zu über­winden,
der zur Genug­tuung ein Men­                       Gott selbst gibt. Es handelt sich                   sondern wollte ihn zu sich selbst
schen­opfer fordert. Dies wäre in                  um ein göttliches „Opfer jen­seits                  führen. Dabei wurde der Kult
der Tat ein Gott der Ge­walt, der                  der Ge­walt“9. Das eine Op­­fer der                 vom Kreuz her verstanden. Für
keinen Glau­ben verdient. Nicht                    Er­lösung ist die „äußerste Ga­                     den Begriff des Kultes kann man
der Mensch ist es, der Gott mit                    be“ einer gott-menschlichen Lie-                    auf die von Günter Lancz­kowski
sich versöhnt, indem er ihm ein                    be, über die hinaus Grö­ßeres                       vor­ge­schlagene Definition zu-
Opfer darbringt, sondern Gott                      nicht gedacht wer­den kann. Wie                     rückgreifen. Danach bezeichnet
hat den Menschen mit sich ver-                     Marcel Mauss und andere nach                        Kult „fest­gesetzte und geord-
söhnt: „Gott war es, der in Chri-                  ihm ge­zeigt haben, ist das We­                     nete Formen des Umgangs mit
stus die Welt mit sich versöhnt                    sen des Opf­ers nicht die Tötung,                   dem Göttlichen, die ei­nerseits
hat“ (2 Kor 5,19). „Christus hat                   sondern die Gabe.10 Ga­be ist                       der Verehrung der Gottheit die-
Gott dazu bestimmt, Sühne zu                       ein Ur-w­ort der christ­lichen Re-                  nen, andererseits der Förderung
leisten mit seinem Blut, Sühne,                    ligion. Der Apostel Paulus nennt                    und Hei­ligung des menschlichen
wirksam durch Glauben“ (Röm                        Chri­stus die „Ga­be Gottes“, die                   Lebens“13.
 8   In der Verbindung mit dem Tod Jesu ist vom Opferlamm (1 Kor 5,7; Joh 1,29.36; Apg 8,32 (Jes 53,7); 1 Petr 1,19; Abendmahlsworte
     umstritten), vom Bundesopfer (Mk 14,24; Mt 26,28; Lk 22,20; 1 Kor 11,25; 1 Petr 1,2; Hebr 9,15.18.20.22; 10,29; 13,20), vom Sühnopfer
     (Röm 3,25 [Hebr 9,5]; Hebr 2,17; 1 Joh 2,2; 4,10), vom Sündopfer (2 Kor 5,21; Röm 8,3; Hebr 10,6.8; 13,11; vgl. 5,3; 10,12.18.26), vom
     Schlachtopfer (Eph 5,2; Hebr 7,27; 9,23.26), vom Brand- und Ganzopfer (Eph 5,2; Hebr 10,10.14.18) die Rede, in denen das einzigartige
     Opfer (1 Petr 3,18; Hebr 9,25-28; Röm 6,10; Hebr 7,27; 9,12; 10,10) des Neuen Bundes ge­sehen wird. – Es handelt sich um Bilder von
     „ritueller, dinglicher Schwere“, deren Materialität rational nicht auflösbar ist (Günter Bader, Jesu Tod als Opfer, in: Zeitschrift für Theologie
     und Kirche 80 (1983) 411-431: 412.414).
 9   Josef Wohlmuth, Opfer – Verdrängung und Wiederkehr eines schwierigen Begriffs, in: Das Opfer 125.
10   Vgl. Marcel Mauss, Die Gabe. Form und Funktion des Austauschs in archaischen Ge­sell­schaften, Frank­furt/Main 1968.
11   Vgl. Robert Spaemann, Bemerkungen zum Opferbegriff, in: Zur Theorie des Opfers. Ein interdisziplinäres Gespräch (Collegium Philosophi-
     cum 1), hg. von R. Schenk, Stuttgart-Bad Cannstatt 1995, 11-24: 15.
12   Odo Casel, Das christliche Kultmysterium, Re­gensburg 21935, 39.
13   Günther Lanczkowski, Einführung in die Religionsphänomenologie, Darmstadt 31992, 114

6
Kreuz und Altar Die Gegenwart des Opfers Christi in der Eucharistie
Kreuz und Altar

Das Kreuz war und ist bis heute                Das Opfer Christi besteht darin,       Brot und Wein opfern soll? Hört
die Basis und Norm des christli-               „daß er sich selbst dargebracht        ihr nicht? Christus hat einst sich
chen Kul­tes.14 Die Geheime Of-                hat“ (Hebr 7,27). Mit seinem           selbst geopfert, er will von kei-
fenbarung des Johannes erkennt                 ein­maligen Opfer hat Christus         nem anderen hinfort geopfert
im ge­schlach­teten Lamm (Offb                 den Zugang zu einem nicht von          werden. Er will, daß man sei-
5,6.9) die Mitte der himmlischen               Menschenhand gemachten Hei­            nes Opfers gedenken soll. Wie
Liturgie. Der gekreuzigte und                  lig­tum eröffnet, das er ein für al-   seid ihr denn so kühn, daß ihr
erhöhte Herr, der für uns sein                 lemal durchschrit­ten hat (Hebr        aus dem Gedächtnis ein Opfer
Leben dahingegeben hat und                     9,23-26). Der Raum der Kirche          macht.“17
dem wie Gott, dem Vater, Lob,                  soll Ab­bild dieses Hei­ligtums        Mit Blick auf die katholische
Ehre und Anbetung gebühren,                    sein, sollen die Chri­sten sich        Lehre vom Meßopfer erklärte
ist das Zentrum der christlichen               als ge­heiligte Kultgemeinde ver-      Luther sechzehn Jahre später in
                                               stehen (Hebr 10,29-22; vgl. Eph        den „Schmal­kaldischen Artikeln“
                                               5,25-26; Offb 1,5f).                   (1537): „Also sind und bleiben
                                               In der Dogmatischen Konstitu-          wir ewig geschieden und wider­
                                               tion „Lumen Gentium“ über die          einan­der.“ Ich weiß nicht, ob
                                               Kirche er­klären die Väter des 2.      Luther mit seiner Skepsis recht
                                               Vatikanischen Konzils, das „Op-        be­hal­ten wird. Eines aber ist ge-
                                               fer der Eucharistie“ (sacrificum       wiß: Zwi­schen Lutheranern und
                                               eucharistiae) sei „Quelle und          Katholiken gibt es in der Fra-
                                               Höhepunkt des ganzen christli-         ge des eucharistischen Opfers
Opferlamm als Sieger
                                               chen Le­bens“16. Mahatma Gan-
                                               dhi soll einmal gesagt haben:
Liturgie (Offb 6,13f). Mit den                 „Es gibt keinen Got­tes­dienst
Worten aus dem Hochgebet der                   ohne Opfer.“ Das ist in dieser
Chry­sosto­mus­liturgie faßt der               Allgemeinheit sicher richtig,
„Ka­­techismus der Ka­tho­lischen              doch wird unter Opfer jeweils
Kirche“ den Angelpunkt des                     sehr Un­terschiedliches verstan-
christ­li­chen Kultes so zusam-                den, vom Speise- und Tier­opfer,
men: Das Lamm ist „der gekreu-                 das in archaischen Re­ligionen
zigte und aufer­weckte Christus,               Gott dargebracht wird, um ihn
der einzige Hohe­priester des                  zu er­nähren oder zu ver­söhnen,
wahren Heilig­tums, der zugleich               bis zum geistigen Lob- und Dan­
opfert und geopfert wird, dar-                 kopfer. Martin Lu­ther ak­zeptierte
bringt und darge­bracht wird“15.               für das evangelische Abend-
Der Gedanke des Prie­stertums                  mahl nur das Lob- und Dankop-
Christi steht im Zentrum des He­               fer zum Ge­dächtnis des Kreu-
bräer­briefs, der Jesu Heilstod                zestodes Jesu. In seiner Schrift
auf dem Hin­ter­grund des leviti-              „Vom Mißbrauch der Mes­se“
schen Op­ferkultes be­schreibt.                (1521) schrieb er im Jahr seiner
                                                                                      während des Vortrags von Prof. Hoping
Christus ist Prie­ster „durch die              Exkommunikation: „Sagt uns,
Kraft unzerstörbaren Lebens“                   ihr Pfaffen Baals: Wo steht ge-        ebenso wenig einen Lehrkon-
(Hebr 7,16). Ein Priester aber                 schrieben, daß die Messe ein           sens wie in der Fra­ge der leib­
wird bestellt, „um Gaben und                   Opfer ist, oder wo hat Christus        lichen Realpräsenz Chri­sti über
Opfer darzubringen“ (Hebr 8,3).                gelehrt, daß man gesegnetes            die Feier der Eucha­ri­stie hinaus,
14   Vgl. Backhaus, Kult und Kreuz 257.
15   KKK 1137 (kursiv: Zitat aus der Chrysostomus-Anaphora).
16   LG 11.
17   Martin Luther, De abroganda Missa privata: WA 8, 411-563: 421.493.

                                                                          Dominus vobiscum Nr.1 – August 2010                 7
Kreuz und Altar Die Gegenwart des Opfers Christi in der Eucharistie
Hauptartikel

ge­schweige denn in der Frage                 der Eu­charistie“, so erklären die           ristie besteht, son­dern in ihrer
des geistlichen Amtes, worüber                Konzils­väter, voll­zieht sich das           Darbringung als Opfer­gabe.
die ökumenische Theo­lo­gie zu-               „Werk un­serer Er­lösung“24. „In der
meist hinwegtäuscht. Das Opfer                Teilnah­me am eu­charistischen
der ka­tholischen Messe, so das               Opfer“ bringen die Gläu­bigen                2. Opfergabe und
Trienter Meßo­pferdekret, ist das             „das göttl­iche Opfer­lamm Gott
„göttliche Opfer“ (sacrificium                dar und sich selbst mit ihm; so              Konsekration
divinum) des Pascha Chri­sti18,               über­neh­men alle bei der liturgi-           Die Darbringung der
das in dieser Feier nicht nur in              schen Handlung ihren ei­genen                Eucharistie
der Form des Gedächtnisses                    Teil, sowohl in der Dar­brin­gung
gegenwärtig ist, sondern sicht-               wie in der heiligen Kommunion,               In der klassischen Form des rö-
bar in unblutiger Form vollzogen              nicht unter­schieds­los, sondern             mischen Meßritus ist der Opfer-
wird.19 Zur Feier der heiligen                jeder auf seine Art.“25 Wenn es              gedanke textlich wie rituell über-
Messe gehört kon­stitutiv die                 daher im Abschluß­bericht des                all mit Händen zu greifen. In sei-
Dar­brin­gung der auf dem Altar               Ökumenischen Arbeits­­krei­ses               ner modernen Form ist er zwar
bereiteten und kon­sekrierten                 evangelischer und ka­tholischer              abgeschwächt, dank mehrerer
Op­fer­gaben, weshalb das Konzil              Theo­logen „Das Opfer Christi                In­ter­ventionen Pauls VI. aber
von Trient die Messe ein „wah-                und der Kirche“ heißt, „das Zei-             gleichwohl bewahrt worden.
res“ und „ei­gent­liches“ Opfer               chen für die Opfer­hingabe Jesu              Im Meßbuch für das deut­sche
nennt, das „unter den sichtba-                Christi in der Eu­cha­ristie­feier           Sprach­gebiet, das derzeit einer
ren Zei­chen“ von Brot und Wein               und unser Ein­bezo­gen­werden                Re­vision un­ter­zogen wird, ist
dar­­gebracht wird20. Na­türlich ist          in diese Selbst­­hingabe“ sei kein           dagegen mehrfach die Tendenz
die Feier der Messe kein „eigen­              „Dar­brin­gungs­ritus“,    sondern           bemerkbar, den Opfer­gedan­ken
ständiges, in sich beruhendes                 das „Mahl“, also das „Anbieten               zu un­ter­laufen. Dies beginnt da­
Op­fer“21, losgelöst vom Kreuzes-             und Austeilen“ Jesu Christi als              mit, daß beim Offertorium nicht
opfer Christi. Wohl aber handelt              „Speise“26, so entspricht dies               von „Darbringung der Gaben“,
es sich dabei um ein „sichtbares              nicht der katholischen Lehre                 sondern schlicht von „Gaben­
Op­fer“, durch das das Kreuzes-               vom Meß­opfer.                               bereitung“ die Re­de ist, so als ob
opfer Christi vergegenwärtigt                 Von den grundsätzlichen Gedan-               es sich beim Of­fer­torium nur um
wird (reprae­sentaretur) und das              ken zum Kreuzesopfer Jesu und                den tech­nischen Vorgang des
darin begründete Heil, die Ver-               seiner Ge­genwart in der Eu­cha­             Be­reitstellens der Gaben von
gebung der Sün­den, den Gläu-                 ri­stie komme ich nun zum zwei-              Brot und Wein auf den Altar in
bigen zugewendet wird.22 Mit                  ten Teil meines Vortrags. In ihm             Verbindung mit der Kollekte der
der Väter­theologie sieht das Tri­            will ich einen Blick auf die Opfer­          Gläubigen handeln würde. Die
den­tinum in der Eu­­charistie das            aus­sagen im Offertorium und im              Ora­tio super oblata, das Ge­bet
„reine Op­fer“ (Mal 11,1), in dem             Canon Romanus des Meßbuchs                   über die Op­fergaben am Ende
alle vor­aus­gehenden Kultopfer               von 1962 werfen – mit einem                  des Offertoriums, wird als Ga­
an ihr Ziel kommen.23                         kurzen Sei­tenblick auf das Meß-             bengebet bezeichnet, während
Das 2. Va­ti­kani­sche Kon­zil hat            buch Pauls VI. Dabei soll deut-              Of­fertorium unübersetzt bleibt.
die katholische Lehre vom eu­                 lich werden, daß das Opfer der               Die tra­ditionellen Begleitgebete
cha­ristischen Opfer mit der Au-              Eu­charistie nach katholischem               zur Darbringung der Opferga-
torität ei­nes allgemeinen Kon-               Verständnis nicht nur im Austei-             ben von Brot (Suscipe, sanc-
zils bestätigt: Im „heiligen Opfer            len und Emp­fan­gen der Eu­cha­              te Pater) und Wein (Offerimus,
18   DH 1741.1743.
19   Vgl. DH 1753.
20   DH 1740.175
21   DH 1740
22   Vgl. DH 1740.
23   Vgl. DH 1742.
24   SC 2.
25   LG 11.
26   Vgl. Das Opfer Christi und der Kirche. Erklärung zum Opfercharakter des Herrenmahls (DiKi 3), hg. von K. Lehmann und E. Schlink,
     Freiburg-Basel-Wien 1983, 215-238: 233.

8
Kreuz und Altar Die Gegenwart des Opfers Christi in der Eucharistie
Kreuz und Altar

tibi), die in theologisch nicht                 „etwas vor Got­tes An­gesicht tra-           be­deutet: Zum einen zeigt das
ganz einfacher Anti­zipation                    gen“ letzt­lich aus dem seman­               Dar­brin­gungsgebet, daß die
schon von der ma­kel­losen Op-                  ti­schen Feld des Opfers, doch               Messe im Leben­sraum des drei­
fergabe (immaculata hostia) und                 wer weiß das?                                einen Gottes gefeiert wird. Zum
dem Kelch des Heiles (calix sa-                 Das Se­gens­gebet Veni, sancti­              anderen bringt es die Einheit mit
lutaris) sprechen, wur­den durch                ficator über die Op­fergaben, das            den Hei­ligen, die unsere Für­bitt­
neue, den jüdischen berakhot                    der Hän­de­waschung voraus­                  spre­cher im Himmel sind, zum
nach­empfundene Be­gleitgebete                  geht, wur­de ersatzlos gestri-               Ausdruck.
ersetzt. Diese Gebete sind ohne                 chen, weil man darin eine Vor­               Das Paul VI. zur Überprüfung vor-
Zwei­fel sehr schön. In der Fas-                wegn­nahme der Wand­lungs­                   gelegte Meßschema sah auch
sung, die Paul VI. zur Überprü-                 epiklese des Hoch­gebets sah.                die Ge­bets­­bitte Orate fratres so-
fung vor­gelegt wurden, enthiel-                Wenn man im Of­fertorium aber                wie das nach­fol­gende Suscipiat
ten sie aber kei­nerlei Opferaus-               mehr sieht als ein „ze­remonielles           nicht mehr vor. Wie­derum auf
sage mehr. Der Zu­satz „quem                    Tischdecken“28 mit anschlie­ßen­             Drängen des Papstes wurden
(quod) tibi of­fe­rimus“, das Brot,             dem Tisch­se­gen, dann hat eine              beide wieder in das Offertorium
das wir dir opfern, den Kelch,                  dem Hoch­gebet vorausgehende                 ein­gefügt.29 Im Meßbuch für das
                                                                                             deutsche Sprachgebiet wird das
                                                                                             „Betet Brüder“ freilich als letzte
                                                                                             von insgesamt drei Va­rianten für
                                                                                             die Ge­betseinladung auf­geführt.
                                                                                             Ergebnis dieses Sonderwegs​ist
                                                                                             es, daß die Gebets­ein­ladung​„Be-
                                                                                             tet Brüder“ im deutschsprachi-
                                                                                             gen Raum kaum mehr Ver­wen­
                                                                                             dung findet. In der Regel wird
                                                                                             die zweite Ge­bet­sein­ladung ge-
                                                                                             nommen, die in einem schlich-
                                                                                             ten, von jeder Op­feraussage
                                                                                             freien Oremus besteht. Das
                                                                                             Offer­torium erschöpft sich aber
                                                                                             nicht nur in einer prae­paratio
                                                                                             do­norum, der Be­reitung der Ga-
                                                                                             ben. Dazu ge­hört auch die Dar-
Kardinal Canizares beim Pontifikalamt in der Lateran-Basilika: Inzens von Kreuz und Altar    bringung der Opfergaben, die
                                                                                             mit dem Gebet über die Op­fer­
den wir dir dar­bringen, wurde                  Segnung der für die Feier der                gaben abschließt.30
erst auf Drängen des Papstes                    Eucharistie      ausgesonderten              Die Gaben von Brot und Wein
ein­gefügt.27 Die deutsche Über-                und be­reitge­stellten Op­fer­ga­ben         werden Gott dargebracht, damit
setzung hat die von Paul VI. ge-                durch­aus einen guten Sinn.                  sie für uns der Leib und das Blut
wünschte Opfer­aus­sa­ge wieder                 Ersatzlos gestrichen wurde im                Christi werden. Natürlich hat die
unkenntlich gemacht. Denn hier                  Novus Ordo Mis­sae eben­­falls               Kir­che das, was sie darbringt
heißt es: „wir bringen dieses                   das an den drei­einen Gott ge­               und reicht, zuerst zu emp­­fangen
Brot bzw. diesen Kelch vor dein                 rich­tete Darbringungsgebet Sus­             und sich immer neu schenken
An­ge­sicht“. Na­tür­lich stammt                cipe, sancta Trinitas, was aus               zu lassen. Doch Brot und Wein
die alttestamentliche Re­­­deweise              zwei Gründen einen Verlust                   werden nicht nur auf den Altar
27   Vgl. Annbibale Bugnini, Die Liturgiereform 1948-1975. Zeugnis und Testament. Deutsche Aus­gabe heraus­ge­ge­ben von J. Wagner unter
     Mitarbeit von F. Raas, Freiburg-Basel-Wien 1988, 398
28   Alex Stock, Gabenbereitung. Zur Logik des Opfers, in: Liturgisches Jahrbuch 53 (2003) 33-51: 37.
29   Vgl. Bugnini, Die Liturgiereform 398.
30   Vgl. Institutio Generalis Missalis Romani Nr. 73-74.

                                                                               Dominus vobiscum Nr.1 – August 2010                    9
Kreuz und Altar Die Gegenwart des Opfers Christi in der Eucharistie
Hauptartikel

gelegt, sondern dar­gebracht.          trum des eucharistischen Op-
Dies verdeutlicht auch ihre Ele­       fers. Der erhöhte Herr wird un-
vation über dem Altar, die beim        ter den Gestalten von Brot und
Offertorium, anders als bei der        Wein gegen­wärtig als Opferga-
post­kon­sekratorischen Elevati-       be und Opferpriester zugleich.
on, nicht eine Geste zur Anbe-         Die Dop­pel­kon­se­kra­tion deutet
tung darstellt, sondern ein Zei-       auf das blutige Ster­­ben Christi
chen der Darbringung. Also wer-        am Kreuz. Die Verba testamen-
den Gaben von Brot und Wein            ti sind mehr als ein Zitat, das
Gott dar­geboten: offe­rimus. Das      Jesu Letztes Abend­mahl mit
aber ist der „Ele­men­tar­akt des      seinen Apostel in Erinnerung
Opfers“31.                             ruft. Durch die Verba testamen-
Daß von der eucharistischen Li­        ti geschieht die Konsekration
turgie ihre sakramentale Opfer-        der Opfergaben. Dies ist nicht
gestalt nicht zu tren­nen ist, zeigt   eine mit­telalterliche Theorie, die
ne­ben dem Offertorium auch            sich erst mit der Trans­substan­
die große Oratio des Eu­charisti­      tiations­lehre durch­gesetzt hätte.
schen Hochgebets. Beim Canon           Vielmehr geht die Lehre, daß            „Wunder der Messe”
Ro­ma­nus verdienen folgende           die Opfergaben durch die Wor-
Gebete Beachtung. In der An­           te Christi konsekriert werden,          darbringen kann, was sie zuvor
nah­me­bitte Hanc igitur, die ihre     auf Ambrosius von Mailand               empfangen hat. Die Dar­bringung
heutige Form durch Gre­gor den         zurück, der hier für die katho-         von Leib und Blut Christi erfolgt
Großen erhalten hat, wird die ob­      lische Kirche tra­­di­tions­­bil­dend   im Gedächtnis (me­mores) des
latio, die Opfergabe, zwar nicht       wurde. Der geweihte Prie­ster,          Pascha­my­ste­riums Chri­sti. Im
direkt auf die Gaben von Brot und      der den zentralen Sprech­akt der        Supra quae, der Bitte um An-
Wein be­zo­gen. Sie sind aber ge-      Wandlungs­epiklese und der Ver-         nahme des Opfers, wird das Op-
meint, da die Annahmebitte die         ba Testa­menti vollzieht, macht         fer des Leibes und Blutes Christi
Intention der Darbringung for-         als „Ikone“ Christi manifest, daß       in einer Typologie des Opfers
muliert und den ersten Teil der        Christus uns die göttliche Gabe         mit den Opfern Abels (Gen 4,1-
Interzessionen abschließt. Bei         der Eucharistie schenkt, die al-        16), Abrahams (Gen 22,2-18)
der Wand­lungs­bitte Quam ob-          ler mensch­lichen Verfügbarkeit         und Melchisedechs (Gen 14,17-
lationem, die bereits bei Ambro-       ent­zogen ist. Der Augenblick der       19) in Verbindung gebracht. Da-
sius überliefert wird und daher        Wandlung bleibt auch un­sichtbar        bei nimmt das Opfer Abrahams
zum ältes­ten Bestand des Rö-          und kann nur an­ge­zeigt wer­den.       eine Son­­derstellung ein. Denn
mischen Kanon gehört, handelt          Nach der Konsekration von Brot          es besteht in einer ri­tuel­len
es sich um eine indirekte Epik­        und Wein folgt die postkonse-           Dop­­­­pel­handlung, der Bin­dung
lese. Auch wenn der Geist nicht,       kratorische Dar­bringung. Im            Isa­aks und der ersatzweisen
wie bei der Wand­lungsepiklese         Unde et memores, dem Ge-                Dar­­brin­gung des im Gestrüpp
der drei neuen Hochgebete des          dächtnis des Erlösungswerkes            hän­genden Op­fer­­tieres, das wie
Meßbuchs von 1970, auf die Ga­         Chri­sti, bringt der Priester das       Isaak in der christ­lichen Tra­di­
ben von Brot und Wein herab­           heilige Brot des ewi­gen Lebens         tion als Typos des Gekreuzigten
gerufen wird, so bittet doch der       (Panem sanctum vitae aeter-             erscheint. Demgegenüber ver-
Priester darum, daß die Opfer­         nae) und den Kelch des im­mer­          weist das Opfer Mel­chi­sedechs
gabe durch Gottes Segen der            währenden Heiles (Ca­li­cem sa-         auf die eucharistischen Gaben
Leib und das Blut Christi wer­de.      lutis perpetuae) als reines, hei-       von Brot und Wein.
Die Dop­pelkonsekration von            liges und makelloses Opfer dar          Das Gebet Supplices, te roga-
Brot und Wein bildet zusammen          (offerimus). Ausdrücklich wird          mus vor der zweiten Reihe der
mit der Wand­lungsbitte das Zen­       da­bei gesagt, daß die Kirche nur       Inter­zessionen for­muliert eine

31   Stock, Gabenbereitung 38.

10
Kreuz und Altar Die Gegenwart des Opfers Christi in der Eucharistie
Kreuz und Altar

zwei­fache Bitte. Rätselhaft bleibt               Zweiten Hochgebet: „Dir, Herr,                  3. Altar und Gebet
die erste Bitte, der heilige Engel                brin­gen wir das Brot des Lebens                Die Hinwendung zum Herrn
möge das Opfer emportragen                        und den Kelch des Heiles dar“
zum himmlischen Altar vor das                     (tibi, Domine, panem vitae et ca-               Der christ­liche Altar ist der Ort,
An­gesicht Got­tes – ist dieser En-               licem salutis offerimus). Im Vier-              an dem die Darbringung der
gel Christus selbst oder ein be-                  ten Hochgebet betet der Prie-                   Eucharistie er­folgt. Der Altar ist
sonderer Opfer­engel? Manche                      ster: „Wir bringen dir seinen Leib              nicht nur Symbol für Christus,
wollen in der Bitte das ursprüng-                 und sein Blut dar“ (offerimus tibi              sondern Opferstein. Man sieht
liche epikletisch-konse­kra­to­ri­                eius Cor­pus et Sanguinem). So                  dies daran, daß Brot und Wein,
sche Element des römi­schen                       wird Christus von der Kirche                    aber auch der Altar selbst, in-
Kanons sehen. In der überlie-                     Gott als ihr Opfer prä­sentiert.                zensiert wer­den (in der moder-
ferten Fassung des Canon Ro­­                     Die Messe ist also mehr als eine                nen Form der Messe nur noch
manus bezieht sie sich freilich                   Ge­dächtnisfeier des Todes und                  ad libi­tum) und so der Meßri-
auf das Em­portragen der schon                    der Aufe­rs­ tehung Jesu, nämlich               tus etwas vom Brand­opferkult
kon­sekrier­ten Op­fergaben.32 In                 selbst ein Opfer.                               in sich aufnimmt. Die Dar­­brin­
der zwei­ten Bitte, die Gläubi-                   Nach der Analyse der Opferaus-                  gung der Kirche und ihr Gebet
gen, die Anteil am Leib und Blut                  sagen in Offertorium und Eucha­                 sollen wie Weih­rauch vor das
Christi erhal­ten, mögen mit allen                ristischem Hoch­gebet möchte                    Angesicht Got­tes em­porsteigen
Segensgaben des Him­mels er-                      ich abschließend im dritten Teil                (vgl. Ps 140 [141] 2).33 Die Be­
füllt wer­den, kann man eine Art                  meines Vortrages noch kurz auf                  zeichnung des Altares als „Tisch
Kom­mu­nione­piklese sehen. Die                   die Bedeutung des Altares so-                   des Mahles“ ist in hohem Maße
Darbringung der Opfer­gaben                       wie die seit einigen Jahren wie-                er­klä­rungs­be­dürftig. Denn das
zielt auf Ver­wandlung der Ga-                    der intensiver dis­kutierte Frage               letzte Abendmahl ist nicht die
ben, diese selbst aber auf die                    der Gebets­richtung zu spre­chen                erste Eucharistie. Zwar stiftete
Ver­wandlung der Gläubigen.                       kommen. Wie der zweite Teil be-                 Jesus das Gedächtnis seines
Die aufgezählten Gebete vom                       rührt auch der dritte und letzte                Todes und seiner Auf­erstehung
Quam oblationem bis zum Sup-                      Teil Fragen einer „Reform der                   im Rah­men eines jü­dischen
plices, te rogamus, die zum älte­                 Reform“.                                        Festmahls. Doch hat er nicht das
sten Bestand des Canon Ro-                                                                        Mahl selbst zur Wie­derholung
manus gehören, dokumentieren
die signifikante Opfergestalt der
Eucha­ri­stie. Diese besteht nicht
nur im Be­reiten und Austeilen
der Gaben in Verbindung mit
dem Lobopfer der Kirche – so
die These Martin Luthers. Zum
Opfer der Eucharistie gehört
nach katholischem Verständ-
nis auch ihre Dar­brin­gung vor
und nach der Konse­kration. Die
Struk­tur der prä- und post­kon­
sekratorischen oblatio be­sitzen
auch die drei neuen Hoch­gebete
des Meßbuchs von 1970. Im
Me­mores igitur wird die post­
kon­sekra­torische Darbringung
sogar noch verstärkt. So heißt
es vom Opfer der Kirche im                        Notre-Dame du Haut de Ronchamps mit Außenaltar

32   Umstritten ist, ob der heilige Engel Chri­stus selber ist oder ein besonderer Opfer­engel.
33   Vgl. AEM Nr. 51.

                                                                                 Dominus vobiscum Nr.1 – August 2010              11
Kreuz und Altar Die Gegenwart des Opfers Christi in der Eucharistie
Hauptartikel

auf­getragen, sondern den dank­                 sich dabei an die liturgische              sem Ge­heimnis, die Scheu vor
sa­genden Lob­preis über Brot                   Ord­nung der Kirche hält. Rich-            dem My­ste­rium des Todes erfül-
und Wein, in denen uns der Leib                 tig verstanden meint „Tisch des            len, der anwesend wird in unse-
und das Blut Christi geschenkt                  Mahles“ also, daß uns vom Al-              rer Mitte“35. ­Die Feier der Eucha-
wer­den. Die Eu­cha­ristie ist kein             tar aus, an dem der Prie­ster das          ristie droht, ober­flächlich zu wer-
Sättigungsmahl, auch wenn sie                   Opfer der Eucharistie in der Per-          den, wo sie nicht mehr bis in die
damit mancherorts anfäng­lich                   son Christi voll­zieht, die Kom­           Tiefe des Todes hinab­reicht. Da-
ver­bunden gewesen ist. Bei der                 munion gereicht wird.                      her wird der Altar in der Traditi-
Feier der heiligen Messe handelt                Der Altar ist an erster Stelle der         on nicht nur mit der Krippe, dem
es sich nicht um eine Dar­stel­                 Ort der Darbringung des Op-                Ort der Menschwerdung des
                                                                                           Gottes­sohnes, sondern mit dem
                                                                                           Grab Christi ver­glichen. Zu­gleich
                                                                                           symbolisiert der erhöhte Altar, in
                                                                                           Ver­bindung mit nach oben hin
                                                                                           geöffnetem Altarraum, Öffnung
                                                                                           hin zur himmlischen Liturgie, an
                                                                                           der die sichtbare Liturgie teil-
                                                                                           hat. Der Altar überschreitet also
                                                                                           den Kreis der zur Fe­ier der Eu­
                                                                                           charistie ver­sammelten Gläubi­
                                                                                           gen. Die Mitte der Gemeinde ist
                                                                                           nicht einfach der sichtbare Altar.
                                                                                           Die Mitte der Gemeinde ist viel­
                                                                                           mehr „ex-zen­trisch“36. Letztlich
                                                                                           ist sie po­sitionslos, also auch
                                                                                           durch und im Priester nicht ein­
                                                                                           fach ab­bild­bar: „The true sacred
                                                                                           centre is un­pla­ceable and lies
Kardinal Canizares beim Pontifikalamt in der Lateran-Basilika                              be­yond place itself, in God.“37
                                                                                           In der klassischen Form des rö-
lung des Letzten Abend­mahls.                   fers der Eucha­ristie. In der Dar­         mischen Meßritus werden die
Der Altar ist daher auch nicht Ort              bringung der Eu­charistie ver­             priesterlichen Prä­si­dialgebete
des ge­meinsamen Essens. Nur                    gegenwärtigt sich der er­höh­te            am Altar gesprochen. Mit weni-
für den Prie­ster ist der Altar der             Herr, der zugleich Prie­ster und           gen Ausnahmen sind alle prie­
Platz, an dem der Leib und das                  Opfer­gabe ist. Die Darbringung            ster­lichen Präsidialgebete in der
Blut Christi emp­fangen werden.                 der Eu­charistie wird von Chri­            rö­mi­schen Liturgie an Gott den
Die Gläubigen kom­munizieren                    stus, dem Hohenpriester, als               Vater ge­richtet. Dies gilt auch
nicht am Altar, sondern – wie es                prin­cipalis agens vollzogen. In           für das Eu­cha­ri­sti­sche Hoch­
im Sup­plices, te rogamus heißt                 oratio und ob­latio, Gebet und             gebet. Darin spie­gelt sich die
– ex hac altaris parti­cipa­tione,              Darbringung, leiht der mensch­             trini­ta­rische Grundstruktur im
also durch Teilhabe am Altar.                   liche Priester Christus Mund und           Beten der Kirche: ad Patrem
Dies gilt nicht nur für den usus                Hände. Da die Eucha­ristie „einen          per Iesum Christum in Spi­ritu
antiquior der rö­­mischen Messe,                Tod ge­ko­stet“34 hat, muß uns in          Sancto. Diese Grund­struktur
son­dern auch für ihre moderne                  der Eu­cha­ristie – so Josef Rat-          hat Canon 21 der Synode von
Form – zumindest, wenn man                      zinger – „die Ehrfurcht vor die-           Hippo Regius von 393 im Blick,

34   Ebd. 43. Vgl. Ratzinger, 40 Jahre Konstitution über die heilige Liturgie 213.
35   Ratzinger, Quelle des Lebens 43.
36   Vgl. Reinhard Meßner, Gebetsrichtung, Altar und die exzentrische Mitte der Gemeinde, in: Com­munio-Räume. Auf der Suche nach der
     angemessenen Raumgestalt katholischer Liturgie, Regens­burg 2003, 27-36.
37   Catherine Pickstock, After writing. On the Liturgical Consummation of Philosophy, Oxford/UK 22000, 174.

12
Kreuz und Altar Die Gegenwart des Opfers Christi in der Eucharistie
Kreuz und Altar

wenn darin gefordert wird: „Et
cum altari assistitur, semper ad
Patrem dirigatur oratio.“ Wenn
am Altar der Dienst vollzogen
wird, soll das Gebet immer an
den Vater gerichtet sein. Der
heilige Au­gustinus, der diesem
Prin­zip zum Durchbruch verhalf,
nahm an der nord­afrikanischen
Synode als Pres­byter teil. Die
Li­turgie der Kirche wurde aber
immer auch im Bewußtsein der
Ge­genwart Christi und in der
Erwar­tung seiner Pa­rusie gefei-
ert. So war die Apsis der Kirchen
schon früh mit einem Kruzifix
oder einem Bild des Christus
trium­phans ausgemalt, auf den                    Altarraum der Kapelle in Ronchamps
die Blicke des Prie­sters und der
Gläu­bigen ge­richtet waren. Die                   heute immer wieder vorgetragen                     ziehung er­weckt dagegen sehr
Kirche betete versus orientem                      wird. Das Bew­ußtsein, bei der                     oft den Ein­druck des ge­schlos­
bzw. versus Dominum, was aus                       Feier der Eu­charistie zum Volk                    senen Kreises. So ist das nach
topographischen Gründen frei-                      hin zu zelebrieren, war in der                     dem 2. Vatika­nischen Konzil vor­
lich nicht immer iden­tisch war.                   alten Kirche und darüber hinaus                    herr­schende Eu­chari­stiemodell,
Das Gebet versus orientem                          un­bekannt.41 Unab­hängig vom                      das bis in die Kir­­chen­ar­chitek­
bzw. Dominum ist die christliche                   Kir­­chenbau und der Aus­richtung                  tur wirksam wur­de, die um den
Form der sacred direction, der                     der Kirche, war es entschei­dend,                  „Tisch des Mah­les“ ver­sam­mel­
heiligen Gebetsausrichtung, wie                    daß die versammelte Ge­meinde                      te Ge­meinde ge­worden.
wir sie auch im orthodoxen Ju­                     zusam­men mit dem Zele­bran­ten                    Da eine gemeinsame Gebets-
dentum und im Islam antreffen,                     zu Gott hin aus­gerichtet betet, in                richtung nicht von heute auf
wo die Gebete nach Jerusalem                       der Er­wartung der Wieder­kunft                    morgen wieder­ge­wonnen wer­
oder Mekka hin ausgerichtet                        Chri­sti.42 Die sacred direction                   den kann, hat Joseph Ratzinger
gesprochen werden.38 Die Be­                       der tra­ditionellen Gebets­richtung                in seinem Buch „Der Geist der
hauptung, ur­sprünglich habe                       öffnet die ver­sam­melte Ge-                       Liturgie“ (2000) den Vo­rschlag
der Bischof bzw. Priester versus                   meinde auf ihren göttlichen Ur­                    gemacht, auf den Altar ein weit-
populum zelebriert, ist eine von                   sprung hin und richtet sie auf ihr                 hin sichtbares Kruzifix zu stel­­
Otto Nußbaum ver­breitete Le-                      escha­to­logisches Ziel aus. Die                   len, um so deutlich zu machen,
gende39, die zwar schon bald                       celebratio versus po­pulum mit                     daß Prie­ster und Gläubige bei
durchschaut wurde40, aber bis                      ihrer ständigen face-to-face Be-                   der eucharistischen Liturgie ge-

38   Es ist das Ver­dienst von Uwe Michael Lang, in der katho­lischen Kir­che eine sach­li­che Dis­kussion über die gemeinsame Ge­betsrichtung ad
     Dominum angestoßen zu haben (vgl. Uwe Michael Lang, Conversi ad Dominum. Zur Ge­schichte der christ­li­chen Ge­betsr­ichtung. Mit einem
     Geleitwort von Joseph Ratzinger, Freiburg 32005; ders., The Direction of Liturgical Prayer, in: Ever Directed Towards the Lord, 90-107).
39   Otto Nußbaum, Der Standort des Liturgen am christlichen Altar vor dem Jahr 1000. Eine archäolo­gische und liturgiegeschichtliche Unter-
     suchung (Theophaneia 18), 2 Bde., Bonn 1965.
40   Vgl. Marcel Metzger, La place des liturges à l’autel, in: RevScRel 45 (1971) 113-145.
41   Vgl. auch Stefan Heid, Gebetshaltung und Ostung in frühchristlicher Zeit, in: Rivista di Ar­cheologia Cri­sti­ana 82 (2006 [2008]) 347-404.
42   Für die nicht apsisgeosteten Basiliken Roms ist vermutet worden, daß die eu­cha­ristische Litur­­gie in Rich­tung der geöffneten Türen gef­eiert
     wurde, wobei die Gläubigen in den Sei­ten­schiffen standen (vgl. Louis Bouyer, Liturgie und Architektur, Freiburg 1993, 56-57; Klaus Gam­
     ber, Liturgie und Kirchenbau. Studien zur Geschichte der Meßfeier und des Got­tes­hauses in der Früh­zeit, Regensburg 1976, 23-25). Eine
     andere These besagt, daß Zelebrant und Gläubige bei der eucharistischen Li­turgie im Sinne einer „ideellen Ostung“ zum Apsisbogen, der
     mit seinen Mo­saiken die Einheit der irdischen mit der himmlischen Liturgie sym­bo­lisiert, ausgerichtet wa­ren (vgl. Lang, Conversi ad Do­mi­
     num, 90-92).

                                                                                 Dominus vobiscum Nr.1 – August 2010                             13
Hauptartikel

                                                                                                    sakralen Hand­lung, die sich an
                                                                                                    ihm vollzieht, wi­der­spricht, hätte
                                                                                                    bei Bei­be­haltung der ge­mein­
                                                                                                    samen Gebetsrichtung ab dem
                                                                                                    Offertorium ver­mieden wer­den
                                                                                                    kön­nen.
                                                                                                    An dieser Stelle sei abschließend
                                                                                                    noch einmal daran erinnert, daß
                                                                                                    die celebratio versus popu­lum
                                                                                                    nicht aus theo­logischen Grün­­
                                                                                                    den, etwa einer Abkehr vom
                                                                                                    ka­tholischen Verständnis des
                                                                                                    eucha­ristischen Opfers, erlaubt
                                                                                                    wurde, sondern dafür pa­sto­rale
                                                                                                    Über­­­legungen entscheidend wa-
                                                                                                    ren. Die veränderte Ge­bets­rich­
Gertrudissaal in Essen: während des Hauptvortrags                                                   tung ist auch bis heute niemals
                                                                                                    vor­­geschrieben wor­den.44 Noch
meinsam auf den gekreuzigten                      daß ihr la­treu­tischer Charakter                 wäh­rend des 2. Vati­ka­nischen
und erhöhten Herrn aus­ge­richtet                 immer weniger wahr­ge­nom­                        Kon­zils erklärte die Gottes­
sind.43 Denn unbe­schadet der                     men und daher ein Kruzifix auf                    dienst­kon­gregation, daß eine in
Pa­trozentrik der eu­cha­ristischen               dem Altar als störend für die                     ge­meinsamer Ge­bets­­richtung
Liturgie im römischen Ritus, ist                  Kommunikation zwischen Prie­                      zele­brierte eucha­risti­sche Litur-
sie zugleich auf den Herrn be­                    ster und Gemeinde empfunden                       gie voll und ganz dem Geist der
zogen, der in ihr gegenwär-                       wird. Die Änderung der Po­sition                  erneu­erten Liturgie ent­spricht.45
tig wird, der uns vor Gott ver­                   des Prie­sters hat das Be­wußt­                   Participatio actuosa und sa­cred
sammelt und den wir in seiner                     sein dafür schwin­den lassen,                     direc­tion schlie­ßen ei­nander kei­
Parusie erwarten. Das auf dem                     daß wir die Eucha­ristie im An-                   nes­wegs aus; zu­mindest sahen
Altar stehende Kruzifix mit je-                   gesicht Gottes feiern, der sich                   die Kon­zilsväter46 und die römi-
weils drei Leuch­tern rechts und                  uns im gekreuzigten und auf-                      sche Kirche zur Zeit des Konzils
links ist das Emblem der von Be-                  erstandenen Herrn geof­fenbart                    da­rin keinen Ge­­­gen­satz. Wer
nedikt XVI. verfolgten „Reform                    hat. Die Positionsänderung des                    heu­te da­ge­gen für die Darbrin-
der Reform“. Die Zen­tral­stellung                Priesters hat auch die Wahr­                      gung der Eu­cha­ristie am Altar
des Altarkreuzes in der päpstli-                  nehmung der Eucharistie als                       eine Rückkehr zur tra­­ditionellen
chen Liturgie, die einen wichti-                  sicht­bares, von ihm am Altar zu-                 Ge­bets­rich­tung empfiehlt, der
gen Bei­trag zur Wahrnehmung                      sammen mit den Gläubigen dar-                     gilt den mei­­sten in unserer Kir-
der Einheit von klassischer und                   gebrachtes Opfer be­einträchtigt.                 che schon als Feind des 2. Vati­
moderner Form des römischen                       Daher sehe ich im Verlust der                     ka­ni­schen Kon­zils. Fast fünfzig
Meßritus dar­stellt, ist bislang                  ge­meinsamen Ge­bets­rich­tung                    Jahre nach Ver­ab­­schiedung
freilich nur spo­radisch auf­ge­grif­             für die eucharistische Liturgie                   der Kon­stitu­tion „Sa­cro­sanc­tum
fen worden.                                       das Haupt­problem der nachkon­                    Concilium“ (1963) ist eine De­
Der Verlust der sacred direc-                     ziliaren Litur­­­gie. Vie­les von dem,            bat­te um die Früch­te der nach-
tion für die Dar­bringung der                     was wir heu­te rund um den Al-                    konziliaren Litur­­gie­­re­form immer
Eu­charistie hat dazu geführt,                    tar erle­ben müssen und was der                   noch ein ver­mintes Gelände.
43   Joseph Ratzinger/Benedikt XVI., Der Geist der Liturgie. Eine Einführung (2000), Freiburg-Basel-Wien Neuausgabe 2006, 73.
44   Vgl. Congregatio de Cultu Divino et Disciplina Sacramentorum, Editoriale: Pregare “ad orientem versus” in: Notitiae 29 (1993), 245-249,
     247. - Ein Brief der Kon­gregation vom 25. Sep­tember 2000 weist darauf hin, daß die celebratio versus populum keine Ver­pflichtung darstellt
     und es gute Gründe geben kann, warum man die celebratio versus orien­tem, die auch eine sym­bo­lische sein kann, wählt. Vgl. Congregatio
     de Cultu Divino et Disciplina Sacramentorum, Re­sponsa ad quaestiones de nova Institutione Generali Missalis Romani, in: CCCIC 32
     (2000) 171-174.
45   Vgl. Congregatio de Cultu Divino et Disciplina Sacramentorum, in: Notitiae 2 (1965) 251.
46   Vgl. LG 33.

14
Sie können auch lesen