Kunst und Wirtschaft - Das Magazin - Wirtschaftsuniversität Wien
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IN KOOPERATION MIT Das 1/2020 Magazin WIRTSCHAFTSUNIVERSITÄT WIEN Kunst und Wirtschaft 4 Was Wirtschaft und 12 Wie sich Kreativität 22 Max Hollein ist Kunst verbindet managen lässt „WU Manager des Jahres“
I N H A L T 4 Kunst und Wirtschaft Märkte in der 16 Vielfältiges Masterstudium Masterpro gramm Finanz wirtschaft und Rechnungs Kreativwirt wesen. schaft funktio nieren anders als im norma len Wirtschafts leben. 18 12 Kunst und Management Forscher des Monats Alexander Mohr über die Folgen des Brexits für Wie Kunst und Expats. Management durch Kreativität dazugewinnen. 14 Kunst und 22 Max Hollein Logistik Der „WU Warum sich ein Manager des kroatischer Maler FOTOS: NATHAN MURRELL, WU, BEIGESTELLT Jahres“ über mit Transportthe Verflechtung men beschäftigt. von Kunst und Wirtschaft. Impressum: Ausgabe 1/2020. Medieninhaber, Herausgeber und für den Inhalt verantwortlich: WU (Wirtschaftsuniversität Wien), 1020 Wien, Welthandelsplatz 1. Rektorat: Edeltraud Hanappi-Egger (Rektorin), Harald Badinger, Michael Lang, Tatjana Oppitz, Margarethe Rammerstorfer. WU-Koordination: Melanie Hacker, Chris topher Posch. Produktion: Die Presse Verlags-Ges.m.b.H. & Co KG, 1030 Wien, Hainburger Straße 33, Tel.: 01/514 14-Serie. Geschäftsführung: Herwig Langanger, Rainer Nowak. Redaktion: Andreas Tanzer (Ltg.), Gerald Pohl. Art Direction: Matthias Eberhart. Produktion: Thomas Kiener, Christian Stutzig. Anzeigen: Tel.: +43/(0)1/514 14-535, E-Mail: anzeigenleitung@diepresse.com. Hersteller: Druck Styria GmbH & Co KG, Styriastraße 20, 8042 Graz. Coverfoto: Nathan Murrell. Coverzeichnung:Sarah Knaus. Unternehmensgegenstand: gemäß Aufgabendefinition in §3 Universitätsgesetz 2002. Grundlegende Richtung: Das „WU Magazin“ versteht sich als Informationsplattform der Wirtschaftsuniversität Wien für die gesamte Öffentlichkeit. 2
N E W S Drei neue Rechts professorinnen an der WU Seit Anfang März verstärken drei neue Professorinnen aus dem Bereich der Rechts- wissenschaften Forschung und Lehre an der WU: Universitätsbetrieb geht online weiter Susanne Auer-Mayer, Professorin für Arbeitsrecht und Sozial- Zur Eindämmung des Coronavirus hat die Informationsportal der WU, zur Verfügung recht mit Schwerpunkt WU den Lehr- und Lernbetrieb auf Distanz- gestellt werden. Digitalisierung in der lehre umgestellt. Das bedeutet, dass bis auf Arbeitswelt am Depart- Weiteres online gelehrt und gelernt wird. Veranstaltungen werden, soweit möglich, ment für Privatrecht. Studierende und Lehrende kommen virtuell online durchgeführt. Am WU Master’s Day Susanne Auer-Mayer zusammen, auch an Projekten wird online am 15. April 2020 präsentieren sich die 15 promovierte 2010 an der gearbeitet. So kann das laufende Semester deutsch- und englischsprachigen Master- Paris Lodron Universität in Salzburg, wo sie möglichst uneingeschränkt weitergehen. programme der WU im Netz. Lehrende, 2018 auch ihre Habilitation abschloss. An Lehrveranstaltungen können zur Studierende, Alumni und die Studien- der WU wird sie sich schwerpunktmäßig mit gewohnten Zeit gestreamt werden. Es zulassung geben über Live-Streaming Fragen der Digitalisierung in der Arbeitswelt können auch je nach Typ und Inhalt Einblick in das Studium und Interessierte beschäftigen. der Lehrveranstaltungen kommentierte haben die Möglichkeit, ihre Fragen im Chat Powerpointfolien, Lecturecasts oder zu stellen. Weitere Informationen unter Katharina Pabel, Professorin für Öffentliches Aufgaben über LEARN, dem Lern- und wu.at/mastersday. Recht, Wirtschaftsrecht und Völkerrecht am Department für Öffentli- Online-Registrierung für Bachelor- und ches Recht und Steuer- Masterstudien geöffnet recht der WU. Katharina Pabel Seit 3. März läuft an der WU die Online-Registrierungsfrist für alle drei Bachelorstudien: Wirt- promovierte 2001 an der schafts- und Sozialwissenschaften (WiSo), das englischsprachige Programm Business and Universität Bonn und habilitierte sich 2009. Economics (BBE) und Wirtschaftsrecht (WiRe). Die jeweiligen Fristen der Aufnahmeverfahren An der WU möchte die gebürtige Deutsche enden am 19. Mai. Die Anmeldung für die sieben deutschsprachigen Masterprogramme für verschiedene Aspekte des Schutzes der den Start im Wintersemester 2020/2021 ist noch bis 31. Mai möglich. Grund- und Menschenrechte in nationaler, europäischer und internationaler Perspektive vertiefen. 10 Jahre „Lernen macht Schule“ Gemeinsam mit der Caritas der Erzdiözese Wien Julia Told, Professorin für Zivilrecht am und der REWE Group in Österreich wurde 2010 Department für Privatrecht die Initiative „Lernen macht Schule“ ins Leben der WU. gerufen, die sozial benachteiligte Kinder mit Julia Told dissertierte 2010 Studierenden zusammenbringt. Entscheidend in Rechtswissenschaften FOTOS: WU, CHRISTIAN DUSEK für den Zugang zu Bildung ist in Österreich weit- an der Universität Wien. gehend die soziale Herkunft. Armut im Elternhaus An der WU will sie sich verringert die Chancen massiv, wodurch schon vor allem dem Bankver- im Kindesalter die Weichen für den späteren tragsrecht, dem Kreditsicherungsrecht, Bildungsweg gestellt werden. Im Rahmen des internationalen Projekten der Privatrechtsver- Programms engagieren sich jedes Jahr rund 120 einheitlichung, der Privatrechtsdigitalisierung WU-Studierende und betreuen 240 Kinder und sowie den Grenzen der Privatautonomie Jugendliche. widmen. 3
C OV E RSTO RY Arm und Reich in der Kunst vereint In der Kreativwirtschaft funktionieren die Märkte nicht nach Lehrbuch. Die meisten AkteurInnen können kaum davon leben, nur ganz wenige werden zu reichen Superstars. Trotzdem hat sich rund um die Kunst ein Milliarden-Business entwickelt. Wien nascht an diesem Kuchen vielfältig mit. D er mittlerweile 73-jährige André Niedergang, besonders in Städten kamen sie in die Heller hat ein produktives Jahr hinter Krise. Das zeigt sich im generellen Trend von der sich: Er brachte ein neues Musik- Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft. „Kreativ- album auf den Markt, veröffentlichte wirtschaft funktioniert anders, sie entspricht nicht einen Erzählband und inszenierte den Prinzipien einer normalen Marktwirtschaft“, eine wienerisch gefärbte Version des Rosenkavaliers meint Resch. „Es gibt ganz wenige, die besonders gut an der Staatsoper Berlin. „André Heller geradezu als verdienen und viele, die in prekären Einkommensver- Role Model für die Wiener Kreativwirtschaft ins Spiel hältnissen leben, aber für die Vielfalt und Lebendig- zu bringen liegt nahe“, erläutert Andreas Resch, ao. keit der Szene sehr wichtig sind.“ Professor am WU-Institut für Wirtschafts- und In der Kunstszene gebe es ein merkwürdiges Sozialgeschichte. Heller ging einen sehr eigenstän- Verhältnis zur Wirtschaft, das zum Teil widersprüch- digen Weg in seiner künstlerischen Entwicklung, lich sei, argumentiert Elfie Miklautz, ao. Professorin wobei er den wirtschaftlichen Erfolg nie vernachläs- am WU-Institut für Soziologie und empirische Sozial- sigte. Von Radiomoderator über Sänger, Autor bis hin forschung. Miklautz: „Es ist eine Art anti-ökonomi- zu Inszenierungen von Feuertheatern, Varietés, sche Ökonomie. Das heißt, dass AkteurInnen gewisser Zirkusshows und Gartenprojekten reicht Hellers Sparten der Kreativwirtschaft am Beginn ihrer Lauf- kreatives Spektrum, das der Enkel eines Großindust- bahn davon überzeugt sind (ähnlich wie bei manchen riellen wohl auch deshalb verwirklichen konnte, weil Sportarten, Anm.), es der Sache und nicht des Geldes es ihm – im Gegensatz zu vielen Künstlern – nie an wegen zu machen. Selbst Galerien behaupten von sich, Geld fehlte. junge KünstlerInnen fördern und nicht primär Profit machen zu wollen.“ Die Konsequenz daraus ist, dass Höchst heterogene Bereiche Einkommen aus der künstlerischen Haupttätigkeit oft Laut dem britischen Department for Digital, Culture, nicht ausreichen, um den Lebensunterhalt zu finan- Media and Sport zählen zur Kreativwirtschaft so zieren. „Es gibt viele Leute, die diesen Beruf, für den unterschiedliche Bereiche wie Werbung, Handwerk, sie ‚brennen‘, zwar als ihren Haupterwerb sehen, aber Architektur, Design, Film, Medien, IT, Museen und eine Nebenbeschäftigung benötigen, um sich ihr Musik. Alles Sektoren, die ihren Ursprung in der Leben leisten zu können“, ergänzt Andrea Grisold, ao. individuellen Kreativität, den Fähigkeiten des Professorin am WU-Institut für Heterodoxe Einzelnen haben und die ein Potenzial für Reichtum Ökonomie. Zahlreiche AbspringerInnen gebe es durch Nutzung von geistigem Eigentum bieten. Der deshalb nicht, die Personen bleiben Künstlerin oder Terminus Kreativwirtschaft hat eine lange Geschichte. Künstler. Diese Distanz zum ökonomischen Erfolg Er änderte jedoch in den späten 1980er- und frühen und ein entsprechender feldkompatibler Habitus seien 1990er-Jahren seine Bedeutung. In den reichen aber auch normative Voraussetzungen dafür, als Teil Ländern erlebten damals die alten Industrien einen dieser Szene zu gelten, so Miklautz. Denn primär 5
C OV E RSTO RY Ein Großteil der LiteratInnen und wichtig sei die Anerkennung in der Community. Für bildenden KünstlerInnen in Öster- einen kommerziellen Erfolg hingegen ist neben dem reich verdienen pro Jahr unter 5.000 € Schaffen des Kunstwerks die Vermarktung desselben oder der eigenen Person als KünstlerIn von existen- zieller Bedeutung; das fällt aber vielen KünstlerInnen äußerst schwer. Grisold: „Man muss selbst Marke- tingaktivitäten setzen, um in Galerien ausgestellt zu Filmschaffende haben mit rund 10.000 € werden. Wichtig ist es, Leute auf sich aufmerksam zu machen, die einem im Weiteren unterstützen können.“ die vergleichsweise höchsten Mäzenatentum und Förderungen Einkommen. Welche Rolle spielen in diesem Umfeld Mäzena- tentum, Sponsorship oder staatliche Förderungen? Fest steht, dass 80 Prozent der vorhandenen Sponso- ring-Gelder in Sport fließen und nur 20 Prozent in Kultur. Sponsoring ermöglicht die Durchführung Standort nachhaltig sei: „Durch den gesellschaftlichen wichtiger Ausstellungen, zum Beispiel von Rubens- Wert der Kunst sind Breite und Vielfalt in einem relativ und Brueghel-Meisterwerken im Wiener Kunsthisto- kleinen Markt möglich, was sich auf die Lebensqua- rischen Museum (KHM). Es gibt Mäzeninnen und lität auswirkt. Deshalb schneidet Wien in Rankings in Mäzene, zum Beispiel Heidi Horten, die ab 2022 im diesem Bereich immer hervorragend ab.“ Stöcklgebäude im Zentrum Wiens ihre aus 700 Kunst- Nicht nur im Inland wird Kunst von staatlicher Seite werken bestehende Privatsammlung der Öffentlichkeit gefördert, auch die Teilnahme von heimischen Künst- dauerhaft präsentieren wird. Oder Hans-Peter Hasel- lerInnen an jährlich rund 7000 ausländischen Kultur- steiner, der jüngst aus der eigenen Tasche das Künst- veranstaltungen wird aktiv durch das Bundesministe- lerhaus am Wiener Karlsplatz für einen zeitgemäßen rium für europäische und internationale Angelegen- Ausstellungsbetrieb runderneuern ließ. Die eingemie- heiten (BMEIA) mittels seiner Auslandsvertretungen tete ‚Albertina modern‘ plant dort Werke zu zeigen, betrieben. Dafür steht ein Budget von rund vier die aus der Sammlung der Familie Essl stammen. Im Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. Das BMEIA internationalen Vergleich ist Mäzenatentum hierzu- übernimmt zum Beispiel die Transportkosten oder lande weniger offensichtlich ausgeprägt und staatliche das Honorar der eingeladenen KünstlerInnen. Diese Förderung ist wichtiger als in vielen Ländern. Öster- hätten ohne Förderung und die Kontakte der reich hat auf diesem Sektor ein gutes Niveau erreicht, Auslandsvertretungen kaum die Chance, vor einem mit staatlichen Institutionen wie Bundes- oder neuen Publikum aufzutreten oder auszustellen. Für Landestheatern. Resch ist überzeugt, dass es ökono- Österreich bietet sich durch die Verschickung der misch gut angelegtes Geld und dadurch für einen KünstlerInnen als KulturbotschafterInnen die Public Value öffentlicher Kultureinrichtungen Das Konzept Public Value (PV) erweitert Da die Anspruchsgruppen den PV einer gängige Bewertungskriterien – wie die Organisation nicht zwingend einheitlich Einhaltung von gesetzlichen Vorschriften wahrnehmen, stehen Kulturmanage- oder das Erreichen von Zielen – um den rInnen wie politisch Verantwortliche zentralen Gedanken des Beitrags zum vor der Herausforderung, den Beitrag Gemeinwohl. „Das Statement ‚public zum gesellschaftlichen Mehrwert ihrer value is what the public values‘ verweist Institutionen zu reflektieren, zu definieren FOTOS: NATHAN MURRELL auf die Bedeutung der Wahrnehmung und zu kommunizieren. Knassmüller: von Public Value durch relevante „Das Forschungsprojekt ‚Public Value(s) Anspruchsgruppen, die den Institutionen von Wiener Kulturbetrieben‘ untersucht die Legitimationsgrundlage sichern oder im Rahmen einer Medienanalyse genau Monika Knassmüller ist Wissen- entziehen“, erklärt Monika Knassmüller, diese unterschiedlichen Wahrneh- schafterin am WU-Institut für Wissenschafterin am WU-Institut für mungen in Bezug auf den PV der öster- Public Management. Public Management and Governance. reichischen Bundesmuseen.“ 6
C OV E RSTO RY Elfie Miklautz ist ao. Univ.-Prof. am WU-Institut für Soziologie und empirische Sozialforschung. „AkteurInnen gewisser Sparten der Kreativ- wirtschaft sind am Beginn ihrer Laufbahn davon überzeugt, es der Sache und nicht des Geldes wegen zu machen.“ Elfie Miklautz „Durch den gesellschaftlichen Wert der Kunst sind Breite und Vielfalt in einem relativ kleinen Markt möglich, was sich auf die Lebensqualität auswirkt.“ Andreas Resch Andreas Resch ist ao. Univ.-Prof. am WU-Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte. 7
C OV E RSTO RY Christian Schober ist Leiter des WU-Kompetenzzentrums für Non-Profit-Organisationen. „Das Ziel ist weg von der Leistungsmes- sung und hin zur Wirkungsmessung zu kommen. Wir wollen also feststellen, was Engagement der Gesellschaft tatsächlich bringt.“ Christian Schober „Das kulturelle Erbe wird bereits gut ver- marktet. Einen Aufholbedarf gibt es bei der zeitgenössischen Kunst.“ Thomas Reutterer FOTOS: NATHAN MURRELL Thomas Reutterer ist Univ.-Prof. am WU-Institut für Service Marketing and Tourism. 8
C OV E RSTO RY Möglichkeit, als Land zu punkten und das Image als Wirtschaftliche Kunst- und Kulturnation zu stärken. Das WU-Kom- Folgen für Künstler petenzzentrum für Non-Profit-Organisationen unter Innen infolge der der Leitung von Christian Schober steht am Beginn eines Forschungsprojekts über die Wirkungen der Covid-19-Pandemie Auslandskulturaktivitäten des BMEIA. Damit soll der Das Wirtschaftsministerium arbeitet gesellschaftliche Mehrwert von Kulturveranstal- an einem Härtefonds für freischaffende tungen mit Österreich-Bezug im Ausland und KünstlerInnen. Dabei soll es Bargeld auf entsprechend geförderter Teilnahme von österreichi- die Hand geben, das nicht zurückgezahlt schen KünstlerInnen untersucht werden. „Das Ziel ist werden muss. „Es ist eine Unterstützung es, weg von der Leistungsmessung – zum Beispiel wie vom Staat, um das Überleben zu sichern. So einen Härtefonds hat es bereits 2008 viele Veranstaltungen durchgeführt wurden – und hin gegeben, nach diesem Muster wollen wir zur Wirkungsmessung zu kommen. Wir wollen also nun vorgehen“, erklärt Margarete Schram- feststellen, was dieses Engagement der Gesellschaft böck, Bundesministerin für Digitalisierung tatsächlich bringt“, erklärt Schober die Idee dahinter. und Wirtschaftsstandort und WU-Alumna. „Die Förderung des Kulturtourismus könnte zum Die Hilfe sei für jene gedacht, bei denen Beispiel ein Indikator sein: Wenn in Moskau anläss- Garantien und Kurzarbeit nicht greifen. lich des Jubiläums ‚150 Jahre Wiener Staatsoper‘ Der Chef des Wirtschaftsforschungs- instituts, WU-Professor Christoph Badelt, Aktivitäten gesetzt werden, dann könnte dies Kultur- rät zu Steuerstundungen, Stundung von touristInnen zu einer Reise nach Wien animieren.“ Beiträgen zur Sozialversicherung und gege- Die zuvor angesprochene Lebensqualität wird als Teil benenfalls Subventionen. Problemgruppen des gesellschaftlichen Mehrwerts ebenfalls in die sollten identifiziert und Maßnahmen dafür Studie einbezogen werden. individuell beschlossen werden. Eine Anlaufstelle für Kunstschaffende Chance für Wien durch zeitgenössische Kunst ist nicht nur in Krisenzeiten der Künstler- Kultur hat bekanntlich einen sehr hohen Stellenwert Sozialversicherungsfonds (KSVF). Er leistet Zuschüsse zu den Sozialversicherungs- für den Tourismus in Wien. Dabei muss unter- beiträgen der Selbständigen und kann in schieden werden, ob das kulturelle Erbe oder die besonderen Notfällen Beihilfen zahlen. So Gegenwartskunst gemeint ist. „Das kulturelle Erbe kann der KSVF KünstlerInnen mit Haupt- wird bereits gut vermarktet. Aufholbedarf gibt es bei wohnsitz in Österreich mit bis zu 5000 Euro der zeitgenössischen Kunst“, sagt Thomas Reutterer, unterstützen; als Einmalzahlung oder in Professor am WU-Institut für Service Marketing and Ausnahmefällen auch als wiederkehrende Tourism. Seiner Meinung nach wäre eine neue Stra- Geldleistung. Dass es um das Einkommen eines Groß- tegie, den Tourismus von den ausgetretenen Pfaden teils der Kunstschaffenden in Österreich auch auf Nebenschauplätze in hippere Bezirke zu generell alles andere als gut bestellt ist, verlagern, wünschenswert. Hier würde die Förderung zeigt die 2018 veröffentlichte Studie einer lebhaften Kleinkunst- und Kulturszene dazu „Soziale Lage der Kunstschaffenden und beitragen, neue Zielgruppen anzusprechen, noch Kunst- und KulturvermittlerInnen in Öster- einmal qualitativ zu wachsen und gleichzeitig das reich“. Ihr Einkommen ist für einen Großteil Problem des Overtourism zu bekämpfen. Natürlich der Kunstschaffenden unregelmäßig, schwer planbar und von eher geringer besteht in der Vermarktung einer Topdestination wie Höhe. Die Hälfte der RespondentInnen Wien auch immer das Risiko, am Kitsch anzustreifen. nennt ein Einkommen aus ihrer künstleri- „Wien hat das bisher trotz allem gut gemacht“, meint schen Tätigkeit von unter 5000 Euro netto Reutterer. „Kitsch gibt es in anderen Städten auch, pro Jahr. Es sind vor allem LiteratInnen das ist ein weltweites Phänomen und tritt überall dort und bildende KünstlerInnen, die zu hohen auf, wo viel gereist wird.“ Anteilen in diesem niedrigen Einkom- Vor 10 bis 15 Jahren wurden Museen noch als menssegment zu finden sind, während verstaubt empfunden. Heute gelten sie mit ihren Filmschaffende mit rund 10.000 Euro die vergleichsweise höchsten Einkommen Originalen, die eine bestimmte Aura verbreiten, angeben. wieder als zeitgemäß. „Museen wurden durch neue Medien nicht wegrationalisiert, im Gegenteil, sie 9
C OV E RSTO RY 2018 wurden weltweit haben irrsinnig dazugewonnen“, erklärt Andreas 67,4 Resch. „Die Wiener Museen haben das sehr geschickt gemacht. Sie zählen zwar nicht zu den meistbe- suchten Museen der Welt wie der Louvre in Paris, aber Blockbuster-Ausstellungen haben zum Beispiel MiIliarden � das KHM, Belvedere oder die Albertina zeitweise auch quantitativ an die Weltspitze gehievt.“ Aus Tourismussicht wäre es laut Thomas Reutterer sinn- im Kunstmarkt umgesetzt, davon voll, verstärkt auf Kombinationsangebote zu setzen 29,1 Milliarden in Auktionen. und diese dann über Social-Media-Kanäle und Onlinemarketing zu bewerben. Dass heimische Kunstwerke international gefragt sind, bewies erst emotionale Bindung zum Kunstwerk haben. Das kürzlich die Ausstellung „Making Marvels“ im Geschäftsmodell eines Auktionshauses sieht vor, dass Metropolitan Museum of Art, New York, in der das Honorar ausschließlich erfolgsbezogen ausbezahlt Objekte aus bekannten österreichischen Sammlungen wird. La Garde klärt auf: „VerkäuferInnen bezahlen dem amerikanischen Publikum präsentiert wurden. eine geringe Provision nur bei positiver Abwicklung (Ein Interview mit dem Direktor des Metropolitan des Verkaufs. Zuvor wird mit den EinbringerInnen ein Museum of Art, WU-Alumnus Max Hollein, finden Limit festgelegt, unter dem das Objekt nicht verkauft Sie auf den Seiten 22 und 23.) werden darf. Für die Käuferin bzw. den Käufer fällt zusätzlich zum Zuschlagspreis eine Provision in Höhe Auktionshäuser sind Cash Cows von 28 Prozent an.“ Das Auktionshaus im Kinsky Erworben werden Kunstwerke auch bei Versteige- konzentriert sich auf den lokalen Markt Österreich, rungen, wie sie zum Beispiel fünfmal jährlich im im Gegensatz zu Sotheby’s, Christie’s und Phillips. Auktionshaus im Kinsky stattfinden. Nach dem Dorot- Diese sind weltweit präsent und generieren Milliar- heum ist das Kinsky das zweitgrößte Auktionshaus in denumsätze. VerkäuferInnen von sehr wertvollen Österreich. Es hat sich auf zeitgenössische und heimi- Objekten tendieren zu diesen bekannten internatio- sche Kunst spezialisiert. „Unsere Kunden sind sowohl nalen Auktionshäusern, weil dort bei Auktionen Private, Unternehmen, institutionelle Sammlungen, höhere Verkaufspreise erzielt werden können. La Stiftungen als auch Museen“, bestätigt der Garde: „Bei Top-Ware und hier ist gemeint ab 10 WU-Alumnus Christoph la Garde, geschäftsführender Millionen US-Dollar aufwärts, teilen sich die drei Gesellschafter des Auktionshauses im Kinsky. Verkäu- großen Auktionshäuser den Markt.“ 2018 wurden ferInnen sind SammlerInnen und vor allem ErbInnen, weltweit 67,4 Milliarden US-Dollar im Kunstmarkt die im Gegensatz zu den ErwerberInnen keine umgesetzt, davon 29,1 Milliarden in Auktionen. l Special Workshop „Leadership Orchester“ an der WU Executive Academy Im von der WU Executive Academy Feedback und der Dirigent Lorenz Huber veranstalteten Special Workshop „Leader- übersetzt dies in die Führungsrolle“, ship Orchester“ erleben ManagerInnen erklärt Helga Pattart-Drexler, Head of FOTOS: NATHAN MURRELL; BEIGESTELLT einen Perspektivenwechsel. Sie treffen Executive Education der WU Executive als DirigentInnen auf ein Orchester, das Academy. „ManagerInnen merken durch die MitarbeiterInnen symbolisieren soll. das Dirigieren sofort, wenn sie zu präsent Nach einer Einführung in die Kunst des sind und den MitarbeiterInnen keinen Dirigierens studieren die Führungskräfte Freiraum lassen. Oder wenn sie sich nur mit professionellen MusikerInnen ihre einem Teil der Belegschaft widmen, dann Interpretation eines Musikstücks ein. verstummt der Rest.“ Der Special Work- In Folge können die ManagerInnen ihr shop „Leadership Orchester“ wird stets Helga Pattert-Drexler ist Head eigenes sowie fremdes Führungsver- individuell an die jeweiligen Herausfor- of Executive Education der halten beobachten und analysieren. derungen, vor denen die Führungskräfte WU Executive Academy. „Die MusikerInnen geben unmittelbar stehen, angepasst. 10
C OV E RSTO RY Andrea Grisold ist ao. Univ.-Prof. am WU-Institut für Heterodoxe Ökonomie. „Es gibt viele Leute, die diesen Beruf, für den sie ‚brennen‘, zwar als ihren Haupterwerb sehen, aber eine Nebenbeschäftigung benö- tigen, um sich ihr Leben leisten zu können.“ Andrea Grisold „Das Auktionshaus erhält nur im Falle des erfolgreichen Verkaufs eine Provision, die sich aus dem Aufgeld für KäuferInnen und einer VerkäuferInnenprovision zusam- mensetzt. Mit den VerkäuferInnen wird ein Mindestverkaufspreis vereinbart.“ Christoph La Garde Christoph La Garde ist ge- schäftsführender Gesellschafter des Auktionshauses im Kinsky. 11
KU N ST U N D M AN AG E M E N T Kreativität erfolgreich steuern Kunst und Wirtschaft brauchen Kreativität, um innovativ und somit erfolgreich zu sein. Diese zu managen, kann in beiden Bereichen eine Herausforderung sein. E s sind zwei Welten, die für manche unvereinbar erscheinen: Die einen sehen sie als kreativ, freiheitsliebend, ungestüm und exzentrisch, die anderen hingegen als kontrolliert, seriös und begrenzt. Wo Kunst und Wirtschaft aufeinander- treffen, kann es mitunter Spannungen geben. Unter- nehmen sowie UnternehmerInnen treten häufig als Mäzene auf, gleichzeitig fließen Steuergelder, deren Aufkommen wiederum von der Wirtschaftsleistung abhängt, in die Kunstförderung. Schnittstellenmanagement „Faktum ist, dass KünstlerInnen, Kunst- und Kultur- betriebe an der Schnittstelle zwischen gesellschaftli- chem Subsystem und Erwartung stehen“, sagt dazu Wolfgang Mayrhofer vom Interdisziplinären Institut für verhaltenswissenschaftlich orientiertes Manage- ment der WU. Ihnen würden zum einen Öffentlich- keit und Medien, zum anderen die Politik gegen- überstehen. Und eben auch die Wirtschaft spiele seit Jahren immer stärker mit – sei es in Hinblick auf das wirtschaftliche Handeln, sei es in Hinblick auf Spon- Wolfgang Mayrhofer ist Univ. Prof. am Interdisziplinären Institut für verhaltenswissenschaftlich orientiertes Management der WU. soring. „Kunst und KünstlerInnen gut zu managen ist in diesem Spannungsfeld eine Herausforderung“, weiß Mayrhofer. Während die Kunst der Logik der Ästhetik folge, würde die Wirtschaft jener der Zahlen außen gut darstellt. Eine weitere hilfreiche Eigen- und die Politik jener der Macht folgen. „Lange Jahre schaft sei Empathie. „KünstlerInnen identifizieren war man im Interesse der Kunst großzügig. Aber sich oft sehr stark mit ihrem Schaffen. Das macht es jetzt werden Transparenz, Wirtschaftlichkeit auch da nicht leicht, Kritik und Niederlagen einzustecken, da immer wichtiger“, sagt der Experte. Kunst könne sich diese oft als Angriff auf die eigene Person empfunden daher nicht mehr automatisch und unhinterfragt werden“, meint Isabella Grabner, Professorin am über wirtschaftliche Grenzen hinwegsetzen. Für WU-Institut für Unternehmensführung. Das KunstmanagerInnen bedeute das, dass sie Bürger- Management müsste also in der Lage sein, damit Innen mehrerer Welten sein müssen. Sie müssten umzugehen und auch seine KlientInnen bzw. die von sich in den unterschiedlichen Systemen zurecht- finden und deren Sprachen sprechen. „In einem Kunstbetrieb kann man nicht so agieren wie in einem Produktionsunternehmen“, sagt Mayrhofer. Zuneh- „Während die Kunst der Logik der Ästhetik folgt, mend wichtiger werde auch, dass das Management folgt die Wirtschaft jener der Zahlen und die in Beziehung zur Öffentlichkeit tritt und den Kunst- Politik jener der Macht.“ betrieb beziehungsweise Kunstschaffende nach Wolfgang Mayrhofer 12
KU NST U N D M AN AG E M E N T ihm betreuten KünstlerInnen dazu bringen, weniger „KünstlerInnen identifizieren sich oft sehr stark gelungene Projekte zu akzeptieren und hinter sich zu mit ihrem Schaffen. Das macht es nicht leicht, lassen. Kritik und Niederlagen einzustecken.“ Isabella Grabner Kreativität als Wettbewerbsfaktor Aber nicht nur KünstlerInnen und Kunstbetriebe leben von Kreativität, das Gleiche gilt für Unter- nehmen. Denn Kreativität ist ein wesentlicher Wett- bewerbsfaktor. Kreativ zu sein bedeutet, neue Ideen hervorzubringen, die nützlich für ein Unternehmen sind. Solche Ideen können ebenso die Weiterentwick- lung bestehender Produkte und Produktionstechno- logien betreffen wie auch die radikale Entwicklung ganz neuer Produkte für neue KundInnensegmente. Dementsprechend kommt der Förderung von Kreati- vität, die lange und vielfach als nicht aktiv steuerbar galt, immer mehr Bedeutung zu. Der Spagat, den es dabei zu bewältigen gilt, lautet: MitarbeiterInnen zur Entfaltung ihres kreativen Potenzials zu ermutigen und gleichzeitig sicherzustellen, dass die Organisa- tion die MitarbeiterInnen und ihre Ideen „unter Aufsicht“ hat. Eine große Hürde dabei ist Unsicher- heit: „Kreativarbeit ist hochkomplex und ungewiss und daher ist es für ManagerInnen äußerst schwierig, während des Kreativprozesses zu erkennen, ob die Richtung stimmt oder ob steuernd eingegriffen werden sollte“, sagt Grabner. Unterschiedliche Motivationen Daneben gibt es eine zweite Eigenheit von Kreativ- arbeit: Ihr Erfolg hängt maßgeblich davon ab, dass sich KreativarbeiterInnen für ihre Aufgabe begeis- Isabella Grabner ist Univ. Prof. für Strategy and Management Accounting am WU-Institut für Unternehmensführung. tern, weit mehr als das in anderen Arbeitsbereichen gemeinhin der Fall ist. „Nur ein außergewöhnlich hohes Maß an intrinsischer Motivation verschafft den Antrieb, trotz Fehlschlägen, Frustration und extremer Ungewissheit immer wieder neue Anläufe zu unternehmen, alles wieder in Frage zu stellen und noch einmal von vorne zu beginnen“, ist Grabner überzeugt. Doch auch intrinsische Motivation erfor- dere Koordination und Steuerung in Unternehmen, weil sie nicht immer einer Motivation im Sinne der Unternehmensziele gleichkomme. Extrinsische Moti- Intrinsische und extrinsische vation und Controlling mache sie nur scheinbar überflüssig. Speziell KreativarbeiterInnen seien von Motivation FOTOS: NATHAN MURRELL ihren Projekten häufig so begeistert, dass sie ihre Intrinsische Motivation für ein Verhalten stammt aus dem Erleben ganze Energie und ihr ExpertInnenwissen dafür des Verhaltens selbst. Damit ein Verhalten bei einer Person intrinsisch motiviert ist, muss es bei dieser Person auf sich einsetzen, für ihre Projekte zu lobbyieren, anstatt selbst motivierend wirken. Im Gegensatz dazu wird Motivation diese im Sinne der Unternehmensziele auf ihren mit zusätzlichen Anreizen von außen als extrinsische Motivation Nutzen hin realistisch zu bewerten und gegebenen- bezeichnet. falls rechtzeitig abzubrechen. l 13
KU N ST U N D LO G I ST I K Logistik animiert Wissenschaft und Kunst zum Dialog Wissenschaft und Kunst verbindet mehr, als man auf den ersten Blick erwarten würde. Sebastian Kummer, Vorstand des WU-In- stituts für Transportwirtschaft und Logistik, führt zurzeit mit dem kroatischen Maler Ivica Capan ein interdisziplinäres For- Sebastian Kummer schungsprojekt durch. Das Ergebnis könnte die Sichtweise auf ist Vorstand des WU-Instituts für den Verkehr in Städten ändern. Transportwirtschaft und Logistik. Z eiten des Umbruchs faszinierten Künstler- Innen schon immer. Anhand eines Werks des französischen Impressionisten Camille Pissarro, der sich in einem Gemälde mit Pariser Stra- ßenszenen am Ende des 19. Jahrhunderts beschäftigt hat, erklärt Sebastian Kummer seine Sicht: „Der Stra- ßenverkehr war noch weitestgehend durch Pferde- fuhrwerke bestimmt. Aber bereits 14 Jahre später malte Albert Marquet die modernen Verkehrsmittel Auto und Eisenbahn.“ Der Verkehrsexperte erzählt, dass Logistik und Transportwesen früher in der darstellenden Kunst häufiger vorgekommen seien. Kummer: „Die Dampflokomotive war einst für KünstlerInnen eine Inspiration. Weil sich heute die Menschen an Verkehrsmittel wie zum Beispiel das Flugzeug gewöhnt haben, setzen sich allerdings nur mehr ganz wenige Kunstschaffende mit dem Thema auseinander.“ Im Moment befindet sich die Zivilisa- tion im Umbruch zur vierten industriellen Revolu- tion, deren gesellschaftliche Auswirkungen von der Wissenschaft umfangreich analysiert werden. Nun beschäftigt sich ergänzend dazu Ivica Capan in einem Auftragswerk des Instituts für Transportwirtschaft und Logistik mit aktuellen Forschungsthemen wie kooperative Logistik oder barrierefreie Mobilität in der Stadt. Logistik im Bild festgehalten Weite und Enge der Stadt soll sichtbar gemacht In einem ersten Schritt hat Capan Skizzen erstellt, werden. Um die Verständlichkeit zu erhöhen, wird auf denen die Herausforderung der Logistik auf das Kunstwerk gegenständlich ausgeführt. Im Mittel- knappem Raum in urbanen Gebieten dargestellt wird. punkt steht eine Stadtszene, die Chancen und Risiken FOTOS: NATHAN MURRELL „Die Frage stellt sich, wie in Zukunft die Logistik auf des Transportwesens aufzeigt. die städtischen Gegebenheiten reagieren wird“, Das Institut für Transportwirtschaft wird das fertig- erklärt Kummer. „Das Gemälde kann hier vielleicht gestellte Kunstwerk in den Unterricht integrieren. helfen, Logistik in die Schönheit der alten Stadt zu Erhoffter Nebeneffekt: Studierende sollen dafür integrieren und mit künstlerischen Mitteln aufzeigen, gewonnen werden, sich neben Wirtschaft auch mit wo Vorsicht geboten ist.“ Die Bewegung im Raum, die Kunst intensiver auseinanderzusetzen. l 14
L E K T Ü RE T I PPS Kunst und Kreativität im Fokus Wie gehen ControllerInnen mit Kreativität um? Mit welchen Problemen kämpfen türkische MusikveranstalterInnen in Wien? Und in welchem Spannungsfeld ist der Begriff „Neugier“ heute inhärent? Diesen Themen haben sich verschiedene ForscherInnen an der WU gewidmet. Kreativität managen Nicht nur in der Kunst und der Kreativwirtschaft ist Kreativität ein wesentlicher Erfolgs- und Wettbewerbsfaktor. Gleiches gilt für jedes andere Unternehmen auch, müssen doch Produkte und Produkttechnologien (weiter-)entwickelt, Märkte und KundInnen angesprochen werden und vieles mehr. Allerdings gilt Kreativität als schwer steuerbar, sie braucht Autonomie und Freiheit. Arbeitsabläufe mit hohem Kreativitätsbedarf stellen ControllerInnen daher vor besondere Herausforderungen. In ihrem Beitrag haben die beiden AutorInnen, aufbauend auf den Ergebnissen einer Studie, erläutert, worin nun die besonderen Herausforderungen für das Controlling von Arbeitsabläufen mit hohem Kreativitätsbedarf bestehen und wie Unternehmen die Kreativitätsleistung ihrer MitarbeiterInnen aktiv steuern können. Grabner, Isabella, Speckbacher, Gerhard. 2018. Kreativität managen. Controlling & Management Review (früher: Zeitschrift für Controlling und Management ZfCM). 62 (6), 38-41. Wiener Kreativwirtschaft Neugier: mehr zeigen Vom Zugang zum Arbeitsmarkt über die Generierung Die Diskussion um die Neubestimmung des von Kapital bis zur Bürokratie: Wie es um die ökonomi- Verhältnisses von Wissenschaft und Kunst haben schen, sozialen und kulturellen Herausforderungen und Elfie Miklautz, Professorin am Institut für Soziologie Potenziale der MusikveranstalterInnen mit türkischem und Empirische Sozialforschung der WU, und Migrationshintergrund in Wien steht, haben Marta Wilhelm Berger, Professor Clerici, Theresa Deutschmann und Daina Krest im am Institut für Technik- und Rahmen des Masterstudiums der Sozioökonomie unter Wirtschaftsforschung an der Leitung von Elfie Miklautz (Professorin am WU- der Alpen-Adria-Universität Institut für Soziologie und Empirische Sozialforschung) Klagenfurt, zur Herausgabe und Andrea Grisold (Professorin am WU-Institut für dieses Buchs bewogen. Heterodoxe Ökonomie) beleuchtet. Dafür haben sie Der Fokus darin liegt auf zum einen auf die Ansätze des ethischen, zum anderen konkreten Arbeitsprozessen des transnationalen Unternehmertums zurückgegriffen. und deren Parallelen und Demnach konnten zwar einige eindeutige Herausfor- Differenzen in Kunst und derungen sowie Potenziale für MusikveranstalterInnen Wissenschaft. Dabei ist der mit Migrationshintergrund eruiert werden. Die meisten Blick stets auf die Neugier Herausforderungen bzw. Potenziale jedoch lassen sich gerichtet, die immerhin eine nicht unzweifelhaft der einen oder anderen Kategorie der wichtigsten Triebfedern zuordnen, ihre Kategorisierung hängt vielmehr von beider ist. Ausprägung und subjektiver Wahrnehmung ab. Miklautz, Elfie, Berger, Wilhelm, Hrsg. 2017. Neugier: Grisold, Andrea, Miklautz, Elfie, Mikl-Horke, Gertraude, mehr zeigen. Mit Beiträgen von Wilhelm Berger, FOTOS: BEIGESTELLT Resch, Andreas, Hrsg. 2018. MusikveranstalterInnen mit Elke Bippus, Bazon Brock, Florian Dombois, Adreis türkischem Migrationshintergrund in der Wiener Kreativ- Echzehn, Pasquale Gagliardi, Julian Klein, Eva wirtschaft. Schriftenreihe des Forschungsbereichs Wirt- Meyer, Elfie Miklautz, Michaela Ott, Hans-Jörg schaft und Kultur Bd. 20. Wien: WU Vienna University of Rheinberger, Andrea Roedig. Paderborn: Wilhelm Economics and Business. Fink Verlag. 15
M AST E R P ROGR A M M FI N AN Z W I RTS C H AF T U N D RE C H N U N G S W ES E N Vielfältiges Masterstudium Für die AbsolventInnen des Master- programms Finanzwirtschaft und Rechnungswesen eröffnen sich ver- schiedenste Betätigungsfelder: vom Banking über Wirtschaftsprüfung bis hin zur Unternehmensberatung. D ie Bereiche Finance und Accounting sind anderem anhand der Hypo-Alpe-Adria-Bilanz bildhaft Nach einer eng miteinander verbunden. Die WU posi- demonstriert, wie man Probleme identifiziert. Gene- Banklehre in Linz kam Jakob tioniert sich in diesem Bereich mit dem rell lobt Katzmayr die Expertise der Vortragenden Katzmayr zum Vollzeit-Masterstudium „Finanzwirtschaft und Rech- über alle Themenbereiche hinweg. WU-Studium nungswesen“. Einer der Studierenden ist Jakob Katz- nach Wien. mayr. Der 26-jährige Oberösterreicher entschied sich Direktes Umsetzen im Job bereits im Alter von 15 Jahren für eine Lehre bei Bereits vor Beginn seines Studiums arbeitete Katzmayr einer Bank. Danach machte er die Berufsreifeprüfung Vollzeit im Banking. Zuvor im Wertpapierbereich, in Linz und ging nach Wien, um an der WU ein mittlerweile im Risikomanagement. Obwohl das Bachelorstudium in Betriebswirtschaft zu absol- Masterprogramm ein Vollzeitstudium ist, macht eine vieren. „Ich wollte im Banking-Bereich bleiben, aber Teilzeitbeschäftigung in der angestrebten Branche mehr in Richtung Risikomanagement gehen – Sinn. „Im ersten Semester sollte man nicht mehr als 10 deshalb entschied ich mich für das Masterstudium bis 15 Stunden pro Woche arbeiten“, lautet Katzmayrs Finanzwirtschaft und Rechnungswesen“, sagt Katz- Rat. „Ab dem dritten Semester kann man auf 20 bis 25 mayr. Nachdem das Bakkalaureat eher allgemein Stunden erhöhen. Das ist machbar.“ Der große Vorteil: ausgelegt war, erwartete er sich vom Masterstudium das Gelernte kann direkt im Beruf angewandt werden, einen spezifischeren Zugang und wurde nicht meint Jakob Katzmayr, der sich in seiner Masterarbeit enttäuscht. „In vielen Bereichen geht es wirklich sehr dem Thema „Smart ETFs“ (Exchange Traded Funds) tief in die Materie; zum Beispiel, wenn verschiedene widmet. l Berechnungsarten im Accounting behandelt werden. Hier wurde ich sehr positiv überrascht“, sagt der Masterstudent, der sich aktuell im zweiten Studien- abschnitt befindet. Masterprogramm Finanzwirt- Individuelle Schwerpunkte schaft und Rechnungswesen In dem Masterprogramm stehen elf Spezialisierungs- Dauer: Vier Semester (120 ECTS) fächer zur Auswahl. Dadurch können sich die Studie- Abschluss: akademischer Grad Master of Science (WU), renden auf ihre individuellen Interessen fokussieren. abgekürzt MSc (WU) FOTOS: NATHAN MURRELL Katzmayr entschied sich für Banking, Corporate Art des Studiums: Vollzeit Sprache: Deutsch Finance und betriebswirtschaftliche Steuerlehre. „Von Studienplätze: 150 der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre habe ich Bewerbung: wu.at/fire persönlich am meisten profitiert. Aber auch Banking Nächste Bewerbungsdeadline deutschsprachige Programme: brachte mir einen wichtigen Einblick in die Entwick- 31. Mai 2020 lung eines Kreditrisikomodells.“ Hier wurde unter 16
WU Master’s Day Mittwoch, 15. April 2020, 9:30–16:30 Uhr Online unter: wu.at/mastersday Informieren Sie sich am virtuellen WU Master’s Day über die 15 deutsch- und englischsprachigen Masterprogramme der WU! 7 DEUTSCHSPRACHIGE PROGRAMME 9:30 Uhr Steuern und Rechnungslegung 9:55 Uhr Finanzwirtschaft und Rechnungswesen 10:20 Uhr Sozioökonomie 10:45 Uhr Wirtschaftsrecht 11:10 Uhr Export- und Internationalisierungsmanagement 11:35 Uhr Management 12:00 Uhr Wirtschaftspädagogik STUDIENZULASSUNG 12:25 Uhr Wie bewerbe ich mich an der WU? 8 ENGLISCHSPRACHIGE PROGRAMME 12:50 Uhr Economics 13:15 Uhr Supply Chain Management 13:40 Uhr Socio-Ecological Economics and Policy 14:05 Uhr Quantitative Finance 14:30 Uhr Strategy, Innovation, and Management Control Erfahren 14:55 Uhr Marketing Sie mehr unter 15:20 Uhr Digital Economy 15:45 Uhr International Management/CEMS wu.at/ mastersday Nächste Bewerbungsdeadline Deutschsprachige Programme: 31. Mai 2020
FOR S C H E R D ES M O N ATS Expats vor dem Exodus WU-Professor Alexander Mohr untersuchte die Frage, welche Folgen der Ausstieg des Vereinigten Königreichs aus der EU für Expats und Unternehmen in Großbritannien hat. A lexander Mohr ist Professor für werden können. Dies wird beeinflussen, wie ausländi- „Exportmanagement und Internatio- sche Unternehmen den britischen Markt bearbeiten.“ nalisierungsprozesse“ am WU-Institut Der WU-Professor zweifelt daran, dass es bis Ende für International Business. Seine 2020 zu einer Einigung kommen wird. „Falls doch, ist Forschungen beleuchten unter es unwahrscheinlich, dass diese weit über die gene- anderem den Themenschwerpunkt „Internationalisie- rellen Regelungen der Welthandelsorganisation rung von Unternehmen“. In seinen letzten Studien hinausgehen wird.“ Dann wäre es für Unternehmen forschte er vor allem rund um den Brexit. Mohr aus der EU deutlich schwieriger und teurer, ihre versuchte herauszufinden, wie sich das Brexit-Votum Produkte nach Großbritannien zu exportieren. „Unter auf Expats in Großbritannien auswirkt. Viele Jahre Umständen müssen EU-Unternehmen dann über eine lebte der gebürtige Deutsche selbst in Großbritan- stärkere lokale Wertschöpfung in Großbritannien nien. „Ich beschäftige mich in meiner Forschung seit nachdenken“, so Mohr. Längerem mit Expatriates und habe schon vor dem Brexit-Votum im Juni 2016 eine Befragung deutscher Viele Fragezeichen WissenschaftlerInnen in Großbritannien durchge- Welche Auswirkungen hat der Brexit auf das Perso- führt“, erzählt Mohr. In dieser Befragung ging es nalmanagement in internationalen Unternehmen? insbesondere um die sozialen Netzwerke und die „Ausländische wie auch lokale Unternehmen in kulturelle Identität der WissenschaftlerInnen und den Großbritannien stehen vor der Herausforderung, Einfluss dieser beiden Merkmale auf die Absicht dass ArbeitnehmerInnen aus anderen EU-Ländern deutscher Forschenden, nach Deutschland zurückzu- das Land verlassen und sie diese nicht oder sehr kehren. Nach dem Volksentscheid befragte er diese schwer durch lokale ArbeitnehmerInnen oder Gruppe erneut und konnte eine Veränderung in den Personen aus dem EU-Ausland ersetzen können“, Einstellungen der WissenschaftlerInnen feststellen. Nach dem Brexit-Votum war die Absicht, nach „Derzeit besteht große Unsicherheit, ob sich Deutschland zurückzukehren, bei vielen Befragten Großbritannien und die EU auf ein Handels- höher. „Es zeigte sich, dass der Anstieg für diejenigen abkommen einigen werden können.“ WissenschaftlerInnen geringer war, die sich gut in die britische Gesellschaft integriert hatten“, meint Mohr. Alexander Mohr „Interessanterweise war dieser Anstieg auch geringer für diejenigen WissenschaftlerInnen, die sich stärker sagt Mohr. „Das liegt daran, weil zum einen die mit ihrer deutschen Herkunft identifizierten.“ Attraktivität Großbritanniens unter dem Brexit- Votum stark gelitten hat, zum anderen ist es derzeit Handelsabkommen entscheidend auch nicht klar, ob und unter welchen Bedingungen Seit seiner Promotion über den Eintritt ausländischer EU-BürgerInnen weiterhin in Großbritannien leben Unternehmen in den chinesischen Markt zählen und arbeiten können.“ Unternehmen in anderen internationale Markteintrittsstrategien, insbesondere EU-Ländern, die MitarbeiterInnen nach Großbritan- strategische Allianzen, zu Mohrs Hauptforschungs- nien entsenden wollen, finden es laut dem Wissen- gebieten. Mohr: „Derzeit besteht sowohl bei briti- schaftler aufgrund der derzeitigen Unsicherheit schen als auch bei ausländischen Unternehmen große schwierig, geeignete KandidatInnen hierfür zu Unsicherheit, ob sich Großbritannien und die EU bis finden. „Auf der positiven Seite ergibt sich für euro- Ende 2020 auf ein neues Handelsabkommen einigen päische Unternehmen die Möglichkeit, potenzielle 18
FORS C H E R D ES M O N ATS oder tatsächliche Großbritannien-RückkehrerInnen Zur Person für sich zu gewinnen“, meint der WU-Professor. Universitätsprofessor Alexander Mohr studierte Betriebswirtschaftslehre an den Universitäten Im Rahmen seiner Forschung an der WU arbeitet Tübingen, Edinburgh und Erlangen-Nürnberg. In Mohr aktuell an zwei Themenbereichen. In Koopera- Erlangen-Nürnberg promovierte er im Jahr 2002 tion mit KollegInnen in Großbritannien und Israel zum Doktor der Sozial- und Wirtschaftswissen- FOTO: NATHAN MURRELL erforscht er ‚patriotische‘ Unternehmen und analy- schaften. Nach Professuren an der Universität siert deren Erfolg. In einem zweiten Themenbereich Bradford und der Universität Kent in England beschäftigt er sich mit dem Effekt des ethnischen und kam er 2016 an die WU, wo er am Institut für sozialen Hintergrunds von ManagerInnen und International Business tätig ist. Studierenden auf deren soziale Netzwerke und deren Karriere bzw. Erfolg. l 19
1 0 0 JAH RE F O RS C H U N G 100 Jahre Forschung Von Wirtschaft, Wirtschaftsrecht, Handel oder Finanzen im Allgemeinen bis zu Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Digitalisierung spannte sich der Bogen jener 100 Fragen, die im Rahmen der Kampagne „100 Jahre Forschung“ beantwortet wurden. Rektorin Edeltraud Hanappi-Egger zieht eine durchwegs positive Bilanz. erfreulich sei gewesen, dass es sehr viele Fragen zu den Themen Nachhaltigkeit, zukunftsfähiges Wirt- schaften, aber auch Digitalisierung gab. „Das sind Themen, die die Menschen sehr bewegen“, so die Rektorin. Öffentlich zugänglich Mehr als 40.000 Menschen haben die Plattform seit dem Start von 100jahreforschung.at besucht und aktiv am Dialog zwischen WU und Gesellschaft teil- genommen. Auf Facebook und Instagram sind zusammen 1,6 Millionen Nutzerinnen und Nutzer mit der Kampagne in Kontakt gekommen. „Die WU ist eine verantwortungsvolle Universität, die sich natürlich dazu bekennt, das von ihr erzeugte Wissen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen“, sagt Hanappi-Egger. Das Projekt „100 Jahre Forschung“ habe da eben einen wichtigen Beitrag geleistet. Damit er bleibend ist, werden die Inhalte der Platt- form auch zukünftig online zur Verfügung stehen. Abseits dieser Kampagne, mit der im Vorjahr der Wandel von der k.k. Exportakademie zur Hoch- schule für Welthandel im Jahr 1919 gefeiert wurde, setzt die WU auf Know-how-Transfer: Sei es in Form W ie viel müsste Österreich pro Kopf inves- Edeltraud Ha- einer aktiven Forschungskommunikation, der tieren, um die Pariser Klimaziele zu nappi-Egger Wissensvermittlung in öffentlichen Vorträgen und freut sich, dass erreichen? Führt ein Geldsystem mit viele Fragen anderen Veranstaltungen oder als Stellungnahme Zinsen zu ewigem Wirtschaftswachstum? Sind zum Thema von WU-Angehörigen zu wichtigen wirtschaftlichen Frauenquoten sinnvoll, um die ungleiche Behand- Nachhaltigkeit Themen in den Medien. „Das alles sehe ich als einen lung von Frauen abzubauen? Mehr als 200 Fragen gestellt wurden. Beitrag, wissenschaftlich fundiertes Wissen in aus den unterschiedlichsten Bereichen – von allge- öffentliche Diskussionen einzubringen und sie meinen Fragestellungen zu Wirtschaft, Handel oder dadurch zu versachlichen“, meint Hanappi-Egger. l Finanzen bis hin zu Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Digitalisierung oder Brexit – haben Interessierte im Vorjahr im Rahmen der Kampagne „100 Jahre Noch Fragen? FOTO: KLAUS VYHNALEK Forschung“ den Expertinnen und Experten der WU Auch in Zeiten der Coronakrise stellen die WU-Wissenschaftle- gestellt. Die 100 interessantesten wurden ausgewählt rinnen und -Wissenschaftler ihre Expertise zu den Auswirkungen und sind gemeinsam mit den Antworten unter von Covid-19 auf Wirtschaft, Recht und Gesellschaft zur Verfü- 100jahreforschung.at nachzulesen. „Die Vielfalt war gung. Stellen Sie jetzt Ihre Fragen auf wu.at/wissen oder per Mail beeindruckend“, sagt dazu Rektorin Edeltraud an wissen@wu.ac.at. Wir geben die Antworten. Hanappi-Egger. Vielleicht nicht überraschend, aber 20
Ausbruch aus Du verlässt dich nicht gern auf Algorithmen, sondern machst dir lieber dein eigenes Bild? Wir haben das passende Basis- der Filterblase material für dich: gecheckte Fakten, spannende Stories, tief gehende Reportagen, vielfältige Meinungen. DiePresse.com/u27
W U M AN AG E R D ES JAH RES 2 0 2 0 „Niemals ein Nein als Antwort gelten lassen” Die Karriere von WU-Alumnus Max Hollein zeigt auf beeindruckende Weise, wie stark Wirtschaft und Kunst verflochten sein können. D ie Leitung des Metropolitan Museum rund sieben Millionen BesucherInnen im Jahr, of Art in New York City (Met) bildet sondern sind weltweit mit zahlreichen Initiativen derzeit Holleins absoluten Höhepunkt aktiv. Unter unseren rund 2400 MitarbeiterInnen seines internationalen Erfolgsweges befindet sich die größte Konzentration von kunsthis- und dafür gebührt ihm auch die torischem Wissen in den USA. Wir sind derzeit mit Auszeichnung „WU Manager des Jahres 2020“, mit der mehreren großen Bauprojekten beschäftigt – insge- visionäre Managementleistungen geehrt werden und samt wird die Institution in den nächsten zehn bis die ihm von seiner Alma Mater am 15. Mai verliehen zwölf Jahren rund eine Milliarde US-Dollar in die wird. Neugestaltung von Galerieräumen investieren, darunter die Neupräsentation unserer Sammlungen Welchen Stellenwert hat für Sie die Auszeich- in vielen Bereichen. Die Ausweitung unserer digitalen nung zum „WU Manager des Jahres“? Vermittlungsebenen und die klarere Definition Max Hollein: Es ist eine ehrenvolle Auszeichnung, die unserer Rolle im internationalen Kontext ist ebenfalls schöne Erinnerungen an meine Studienzeit wachruft. ein Schwerpunkt. Nebenbei entwickeln und präsen- Und es erfüllt mich mit Freude, mit der Wirtschafts- tieren wir rund 50 Ausstellungen im Jahr und sind universität Wien weiter so verbunden zu sein und fortwährend dabei, unsere zahlreichen Sammlungen diese Form von Anerkennung zu erfahren. weiter auszubauen. Welche Bilanz ziehen Sie über Ihre bisherige Zeit Haben Sie ein Lebensmotto, das Sie stets als Direktor des Metropolitan Museum of Art? begleitet? Es ist zu früh, Bilanz zu ziehen. Im Grunde ziehe ich Es ist nicht wirklich ein Lebensmotto, aber schon von nie Bilanz. Ich bin seit dem Ende meiner beiden meiner ersten Zeit in New York habe ich gelernt: Studien in Wien im Museumsbereich tätig und seit 20 „Niemals ein Nein als Antwort gelten lassen!“ Jahren habe ich als Direktor Museen geleitet. Was ich insbesondere dabei erlebt habe, ist, dass bei allem In Ihrer Karriere leiteten Sie schon zahlreiche strategischen Vorgehen jeder Tag erfüllt ist mit neuen, große Museen. Welche Aufgabe hat Sie bisher interessanten Begegnungen, komplexen Projekten und am meisten gefordert? überraschenden Weichenstellungen. Museen sind Jede Aufgabe stellt besondere Herausforderungen. Ich einerseits per Definition konservative Einrichtungen muss zugeben, dass ich diese stets bewusst gesucht und andererseits neuralgische kulturelle Zentren habe. Mich haben nie die Institutionen interessiert, inmitten eines sich fortwährend wandelnden wo alles vermeintlich bestens läuft, sondern vielmehr Verständnisses ihrer Vermittlungsrolle in und für die wollte ich dort sein, wo man etwas fortentwickeln, Gesellschaft. gestalten, verändern kann. Das ist im Museumsbe- reich nicht selbstverständlich. Die größte Herausfor- Vor welchen Aufgaben steht das Met gegen- wärtig? „Mich haben nie die Institutionen interessiert, wo alles Das Metropolitan Museum of Art ist eines der großen vermeintlich bestens läuft, sondern vielmehr wollte ich dort sein, enzyklopädischen Museen der Welt. Im Grunde ist wo man etwas fortentwickeln, gestalten, verändern kann.“ diese Institution Museum, Universität und kulturelles Außenministerium in einem. Wir haben nicht nur Max Hollein 22
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