KVJS Aktuell - Wohnberatern eine Plattform geben

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KVJS Aktuell - Wohnberatern eine Plattform geben
KVJS Aktuell                                                         03/21

Soziales

Wohnberatern eine
Plattform geben                     Seite 14

KVJS                  Integration              Jugend
Erster Erfolg gegen   Bisher keine             Mit der Politik auf
Fachkräftemangel      Kündigungswelle          Augenhöhe
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KVJS Aktuell - Wohnberatern eine Plattform geben
Impressum

                 KVJS aktuell
                 Juli 2021
                 Herausgeber:
                 Kommunalverband für Jugend
                 und Soziales Baden-Württemberg
                 Öffentlichkeitsarbeit
                 Lindenspürstraße 39
                 70176 Stuttgart
                 www.kvjs.de

                 Verantwortlich:
                 Kristina Reisinger

                 Redaktion:
                 Monika Kleusch

                 Titelfoto:
                 Monika Kleusch

                 Layout:
                 www.mees-zacke.de

                 Bestellungen und Adressänderungen:
                 Telefon 0711 6375-208
                 publikationen@kvjs.de

                 Druck:
                 Texdat-Service gGmbH, Weinheim

                                               Redaktioneller Hinweis:
                                               Wir bitten um Verständnis, dass aus
                                               Gründen der Lesbarkeit auf eine durch-
                                               gängige Nennung der weiblichen und
                                               männlichen Bezeichnungen verzichtet
                                               wird. Selbstverständlich beziehen sich
                                               die Texte in gleicher Weise auf Frauen,
                                               Männer und Diverse.

2 KVJS Aktuell                                                                      3/2021
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KVJS

                      Inhalt

KVJS
                  4   Mehr Chancen? Neue Perspektiven - die Tagung der Sozialdezernenten
                  5   KVJS weiterhin schuldenfrei
                  6   Immer mehr Mütter und Väter in Elternzeit verlieren Job
                  8   Erster Erfolg im Einsatz gegen Fachkräftemangel

HABILA
                  9 Es wird noch bunter
                 10 Mit Lotsen das Quartier erkunden
                 12 Viel mehr als eine Radgarage

SOZIALES
                 14 Wohnberatern eine Plattform geben
                 16 Neuland in der fünften Bauphase
                 17 Reform des Betreuungsrechts

INTEGRATION
                 18   „Sie ist ein Gewinn, auch für unsere Kunden“
                 20   Bisher keine Kündigungswelle
                 21   Rettungsanker für soziale Unternehmen
                 22   Qualifiziert für den ersten Arbeitsmarkt
                 23   Auszeichnung für innovative Geschäftsidee

JUGEND
                 25   Heimunterbringung für die Jüngsten
                 26   Mit der Politik im Land auf Augenhöhe
                 28   Jugendämter: Öffentliche Wahrnehmung stärken
                 29   Neuer Referatsleiter im Landesjugendamt
                 29   Was Kinder und Jugendliche in Corona-Zeiten bewegt
                 29   100 Jahre Kinder- und Jugendhilfe in Stuttgart

FORTBILDUNG
                 30 Neu: „Tiergestützte Pädagogik“ an der Fachschule Flehingen

NEU ERSCHIENEN
                 31 Beim KVJS erschienen

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Mehr Chancen? Neue Perspektiven?
Online-Tagung der Sozialdezernenten und Jungendamtsleitungen

Lange hatte man gehofft, die Jahrestagung der Sozialdezernenten der Landkreise
und Sozial- und Jungendamtsleitungen der Stadtkreise vor Ort durchführen zu
können – doch nun mussten sie sich digital über Aktuelles in der Sozial- und Jugend-
hilfe austauschen. Vorne an standen Auswirkungen der Corona-Pandemie sowie das
Teilhabestärkungsgesetz.

Gerald Häcker, Dezernent des KVJS Landesjugendamts, und      KVJS Verbandsdirektorin Kristin Schwarz begrüßt die Teilnehmer
­Benjamin Lachat, Sozialdezernent beim Städtetag, sprachen   der Tagung per Videostream.             Fotos: Kristina Reisinger
 über das Kinder- und Jugendhilfestärkungsgesetz.

„Wir wissen, dass die Herausforderungen an                   Fast anderthalb Jahre nach Ausbruch der Pan-
die Kreise in der Sozial- und Jugendhilfe in den             demie sind die gesellschaftlichen Folgen offen-
letzten Monaten stark gestiegen sind“, sagt KVJS             sichtlich: KVJS Sozialdezernent Frank Stahl stellte
Verbandsdirektorin Kristin Schwarz. „Deshalb                 finanzielle Auswirkungen und Herausforderungen
ist uns trotz der aktuellen Ausnahmesituation                für die kommunalen Leistungsträger dar. Auch die
wichtig, weiter im direkten Austausch zu bleiben,            Kinder- und Jugendhilfe arbeitet die Folgen der
über unsere Arbeit zu informieren, aber vor allem            Pandemie auf: „Soziale Stabilität ist Basis für eine
Rückmeldungen aus den Stadt- und Landkreisen                 gute Entwicklung der Kinder“, sagt der stellver-
zu bekommen.“ Nur so könne der KVJS gemeinsam                tretende Dezernatsleiter des Landesjugendamts
mit seinen Partnern an praktikablen Lösungen                 Dr. Jürgen Strohmaier. Vor allem sozialräumliche
arbeiten.                                                    Konzepte sowie eine bessere Zusammenarbeit

4 KVJS Aktuell                                                                                                        3/2021
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KVJS

zwischen Schule und Kinder- und Jugendhilfe         tetag, über Auswirkungen des Gesetzes auf die
stünden aktuell auf der Agenda des KVJS.            Stadt- und Landkreise.
Unter dem Titel „Mehr Chancen? Neue Perspek-
tiven? Was das Teilhabestärkungsgesetz bringt.“     Wie sich Pflege-Wohngemeinschaften finanzieren
informierte KVJS-Referatsleiter Berthold Deusch     und was die demografische Entwicklung bringt
über die Integration von Menschen mit Behinde-      waren Inhalte des Vortrags „Wege für die Pflege:
rungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, über       Aktuelle Herausforderungen“ von KVJS Referatslei-
das Förderprogramm „Arbeit Inklusiv“ und die        terin Dr. Alexandra Klein und Bettina Ghiorghita.
Umsetzung des Landesrahmenvertrags in Werk-         Die Analysen des KVJS werden kreisspezifisch auf-
stätten für behinderte Menschen. Im Rahmen des      bereitet und bieten Impulse für die Sozialplanung.
Teilhabestärkungsgesetzes will das KVJS-Integra-    „Die Übernahme von Kosten in ambulant betreu-
tionsamt einheitliche Ansprechpartner für Arbeit-   ten Wohngemeinschaften durch die Sozialhilfe
geber gewährleisten, in dem die Integrationsfach-   stellt die Kreise zunehmend vor Herausforderun-
dienste die Aufgaben ab 2022 übernehmen.            gen“, sagt Dr. Klein. Eine Finanzierung ist bisher
                                                    nicht geklärt. Der KVJS setzt sich beim Ministerium
Im Fachdialog „Grünes Licht für das Kinder- und     für Soziales, Gesundheit und Integration dafür ein,
Jugendhilfestärkungsgesetz“ sprachen Gerald         dass die Finanzierungsfrage gelöst wird.
Häcker, Dezernent des KVJS-Landesjugendamts,
und Benjamin Lachat, Sozialdezernent beim Städ-                                       Kristina Reisinger

Der KVJS bleibt weiterhin schuldenfrei
Ein positiver Jahresabschluss 2020, eine zügige     Digitale Sitzungen haben auch Vorteile - so waren
Umsetzung des Corona-Teilhabe-Fonds und die         fast alle Mitglieder anwesend und der Zeitauf-
Bezuschussung der Werkstattlöhne durch den          wand geringer. Deshalb wollen die Mitglieder
KVJS haben auf der digitalen Sitzung des Ver-       auch weiterhin Online-Formate insbesondere in
bandsausschusses trotz der räumlichen Distanz für   der Fortbildung nutzen.
gute Stimmung gesorgt.
                                                    In der nächsten Sitzung im Sommer wird Ver-
Ein Lob des Verbandsvorsitzenden Landrat Ger-       bandsdirektorin Kristin Schwarz eine Bewertung
hard Bauer gab es vor allem, als der stellvertre-   und erforderliche Handlungsfelder zum Koalitions-
tende Verbandsdirektor Dieter Steck verkündete,     vertrag „Jetzt für Morgen. Der Erneuerungsvertrag
der KVJS bliebe weiterhin schuldenfrei. Auch der    für Baden-Württemberg“ präsentieren.
Jahresabschluss 2020 für das KVJS-Tagungszen-
trum Gültstein GmbH wurde wohlwollend von           Bauer lobte die gut vorbereiteten, abwechs-
den Mitgliedern bilanziert. Ebenfalls Thema war     lungsreichen und aktuellen Themen: „Die her-
die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes und        vorragende Sitzungsvorbereitung ermöglichte
dessen Bewertung des KVJS. Für regen Austausch      einen reibungslosen und erfolgreichen Ablauf
sorgte der Mehrkostenausgleich Corona bedingter     und brachte uns ausschließlich einstimmige
Mehraufwendungen in der Eingliederungshilfe.        Beschlüsse“.
                                                                                                    hen

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KVJS

Immer mehr Mütter und Väter in Elternzeit verlieren Job
Ulrike Kayser: „Steigerung um mehr als 30 Prozent“

Während der Elternzeit gilt ein besonderer Kündigungsschutz. Seit Mitte 2020 steigen
die Anträge auf Zustimmung zur Kündigung an. Ist die Coronakrise daran schuld? Dazu
ein Gespräch mit Ulrike Kayser vom KVJS.
                                                                       und Kosmetikstudios sowie Einzelhändler. Auch
                                                                       Arztpraxen sind von Schließung betroffen, wenn
                                                                       es keine Nachfolge gibt. Große Unternehmen,
                                                                       insbesondere Automobilzulieferer, haben wegen
                                                                       Insolvenz oder Verlagerung der Arbeitsplätze
                                                                       ins Ausland geschlossen. Auch in der Gastrono-
                                                                       miebranche sind viele Arbeitsplätze verloren
                                                                       gegangen.

Ulrike Kayser ist Volljuristin und stellvertretende Dezernats­         Sehen Sie hier einen Zusammenhang mit den coro-
leiterin des KVJS-Integrationsamtes.                Foto: Fotofabrik
                                                                       nabedingten Schließungen von Unternehmen wäh-
                                                                       rend der verschiedenen Lockdown-Maßnahmen?
Frau Kayser, wie sehr sind aktuell junge Eltern in                     Der Anstieg der Zahlen ab der zweiten Jahres-
Elternzeit von Jobverlust bedroht?                                     hälfte spiegelt die wirtschaftlichen Schwierigkei-
Seit Mitte 2020 ist die Zahl der Kündigungsschutz-                     ten der Betriebe während der Pandemiebekämp-
verfahren nach dem Gesetz zum Elterngeld und                           fung wider. Die Vermutung liegt daher nahe, dass
zur Elternzeit (BEEG) kontinuierlich angestiegen.                      die Coronakrise wirtschaftliche Probleme in den
Im ersten Quartal waren es bereits 95 Anträge.                         besonders betroffenen Branchen verstärkt hat.
Im Vergleich zum Vorjahr ist das eine Steigerung
um mehr als 30 Prozent. Wenn die Entwicklung                           Werden auch Anträge auf Kündigung abgelehnt?
so anhält, werden wir Ende des Jahres etwa 400                         Der Kündigungsschutz nach dem Gesetz zum
Anträge haben.                                                         Elterngeld und zur Elternzeit ist sehr stark. Die
                                                                       Absicht dahinter ist, dass sich die Eltern in die-
Nutzen Arbeitgeber die Coronakrise, um junge                           ser Lebensphase ihrem Kind widmen können,
Mütter loszuwerden?                                                    ohne sich Sorgen um ihren Arbeitsplatz machen
Das kann man so nicht sagen. Die überwiegende                          zu müssen. Bei einer verhaltensbedingten Kün-
Anzahl der Anträge wird aus betrieblichen Grün-                        digung können wir den Arbeitgeber meist so
den gestellt, weil der Betrieb eingestellt wird. Der                   beraten, dass die Kündigung zurückgezogen wird.
Anteil der Kündigungen aus verhaltensbedingten                         Wenn ein Betriebsteil schließt und die Elternzeit
Gründen ist mit rund fünf Prozent in den letzten                       noch länger dauert, beraten wir den Arbeitgeber,
zwei Jahren fast unverändert.                                          dass er den Kündigungsantrag zurückstellt, weil
                                                                       sich vielleicht bis zum Ende der Elternzeit Weiter-
In welchen Branchen verlieren besonders viele                          beschäftigungsmöglichkeiten in einem anderen
Mitarbeiter in Elternzeit ihren Job?                                   Betriebsteil ergeben. Wenn aber der ganze Betrieb
Die betriebsbedingten Kündigungen betreffen                            dauerhaft schließt, hilft der besondere Kündi-
kleine inhabergeführte Dienstleister wie Friseure                      gungsschutz auch nicht.

                                                                                         Die Fragen stellte Monika Kleusch

6 KVJS Aktuell                                                                                                      3/2021
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Kündigungsschutz nach dem Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG)

Mütter und Väter in Elternzeit haben einen beson-               tätliche Bedrohung. Der KVJS ermittelt und prüft
deren Kündigungsschutz nach dem Gesetz zum                      den Sachverhalt und hört die Betroffenen an.
Elterngeld und zur Elternzeit. Nur in besonderen
Fällen kann der Arbeitgeber beantragen, die Kün-                Dann entscheidet er über den Antrag des Arbeit-
digung ausnahmsweise für zulässig zu erklären.                  gebers. Entscheidend ist, ob außergewöhnliche
Arbeitgeber in Baden-Württemberg, die einem                     Umstände es rechtfertigen, die vom Gesetz grund-
Elternteil während der Elternzeit kündigen möch-                sätzlich als vorrangig angesehenen Interessen des
ten, müssen deshalb vom KVJS eine beabsichtigte                 Elternzeit in Anspruch nehmenden Arbeitnehmers
Kündigung für zulässig erklären lassen.                         hinter die Interessen des Arbeitgebers an der Auf-
                                                                lösung des Arbeitsverhältnisses zurücktreten zu
Die Durchführung des besonderen Kündigungs-                     lassen. Trifft dies zu, erklärt der KVJS die beabsich-
schutzes nach dem Gesetz zum Elterngeld und                     tigte Kündigung für zulässig.
zur Elternzeit ist dem KVJS durch das Land Baden-
Württemberg als Zusatzaufgabe übertragen                        Für die Entscheidung erhebt der KVJS – je nach
worden.                                                         Aufwand – eine Gebühr zwischen 200 und 1000
                                                                Euro.
Ausnahmen, die eine Kündigung zulassen, können
Betriebsschließungen, Teilschließungen oder eine                Mehr Infos unter www.kvjs.de/soziales/pflegezei-
vorsätzliche Pflichtverletzung des Arbeitnehmers                telternzeit-sonderkuendigungs-schutz
gegen den Arbeitgeber sein, beispielsweise eine

                   Kündigungsanträge § 18 BEEG                                      verhaltens­         betriebs-
     Jahr             (bezogen auf Personen)                        Anzahl           bedingt            bedingt

     2020                Eingegangene Anträge                            398              22               376

     2019                Eingegangene Anträge                            320              17               303

KVJS: Kündigungsschutz nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz

3/2021                                                                                                KVJS Aktuell 7
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KVJS

                             Erster Erfolg im Einsatz gegen Fachkräftemangel
                             Landesregierung nimmt konzertierte Aktion in Koalitionsvertrag auf

                             Der Einsatz des KVJS und seiner Partner trägt Früchte: Die Neue Landesregierung hat die
                             Forderung nach einer „konzertierten Aktion zur Fachkräftesicherung für soziale Berufe“
                             des KVJS-Landesjugendamts und der LAGÖFW in ihren Koalitionsvertrag aufgenommen.
                             Es freut uns, dass die neue Landesregierung            Konkrete Maßnahmen gefragt
                             gemeinsam mit allen Beteiligten eine solche            „In den nächsten Jahren kommt es darauf an,
                             Aktion zur Fachkräftegewinnung auf den Weg             Fachkräfte zu sichern, um das Land sozial ausge-
                             bringen wird“, sagt Verbandsdirektorin Kristin         stalten zu können“, sagt Schwarz. Deshalb brauche
                             Schwarz. „Das zeigt, dass auch sie der Begeg-          es nun schnell konkrete Maßnahmen, die alle
                             nung des Fachkräftemangels in den Sozial- und          mittragen. „Wir müssen in mehrere Richtungen
                             Gesundheitsberufen ebenso wie wir eine heraus-         denken – insbesondere in Richtung „Ausbildung,
                             gehobene Bedeutung beimessen. Erfreulich ist           Weiterbildung und Studium.“ Konkret bedeutet
                             zudem, dass die Landesregierung Maßnahmen              das nicht nur Studienkapazitäten auszubauen,
                             ins Auge fasst, die auch unseren Vorstellungen         sondern auch Arbeitsbedingungen zu verbessern,
                             entsprechen: Die Ausbildung an Fachschulen,            Ressourcen zu aktivieren und innovative Konzepte
                             Hochschulen und Universitäten voranbringen und         zu entwickeln.
                             gleichwertige, im Ausland erworbene Abschlüsse
                             schneller anerkennen.“                                 Nun will das Bündnis in einem Impulspapier
                                                                                    „Bildung - Ausbildung, Weiterbildung & Studium“
                             Bereits zur Wahl hatte das Bündnis aus KVJS-Lan-       konkrete Schritte und Maßnahmen erarbeiten, die
                             desjugendamt, LAGÖFW und der Dualen Hoch-              in gemeinsamen Ausschüssen mit der Landesre-
                             schule in Schreiben an die Fraktionen im Landtag       gierung angegangen werden sollen. Darin soll es
                             eine konzertierte Aktion zur Fachkräftegewinnung       um den Ausbau der Studienkapazitäten gehen
                             für soziale Berufe eingefordert. Dies wurde nun –      sowie der Identifikation von Zielgruppen und
                             quasi eins zu eins – in den Koalitionsvertrag „Jetzt   der Schaffung von Quereinsteigerprogrammen,
                             für Morgen. Der Erneuerungsvertrag für Baden-          Weiterqualifizierung, Berufsbegleitung, Teilzeitmo-
                             Württemberg“ aufgenommen.                              dellen oder Angeboten für Rückkehrer.

                                                                                                                      Kristina Reisinger
©kwarner - stock.adobe.com

                             8 KVJS Aktuell                                                                                      3/2021
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Habila

Viele neue Themen entdecken dank der neuen Tablets.                                      Fotos: Claudia Preiß

Es wird noch bunter
Tablets bereichern den Alltag bei der Habila in Rappertshofen

Dank einer Spende wurden zehn barrierefrei bedienbare Tablets mit spezieller Software
beschafft. Nahezu alle Klienten profitieren von dem neuen digitalen Angebot.
Das Reutlinger Unternehmen Kittelberger media         das Tablet einen Nachmittag lang ausgeliehen
solutions GmbH unterstützt regelmäßig soziale         hatte, meinte sie: „Da gibt es ja so viele Themen!“
Projekte. Bereits Ende des vergangenen Jahres         Im Menü „Texte“ hat sie eine Rezeptsammlung
erhielt die Habila in Rappertshofen erneut eine       entdeckt. Besonders interessieren sie die vegeta-
großzügige Spende der Firma. Heimbeirat und           rischen Gerichte. Für die Gemüsepaella möchte
Mitarbeitende überlegten gemeinsam, wie das           sie bei nächster Gelegenheit einkaufen gehen, um
Geld möglichst Vielen zugutekommen könnte. Die        das Rezept mit Unterstützung ihrer Betreuungs-
Entscheidung fiel einstimmig auf die Beschaffung      kraft auf der Gruppe auszuprobieren.
spezieller Tablets. Zehn solcher Kleincomputer mit
barrierefreier Software konnten nun für ein Jahr      Vieles eignet sich auch für Kleingruppen. Zum
gemietet werden.                                      Beispiel wenn es Tierstimmen, Instrumente oder
                                                      Alltagsgeräusche zu erraten gilt oder Geschichten
Dank der großen Auswahlfelder mit einfachen           und Gedichte vorgelesen oder angehört werden
Symbolen und klaren Farben gelingt die intuitive      können. Ergotherapeutin Marion Nörpel setzt
Bedienung auch Menschen mit Behinderung, die          das Tablet gerne bei ihrer Arbeit ein. Bei Wort-
bisher kaum Erfahrung mit dieser Technik hat-         findungsstörungen eignen sich die Bilderrätsel,
ten. Armando Steffen zum Beispiel kann mit dem        bei denen zwei Antworten zur Auswahl stehen
Bedienstift in seiner rechten Hand das Tablet gut     und Antworten auch mit einfachen Handzeichen
steuern. Mit Unterstützung beschäftigt er sich so     gegeben werden können. Auch für das kognitive
oft wie möglich mit Spielen und Worträtseln.          Training finden sich Aufgaben in abgestuften
                                                      Schwierigkeitsgraden.
Peter Eder quizzt sehr gerne. Häufig spielt er
„Dalli-Klick“ nach der früheren Fernsehsendung        Das Tablet bietet auch ohne Internetzugang eine
mit Moderator Hans Rosenthal. „Ab und zu höre         Vielzahl an Möglichkeiten. Regelmäßige Updates
ich auch gerne klassische Musik“, erzählt er.         sorgen dafür, dass immer wieder neue Inhalte
Deshalb gefällt ihm auch das Klassikquiz, bei dem     hinzukommen. Klienten und Mitarbeiterinnen
immer zwei Antwortmöglichkeiten vorgegeben            sehen in den Tablets eine wertvolle Ergänzung des
sind. Ist die gespielte Melodie aus „Schwanensee“?    täglichen Assistenz- und Therapieangebots und
Oder doch die „Mondschein-Sonate“?                    möchten sie im Alltag nicht mehr missen.

Franziska Schiller nutzt das Tablet für Entspan-                                            Claudia Preiß
nungsreisen oder ein Memoryspiel. Nachdem sie

3/2021                                                                                    KVJS Aktuell 9
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Habila

Mit Lotsen das Quartier erkunden
Neue Erfahrungen dank bürgerschaftlichem Engagement

Mit ihrem Projekt „Quartierslotse“ hat der Tannenhof in Ulm sich erfolgreich für das Pro-
gramm „Impulse Inklusion“ des Sozialministeriums Baden-Württemberg beworben. Jetzt
wird es in Kooperation mit der Behindertenstiftung Tannenhof umgesetzt.
Seit rund fünf Jahren gibt es am Tannenhof eine                   haus nicht ohne deren Begleitung verlassen. Umso
besondere Wohn- und Betreuungsform – das                          wichtiger ist es, ihnen vielfältige Möglichkeiten zu
„LibW“. Die Abkürzung steht für „Langfristig inten-               bieten, dennoch selbst aktiv zu sein.
siv betreutes Wohnen“. Dort leben erwachsene
Menschen mit einer geistigen Behinderung, die im                  Mit dem Projekt „Quartierslotse“ wird der Erfah-
alltäglichen sozialen Miteinander Verhaltenswei-                  rungs- und Erlebnisraum durch gemeinsame Akti-
sen zeigen, welche im Fachjargon als „herausfor-                  vitäten auf den Stadtteil Wiblingen erweitert, in
derndes“ oder „schwieriges Verhalten“ bezeichnet                  dem sich der Tannenhof befindet. Mit Unterstüt-
werden.                                                           zung von Bürgerinnen und Bürgern aus Wiblingen
                                                                  bekommen Klientinnen und Klienten dabei die
Diese Menschen haben – aus individuell ganz                       Möglichkeit, mit gemeinsamen Spaziergängen
unterschiedlichen Gründen – Probleme damit,                       oder einem Besuch der Stadtteil-Bücherei die
Konflikte und Stresssituationen konstruktiv zu                    Nachbarschaft zu erleben.
bewältigen. Derzeit wohnen dort 24 Männer und
Frauen. Sie benötigen in besonderem Maße ver-                     Freiwillige unterstützen
lässliche und sozial kompetente Mitarbeiter und                   Das Miteinander von Menschen mit und ohne
Mitarbeiterinnen als feste Bezugspersonen. Die                    Behinderung kann letztendlich nur mit Unter-
Bewohnerinnen und Bewohner können ihr Wohn-                       stützung durch bürgerschaftliches Engagement
                                                                  gelingen, auch wenn professionelle Betreuung
                                                                  notwendig ist und bleibt. Die freiwilligen Begleite-
                                                                  rinnen ermöglichen jedoch eine ganz eigene und
                                                                  unersetzliche Beziehung für die Menschen mit
                                                                  Behinderung.

                                                                  Dies ist allerdings ist kein „Selbstläufer“. Für eine
                                                                  Verstetigung braucht es kontinuierliche Beglei-
                                                                  tung und Motivation – auf beiden Seiten. Deshalb
                                                                  war es besonders erfreulich, dass am 20. Mai ein
                                                                  zentraler Baustein des Projekts eingefügt werden
                                                                  konnte: Karin Hanekamp, Mitarbeiterin der Behin-
                                                                  dertenstiftung Tannenhof, steht nun an jedem
                                                                  Donnerstagvormittag im Regionalbüro der Habila
Maria Aazami, die Leiterin des LIBW-Wohnhauses, spricht           direkt am Wiblinger Marktplatz und Einkaufszen-
mit dem Klienten Martin S. Mit dem Projekt „Quartierslotse“       trum als Anlaufstelle für Klienten aus dem LibW
wird der Erfahrungs- und Erlebnisraum für ihn und seine
Mitbewohner*innen durch gemeinsame Aktivitäten auf den            und deren freiwillige Begleiterinnen und Begleiter
Stadtteil Wiblingen ausgedehnt.                                   zur Verfügung. Das Ziel: gemeinsam erste Schritte
                                        Fotos: Franz Schweitzer   in den Stadtteil hineingehen.

10 KVJS Aktuell                                                                                                  3/2021
Habila

Weg mit dem Dreck: Gemeinsam geht´s besser.

Saubere Aktion
Dabei kann es auch ganz handfest zugehen. So
beteiligten sich Klientinnen und Klienten samt
ihren Begleitpersonen zum Beispiel an einer Müll-
Sammelaktion in Wiblingen. Organisiert von Karin
Hanekamp machten dabei sechs Personen aus
dem LibW und eine komplette Gruppe aus dem
Ambulant Betreuten Wohnen der Habila gemein-
sam mit zwei Mitarbeiterinnen bei der Aktion mit.
Auch Kinder, Jugendliche und Mitarbeiterinnen
des Jugendhilfezentrums „guterhirte“ packten mit
an. Alle waren bestens ausgestattet mit Zangen,
Warnwesten, Handschuhen und großen Müllbeu-
teln. Die Bilanz nach zwei Stunden harter Sammel-
arbeit: mehrere große Müllsäcke, prall gefüllt mit
Unrat aller Art.

                                                      Quartierslotsentreff in Ulm-Wiblingen.
Die Sammlerinnen und Sammler berichteten
hinterher über positive Begegnungen mit Anwoh-
nern, „die sich darüber gefreut haben, dass wir       an einem Online-Seminar mit dem österreichi-
den Müll aufsammeln“. Solche Rückmeldungen            schen biv integrativ (www.biv-integrativ.online).
aus der Wiblinger Bürgerschaft sind wichtig.          Vierzehntägig findet per Videokonferenz ein
Denn es geht auch darum, die Erfahrung machen         Austausch zum Thema „Wie will ich leben“ statt.
zu können: Gemeinsam etwas für andere zu tun          Denn auch das kann Teil von Inklusion sein: mit
macht Spaß und bringt Wertschätzung.                  Hilfe von moderner Technik den eigenen Horizont
                                                      erweitern.
Ein weiterer Teil des Projekts „Quartierslotse“ ist
die Teilnahme von drei Klientinnen und Klienten                            Franz Schweitzer/ Karin Hanekamp

3/2021                                                                                         KVJS Aktuell 11
Habila

Viel mehr als eine Radgarage
Inklusionsunternehmen Insiva erweitert Geschäftsfeld

Drei Sozialunternehmen haben sich erfolgreich bei der Stadt Tübingen um den Betrieb
einer neuen Radstation mit Gastronomie beworben. Gemeinsam werden sie künftig am
zentralen Europaplatz Einheimischen und Touristen Service rund um das Thema Mobili-
tät bieten.
Der Europaplatz in Tübingen, direkt gegenüber         Die zentrale Fahrradtiefgarage bietet auf einer
des Hauptbahnhofs, war bislang vor allem der          Fläche von mehr als 1200 Quadratmetern Platz
Zentrale Omnibusbahnhof der Universitätsstadt.        für 1000 Fahrräder. 30 Prozent hiervon sind als
Auch nach seiner bereits begonnenen und auf           gesicherte kostenpflichtige Abstellplätze vorge-
vier Jahre projektierten Neugestaltung wird er der    sehen. Sie werden über ein Zugangssystem mit
Knotenpunkt des ÖPNV in der Stadt bleiben. Doch       entsprechenden Schleusen und einem digitalen
er wird nach dem Umbau nicht nur übersichtli-         Buchungssystem abgewickelt. Im Keller der Rad-
cher, sicherer und barrierefrei sein, sondern neben   station, der unterirdisch an die Tiefgarage grenzt,
dem Busverkehr auch für Radfahrer eine zentrale       soll sogenanntes „Garderobenparken“ möglich
Anlaufstation bieten. Dafür werden eine oberir-       sein. Hierfür können die Fahrräder am Empfang
dische Radstation und Tübingens erste Fahrrad-        der Radstation abgegeben werden. Radfahrer ver-
tiefgarage sorgen. Daran angeschlossen wird eine      lieren so keine Zeit mit dem Parken, wenn sie zum
Gastronomie mit Außenterrasse und öffentlicher        Beispiel schnell zum Zug müssen. Beim Abholen
Toilette eingerichtet. Das ist das Ergebnis eines     holen Angestellte die Fahrräder aus dem gesicher-
Architektenwettbewerbs, bei dem der Vorschlag         ten Parkbereich.
des Architekturbüros Haas Cook Zemmrich aus
Stuttgart die Jury überzeugte.

12 KVJS Aktuell                                                                                    3/2021
Habila

Im oberirdischen Bereich der Radstation befinden
sich eine Fahrradwerkstatt, ein Fahrradverleih,
eine Waschanlage für Räder sowie verschiedene
weitere Dienstleistungen wie beispielsweise ein
Fahrkartenverkauf, ein Ersatzteilverkauf und Ähn-
liches. „Die Radstation ist das sichtbare Symbol
für das neue Mobilitätskonzept in Tübingen“, sagt
Baubürgermeister Cord Soehlke.

Im Juni 2020 gab die Stadt bekannt, ein Sozial-
unternehmen als Betreiber für Radstation und
Gastronomie zu suchen. Die Insiva als erfahrenes
Inklusionsunternehmen setzte sich daraufhin mit
der Bruderhaus Diakonie und dem Inklusions-
unternehmen „AiS inklusiv“ an einen Tisch. Die
                                                    Zeichnungen: haascookzemmrich/Studio 2050
Bruderhaus Diakonie hat bereits einen Fahrradla-
den mit Werkstatt in Tübingen, die in Mössingen
ansässige AiS betreibt mehrere Cafés und bietet-    Der Trägerverbund aus Insiva, Bruderhaus Dia-
weitere Dienstleistungen.                           konie und AiS überzeugte mit seinem umfang-
                                                    reichen Konzept und erhielt den Zuschlag. Für
Gemeinsam bewarben sich die drei Partner um         Friedrich Haselberger, Prokurist des Inklusions-
die Trägerschaft von Radstation und Gastronomie:    unternehmens Insiva, ein Erfolg in vielfacher
Die Bruderhaus Diakonie und die Insiva für den      Hinsicht: „Die Stadt Tübingen macht Ernst mit dem
Betrieb der Radstation, die AiS für die Gastrono-   Ziel einer fahrradfreundlichen Stadt. Dabei entste-
mie. Die Insiva bringt dabei vor allem ihre Kom-    hen spannende Arbeitsplätze, mitten im Gesche-
petenz in den Bereichen Service sowie digitale      hen, mitten in der Stadt, auch für Menschen mit
Reservierungs- und Bezahlsysteme ein.               Behinderung“.

                                                    Gerade die Kooperation der drei Partner war für
                                                    die Stadt Tübingen bei der Entscheidung ein Plus-
                                                    punkt. So werde die AiS „ihr erprobtes Konzept aus
                                                    regionalen und ökologischen Produkten, einem
                                                    attraktiven Mittagstisch in Zusammenarbeit mit
                                                    ansässigen Bäckern und Metzgern sowie einem
                                                    Rahmenprogramm mit kleinen Lesungen und
                                                    Konzerten anbieten“, heißt es in der Begründung
                                                    für die Vergabe.

                                                    Durch die umfangreichen Erfahrungswerte der
                                                    Betreiber an anderer Stelle rechne die Universi-
                                                    tätsstadt Tübingen mit einer „langfristigen und
                                                    guten Zusammenarbeit“. Die Eröffnung ist für
                                                    Ende 2022 geplant.

                                                                        Sibylle Strottner/ Stephan Gokeler

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Soziales

Die Werkstatt Wohnen kann man nicht nur persönlich, sondern auch digital besuchen.                Foto: Monika Kleusch

Wohnberatern eine Plattform geben
Neues Angebot des KVJS fördert Vernetzung

Wohnberater unterstützen ältere Menschen dabei, die eigenen vier Wände auf individu-
elle Bedürfnisse anzupassen. Besonders mit Blick auf die demografischen Herausforde-
rungen nimmt ihre Bedeutung stetig zu. Um die fachliche Weiterentwicklung zu stärken,
hat der KVJS sein Engagement ausgebaut und neue Angebote entwickelt.
Wohnberater leisten einen unverzichtbaren                        aus Baden-Württemberg nahmen an der Online-
Beitrag für die häusliche Versorgung von älte-                   veranstaltung teil und erhielten aus Fachvorträgen
ren Menschen und Menschen mit Handicap. Ihr                      Impulse für ihre Arbeit.
gemeinsames Ziel ist es, jedem die Möglichkeit
zu geben, zu wohnen, wie und wo er das möchte.                   Umbau fördern
Sie informieren neutral und unabhängig über                      Die Zahl der hochbetagten Menschen in Baden-
bauliche Maßnahmen und Hilfsmittel, beraten                      Württemberg wird sich in den kommenden drei
zu finanziellen Fragen und unterstützen beim                     Jahrzehnten mehr als verdoppeln. Die meisten
Beauftragen von Handwerkern. Im Rahmen einer                     von ihnen wollen auch bei Pflegebedürftigkeit in
neuen Veranstaltung bietet der KVJS den Wohn-                    den eigenen vier Wänden leben. Jedoch müssen
beratern eine Plattform, sich untereinander zu                   die Voraussetzungen dafür erst einmal geschaffen
vernetzen und auszutauschen. Am 16. März 2021                    werden, denn barrierefreier Wohnraum ist rar. Der
fand das Forum Wohnberatung erstmalig statt.                     Landesdemografiebeauftragte Thaddäus Kunz-
Rund 50 ehren- und hauptamtliche Wohnberater                     mann griff die Situation des Wohnungsmarktes

14 KVJS Aktuell                                                                                               3/2021
Soziales

in seinem Vortrag auf und stellte Handlungsemp-       auf. Darunter sind Technologien zu verstehen, die
fehlungen des von ihm einberufenen Runden             Senioren das Leben Zuhause sicherer und komfor-
Tisches „Wohnen für das Alter“ vor. Mit Blick auf     tabler gestalten, wie beispielsweise ein Sturznot-
die Knappheit der Ressourcen im Bau und die           ruf, Rauch- und Gasmelder sowie die Steuerung
demografische Entwicklung werde der Wohnraum          von Türen und Licht. AAL-Systeme entfalten ihre
demnach bisher unwirtschaftlich genutzt. Um           ganze Wirkung, wenn sie miteinander vernetzt
die notwendigen altersgerechten Wohnungen zu          sind und aus dem Zuhause ein „Smart Home“
schaffen sei zum einen der Neubau von mehr bar-       machen. Dies kann bis zur digitalen Sprechstunde
rierefreien Geschosswohnungen notwendig. Zum          und Vernetzung mit kulturellen Angeboten
anderen müsse der altersgerechte Umbau von            führen. Daniel Buhr wies auf die Problematik hin,
Bestandswohnungen stärker gefördert werden.           dass Digitalisierung zu Vereinsamung führen kann.
                                                      Daher sei es erforderlich, den Wohnraum nicht
Kompetenzen bündeln                                   isoliert zu betrachten, sondern im Sozialraum zu
Grundlegend dabei: die Bündelung von Kompe-           integrieren. Wichtig sei es zudem, technische Sys-
tenzen und Wissen. Neben der Einrichtung eines        teme so zu gestalten, dass sie angenommen und
Kompetenzzentrums auf Landesebene sei es              genutzt werden. Dabei steht im Besonderen die
notwendig, auch auf kommunaler Ebene flächen-         Frage im Mittelpunkt, wie Senioren darauf vorbe-
deckende Beratungsangebote zu verankern. Hier-        reitet und in die Innovationsprozesse eingebun-
für müsse eine Verlässlichkeit in der Finanzierung    den werden können.
bestehen, so Kunzmann. Diese ist bisher nicht
vom Gesetzgeber geregelt und unterschiedlich          Werkstatt Wohnen digital
ausgestaltet. Manche Wohnberatungsstellen wer-        AAL-Technologien sowie viele bauliche bar-
den von ihrem Stadt- oder Landkreis finanziert,       rierefreie Möglichkeiten stellt auch der KVJS
andere organisieren sich durch Fördermittel oder      bereits seit mehr als 20 Jahren in seiner Werkstatt
erheben für ihre Dienstleistung eine Gebühr.          Wohnen aus. Einmalig ist dabei der Fokus auf
                                                      Wohnungsanpassung mit Lösungen, die für den
Kunzmann betonte zudem die Wichtigkeit einer          Einzelnen finanziell tragbar sind. Mit der Wohn-
ganzheitlichen Quartiersentwicklung. Nachbar-         beratung des DRK Kreisverbands Stuttgart bietet
schaftliche Netzwerke müssen demnach gestärkt         der KVJS während der Corona-Pandemie digitale
und eine gute Nahversorgung gewährleistet sein,       Alternativen zur Vor-Ort-Beratung an. Informati-
um älteren Menschen ein selbstbestimmtes Leben        onen zur den Onlineangeboten finden Sie unter
inmitten der Gesellschaft zu ermöglichen.             www.barrierefrei-wohnen.kvjs.de

Innovationen gestalten                                Wohnberatung fachlich fördern
Daniel Buhr, Professor an der Universität Tübin-      Der KVJS wird das Forum Wohnberatung einmal
gen und Leiter des Steinbeis Transferzentrum          jährlich als Präsenzangebot veranstalten. Darüber
Soziale und Technische Innovation, richtete den       hinaus sind bereits mehrere Fortbildungen für
Blick auf ein großes Trendthema: die Digitalisie-     Wohnberater in Planung. Aufgegriffen werden
rung. „Innovationen sind von und für Menschen         Themen wie Gesprächsführung und Kommunika-
gemacht“, führte er seinen Beitrag ein. Wichtig sei   tion mit älteren Menschen sowie die batterielose
jedoch, dass diese gemeinsam gestaltet werden.        Funktechnologie im Smart Home. Mehr Informati-
Vor allem die Wohnberatung als Vermittlerin und       onen erhalten Wohnberater unter ­
Ansprechpartnerin nimmt dabei eine wichtige           barbara.steiner-karatas@kvjs.de
Rolle ein. Daniel Buhr zeigte Chancen und Risiken
sowie Grenzen des Ambient Assisted Living (AAL)                                           Julia Holzwarth

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Soziales

Neuland in der fünften Bauphase
Austausch zum Zwischenstand der Neuen Bausteine in der Eingliederungshilfe

Die fünfte Neue Bausteine-Reihe nimmt für die Eingliederungshilfe die Anforderungen
des BTHG zur Wirkungsorientierung in den Blick. Um wichtige Erkenntnisse zu gewinnen,
betreten die Stadt Ulm und der Landkreis Heilbronn mit wissenschaftlicher Begleitung
nun Neuland.

Mit den Entwicklungsprojekten dieser Baureihe                         Was wirkt?
will der KVJS die gesetzlich geforderte Wirkungs-                     Der Landkreis Heilbronn und die Stadt Ulm gaben
orientierung unabhängig von der Leistungserbrin-                      einen Einblick in die Projektarbeit vor Ort. Zu
gung messbar machen. Zudem sollen geeignete                           Beginn entwickelten sie die Instrumente zur Wir-
Wirkindikatoren formuliert werden. „Die Ergeb-                        kungsmessung. Nun werden die Ergebnisse und
nisse sind in allen Belangen bedeutsam – vom                          Erfahrungen analysiert und sollen vom Einzelfall
Einzelfall bis hin zum Vertragsrecht. Besonders                       auf eine übergeordnete Ebene gebracht werden,
zum jetzigen Zeitpunkt, an dem wir uns intensiv                       um grundsätzliche Erkenntnisse zu gewinnen.
mit der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes
(BTHG) befassen“, unterstrich KVJS-Referatsleiterin                   Unter dem Namen „Wirkungsindex Regional“ wird
Julia Lindenmaier beim Projekttreffen im April                        in Heilbronn gemeinsam mit der Johannes-Diako-
2021.                                                                 nie Mosbach als nächster Schritt die Schnittstelle

Virtuelles Treffen zu den Bausteine-Projekten in Ulm und Heilbronn.                                         Bild: Screenshot

16 KVJS Aktuell                                                                                                     3/2021
Soziales

zwischen Teilhabemanagement und Sozialpla-            Um offene Aspekte aus dem Zwischenbericht
nung fokussiert. Das Projekt in Ulm in Kooperation    kümmerten sich während der Veranstaltung drei
mit der Habila Tannenhof bezieht mit der Wir-         Arbeitsgruppen. Eine Gruppe ging der Frage nach,
kungsorientierung in der Eingliederungshilfe auch     wie es gelingen kann, dass Menschen mit Behin-
den Kontext der Sozialraumorientierung mit ein.       derung über Angebote und Möglichkeiten zur
                                                      Teilhabe auch gut informiert sind. Zudem wurde
Zufriedenheit messen                                  diskutiert, wie der Wunsch zum Ziel wird und in
Beim Online-Treffen berichteten die Teilneh-          welcher Form man die Menschen unterstützen
mer beider Standorte unter anderem über die           kann, sich an ihre vereinbarten Ziele zu erinnern.
Erfahrungen mit der Messung der Zufriedenheit.
Diese wird mit einem gesonderten Instrument                                               Julia Holzwarth
erhoben: „Zufriedenheit kann man nicht anhand
von Unterlagen bewerten. Dahinter steckt eine
hohe Komplexität, die sich nur über ein Gespräch
abbilden lässt“, so die Rückmeldung einer Projekt-           Die Neuen Bausteine dienen der Weiter-
                                                      INFO
beteiligten.                                                 entwicklung der Eingliederungshilfe und
                                                             der Wohnungslosenhilfe. Die fünfte Neue
Zudem standen erste Ergebnisse aus dem Zwi-                  Bausteine-Reihe der Eingliederungshilfe
schenbericht der wissenschaftlichen Begleitung               ist von 2019 bis Ende 2022 angelegt. Für
im Mittelpunkt. Die Professoren Annette Planken-             die Praxisprojekte und die wissenschaft-
steiner und Thomas Meyer von der Dualen Hoch-                liche Begleitung stellt der KVJS rund
schule Baden-Württemberg in Stuttgart brachten               360.000 Euro zur Verfügung. Im Anschluss
sich mit Impulsen zur wirkungsorientierten Teil-             veröffentlicht der KVJS einen Abschluss-
habe ein. Sie hoben hervor, dass Wirkungsorien-              bericht über die Projekterfahrungen der
tierung mit der Zielformulierung und Klärung der             Kreise und die Ergebnisse der wissen-
individuellen Wünsche des Menschen mit Behin-                schaftlichen Begleitung.
derung beginne.

Reform des Betreuungsrechts
Das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und         Die Reform ist Schwerpunkt des Fachtags Quer-
Betreuungsrechts ist verabschiedet. Es wird am 1.     schnittsarbeit im Juli 2021. Die Veranstaltung gibt
Januar 2023 in Kraft treten. Bereits seit 2015 wird   einen Überblick über die Änderungen und bietet
eine Reform bundesweit diskutiert, zum Beispiel       Raum für Austausch und Diskussion. In der nächs-
im Rahmen zweier vom Bundesministerium                ten Ausgabe von KVJS-Aktuell wird ein Bericht
der Justiz und für Verbraucherschutz in Auftrag       zum Fachtag veröffentlicht.
gegebener Forschungsvorhaben. Auf Basis der
Forschungsergebnisse wurde zudem ein interdis-        Weitere Informationen zur Reform sowie Stich-
ziplinärer Diskussionsprozess geführt. Erkennt-       worte zu den wichtigsten Gesetzesänderungen
nisse daraus sowie Vorgaben der UN-Behinderten-       finden Sie unter www.kvjs.de/soziales/service-
rechtskonvention sind in das Gesetz zur Reform        betreuungsrecht.
eingeflossen.
                                                                                                       hol

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Integration

„Sie ist ein Gewinn, auch für unsere Kunden“
Daniela Vinhas da Silva arbeitet bei Blumen Haimerl in Allmendingen

Blumenstiele schneiden, Umtopfen, Dekorieren, Gießen: „Mir gefällt es einfach“,
sagt Daniela Vinhas da Silva über ihren Arbeitsalltag im Blumengeschäft Haimerl
in Allmendingen.

Jens Nehmer vom Integrationsfachdienst (IFD)         pädagogischen Bildungs- und Beratungszentrum
Ulm hat die junge Frau auf dem Weg zu ihrer          (SBBZ), zunächst in eine Berufsvorbereitende
jetzigen Tätigkeit begleitet. Dieser Weg führt von   Einrichtung. In mehreren Praktika konnte Dani-
der Schmiechtalschule in Ehingen, einem Sonder-      ela ausprobieren, was zu ihr passt. „Es hat sich

Daniela da Silva kümmert sich um ihre Blumen.                                            Fotos: Uli Stöckle

18 KVJS Aktuell                                                                                    3/2021
Integration

gezeigt, dass sie sehr kreativ ist und ihre Stärken
im hauswirtschaftlichen Bereich liegen“, sagt der
Fachberater. Was jetzt noch fehlte, war der pas-
sende Arbeitgeber.

Förderprogramm „Arbeit Inklusiv“
Damit junge Menschen mit Handicap trotz ihrer
Behinderung auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen
können, gilt es, einen Betrieb zu finden, der ihnen
eine Chance und einen Arbeitsplatz bietet.

Über das Förderprogramm „Arbeit Inklusiv“
des KVJS in Zusammenarbeit mit der Agentur
für Arbeit und der Eingliederungshilfe des Alb-
Donau-Kreises gelang es, eine Arbeitsstelle für
Daniela Vinhas da Silva bei Blumen Haimerl in
Allmendingen zu bekommen.                               Blumengeschäft Haimerl in Allmendingen.

Gut aufgehoben im Familienbetrieb
In dem kleinen Familienbetrieb hat Daniela Vinhas       zu schätzen: „Auf Daniela ist Verlass und sie ist ein
da Silva einen Arbeitgeber gefunden, der sie als        Gewinn, auch für unsere Kunden“.
Person wertschätzt und ihre persönlichen Stärken
und Fähigkeiten erkennt und fördert. Da sie von         Bis heute steht Daniela Vinhas da Silva der IFD zur
ihrer Familie sehr gut auf das alltägliche Leben        Seite. „Sie ist viel selbstbewusster und sicherer
vorbereitet und auch selbstverständlich in anfal-       geworden“, freut sich Fachberater Jens Nehmer.
lende Aufgaben eingebunden wurde, kommen                „Wir werden die berufliche Entwicklung unterstüt-
ihr diese Kompetenzen nun auch am Arbeitsplatz          zen und passende neue Arbeitsinhalte forcieren“.
zugute.
                                                                                                  Gabriele Addow
Und es zahlt sich aus: Im September 2019 erhält
Daniela Vinhas da Silva einen unbefristeten
Arbeitsvertrag als Mitarbeiterin – in Vollzeit. Dafür
gibt es von der Agentur für Arbeit drei Jahre lang              Filmreihe „Beschäftigung mit Handikap“
                                                        INFO

einen Eingliederungszuschuss und zusätzlich                     In loser Folge präsentiert das KVJS-Integ-
Inklusionsprämien nach dem Förderprogramm                       rationsamt interessante Beispiele für die
„Arbeit Inklusiv“.                                              berufliche Integration von Menschen mit
                                                                Behinderungen.
Verlässliche Mitarbeiterin
Das Ehepaar Haimerl musste zwar akzeptieren,                    Video „Blumengeschäft
dass es bei ihrer neuen Mitarbeiterin Grenzen gibt              Haimerl“:
und sie klare Abläufe braucht, aber sie sind sich               www.youtube.com/
einig: „Das was sie macht, macht sie perfekt“. Die              watch?v=hOgRxwxZCTc
beiden Chefs wissen die Herzlichkeit, Hilfsbereit-
schaft und das große Engagement der 23-Jährigen

3/2021                                                                                            KVJS Aktuell 19
Integration

Bisher keine Kündigungswelle
Wie wirkte sich die Pandemie auf Inklusion im Beruf aus?

Die Corona-Pandemie hat teils starke Auswirkungen auf die Situation schwerbehinderter
Menschen im Arbeitsleben – ein Überblick.
Noch ist die große Kündigungswelle ausgeblieben.        lichen Prävention um etwa 30 Prozent zurück. Die
Doch die Corona-Pandemie hat im vergangenen             schwierige wirtschaftliche Situation in den Betrieben
Jahr viele Firmen in schwierige wirtschaftliche Lagen   lässt das Thema Prävention in den Hintergrund
gebracht. Eine Konjunkturumfrage der Industrie-         rücken. Auch die Rahmenbedingungen für virtuelle
und Handelskammer Anfang 2021 ergab, dass fast          Gespräche sowie bei Vor-Ort-Terminen mussten erst
zwei Drittel der Unternehmen im Jahr 2020 gegen-        geschaffen werden. Außerdem konzentrieren sich
über 2019 Umsatzverluste infolge der Pandemie           die Betriebe höchstwahrscheinlich aktuell mehr auf
erlitten haben. Die Erlöse sind bei jedem fünften       die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestanforde-
Betrieb sogar um mehr als ein Viertel eingebrochen.     rungen, die für sie gelten, als dies vor der Pandemie
Diese Entwicklung wirkt sich auch auf die Arbeits-      der Fall war. Außerdem wurden im Jahr 2020 größere
plätze aus.                                             technische Umgestaltungen verschoben. Auch
                                                        Investitionen und Neueinstellungen wurden nur
Mehr Kündigungen                                        selten realisiert.
Beim KVJS-Integrationsamt sind die eingehenden
Zustimmungsanträge aus betriebsbedingten Grün-          Viele Kursabsagen
den um knapp 30 Prozent gestiegen (siehe Grafik).       Die sichtbarsten Auswirkungen hatte die Pandemie
Diese Zahl wurde etwas abgemildert, da gleichzeitig     bisher auf die Präsenzveranstaltungen des KVJS-
die Anträge aus personen- oder verhaltensbeding-        Integrationsamtes. Es mussten bedauerlicherweise
ten Gründen sanken, nämlich um knapp zehn Pro-          etwa zwei Drittel der Kurse abgesagt werden. Die
zent. Dass die Kündigungen auf sich warten lassen,      wenigen Kurse, die abgehalten werden konnten,
führt das KVJS-Integrationsamt vor allem auch auf       fanden mit reduzierter Teilnehmendenzahl statt.
politische Hilfen und die Kurzarbeit zurück. „Es muss   Auch weil im kommenden Jahr die SBV-Wahl
aber davon ausgegangen werden, dass im Jahr 2021        ansteht, sollen aber in Zukunft mehr Kurse angebo-
die Zustimmungsanträge noch stärker als bislang         ten werden. Neben Veranstaltungsterminen in den
ansteigen werden“, prognostiziert Karl-Friedrich        KVJS-Bildungs- und Tagungsstätten werden aktuell
Ernst, der das KVJS-Integrationsamt leitet.             Online-Module erstellt – eine Zusammenarbeit aller
                                                        Integrationsämter unter der Federführung der BIH.
Inklusionsbereitschaft geht zurück?                     Die neue Lernplattform wird voraussichtlich ab Ende
Im gleichen Zeitraum ging die Zahl an Beratungs-        dieses Jahres zur Verfügung stehen.
fällen des Integrationsamtes im Bereich der Betrieb-
                                                                                Theda Bracht/ Maren Zeidler

20 KVJS Aktuell                                                                                       3/2021
Integration

Rettungsanker für soziale Unternehmen
Corona-Förderprogramm hat Existenzen gesichert

Das Corona-Förderprogramm der Bundesregierung für soziale Unternehmen wurde
um zwei Monate, bis zum 31. Mai 2021, verlängert. Ein Rettungsanker, der hielt, denn
dadurch musste keines der geförderten Unternehmen aufgeben.
12,8 Millionen Euro aus Mitteln des Bundes hatte        Leiter des Referats Inklusionsbetriebe. „Durch die
das KVJS-Integrationsamt zur Verfügung, um              Förderung konnten einige Insolvenzen verhindert
Liquiditätsengpässe bei sozialen Unternehmen            werden.“ Die meisten Anträge kamen von Sozial-
abzufedern. Antragsberechtigt waren Unterneh-           kaufhäusern und Inklusionsunternehmen aus den
men, die wegen der Auswirkungen der Corona-             Bereichen Gastronomie, Gemeinschaftsverpfle-
Pandemie Einnahmeausfälle hatten und deshalb            gung und Hotellerie. Sie hatten im Corona-Shut-
betriebliche Fixkosten nicht mehr decken konn-          down ihre Tätigkeit zum Teil einstellen müssen.
ten. 73 baden-württembergische Sozialunterneh-
men wurden mit insgesamt 8,6 Millionen Euro aus
dem Corona-Förderprogramm unterstützt. Die
Restsumme geht zurück an das Bundesministe-             Art der Unternehmen
rium für Arbeit und Soziales.                           Inklusionsbetriebe                         26
                                                        Einrichtungen der Behindertenhilfe         24
Programm hat gewirkt                                    Sozialkaufhäuser                           30
Profitiert haben Inklusionsunternehmen, Einrich-        Sozialunternehmen                          3
tungen der Behindertenhilfe, Sozialkaufhäuser
und gemeinnützige Sozialunternehmen: „Das
Programm hat gewirkt“, erklärt Bernhard Pflaum,
                                                        Rund 90 Anträge hat das KVJS-Integrationsamt
                                                        bearbeitet. Da die Förderrichtlinie auch die
                                                        Möglichkeit beinhaltet, unselbstständige Betriebs-
                                                        stätten zu fördern, können mehrere Bescheide an
                                                        ein Unternehmen gehen. „Dies bedeutet, dass die
                                                        Anzahl der Bewilligungen nicht die Anzahl der
                                                        Inklusionsbetriebe betrifft, die Förderleistungen
                                                        erhielten“, so Pflaum. „Die Anzahl der Unterneh-
                                                        men ist geringer als die Anzahl der Bewilligun-
                                                        gen.“

                                                        Liquiditätsbeihilfe federt Einnahmeausfälle ab
                                                        Für die Gewährung einer Liquiditätsbeihilfe wurden
                                                        Einnahmeausfälle und bestimmte betriebliche Fix-
                                                        kosten betrachtet, die zu einem Liquiditätsengpass
                                                        führen. Zur Deckung dieses Liquiditätsengpasses
                                                        konnte das KVJS-Integrationsamt einen Zuschuss in
                                                        Höhe von bis zu 90 Prozent bewilligen.
Keine Gäste wegen Corona.        Foto: Monika Kleusch
                                                                                             Monika Kleusch

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Integration

Es kann wieder losgehen
Qualifiziert für den ersten Arbeitsmarkt

Frank Hanselmann bereitet sich im Berufsbildungsbereich auf einen beruflichen
Neustart im Inklusionsunternehmen Insiva vor.

Frank Hanselmann hofft auf eine Anstellung beim Inklusionsunternehmen Insiva...

In der Werkstatt für behinderte Menschen der                           Praktikum bei Insiva
Habila in Markgröningen kennt sich Frank Hansel-                       Den Qualifizierungs-Baustein „Lager und Logistik“
mann aus. Seit fast zwei Jahren ist er wieder da,                      hat Frank Hanselmann bereits erfolgreich bestan-
wo er sich vor mehr als zehn Jahren schon einmal                       den und dabei „alles über Förderbänder, verschie-
auf sein Berufsleben vorbereitet hat. In einem                         dene Kranen und Materialien, die es in einem
Inklusionsunternehmen im Landkreis Ludwigs-                            Lager gibt“ erfahren, erzählt er. „Jetzt sind wir
burg fand er danach eine Anstellung. Hanselmann                        gerade dran, wie man einen Hubwagen und eine
war in der Qualitätssicherung für Katalysatoren                        Ameise bedient.“ Das lernt er bei einem Praktikum,
tätig. Als die Auftragslage im Unternehmen                             das der 35-Jährige zurzeit beim Inklusionsunter-
schlechter wurde, erhielt er die Kündigung.                            nehmen Insiva in der Abteilung „Dienstleistungen
Nun ist er wieder in den Berufsbildungsbereich                         für Industrie und Handel“ absolviert. In der Toch-
der Werkstatt zurückgekehrt. Mit einem klaren                          terfirma der Habila bekommt er auch Einblicke in
Ziel: „Wir bereiten Herrn Hanselmann darauf vor,                       Montage-Arbeiten oder den Zuschnitt verschiede-
wieder eine Stelle auf dem allgemeinen Arbeits-                        ner Materialien mit einem neuen Metall-Gravur-
markt antreten zu können“, sagt Karl-Heiz Dett-                        Laser.
ling. Er ist bei der Habila in Markgröningen Leiter
des Geschäftsbereichs „Berufliche Teilhabe und                         In enger Zusammenarbeit mit der Werkstatt und
Qualifizierung“.                                                       dem zukünftigen Arbeitgeber erstellt der Integra-

22 KVJS Aktuell                                                                                                    3/2021
Integration

tionsfachdienst eine Arbeitsplatz- und Fähigkei-
tenanalyse für Frank Hanselmann, um bestmög-
liche Rahmenbedingungen für eine langfristige
Beschäftigung zu schaffen. „Bei der Insiva wird
auftragsorientiert gedacht und die Mitarbeiter
werden entsprechend der jeweiligen Aufträge
geschult. Das Spektrum der Tätigkeiten ist dem-
entsprechend sehr breit“, sagt Karl-Heinz Dettling.

Die Festanstellung im Blick
Dank seiner guten Leistungen und Fähigkeiten
winkt Frank Hanselmann bei der Insiva eine Fest-
anstellung. „Wir ergänzen uns super und helfen
uns als Kollegen gegenseitig in allen Bereichen“,     ... und qualifiziert sich dafür in der Werkstatt der
                                                      Habila in Markgröningen.                         Fotos: Karl-Heinz Dettling
hat Frank Hanselmann bei seinem Praktikum
festgestellt. Das Inklusionsunternehmen ist für ihn
von seiner Mietwohnung in Markgröningen aus           Insiva verbunden ist, stellt natürlich einen Anreiz
gut zu erreichen. Das ist angesichts seiner Geh-      dar. „Dann kann ich mir wieder etwas mehr leis-
behinderung wichtig, er ist auf Krücken oder auf      ten“, hofft er. Wenn es mit dem Job bei der Insiva
langen Strecken auf einen Rollstuhl angewiesen.       klappt, hat Hanselmann die Möglichkeit, weitere
                                                      Qualifizierungs-Bausteine zu absolvieren und so
„Am meisten freue ich mich darauf, den Arbeits-       seine beruflichen Kompetenzen zu erweitern. „Von
vertrag in meinen Händen zu halten“, sagt er.         mir aus könnte es jetzt gleich losgehen“, meint er.
Aber auch das höhere Einkommen, das mit einer
sozialversicherungspflichtigen Anstellung bei der                                                        Stephan Gokeler

Auszeichnung für innovative Geschäftsidee
Inklusionsunternehmen AiZ erhält Rudolf-Freudenberg-Preis 2021

Bundesweit können sich Inklusionsfirmen um den von der Bundesarbeitsgemeinschaft
Inklusionsfirmen (bag if) gemeinsam mit der Freudenberg Stiftung ausgelobten Preis
bewerben. In diesem Jahr machte die AiZ das Rennen.
Für das Jahr 2021 ging es bei diesem bundeswei-       Das Team um den Betriebsleiter Daniel Gonser hat
ten Wettbewerb darum, innovative und kreative         sich in kürzester Zeit auf neue Marktanforderun-
Konzepte in der Coronakrise einzureichen. Aus         gen eingestellt. So konnten bereits Anfang März
einer Reihe von sehr hochqualifizierten Bewer-        2020 erste Produkte rund um das Thema Desinfek-
bungen wurde seitens der Jury einstimmig die          tion ausgeliefert werden. Auf diese Weise wurden
Tochtergesellschaft der Stiftung Lebenshilfe Zol-     die in jeder Krise liegenden Chancen genutzt und
lernalb AIZ gGmbH als Preisträgerin ausgewählt.       die unternehmerische Initiative wurde mit vielen
                                                      Bestellungen belohnt.

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Integration

                                                      Gerade die hohe Fertigungstiefe von der Blechbe-
                                                      arbeitung über die Druckerei bis hin zur Herstel-
                                                      lung von eigenen Verpackungen, aber auch die
                                                      Erstellung von Bedienungsanleitungen und Bei-
                                                      packs haben sich in dieser Phase bewährt. Bei der
                                                      Beschaffung wurden bereits Ende Februar 2020,
                                                      als sich die Pandemie in Deutschland erst abzeich-
                                                      nete, Kontakte zu Herstellern von Desinfektions-
                                                      mitteln und den Spendereinheiten hergestellt.

                                                      Jury voll und ganz überzeugt
                                                      „In herausragender Weise haben Sie sich innerhalb
                                                      kürzester Zeit auf neue Marktanforderungen ein-
                                                      gestellt, haben die in der Krise liegenden Chancen
                                                      entdeckt und sich einem hohen unternehmeri-
                                                      schen Risiko gestellt“ loben Dr. Pia Gerber von
                                                      der Freudenbergstiftung Claudia Rustige von
                                                      der bag-if den aktuellen Preisträger. „Gleichzeitig
                                                      haben Sie in besonderer Weise dargestellt, welche
                                                      wichtige Rolle allen Mitarbeiten, mit und ohne
                                                      Behinderungen, in diesen Veränderungsprozessen
                                                      zukommt. Veränderungsprozesse im Unterneh-
                                                      men angehen, Risikobereitschaft zeigen und die
                                                      Talente und Ideen der Mitarbeitenden nutzen
                                                      – das zeichnet unternehmerisches Handeln und
                                                      soziale Verantwortung aus. Damit haben Sie die
                                                      Jury voll und ganz überzeugt.“
                                                                                            Monika Kleusch

Gefragtes Produkt: DESI2GO der AiZ.       Foto: AiZ
                                                             In Partnerschaft mit der Bundesarbeits-
                                                      INFO

                                                             gemeinschaft Inklusionsfirmen (bag if ) ­
Das wichtigste Produkt, der Desinfektionsständer             prämiert die Freudenberg Stiftung
unter der Bezeichnung DESI2GO, wurde einige                  jedes Jahr auf Bundesebene innovative
1 000 mal von Albstadt nach Deutschland und                  Geschäftsideen und Kooperationsformen
darüber hinaus ausgeliefert. Von Arbeitsagentu-              im Bereich der Inklusionsunternehmen
ren, Sozialunternehmen, dem Einzelhandel, der                mit dem Rudolf-Freudenberg-Preis. Die-
Gastronomie oder beispielsweise auch Golfclubs               ser mit 5000 € dotierte Preis erinnert an
und Flughäfen sowie Bildungseinrichtungen                    den Sozialpsychiater Dr. Rudolf Freuden-
gingen Bestellungen ein. Dieser Erfolg hat den               berg, der in der NS-Zeit nach England
Mannschaftsgeist und das Engagement beflügelt,               emigrieren musste und als Wegbereiter
was zu einem erfolgreichen Zusammenwirken                    für die arbeitsorientierte Reform der
aller Beteiligten geführt hat.                               Psychiatrie gilt.

24 KVJS Aktuell                                                                                    3/2021
Jugend

Heimunterbringung für die Jüngsten
Was brauchen Säuglinge und Kleinkinder? Jahrestagung der Einrichtungsleitungen

Mit Anforderungen an die Rahmenbedingungen und bedarfsgerechte Betreuung von
Kleinkindern in der stationären Erziehungshilfe hat sich im März die Online-Jahres-
tagung für Träger und Leitungen von Einrichtungen der Hilfe zur Erziehung befasst.

In den letzten Jahren haben die Inobhutnahmen           „Sehr junge Kinder in stationären Einrichtungen:
und Heimunterbringungen von Kindern im Alter            Wir wissen, was nötig wäre, aber wie können wir
von null bis sechs Jahren deutlich zugenommen.          es realisieren?“ lautete der Titel der Präsentation
Vor diesem Hintergrund eröffnete Dr. Jürgen             von Prof. Dr. Klaus Wolf von der Universität Siegen.
Strohmaier, Referatsleiter und stellvertretender        Auch vor dem Hintergrund von Forschungsergeb-
Dezernent beim KVJS-Landesjugendamt, vor rund           nissen und Modellprojekten zum Thema Bezie-
140 Gästen die Jahrestagung.                            hungswechsel verdeutlichte Prof. Dr. Klaus Wolf:
                                                        „Wenn sich Betreuungspersonen verabschieden,
Zu Beginn der Tagung gab Strohmaier einen Über-         entsteht ein harter Schnitt. Das Ergebnis: In den
blick anhand aktueller Zahlen aus der Heimerzie-        Übergängen bei der Betreuung von vertrauten
hung, der (ehemaligen) UMA sowie der Mutter-            Personen zu fremden Personen verbunden mit
Kind-Einrichtungen in Baden-Württemberg.                dem Abschiedsprozess entsteht eine zusätzliche
Dabei stellte er insbesondere die Entwicklung der       Belastung für die Kinder.“
betriebserlaubten Plätze nach Angebotsformen
und die Entwicklung der Platzzahlen zwischen            Keine Schichtdienstgruppen
2017 und 2020 in den Mittelpunkt. Zentraler             Sein Fazit: Bei der Betreuung von unter Sechsjäh-
Bestandteil des Vortrags behandelte die Daseins-        rigen in der stationären Erziehungshilfe sollten
fürsorge für Kinder und Jugendliche unter Pan-          die Kinder, wenn möglich, nicht in sogenannten
demiebedingungen, speziell in Bezug auf die             „Schichtdienstgruppen“ untergebracht werden.
Heimerziehung in Baden-Württemberg.                     Wichtig sei auch, dass die Zusammenarbeit mit
                                                        den Eltern als Bindungs- und Betreuungspersonen
Thema Bindungsentwicklung                               regelmäßig stattfindet.
Was ist Bindung? Was erklärt die Bindungstheorie?
Welche Aufgabe hat die stationäre Jugendhilfe?                      Gabriele Addow/Mandy-Jane Breinlinger
Aus wissenschaftlicher Perspektive blickte Prof.
Dr. med. Alexander Trost, Facharzt für Kinder- und
Jugendpsychiatrie und -psychotherapie sowie
Facharzt für Psychosomatische Medizin in Aachen,
auf das Thema. Um die Bindungsentwicklung
zu fördern, so Trost, brauche es sowohl institu-
tionelle Voraussetzungen wie gut ausgebildete
Mitarbeiter, persönliche Stabilität, Professionalität
und Liebe sowie rechtliche Sicherheiten als auch
Unterstützungssysteme.

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