SCHWEIZERISCHE VEREINIGUNG ZUGUNSTEN VON PERSONEN MIT SPINA BIFIDA & HYDROCEPHALUS - www.spina-hydro.ch

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SCHWEIZERISCHE VEREINIGUNG
                    ZUGUNSTEN VON PERSONEN MIT
                    SPINA BIFIDA & HYDROCEPHALUS
                    www.spina-hydro.ch

                                              Foto: SBH Schweiz

SBH INFO NR. 4/19
SCHWEIZERISCHE VEREINIGUNG ZUGUNSTEN VON PERSONEN MIT SPINA BIFIDA & HYDROCEPHALUS - www.spina-hydro.ch
Inhalt

Editorial                                                     SBH-Partner
Veränderungen und Abschiede. . . . . . . . 3                  Ein Traumtag im Schnee . . . . . . . . . . . . . . 38

SBH-Digital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5   Cerebral
                                                              Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
SBH-Welt
Advent in der Mosterei . . . . . . . . . . . . . . 7          SBH
                                                              Kontaktpersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
Ein Wochenende des Lernens
und der Selbstständigkeit . . . . . . . . . . . 9
                                                              Unser nächstes Heft
                                                              Erscheint Mitte März 2020
Lebensqualität
Das Leben geht auch mit
                                                              Redaktionsschluss
Spina bifida weiter . . . . . . . . . . . . . . . 10
                                                              14. Februar 2020
SBH-Porträt
«Ich habe nie aufgehört,
an mich zu glauben» . . . . . . . . . . . . . . . 15

«Ein Leben im Rollstuhl ist ebenso
lebenswert wie ohne» . . . . . . . . . . . . . . 18
                                                               Dieses Heft wird unterstützt von
«Ich habe ein gutes und wertvolles
Leben» . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

SBH-Welt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

SBH-Partner
Verein Mehr Leben . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
Berufsbildung Rossfeld . . . . . . . . . . . . . . 25

Hydrocephalus                                                    Wird unterstützt von
Wenn im Kopf zu viel Druck herrscht . . . 28

SBH-Welt
Rund um die Welt, rund um
die Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
                                                                 Marty Druckmedien AG
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Editorial
            Veränderungen und Abschiede

Liebe Leserin, lieber Leser
Liebe Unterstützerinnen und Unterstützer

«Es kommt nicht drauf an, dem Leben mehr Jahre
zu geben, sondern den Jahren mehr Leben.»
Alexis Carrel

Sie kennen sicher alle einen oder auch mehrere
Sprüche zum Thema Älterwerden.

«Man wird nicht älter, sondern besser.»
Theodor Fontane

Doch was bedeutet dieses Älterwerden für uns
alle? An gewissen Tagen beschäftigt es uns, sei
dies am Morgen beim Aufstehen oder auch
beim Vergessen eines wichtigen Gegenstandes       Sabine Walde Brönnimann
im Laden. Andere Tage fühlen wir uns glücklich
und zufrieden und machen uns keine Gedan-
ken über das Kommende. Was sicher mit dem         Welche Herausforderungen sind dies, können
Älterwerden einhergeht, sind Veränderungen.       wir dem entgegenwirken? Sollten wir alle be-
Eine davon ist, dass ich auf Ende Jahr 2019 mit   reits in den jungen Jahren mehr an unsere noch
der Arbeit im Redaktionsteam des Infoheftes       ferne Zukunft denken? Wir lassen Menschen
SBH aufhöre. Wie mit vielem im Leben ge-          mit Spina bifida zu Worte kommen.
schieht dies mit einem lachenden und einem
weinenden Auge.                                   Ich wünsche Ihnen allen eine kurzweilige Lek-
                                                  türe!
Doch zurück zum Thema:
Ist das Älterwerden für Menschen mit Spina        Sabine Walde Brönnimann
bifida anders? In diesem Heft möchten wir die-
se Thematik genauer unter die Lupe nehmen.

Die Schlagzeile: Die Lebenserwartung steigt,
auch diejenige der Menschen mit Behinde-
rung. Diese erfreuliche Entwicklung bringt
grosse Herausforderungen mit sich.

                                                                                             3
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SBH-Digital

Berührende Geschichten
Das Beste aus Facebook und
anderen sozialen Medien
Website für Assistenzfragen
Mit CléA soll eine digitale Internetplattform
zur Vermittlung und Verwaltung von per-
sönlicher Assistenz aufgebaut werden. Auf
der neuen Website clea.app finden sich alle
Informationen zum Stand des Projekts, hin-
ter dem ein Förderverein steckt. Die Platt-
form soll speziell auf die Bedürfnisse des
Assistenzmodells der Invalidenversicherung

                                                Behinderten nicht dort, wo sie sein sollte,
                                                der Bund kein Vorbild. Die Busstationen
                                                im Land findet er nur noch «peinlich». Das
                                                ganze Interview: https://bit.ly/2XJLO1M

                                                Nivetha bei SRF Virus
                                                SBH-Schweiz-Mitglied Nivetha, 22, hat in
                                                der Sendung «S.O.S. – Sick of Silence» bei
für Menschen mit Behinderung ausgerich-         Moderator Robin offen über ihren Alltag
tet sein und Menschen mit Behinderungen         mit ihrer Inkontinenz gesprochen. Ein erfri-
und potenzielle Assistenten und Assistentin-    schender, sympathischer Auftritt, von dem
nen zusammenführen.                             sich jeder hier überzeugen kann:
clea.app                                        https://bit.ly/2XHF8AV

«Peinlich für die Schweiz»
Markus Schefer, der erste Schweizer im
UNO-Ausschuss für Behindertenrechte,
ärgert sich in einem Interview mit der Lu-
zerner Zeitung über Busbetriebe und die
SBB. Er kritisiert die Behindertenverbände
als zu konsensorientiert und bemängelt,
die Schweiz sei punkto Gleichstellung von

                                                                                         5
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SBH-Welt
           Advent in der Mosterei

An einem Sonntagsnachmittag im Novem-            Nun kosteten wir von den Getränken
ber machten sich 14 Mitglieder der Ost-          und unterhielten uns. Weiter ging es zum
schweiz auf nach Arbon. Sie besuchten das        Abendessen ins Restaurant Giesserei in Ar-
«MoMö Museum».                                   bon. Dort stand der Austausch zwischen
                                                 uns im Zentrum. Es gab einen feinen ge-
Text: Silvan Kleeli                              mischten Salat, Spaghetti mit vielen ver-
                                                 schiedenen Saucen und ein feines Tiramisu.
Dieses Museum ist von der Mosterei Möhl          Herzlichen Dank für die Organisation an
und erklärt, wie man die Apfelsäfte herstellt,   Remo Truniger.
und erzählt auch die Geschichte des Unter-
nehmens. Zuerst schauten wir uns die rie-
sengrossen Fässer an, in dem der Saft vom
Fass gegärt und hergestellt wird.

Wir schauten uns nun einen Film an. In
diesem Film wurde die ganze Herstellung
zelebriert. Es war sehr interessant und ein-
drucksvoll. Weiter wurde uns die Geschich-
te im Museum nähergebracht, unter an-
derem sahen wir auch eine alte Brennerei,
in der der Apfelschnaps hergestellt wurde.
Wir erfuhren auch, dass es 26 verschiedene
Apfelarten gibt.

                                                                                        7
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     Sofortige Aktivierung                                                                       der Verpackung.
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Ein Wochenende der
Selbstständigkeit

Das IG-Kidsempowerment-Wochenende im
bernischen Sumiswald war für die Autorin
und ihren Sohn eine spannende Erfahrung
auf dem Weg in die Selbstständigkeit.

Text: Tanja Fabian

Gespannt fuhren unser Sohn Louis und ich
die 120 km von unserem Wohnort bis in
das doch recht beschauliche kleine Dörf-
chen Sumiswald, in dem das ISK-Wochen-
                                               Thomas Stutz und Marcel Müller im Einsatz
ende stattfinden sollte. Dort angekommen,      für SBH Schweiz.
trafen wir nicht nur auf die ersten bekann-
ten Gesichter aus unserer SBH Vereinigung,     und Marcel Müller, die als Standpersonal
sondern kannten wir auch schon einige der      diverse Neumitglieder für unsere Vereini-
Pflegefachfrauen, welche den Kindern an        gung gewinnen konnten.
diesem Wochenende das selbstständige
Katheterisieren und auch das Darmma­­
­                                              Die Fachreferate «Transition und ParaWG»,
nagement näherbringen würden. Nach ei­         ­«Blasen-Darm-Management vom Säugling
nem individuellen Kennenlernen und einem        bis zur Pubertät» sowie «Adoleszenz und
Anamnese-Gespräch mit der zugeteilten           chronische Krankheit» waren rege besucht.
Pflegefachfrau ging es auch schon weiter
auf einen Parcours durch den Veranstal-        Am Samstagabend gab es aufgrund des
tungsort Forum Sumiswald.                      10-Jahr-Jubiläums der Durchführung des
                                               ISK-Wochenendes nicht nur ein tolles
Nach einem gemütlichen Abendessen folg-        Abendessen, sondern gleich einen Show
te die offizielle Eröffnung mit Infos zu den   Act mit dazu. Zwei Komiker versüssten den
nächsten beiden Tagen. Für die Kinder stan-    Abend mit ihren Scherzen und ihren kleinen
den Workshops zum Thema Hygiene, Ana-          Zaubertricks.
tomie, ISK und Darmmanagement auf dem
Plan, genauso wie Kinderschminken, Bas-        Als Highlight für die super Mitarbeit durften
teln und Malen.                                die Kids am Sonntag mit ihren Pflegefach-
                                               kräften einen Vormittag im Hallenbad ver-
Während sich die Kinder in besten Händen       bringen, während die Eltern ihre «Freizeit»
der Pflegefachkräfte befanden, hatten die      selber gestalten konnten. Nach dem letz-
Erwachsenen die Möglichkeit, in Ruhe die       ten gemeinsamen Mittagessen am Sonntag
Fachausstellung zu besuchen. Natürlich         ­erhielt jedes Kind mit grossem Applaus sein
durfte auch ein Stand der SBH an diesem         persönliches Zertifikat zum erfolgreichen
Wochenende nicht fehlen. Herzlichen Dank        Abschluss «Selbstständig katheterisieren –
unseren zwei SBH-Männern Thomas Stutz           auch du kannst das!»

                                                                                         9
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Lebensqualität
                 Das Leben geht auch
                 mit Spina bifida weiter

Das Leben ist lebenswert, auch wenn man        andere Leser doch einen Hinweis oder einen
älter wird und von Spina bifida betroffen      Tipp für sein eigenes Älterwerden in diesem
ist. Wir lassen Menschen zu Worte kommen,      Artikel.
die ihren Platz im Leben gefunden haben,
und zeigen ihre persönlichen Herausfor-        Lebendigkeit im Alter
derungen. Anregungen und Tipps unserer         «Anscheinend ist dem Menschen ein Gen
Autorin.                                       eingepflanzt, welches für den Lebenswillen
                                               zuständig ist und weder durch das Alter noch
Text: Sabine Walde Brönnimann                  eine Behinderung negativ beeinflusst wird.»
                                               Bruno Gallmann
Durch die verbesserte medizinische Ver-
sorgung steigt die Lebenserwartung der         «Ich spüre doch auch eine Lebendigkeit in mir,
Menschen mit Spina bifida. Beeindruckend:      wenn ich mich für etwas begeistere. Dann
                                               fühle ich mich innerlich jung, lebendig, ener-
• Adams (1985): Von 154 Kindern über-          gievoll. Dies hat vermutlich nichts mit Be-
  leben 43% das erste Lebensjahr nicht.        hinderung oder Funktion zu tun. Wie Marcus
                                               Tullius Cicero bereits um 60 v. Chr. gesagt
• SBAA (2014): Schätzung, dass 85% aller       hat: ‹Nicht das Alter ist das Problem, sondern
  Kinder mit Spina bifida das Erwachsenen-     unsere Einstellung dazu.›»
  alter erreichen.                             Therese Kämpfer

• Schätzung 2019: Die Mehrheit der Men-        Diese beiden Zitate aus dem Buch «Wa-
  schen mit Spina bifida sind heute Er-        rum das Leben weitergeht» (EMHMedia,
  wachsene.                                    2014) haben etwas gemeinsam. Im Alter
                                               sollten soweit möglich Hobbys weiter ge-
Alt werden gehört zum Leben, das wissen        pflegt werden, auch wenn man mit mehr
wir alle. Jeder Mensch mit oder ohne Spina     Überwindung startet und eine kürzere Zeit
bifida ist ein Individuum und erlebt das       damit verbringt. Am Ende jedoch legt man
Älterwerden anders. Ich habe in diesem         die Arbeit stolz zur Seite.
Artikel verschiedene Aussagen von Men-         Ebenso ist der Kontakt mit anderen Men-
schen im Rollstuhl eingefügt. Diese zeigen     schen, Freunden sehr wichtig. Bestehen-
uns, dass jeder Mensch anders mit dem          de Freundschaften sollten weiter gepflegt
Älterwerden umgeht. Ist dies nicht auch        werden. Der eigene Blickwinkel wird häufig
das ganze Leben bereits der Fall, dass jeder   dadurch etwas weiter, man sieht nicht nur
Mensch mit einer auf ihn zukommenden           seine eigenen vier Wände und Probleme.
Situation anders umgeht als sein Nachbar,
sein Freund? Vielleicht findet der eine oder

10
Foto: Steven HWG/Unsplash

Lebensqualität                                  • Laufen im Sinne von «sich Bewegung
«Wenn die Schmerzen zu frech werden, dann         verschaffen»
rede ich mit ihnen und sage: ‹Ich weiss, dass   • Lieben im Sinne von «menschliche
ich euch nicht rauswerfen kann, und ich lasse     ­Gemeinschaft suchen»
euch den Platz in meinen Beinen. Aber hier      • Lernen im Sinne von «Neues wagen»
oben in meinem Kopf, da will ich befehlen.
Da habt ihr keinen Platz.› So kehrt meistens    «Humor, Freude und Glück sind von erheb-
Ruhe ein.»                                      licher Bedeutung für die Lebensqualität, auch
Liselotte Velan (Quelle: siehe Kasten)          und besonders in den Jahren des sogenann-
                                                ten Ruhestandes. Wir gehen heute fitter und
Gerade Menschen mit Behinderung soll-           gesünder in die letzte Lebensphase als unsere
ten das Wissen über Altern nutzen, um die       Vorfahren. Anstatt mehr oder weniger erge-
Chancen für eine hohe Lebensqualität im         ben auf den Tod zu warten, können wir nun
Alter zu steigern. Wie können wir das Wissen    entspannter mit allem, insbesondere mit uns
über das Altern nutzen? Wie können wir          selbst umgehen.»
Alterungsprozessen vorbeugen? Altern ist        Annemarie Piper (Quelle: siehe Kasten)
ein dynamischer Prozess. Professor Wick,
Gerontologe an der Universität Innsbruck,       Das Wichtigste für die Lebensqualität als
erklärt den Beitrag, den jeder selbst zu ei-    alternder Mensch im Rollstuhl ist vor al-
nem positiven Altern beisteuern kann, mit       lem, sich Zeit zu nehmen für alles. Sich
den drei Schlagwörtern: Laufen, Liebe und       selber jeden Tag bewusst sein, welche Pläne
Lernen.                                                                                  

                                                                                         11
Sei der Held Deines Alltags.

               Fragen?
                                Stelle Dich unerschrocken den täglichen
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                                Aufgaben. Sicherheit schenkt dabei das Wissen,
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anstehen, was man an ebendiesem Tag
erreichen will. Dies kann ein kleines Ziel
sein oder auch ein Tagesausflug, den man
endlich macht.

Sind Menschen mit Behinderung besser
aufs Alter vorbereitet?
«Das Problem des Alters ist, dass wir oft nur
noch die Probleme sehen. Wir sind sehr mass-
los geworden und haben das Kämpfen verlo-
ren. Älterwerden ist keine Krankheit, sondern
fordert uns heraus, damit so umzugehen, dass
es einem gut geht.»
Heidy Anneler (Quelle: siehe Kasten)

Die Frage, was die Vorbereitung betrifft,
wird je nach Gesprächspartner mit ja oder
nein beantwortet werden. Die Menschen
mit Spina bifida sind es gewohnt, Hilfe an-
zunehmen. Die Themen Inkontinenz oder            Lude P., Vischer F., Willi Studer, M. (Hrsg.):
auch Darmmanagement sind bereits seit            Warum das Leben weitergeht. Auch im
Beginn des Lebens ein Teil von ihnen. Und        Alter und mit Behinderung. Mit Ein-
doch sind da die Altersbeschwerden, die je       schränkungen Lebendigkeit und Lebens-
nach Vordiagnose heftiger zuschlagen. Bei        freude bewahren.
bereits vorbelasteter Lunge ist jede Lun-        Johannes Petri/EMH Media, 2014
genentzündung intensiver. Die Haut wird
feiner und trockener, also empfindlicher         «Wenn sich jemand nach der Lektüre
für Druckstellen. Die Schmerzen der Über-        dieses Buches lebendiger fühlt als zuvor,
lastungsschäden in Armen und Schultern           dann hat ihm das Buch etwas von dem
vom Rollstuhlfahren oder auch Schmerzen          Geheimnis vermittelt, das Lebendigkeit
an Skelett, Gelenken und Muskeln nehmen          ausmacht. Wenn nicht, werden hoffent-
zu. Vorbereitet ist man in dem Sinn, dass        lich die kommenden Einschränkungen
man bereits weiss, was alles kommen könn-        durch das fortschreitende Leben zur Ent-
te, auf was man achten muss, und doch            wicklung von Lebendigkeit beitragen.»
kommen tut «es» auch bei den Menschen            Peter Lude, Autor
im Rollstuhl. Der Ansatz «Betroffene helfen
Betroffenen» sollte in Zukunft nach Mög-
lichkeit mehr ausgebaut werden.                 oder ein Pflegeheim sein. Senioren, die noch
                                                verhältnismässig selbstständig leben können,
Wohnen im Alter                                 bevorzugen oft die Möglichkeit des betreuten
Es gibt verschiedenste Wohnformen für Senio-    Wohnens, wo sie in einer altersgerechten und
ren. Abhängig vom Gesundheitszustand der        barrierefreien Wohnung auf den benötigten
jeweiligen Person kann dies ein Altersheim      Betreuungsservice zählen können.          

                                                                                             13
Der weitaus grösste Teil der Senioren möchte
am liebsten zu Hause im gewohnten Wohn-
umfeld so lange wie möglich selbstständig
bleiben. Das Problem ist, dass Wohnungen
oder Häuser in den meisten Fällen nicht bar-
rierefrei sind. (Quelle: myhandicap.ch)

Das Sicherheitsnetz für das Alter muss früh-
zeitig gespannt werden, sei dies durch eine
adäquate Wohninfrastruktur oder ein Wech-
sel in eine andere Wohnung. Für die Um-           Foto: Josh Appel/Unsplash
setzung erhält man Unterstützung durch
verschiedene Patientenorganisationen.             Es ist aber im Interesse jedes Einzelnen, dass
                                                  er in einer Patientenverfügung frühzeitig seine
Armut im Alter; Pflegekosten:                     Wünsche festhält, wie er im schlimmsten Fall
Angst ums Vermögen                                medizinisch behandelt, betreut und begleitet
Ein Leben lang arbeiten und dann im Renten-       werden möchte. (Quelle: myhandicap.ch)
alter finanziell trotzdem nicht über die Runden
kommen. Was passiert, wenn das Einkom-            Die Patientenverfügungen können bei zahl-
men die Pflegekosten nicht deckt? Die Pflege      reichen Patientenorganisationen im Inter-
kann alte Menschen teuer zu stehen kommen.        net bestellt werden. Hilfreich kann auch
Grundsätzlich und erfreulicherweise ist, dass     sein, wenn man Unterstützung beim Arzt
man nicht vermögend sein muss, um gut ge-         holt, um die Verfügung möglichst detailliert
pflegt und versorgt zu werden. Dennoch ist        auszufüllen.
es verständlich, dass in Anbetracht der hohen
Pflegekosten viele Menschen sich Sorgen um        Fazit
Finanzierung der Pflege und auch um ihr           Die steigende Lebenserwartung und die
Vermögen machen. (Quelle:myhandicap.ch)           damit verbundene demografische Alterung
                                                  der Gesellschaft haben zur Folge, dass es in
Finanziert wird die Pflege durch jeden selbst     Zukunft deutlich mehr ältere Menschen mit
mit den AHV- und Pensionskassen-Renten            Hilfe- und Pflege-Bedarf geben wird. Einer
sowie durch die Krankenkassen. Reichen            der wichtigen Tipps dazu ist: Frühzeitig
diese Gelder nicht aus, können Hilflosen-         planen, sich selber nicht zu schade sein für
entschädigungen zur AHV/IV sowie Ergän-           Hilfe durch Patientenorganisationen. Eben-
zungsleistungen beantragt werden. Auch            so ist die Organisation und Qualität des
zu diesem Thema kann man bei Patienten-           Übergangs in die «Erwachsenenmedizin»
organisationen Unterstützung und Beglei-          – die sogenannte Transition – sehr wichtig,
tung anfordern.                                   siehe letztes Infoheft SBH 3/2019. Lesen
                                                  Sie auf den folgenden Seiten Porträts von
Patientenverfügung                                Betroffenen, die mit Spina bifida bereits
Wer soll meine Meinung vertreten, wenn ich es     einen Teil des Lebenswegs hinter sich ge-
nicht mehr kann? Kaum jemand beschäftigt          bracht haben, wie sie sich fühlen, womit
sich gerne mit Krankheit, Unfall und dem Tod.     sie kämpfen.

14
SBH-Porträt
              «Ich habe nie aufgehört,
              an mich zu glauben»

Name: Elshani, Vorname: Shpetim                 Darauf kann ich nicht verzichten
Wohnort: Pfäffikon/ZH, Alter: 45 Jahre          Kaffee
Sternzeichen: Stier, Hobbys: Fotografie,
Konzerte b
         ­ esuchen, Bücher                      Mein schönster Moment …
Lebensmotto: Good things come to those          Meine Reise durch Amerika im Jahr 2014
who wait, but good things are gone for
those who are late =)                           Was mir Mühe macht und wie ich es
                                                ändern werde
Lebenslauf                                      Ich würde gerne etwas aktiver sein in mei-
Ich bin im Kosovo                               nem Alltagsleben. Ich versuche, dies zu
geboren und auf-                                ändern.
gewachsen, bis ich
mit 17 Jahren in die                            Mein Traum vom Glück
Schweiz gekommen                                Dass ich finanziell unabhängig bin. Dass
bin. Meine Kindheit                             ich eine eigene Familie gründe. Ich glau-
war nicht leicht, aber                          be daran, dass Träume zu verwirklichen,
ich habe versucht,                              machbar ist.
das Beste draus zu
machen. Ich habe                                Was sind die drei drängendsten
mit Freunden trotz                              ­Probleme?
der Tatsache, dass ich mit Krücken laufe,        Dass ich Chancen erhalte, um zu beweisen,
sehr oft Fussball gespielt. Ich habe die Re-     dass ich etwas leisten kann.
gelschule besucht. Ich habe soweit möglich       Dass ich meine persönliche Unabhängigkeit
meine Kindheit genossen. Ich wohne mit           erreiche.
meinen Eltern und meinem Bruder zusam-           Dass ich mich wieder in der Arbeitswelt
men. Während des Kosovokriegs habe ich           integrieren kann.
als Übersetzer für Flüchtlinge gearbeitet.
Ich habe bei verschiedenen Fabriken und         Was sind deine Pläne und Ziele in
zwei Behinderteninstitutionen gearbeitet.       ­deinem Leben?
Als Ehrenamtlicher bin ich beim Radio des        Die oben genannten Träume/Ziele zu er-
Kantonsspitals Winterthur tätig.                 reichen.

Meine drei wesentlichen Eigenschaften           Was die Nachwelt über mich sagen soll
Ich bin ehrlich, sehr direkt und hilfsbereit.   Er hat nie aufgehört, an sich selber zu glau-
                                                ben.
Am Anderen/Gegenüber schätze ich
Ehrlichkeit

                                                                                         15
„Lustig sein, geme
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da sein – das sind

LEA UND MARIE TH

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SBH-Porträt
              «Ein Leben im Rollstuhl ist ebenso
              lebenswert wie ohne»

Name: Borner, Vorname: Luzius, Wohn-             gemacht. Nach der Lehrzeit durfte ich ein
ort: Zürich, Alter: 36 Jahre, Beruf: Sozial-     halbes Jahr eine Sprachschule in Kanada
begleiter, Hobbys: Kino gehen, Filme, mit        besuchen.
Freunden abmachen                                Zurück in der Schweiz habe ich gemäss
                                                 meiner Ausbildung einen Bürojob ange-
Lebenslauf                                       nommen. Nach diversen Hürden, sei dies
Ich bin in Obfelden aufgewachsen, ge-            durch Operationen (26 bis jetzt), Jobver-
meinsam mit zwei Geschwistern. Bis in die        lust wegen wirtschaftlichen Gründen und
5. Klasse habe ich die Regelklasse besucht.      damit einhergehende Arbeitslosigkeit oder
Ende der 5. Klasse musste ich den Rücken         auch 50 Bewerbungen für eine Arbeitsstel-
versteifen, was einen längeren Spitalauf-        le, bin ich nun an einer für mich passenden
enthalt und Rehabilitationszeit mit sich         Arbeitsstelle.
gebracht hat. Weil ich in der ­Regelklasse       Ich arbeite als Sozialbegleiter in einem Al-
gemobbt wurde und dies auch vom Leh-             tersheim in Küsnacht. Ich wohne in einer
                                                 Einzimmerwohnung in Zürich Wipkingen.
                                                 Die Wohnung ist in einem Haus der Stif-
                                                 tung «Wohnhaus Röschibach» speziell für
                                                 körperlich Beeinträchtigte. Der Hauswart
                                                 übernimmt zusätzliche Aufgaben, je nach
                                                 Bedarf der Bewohner. Am Morgen erhalte
                                                 ich Unterstützung durch die Spitex bei der
                                                 Körperpflege. Im Anschluss fahre ich mit
                                                 meinem Auto zu meiner Arbeitsstelle.

                                                 Meine drei wesentlichen Eigenschaften
                                                 Ich bin geduldig, empathisch, auch bin
                                                 ich «neugierig». Ich reise gerne und ent-
rer nicht unterbunden wurde, haben mich          decke die Welt, ich habe keine Angst vor
meine Eltern zur weiteren Schulzeit im
­                                                Unvorbereitetem oder Herausforderungen
«Mathilde Escher Heim» angemeldet.               in anderen Ländern.

Nach zwei Jahren wechselte ich in die Schu-      Am Anderen/Gegenüber schätze ich …
le ­Rodegg in Luzern, in der ich die Oberstufe   Empathie, es sollte keine Einbahnstrasse
und ein 10. Schuljahr – das sogenannte           sein, auf der nur ich gebe, zuhöre und das
Berufsfindungsjahr – besuchte. Im Ross-          Gegenüber nur von mir profitiert. Auch
feld in Bern habe ich anschliessend meine        schätze ich Pünktlichkeit am Gegenüber,
Bürolehre mit eidgenössischem Abschluss          dies zeigt eine gewisse Wertschätzung.

18
Darauf kann ich nicht
verzichten
Meine Freiheit

Mein schönster Moment
Mein Kanadaaufenthalt/
Sprachaufenthalt. Dies war
ein wichtiger «Lehrplätz»
für mein zukünftiges Le-
ben. Ich habe viel vor­
bereiten müssen, Stiftun-
gen anfragen für finanziel-
le Unterstützung, Schiffs-
container für alle Pflege-
utensilien, Spitex organi-
sieren, Hotel. Zum guten Glück konnte ich        Ich glaube daran, dass …
jederzeit auf die Unterstützung meiner El-       Wenn eine Türe zugeht, geht auch wieder
tern und Geschwister zählen.                     eine Türe auf. Aus einem negativen Erlebnis
                                                 kann auch im Verlauf oder im Nachhinein
Der Aufenthalt in Kanada hat mir ­geholfen,      etwas Positives entstehen.
meine Selbstständigkeit auszubauen und
mich abzunabeln. Ebenso habe ich in Kana-        Was gefällt dir an deinem Beruf, deiner
da einen meiner besten Freunde kennenge-         Aufgabe?
lernt. Heute bin ich Götti von seiner Tochter.   Vor allem der Kontakt mit den Menschen.
                                                 Die Arbeit als Sozialbegleiter bringt den
Was mir Mühe macht und wie ich es                anderen Menschen wie auch mir etwas und
ändern werde                                     füllt nicht nur den Geldbeutel meines Chefs.
Gewisse Vorurteile, die weiterhin herrschen
gegen Behinderte. Ändern kann ich es vor         Was sind deine Pläne und Ziele in
allem mit einer Offenheit meinerseits, zum       ­deinem Leben?
Beispiel mit diesem Interview. Ich zeige im       Reisen und weitere Länder entdecken, und
Alltag, dass ein Leben im Rollstuhl ebenso        an meinem Traum vom Glück arbeiten.
lebenswert ist wie ein Leben ohne Rollstuhl.
                                                 Unterschied Erwachsenenalter –
Mein Traum vom Glück                             ­Kindheit
Meine Freiheit behalten; die körperliche Ver-     Die Erziehung meiner Eltern in meiner
fassung so erhalten, wie sie ist. Ich ­möchte     Kindheit spielt eine grosse Rolle, wie auch
gerne in einem Haus oder einer grösseren          das Leben weitergeht. Meine Eltern haben
Wohnung wohnen, gemeinsam mit einer               mir vertraut und auch zugetraut, in neuen
Partnerin oder Freunden. Ich möchte ger-          Situa­tionen klarzukommen. Dies hat mein
ne einen Hund haben. Wenn ich im Lotto            Selbstvertrauen sehr gestärkt. Dies erlebe
gewinnen würde, würde ich auch nicht              ich leider nicht bei all meinen Kollegen.
nein sagen.

                                                                                          19
SBH-Porträt
              «Ich habe ein gutes und
              wertvolles Leben»

Name        Vonderschmitt                      nommen. Dies habe ich mit viel Freude ge-
Vorname     Silvia                             macht und das war für mich der Traumjob.
Wohnort     Zollikon, seit mehreren            Als 50-Jährige habe ich in dieser Institution
            Monaten im Pflegeheim              eine Büroarbeit übernommen und diese
Alter       76 Jahre                           bis zu meiner Pensionierung weitergeführt.
Beruf       Locherin; Handelsschule
            in Abendkursen; Gruppen-           Am Abend zu Hause habe ich die Hand-
            leiterin in einer geschütz-        arbeit und meine Hobbys sehr geschätzt,
            ten Werkstatt mit geistig          um meinen gefüllten Kopf zu entlasten. Vor
            Behinderten                        allem das Tanzen war mir sehr wichtig. Zu
Hobbys      Singen, Speckstein schlei-         Beginn des Rollstuhltanzes habe ich einen
            fen, Handarbeiten. Roll-           Rollstuhl gemietet und im Verlauf gekauft.
            stuhlclub Zürich (vor dem          Leider musste ich das Tanzen und den Roll-
            Heim auch Rollstuhltanz            stuhlsport aufgeben.
            und Schwimmen)
Lebensmotto Man soll sich vom Umfeld           Seit ich 20 Jahre alt bin, wohne ich alleine in
            nicht behindern lassen             einer Wohnung. Seit 8 Jahren benötige ich
                                               ständig einen Rollstuhl in meinem Alltag.
Lebenslauf                                     Meine Beine «wollten nicht mehr so ganz».
Ich bin zu Hause aufgewachsen mit meinen       Ich habe zunehmend gemerkt, dass meine
beiden Geschwistern. Als Kind war klar,        Wohnung schön, aber nicht für ein Leben
dass ich mit Gehstöcken unterwegs bleibe,      im Rollstuhl geeignet ist. Das letzte Jahr litt
ein Rollstuhl kam nicht in Frage, nur wenn     ich nach einer grösseren Operation an einer
unumgänglich. Damals war das die üb-           Grippe und war sehr geschwächt.
liche Meinung. Ich startete eine Lehre als
Locherin in der Stiftung Brunau. Ich wollte    Ich habe mir immer wieder Kompromisse
dies nicht bis zur Pensionierung tun und       und Änderungen ausgedacht, Hilfe und Un-
besuchte eine Abendschule, an der ich den      terstützung durch die Spitex etc. benötigt,
Handelsabschluss machte. Die IV bestand        bis es echt nicht mehr ging. Dies hat mich
erst in den 1960er Jahren, und so wurde        zum schwierigen Schritt des Umzuges in ein
bei mir erst als Jugendliche abgeklärt und     Pflegeheim gedrängt. Das Alter mit einer
bewilligt. Nach einer IV-Berufsberatung, die   Behinderung bedeutet neben allen anderen
zeigte, dass ich im Umgang mit Menschen        Altersbeschwerden auch noch, dass die ge-
eine grosse Stärke habe, durfte ich mich       lähmten Muskeln sich kaum von einer zusätz-
umschulen lassen. Ich habe in einer ge-        lichen Schwäche auftrainieren lassen, Haut-
schützten Werkstatt mit geistig behinder-      probleme, Müdigkeit, Blasen- und Darm-
ten Erwachsenen die Gruppenleitung über-       probleme wirken sich gravierender aus.

20
Meine drei wesentlichen Eigenschaften           Ich glaube, dass …
Mit Menschen umgehen, Geduld haben,             ich trotz Spina bifida ein gutes und wertvol-
fröhlicher Typ; teilweise bin ich ein kleines   les Leben habe und weiterhin haben werde.
«Phlegma»
                                                Was sind die drei drängendsten
Am Anderen/Gegenüber schätze ich …              ­Probleme?
Zuverlässigkeit und Offenheit                    Wenn man pensioniert ist, kommt eine «An-
                                                 meldung» für ein betreutes Wohnen als kör-
Darauf kann ich nicht verzichten                 perbehinderter Mensch nicht mehr in Frage.
Menschen um mich
                                                In einem Heim ist es schwierig, seine Per-
Mein schönster Moment war                       sönlichkeit zu wahren, zum einen ist da der
Als ich das erste Mal mit Musik mit meinem      Zeitdruck der Pflegenden und das Bedürfnis
behinderten Körper in einem Rollstuhl tan-      «helfen zu wollen». Dastehen und warten als
zen konnte.                                     Pflegende ist meist hilfreicher als handeln.

Ein schwieriger Moment war                      Die Gedankenlosigkeit der Menschen, z.B.
Als ich mein Autobillett abgeben musste.        Garderobe u.a. zu hoch oder ein Schild an
Ein Teil meiner Freiheit musste ich mit ihm     einem geschlossenen Lift «Bitte melden Sie
abgeben.                                        sich im 1. Stock an der Rezeption» (behin-
                                                dertengerechtes Hotel) usw.
Was mir Mühe macht und wie ich es
ändern würde                                    Mir war immer wichtig, dass …
Mich nervt, wenn das Umfeld mich nicht für      ich mich nicht mit anderen Menschen
voll nimmt, mir etwas nicht zutraut.            vergleiche. Sehr oft ist das auch gar nicht
                                                möglich, weil ich fast alles anders als Nicht-
Mein Traum vom Glück                            behinderte machen muss. Jeder Mensch ist
Ich möchte mein Leben möglichst in der          anders, er ist ein eigenes Individuum.
Hand behalten und geniessen, soweit wie
möglich.

                                                                                          21
Schritte begleiten
Kinderhäuser Imago
Integrative Kitas für Kinder mit und ohne
Behinderung, ab 3 Monaten.

Eltern- und Fachberatung
Begleitet, informiert und vernetzt Eltern und
Fachpersonen.

Entlastung
Zeit zum Durchatmen für die Eltern.

Veranstaltungen für
behinderte Kinder
Ungewöhnliche Erlebnisse und Zeit für Erfahrungs-
austausch unter betroffenen Familien.

Zeitschrift imago
Berichte und Reportagen zum Thema Kind,
Familie und Behinderung.

Tagesschule
Für seh- und mehrfach behinderte Kinder
und Jugendliche.

www.visoparents.ch                 visoparents schweiz
                                   Stettbachstr. 10, 8600 Dübendorf
PC 80-229-7                        Telefon 043 355 10 20
SBH-Welt
SBH-Tipp

SBH intern                                          Brunch im Basler
Silvan Kleeli                                       «Zmorgeland»
neu in der Redaktion                                Am 20. Oktober trafen sich vierzehn Mit-
                                                    glieder der Nordwestschweiz im Basler
Die Redaktion von SBH Info verabschiedet            «Zmorgeland» zu einem üppigen Sonn-
sich mit der vorliegenden Ausgabe von               tagsbrunch. Besonders erfreulich, dass
Sabine Walde Brönnimann und bedankt
­                                                   auch neue Mitglieder den Weg an einen
sich bei ihr für ihre wertvollen Beiträge. Neu      unserer Anlässe gefunden haben. Die Teil-
stösst Silvan Kleeli aus St. Gallen zum Team.       nehmenden genossen à discrétion allerlei
                                                    Feines – alles saisonal abgestimmt.
Er stellt sich gleich selbst vor: «Ich bin dieses
Jahr der SBH Schweiz beigetreten. Ich wurde
am 2. Dezember 1991 im Universitätsspital
Zürich mit einem Hydrocephalus und einer
armbetonten Hemiparese links geboren. In
St. Gallen besuchte ich die CP-Schule vom
Kindergarten bis zur Mittelstufe. Hier lernte       Das ungezwungene Ambiente in der Alten
ich viele Kollegen mit Spina bifida kennen,         Basler Markthalle bot den Rahmen für einen
die zu guten Freunden wurden. Die Ober-             informellen Austausch und viele interessan-
stufe habe ich im Bad Sonder in Teufen              te Gespräche.
absolviert. Nun bin ich 28 Jahre alt und            Nächster Anlass der Region Nordwestschweiz:
arbeite seit sechs Jahren als Sachbearbeiter        Samstag, 14.3.2020. Einladung folgt.
beim Kantonalen Personalamt St. Gallen.
Ich bin eine sehr aktive Person und habe es
gerne, wenn etwas läuft. Im Sommer segle
                                                    Impressionen
ich gerne mit Sailability.ch in Arbon und           vom Spaghettiplausch
fahre sehr gerne Fahrrad mit meinem Hand-
bike Trigo Up, das mir auch einen grossen
Freiraum gibt. Einen grossen Stellenwert
hat auch der Handball in meinem Leben.
Ich bin der grösste Fan vom TSV St. Otmar
St. Gallen. Hallensprecher bin ich auch sehr
gerne. Ich moderiere für den SV Fides und
Fortitudo Gossau. Für Fides bin ich auch
der Medienverantwortliche und schreibe              Bernerinnen und Berner bei Spiel, Spass und
jeweils Matchberichte oder Vorschauen.              Spaghetti. 24 Personen nahmen am Plausch
                                                    teil. (Foto: Barbara Stutz)

                                                                                            23
SBH-Partner
              Verein Mehr Leben –
              Entlastung für alle Generationen

Der junge Verein «Mehr Leben» mit Sitz in
Basel Stadt kümmert sich um die Projektie-
rung, Finanzierung und Umsetzung eines
Palliativzentrums als Mehrgenerationen-
haus. Derzeit läuft die Finanzierungsphase.

Der 2017 gegründete Verein will in Basel
ein Palliativzentrum für Kinder, Jugendliche
und Erwachsene bauen, das für die gesamte
Nordwestschweiz und die TriRegio zugäng-
lich sein soll.

Die Vision eines solchen Kompetenz-Zen-
trums entstand aus dem Wunsch, für
Schwerstkranke aller Generationen einen
Ort der Entlastung zu schaffen; insbeson-       Co-Präsident Henri Gassler stellt den Verein vor.
dere für jüngere Menschen in unserer Ge-
sellschaft, für die es in der Schweiz noch      Der Grundgedanke, ein Zentrum für alle
kein einziges solches Zentrum gibt. Es soll     Generationen zu errichten, hat u.a. orga-
40 Betten für Patienten und Angehörige          nisatorische und finanzielle Gründe. Ein
bieten. Es geht dem Verein nicht nur um die     Palliativzentrum nur für Kinder zu bauen,
allerletzten Lebenstage, sondern um den         würde bei der Annahme von 8 bis 15 Pa-
frühzeitigen Einbezug aller Disziplinen der     tienten einen enormen Aufwand und teure
Gesundheitsversorgung nach den Grund-           Strukturen erfordern. Jede Altersgruppe soll
sätzen der Palliative Care (gemäss Erkennt-     ihre eigene separate Abteilung erhalten.
nissen der European Association of Palliative   Allerdings sollen gemeinsame Aufenthalts-
Care, eapcnet.eu). Der Verein versteht sich     räume – auch für Angehörige – eine Be-
als Ergänzung zu bestehenden Institutionen      gegnung ermöglichen und das Zusammen-
und Palliativ-Abteilungen in den örtlichen      gehörigkeitsgefühl stärken.
Krankenhäusern. Die medizinische Versor-
gung im Haus soll für die Betreuung der Er-     Der Verein Mehr Leben ist der festen Über-
wachsenen durch eine Basis von Ärzten und       zeugung, dass er mit der Gründung eines
spezialisiertem Pflegepersonal erfolgen, für    Mehrgenerationen-Palliativzentrums eine
Kinder und Jugendliche ist eine enge kon-       offensichtliche Lücke in der Gesundheits-
siliarische Zusammenarbeit mit den lokalen      versorgung schliessen wird.
Spitälern und Fachärzten vorgesehen.
                                                Mehr Informationen: mehr-leben-basel.ch

24
SBH-Partner
              Berufsbildung Rossfeld – so geht’s!

Die Berufsbildung der Stiftung Rossfeld         schule WKS KV Bildung in Bern (WKS). Kon-
in Bern bildet Jugendliche und Erwachse-        kret heisst das:
ne mit einer körperlichen Behinderung zu
kaufmännischen Fachkräften aus. Die Aus-        • Bildung: Neben internen Praktika in den
bildungen als Büroassistentin/Büroassistent       Bereichen Marketing, Finanzen, Personal
EBA oder Kauffrau/Kaufmann EFZ sind mo-           und Sekretariat stehen spätestens ab dem
dular aufgebaut.                                  zweiten Semester eine Vielzahl von at-
                                                  traktiven Ausbildungsplätzen im ersten
Seit Sommer 2019 geht man im Rossfeld             Arbeitsmarkt zur Verfügung.
neue Wege: Mit einem integrativen Aus-
bildungskonzept, das frische Perspektiven       • Schulische Bildung: Die Lernenden be-
schafft. Neu besuchen alle Lernenden den          suchen den regulären Berufsfachschul-­
Unterricht an der öffentlichen Berufsfach-        Unterricht an der WKS. Die Pflege und

Der barrierefreie Sportunterricht der Stiftung Rossfeld macht Spass.                   

                                                                                       25
zept
                                         A u s b ild ungskon
                                 Neues                      it
                                                    menarbe ern
                                     in  Zu s a m
                                                          ung B
                                     d er W  K  S KV Bild
                                 mit

Starten Sie jetzt Ihre berufliche Zukunft bei
der Stiftung Rossfeld mit einer Ausbildung als:

- Kauffrau / Kaufmann EFZ
- Büroassistentin / Büroassistent EBA
                                  Modular und Ihren Bedürfnissen
                                  angepasst:
                                  - Betriebliche Ausbildung in der
                                    Stiftung Rossfeld und bei
                                    externen Partnerbetrieben
                                  - Berufsfachschule an der WKS
                                    KV Bildung Bern
                                  - Ergänzender Unterricht und
                                    Lerncoaching
                                  - Verschiedene Ausbildungs-
                                    varianten

Mehr Informationen unter:       Wir beraten Sie gerne:
www.rossfeld.ch/berufsbildung   Tel. 031 300 02 33

        in Zusammenarbeit mit
Betreuung während den Unterrichtsta-
  gen wird durch die Stiftung Rossfeld vor        Berufsbildung der Stiftung Rossfeld
  Ort sichergestellt.                             Die Ausbildungen als Büroassistentin/
                                                  Büroassistent EBA, Kauffrau/Kaufmann
• Ausbildungsunterstützende Ange-                 EFZ und die praktische Ausbildung PrA
  bote: Zusätzlich profitieren Lernende           sind modular aufgebaut und richten sich
  von berufsrelevantem Ergänzungsunter-           an Jugendliche und Erwachsene mit ei-
  richt und individuellen Lerncoachings           ner körperlichen Behinderung.
  während der gesamten Ausbildungszeit.
  Die Inhalte sind offen gestaltet und rich-      Interessiert? Vereinbaren Sie ein Bera-
  ten sich nach den Bedürfnissen und Fä-          tungsgespräch mit Lorenz Schuler, Leiter
  higkeiten der Lernenden.                        Berufsbildung. Telefon 031 300 02 33
                                                  oder lorenz.schuler@rossfeld.ch.
Frei wählbare Wohnmöglichkeiten und               Mehr Informationen:
Therapie im Rossfeld vervollständigen das         www.rossfeld.ch/berufsbildung
Angebot.

Erste Erfahrungsberichte                         Dario Fischer, Lernender EFZ E-Profil,
                                                 2. Lehrjahr:
Joena Bammert, Lernende EBA,                     «  Im externen Praktikum finde ich die
1. Lehrjahr:                                     Koordination von Arbeitsweg, Unterstüt-
«  An der WKS ist für mich alles neu. Ich ver-   zung in der Pflege, Betrieb und Schule sehr
suche zwar, so selbstständig wie möglich zu      herausfordernd. Mit Erfahrung und Hilfe
werden und zu sein. Ich bin aber froh, dass      bringe ich aber alles unter einen Hut. Die
ich eine Ansprechperson in der Stiftung          positive Rückmeldung, wie gut ich selbst-
Rossfeld habe, an die ich mich immer wen-        ständig arbeite, freut mich. Ich zeige gerne,
den kann. Ich profitiere von den ergänzen-       was ich am Computer alles kann.    »
den Ausbildungsangeboten im Rossfeld. Sie
helfen mir, in den Grundlagen Sicherheit zu      Stefanie Brader, Ausbildungskoordina-
bekommen. Ich finde es schwierig, die Zeit       torin Stiftung Rossfeld:
zum Lernen gut einzuteilen. Ich denke, das       «   Die Rückmeldungen der Lernenden über
Lerncoaching wird mich da unterstützen.          den Unterrichtsbesuch an der öffentlichen
So bin ich für die Lernziele an der WKS gut      Berufsfachschule fielen durchwegs posi-
gerüstet. Den Sportunterricht im Rossfeld        tiv aus. Sie schätzen die Hilfsbereitschaft,
finde ich super: Elektro-, Handrollstuhlfah-     fühlen sich bereits integriert und halten
rer und Fussgänger haben zusammen viel           mehrheitlich mit dem Arbeitstempo mit.
Spass und Bewegung.     »                        Sie sind froh, dass die Nachteilsausgleiche
                                                 gewährleistet werden und bei Herausfor-
                                                 derungen oder Unsicherheiten immer nach
                                                 gemeinsamen Lösungen mit der Berufsbil-
                                                 dung Rossfeld gesucht wird.   »
                                                                                          27
Hydrocephalus
                Wenn im Kopf zu viel Druck herrscht

Die im Volksmund «Wasserkopf» genannte         einbrachte. Dies ist eine Art Katheter, der
Abflussstörung von Hirnflüssigkeit ist eine    vom Kopf bis in die Bauchdecke reicht, wo-
häufige Begleiterscheinung von Spina bifi-     rin die Hirnflüssigkeit abläuft, die wegen der
da. Unser Autor gibt Tipps und interviewt      Verengung des natürlichen Kanals nicht auf
einen Experten.                                normalem Weg über den Rücken abgeleitet
                                               werden kann.
Text: Markus Bertschinger
                                               Späte Entdeckung
Ein Hydrocephalus, auf Deutsch «Wasser­        Manchmal entdeckt man dies auch zu spät,
kopf», entsteht, wenn der Abfluss der          wie bei Monika Meister (Name der Redak-
Hirnflüssigkeit nicht richtig gewährleistet    tion bekannt). Bei ihr hat man erst im Alter
ist. Dies kann unbehandelt zu schwerwie-       von elf Jahren herausgefunden, dass sie an
genden neurologischen und geistigen Ein-       einem Hydrocephalus leidet, zufällig bei
schränkungen führen. Bei Patienten mit         Untersuchungen nach einem Skiunfall. Ihre
Spina bifida ist dieses Problem bei man-       Eltern haben zwar schon zuvor immer ge-
chen vorhanden, wobei noch lange nicht         sagt, dass sie eine gewisse Verlang­samung
bei allen.                                     im Denken und im Handeln hat, im Gegen-
                                               satz zu ihren Geschwistern, jedoch wuss-
Die ersten Anzeichen                           ten sie bis dahin nicht, woran dies liegen
Auch ich leide unter diesem Problem. Nor-      könnte.
malerweise entdeckt man das in den ersten
Lebensmonaten. So war es auch bei mir.
Der Arzt, Dr. med. Stefan Altermatt vom
Kinderspital Zürich, sagte meinen Eltern
bereits kurz nach der Geburt, dass dies
auch bei mir der Fall sein könnte. Wie vom
Arzt richtig vermutet, traten bei mir bald
typische Anzeichen auf. Mein Kopf fing                             Darstellung eines VP-Shunt-
an, ungewöhnlich schnell zu wachsen und                            Systems. Der Katheter wird
                                                                   durch ein Bohrloch am
meine Augen waren oft sehr tief in der Au-                         Schädelknochen ins Ventrikel-
genhöhle und nach unten gerichtet. Dies ist                        system (blau) vorgeschoben
                                                                   (siehe vergrösserte Darstel-
ein weiterer Hinweis auf einen ungewöhn-                           lung). Der ableitende Kathe-
lich hohen Gehirndruck, der durch die nicht                        ter verläuft unter der Haut
                                                                   bis zum Oberbauch und wird
abgeflossene Hirnflüssigkeit auftreten kann.                       hier in die Tiefe, in den so-
Deswegen wurde bei mir im Alter von zwei                           genannten intraperitonealen
                                                                   Raum, eingelegt.
Wochen bereits eine Hirnoperation nötig,                           (Illustration: Inselspital Bern,
bei der man einen sogenannten «Shunt»                              neurochirurgie.inselspital.ch)

28
Neue Erkenntnisse
                 Der Kinderchirurg Dr. med.
                 Stefan Altermatt praktiziert
                 schon seit dreissig Jahren
                 als Oberarzt und leitender
                 Arzt am Kinderspital Zürich.
                 Er leitet seit 15 Jahren den
                 Bereich Neurochirurgie und
ist stellvertretender Klinikdirektor Chirur-
gie. Ich habe mit ihm über die neusten
Erkenntnisse im Bereich des Hydrocephalus
und der Shunt-Technologie gesprochen.
                                                Darstellung der inneren und äusseren Liquorräume
Wie entsteht ein Hydrocephalus?                 (blau) sowie des Liquorflusses (Pfeile) durch das Vent-
                                                rikelsystem und den subarachnoidalen Raum (Illustra-
Ursächlich für den Hydrocephalus bei Spi-       tion: Inselspital Bern, neurochirurgie.inselspital.ch)
na-bifida-Patienten ist die Chiari-II-Malfor-
mation. Diese Malformation bringt struk-        andere wiederum müssen in eine Sonder-
turelle Veränderungen im Gehirn hervor.         schule und finden später keine Arbeit im
Hauptproblematik ist, dass das Kleinhirn auf    ersten Arbeitsmarkt.
das Rückenmark drückt. Dies kann Folge-
schäden wie z.B. eine Stimmbandlähmung          Sind die Folgen bei jedem Patienten die
und/oder eben eine Verhinderung des Ab-         gleichen?
flusses des Hirnwassers bedeuten, was zur       Die Folgen sind, wie bereits erwähnt, nicht
Bildung eines sogenannten Hydrocephalus         bei jedem Patienten die gleichen. Da gibt’s
(Wasserkopf) führt. Bei einer pränatalen OP     ein breites Spektrum an möglichen Folgen.
entwickeln knapp 50% einen Wasserkopf.          In seltenen Fällen kann es auch Epilepsie
Dies, weil durch die frühe Operation der        hervorrufen.
Druck auf das Kleinhirn und den Hirnstamm
abnimmt. Bei nicht vorgeburtlich operier-       Was kann passieren, wenn man diesen
ten Kindern entwickeln etwa 85% einen           Hydrocephalus nicht operiert?
Wasserkopf.                                     Wenn man einen Wasserkopf nicht behan-
                                                deln würde, dann würde der Kopf extrem
Was können die Folgen sein?                     wachsen, weil durch den Wasserdruck im
Die Folgen bei einem operierten Hydroce-        Gehirn der Kopf immer grösser werden
phalus sind abhängig von der Ausprägung         würde. Bei Kleinkindern wächst der Kopf
der zugrunde liegenden Chiari-Fehlbildung.      sehr, sehr schnell an, weil die Schädeldecke
In den meisten Fällen haben die Betroffenen     noch nicht ganz so ausgereift ist wie bei
Mühe mit dem abstrakten Denken, mit dem         älteren Kindern/Erwachsenen. Bei Klein-
Sehen von Zusammenhängen. Dies ist aber         kindern kann der Kopf schnell schwerer
auch von Fall zu Fall wieder verschieden.       werden als der Rest des Körpers. Wenn ich
Manche können die normale Regelschule           von Kleinkindern spreche, spreche ich von
besuchen und eine Berufslehre mit eidge-        Kindern im Alter von 0 bis 2 Jahren. Bei
nössischem Fähigkeitszeugnis absolvieren,                                                 

                                                                                                    29
Lebensqualität steht bei uns
                                                im Zentrum.

Armin Rohrer                                    Wir begleiten Sie ein Leben lang
Orthopädietechniker
                                                als innovativer Partner für orthopädische
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Orthotec AG | Guido A. Zäch Strasse 1 | CH-6207 Nottwil | T +41 41 939 56 06 | info@orthotec.ch | www.orthotec.ch
Ein Unternehmen der Schweizer Paraplegiker-Stiftung
älteren Menschen wächst der Kopf dann           Interview
nicht mehr so stark an, jedoch wird der         Leben mit einem spät
Druck immer höher im Kopf und richtet           ­entdeckten Hydrocephalus
dann auch Schäden an.
                                                Mitglied S. aus B. möchte nur anonym über ihre
                                                persönliche Geschichte sprechen. Sie lebt seit dem
Welches sind Symptome bei einer                 24. Lebensjahr mit einem Shunt.
­Dysfunktion des Shunts?
                                                Interview: Markus Bertschinger
 Symptome bei einer Dysfunktion des
 Shunts können Kopfschmerzen, Erbrechen,        Was sind deine Hobbys, wie alt bist du?
 Sehstörungen, Schläfrigkeit und ganz im        Ich bin 40 Jahre alt und mit 35 Jahren Mutter
 extremen Fall Bewusstlosigkeit sein.           geworden. Mein grosses Hobby ist das Motorrad-
                                                fahren. Mit meinem Mann die Welt entdecken ist
                                                für mich Freiheit erleben. Sich auf das Motorrad
Wie viele Shunt-Varianten gibt es?              setzen und alles mal hinter sich lassen.
Es gibt grundsätzlich zwei Vorgehenswei-
sen. Bei der ersten legt man einen sogenann­    Du hast einen Shunt (Wasserkopf). Wie geht es
ten Shunt in den Kopf, ein Drainagekatheter     dir momentan damit und wie lebst du damit?
                                                Äusserlich sieht man mir nichts an. Meine Bega-
leitet das gestaute Hirnwasser (Liquor) über
                                                bung sind Sprachen. Ich habe eine kaufmännische
ein Ventil z.B. in den Bauchraum ab. Bei der    Ausbildung absolviert. Aber das vernetzte Denken
zweiten Vorgehensweise macht man beim           ist bei mir etwas problematisch. Das hat mich auch
dritten Ventrikel eine kleine Öffnung, damit    im KV beeinträchtigt. Arbeiten mit Menschen ent-
da die Flüssigkeit abfliessen kann. Dies wäre   spricht viel mehr meiner Stärke. Es geht mir soweit
                                                gut. Im September bin ich aber in Kontrolle ge-
sogleich auch die bisher einzige Möglich-
                                                wesen. Die Ventrikel sind wieder geweitet. Ob eine
keit, mit einem Wasserkopf ohne Shunt           Operation nötig werden wird, steht noch offen.
leben zu können. Sie ist aber leider nicht
so Erfolg versprechend wie die Vorgehens-       Was ist deine Diagnose?
weise mit dem Shunt. Folgende Firmen sind       Hydrocephalus mit Aquäduktstenose. Es ist eine
                                                Verengung zwischen drittem und viertem Ven-
Hersteller von Shunt-Systemen: Codman,          trikel. Die Hirnflüssigkeit floss immer ab, aber
Sophysa, Miethke, Medtronic.                    nicht richtig. Ich habe keine Gehbehinderung und
                                                keinen Rollstuhl.
Gibt es technische Fortschritte bei den
                                                In welchem Alter ist der Wasserkopf entdeckt
Shunts?
                                                worden und wie?
Fortschritte bei den Shunt-Techniken sind       Es war eine Zufallsdiagnose bei einem Skiunfall.
insofern vorhanden, als dass man mehr Er-       Ich war bewusstlos wegen einer Gehirnerschütte-
kenntnisse über die Dynamik, Entstehung         rung. Beim CT im Spital wurde der Hydrocephalus
und Aufnahme von Hirnflüssigkeit hat. Man       erkannt. Das war 2003. Die Diagnose habe ich also
                                                mit 24 erhalten.
versteht hier die Zusammenhänge schon
besser, alle Fragen sind aber noch nicht be-    Hast du wegen dem Hydrocephalus Einschrän-
antwortet. Leider ist es noch nicht gelungen,   kungen im Alltag und wenn ja, welche?
«intelligente» Shunt-Systeme, z.B. analog       Ich habe manchmal Mühe, Strukturen einzuhalten.
einem Herzschrittmacher, zu entwickeln.         Doch mit der Tochter, da muss ich strukturiert sein.
Die Ventile wurden zwar in den letzten          Macht dir der Shunt viele Probleme oder
Jahren verbessert, sind aber in der Funk-       lebst du gut damit?
tionsweise noch ähnlich wie vor 15 Jahren.      Ich lebe gut damit und habe keine Probleme.

                                                                                                31
SBH-Welt
           Rund um die Welt,
           rund um die Gemeinschaft

Im Rollstuhl, in Orthesen oder auf zwei       bei blendendem Spätsommerwetter. Das
Beinen: Die Welt dreht sich für alle Men-     Programm war nicht allzu dicht gepackt,
schen gleich. Am traditionellen SBH Schweiz   genügend Freiräume waren vorgesehen.
Weekend war manches neu, das Wichtigste       Im Saal richteten die Aussteller der Sponso-
jedoch gleich.                                ren ihre Stände ein, eine kleine Fachmesse,
                                              die Gelegenheit bot, die neuesten Produk-
Text: Bruno Habegger                          te zu prüfen und mit den kompetenten
                                              Vertreterinnen und Vertretern der Firmen
Statt nach Sursee ging’s am ersten Sep-       am Stand sich auszutauschen. Die «Reise-
temberwochenende nach Nottwil, doch           leiter» vom Organisationskomitee sorgten
eigentlich «Rund um die Welt», so das Mot-    für einen reibungslosen Ablauf. Kinder und
to des SBH Weekends für Familien, das alle    ihre Eltern bemalten Puzzleteile, die am
zwei Jahre stattfindet. Über 100 Menschen     Sonntag zu einem grossen, bunten Farbrad
wurden erwartet. Gegen 11 Uhr trudelte        zusammengesetzt werden sollten.
Familie um Familie im Hotel Sempachersee
auf dem Gelände des Paraplegikerzentrums      Spielparcours
Nottwil ein, herzliche Begrüssungen hier,     Am Nachmittag unternahmen die Familien
Umarmungen von Rollstuhl zu Rollstuhl         ihre Weltreise von Posten zu Posten, auf Rä-
dort. Am Empfang nahm jeder und jede          dern, zu Fuss oder an den Händen geführt,
seinen Reisepass entgegen, der später am      mit einem fröhlichen Herzen und belohnt
Nachmittag an verschiedenen Spiel- und        von der wärmenden Sonne. Das Team des
Spassposten – den Reiseländern – zu stem-     SPV Nottwil hatte sich interessante Spiele
peln war, von den gestrengen Zöllnerinnen     ausgedacht für die ganzen Familien, um für
und Zöllnern des Organisationskomitees.       kurze Momente die Sorgen des Alltags zu
Ein Scherz. Streng war hier in Nottwil gar    vergessen. Lachen war die Landeswährung,
nichts, nur Entspannung und Gelöstheit pur    Freude das Bruttosozialprodukt der besuch-

32
Ausstellern, die sich wieder in Erinnerung
                                               bringen konnten und wertvolle Gespräche
                                               führen durften, so das übereinstimmende
                                               Fazit. Die Kinder tobten sich bei ihrem Spiel-
                                               abend aus, ehe sie nach und nach in ihre
                                               Betten geschickt wurden, während sich die
                                               Erwachsenen an der Hotelbar in die Nacht
                                               schickten.

                                               Der zweite Reisetag
                                               Der Sonntagmorgen gehörte wie üblich
                                               den Workshops und dazu noch – in Nottwil
                                               fast ein Muss – Polysport für Selbstbetroffe-
                                               ne ab 13 Jahren und ihre Geschwister oder
                                               Eltern in der Turnhalle. Die Erwachsenen
                                               besuchten jedoch mehrheitlich einen Vor-
                                               trag zum Thema «Darmmanagement» der
                                               Pflegefachfrau Carolin Klein vom SPZ. Ihr
                                               Fazit am Ende des Vortrags: «Es sind viele
                                               kleine ineinander greifende Einzelaktivitä-
ten «Länder». Ob beim Turmbau mit Klötz-       ten, die zum Erfolg führen». Die Kinder
chen, beim Ringewerfen, beim Wettfahren        widmeten sich der Flaggenmalerei oder
im Rollstuhl, beim Blasrohr-Schiessen oder     bastelten dekorative Wimpel. Der Work-
beim Kleiderrennen und anderen Spielen:        shop «Singen» trat beim Mittagessen akus-
der Spass war allen Teilnehmenden anzu-        tisch und wohltönend in Erscheinung, die
sehen.                                         Flaggen erfreuten das Auge und die Deko-
Der Tag klang aus mit Gesprächen, Apéro        rationen schmückten die Tische. Um 14 Uhr
und Nachtessen im Restaurant, anschlies-       riefen dann die Reiseleitung zum obligaten
send einem Spielabend nur für die Kids.        Schlussfoto, die Touristen der Spina-bifi-
Dazu hatte die Reiseleitung zahlreiche Spie-   da-Gemeinschaften zerstreuten sich nach
le in den Saal gebracht, wo zuvor die Fach-    und nach in alle Winde.
messe stattgefunden hatte, mit zufriedenen     Weitere Bilder: https://spina-hydro.ch/bilder/

                                                                                         33
SBH Weekend:                                                                     wurden im Lau-
                                                                                 fe des Abends
Herzlichen Dank!
                                                                                 vorgestellt und
Das SBH Weekend in Nottwil ist Geschichte
                                                                                 vor allem all die
(siehe Seite 32 in diesem Heft). Wir danken
                                                                                 erstaunlichen
allen grosszügigen Sponsoren:
                                                                                 Fortschritte
•   all4care ag, Puidoux
•   Coloplast AG, Rotkreuz                          während ihrer Rehabilitationszeit aufge-
•   Gelbart AG Luzern/Orthoteam-Gruppe              zeigt. Bereits seit dem Frühjahr 2019 ist
•   Liberty Medical Switzerland AG –                der Wunschkalender 2020 am Entstehen.
    Hollister, Dietikon                             Kinder, die im Rehabilitationszentrum Affol-
•   Obwaldner Kantonalbank, Sarnen
                                                    tern hospitalisiert waren oder sind, wurden
•   Ortho Medica AG, Kriens
•   Orthotec AG, Nottwil                            angefragt, ob sie auf einem Kalenderblatt
•   Parahelp AG, Nottwil                            gemeinsam mit ihrem Idol posieren wol-
•   Publicare AG, Oberrohrdorf                      len. Dieser Kalender kann bei der Druckerei
•   Schweizerische Stiftung für das cerebral        Appenzeller Volksfreunde bestellt werden.
    gelähmte Kind, Bern
                                                    https://shop.dav.ch/kalender/100/
•   Schweizerische Paraplegiker-Stiftung, Nottwil
•   Stiftung Carl und Elise Elsener-Gut, Ibach/SZ   wunschkalender-2020
•   Stiftung Folsäure Schweiz, Zug
•   Stiftung Kinderhilfe Sternschnuppe, Z ­ ürich   Geselligkeit und Tierwelt
                                                    Sechs Selbstbetroffene trafen sich zum dies-
PluSport-Stützpunkt­                                jährigen Jugendanlass der Zentralschweizer
training in der Ostschweiz                          Sektion. Unter einer sachkundigen Führung
Wer hat Zeit und Freude, mit Gleichgesinn-          konnten wir einen Tag lang die artenvielfäl-
ten im eigenen Monoskibob oder als Alpin-­          tige Tierwelt des Zürcher Zoos bestaunen
Skifahrer/-in unter der Leitung von Philipp         und geniessen. Das Mittagessen nahmen
Zinniker an ca. elf Skitagen in Wildhaus im         wir bei gemütlichem Zusammensein in der
Toggenburg sein Fahrkönnen zu zeigen                Pizzeria «dieci» ein. Nach einem eindrück-
und zu verbessern? Bei guter Fahrleistung           lichen Nachmittag mit schönem Wetter gab
geht es an zwei Wochenenden sogar an die            es zur Stärkung eine feine Glace. Danach
Wettkämpfe Swiss disabled Cups (SDC) und            ging jeder wieder seinen eigenen Weg nach
die Schweizer Meisterschaften (SM). Die             Hause. Ich bedanke mich fürs Kommen und
Anmeldung sollte bis spätestens Mitte De-           freue mich schon aufs nächste Jahr.
zember 2019 via PluSport erfolgen.
Mehr Infos beim Stützpunktleiter:
Philipp Zinniker; zinnp@gmx.ch oder
PluSport Behindertensport, Volketswil
044 908 45 00 oder roethlisberg@plusport.ch

Kinderbenefizgala und
­Kalender 2020
Die Kinderbenefizgala des Rehabilitations-
zentrums Affoltern stand unter dem Motto
«Kinder helfen Kindern». Einzelne Kinder

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