Lebens.Welt - MAX TRAUT SICH WAS - Lebenshilfe Tirol
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19-2 Lebens.Welt Zeitschrift der Lebenshilfe Tirol LEBENS.WELT JULI 2019 ÖSTERREICHISCHE POST AG SPONSORING POST GZ 02Z031792 S MAX TRAUT SICH WAS SEITE 4
nd Mühlanger Die Lebenshilfe und Rola to: Fo Florian Bischofer unterstützt als Zivildie- ner Klientinnen und Klienten beim Arbeiten, erledigt Fahrdienste oder be- gleitet sie mit der Ziehharmonika, wenn sie musizieren. Der erfolgreiche Torschüt- zenkönig schätzt in der Lebenshilfe den feinen Umgang und meint: „Du wirst hier viel erwachsener!“ Florian Bischofer, Lebenshilfe Bahnhof-Uderns Trommel-Weltrekordversuch Die Lebenshilfe Oberösterreich versucht, den 20 Euro Taschengeld im Monat Melanie Besler sitzt im Rollstuhl und arbeitet fünf Tage aktuellen Weltrekord der größten Trommel- die Woche in einer Kantine, gibt Essen aus, spült ab und Unterrichtseinheit zu brechen. Bei dieser in- schneidet Gemüse mit der Maschine. Die Gesamtspre- cherin für Arbeit der Lebenshilfe meint: „Für das, was klusiven Veranstaltung kann jeder mitmachen. ich leiste, sind 20 Euro zu wenig. Von dem Geld kann Es sind keine Vorkenntnisse erforderlich. ich mir nicht mal das Ticket leisten, wenn ich zu meinem Freund fahren will, ohne um die Hilfe meiner Mutter zu Infos und Kontakt: www.ooe.lebenshilfe.org bitten“, so Besler. „Ich will nicht wie ein kleines Kind dastehen. Ich bin eine erwachsene Frau“. Darum setzt oder Tel. 07672/27550-10116 sich die Lebenshilfe für ein Gehalt statt Taschengeld ein. #gehaltstatttaschengeld 2 LEBENS.WELT 02.19
Jugend für Gleichberechtigung Der Tiroler „Monitoring-Ausschuss“ zahl des monats überwacht die Rechte von Menschen 287 Familien mit Behinderung. Laura Moser ist Lehrling in der Lebens- hilfe. Sie macht sich im Jugendbeirat für die Anliegen junger Menschen stark Immer mehr Familien nutzen die und zeigt auf, wo sie Barrieren erlebt. Freizeitassistenz und Familienentlastung (60% mehr als 2015). Die flexible Begleitung ermöglicht Kindern und Eltern, das zu tun, was ihnen guttut. Die Kinder erkunden die Gegend, kommen mit Gleichaltrigen in Kontakt und machen neue Erfahrungen. Minion Eine Sprecherin setzt sich ein DE PEFC zertifiziert Dieses Produkt stammt aus nachhaltig Roswitha Rief aus Reutte ist Lebenshil- bewirtschafteten Wäldern und kontrollierten Quellen www.pefc.at fe-Gesamtsprecherin fürs Wohnen. Bei PEFC zertifiziert PEFC zertifiziert PEFC zertifiziert Dieses Produkt Dieses Produkt Dieses Produkt PEFC zertifiziert ihren regelmäßigen Austausch-Treffen stammt aus stammt aus stammt aus nachhaltig bewirtschafteten nachhaltig bewirtschafteten nachhaltig bewirtschafteten in der Landesgeschäftsstelle bemerkt Dieses Produkt stammt Wäldern und Wäldern und Wäldern und aus nachhaltig kontrollierten kontrollierten kontrollierten bewirtschafteten sie, Wälderndass hier ein wichtiges Gerät fehlt. Damals & heute Quellen Quellen Quellen und kontrollierten Quellen www.pefc.at www.pefc.at www.pefc.at www.pefc.at Also veranlasst sie für sich und andere PEFC zertifiziert 1970 übersiedelte die Lebenshilfe Innsbruck an ihren ers- Sprecherinnen und Dieses Produkt stammt aus nachhaltig ten eigenen Standort. Bis zu 80 Menschen wohnten und bewirtschafteten Sprecher Wäldern die An- und kontrollierten Quellen arbeiteten in Pradl miteinander. www.pefc.at schaffung eines He- 50 Jahre danach leben und arbeiten Menschen mit Behin- belifters „und zwar derungen in kleineren gemeindenahen Einrichtungen und einen, der so trägt, bringen sich stärker in Betrieben Myriad ihrer Nachbarschaft ein. dass man sich auch ausziehen kann!“ PEFC zertifiziert Dieses Produkt stammt aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern und kontrollierten Quellen www.pefc.at PEFC zertifiziert PEFC zertifiziert PEFC zertifiziert Dieses Produkt Dieses Produkt Dieses Produkt stammt aus stammt aus stammt aus PEFCzertifiziert PEFC zertifiziert nachhaltig nachhaltiggedruckt nachnachhaltig der Richtlinie Dieses DiesesProdukt stammt Produkt stammt bewirtschafteten „Druckerzeugnisse“ bewirtschafteten des öster- bewirtschafteten aus ausnachhaltig nachhaltig Wäldern und Wäldern und Wäldern und reichischen Umweltzeichens, kontrollierten kontrollierten kontrollierten bewirtschafteten Wäldern bewirtschafteten Wäldern Gutenberg-Werbering GmbH, Quellen Quellen Quellen undkontrollierten und kontrollierten Quellen Quellen UW-Nr. 844 www.pefc.at www.pefc.at www.pefc.at www.pefc.at www.pefc.at PEFC zertifiziert Lebenshilfe Tirol gem. GmbH // Ing.-Etzel-Straße 11, 6020 Innsbruck // T 050-434-0 // W lebenshilfe.tirol // M office@lebenshilfe.tirol // Redaktion Ulli Pizzignacco- Dieses Produkt stammt Widerhofer, Manfred Lechner, Peter Schafferer // Grafik Andreas Focke // Fotos Lebenshilfe Tirol, soweit nicht anders gekennzeichnet // Druck Gutenberg-Werbering aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern und kontrollierten Quellen www.pefc.at 3
Max will das Leben Der achtjährige Max ist von klein auf ein großes Bewe- gungstalent. Um seine sportlichen Vorlieben verwirklichen zu können und seine Mutter zu entlasten, begleiten ihn Freizeitassistenten auf seinen Abenteuern. Wenn Alexander Ebner Max mittags von der nen Salto schlagen oder sich kopfüber vom Schule abholt, erwartet der Volksschüler sei- Sprungturm fallen lassen, schaut er faszi- nen Freizeitassistenten schon ungeduldig. niert zu. Mutig hängt er sich dran, läuft den „Geh‘n ma heut‘ wieder ins Schwimmbad?“, Älteren hinterher und versucht, es ihnen ruft der Kleine dem Großen zu und rennt nachzumachen. schon zum Auto. Nach einem Tag auf der Das ist auch der Grund, warum Max zu Schulbank ist Max aufgedreht wie eine Spiel- seinem Freizeitassistenten aufschaut und uhr. Im Freibad läuft er zur Rutsche. Er kün- gut mit ihm auskommt. „Max is a sportli- digt laut ein Kunststück an, dreht sich beim cher und feiner Bua“, erklärt der Assistent, Rutschen mehrfach um die eigene Achse der ihn zum Klettern, Radfahren und Sprin- oder nutzt die Welle, um kurz durch die Luft gen begleitet. zu segeln. „Die Freizeitassistenz ist für mich eine Als der Bademeister den Sprungturm riesige Entlastung“, schätzt die allein öffnet, ist Max bei den Ersten, die hinauf- erziehende Mutter die Unterstützung. Sie klettern. Der Achtjährige liebt es, sich mit Äl- kennt den Bewegungsdrang ihres Buben teren zu messen und scheut sich nicht, als und ist froh, dass er auf dem Weg männli- Jüngster vom Zehnmeterturm zu springen. che B ezugspersonen hat, die er braucht und „Schaut‘s her, ich spring“, ruft er den Bade- die er respektiert. Oft genug hat sie erlebt, gästen zu, bevor er seinen Mut zusammen- dass Max mit Lehrkräften zusammenkrachte. nimmt und sich in die Tiefe stürzt. Dass er in der Schule nicht ins engmaschige „Max sucht Publikum“, sagt sein Freizeit- Schema passte. Dass er seinem Ärger frei- assistent. Es scheint, als wolle er allen be- en Lauf ließ und sich als Siebenjähriger mit weisen, dass er mithalten kann. Leuten anlegte, die mehr als einen Kopf größer waren. Die Assistenten sorgen dafür, dass Max Durchschnitt zu sein, ist seinen Bewegungsdrang und seine Abenteu- ihm zu wenig. erlust ausleben kann. Damit entlasten sie Die Anerkennung durch andere treibt das seine Mutter, die viele Herausforderungen kleine Bewegungstalent an. Wann immer meistern muss. „Max muss sich austoben,“ Burschen waghalsige Abenteuer bestehen, sagt die Mutter. „Wenn er nach der Freizeit- fühlt Max sich angezogen. Wenn Burschen assistenz im Auto einschläft, weiß ich, dass Motorrad fahren, klettern, mit dem Rad ei- es ihm gut geht!“ 4 LEBENS.WELT 02.19
spüren Der talentierte Max eifert seinen Idolen nach, wie beim „Crankworx“- Mountainbike-Bewerb in Mutters. 5
„Max hat sich gut Älter und selbständiger entwickelt“ „Früher schrie Max, wenn ich nur kurz mit Mit den Jahren hat sich vieles beruhigt. Max dem Müll vor die Tür ging. Heute fährt er al- kennt seine Stärken, hat regelmäßig Aus- leine zum Skater Park und trifft dort seine lauf mit den „Kumpels“ der Freizeitbeglei- Kollegen“, berichtet die Mutter. Und Max ver- tung und bringt sich heute auch selber neue Wir begleiten Max steht es, auch ohne Worte mit den „coolen Sportarten bei: Bestärkt durch eine Freundin und zeigen ihm, großen Jungs“ in Kontakt zu kommen. Mutig der Familie nahm er sogar an einem Moun- stellt er sich dazu, ahmt sie nach und lernt tainbike-Festival teil, wo er sein Rad-Idol aus wie er seine Ener- rasch, es ihnen gleichzutun. „So lange die der Nähe bewundern konnte. Zuvor studier- gie, aber auch sei- Jungs keine Dummheiten machen, passt das te er die Videoaufnahmen großer Rad-Akro- auch“, meint sein Freizeitassistent. baten und trainierte die Kunststücke im Ska- nen Frust in Bah- Die Mutter jedenfalls ist froh, dass er ter Park. nen lenkt. Wenn sich beim Sporteln und Spielen jetzt besser „Max ist sehr clever – ein hochintelli- in der Hand hat. Dass er jetzt auch aushält, genter Stratege“, bestätigt der Freizeitas- er aus Wut gegen im Spiel einmal zu verlieren. Sie sieht seinen sistent. Er weiß, dass Lernen, Lesen und ein Auto kickt, großen Wissensdurst, den er auch ohne Le- Rechnen für den Volksschüler große Her- sen stillt: Mit Dokumentationen vom Welt- ausforderungen sind. Aber er kennt auch beeindrucken ihn raum oder Montageanleitungen auf Videos. das Geschick, mit dem Max mit Steinen, Äs- Belehrungen oder „Max saugt alles auf wie ein Schwamm. Er ten oder dem Akkuschrauber hantiert. „Max ist neugierig und willig“, beschreibt die Mut- hat Ziele. Und wenn er sich was in den Kopf Vorwürfe über- ter. Sie weiß, wie schwer es ihm fällt, stun- setzt, ist er hochmotiviert, lernwillig und haupt nicht. Aber denlang in der Schule zu sitzen und Dinge zu auch bereit, Opfer zu bringen.“ üben, die ihm nicht gelingen. Und sie freut Dass Max große Fortschritte gemacht wenn ich ihm ver- sich, dass er heuer in eine Schule wechselt, hat, führt seine Mutter auch auf eine inten- mittle, dass sowas in der Max sein kann, wie er ist. Am Schnup- sive Frühförderung zurück. Nach Komplika- pertag war Max dort schon Schneeschuh- tionen bei der Geburt war der Junge lange unsportlich, uncool wandern. Und es gefiel ihm. sehr auf die Mutter fixiert und begann erst und teuer ist, ka- „Max wird seinen Weg gehen“, ist die mit vier Jahren zu sprechen. „Heute lässt er Mutter überzeugt. Bei der Berufsorientie- auch andere Menschen an sich ran und hat piert er das recht rung faszinierten ihn vor allem handwerkli- gelernt, anderen in die Augen zu schauen.“ gut. che Berufe wie Maurer und Maler. „Das kennt Als seine Klasse letzten Sommer drei Tage er von seinem ältesten, erwachsenen Bru- auf einer Alm campierte, zögerte er anfäng- Freizeitassistent der. Und Max mag das. Er ist ein Buggler!“ lich. Schließlich gefiel es ihm aber doch, so- Alexander Ebner dass er sich heuer alleine auf eine Sportwo- che wagt. Freizeitassistenz & Familienentlastung ermöglicht Kindern und Jugendlichen mit Entwicklungsverzögerungen, Akti- vitäten nachzugehen, die ihren Interes- sen und Bedürfnissen entsprechen. Dabei erkunden die Heranwachsenden ihre Umgebung, kommen mit anderen in Kontakt und machen neue Erfahrun- gen. Die flexible Assistenz und Ferien- begleitung entlasten Eltern, Geschwis- ter und pflegende Angehörige. www.frühfördern.at oder Tel. 050-434-0123 Max sucht die Herausforderung. Sein Begleiter gibt ihm Sicherheit. 6 LEBENS.WELT 02.19
Familien-Nachmittage Familiennachmittage im ganzen Land ersten Schritten. Neugeborene werden bestaunt und Men- bieten Eltern und Kindern Gelegenheit schen einander vorgestellt: „Das ist Birgit, unsere Frühför- zum Erfahrungsaustausch und mehr. derin – wir lieben sie über alles“, schwärmt eine Mutter. Und schon berichten die Eltern von ihren Kindern, Geschwistern, Im Garten des Eltern-Kind-Zentrums von Innsbruck tummeln Frühförderung und vielem mehr. sich heute Eltern, Großeltern, Kinder der Frühförderung und andere. Während die Eltern sich beim Kuchenbuffet treffen, Inklusion erkunden die ersten Kinder schon den Garten. Unter die eingeladenen Familien gesellen sich auch ande- re Besucherinnen und Besucher. Auch sie holen sich einen Die Welt entdecken Kaffee und stellen sich bei der Schminkstation an. Jeder be- Neugierig inspizieren die Kleinen die wegt sich ungezwungen und genießt Spielstationen oder probieren Bobby- „Hier sehe ich, dass auch die einladende Gesellschaft. Cars aus. Lucia ist heuer so mutig und andere junge Mütter Kinder traut sich alleine zur Schminkstation. mit Behinderungen haben Kontakt zu anderen Max, der früher Schwierigkeiten mit der Motorik hatte, bastelt heuer erst- und dass ich nicht die Einzige „Kinder und Eltern können hier ande- mals alleine eine Perlenblume. In der re Familien kennen lernen, sich aus- Sandkiste graben Kinder mit und ohne in dieser Lage bin.“ tauschen und manche schließen hier Behinderungen gemeinsam Tunnel Eine Mutter auch Freundschaften“, erklärt Christi- und Brücken. Während die Frühförde- na Niederkofler-Hilbe. Sie veranstaltet rinnen der Lebenshilfe den Eltern eine – wie alle Bezirke – jährlich den Fami- Stärkung anbieten, sprechen sie über die Kinder und, wie liennachmittag für die Region. Und sie weiß aus Erfahrung, gut sie sich seit dem letzten Jahr entwickelt haben. wie hilfreich Gespräche unter Eltern in ähnlichen Lebensla- gen sind. Zeit zum Reden Im Schatten der Laubbäume kommen zwei Mütter von Ba- Mehr zu den Angeboten in Ihrer Nähe: bys mit Down-Syndrom ins Gespräch. Ein Vater begleitet die www.frühfördern.at oder Tel. 050-434-0123 Tochter, die mit zwei Jahren gehen lernt, liebevoll auf ihren 7
Am Podest stehen ist schon das beste Gefühl Bevor Michi Matt – der jüngste der „Matt-Brüder“ – seine ersten Erfolge feierte, lag ein langer und beschwerlicher Weg vor ihm. „Ehrgeiz und Zielstrebigkeit lie- gen mir im Blut“, erklärt der 26-jährige Slalom-Rennläufer, der beide Seiten der Medaille kennt. Die letzten zwei Saisonen sind für dich recht gut gelaufen? so seinen Lauf genommen mit dem Rennenfahren. Ja, im letzten Jahr war ich bis Dezember sehr zufrieden. Im LH: Wann hast du mit dem Skifahren begonnen? Jänner sind ein paar Faktoren zusammengetroffen, die mich Angefangen habe ich wahrscheinlich mit zweieinhalb Jahren zurückgeworfen haben. Da bin ich nicht ganz so zufrieden, – aus Spaß – und mit dem Rennen Fahren habe ich mit zehn wenn ich dran denke, was ich kann. Jahren begonnen. Du sagst selber: „Der Erfolg hat viele Väter“ Warst du auch am Skigymnasium? Ohne einem super Team, einer Gemeinschaft, in der alle sau- Ja, in Stams. Als 14-Jähriger muss man sich entscheiden, was ber arbeiten sind solcher Erfolge nicht möglich. Da muss man macht. In dem Alter verdient man nichts. Da ist es die schon alles passen und jeder seine Aufgabe mit Perfektio- einzige Möglichkeit, eine Ski-Sport-Karriere zu starten. nismus erledigen. Norbert Rietzler (NR): Wie viele Rennen hast du gewonnen? Lieselotte Heiß (LH): Wie bist du zum Skifahren gekommen? Weltcup-Rennen habe ich erst eines gewonnen: 2017 in Kran- Da, wo wir wohnen, liegt es auf der Hand, dass man im Win- jska Gora in Slowenien. Ein Jahr drauf die Olympische Bronze- ter Skifahren geht. Vor allem, weil wir einen Dorf-Lift haben, medaille in Pyeongchang und im Vorjahr die zwei Silberme- auf dem man sich als Kind schon bewegt hat. Dann hat das daillen bei der Weltmeisterschaft in Åre. Ansonsten andere 8 LEBENS.WELT 02.19
Rennen auf anderem Niveau natürlich schon schon das beste Gefühl. Da weiß man, dass sich mehrere. die harte Arbeit im Sommer ausgezahlt hat. So NR: Was machst du im Sommer, wenn du nicht wie es im letzten Jahr war, stand ich oft neben Skifahren kannst? dem Stockerl oder kam nicht einmal ins Ziel. Am Ende der Saison im April ist mal Pause, da Aber so ist es im Sport. Manchmal gewinnt man, wird nichts gemacht. Anfang Mai geht es dann manchmal verliert man. schon wieder los mit Konditions- und Krafttrai- NR: Eine Frage habe ich noch: Wie viele Me- ning. Radfahren, Laufen, Berggehen. Drei Mona- daillen hast du insgesamt? In Gold, Silber und te, damit man konditionell fit wird. Und ab Au- Bronze? gust geht’s wieder los mit dem Skifahren. Da In Gold gar keine; zwei silberne und zwei bron- trainieren wir am Stilfserjoch und in der Schweiz Im Leistungs- zene Medaillen. in Saas-Fee. sport oder im Im Spitzensport ist der Platz oben immer eng. NR: Wie oft in der Woche trainierst du? Was motiviert dich? Im Sommer von Mai bis August sind es 10 Ein- normalen Leben Mit dem Erfolg motiviert man sich generell heiten in der Woche. Vormittag und Nachmit- gibt es kleine leichter. Trotzdem gilt immer: hart arbeiten, wei- tag circa zwei Stunden. Ich habe einen Coach terkämpfen und an seine Ziele glauben. fürs Krafttraining in Telfs und in Landeck mache und große Er- Auch Menschen mit Behinderungen leisten viel ich Rumpftraining. Das Meiste mache ich aber folge – und von und müssen sich immer wieder motivieren. daheim. Ja klar, auf jeden Fall. Auch so ein Alltag ist im- LH: Was machst du in deiner Freizeit? denen muss mer eine Herausforderung. Neben dem Trainieren muss man natürlich man zehren. Was können wir von dir lernen, beim Umgang auch Pausen machen. Da reite ich oder ich fah- mit Rückschlägen? re abends auf eine Alm und verbringe dort den Wenn es nicht so läuft, kann man sich wohin zu- Abend. rückziehen, um ein paar Tage seine Ruhe zu ha- NR: Hast du noch andere Hobbys? ben, so wie ich es mache. Die Familie ist da ein Ja (lacht), vieles ist mit dem Sport verbunden, so wichtiger Rückhalt. Und egal ob im Leistungs- wie Radfahren oder Berggehen. sport oder im normalen Leben, es gibt kleine NR: Auch Reiten und Freunde besuchen? und große Erfolge – und von denen muss man Natürlich auch Reiten. Mein Bruder hat ein Ara- zehren. bergestüt. Da helfe ich im Stall mit und reite Die Familie? auch gelegentlich mit meiner Freun- Ja, vor allem im Jugendalter ist die din aus. Natürlich auch Freunde be- Unterstützung durch die Eltern wich- suchen und Moped fahren. IM GESPRÄCH tig. Unsere Eltern haben uns immer NR: Hast du Haustiere? Norbert Rietzler arbeitet gern kör- begleitet und vieles ermöglicht. Da Eine Katze. perlich bei Gartenarbeiten oder beim kann man alt werden, wie man will: NR: Gibt es auch Tage, an denen du Brennholzmachen. In der Freizeit geht Eltern bleiben immer eine wichtige nicht trainieren magst? er regelmäßig Nordic-Walken und Säule, die einem Rückhalt geben. Natürlich gibt es die. Manchmal geht langlaufen. Mit einem lokalen Fanclub Michi Matt: Seid ihr aus Landeck? es leichter, manchmal geht es schwe- verfolgt er die Rennen seiner Ski-Stars Lieselotte Heiß: Ich wohne mit mei- rer. Aber es nützt nichts. Das ist mein aus seinem Bezirk. nem Vater in Prutz und arbeite vor- Job und daher muss ich trainieren. Lieselotte Heiß arbeitet im Spar und mittags im Spar als Regaleinräume- Denn auch an Tagen, die nicht so in der Lebenshilfe Prutz. Beim SC- rin. Norbert Rietzler: Ich wohne in super sind, müssen wir gute Leis- Breitenwang trainiert sie regelmäßig Prutz und arbeite in Ried. tung bringen. Es schauen ja alle auf die Abfahrtsdisziplinen. Im Sommer LH: Welche Pläne hast du für deine uns und erwarten, dass wir das auch Schwimmen und Leichtathtletik. Zukunft? abrufen. Michael Matt lebt wie seine erfolg- Zuerst einmal möchte ich, so lange Du und deine Brüder, ihr wisst, wie es reichen Brüder Mario und Andreas in es geht, Skifahren. Solange ich das ist, am Stockerl zu stehen und knapp Flirsch. Seit 2015 ist der Slalomfahrer auf dem Level machen kann – hof- daneben. Wie geht es einem dabei? im Weltcup-Skizirkus erfolgreich. fentlich noch zehn Jahre. Und alles Am Podest zu stehen ist natürlich andere ergibt sich dann. 9
Aus der Region Berufliche Talente nutzen im „cafetalent“ Vomp „Ich wollte immer schon in ei- nem Kaffeehaus arbeiten“ erklärt Alexander Inwinkl, für den im neu- en „cafetalent“ ein Traum in Erfüllung geht. Zu sechst legen sie sich hier seit Mai ins Zeug, „damit sich jeder Gast bei uns als König fühlt.“ Das Gemeinschaftsprojekt von Lebenshilfe und Gemeinde im Senio- renheim wird vom ersten Tag an gut angenommen: Die nette Bedienung und die hausgemachten Kuchen lo- cken Bewohnerinnen und Bewohner vom Seniorenheim, Kindergarten-Müt- ter, Berufstätige oder Leute nach der Alexander Inwinkl bewirtet die ersten Gäste und „Geburtshelfer“ im „cafetalent“. Sonntagsmesse ins Café. „Wir schaffen hier gemeinsam mit der Gemeinde ei- Um wirklich alle zu bewirten, sind Tische. Das erleichtert auch den Ser- nen Ort der Begegnung und der Inklu- Getränke, Kuchen und Snacks auf der vicekräften die Arbeit und Teilhabe. sion“, erklärt Waltraud Haberl von der Speisekarte bebildert und mit Brail- Eine gute Vorbereitung aller Teilneh- Lebenshilfe Schwaz und der Bürger- le (Blindenschrift) ausgestattet. Ver- merinnen und Teilnehmer für einen meister gibt ihr Recht. schiedene Symbole kennzeichnen die Berufseinstieg im Gastgewerbe. Gern unter Leuten phabet oder vernichtet heikle Schrift- stücke und wird als gewissenhafte Landeck Von der Lebenshilfe ermu- Kraft geschätzt. tigt, trauen sich Männer und Frauen „Wir warten mittwochs immer schon auf heute auch neue Aufgaben und Arbei- sie und schätzen es, dass sie uns bei ten zu. Inge Türtscher beispielsweise vielen Arbeiten zur Hand geht – es gibt hilft jeden Mittwochvormittag im Se- ja immer genug zu tun“, erklärt Schuldi- kretariat des Gymnasiums mit. Dort rektor Otto Siegele. erfasst sie Unfallberichte, bereitet Für ihr Praktikum nutzt Inge Türtscher Werkmaterialien vor, sortiert für die den Stadtbus und meint: „Mir gefällt Inge Türtscher (re) nimmt Brigitte Juen Lehrkräfte Schülerlisten nach dem Al- das gut, weil ich so mehr Abwechslung und den Lehrkräften vom BRG Arbeit ab. 10 LEBENS.WELT 02.19
Dienst fürs Dorf Tun, was uns gefällt ler unsicher, ob er sich anschließen sollte. Nachdem er mit einem Schub Brixlegg Alle 14 Tage besucht alle Kegel umlegte, genoss er die Be- ein Team der Lebenshilfe äl- stätigung seiner Teamkollegen und ju- tere Dorfbewohnerinnen belte mit ihnen über den Sieg. Auch und Dorfbewohner, die Johann Ausweger, der beim Sprechen nicht in der Lage sind, zum und beim Gehen auf Begleitung an- Recyclinghof zu fahren. Die gewiesen ist, gab sein Bestes, um mit fünf Männer arbeiten öfter seinem Team zu gewinnen. im Recyclinghof. Sie wis- „Ich geh manchmal auch allei- sen genau, wie Plastik, ne kegeln und treffe dann privat ei- Altpapier, Karton oder Ebbs „Das war a super Tag!“, erklär- nen Assistenten“, erklärt Stefan Wall- Metalle getrennt wer- ten sechs Männer aus dem Bezirk nach ner. „Oder ich geh zum Bikertreffen den müssen, um wie- einem gemeinsamen Kegelnachmittag. und arbeite da auch manchmal mit. derverwertet zu werden. Die sechs leben alleine oder bei ihren Das macht Spaß, weil ich gern mit mei- Begleitet von einem Zivildiener Eltern und lieben es, mit Freunden et- nen Freunden aushelfen kann!“ Sei- fahren sie mit dem Bus zehn Haus- was zu unternehmen. Mit der Lebens- ne WhatsApp-Gruppe mit dem Namen halte an. Bei vielen liegen die Säcke hilfe-Freizeitbegleitung organisierten „Coole Freunde“ wächst jedenfalls seit schon vor dem Haus. Frau Larch hin- sie den Kegelausflug ins Freizeitzent- einem Jahr beständig. Hier tauschen gegen, die im zweiten Stock wohnt, er- rum von Ebbs. Schon auf der Hinfahrt sich die Männer aus, was sie unterneh- wartet sie stets. Sie betont, wie froh führten die Unterlandler „Schmäh“, men. „Das nächste Mal gehn ma Go- sie ist, dass die starken Männer so drehten das Radio auf und sangen Kart fahren, was sagt‘s?“, meint Stefan verlässlich bei ihr vorbeischauen, um dazu. Wallner beim Abschied und seine Kol- den Abfall hinunterzutragen. Anfangs war Michael Hechenbich- legen stimmen ihm unisono zu. Stadtverschönerung Staus vermeiden Aufeinander zugehen Kössen Seit zwei Jahren arbeitet Ste- fan Wallner neben seiner Beschäf- tigung in der Lebenshilfe auch als Parkplatz-Einweiser der Bergbahnen. Gemeinsam mit drei Kollegen lenkt er die Autokolonnen so, dass Staus aus- bleiben. Per Funk ist Stefan stets mit dem Betriebsleiter verbunden, der ihn Beim Rosenmarkt in Lienz präsentieren als „routinierten Kollegen im Team“ Gemeinsam kochen, einander verstehen. Klientinnen ihr Kunsthandwerk. bezeichnet. „Die Arbeit taugt ma“, er- klärt Stefan Wallner. Er merkt, dass Innsbruck In der Lebenshilfe Biener- Lienz Im Juni verwandelte sich die er hier gebraucht wird. „Als einmal ei- straße (TABEA) trafen sich im Mai Men- Fußgängerzone von Lienz in einen blü- ner im Schnee g‘steckt ist, haben wir schen aus allen Ländern, um gemein- henden Rosenmarkt. Mittendrin prä- ihm herausgeholfen und Trinkgeld sam Köstlichkeiten aus ihrer Heimat sentierten vier Frauen handgemach- bekommen!“ zuzubereiten und zu verkosten. te Tontöpfe, Vasen, Vogeltränken „Diese geringfügige Anstellung Dahia, einer der Köche, kannte die Vor- und Dekorartikel. „Jede Form und je- bietet ihm die Möglichkeit zu wachsen“, liebe einer Bewohnerin für Süßes und des Farbmuster zeigt die persönliche bestätigt Frank Eckschlager von der brachte ihr selbstgemachte Dattelkek- Handschrift eines Menschen“, erklärt Lebenshilfe. „Stefan zeigt, was mög- se mit. Am Ende waren sich alle einig: Assistent Robert Rojko, „das beein- lich ist, wenn wir ihnen was zutrauen „Das machen wir wieder!“ Deshalb sind druckte alle Passanten und die Kun- und Unternehmer und Nachbarn und schon weitere „Crosstalk“-Begegnun- dinnen!“ Lebenshilfe zamhelfen!“ gen geplant. 11
Ein Restaurant als Talente-Schmiede und einer erfahre- zu, nimmt die Bestellungen auf und © KitzSki_Werlberger nen Köchin werden gibt sie weiter. „Und Werner verräumt Menschen vorbe- nach dem Spülen alles genau an sei- reitet und ermutigt, nen Platz“, beobachtet die Küchenche- selbständig zu ar- fin. „Werner hat mir auch beim Backen beiten und Kunden gut zugeschaut und mit ein wenig Un- zu bedienen. „Die terstützung einen Apfelstrudel selber Leute erleben hier, eingerollt!“ dass sie gebraucht werden“, berich- tet die Küchenche- Sieben Tage die Woche verpflegt ein Team die Badegäste. fin. „Sie merken, dass ihnen die Ar- Kitzbühel „Seit Mai führt die Lebens- beit gelingt und werden auch daheim Wir verlangen von ihnen, hilfe das Restaurant der Bergbah- selbstsicherer“ nen. 12 Männer und Frauen mit und Zwei Monate später erledigen was in jedem Betrieb ver- ohne Behinderungen kochen, servie- die meisten ihre Aufgaben sehr selb- langt wird – nur so lernen ren und sorgen so für zufriedene Gäs- ständig – und sind stolz darauf: Eine te. Weil das dazugehörige Hallenbad stille Frau packt in der Früh den Put- sie und kommen weiter. täglich 12 Stunden geöffnet ist, arbei- zeimer und sorgt dafür, dass alle Ti- Küchenleitung Elke Fuschlberger ten auch Klientinnen und Klienten im sche ordentlich aussehen. Ein kom- Turnus. Begleitet von einer Pädagogin munikativer Mann geht auf die Gäste Frauen laden zum Tanz das ist die ganze Kunst“, erklärt Mela- Tanzen für alle nie Schweighofer, die auf Schlager und Landeck/Tarrenz Seit zwei Jahren Rockmusik steht. organisieren tanzbegeisterte Ober- „Alle haben a große Freud‘ – drum länderinnen Tanzabende für Gleich- machen wir das hier gern!“, beschreibt gesinnte. Gut 60 Gäste kommen regel- Tanzstadl-Chef Armin Doblander und mäßig in die „Driving Village“, wo sie seine Frau die Begeisterung und locke- günstig essen und miteinander zu be- re Atmosphäre des Abends. kannten Hits tanzen. „Anfangs musste ich sie mehr un- „Meine Assistentin macht die Ter- terstützen“, erinnert sich Andrea mine aus. Ich gestalte die Einladungen Schiestl von der Lebenshilfe. Heu- Die Leidenschaft für Musik verbindet und Nadine hängt sie in Landeck auf - te rühren die zwei Frauen eigenstän- Menschen mit und ohne Behinderung. dig die Werbetrommel für ihren Tanz- abend. „Je mehr Menschen etwas Innsbruck Rund 400 Tanzbegeister- selber ausprobieren, desto mehr trau- te besuchten heuer wieder den Früh- en sie sich auch zu“, beobachtet die lingsball des Lebenshilfe-Vereines. Ei- Freizeit-Assistentin. So wie ein junger nige Gäste waren dafür sogar aus Mann, der sich mittlerweile alleine auf Reutte angereist. Neben den „Ren- die Tanzfläche traut oder ein anderer, ner Brothers“ sorgten auch die „Völ- der jetzt in einen vollen Postbus ein- ser Plattler“ für tolle Stimmung. So steigt, obwohl er früher Menschenan- tanzten viele Menschen mit und ohne sammlungen gemieden hat. Behinderungen miteinander auf der „Tanzen, Freundinnen und Freunde Termin-Auskünfte bei: Tanzfläche und gaben sich der ge- treffen macht a Freud!“ melanieschweighofer@outlook.com meinsamen Leidenschaft Musik hin. 12 LEBENS.WELT 02.19
Bewusstseinsbildung Preisgekrönter Imster macht mit seinem Text Mut Sillian Im Mai besuchten 15 Mittel- schülerinnen und Mittelschüler den Arbeitsstandort in Sillian. „Wir haben uns vorgestellt und sie durchs Haus geführt“, berichtet Sprecher-Stellver- treterin Romana Bodner. Beim Rund- gang durch alle Arbeitsbereiche be- antwortete sie Schülerfragen zu den Arbeiten im Haus und der Wohnsi- tuation. „Ein Mädchen wollte wissen, was wir verdienen. Und ich hab ge- sagt, dass wir eine Arbeitsprämie von 45 Euro im Monat bekommen“, so Ro- mana Bodner. Ein interssierter Schüler kennt die Einrichtung von klein auf und will hier Imst/Wien Beim Literaturpreis „Oh- mit Schülerinnen fand er seinen Weg, seinen Zivildienst leisten. Als er be- renschmaus“ wurde ein Text aus Tirol sich und seine Gedanken auszurücken. merkte, dass viele im Sommer Außen- ausgezeichnet. Den Siegertext druck- Juror Felix Mitterer gratulierte dem arbeiten machen, fragte er nach und te die Firma MPREIS heuer im Juni auf Preisträger zu seinem Kurztext mit meinte: „Ich finde es gut, dass Men- 100.000 Blätter Feinkost-Papier. dem Titel „Löwen-Mut“. Und für April schen mit Behinderungen mehr unter Der Autor Mustafa Akmaz spricht im 2020 ist eine gemeinsame Lesung in die Leute kommen.“ Alltag wenig. Bei einem Schreibprojekt Innsbruck geplant. t .. . Au f g e s c h n ap p Fixe Anstellung im Heim die Bewohnerinnen und Bewohner ist er eine wichtige Ansprechperson – be- sonders, wenn die Pflegepersonen viel zu tun haben oder er mit ihnen musi- ziert“, erklärt Pflegedienstleiterin Isa- bella Haag. ...bei der Zuvor bereitete sich Hannes Fank- Mieterversammlung hauser mit einer eigenen Assisten- tin intensiv auf die Arbeit vor: Er übte Reutte Im Ort entsteht ein Wohn- neue Aufgaben, lernte Zeitvorgaben block, in dem Menschen mit und ohne einzuhalten und den Umgang mit der Behinderungen einziehen. Vor Baube- Belegschaft. „Wir zwei sind ein Top- ginn waren die künftigen Bewohner- Das Land Tirol fördert berufliche Team“, erklärt er mit Blick auf seine innen und Bewohner zu einer Infor- Eingliederung wie hier im Seniorenheim. Assistentin. Sie wird vom Land Tirol mationsveranstaltung eingeladen. Die finanziert. „Dieses und ähnliche Pro- Planungsfirma rechnete mit kritischen Fügen Hannes Fankhauser hat seit jekte haben bisher 60 Personen eine Fragen, weil neun von 24 Wohnungen heuer eine fixe Stelle im Seniorenheim. Anstellung gebracht. Die Zusammen- von Personen mit Behinderungen be- Als Haushaltskraft richtet er im Fran- arbeit mit der Lebenshilfe wird daher zogen werden. ziskusheim das Frühstück, serviert das ausgebaut“, erklärt Soziallandesrätin Nach der Präsentation der Pläne Mittagessen, macht die Tische sauber Gabriele Fischer. wollten die Leute noch wissen: Sind und verliefert die Wäsche. „Die Mitar- Hannes Fankhauser ist durch die die Balkone südseitig? Und wie ist das beiterinnen und Mitarbeiter schätzen neue Stelle voll motiviert. Er spürt, mit der Heizungsabrechnung? Und ihn sehr, weil er sehr genau und ver- dass er hier gebraucht wird und dass niemand äußerte Sorgen wegen der lässlich Aufgaben erledigt. Auch für man ihm etwas zutraut. Nachbarn… 13
„Ob es Maria gut geht, erkennt man an den Strickmaschen“, sagt die Assistentin. Ein gutes Beispiel für achtsame Beglei- tung im Alltag. Der Versuch zu verstehen Um Menschen mit Respekt zu begleiten, muss man gut zu- zu verstehen und sie halten Wünsche und Vorhaben schrift- hören. Damit das auch mit Menschen gelingt, die sich nur lich fest: Was brauche ich, damit ich alleine in die Stadt ge- schwer äußern, versucht es die Lebenshilfe mit „Begleitung hen kann? Was braucht es, damit ich mir mein Geld selber im Dialog“. einteilen kann? Helga M. lehnt es lange ab, ihren Teil der Hausarbeiten zu Achtsam bleiben machen und sich regelmäßig zu duschen. In mehreren Ge- Will man die Lebensqualität von Menschen verbessern, sind sprächen versucht der Bezugsassistent die Beweggrün- auch kleine Bedürfnisse wichtig. „Das scheint oft banal, de der Frau zu verstehen. Sie fordert mehr Eigenständigkeit macht aber im Alltag einen spürbaren Unterschied“, so ein und vermisst schmerzlich die Freiheiten ihrer alten Woh- Begleiter. Die regelmäßigen Gespräche mit Betroffenen ha- nung, die sie wegen Problemen mit Nachbarinnen verlassen ben das Ziel, kleine und große Wünsche zu erkennen, fest- musste. zuhalten und letztlich persönliche Entwicklungen zu ermög- Ein halbes Jahr später trauert die 40-Jährige immer lichen. „Nur wenn wir regelmäßig gemeinsam hinschauen, noch der eigenen Wohnung nach. Aber heute hört sie oft: können wir blinde Flecken entdecken“, erklärt Sabine Jäger „Wir gehen jetzt – und du machst, was du willst.“ In dieser (Qualitätssicherung). „Wir müssen bewusst aus der eigenen Zeit kocht sie jetzt für ihre Mitbewohner oder geht auch al- Betriebsamkeit im Alltag aussteigen, um Menschen und ihre leine duschen. Bedürfnisse wahrzunehmen.“ Alle haben etwas davon „Früher waren wir ratlos, wenn Helga aggressiv reagierte“, Begleitung im Alltag: erklärt ihr Assistent. „Im Dialog haben wir verstanden, wo- Auch kleine Äußerungen und Beobachtungen aufneh- rum es ihr geht. Mit Blick auf ihre Lebensgeschichte achten men und festhalten. wir jetzt im Team feinfühliger auf ihre Bedürfnisse.“ Jahresgespräch: Einmal im Jahr bespricht jede begleitete Person und „Begleitung im Dialog“ ihre Begleitung, was man besser machen könnte. Menschen, die viel Begleitung brauchen, brauchen auch Fachdialog: gute Zuhörer. Daher lernen Lebenshilfe-Assistentinnen und Alle drei Jahre überprüfen Mitarbeiter unter Leitung Assistenten in Ausbildungen, achtsam hinzuschauen und einer externen Fachkraft die Begleitung und vereinba- alle Sinne einzuschalten. Sie fragen die begleiteten Perso- ren Verbesserungen mit den Betroffenen. nen, wie es ihnen geht. Sie holen Unterstützung, um besser 14 LEBENS.WELT 02.19
Arbeit für alle: Dank schlauer Hilfsmittel arbeiten hier alle mit. 15.000 Samensäckchen sollen Insekten ernähren, damit „Tirol summt“. Einsatz für eine bunte Welt Um Wild-Bienen, Schmetterlingen und sef Hechenberger ist die Lebens- Hummeln ganzjährig Nahrung zu sichern, hilfe dabei ein wichtiger Partner verteilten Landwirtschaftskammer, Im- für „weitere gemeinsame Projekte“. kerbund und die Tiroler Gärtner heu- Auch Klient Philip Ernst „taugen“ die- er „Bienenweide-Sackerl“. Die Abfüllung se Arbeiten, weil er da bei etwas Gro- der Samen-Mischung in 10-Gramm- ßem mitmacht und mit Auftraggebern Säckchen erledigen Männer und Frau- in Kontakt kommt. en am Standort Arbeit Ötztal-Bahn- hof. Abfüllen, falten, zukleben und Entwicklung mit Informationen versehen: In „Jede neue Arbeit hilft, dass Leute sich nach kleine, überschaubare Schritten und nach immer mehr zutrauen und selb- unterteilt, kann jeder den Hand- ständiger werden“, beobachtet Markus Strigl griff übernehmen, den er sich eine hohe Arbeitszufriedenheit. „Alle hier wis- zutraut. Der Auftrag ist so interessant, sen, dass diese Arbeit wichtig ist und wir einen dass sich viele freiwillig zur Arbeit melden. Beitrag für eine größere Sache leisten! Hier können alle mitmachen Damit von 150 kg Saatgut kein Samen verloren geht und alle Lebenshilfe-Einsatz für Artenvielfalt: Säckchen genau gleich schwer sind, hat Markus Strigl eigene • Insektenhotels für Wildbienen Abfüllhilfen gebaut. Der erfahrene Lebenshilfe-Mitarbeiter • Nistkästen für Vögel und Fledermäuse weiß genau, welche Zählhilfen und Wiegevorrichtungen es • Aufzucht von alten seltenen Hühner- und Schwei- braucht, damit auch Personen ohne Zahlenverständnis dort nerassen mitarbeiten können, wo Präzision verlangt ist. • Wabenrahmen für Bienenzucht • Vermehrung und Erhalt alter Gemüse-Sorten Gemeinsam für ein buntes Land • Naturnahe Gartenbewirtschaftung mit Lebensraum Mit der Aktion „Tirol summt“ will die Landwirtschaftskam- für Nützlinge mer die Artenvielfalt in Tirol erhalten. Für Präsident Jo- 15
Mit Ihrer Hilfe Den Sommer genießen Rasten, ausschlafen, vielleicht verreisen, einfach mal raus aus dem Alltag. Ange- lika A. freut sich schon lange auf einen kurzen Urlaub in einer Therme. Im Ur- laub ist sie so froh, gelöst und meist frei von Krämpfen, dass sie vor Glück singt. MEINE URLAUBS-HILFE Ehrenamtliche, Eltern und Lebenshilfe-Mitarbeiterin- Begleitung kostet Geld nen engagieren sich auch heuer bei Ferienaktionen Die Rollstuhlfahrerin braucht wegen ihrer Anfälle zwei und ermöglichen damit Menschen mit Behinderun- ssistentinnen, um zu verreisen und ins Schwimmbecken zu A gen ein paar schöne Ferientage. kommen. Obwohl sie schon zwei Jahre auf den Urlaub spart, Helfen Sie mit, Freizeitbegleitung zu finanzieren, ist diese kleine Reise für sie schwer leistbar. damit Betroffene und Familien ein paar erholsame Stunden erleben. Benachteiligungen ausgleichen Der Lebenshilfe-Verein versucht, Angelika A. und anderen 20 EUR für eine Gondelfahrt am Hahnenkamm Ausflüge und kleine Reisen zu ermöglichen: Zuschüsse für oder die Zillertalbahn ohne Begleitung Freizeit-Assistenz für Kinder und Familien, Unterstützung für 50 EUR für eine Tankfüllung für Städtebesuche Ferienbegleitung. 500 EUR für eine Urlaubswoche im Ferienlager 120 EUR Aufpreis für Begleitung am Lager Gemeinsam helfen Mit Ihrem Beitrag ermöglichen Sie, zwei Eintrittskarten, zwei Spendenkonto Lebenshilfe Tirol, Hypo Tirol, Schnitzel oder zwei Fahrten mit der Bergbahn zu finanzieren. IBAN AT50 5700 0002 0007 4229 Helfen Sie, Menschen in der Ferienzeit zu begleiten. 16 LEBENS.WELT 02.19
Warum Menschen helfen Gemeinsame Leidenschaft Martha A. ist schon lange Mitglied der Lebens- hilfe. Die 70-Jährige genießt ihr Leben und ver- süßt sich und ihren Enkeln die Festtage mit ei- nem Kuchen aus der Konditorei. Im Kaffeehaus trifft sie Gäste, die von der Lebenshilfe beglei- tet werden. Als sie ihren 50. Hochzeitstag feiert, will sie auch andere an ihrem Glück teilhaben lassen: Sie hinterlegt 100 Euro in der Konditorei und stiftet den Betrag für Besucherinnen und Besu- cher mit Behinderungen. Kurz darauf spazieren vier Frauen und Männer ins Zentrum und las- sen es sich im Café „Chocolat“ richtig gut ge- hen. „I hab‘ mir an Bananenkuchen ausgesucht, weil i den so gern iss – der war echt gut!“, „Teilen macht selber glücklich!“ – eine Pensionistin aus Telfs schwärmt Renate Sailer noch Wochen später spendet für einen Besuch in einer guten Konditorei. von dem Ausflug und freut sich, dass von dem Geld noch was übrig ist. „Helfen gehört einfach dazu“ meint Frau A. und will selber nicht erwähnt werden. Sie spendet der Lebenshilfe seit Jah- ren und folgt damit dem Vorbild ihrer Mutter: Spenden wie die von Martha A. ermöglichen auch „Die hat immer gesehen, wenn es andere nöti- ger hatten. In den Sommerferien hat sie sogar Menschen mit geringem Einkommen, ein Heim-Kind aufgenommen.“ kleine Freuden zu erleben. Mitnehmen können wir ja doch nix“, sagt Martha A. und findet es beglückend, wenn sie Peter Lobisser aus Telfs setzt sich als Obmann ehrenamtlich für Menschen mit anderen eine Freude machen kann. Behinderungen in seiner Region ein. 3 x DANKE Die Firma Elektro-Seelaus (Wörgl) spendete heuer 1.500,- für einen Sprachcomputer, der Menschen ermöglicht, sich besser verständlich zu machen. Die Feuerwehr-Jugend von Galtür sammelte im vergangenen Jahr 4.926,10 Euro für die Lebenshilfe, damit ihre Nachbarn mit Behinderungen so leben können wie andere auch. Mittelschüler und -schülerinnen aus Tux sammelten 500 Euro, um ihren Freundinnen und Freunden von der Lebenshilfe einen Schülerinnen und Schüler mit Herzens-Bildung Ausflug oder ein „unvergessliches Erlebnis“ zu ermöglichen. 17
Schluss mit Taschengeld! Menschen mit Behinderungen wollen für ihre Arbeit ein reguläres Gehalt. Dass dies funktioniert, zeigt ein Blick nach B elgien. Claudia Meister arbeitet viel. Sie versorgt ginnen und Kollegen haben einen anderen Schülerinnen und Schüler eines Innsbru- Vorschlag: Anstelle von diversen Transfer- cker Gymnasiums mit einer gesunden Jause, leistungen will die erwachsene Frau ihren ei- trennt sorgfältig Computerteile, pflegt Grün- genen Werkstattlohn bekommen, selbst ver- anlagen und erledigt Büroarbeiten. Wäre sie sichert sein. Die Lebenshilfe unterstützt in einer Firma angestellt, würde sie ihr eige- diesen Vorschlag und hat mit den Betroffe- nes Gehalt samt Urlaubs- und Weihnachts- Ich möchte ein Ge- nen ein Dialogpapier als Diskussionsgrund- geld bekommen, könnte sich selbst versor- halt, damit ich mir lage verfasst. gen, später ihre Pension bekommen. Aber sie arbeitet in einer Werkstätte und bekommt mein Fitnesscenter Es geht auch anders 45 Euro Taschengeld im Monat. Das ist weni- selber leisten kann, Dass es anders geht, zeigen die Lösungsan- ger als ihr Abo fürs Fitnesscenter kostet und sätze anderer EU-Länder und Pilotprojekte entspricht einem Stundenlohn von 0,40 Euro. ohne meine Mama in Österreich. Bei der heurigen EUSE-Konfe- Versichert und finanziell abgesichert ist die zu fragen. renz* rund um das Thema „Unterstützte Be- erwachsene Frau – vergleichbar mit einem schäftigung“ tauschten sich rund 500 Teil- Kind – über ihre Mutter. Claudia Meister, nehmerinnen und Teilnehmer aus Europa, Claudia Meister und viele ihrer Kolle- Einrichtungssprecherin Nord- und Südamerika, Asien und Australien 18 LEBENS.WELT 02.19
in Amsterdam aus, um neue Ansätze zu fin- Unterstützte Beschäftigung den, wie Menschen mit Behinderungen der In Österreich hat sich das Netzwerk Berufli- Zugang zu bezahlter Beschäftigung auf dem che Assistenz (NEBA) auf „Unterstützte Be- allgemeinen Arbeitsmarkt ermöglicht wer- schäftigung“ spezialisiert. Dieses Konzept, den kann. das auf bezahlter Arbeit basiert, kommt aus Kanada. Dort wurde bereits vor Jahrzehn- Unterschiedliche Regelungen ten gezeigt, dass Menschen mit schweren in der EU Lernschwierigkeiten eine Vielfalt komplexer So gibt es in Belgien sogenannte „Beschüt- Arbeitstätigkeiten erledigen und bezahlte zende Werkstätten“ mit Ausbildungsabtei- Wie alle ande- Arbeitsverhältnisse auf dem allgemeinen Ar- lungen, die Menschen beschäftigen, die den ren Beschäftigten beitsmarkt erreichen können. „Unterstützte Anforderungen des freien Arbeitsmarktes Beschäftigung“ verfolgt den Grundsatz „erst nicht gewachsen sind. In diesen Werkstätten haben Menschen platzieren – dann qualifizieren“: Man star- wird der landesweite Mindestlohn gezahlt. mit Behinderungen tet mit dem Job und erwirbt parallel die nö- Ein ähnliches Modell gibt es auch in Luxem- tigen Qualifikation. Die Unterstützung erfolgt burg. das Recht auf voll direkt am Arbeitsplatz von den Kolleginnen, In Dänemark müssen kommunale Träger bezahlte und sozial- Kollegen und Vorgesetzten. Menschen eine „Geschützte Beschäftigung“ anbieten. Die Haupteinnahmequelle für die versicherte Arbeit. Tirol ist am Weg Mehrheit der Menschen in geschützter Be- Markus Neuherz, Einen ähnlichen Ansatz verfolgt das Land Ti- schäftigung ist die Erwerbsunfähigkeitsren- EUSE*-Vizepräsident rol mit dem Lebenshilfe-Projekt „Inklusive te. Eine zusätzliche Vergütung ist abhängig Arbeit“. Es ermöglicht Menschen mit Behin- von individueller Arbeitsleistung. Sie darf je- derungen und hohem Unterstützungsbedarf, doch 5% des niedrigsten Gehalts für diese einer Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt Tätigkeit nicht unterschreiten. mit Entlohnung und sozialversicherungs- In Frankreich erhalten Menschen mit rechtlicher Absicherung nachzugehen. Mit Behinderungen für berufsähnliche Tätig- diesem und ähnlichen Projekten wurden in keiten in einem geschützten Arbeitsumfeld den letzten sieben Jahren 60 Arbeitsplätze eine Vergütung, die zwischen 55% und 110% am ersten A rbeitsmarkt geschaffen. des gesetzlichen Mindestlohns liegt. Auch in den Niederlanden gibt es einen gesetzli- * European Union of Supported Employment. Sie wur- de 1993 gegründet mit dem Ziel, europaweit M enschen mit chen Mindestlohn. Behinderungen im Arbeitsleben zu unterstützen. GEHALT STATT TASCHENGELD Anlässlich des Tages der Inklusion am 5. Mai fuhren Betroffene aus Tirol und aus anderen Bundesländern nach Wien, um das Dialogpapier „Gehalt statt Taschengeld“ im Nationalrat zu überge- ben. Auf Landesebene besuchten Mela- nie Besler, Gesamtsprecherin Arbeit der Lebenshilfe Tirol, und Simon Prucker vom österreichweiten Selbstvertreter- Beirat Landesrätin Gabriele Fischer. Sie sagte zu, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen. 19
Klar: Margarete Huber und Reporter Robert Schuler Lebens.Welten zeigten in „Tirol heute“ auf, was Menschen mit Behin- derungen für ein Taschengeld leisten. Erhellend: Foto- künstler Chris- tian Martinelli präsentierte mit seiner Fotoausstel- lung ungewohnte Einblicke und Perspektiven. Gemeinsam: Begleitet von freiwilligen Helferinnen und Helfern aus dem Flüchtlings- heim besuchten Domenico Windbichler und andere den Raritätenzoo in Ebbs. Erfolgreich: Seit einem Jahr sorgen die Marien-Apotheke und „Maries Rezeptur“ in Absam für gesunde Produkte. Kräftig: Mit Dominik Frisch- mann an der Gitarre sorgt die Oberländer „Power-Band“ stets für Schwung und gute Stimmung. Freundschaft: Renate Schlögl und Renate Geissler wohnen jede für sich eigenständig. Umso wichtiger sind ihnen gemeinsame Teilhabe: Wenn der Stress im Freizeitaktivitäten. Eissalon nachlässt, servieren Daniel Moser und Roberto Sagui in Sillian die tollsten Eisbecher. www.tirol.lebenshilfe.at
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