Lebensfreude und Glücksmomente - Caritas Leverkusen

Die Seite wird erstellt Britta Wichmann
 
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Ausgabe 2/2021

Lebensfreude und
Glücksmomente
Liebe Leserinnen und Leser,

irgendwie kam alles anders als ge-      einer funktionierenden Dienstge-        Wir haben Momente der Lebens­freude
dacht. Die Wir Zeitung war fertig       meinschaft, in der viele mit anpacken   in unserem Verband gesammelt und
und kurz vor der Drucklegung, da er-    und sich gegenseitig unterstützen,      festgestellt, wie schön es doch ist, dass
eilte Leverkusen eine nie dagewesene    das überwiegende Verständnis von        es überwiegend die kleinen Dinge sind,
Flutkatastrophe. Plötzlich bekommt      Bewohnern und Angehörigen, die          die uns glücklich machen und dass so-
das Schwerpunktthema ‚Lebensfreu-       konkret erfahrbare Solidarität von      ziale Beziehungen eine wichtige Rolle
de und Glücksmomente‘ einen ganz        Kooperationspartnern und Firmen,        spielen, was sich in der Hochwasser-
anderen Hintergrund. Wir haben          die seit langer Zeit mit dem Caritas-   zeit erneut deutlich offenbarte.
uns dennoch entschieden, die Zei-       verband verbunden sind.
tung mit diesem Schwerpunkt zu                                                  Auch die Wissenschaft beschäftigt sich
veröffentlichen und einen Sonderteil    Als wir uns auf die Suche nach einem    damit, was Lebensfreude und Glück
zu den Überschwemmungen einzu-          Schwerpunktthema für diese Aus-         ausmacht. Und so freuen wir uns, dass
fügen. Bei aller Tragik der Situation   gabe machten, war unser ursprüng-       wir mit Julia Krasko von der Bochu-
und der ungewissen Zukunft hat es       liches Ziel, der Schwere der letzten    mer Ruhr-Universität eine Autorin für
auch in dieser Zeit ganz besondere      Zeit – und damit meinten wir eigent-    unseren Gastartikel gefunden haben,
Glücksmomente gegeben: die unfass-      lich das Leben mit Covid 19 – etwas     die ganz aktuell zum Thema forscht
bare Hilfsbereitschaft der Leverkuse-   Leichtigkeit entgegenzusetzen. Dass     und uns an ihren Erkenntnissen teil-
ner, das unermüdliche Engagement        mit der Hochwasserkrise noch eins       haben lässt. t
der Leitungskräfte und Mitarbeiten-     draufgesetzt wurde, konnten wir zu
den, das ganz besondere Erlebnis        der Zeit noch nicht erahnen.            Gundula Uflacker

Impressum

Redaktion:                        Aus Gründen der besseren Lesbarkeit        Bildnachweis:
Fritzi Frank, Gundula Uflacker,   haben wir uns entschieden, in den Texten   Titel: Barbara Bechtloff
Hieronymus Messing,               ausschließlich die männliche Schreibform   Seiten 3, 4, 5, 6: Caritas
V.i.S.d.P.: Wolfgang Klein        zu verwenden. Wo es möglich ist, be-       Seite 7: Kollbach Bansi Architekten
                                  mühen wir uns um geschlechterneutrale      Seiten 8, 9, 10: Haus Maurinus
Caritasverband Leverkusen e.V.    Begriffe.                                  Seite 11: RUB, Kramer
Bergische Landstraße 80                                                      Seiten 12, 13, 14: Gundula Uflacker
51375 Leverkusen                  Gestaltung:                                Seite 15: Rebecca Hinkelmann
Telefon 0214 85542-500            The Vision Company Werbeagentur GmbH
Fax 0214 85542-550
info@caritas-leverkusen.de        Druck:
www.caritas-leverkusen.de         Medienhaus Garcia GmbH, Leverkusen

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Sonderthema

Massive Überschwem-
mungen in Schlebusch
Mehrere Einrichtungen des Caritasverbandes Leverkusen betroffen

In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli      Katholischer Frauen betriebenen Ein-     der Feuerwehr und der Rettungsdienste.
trat die Dhünn im Leverkusener Stadtteil   richtung der Eingliederungshilfe sowie   Caritasdirektor Wolfgang Klein sagt:
Schlebusch über die Ufer und zerstörte     das Christophorus-Haus mit 24 Wohn-      „Ich bin sehr stolz auf unsere Mitarbei-
mit einer in Tempo und Kraft unge-         plätzen für suchterkrankte Menschen,     tenden, die unermüdlich, besonnen
ahnten Flutwelle auch Einrichtungen        das zusätzlich durch den Oulusee über-   und immer den Bewohnern verständ-
der Caritas Leverkusen. Besonders be-      schwemmt wurde.                          nisvoll zugewandt Unendliches geleis-
troffen sind das Altenzentrum St. Eli-                                              tet haben und leisten. Das ist gelebte
sabeth mit 108 Betreuungsplätzen und         Rechtzeitig in Sicherheit gebracht     Caritas! Besonders dankbar bin ich
der Wohnpark Alt-Schlebusch mit 44                                                  auch für die große Solidarität der mit
seniorengerechten Wohnungen. Hier          Das Wichtigste vorab: In dieser Nacht    uns verbundenen Firmen, die uns von
mussten alle rund 160 Bewohner auf         konnten alle Betroffenen in Sicherheit   Anfang an tatkräftig unterstützt und
Anordnung der Feuerwehr innerhalb          gebracht werden und niemand wurde        mitgedacht haben.“
von kürzester Zeit evakuiert werden.       ernsthaft verletzt. Dies nicht zuletzt
Zwei weitere Einrichtungen waren           auch durch das äußerst umsichtige        Christophorus-Haus und Clara-Fey-
tagelang ohne Strom: das Clara-Fey-        Handeln und die empathische Beglei-      Haus konnten – nachdem die Strom-
Haus mit Verwaltungsbüros und 16           tung der den Bewohnern vertrauten        versorgung wiederhergestellt war nach
Plätzen in einer durch den Sozialdienst    Mitarbeitenden des Caritasverbandes,     rund zehn Tagen wieder vollständig in

wir 2/2021                                                                                                                3
Sperrmüll, soweit das Auge reicht. In einer samstäglichen Auf-
räumaktion fanden sich über 100 Helferinnen und Helfer aus
Leverkusen und Umgebung zusammen und räumten den Keller
des Wohnparks Alt-Schlebusch leer. Mit dabei waren Mitarbei-
tende des Caritasverbandes und mit diesem verbundener Unter-
nehmen, Angehörige und viele Menschen aus dem Stadtgebiet.
Ein besonderes und berührendes Erlebnis und wahrer Glücks-
moment, wie Caritasdirektor Wolfgang Klein berichtet.
Sonderthema

Betrieb gehen, der Schaden an den         Hinzu kommt, dass in der ersten Zeit      zung aus Hilden, sodass ein Teil der
anderen Einrichtungen dagegen ist         weder Festnetz- noch Mobiltelefon         Kunden, diejenigen mit einem beson-
immens: Teile der Gebäude sind nicht      noch Internet funktionierten, was den     deren Bedarf, weiter versorgt werden
mehr bewohnbar. In den Erdgeschoss-       Informationsfluss extrem behinderte.      können. Hier wird einmal mehr deut-
wohnungen des Wohnparks stand das                                                   lich, wie bedeutsam es ist, ein gutes
Wasser mindestens hüfthoch, im De-          Gelebte Dienstgemeinschaft              Netzwerk zu haben.
menzwohnbereich des Altenzentrums
bis an die Decke. Die Inneneinrichtung    Mit vereinten Kräften wurden Trans-       Es ist eine Zeit, die den unmittelbar Be-
ist komplett zerstört, und die Bewohner   porter mit dem Notwendigsten für den      troffenen viel abverlangt. Die, die Hab
haben alles verloren. Einige konnten      Alltag beladen und an die unterschied-    und Gut verloren haben, die, die sich um
bei Angehörigen unterkommen, und          lichen Stellen gebracht, Angehörige       die Schadensregulierung kümmern, die,
einige sind vorübergehend in einem        informiert und Listen erstellt, wo wer    die unter widrigen Umständen Dienst-
Hotel untergebracht – begleitet durch     zu finden ist. Unzählige Telefonate aus   pläne erstellen und eine gute Pflege und
Mitarbeitende des Caritasverbandes        der Geschäftsstelle, wo die Telefonlei-   Versorgung organisieren, die, die unter
Leverkusen.                               tungen glücklicherweise noch funktio-     sehr provisorischen Umständen arbei-
                                          nierten, Zusammenrücken in den noch       ten und die sich der Caritas anvertrau-
  Komplettausfall von                     funktionstüchtigen Büros – hier zeigte    enden Menschen betreuen, pflegen und
  Telefon und Internet                    sich, was flexibles Arbeiten bedeutet.    begleiten.

Die Bewohner des Altenzentrums            Auch der ambulante Pflegedienst, der      Jetzt laufen Trocknungsgeräte, die Schä-
St. Elisabeth waren zunächst an vier      in der akuten Überschwemmungszeit         den werden mit Fachleuten begutachtet
unterschiedlichen Orten einquartiert,     die Patienten nicht erreichen konnte      und ein Neustart geplant. Es wird alles
eine logistische Herausforderung für      und zudem zwei Fahrzeuge verloren         darangesetzt, so schnell wie möglich
die Mitarbeitenden, denn es galt, Medi-   hatte sowie der à la carte Mahlzeiten-    wieder Normalität einkehren zu lassen.
kamente und Pflegemittel zur richtigen    dienst, dessen gesamte Infrastruktur      Realistisch gesehen ist festzuhalten: Der
Zeit am richtigen Ort zu haben und auf    zerstört wurde, mussten und müssen        Weg dorthin ist noch weit. t
gewohnte arbeitserleichternde Hilfs-      improvisieren. Für den Mahlzeiten-
mittel zu verzichten.                     dienst kommt logistische Unterstüt-       Gundula Uflacker

wir 2/2021                                                                                                                 5
Sonderthema

    Schadensbilanz
    Die Erdgeschosswohnungen im Wohnpark Alt-Schlebusch sind vorübergehend nicht bewohnbar.
    Zwei Fahrzeuge des Ambulanten Pflegedienstes und sechs Fahrzeuge des Mahlzeitendienstes sowie
    dessen komplette Infrastruktur, z.B. Kühlhaus, Ware, Lagermöglichkeiten, Kühlschränke sowie
    die Konvektomaten, mit denen das Essen vor Auslieferung erwärmt wird, sind zerstört.
    Der Demenzwohnbereich des Altenzentrums St. Elisabeth ist nicht mehr nutzbar.
    Die technische Ausstattung (Elektrik, Aufzüge, Heizungsanlagen) des Clara Fey Hauses, des Christophorus-
    Hauses, des Altenzentrums St. Elisabeth und des Wohnparks Alt-Schlebusch ist ganz oder teilweise zerstört.
    Der Werkraum der Arbeitstherapie sowie das gesamtverbandliche Caritasarchiv im Christophorus-Haus sind zerstört.
    Es besteht hoher Renovierungs- und Instandsetzungsbedarf in allen Unter- bzw. Erdgeschossen sowie der
    Außengelände der betroffenen Einrichtungen.

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Caritas Aktuell

Bauprojekte im
Caritasverband Leverkusen
Es tut sich was

Thomas Morus –                            Neue Heimat für die                     einen Ersatz für das Objekt, das den
                                                                                  gesetzlich vorgeschriebenen Stan-
Bauantrag gestellt                        Bewohner des                            dards nicht mehr Genüge leistet.
                                                                                  Allein der Bestandsschutz sichert
In der letzten Ausgabe der WIR haben
                                          Christophorus-Hauses                    bis auf Weiteres den Verbleib. Über
wir ausführlich über das Vorhaben                                                 den Sachverhalt sind vielfach Ge-
„Umbau der Kirche St. Thomas Morus“       In der Leverkusener Lokalpresse war     spräche mit der Vermieterin geführt
berichtet. Geplant ist die zukünftige     kürzlich viel über das Christophorus-   worden, die jeweils zur Verlänge-
Nutzung des Kirchbaus für soziale         Haus in der Von-Diergardt-Straße        rung des seinerzeit befristeten Miet-
Wohnzwecke. Ein weiterer Schritt ist      zu lesen. Kritisch wird angemerkt,      vertrages geführt haben. Mit einem
in diesem spannenden, wunderbaren         dass das Grundstück zukünftig nach      Baugrundstück in Wiesdorf sind wir
Projekt getan. Der Bauantrag ist fertig   einer Vorlage aus dem Baudezernat       fündig geworden. Die Gespräche mit
und wird alsbald zur Genehmigung          nicht mehr als Gemeinbedarfsfläche      der Stadt und einem Investor für die
eingereicht. Parallel hierzu wird auch    bewertet wird und somit eine aus-       Errichtung eines Neubaus laufen.
die Erzbischöfliche Baugenehmigung        schließlich soziale Nutzung nicht       Ein entsprechender Bauvorbescheid
beantragt. Für das im Wesentlichen        mehr gefordert wäre. In dem Gebäude     liegt vor. Für die Bewohner des Hau-
durch Mittel der Wohnungsbauförde-        ist seit 1995 eine soziotherapeuti-     ses eine gute Entwicklung, werden
rung getragene Vorhaben liegen darü-      sche Einrichtung mit 24 Bewohnern       sie doch in baldiger Zukunft eine
ber hinaus bereits von drei Stiftungen    des Caritasverbandes beheimatet.        neue Heimat in einem modernen
Finanzierungszusagen vor.                 Seit langem sucht der Caritasverband    und an den notwendigen Bedürf-
                                                                                  nissen orientierten Zuhause finden.

                                                                                  St. Elisabeth –
                                                                                  es kann losgehen?
                                                                                  Gerne hätten wir an dieser Stelle auch
                                                                                  über den Stand der Um- und Neu-
                                                                                  baupläne für unser Altenzentrum St.
                                                                                  Elisabeth berichtet. Das verheerende
                                                                                  Hochwasser der Dhünn lenkt jetzt je-
                                                                                  doch unsere Gedanken auf eine schnel-
                                                                                  le Herrichtung der Bewohnbarkeit des
                                                                                  Gebäudes. Die Sicherstellung der Pflege
                                                                                  und Betreuung unserer Bewohner im
                                                                                  gewohnten Umfeld hat für uns erste
                                                                                  Priorität. t

                                                                                  Wolfgang Klein
                                                  © Kollbach Bansi Architekten
                                                                                  Caritasdirektor

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Schwerpunkt

Was macht uns
glücklich?
Auf Spurensuche im Caritasverband Leverkusen e.V.

Nicht an Probleme denken, kein Stress
– einfach Liebe. Das bedeutet für Herrn
O. Glück. Er sitzt an einem regnerischen
Tag im Mai in meinem Büro des Fach-
dienstes für Integration und Migration.
Wegen Corona mit Maske und bei offe-
nem Fenster. Bei schönem Wetter wäre
wenigstens ein Kaffee draußen auf der
Bank möglich gewesen. So fühlt es sich
fast an wie ein ganz normales Beratungs-
gespräch. Doch das Thema ist heute ein
anderes. Heute geht es nicht um dring-
liche Fragen und Probleme. Heute gibt
Herr O. mir einen kleinen Einblick in das,
was ihn glücklich macht. „Ich scherze mit
meinen Kollegen und habe immer einen
                                                Carsten musiziert im Garten
Spruch auf den Lippen“, sagt er, und beim
                                                – und das zaubert ein Lachen
Blick auf sein verschmitztes Lächeln            ins Gesicht von Tim, seinem
glaubt man ihm das sofort. Auch, dass er        blinden Mitbewohner.
gerne mit Menschen zusammen ist. Herr
O. packt an. Die Arbeit als Auslieferungs-
fahrer strenge ihn zwar an, aber zu Hau-     Hauses Maurinus. Doch wegen Corona          zeugen, waren dabei die Schiffe auf
se sitzen, das sei nichts für ihn. „Sonne    musste die erste von zwei jährlichen        dem Rhein. „Auch ein Polizeiboot
tut mir gut, und ich vermisse den lan-       Urlaubsfahrten für die 24 Frauen und        war dabei“, berichtet mir eine Mit-
gen Sommer in Syrien“, erzählt er. Er sei    Männer mit geistiger oder mehrfacher        arbeiterin stellvertretend für ihn und
aber froh, in Deutschland zu sein, keine     Behinderung ausfallen. Alternativ wurde     seine Augen leuchten. Auch in den
Angst mehr zu haben. Sobald es möglich       ein abwechslungsreiches Programm            eigenen vier Wänden gab es verschie-
ist, möchte er die deutsche Staatsbürger-    für den Urlaub zu Hause auf die Beine       dene Angebote. Von einem Wellnesstag
schaft beantragen. Als ich ihn frage, was    gestellt, denn es sollte trotzdem eine      mit der Möglichkeit, es sich auf dem
er macht, wenn er sie bekommt, sagt er:      besondere Auszeit vom Arbeits­     alltag   Massage­sessel gut gehen zu lassen, bis
„Dann mache ich Party! Es heißt: Ich bin     in einer Werkstatt für behinderte Men-      zum Sporttag mit Bewegung und Spaß
frei, ich kann arbeiten, ich kann fliegen,   schen oder auch vom Rentnerdasein           beim Torwandschießen und Bowling
ich kann reisen!“                            werden.                                     im hauseigenen Garten – für jeden war
                                                                                         glücklich Machendes dabei.
    Reisen ist Freiheit                      Ausflüge in die Bahnstadt Opladen
                                             und den Neulandpark standen auf dem         Für die WIR-Redaktion darf auch ich
Reisen wollten in diesem Frühling auch       Programm. Das Highlight für Carsten,        ein paar Stunden Urlaubsluft im Haus
die Bewohnerinnen und Bewohner des           einen großen Fan von Wasserfahr­            Maurinus schnuppern.

8                                                                                                                    wir 2/2021
Einfach mal die Seele
baumeln lassen – ein
Glücksmoment in der
Opladener Bahnstadt
Schwerpunkt

                                                                                       schafft, den nächsten Schritt zu gehen
                                                               Carsten malt sein       und abstinent zu werden. Doch er ist,
                                                             Lieblingsmotiv aus
                                                                                       wie er sagt, ein „Kundschafter“, ständig
                                                                                       auf der Suche nach etwas Neuem. „Ich
                                                                                       erlebe jeden Tag viele Glücksmomente,
                                                                                       das Leben ist spannend. Ich will meine
                                                                                       Umwelt wahrnehmen, nutze meine Sin-
                                                                                       ne, fühle, rieche, schaue.“ Das ist für ihn
                                                                                       der Grund, warum wir beide entspannt
                                                                                       im Schatten auf einer Bank am Schle-
                                                                                       buscher Marktplatz sitzen, warum
                                                                                       er sich bereit erklärt hat, über sich
                                                                                       zu sprechen und in der WIR-Zei-
                                                                                       tung einen Einblick in sein persön-
                                                                                       liches Glück zu geben. Dick werkelt
                                                                                       gerne mit den Händen. Zu sehen, wie
                                                                                       durch die eigene Arbeit etwas Neu-
                                                                                       es entsteht oder wieder funktioniert,
                                                                                       gibt ihm ein Hochgefühl. „Da kann ich
                                                                                       schreien vor Freude! Ich bin bei mir,
                                                                                       erlebe den Moment des Glücks.“ Zu-
                                                                                       rückhaltender wirkt auf mich Andrea
                                                                                       Duppach. Die gebürtige Leverkusene-
Weil das Wetter für Außenaktionen           Bewohnern des Christophorus-Hauses,        rin hat im Leben schon so einiges mit-
nicht mitspielt, wird aus dem Gemein-       einer Einrichtung für Menschen mit         gemacht. Im letzten Jahr ist ihr Freund
schaftsraum, in dem die Urlauber eben       Suchtgeschichte. Dirk Pawelzik ist seit    gestorben. „Er lag tot neben mir im
noch zusammen ihr frisch gekochtes          sieben Jahren hier zu Hause. Wir sitzen    Bett. Multiorganversagen nach langjäh-
Mittagessen genossen haben, kurzer-         im Garten mit Blick auf den in gemein-     rigem Alkoholmissbrauch“, wie sie sagt.
hand ein Kinosaal. Schnell komme ich        samer Arbeit neu gebauten Kaninchen-       Danach hat sie aufgehört zu trinken.
ins Gespräch. Auf die Frage, was am         stall, und er berichtet, dass er sich im   Sie will leben. Auch wenn das Leben
Urlaub am schönsten sei, gibt Heiko         Haus sehr wohl fühlt. „Ich bin in mei-     ihr gerade nicht freundlich gesinnt ist.
eine Antwort, die sicherlich viele von      nem Flur der Hahn im Korb“, erzählt er     Duppach hat eine schwere Darmer-
uns teilen: „Lange Schlafen und einfach     lächelnd. Mit den drei Frauen verstehe     krankung, hat viel Gewicht verloren,
faul sein.“                                 er sich sehr gut. Es habe immer jemand     ist körperlich schwach. Doch die Frau,
                                            Zeit für ein Schwätzchen, das tue gut      die neben mir sitzt, wirkt innerlich
     Tanzen, einfach,                       und helfe ihm dabei, trocken zu bleiben.   klar, weiß, wohin sie will. Sie war lan-
     weil es Freude bereitet                Glück bedeutet für Pawelzik auch, seine    ge Kraftfahrerin, war nachts mit dem
                                            Freundin in Opladen zu besuchen,           LKW unterwegs und tagsüber für ihre
Besonders berührend beim Besuch             gemeinsam essen zu gehen, einfach          Kinder da. Nun haben die Kinder
der Urlaubswoche ist für mich die           Zeit miteinander zu verbringen. Er tele-   selbst Kinder, und sie ist Oma, mit
familiäre und liebevolle Atmosphäre         foniert jeden Abend mit ihr. Kommuni-      Leib und Seele. Die Kinder machen
im Haus Maurinus. Wie die Men-              kation, sich austauschen, im Gespräch      sie glücklich. Ihre Familie, ihr Umfeld,
schen miteinander umgehen, die dort         bleiben, ... das ist für ihn wichtig.      die Mitbe­wohnerinnen und Mitbewoh-
leben und arbeiten. Zu sehen, dass                                                     ner im Christophorus-Haus, ihre Be-
es ihnen ein wirkliches Zuhause ist.          Beziehungen sind                         zugspersonen dort – sie alle geben ihr
Dass sie Freundschaften – und auch            Rettungsringe                            Halt, lassen sie nicht den Mut verlieren.
kleinere Feindschaften – pflegen. Dass                                                 Besonders freut sich Duppach auf
sie sich gegenseitig wertschätzen und       „Beziehungen, Freunde, mein Umfeld         die anstehende Projektwoche. Auch
das so unumwunden ausdrücken:               – das waren meine Rettungsringe nach       hier stehen Ausflüge an, gemeinsames
sich umarmen und zusammen tan-              meinem Unfall und dem Alkoholmiss-         Erleben, Urlaubsfeeling in Coronazeiten.
zen, einfach so, weil es Freude bereitet.   brauch danach“, erzählt Pawelziks Mit-     Darauf freut sie sich, denn: „Das Leben
Wie wichtig es für unser Glück ist,         bewohner Michael Dick.                     ist nicht nur ernst!“. t
Menschen um uns zu haben, ist ebenso        Ohne verbindliche Kontakte, wie etwa
zu spüren in den Gesprächen mit drei        zu seinem Pfarrer, hätte er nicht ge-      Fritzi Frank

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Schwerpunkt

Was ist Glück?
                                                                                            wenn Probleme offen angesprochen
                                                                                            und Schwächen gezeigt werden. Solche
                                                                                            Beziehungen erleichtern den Umgang
                                                                                            mit Stress und schwierigen Lebenssitu-
Erkenntnisse aus der Glücksforschung                                                        ationen und sind eine wichtige Quelle
                                                                                            positiver Stimmungen und Emotionen.
                                                                                            Wie man mit schwierigen Lebenssitua-
                                              schaften abzuhängen scheint. Besonders        tionen umgeht, ist ebenfalls wichtig für
                                              die Eigenschaften Extraversion und emo-       das Glücksempfinden. Eine gelassene,
                                              tionale Stabilität spielen eine wesentliche   humorvolle Haltung und die Fähigkeit,
                                              Rolle. Extraversion beschreibt die Ten-       in schwierigen Situationen etwas Posi-
                                              denz, gesellig zu sein, menschliche Inter-    tives zu sehen und aus Erfahrungen zu
                                              aktionen zu genießen und aus zwischen-        lernen, können dabei helfen, diese Situa-
                                              menschlichen Kontakten Energie und            tionen gut zu überstehen. Dennoch ist es
                                              positive Emotionen zu schöpfen. Emo-          auch wichtig anzuerkennen, dass das Le-
                                              tionale Stabilität beschreibt die Tendenz,    ben nicht nur aus schönen Erfahrungen
Glück hat viele persönliche und gesell-       wenig zu Ängsten, Sorgen und ne-              und positiven Emotionen besteht. Denn
schaftliche Vorteile. So berichten glück-     gativen emotionalen Reaktionen zu             es beeinträchtigt das Glücksempfinden,
liche Menschen von besseren sozialen          neigen und allgemein eher ausgeglichen        sich mit Problemen und negativen Emo-
Beziehungen und geben an, mehr                zu sein. Darüber hinaus hängt unser           tionen wie Trauer oder Hilflosigkeit nicht
Freunde zu haben. Sie setzen sich häufiger    Glücksempfinden auch mit den                  auseinandersetzen zu wollen oder Hilfe
ehrenamtlich ein, sind beruflich erfolg-      Lebensumständen zusammen. Bei-                abzulehnen. Auch mit der Auswahl kon-
reicher (was sich etwa an einem höheren       spielsweise sind Menschen in einer            kreter Aktivitäten im Alltag können wir
Durchschnittseinkommen zeigt) und be-         finanziell schwierigen Situation un-          etwas für unser Glücksempfinden tun.
richten von einer besseren gesundheitli-      glücklicher als Menschen, die über            So wirkt es sich positiv aus, Zeit an der
chen Verfassung. Da überrascht es wenig,      ausreichend finanzielle Mittel verfügen       frischen Luft zu verbringen, körperlich
dass die meisten Menschen sich wün-           – auch wenn die Befriedigung mate-            und geistig aktiv zu bleiben und sich auch
schen, glücklich zu sein. Aber was genau      rialistischer Bedürfnisse selbst nicht        mal an herausfordernde Aktivitäten zu
ist eigentlich Glück? In der psychologi-      unbedingt glücklich macht.                    wagen, durch die wir an unsere persön-
schen Forschung vermeidet man es in der                                                     lichen Grenzen kommen. Denn solche
Regel, von Glück zu sprechen, da dieser          Soziale Beziehungen sind wichtig           herausfordernden Aktivitäten wirken
Begriff von Menschen sehr unterschied-                                                      sich positiver auf das Glücksempfinden
lich verstanden werden kann. Stattdessen      Gene, Persönlichkeit und Lebens-              aus als eher passive – so schön es auch
untersucht man das subjektive Wohlbe-         umstände können unser Glücksempfin-           mal sein kann, sich nach einem har-
finden, das die drei Facetten positiver Af-   den aber nicht vollständig erklären. Es       ten Arbeitstag mit einem entspannten
fekt, negativer Affekt und Lebenszufrie-      gibt immer ein paar Dinge, die man tun        Abend auf der Couch zu belohnen. Es
denheit umfasst. Positiver und negativer      kann, um innerhalb des persönlichen           lässt sich zusammenfassen, dass Glück
Affekt beziehen sich darauf, dass positive    Spielraums sein Glück positiv zu beein-       zwar zu einem großen Teil von stabilen
Stimmungen und Emotionen (zum Bei-            flussen. So lohnt es sich zum Beispiel, in    Faktoren abhängt, wir es aber dennoch
spiel Freude) möglichst häufig und nega-      gute soziale Beziehungen zu investieren.      innerhalb unseres persönlichen Spiel-
tive (zum Beispiel Traurigkeit) möglichst     Wie wichtig diese für unser Glücksemp-        raums aktiv beeinflussen können. Men-
selten erlebt werden. Bei der Lebens-         finden sind, haben unzählige hochwer-         schen, die dazu bereit sind, Energie zu
zufriedenheit geht es darum, dass man         tige Untersuchungen in der Vergangen-         investieren, und unangenehme Erfah-
sein Leben insgesamt positiv beurteilt.       heit immer wieder gezeigt. Entscheidend       rungen in Kauf nehmen, um glücklich
Wenn im Folgenden von „Glücksemp-             ist dabei jedoch nicht, dass man einen        zu sein, beschreiben sich als glücklicher
finden“ die Rede ist, dann im Sinne eben      Partner oder einen möglichst großen           als Personen, die diese Energie nicht in-
dieses subjektiven Wohlbefindens. Die         Bekanntenkreis hat. Vielmehr kommt es         vestieren wollen. Dennoch sollte man
Frage, ob Glück aktiv beeinflusst wer-        darauf an, enge Bezugspersonen im Le-         auch akzeptieren, dass schwierige Zeiten
den kann, ist so alt wie die Beschäftigung    ben zu haben und qualitativ hochwertige       manchmal zum Leben dazugehören, und
mit dem Glück selbst. Psychologische          soziale Beziehungen zu führen. Diese          sich vor Augen halten, dass auch wieder
Untersuchungen haben gezeigt, dass ein        erkennt man unter anderem daran, dass         bessere Zeiten kommen. t
großer Teil unseres Glücksempfindens          man sich auf eine Person verlassen kann,
von genetischen Faktoren und stabilen,        sich vor dem Gegenüber nicht verstellen       M. Sc. Julia Krasko
überdauernden        Persönlichkeitseigen-    muss und sich auch wertgeschätzt fühlt,       Ruhr-Universität Bochum

wir 2/2021                                                                                                                         11
Glaube im Alltag

Glücksbringer Glaube
Macht Gott uns glücklich?

M
                  enschen, die an Gott glauben, sollen            im Leben zu finden, ist keine Frage der Selbstoptimierung.
                  glücklicher und stressresistenter sein. So      Es liegt nicht oder nicht nur in unserer Hand, ob wir glück-
                  sagen es zumindest wissenschaftliche Stu-       lich werden. Unsere Gene, unsere Talente, die gesellschaft-
                  dien. Doch was bedeutet das im Alltag?          lichen Verhältnisse, die Zeit, in die wir geboren werden – all
                  Sind Priester und Ordensleute glücklicher       das entscheidet mit, ob wir glücklich werden. Und auch an
                  als alle anderen? Und wie funktioniert das      Gott zu glauben, ist keine Eintrittskarte für ein rundherum
Glück durch den Glauben? „Glücklich leben wollen alle“,           erfülltes Leben. Nirgendwo verspricht die Bibel: Glaub und
schrieb schon der römische Philosoph Seneca vor fast 2000         du wirst glücklich. Der Glaube ist kein Abonnement für
Jahren. Doch wohl nie zuvor in der Menschheitsgeschichte          schöne Gefühle und Happy Ends. Er kann eine Orientierung
war die Sehnsucht nach Glück ein so großes Thema wie heute.       sein – wie ein GPS-Signal, das mir immer wieder den Weg
                                                                  weist, wenn ich eine Panne habe oder ganz von der Straße
Das Glück in Gott finden – oder im Glauben an ihn. Wort-          abgekommen bin.
wörtlich steht es so jedenfalls nicht in der Bibel. Dort taucht
der Begriff Glück kaum auf. Lediglich ein paar Mal im             Macht Gott glücklich? Bestimmt nicht so, wie wir es mit un-
Alten Testament, im Neuen Testament gar nicht. Das heißt          seren irdischen Maßstäben verstehen können. Er macht uns
aber nicht, dass die Bibel keine Glücksgeschichten enthält.       vielleicht nicht glücklich, aber glückselig. t
Die Geschichte vom verlorenen Sohn oder die Seligpreisungen
erzählen von einem gelingenden Leben.                             Hieronymus Messing

Einer der ersten Christen, der verstehen wollte, wie Gott und
das Glück zusammenhängen, ist der Kirchenvater Augustinus.
Im Jahr 386 nach Christus schreibt er ein Büchlein mit dem
Titel „Vom glücklichen Leben“. Das Thema beschäftigt ihn
zeitlebens. Der Mensch könne auf Erden nie das vollkommene
Glück finden. Frühestens nach dem Tod stelle sich die Glück-
seligkeit ein, erklärt Augustinus. Glückselig – das übertrifft
das „normale“ Glücklichsein. Das meint den Himmel, bei
Gott zu sein. Einen etwas weltlicheren Blick wagt der Theo-
loge Thomas von Aquin im Mittelalter: Vollkommenes Glück
sei zwar erst im Jenseits zu erlangen, aber auf Erden könne je-
der das unvollkommene Glück erreichen. Das Glück auf Er-
den – aus christlicher Sicht ein Vorgeschmack auf den Him-
mel? In Mt 6,34 heißt es: „Sorgt euch also nicht um morgen:
denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen.“

Genießt euer Leben, statt ständig darüber zu grübeln, was
morgen anders sein könnte. Hört auf, dem Glück nachzu­
jagen! Das sagt Jesus hier. Und: Wer glaubt, muss nicht all
seine Träume im Diesseits verwirklichen, wenn er doch auf
das Jenseits hoffen darf. Er kann ganz im Hier und Jetzt leben.
Es ist eine Art Selbstvergessenheit, für die er wirbt. Sich
dem Leben, etwas Größerem hinzugeben, statt dem eigenen
egoistischen Streben nach Glück. Denn das Glück, den Sinn

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Caritas Aktuell

Ein neues Gesicht
und viele Ideen
Im Gespräch mit dem neuen kaufmännischen Vorstand Carsten Wellbrock

Der Caritasverband Leverkusen e. V. hat
einen neuen kaufmännischen Vorstand.
Seit Mai dieses Jahres lenkt Carsten
Wellbrock gemeinsam mit Caritas­
direktor Wolfgang Klein die Geschicke
Verbandes.

Der 44-Jährige aus dem Münsterland
bringt viel Erfahrung aus dem kirch-
lichen und karitativen Umfeld mit. Als
Diplom-Kaufmann war er zuletzt kauf-
männischer Direktor Senioren­   hilfe bei
der Stiftung Mathias-Spital in Rheine.
Seine dortige Erfahrung, die Arbeit in
verschiedenen leitenden Funktionen im
Bischöflichen Generalvikariat Münster
sowie seine Ehrenämter in kirchlichen       herausfinden, wie es um die Zufrieden-     Sozialer Dienstleister sein – Wir legen
Stiftungen bieten ihm eine gute Grundla-    heit steht und wo Handlungsbedarf          unsere sozialen Dienstleistungen darauf
ge für seine neue Aufgabe in Leverkusen.    gesehen wird. Vorschläge und Erfah-        an, die Zukunftsfähigkeit zu sichern,
                                            rungen aus dem Team nehme ich sehr         Ressourcen effizient und effektiv ein-
Herr Wellbrock, mit welchen Erwar-          ernst, voller Respekt und Vertrauen.       zusetzen, Verbandsidentität zu fördern
tungen sind Sie die Stelle angetreten                                                  und zu wahren, Qualitätsstandards
und welche davon haben sich in              Was macht für Sie gute                     sicherzustellen und anforderungsgerecht,
den ersten 100 Tagen erfüllt?               Caritasarbeit aus?                         kundenorientiert sowie zeit- und praxis-
Die Vielfalt an Hilfemöglichkeiten, die     „Caritasarbeit ist kirchlicher Dienst“,    nah zu wirken.
die Caritas Leverkusen mit den rund         heißt es kurz und knapp im Leitbild des
560 Mitarbeitenden in unterschied-          Deutschen Caritasverbandes. Ich finde:     Attraktiver Dienstgeber sein – Wir brau-
lichsten Notlagen zur Verfügung stellt,     Wer gibt, bekommt auch etwas zurück.       chen Mitarbeitende mit einer ausgepräg-
hat mich sehr beeindruckt. Gemeinsame       Caritas­arbeit ist Hilfe für Menschen in   ten Identifikation und Loyalität. Jeder
Aufgaben zu bewahren, gleichzeitig zu       Not. Wir lassen uns unvoreingenom-         und jede einzelne, mit welcher Aufgabe
schauen, was Neues gebraucht wird           men auf alle Menschen mit ihren Le-        er oder sie auch betraut sein mag, trägt
und passgenaue Hilfen weiterzuentwi-        bensverläufen ein und gestalten Sozial-    zum Gelingen unseres Auftrages bei.
ckeln, darauf freue ich mich.               und Gesellschaftspolitik mit. Kriterien
                                            für eine gelingende Caritasarbeit vor      Vernetzung und Kommunikation
In den ersten 100 Tagen habe ich zu-        Ort sind für mich:                         sichern – Das verbandliche Netzwerk
nächst die Ausgangssituation analysiert.                                               ermöglicht verbandliche Kooperation
Zur Startphase gehörten für mich der        Verortet in den Lebenswelten der Men-      und Selbstverpflichtungen. Außerdem
erste Kontakt zu den Mitarbeitenden         schen in und um Leverkusen – Wir un-       sind dauerhafte Formen der Mitwir-
sowie Einzelgespräche, die Integration      terstützen im Rahmen der Möglichkeiten     kung und des Engagements wichtig.
in den Führungskreis und der Aufbau         grundsätzlich alle Menschen – unabhän-     Ohne Ehrenamt keine Caritas!
des internen Netzwerks. Ich konnte be-      gig von deren Religion, Herkunft und
reits einige Mitarbeitergespräche füh-      Geschlecht. Verbandliche Caritas ist       Wirtschaftliches Arbeiten – Um Men-
ren, nach Zielen und Wünschen fragen,       Kirche!                                    schen in Not über den Bereich der

wir 2/2021                                                                                                                  13
Caritas Aktuell

staatlichen Refinanzierung hinaus           die Zukunft zu bringen– zum Wohl der         Was können die Kolleginnen und
helfen zu können, brauchen wir aus-         Menschen, für die wir arbeiten und zum       Kollegen von Ihnen als Vorstand er-
kömmliche Ressourcen. Dafür müssen          Wohl unserer Mitarbeitenden. Schon           warten, worauf müssen sie sich ein-
wir uns strategisch aufstellen.             heute müssen wir die Weichen für die         stellen?
                                            nächsten Jahre stellen!                      Für mich ist es wichtig, die Menschen
Was werden aus Ihrer Sicht die                                                           mitzunehmen, mit denen man Dinge
künftigen Herausforderungen                 Wie werden Sie diesen begegnen –             gestalten möchte. Gemeinsame Ziele
für den Caritasverband Leverkusen           auch wirtschaftlich?                         erreichen durch ein kollegiales Mitei-
sein?                                       Die Caritas in Leverkusen hat Stärken,       nander – dadurch wird unsere Arbeit
Nach der Pandemie gilt es, Gutes zu be-     die es in die Gestaltung der Zukunft ein-    in der Caritas Leverkusen erfolgreich.
wahren und gleichzeitig den Blick auf       zubringen gilt: Caritasarbeit hat ein ho-
strukturelle Gegebenheiten zu lenken,       hes sinnstiftendes Potenzial. Die Vielzahl   Eine gute Zusammenarbeit ist vor
um Hilfeangebote für eine Zeit nach Co-     von Einrichtungen und Diensten steht         allem durch Respekt und Wertschät-
rona zu entwickeln. Auch in 20 Jahren       für differenzierte Angebote, eine hohe       zung geprägt. Respektvoller Umgang,
wird es noch eine Caritas geben. Wenn       Präsenz und produktive Kooperations-         gegenseitige Unterstützung sowie das
wir diese Zukunft aktiv und produktiv       möglichkeiten. Wir haben den christli-       Teilen von Erfahrungen und Wissen.
gestalten wollen, braucht es zunächst und   chen Anspruch, auch da zu sein, wo nur       Die Vielfältigkeit unserer Aufgaben
allererst einen vielstimmigen und offe-     Wenige hingehen: Arme, Arbeitslose,          und unseres Teams macht uns zu ei-
                                            Schuldner, Einsame. Im Kern unseres          nem besonderen Verband.
                                            Handelns steht nicht der Profit, sondern
                                            das Leben der Menschen und das Ge-           Durch Professionalität und Flexibilität
                                            meinwohl. Das leitet uns. Dabei ist aber     erreichen wir gemeinsam ein hohes
                                            natürlich auch die Frage nach Effizienz      qualitatives Niveau. Dabei kann jeder
                                            und Effektivität zu klären.                  seine eigenen Stärken einbringen.

                                            Einer Ihrer Schwerpunkte wird die            Gemeinsam mit meinem Vorstands-
                                            Digitalisierung sein, was sind Ihre          kollegen und den vielen Caritasmit-
                                            nächsten Schritte?                           arbeitenden möchte ich alte und neue
                                            Der digitale Wandel hat sich zu einem        Wege erkunden. In diesem Sinne freue
                                            Top-Thema der Sozialwirtschaft ent-          ich mich besonders auf die Begegnun-
                                            wickelt. Digitalisierung verändert unser     gen mit den Menschen im Verband.
                                            Zusammenleben und bietet viele neue
                                            Möglichkeiten – gerade im Sozialen. Hier     Wie haben Sie die erste Zeit als
nen Diskurs. Dafür müssen wir immer         müssen wir uns an der Lebenswelt orien-      Westfale hier im Rheinland erlebt?
wieder Gelegenheiten und Beteiligungs-      tieren. Wenn diese zunehmend digital         Vom ersten Tag an wurde ich herzlich
formen schaffen, um über die Zukunft,       geprägt wird, haben wir uns als Caritas-     aufgenommen. In Leverkusen lässt es
ihre Herausforderungen und unsere Ge-       verband darum zu kümmern, Menschen           sich gut aushalten! Das Wichtigste in
staltungsmöglichkeiten nachzudenken.        auch dort zu erreichen.                      einem Land sind die Menschen, die in
                                                                                         ihm leben. Die Menschen im Rhein-
Das bedeutet, dass wir die Strukturen       Ich möchte dazu ermutigen, digitale Lö-      land sind einzigartig. Die Mentali-
in unserem Verband hinterfragen und,        sungen im Sozialwesen auszuprobieren         tät ist eine ganz besondere, sagt man
wo nötig, neugestalten; dass wir die        und die Kolleginnen und Kollegen da-         im Münsterland. Und das hat sich in
Rahmenbedingungen unserer Arbeit            bei begleiten. Wir müssen gemeinsam          der ersten Zeit bestätigt. Die meisten
in Kirche und Gesellschaft neu schaffen     heraus­arbeiten, welches digitale Engage-    Rheinländer sind offen, tolerant, mö-
müssen; dass wir Arbeitsabläufe, unsere     ment es in unserem Verband gibt und die      gen die Gemeinschaft, gehen auf andere
Personalentwicklung und unsere Füh-         Vernetzung und Zusammenarbeit der            zu und reden sehr gerne.
rungsstrukturen weiterentwickeln, damit     einzelnen Akteure fördern. Digitale Lö-
wir auch zukünftig die hilfebedürftigen     sungen sind kein Selbstzweck. Sie sollen     Naturgenuss und Großstadtflair! Die
Menschen erreichen. Wir müssen uns          vielmehr für die uns anvertrauten Men-       grüne Natur sowie das pulsierende
mit Fragen über unser Selbstverständ-       schen wie auch die Mitarbeitenden un-        Stadtleben – all das vereint das Rhein-
nis, die Art und Weise, wie wir bisher      mittelbare Vorteile mit sich bringen. Nun    land, und das gefällt mir! t
unsere Arbeit getan haben und wie wir       geht es darum, eine Strategie zur Digita-
sie zukünftig gestalten wollen, stellen,    lisierung zu entwickeln und das in enger     Die Fragen stellte
um uns neu in Bewegung und damit in         Abstimmung mit den Mitarbeitenden.           Gundula Uflacker

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Caritas Aktuell

Boys Day digital
Schlebuscher Gesamtschüler schnuppern in den Erzieherberuf

„Was hat Sie dazu bewegt, Erzieherin       nur Fußball“ oder „Männer dürfen         Personen unterschiedlichen Geschlechts
zu werden?“ und „Mit den Kindern           keine Erzieher werden“ sammelten         haben, mit denen sie sich identifizie-
hat man immer viel zu lachen, oder?“ –     und entkräfteten sie. Deutlich wurde:    ren können. Er berichtete, dass es auf
Fragen, die Schlebuscher Gesamtschü-       Pädagogische Fachkräfte haben einen      Qualitäten wie Zuverlässigkeit und
ler beim digitalen Boys Day stellten,      wichtigen Bildungsauftrag, einen viel-   Spontaneität ankommt, man aber
einem bundesweiten Aktionstag, an          fältigen Beruf und erfüllen eine ent-    ebenso Spaß am Kontakt mit Kindern
dem Jungs Berufe kennenlernen kön-         scheidende gesellschaftliche Aufgabe.    haben sollte. Er verschwieg nicht, dass
nen, in denen überwiegend Frauen                                                    auch viel Schreibkram zu erledigen sei,
arbeiten. Für vier Stunden kamen die         Auf Zuverlässigkeit und                aber es gebe immer was zu lachen, und
zehn Schüler in einer Videokonferenz         Spontaneität kommt es an               insgesamt sei der Beruf so abwechs-
mit Mitarbeitenden der Tagesein-                                                    lungsreich, kreativ und erfüllend, dass
richtung für Kinder Am Steinberg ins       Konkret wurde es in dem Video,           er ihn einfach nur gerne mache.
Gespräch. Hier konnten sie unter an-       in dem Vorschulkind Martin Erzieher
derem mit interaktiven Experimenten,       Jonas Würz interviewte. Professio-       „Für uns war es eine ganz neue Erfah-
Rätseln und dem kleinen ABC von A          nell mit Moderationskarten ausge-        rung, unseren Beruf in diesem digita-
wie Anderssein bis Z wie Zusammen-         stattet, stellte er in Talkshow-Manier   len Format vorzustellen“, sagt Rebecca
halt in den Beruf einer pädagogischen      Fragen wie „Dürfen nur Frauen in         Hinkelmann, die als stellvertretende
Fachkraft hineinschnuppern.                der Kita arbeiten?“ oder „Trinken        Leitung der Einrichtung die Veranstal-
                                           Erzieher nur Kaffee und basteln?“        tung moderierte. „Es hat uns großen
  Partizipation großgeschrieben            Ganz nebenbei kamen so Fakten            Spaß gemacht, dafür kreative Ideen zu
                                           über das Berufsbild, die Ausbildung      entwickeln und gemeinsam mit den
Alle acht Gruppen der Einrichtung be-      und den pädagogischen Alltag auf         Kindern etwas für die Jugendlichen
teiligten sich aktiv mit kleinen Audio-    den Tisch, die die Jugendlichen inte-    vorzubereiten. Gerne pflegen wir den
oder Videosequenzen an der Aktion.         ressiert und aufmerksam verfolgten.      Kontakt zu der Gesamtschule in Schle-
Ganz im Zeichen der Partizipation          Jonas Würz stellte richtig, dass Män-    busch weiter und werben für unseren
berichteten die Kinder selbst, was Er-     ner wie Frauen in Tageseinrichtungen     tollen Beruf.“ t
zieher so den ganzen Tag machen. Auch      für Kinder arbeiten dürfen und es so-
gängige Vorurteile wie „Erzieher spielen   gar große Vorteile hat, wenn Kinder      Gundula Uflacker

Vorschulkind Martin im Interview                                                    Kreative Ergebnisse aus dem Experiment
mit Erzieher Jonas Würz                                                             ‚Das Geheimnis des schwarzen Filzstifts‘.

wir 2/2021                                                                                                                15
Herr T., 80 Jahre, strahlt Lebensfreude aus, obwohl er wohnungslos ist. Er hat seine
Glücksmomente, wenn er sich in der Bäckerei Berliner kauft, dort zusätzlich etwas um-
sonst bekommt und dies dann im Treff mit einer Tasse Kaffee verspeist. Am liebsten aus
seiner Lieblingstasse mit der Aufschrift „Bester Opa“! Dann strahlt er über das ganze
Gesicht! + Wir konnten einer türkischen Mutter mit geringen Deutschkenntnissen bei
ihrer verzweifelten Suche nach einer Hebamme behilflich sein und Kontakt zu unserer
Familienhebamme herstellen. Sie war sehr erleichtert und froh darüber + Öffnung der
Kita im Juni 2020: endlich die Spielkameraden wiedersehen + Ansteckendes, glucksen-
des, tiefes Kinderlachen + Jede erfolgreiche Wohnungsvermittlung ist ein Glücksmoment
+ Geteilte Freude mit den Kollegen in der Gruppe über Kleinigkeiten und der Austausch
über die Entwicklung der Kinder + Ausgebreitete Kinderarme und Morgenrituale in der
Kita + Regelmäßig bringen wir den Familien der Siedlung kleine Überraschungstüten.
Gefüllt mit Obst, Gebäck, Getränken und anderem – alternativ zu unserem coronabedingt
ausfallenden Café. Bei diesen kurzen Kontakten lernen wir auch Familien kennen, die
schon von uns gehört, den Treff aber noch nie besucht haben. So konnten wir ein indi-
sches Ehepaar kennenlernen, das sich sehr über die Möglichkeit gefreut hat, bei Fragen
telefonisch mit uns in Kontakt treten zu können. Wenn wir es jetzt im Haus besuchen,
dringen köstliche Gerüche von Gewürzen in den Flur und vermitteln ein orientalisches
Flair. Dies sind besondere Momente, kulturelle Vielfalt vor Ort erleben zu können + Freu-
de der Kinder an alltäglichen Dingen + Lebensfreude im Garten: Es gibt mir Ruhe und

          Augenblicke des Glücks
       im Caritasverband Leverkusen
Kraft, den Blick auf die Schönheit der Natur zu lenken + Verschlafene Kinder nach dem
Mittagsschlaf, bevor das Nachmittagsprogramm beginnt + Durch den Lockdown können
die Frühen Hilfen nicht wie üblich niederschwellig von den Familien der Siedlung und den
umliegenden Orten besucht werden. Nun besuchen wir die Familien zu bestimmten An-
lässen wie zur Adventszeit, Karneval und Ostern und überraschen sie mit kleinen gepack-
ten Taschen mit netten Kleinigkeiten zum Basteln, Spielen und Lesen. Wir erhalten immer
eine gute Rückmeldung, dass wir so mit den Familien in Kontakt bleiben können und
sie neue Anregungen und Informationen bekommen + Über das Angebot einer Arbeits-
stelle in der Kleiderkammer hat eine Klientin sich riesig gefreut. Für sie als alleinerzie-
hende Mutter mit drei Kindern stellt das eine große Chance dar + Im eingeschränkten
Regelbetrieb hat man mehr Flexibilität und Zeit, individuell auf die Kinder einzugehen
+ Eine Riesennachzahlung zustehender Sozialleistungen konnte der Empfänger, der in
unserer Beratung ist, kaum glauben, viele Sorgen waren auf einen Schlag erledigt + Kin-
der beim Experimentieren und Erforschen beobachten – tiefes, versunkenes Spiel + Die
Sonne scheint, Blumen blühen, Bäume werden grün und tragen Blüten + Wir kommen gut
durch die Krise und sind gesund + Intensive Zeit mit den Kindern + Negativer Coronatest
+ Kind steht am kleinen Spieltisch, löst die Hände, schaut mich quer durch den Raum an
und läuft das erste Mal mehrere Schritte auf mich zu + Wärmende Sonnenstrahlen und
zum ersten Mal mit dem Fahrrad zur Arbeit + Positives Feedback der Eltern + Feierabend.
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