Lebensfreude und Glücksmomente - Caritas Leverkusen
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Ausgabe 2/2021 Lebensfreude und Glücksmomente
Liebe Leserinnen und Leser, irgendwie kam alles anders als ge- einer funktionierenden Dienstge- Wir haben Momente der Lebensfreude dacht. Die Wir Zeitung war fertig meinschaft, in der viele mit anpacken in unserem Verband gesammelt und und kurz vor der Drucklegung, da er- und sich gegenseitig unterstützen, festgestellt, wie schön es doch ist, dass eilte Leverkusen eine nie dagewesene das überwiegende Verständnis von es überwiegend die kleinen Dinge sind, Flutkatastrophe. Plötzlich bekommt Bewohnern und Angehörigen, die die uns glücklich machen und dass so- das Schwerpunktthema ‚Lebensfreu- konkret erfahrbare Solidarität von ziale Beziehungen eine wichtige Rolle de und Glücksmomente‘ einen ganz Kooperationspartnern und Firmen, spielen, was sich in der Hochwasser- anderen Hintergrund. Wir haben die seit langer Zeit mit dem Caritas- zeit erneut deutlich offenbarte. uns dennoch entschieden, die Zei- verband verbunden sind. tung mit diesem Schwerpunkt zu Auch die Wissenschaft beschäftigt sich veröffentlichen und einen Sonderteil Als wir uns auf die Suche nach einem damit, was Lebensfreude und Glück zu den Überschwemmungen einzu- Schwerpunktthema für diese Aus- ausmacht. Und so freuen wir uns, dass fügen. Bei aller Tragik der Situation gabe machten, war unser ursprüng- wir mit Julia Krasko von der Bochu- und der ungewissen Zukunft hat es liches Ziel, der Schwere der letzten mer Ruhr-Universität eine Autorin für auch in dieser Zeit ganz besondere Zeit – und damit meinten wir eigent- unseren Gastartikel gefunden haben, Glücksmomente gegeben: die unfass- lich das Leben mit Covid 19 – etwas die ganz aktuell zum Thema forscht bare Hilfsbereitschaft der Leverkuse- Leichtigkeit entgegenzusetzen. Dass und uns an ihren Erkenntnissen teil- ner, das unermüdliche Engagement mit der Hochwasserkrise noch eins haben lässt. t der Leitungskräfte und Mitarbeiten- draufgesetzt wurde, konnten wir zu den, das ganz besondere Erlebnis der Zeit noch nicht erahnen. Gundula Uflacker Impressum Redaktion: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit Bildnachweis: Fritzi Frank, Gundula Uflacker, haben wir uns entschieden, in den Texten Titel: Barbara Bechtloff Hieronymus Messing, ausschließlich die männliche Schreibform Seiten 3, 4, 5, 6: Caritas V.i.S.d.P.: Wolfgang Klein zu verwenden. Wo es möglich ist, be- Seite 7: Kollbach Bansi Architekten mühen wir uns um geschlechterneutrale Seiten 8, 9, 10: Haus Maurinus Caritasverband Leverkusen e.V. Begriffe. Seite 11: RUB, Kramer Bergische Landstraße 80 Seiten 12, 13, 14: Gundula Uflacker 51375 Leverkusen Gestaltung: Seite 15: Rebecca Hinkelmann Telefon 0214 85542-500 The Vision Company Werbeagentur GmbH Fax 0214 85542-550 info@caritas-leverkusen.de Druck: www.caritas-leverkusen.de Medienhaus Garcia GmbH, Leverkusen 2 wir 2/2021
Sonderthema Massive Überschwem- mungen in Schlebusch Mehrere Einrichtungen des Caritasverbandes Leverkusen betroffen In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli Katholischer Frauen betriebenen Ein- der Feuerwehr und der Rettungsdienste. trat die Dhünn im Leverkusener Stadtteil richtung der Eingliederungshilfe sowie Caritasdirektor Wolfgang Klein sagt: Schlebusch über die Ufer und zerstörte das Christophorus-Haus mit 24 Wohn- „Ich bin sehr stolz auf unsere Mitarbei- mit einer in Tempo und Kraft unge- plätzen für suchterkrankte Menschen, tenden, die unermüdlich, besonnen ahnten Flutwelle auch Einrichtungen das zusätzlich durch den Oulusee über- und immer den Bewohnern verständ- der Caritas Leverkusen. Besonders be- schwemmt wurde. nisvoll zugewandt Unendliches geleis- troffen sind das Altenzentrum St. Eli- tet haben und leisten. Das ist gelebte sabeth mit 108 Betreuungsplätzen und Rechtzeitig in Sicherheit gebracht Caritas! Besonders dankbar bin ich der Wohnpark Alt-Schlebusch mit 44 auch für die große Solidarität der mit seniorengerechten Wohnungen. Hier Das Wichtigste vorab: In dieser Nacht uns verbundenen Firmen, die uns von mussten alle rund 160 Bewohner auf konnten alle Betroffenen in Sicherheit Anfang an tatkräftig unterstützt und Anordnung der Feuerwehr innerhalb gebracht werden und niemand wurde mitgedacht haben.“ von kürzester Zeit evakuiert werden. ernsthaft verletzt. Dies nicht zuletzt Zwei weitere Einrichtungen waren auch durch das äußerst umsichtige Christophorus-Haus und Clara-Fey- tagelang ohne Strom: das Clara-Fey- Handeln und die empathische Beglei- Haus konnten – nachdem die Strom- Haus mit Verwaltungsbüros und 16 tung der den Bewohnern vertrauten versorgung wiederhergestellt war nach Plätzen in einer durch den Sozialdienst Mitarbeitenden des Caritasverbandes, rund zehn Tagen wieder vollständig in wir 2/2021 3
Sperrmüll, soweit das Auge reicht. In einer samstäglichen Auf- räumaktion fanden sich über 100 Helferinnen und Helfer aus Leverkusen und Umgebung zusammen und räumten den Keller des Wohnparks Alt-Schlebusch leer. Mit dabei waren Mitarbei- tende des Caritasverbandes und mit diesem verbundener Unter- nehmen, Angehörige und viele Menschen aus dem Stadtgebiet. Ein besonderes und berührendes Erlebnis und wahrer Glücks- moment, wie Caritasdirektor Wolfgang Klein berichtet.
Sonderthema Betrieb gehen, der Schaden an den Hinzu kommt, dass in der ersten Zeit zung aus Hilden, sodass ein Teil der anderen Einrichtungen dagegen ist weder Festnetz- noch Mobiltelefon Kunden, diejenigen mit einem beson- immens: Teile der Gebäude sind nicht noch Internet funktionierten, was den deren Bedarf, weiter versorgt werden mehr bewohnbar. In den Erdgeschoss- Informationsfluss extrem behinderte. können. Hier wird einmal mehr deut- wohnungen des Wohnparks stand das lich, wie bedeutsam es ist, ein gutes Wasser mindestens hüfthoch, im De- Gelebte Dienstgemeinschaft Netzwerk zu haben. menzwohnbereich des Altenzentrums bis an die Decke. Die Inneneinrichtung Mit vereinten Kräften wurden Trans- Es ist eine Zeit, die den unmittelbar Be- ist komplett zerstört, und die Bewohner porter mit dem Notwendigsten für den troffenen viel abverlangt. Die, die Hab haben alles verloren. Einige konnten Alltag beladen und an die unterschied- und Gut verloren haben, die, die sich um bei Angehörigen unterkommen, und lichen Stellen gebracht, Angehörige die Schadensregulierung kümmern, die, einige sind vorübergehend in einem informiert und Listen erstellt, wo wer die unter widrigen Umständen Dienst- Hotel untergebracht – begleitet durch zu finden ist. Unzählige Telefonate aus pläne erstellen und eine gute Pflege und Mitarbeitende des Caritasverbandes der Geschäftsstelle, wo die Telefonlei- Versorgung organisieren, die, die unter Leverkusen. tungen glücklicherweise noch funktio- sehr provisorischen Umständen arbei- nierten, Zusammenrücken in den noch ten und die sich der Caritas anvertrau- Komplettausfall von funktionstüchtigen Büros – hier zeigte enden Menschen betreuen, pflegen und Telefon und Internet sich, was flexibles Arbeiten bedeutet. begleiten. Die Bewohner des Altenzentrums Auch der ambulante Pflegedienst, der Jetzt laufen Trocknungsgeräte, die Schä- St. Elisabeth waren zunächst an vier in der akuten Überschwemmungszeit den werden mit Fachleuten begutachtet unterschiedlichen Orten einquartiert, die Patienten nicht erreichen konnte und ein Neustart geplant. Es wird alles eine logistische Herausforderung für und zudem zwei Fahrzeuge verloren darangesetzt, so schnell wie möglich die Mitarbeitenden, denn es galt, Medi- hatte sowie der à la carte Mahlzeiten- wieder Normalität einkehren zu lassen. kamente und Pflegemittel zur richtigen dienst, dessen gesamte Infrastruktur Realistisch gesehen ist festzuhalten: Der Zeit am richtigen Ort zu haben und auf zerstört wurde, mussten und müssen Weg dorthin ist noch weit. t gewohnte arbeitserleichternde Hilfs- improvisieren. Für den Mahlzeiten- mittel zu verzichten. dienst kommt logistische Unterstüt- Gundula Uflacker wir 2/2021 5
Sonderthema Schadensbilanz Die Erdgeschosswohnungen im Wohnpark Alt-Schlebusch sind vorübergehend nicht bewohnbar. Zwei Fahrzeuge des Ambulanten Pflegedienstes und sechs Fahrzeuge des Mahlzeitendienstes sowie dessen komplette Infrastruktur, z.B. Kühlhaus, Ware, Lagermöglichkeiten, Kühlschränke sowie die Konvektomaten, mit denen das Essen vor Auslieferung erwärmt wird, sind zerstört. Der Demenzwohnbereich des Altenzentrums St. Elisabeth ist nicht mehr nutzbar. Die technische Ausstattung (Elektrik, Aufzüge, Heizungsanlagen) des Clara Fey Hauses, des Christophorus- Hauses, des Altenzentrums St. Elisabeth und des Wohnparks Alt-Schlebusch ist ganz oder teilweise zerstört. Der Werkraum der Arbeitstherapie sowie das gesamtverbandliche Caritasarchiv im Christophorus-Haus sind zerstört. Es besteht hoher Renovierungs- und Instandsetzungsbedarf in allen Unter- bzw. Erdgeschossen sowie der Außengelände der betroffenen Einrichtungen. 6 wir 2/2021
Caritas Aktuell Bauprojekte im Caritasverband Leverkusen Es tut sich was Thomas Morus – Neue Heimat für die einen Ersatz für das Objekt, das den gesetzlich vorgeschriebenen Stan- Bauantrag gestellt Bewohner des dards nicht mehr Genüge leistet. Allein der Bestandsschutz sichert In der letzten Ausgabe der WIR haben Christophorus-Hauses bis auf Weiteres den Verbleib. Über wir ausführlich über das Vorhaben den Sachverhalt sind vielfach Ge- „Umbau der Kirche St. Thomas Morus“ In der Leverkusener Lokalpresse war spräche mit der Vermieterin geführt berichtet. Geplant ist die zukünftige kürzlich viel über das Christophorus- worden, die jeweils zur Verlänge- Nutzung des Kirchbaus für soziale Haus in der Von-Diergardt-Straße rung des seinerzeit befristeten Miet- Wohnzwecke. Ein weiterer Schritt ist zu lesen. Kritisch wird angemerkt, vertrages geführt haben. Mit einem in diesem spannenden, wunderbaren dass das Grundstück zukünftig nach Baugrundstück in Wiesdorf sind wir Projekt getan. Der Bauantrag ist fertig einer Vorlage aus dem Baudezernat fündig geworden. Die Gespräche mit und wird alsbald zur Genehmigung nicht mehr als Gemeinbedarfsfläche der Stadt und einem Investor für die eingereicht. Parallel hierzu wird auch bewertet wird und somit eine aus- Errichtung eines Neubaus laufen. die Erzbischöfliche Baugenehmigung schließlich soziale Nutzung nicht Ein entsprechender Bauvorbescheid beantragt. Für das im Wesentlichen mehr gefordert wäre. In dem Gebäude liegt vor. Für die Bewohner des Hau- durch Mittel der Wohnungsbauförde- ist seit 1995 eine soziotherapeuti- ses eine gute Entwicklung, werden rung getragene Vorhaben liegen darü- sche Einrichtung mit 24 Bewohnern sie doch in baldiger Zukunft eine ber hinaus bereits von drei Stiftungen des Caritasverbandes beheimatet. neue Heimat in einem modernen Finanzierungszusagen vor. Seit langem sucht der Caritasverband und an den notwendigen Bedürf- nissen orientierten Zuhause finden. St. Elisabeth – es kann losgehen? Gerne hätten wir an dieser Stelle auch über den Stand der Um- und Neu- baupläne für unser Altenzentrum St. Elisabeth berichtet. Das verheerende Hochwasser der Dhünn lenkt jetzt je- doch unsere Gedanken auf eine schnel- le Herrichtung der Bewohnbarkeit des Gebäudes. Die Sicherstellung der Pflege und Betreuung unserer Bewohner im gewohnten Umfeld hat für uns erste Priorität. t Wolfgang Klein © Kollbach Bansi Architekten Caritasdirektor wir 2/2021 7
Schwerpunkt Was macht uns glücklich? Auf Spurensuche im Caritasverband Leverkusen e.V. Nicht an Probleme denken, kein Stress – einfach Liebe. Das bedeutet für Herrn O. Glück. Er sitzt an einem regnerischen Tag im Mai in meinem Büro des Fach- dienstes für Integration und Migration. Wegen Corona mit Maske und bei offe- nem Fenster. Bei schönem Wetter wäre wenigstens ein Kaffee draußen auf der Bank möglich gewesen. So fühlt es sich fast an wie ein ganz normales Beratungs- gespräch. Doch das Thema ist heute ein anderes. Heute geht es nicht um dring- liche Fragen und Probleme. Heute gibt Herr O. mir einen kleinen Einblick in das, was ihn glücklich macht. „Ich scherze mit meinen Kollegen und habe immer einen Carsten musiziert im Garten Spruch auf den Lippen“, sagt er, und beim – und das zaubert ein Lachen Blick auf sein verschmitztes Lächeln ins Gesicht von Tim, seinem glaubt man ihm das sofort. Auch, dass er blinden Mitbewohner. gerne mit Menschen zusammen ist. Herr O. packt an. Die Arbeit als Auslieferungs- fahrer strenge ihn zwar an, aber zu Hau- Hauses Maurinus. Doch wegen Corona zeugen, waren dabei die Schiffe auf se sitzen, das sei nichts für ihn. „Sonne musste die erste von zwei jährlichen dem Rhein. „Auch ein Polizeiboot tut mir gut, und ich vermisse den lan- Urlaubsfahrten für die 24 Frauen und war dabei“, berichtet mir eine Mit- gen Sommer in Syrien“, erzählt er. Er sei Männer mit geistiger oder mehrfacher arbeiterin stellvertretend für ihn und aber froh, in Deutschland zu sein, keine Behinderung ausfallen. Alternativ wurde seine Augen leuchten. Auch in den Angst mehr zu haben. Sobald es möglich ein abwechslungsreiches Programm eigenen vier Wänden gab es verschie- ist, möchte er die deutsche Staatsbürger- für den Urlaub zu Hause auf die Beine dene Angebote. Von einem Wellnesstag schaft beantragen. Als ich ihn frage, was gestellt, denn es sollte trotzdem eine mit der Möglichkeit, es sich auf dem er macht, wenn er sie bekommt, sagt er: besondere Auszeit vom Arbeits alltag Massagesessel gut gehen zu lassen, bis „Dann mache ich Party! Es heißt: Ich bin in einer Werkstatt für behinderte Men- zum Sporttag mit Bewegung und Spaß frei, ich kann arbeiten, ich kann fliegen, schen oder auch vom Rentnerdasein beim Torwandschießen und Bowling ich kann reisen!“ werden. im hauseigenen Garten – für jeden war glücklich Machendes dabei. Reisen ist Freiheit Ausflüge in die Bahnstadt Opladen und den Neulandpark standen auf dem Für die WIR-Redaktion darf auch ich Reisen wollten in diesem Frühling auch Programm. Das Highlight für Carsten, ein paar Stunden Urlaubsluft im Haus die Bewohnerinnen und Bewohner des einen großen Fan von Wasserfahr Maurinus schnuppern. 8 wir 2/2021
Einfach mal die Seele baumeln lassen – ein Glücksmoment in der Opladener Bahnstadt
Schwerpunkt schafft, den nächsten Schritt zu gehen Carsten malt sein und abstinent zu werden. Doch er ist, Lieblingsmotiv aus wie er sagt, ein „Kundschafter“, ständig auf der Suche nach etwas Neuem. „Ich erlebe jeden Tag viele Glücksmomente, das Leben ist spannend. Ich will meine Umwelt wahrnehmen, nutze meine Sin- ne, fühle, rieche, schaue.“ Das ist für ihn der Grund, warum wir beide entspannt im Schatten auf einer Bank am Schle- buscher Marktplatz sitzen, warum er sich bereit erklärt hat, über sich zu sprechen und in der WIR-Zei- tung einen Einblick in sein persön- liches Glück zu geben. Dick werkelt gerne mit den Händen. Zu sehen, wie durch die eigene Arbeit etwas Neu- es entsteht oder wieder funktioniert, gibt ihm ein Hochgefühl. „Da kann ich schreien vor Freude! Ich bin bei mir, erlebe den Moment des Glücks.“ Zu- rückhaltender wirkt auf mich Andrea Duppach. Die gebürtige Leverkusene- Weil das Wetter für Außenaktionen Bewohnern des Christophorus-Hauses, rin hat im Leben schon so einiges mit- nicht mitspielt, wird aus dem Gemein- einer Einrichtung für Menschen mit gemacht. Im letzten Jahr ist ihr Freund schaftsraum, in dem die Urlauber eben Suchtgeschichte. Dirk Pawelzik ist seit gestorben. „Er lag tot neben mir im noch zusammen ihr frisch gekochtes sieben Jahren hier zu Hause. Wir sitzen Bett. Multiorganversagen nach langjäh- Mittagessen genossen haben, kurzer- im Garten mit Blick auf den in gemein- rigem Alkoholmissbrauch“, wie sie sagt. hand ein Kinosaal. Schnell komme ich samer Arbeit neu gebauten Kaninchen- Danach hat sie aufgehört zu trinken. ins Gespräch. Auf die Frage, was am stall, und er berichtet, dass er sich im Sie will leben. Auch wenn das Leben Urlaub am schönsten sei, gibt Heiko Haus sehr wohl fühlt. „Ich bin in mei- ihr gerade nicht freundlich gesinnt ist. eine Antwort, die sicherlich viele von nem Flur der Hahn im Korb“, erzählt er Duppach hat eine schwere Darmer- uns teilen: „Lange Schlafen und einfach lächelnd. Mit den drei Frauen verstehe krankung, hat viel Gewicht verloren, faul sein.“ er sich sehr gut. Es habe immer jemand ist körperlich schwach. Doch die Frau, Zeit für ein Schwätzchen, das tue gut die neben mir sitzt, wirkt innerlich Tanzen, einfach, und helfe ihm dabei, trocken zu bleiben. klar, weiß, wohin sie will. Sie war lan- weil es Freude bereitet Glück bedeutet für Pawelzik auch, seine ge Kraftfahrerin, war nachts mit dem Freundin in Opladen zu besuchen, LKW unterwegs und tagsüber für ihre Besonders berührend beim Besuch gemeinsam essen zu gehen, einfach Kinder da. Nun haben die Kinder der Urlaubswoche ist für mich die Zeit miteinander zu verbringen. Er tele- selbst Kinder, und sie ist Oma, mit familiäre und liebevolle Atmosphäre foniert jeden Abend mit ihr. Kommuni- Leib und Seele. Die Kinder machen im Haus Maurinus. Wie die Men- kation, sich austauschen, im Gespräch sie glücklich. Ihre Familie, ihr Umfeld, schen miteinander umgehen, die dort bleiben, ... das ist für ihn wichtig. die Mitbewohnerinnen und Mitbewoh- leben und arbeiten. Zu sehen, dass ner im Christophorus-Haus, ihre Be- es ihnen ein wirkliches Zuhause ist. Beziehungen sind zugspersonen dort – sie alle geben ihr Dass sie Freundschaften – und auch Rettungsringe Halt, lassen sie nicht den Mut verlieren. kleinere Feindschaften – pflegen. Dass Besonders freut sich Duppach auf sie sich gegenseitig wertschätzen und „Beziehungen, Freunde, mein Umfeld die anstehende Projektwoche. Auch das so unumwunden ausdrücken: – das waren meine Rettungsringe nach hier stehen Ausflüge an, gemeinsames sich umarmen und zusammen tan- meinem Unfall und dem Alkoholmiss- Erleben, Urlaubsfeeling in Coronazeiten. zen, einfach so, weil es Freude bereitet. brauch danach“, erzählt Pawelziks Mit- Darauf freut sie sich, denn: „Das Leben Wie wichtig es für unser Glück ist, bewohner Michael Dick. ist nicht nur ernst!“. t Menschen um uns zu haben, ist ebenso Ohne verbindliche Kontakte, wie etwa zu spüren in den Gesprächen mit drei zu seinem Pfarrer, hätte er nicht ge- Fritzi Frank 10 wir 2/2021
Schwerpunkt Was ist Glück? wenn Probleme offen angesprochen und Schwächen gezeigt werden. Solche Beziehungen erleichtern den Umgang mit Stress und schwierigen Lebenssitu- Erkenntnisse aus der Glücksforschung ationen und sind eine wichtige Quelle positiver Stimmungen und Emotionen. Wie man mit schwierigen Lebenssitua- schaften abzuhängen scheint. Besonders tionen umgeht, ist ebenfalls wichtig für die Eigenschaften Extraversion und emo- das Glücksempfinden. Eine gelassene, tionale Stabilität spielen eine wesentliche humorvolle Haltung und die Fähigkeit, Rolle. Extraversion beschreibt die Ten- in schwierigen Situationen etwas Posi- denz, gesellig zu sein, menschliche Inter- tives zu sehen und aus Erfahrungen zu aktionen zu genießen und aus zwischen- lernen, können dabei helfen, diese Situa- menschlichen Kontakten Energie und tionen gut zu überstehen. Dennoch ist es positive Emotionen zu schöpfen. Emo- auch wichtig anzuerkennen, dass das Le- tionale Stabilität beschreibt die Tendenz, ben nicht nur aus schönen Erfahrungen Glück hat viele persönliche und gesell- wenig zu Ängsten, Sorgen und ne- und positiven Emotionen besteht. Denn schaftliche Vorteile. So berichten glück- gativen emotionalen Reaktionen zu es beeinträchtigt das Glücksempfinden, liche Menschen von besseren sozialen neigen und allgemein eher ausgeglichen sich mit Problemen und negativen Emo- Beziehungen und geben an, mehr zu sein. Darüber hinaus hängt unser tionen wie Trauer oder Hilflosigkeit nicht Freunde zu haben. Sie setzen sich häufiger Glücksempfinden auch mit den auseinandersetzen zu wollen oder Hilfe ehrenamtlich ein, sind beruflich erfolg- Lebensumständen zusammen. Bei- abzulehnen. Auch mit der Auswahl kon- reicher (was sich etwa an einem höheren spielsweise sind Menschen in einer kreter Aktivitäten im Alltag können wir Durchschnittseinkommen zeigt) und be- finanziell schwierigen Situation un- etwas für unser Glücksempfinden tun. richten von einer besseren gesundheitli- glücklicher als Menschen, die über So wirkt es sich positiv aus, Zeit an der chen Verfassung. Da überrascht es wenig, ausreichend finanzielle Mittel verfügen frischen Luft zu verbringen, körperlich dass die meisten Menschen sich wün- – auch wenn die Befriedigung mate- und geistig aktiv zu bleiben und sich auch schen, glücklich zu sein. Aber was genau rialistischer Bedürfnisse selbst nicht mal an herausfordernde Aktivitäten zu ist eigentlich Glück? In der psychologi- unbedingt glücklich macht. wagen, durch die wir an unsere persön- schen Forschung vermeidet man es in der lichen Grenzen kommen. Denn solche Regel, von Glück zu sprechen, da dieser Soziale Beziehungen sind wichtig herausfordernden Aktivitäten wirken Begriff von Menschen sehr unterschied- sich positiver auf das Glücksempfinden lich verstanden werden kann. Stattdessen Gene, Persönlichkeit und Lebens- aus als eher passive – so schön es auch untersucht man das subjektive Wohlbe- umstände können unser Glücksempfin- mal sein kann, sich nach einem har- finden, das die drei Facetten positiver Af- den aber nicht vollständig erklären. Es ten Arbeitstag mit einem entspannten fekt, negativer Affekt und Lebenszufrie- gibt immer ein paar Dinge, die man tun Abend auf der Couch zu belohnen. Es denheit umfasst. Positiver und negativer kann, um innerhalb des persönlichen lässt sich zusammenfassen, dass Glück Affekt beziehen sich darauf, dass positive Spielraums sein Glück positiv zu beein- zwar zu einem großen Teil von stabilen Stimmungen und Emotionen (zum Bei- flussen. So lohnt es sich zum Beispiel, in Faktoren abhängt, wir es aber dennoch spiel Freude) möglichst häufig und nega- gute soziale Beziehungen zu investieren. innerhalb unseres persönlichen Spiel- tive (zum Beispiel Traurigkeit) möglichst Wie wichtig diese für unser Glücksemp- raums aktiv beeinflussen können. Men- selten erlebt werden. Bei der Lebens- finden sind, haben unzählige hochwer- schen, die dazu bereit sind, Energie zu zufriedenheit geht es darum, dass man tige Untersuchungen in der Vergangen- investieren, und unangenehme Erfah- sein Leben insgesamt positiv beurteilt. heit immer wieder gezeigt. Entscheidend rungen in Kauf nehmen, um glücklich Wenn im Folgenden von „Glücksemp- ist dabei jedoch nicht, dass man einen zu sein, beschreiben sich als glücklicher finden“ die Rede ist, dann im Sinne eben Partner oder einen möglichst großen als Personen, die diese Energie nicht in- dieses subjektiven Wohlbefindens. Die Bekanntenkreis hat. Vielmehr kommt es vestieren wollen. Dennoch sollte man Frage, ob Glück aktiv beeinflusst wer- darauf an, enge Bezugspersonen im Le- auch akzeptieren, dass schwierige Zeiten den kann, ist so alt wie die Beschäftigung ben zu haben und qualitativ hochwertige manchmal zum Leben dazugehören, und mit dem Glück selbst. Psychologische soziale Beziehungen zu führen. Diese sich vor Augen halten, dass auch wieder Untersuchungen haben gezeigt, dass ein erkennt man unter anderem daran, dass bessere Zeiten kommen. t großer Teil unseres Glücksempfindens man sich auf eine Person verlassen kann, von genetischen Faktoren und stabilen, sich vor dem Gegenüber nicht verstellen M. Sc. Julia Krasko überdauernden Persönlichkeitseigen- muss und sich auch wertgeschätzt fühlt, Ruhr-Universität Bochum wir 2/2021 11
Glaube im Alltag Glücksbringer Glaube Macht Gott uns glücklich? M enschen, die an Gott glauben, sollen im Leben zu finden, ist keine Frage der Selbstoptimierung. glücklicher und stressresistenter sein. So Es liegt nicht oder nicht nur in unserer Hand, ob wir glück- sagen es zumindest wissenschaftliche Stu- lich werden. Unsere Gene, unsere Talente, die gesellschaft- dien. Doch was bedeutet das im Alltag? lichen Verhältnisse, die Zeit, in die wir geboren werden – all Sind Priester und Ordensleute glücklicher das entscheidet mit, ob wir glücklich werden. Und auch an als alle anderen? Und wie funktioniert das Gott zu glauben, ist keine Eintrittskarte für ein rundherum Glück durch den Glauben? „Glücklich leben wollen alle“, erfülltes Leben. Nirgendwo verspricht die Bibel: Glaub und schrieb schon der römische Philosoph Seneca vor fast 2000 du wirst glücklich. Der Glaube ist kein Abonnement für Jahren. Doch wohl nie zuvor in der Menschheitsgeschichte schöne Gefühle und Happy Ends. Er kann eine Orientierung war die Sehnsucht nach Glück ein so großes Thema wie heute. sein – wie ein GPS-Signal, das mir immer wieder den Weg weist, wenn ich eine Panne habe oder ganz von der Straße Das Glück in Gott finden – oder im Glauben an ihn. Wort- abgekommen bin. wörtlich steht es so jedenfalls nicht in der Bibel. Dort taucht der Begriff Glück kaum auf. Lediglich ein paar Mal im Macht Gott glücklich? Bestimmt nicht so, wie wir es mit un- Alten Testament, im Neuen Testament gar nicht. Das heißt seren irdischen Maßstäben verstehen können. Er macht uns aber nicht, dass die Bibel keine Glücksgeschichten enthält. vielleicht nicht glücklich, aber glückselig. t Die Geschichte vom verlorenen Sohn oder die Seligpreisungen erzählen von einem gelingenden Leben. Hieronymus Messing Einer der ersten Christen, der verstehen wollte, wie Gott und das Glück zusammenhängen, ist der Kirchenvater Augustinus. Im Jahr 386 nach Christus schreibt er ein Büchlein mit dem Titel „Vom glücklichen Leben“. Das Thema beschäftigt ihn zeitlebens. Der Mensch könne auf Erden nie das vollkommene Glück finden. Frühestens nach dem Tod stelle sich die Glück- seligkeit ein, erklärt Augustinus. Glückselig – das übertrifft das „normale“ Glücklichsein. Das meint den Himmel, bei Gott zu sein. Einen etwas weltlicheren Blick wagt der Theo- loge Thomas von Aquin im Mittelalter: Vollkommenes Glück sei zwar erst im Jenseits zu erlangen, aber auf Erden könne je- der das unvollkommene Glück erreichen. Das Glück auf Er- den – aus christlicher Sicht ein Vorgeschmack auf den Him- mel? In Mt 6,34 heißt es: „Sorgt euch also nicht um morgen: denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen.“ Genießt euer Leben, statt ständig darüber zu grübeln, was morgen anders sein könnte. Hört auf, dem Glück nachzu jagen! Das sagt Jesus hier. Und: Wer glaubt, muss nicht all seine Träume im Diesseits verwirklichen, wenn er doch auf das Jenseits hoffen darf. Er kann ganz im Hier und Jetzt leben. Es ist eine Art Selbstvergessenheit, für die er wirbt. Sich dem Leben, etwas Größerem hinzugeben, statt dem eigenen egoistischen Streben nach Glück. Denn das Glück, den Sinn 12 wir 2/2021
Caritas Aktuell Ein neues Gesicht und viele Ideen Im Gespräch mit dem neuen kaufmännischen Vorstand Carsten Wellbrock Der Caritasverband Leverkusen e. V. hat einen neuen kaufmännischen Vorstand. Seit Mai dieses Jahres lenkt Carsten Wellbrock gemeinsam mit Caritas direktor Wolfgang Klein die Geschicke Verbandes. Der 44-Jährige aus dem Münsterland bringt viel Erfahrung aus dem kirch- lichen und karitativen Umfeld mit. Als Diplom-Kaufmann war er zuletzt kauf- männischer Direktor Senioren hilfe bei der Stiftung Mathias-Spital in Rheine. Seine dortige Erfahrung, die Arbeit in verschiedenen leitenden Funktionen im Bischöflichen Generalvikariat Münster sowie seine Ehrenämter in kirchlichen herausfinden, wie es um die Zufrieden- Sozialer Dienstleister sein – Wir legen Stiftungen bieten ihm eine gute Grundla- heit steht und wo Handlungsbedarf unsere sozialen Dienstleistungen darauf ge für seine neue Aufgabe in Leverkusen. gesehen wird. Vorschläge und Erfah- an, die Zukunftsfähigkeit zu sichern, rungen aus dem Team nehme ich sehr Ressourcen effizient und effektiv ein- Herr Wellbrock, mit welchen Erwar- ernst, voller Respekt und Vertrauen. zusetzen, Verbandsidentität zu fördern tungen sind Sie die Stelle angetreten und zu wahren, Qualitätsstandards und welche davon haben sich in Was macht für Sie gute sicherzustellen und anforderungsgerecht, den ersten 100 Tagen erfüllt? Caritasarbeit aus? kundenorientiert sowie zeit- und praxis- Die Vielfalt an Hilfemöglichkeiten, die „Caritasarbeit ist kirchlicher Dienst“, nah zu wirken. die Caritas Leverkusen mit den rund heißt es kurz und knapp im Leitbild des 560 Mitarbeitenden in unterschied- Deutschen Caritasverbandes. Ich finde: Attraktiver Dienstgeber sein – Wir brau- lichsten Notlagen zur Verfügung stellt, Wer gibt, bekommt auch etwas zurück. chen Mitarbeitende mit einer ausgepräg- hat mich sehr beeindruckt. Gemeinsame Caritasarbeit ist Hilfe für Menschen in ten Identifikation und Loyalität. Jeder Aufgaben zu bewahren, gleichzeitig zu Not. Wir lassen uns unvoreingenom- und jede einzelne, mit welcher Aufgabe schauen, was Neues gebraucht wird men auf alle Menschen mit ihren Le- er oder sie auch betraut sein mag, trägt und passgenaue Hilfen weiterzuentwi- bensverläufen ein und gestalten Sozial- zum Gelingen unseres Auftrages bei. ckeln, darauf freue ich mich. und Gesellschaftspolitik mit. Kriterien für eine gelingende Caritasarbeit vor Vernetzung und Kommunikation In den ersten 100 Tagen habe ich zu- Ort sind für mich: sichern – Das verbandliche Netzwerk nächst die Ausgangssituation analysiert. ermöglicht verbandliche Kooperation Zur Startphase gehörten für mich der Verortet in den Lebenswelten der Men- und Selbstverpflichtungen. Außerdem erste Kontakt zu den Mitarbeitenden schen in und um Leverkusen – Wir un- sind dauerhafte Formen der Mitwir- sowie Einzelgespräche, die Integration terstützen im Rahmen der Möglichkeiten kung und des Engagements wichtig. in den Führungskreis und der Aufbau grundsätzlich alle Menschen – unabhän- Ohne Ehrenamt keine Caritas! des internen Netzwerks. Ich konnte be- gig von deren Religion, Herkunft und reits einige Mitarbeitergespräche füh- Geschlecht. Verbandliche Caritas ist Wirtschaftliches Arbeiten – Um Men- ren, nach Zielen und Wünschen fragen, Kirche! schen in Not über den Bereich der wir 2/2021 13
Caritas Aktuell staatlichen Refinanzierung hinaus die Zukunft zu bringen– zum Wohl der Was können die Kolleginnen und helfen zu können, brauchen wir aus- Menschen, für die wir arbeiten und zum Kollegen von Ihnen als Vorstand er- kömmliche Ressourcen. Dafür müssen Wohl unserer Mitarbeitenden. Schon warten, worauf müssen sie sich ein- wir uns strategisch aufstellen. heute müssen wir die Weichen für die stellen? nächsten Jahre stellen! Für mich ist es wichtig, die Menschen Was werden aus Ihrer Sicht die mitzunehmen, mit denen man Dinge künftigen Herausforderungen Wie werden Sie diesen begegnen – gestalten möchte. Gemeinsame Ziele für den Caritasverband Leverkusen auch wirtschaftlich? erreichen durch ein kollegiales Mitei- sein? Die Caritas in Leverkusen hat Stärken, nander – dadurch wird unsere Arbeit Nach der Pandemie gilt es, Gutes zu be- die es in die Gestaltung der Zukunft ein- in der Caritas Leverkusen erfolgreich. wahren und gleichzeitig den Blick auf zubringen gilt: Caritasarbeit hat ein ho- strukturelle Gegebenheiten zu lenken, hes sinnstiftendes Potenzial. Die Vielzahl Eine gute Zusammenarbeit ist vor um Hilfeangebote für eine Zeit nach Co- von Einrichtungen und Diensten steht allem durch Respekt und Wertschät- rona zu entwickeln. Auch in 20 Jahren für differenzierte Angebote, eine hohe zung geprägt. Respektvoller Umgang, wird es noch eine Caritas geben. Wenn Präsenz und produktive Kooperations- gegenseitige Unterstützung sowie das wir diese Zukunft aktiv und produktiv möglichkeiten. Wir haben den christli- Teilen von Erfahrungen und Wissen. gestalten wollen, braucht es zunächst und chen Anspruch, auch da zu sein, wo nur Die Vielfältigkeit unserer Aufgaben allererst einen vielstimmigen und offe- Wenige hingehen: Arme, Arbeitslose, und unseres Teams macht uns zu ei- Schuldner, Einsame. Im Kern unseres nem besonderen Verband. Handelns steht nicht der Profit, sondern das Leben der Menschen und das Ge- Durch Professionalität und Flexibilität meinwohl. Das leitet uns. Dabei ist aber erreichen wir gemeinsam ein hohes natürlich auch die Frage nach Effizienz qualitatives Niveau. Dabei kann jeder und Effektivität zu klären. seine eigenen Stärken einbringen. Einer Ihrer Schwerpunkte wird die Gemeinsam mit meinem Vorstands- Digitalisierung sein, was sind Ihre kollegen und den vielen Caritasmit- nächsten Schritte? arbeitenden möchte ich alte und neue Der digitale Wandel hat sich zu einem Wege erkunden. In diesem Sinne freue Top-Thema der Sozialwirtschaft ent- ich mich besonders auf die Begegnun- wickelt. Digitalisierung verändert unser gen mit den Menschen im Verband. Zusammenleben und bietet viele neue Möglichkeiten – gerade im Sozialen. Hier Wie haben Sie die erste Zeit als nen Diskurs. Dafür müssen wir immer müssen wir uns an der Lebenswelt orien- Westfale hier im Rheinland erlebt? wieder Gelegenheiten und Beteiligungs- tieren. Wenn diese zunehmend digital Vom ersten Tag an wurde ich herzlich formen schaffen, um über die Zukunft, geprägt wird, haben wir uns als Caritas- aufgenommen. In Leverkusen lässt es ihre Herausforderungen und unsere Ge- verband darum zu kümmern, Menschen sich gut aushalten! Das Wichtigste in staltungsmöglichkeiten nachzudenken. auch dort zu erreichen. einem Land sind die Menschen, die in ihm leben. Die Menschen im Rhein- Das bedeutet, dass wir die Strukturen Ich möchte dazu ermutigen, digitale Lö- land sind einzigartig. Die Mentali- in unserem Verband hinterfragen und, sungen im Sozialwesen auszuprobieren tät ist eine ganz besondere, sagt man wo nötig, neugestalten; dass wir die und die Kolleginnen und Kollegen da- im Münsterland. Und das hat sich in Rahmenbedingungen unserer Arbeit bei begleiten. Wir müssen gemeinsam der ersten Zeit bestätigt. Die meisten in Kirche und Gesellschaft neu schaffen herausarbeiten, welches digitale Engage- Rheinländer sind offen, tolerant, mö- müssen; dass wir Arbeitsabläufe, unsere ment es in unserem Verband gibt und die gen die Gemeinschaft, gehen auf andere Personalentwicklung und unsere Füh- Vernetzung und Zusammenarbeit der zu und reden sehr gerne. rungsstrukturen weiterentwickeln, damit einzelnen Akteure fördern. Digitale Lö- wir auch zukünftig die hilfebedürftigen sungen sind kein Selbstzweck. Sie sollen Naturgenuss und Großstadtflair! Die Menschen erreichen. Wir müssen uns vielmehr für die uns anvertrauten Men- grüne Natur sowie das pulsierende mit Fragen über unser Selbstverständ- schen wie auch die Mitarbeitenden un- Stadtleben – all das vereint das Rhein- nis, die Art und Weise, wie wir bisher mittelbare Vorteile mit sich bringen. Nun land, und das gefällt mir! t unsere Arbeit getan haben und wie wir geht es darum, eine Strategie zur Digita- sie zukünftig gestalten wollen, stellen, lisierung zu entwickeln und das in enger Die Fragen stellte um uns neu in Bewegung und damit in Abstimmung mit den Mitarbeitenden. Gundula Uflacker 14 wir 2/2021
Caritas Aktuell Boys Day digital Schlebuscher Gesamtschüler schnuppern in den Erzieherberuf „Was hat Sie dazu bewegt, Erzieherin nur Fußball“ oder „Männer dürfen Personen unterschiedlichen Geschlechts zu werden?“ und „Mit den Kindern keine Erzieher werden“ sammelten haben, mit denen sie sich identifizie- hat man immer viel zu lachen, oder?“ – und entkräfteten sie. Deutlich wurde: ren können. Er berichtete, dass es auf Fragen, die Schlebuscher Gesamtschü- Pädagogische Fachkräfte haben einen Qualitäten wie Zuverlässigkeit und ler beim digitalen Boys Day stellten, wichtigen Bildungsauftrag, einen viel- Spontaneität ankommt, man aber einem bundesweiten Aktionstag, an fältigen Beruf und erfüllen eine ent- ebenso Spaß am Kontakt mit Kindern dem Jungs Berufe kennenlernen kön- scheidende gesellschaftliche Aufgabe. haben sollte. Er verschwieg nicht, dass nen, in denen überwiegend Frauen auch viel Schreibkram zu erledigen sei, arbeiten. Für vier Stunden kamen die Auf Zuverlässigkeit und aber es gebe immer was zu lachen, und zehn Schüler in einer Videokonferenz Spontaneität kommt es an insgesamt sei der Beruf so abwechs- mit Mitarbeitenden der Tagesein- lungsreich, kreativ und erfüllend, dass richtung für Kinder Am Steinberg ins Konkret wurde es in dem Video, er ihn einfach nur gerne mache. Gespräch. Hier konnten sie unter an- in dem Vorschulkind Martin Erzieher derem mit interaktiven Experimenten, Jonas Würz interviewte. Professio- „Für uns war es eine ganz neue Erfah- Rätseln und dem kleinen ABC von A nell mit Moderationskarten ausge- rung, unseren Beruf in diesem digita- wie Anderssein bis Z wie Zusammen- stattet, stellte er in Talkshow-Manier len Format vorzustellen“, sagt Rebecca halt in den Beruf einer pädagogischen Fragen wie „Dürfen nur Frauen in Hinkelmann, die als stellvertretende Fachkraft hineinschnuppern. der Kita arbeiten?“ oder „Trinken Leitung der Einrichtung die Veranstal- Erzieher nur Kaffee und basteln?“ tung moderierte. „Es hat uns großen Partizipation großgeschrieben Ganz nebenbei kamen so Fakten Spaß gemacht, dafür kreative Ideen zu über das Berufsbild, die Ausbildung entwickeln und gemeinsam mit den Alle acht Gruppen der Einrichtung be- und den pädagogischen Alltag auf Kindern etwas für die Jugendlichen teiligten sich aktiv mit kleinen Audio- den Tisch, die die Jugendlichen inte- vorzubereiten. Gerne pflegen wir den oder Videosequenzen an der Aktion. ressiert und aufmerksam verfolgten. Kontakt zu der Gesamtschule in Schle- Ganz im Zeichen der Partizipation Jonas Würz stellte richtig, dass Män- busch weiter und werben für unseren berichteten die Kinder selbst, was Er- ner wie Frauen in Tageseinrichtungen tollen Beruf.“ t zieher so den ganzen Tag machen. Auch für Kinder arbeiten dürfen und es so- gängige Vorurteile wie „Erzieher spielen gar große Vorteile hat, wenn Kinder Gundula Uflacker Vorschulkind Martin im Interview Kreative Ergebnisse aus dem Experiment mit Erzieher Jonas Würz ‚Das Geheimnis des schwarzen Filzstifts‘. wir 2/2021 15
Herr T., 80 Jahre, strahlt Lebensfreude aus, obwohl er wohnungslos ist. Er hat seine Glücksmomente, wenn er sich in der Bäckerei Berliner kauft, dort zusätzlich etwas um- sonst bekommt und dies dann im Treff mit einer Tasse Kaffee verspeist. Am liebsten aus seiner Lieblingstasse mit der Aufschrift „Bester Opa“! Dann strahlt er über das ganze Gesicht! + Wir konnten einer türkischen Mutter mit geringen Deutschkenntnissen bei ihrer verzweifelten Suche nach einer Hebamme behilflich sein und Kontakt zu unserer Familienhebamme herstellen. Sie war sehr erleichtert und froh darüber + Öffnung der Kita im Juni 2020: endlich die Spielkameraden wiedersehen + Ansteckendes, glucksen- des, tiefes Kinderlachen + Jede erfolgreiche Wohnungsvermittlung ist ein Glücksmoment + Geteilte Freude mit den Kollegen in der Gruppe über Kleinigkeiten und der Austausch über die Entwicklung der Kinder + Ausgebreitete Kinderarme und Morgenrituale in der Kita + Regelmäßig bringen wir den Familien der Siedlung kleine Überraschungstüten. Gefüllt mit Obst, Gebäck, Getränken und anderem – alternativ zu unserem coronabedingt ausfallenden Café. Bei diesen kurzen Kontakten lernen wir auch Familien kennen, die schon von uns gehört, den Treff aber noch nie besucht haben. So konnten wir ein indi- sches Ehepaar kennenlernen, das sich sehr über die Möglichkeit gefreut hat, bei Fragen telefonisch mit uns in Kontakt treten zu können. Wenn wir es jetzt im Haus besuchen, dringen köstliche Gerüche von Gewürzen in den Flur und vermitteln ein orientalisches Flair. Dies sind besondere Momente, kulturelle Vielfalt vor Ort erleben zu können + Freu- de der Kinder an alltäglichen Dingen + Lebensfreude im Garten: Es gibt mir Ruhe und Augenblicke des Glücks im Caritasverband Leverkusen Kraft, den Blick auf die Schönheit der Natur zu lenken + Verschlafene Kinder nach dem Mittagsschlaf, bevor das Nachmittagsprogramm beginnt + Durch den Lockdown können die Frühen Hilfen nicht wie üblich niederschwellig von den Familien der Siedlung und den umliegenden Orten besucht werden. Nun besuchen wir die Familien zu bestimmten An- lässen wie zur Adventszeit, Karneval und Ostern und überraschen sie mit kleinen gepack- ten Taschen mit netten Kleinigkeiten zum Basteln, Spielen und Lesen. Wir erhalten immer eine gute Rückmeldung, dass wir so mit den Familien in Kontakt bleiben können und sie neue Anregungen und Informationen bekommen + Über das Angebot einer Arbeits- stelle in der Kleiderkammer hat eine Klientin sich riesig gefreut. Für sie als alleinerzie- hende Mutter mit drei Kindern stellt das eine große Chance dar + Im eingeschränkten Regelbetrieb hat man mehr Flexibilität und Zeit, individuell auf die Kinder einzugehen + Eine Riesennachzahlung zustehender Sozialleistungen konnte der Empfänger, der in unserer Beratung ist, kaum glauben, viele Sorgen waren auf einen Schlag erledigt + Kin- der beim Experimentieren und Erforschen beobachten – tiefes, versunkenes Spiel + Die Sonne scheint, Blumen blühen, Bäume werden grün und tragen Blüten + Wir kommen gut durch die Krise und sind gesund + Intensive Zeit mit den Kindern + Negativer Coronatest + Kind steht am kleinen Spieltisch, löst die Hände, schaut mich quer durch den Raum an und läuft das erste Mal mehrere Schritte auf mich zu + Wärmende Sonnenstrahlen und zum ersten Mal mit dem Fahrrad zur Arbeit + Positives Feedback der Eltern + Feierabend.
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