Lernzirkel Buddhismus - Stephanie Weiß & Steffen Fischer, September 2009
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Lernzirkel Buddhismus Lernzirkel Judentum Andreas Oelzner, Juni 2006 Stephanie Weiß & Steffen Fischer, September 2009
Lernzirkel Buddhismus Inhaltsverzeichnis Arbeitspass Buddhismus 3 Das Leben Buddhas 4 Buddhas Predigt in Benares 6 Das Nirwana 8 Gott im Buddhismus 9 Verbreitung der Weltreligionen 10 Methode Kreisdiagramm 11 Die drei Fahrzeuge 12 Karte - Richtungen Buddhismus 14 Mönche und Nonnen 15 Der buddhistische Alltag 17 Buddhismus und Christentum 19 Tibet21 Die buddhistischen Nonnen 26 Die Ausfahrten Siddhartas 27 Der achtteilige Pfad 30 © Stephanie Weiß und Steffen Fischer, Dresden, Arbeitsblätter für den Ethikunterricht: Thema - Buddhismus 2
00 Arbeitspass Buddhismus ARBEITSPASS von: Lernzirkel Buddhismus Nr. Postenbeschreibung ! Zeit BE 1 Das Leben Buddhas x 35 3 2 Buddhas Predigt in Benares x 30 3 3 Das Nirvana x 20 2 4 Gott im Buddhismus x 25 3 5 Verbreitung der Weltreligionen x 25 1 6 Die drei Fahrzeuge x 25 2 7 Mönche - Nonnen - Laien x 20 3 8 Der buddhistische Alltag x 15 1 9 Buddhismus und Christentum x 20 1 10 Tibet 20 3 11 Die buddhistischen Nonnen 20 2 12 Die Ausfahrten Siddhartas 15 1 13 Der achtteilige Pfad 15 1 Mindestpunktzahl Note 1 = 21 BE Stationen+ 5 BE Arbeitsweise + 5 BE Sauberkeit (9 Pflichtstationen + mindestens 1 Wahlstation) Regeln: 1. Bei Fragen dürft ihr einfach aufstehen und zum Lehrertisch kommen. (immer nur 1 Schüler/in). 2. Bei kleineren Unklarheiten dürft ihr einen Mitschüler befragen. 3. Jede begonnene Station muss beendet werden. 4. Bei Beendigung einer Station holtst du dir einen Stempel. © Stephanie Weiß und Steffen Fischer, Dresden, Arbeitsblätter für den Ethikunterricht: Thema - Buddhismus 3
01 Das Leben Buddhas Aufgabe 1: Lies den Lebenslauf! Stelle das Leben Siddhartas in einem tabella- rischen Lebenslauf dar! Aufgabe 2: Erläutere, in welchem Verhältnis die Namen »Siddharta« und »Buddha« stehen? Beziehe in deine Ausführungen den Vergleich der Namen »Jesus« und »Christus« ein! Aufgabe 3: Welche Rolle spielt die Erfahrung des Leids im Leben Siddhartas? Im Himalayagebiet des heutigen Nepal wurde um das Jahr 560 v. Chr. Siddharta geboren, den seine Freunde auch Gautama nannten. Später gab man ihm den Namen »Buddha« (d. h. der Erleuchtete). Nach der Überlieferung war sein Va- ter Shudhodana ein mächtiger König, Siddharta ein Königssohn. In Wirklichkeit war Siddhartas Vater wohl eher ein adliger Großgrundbesitzer. Seine Mutter Maya starb schon sieben Tage nach seiner Geburt. Der junge Siddharta erhielt eine ausgezeichnete Erziehung. Er lernte alles, was Adlige damals lernen durften: Sprachen und Mathematik, Reiten und Bogen- schießen, Fechten und Ringen. Der Vater bemühte sich, alles Leiden aus dem Leben seines Sohnes zu verbannen. Er überhäufte den jungen Mann mit Luxus, um ihm damit Freude zu machen und ihn dadurch zu Hause zu halten. Denn der Vater fürchtete, dass Siddharta nach der Art vieler Inder das Geburtshaus verlassen und Mönch werden könnte. Als Siddharta sich entschloss, die schöne Prinzessin Yasodara zu heiraten, dachte sein Vater, nun könne ihn nichts mehr dazu bringen, den väterlichen Palast zu verlassen. Doch er hatte sich getäuscht. Die Überlieferung berichtet, dass Siddharta viermal aus dem Palast des Vaters in die Stadt ausfuhr. Dabei machte er Erfahrungen, die ihn tief erschütterten und seinem Leben eine neue Richtung gaben. Er traf bei diesen vier Ausfahrten einen Greis, einen Kranken, einen Toten und einen Mönch (Station 12). Siddharta wurde sich bewusst, dass auch er selbst von Krankheit, Tod und Leiden bedroht ist und dass nur das Leben eines Mönchs innere Ruhe und Freiheit schenken könne. Darum verließ er im Alter von 29 Jahren das väterliche Haus und ließ alles zu- rück, was ihm bisher Glück und Freude bereitet hatte. Selbst von seiner Frau und seinem kleinen Sohn trennte er sich ohne von ihnen Abschied zu nehmen. © Stephanie Weiß und Steffen Fischer, Dresden, Arbeitsblätter für den Ethikunterricht: Thema - Buddhismus 4
01 Lernzirkel Buddhismus Siddharta beschäftigte die Frage, woher das Leid komme und wie es überwun- den werden kann. Zuerst ging er zu einem berühmten Brahmanen, doch die Antworten dieses Priesters befriedigten ihn nicht. Dann ging er auf Wander- schaft und versuchte, in harter Selbstzucht (Askese) Antwort auf seine Fra- gen zu finden. Er aß und trank kaum, legte sich nachts auf Dornen und pflegte seinen Körper nicht mehr. Aber alle noch so harten Übungen halfen ihm nicht. Sie bewirkten nur das Gegenteil von dem, was er suchte. Denn diese Übungen schwächten ihn so, dass er in Lebensgefahr geriet ohne die Erleuchtung zu finden. So gab er das Fasten auf und nahm wieder regelmäßig Nahrung zu sich. Schließlich versuchte er durch die Kunst der Meditation zum Heil zu kommen. Durch ständige Übung machte er allmählich große Fortschritte. Damit wurde ihm auf einmal plötzlich zuteil, worum er sich jahrelang vergeblich bemüht hatte. An einem Abend hatte er sich bei Uruvela unter einem Feigenbaum niederge- setzt. In der Nacht hatte er das große Erlebnis, das er selbst als »Erleuchtung« bezeichnet hat. Sie war die wichtigste Erfahrung seines Lebens. Hier wurde er zum »Buddha«. In vier Nachtwachen erhielt er Antwort auf seine quälen- den Fragen. Hier erkannte er die »Vier edlen Wahrheiten«, die den Kern seiner Lehre ausmachen. Ruhe und Glück erfüllte ihn nun in nie gekanntem Maß. Vier Wochen blieb er an diesem Ort, bis er sich entschloss, seine Erfahrungen auch anderen zugänglich zu machen. Er zog nach Benares legte dort in einer berühmten Predigt (Station 2) zum ersten Mal seine neuen Ansichten dar. Von nun an begann für ihn ein jahrzehn- telanges Wanderleben, in dem er sich ständig an seine Zeitgenossen wandte, ihnen den Ursprung des Leidens erklärte und den Weg zeigte, der zur Über- windung des Leidens führt. Viele tausend Menschen schlossen sich ihm an und fanden bei ihm Glück und Heil. In seinen letzten Lebenstagen ertrug Siddharta große Schmerzen. Er starb im Alter von 80 Jahren. Bei seinem Tod in der kleinen Stadt Kusinara umgaben ihn seine Mönche, die er auf den rechten Pfad gewiesen hatte. Siddharta fürchtete den Tod nicht, denn er wusste, er würde ins Nirwana eingehen und kein Leid mehr empfinden. Seine letzten Worte lauteten: »Alles Wesen ist der Vernich- tung unterworfen. Unermüdlich sollt ihr euch bemühen.« © Stephanie Weiß und Steffen Fischer, Dresden, Arbeitsblätter für den Ethikunterricht: Thema - Buddhismus 5
02 Buddhas Predigt in Benares Aufgabe 1: Nenne die persönlichen Erfahrungen des Buddha, auf denen seine Erkenntnis beruht, dass »der Weg, der in der Mitte liegt«? Aufgabe 2: Das »Rad der Lehre« (oben rechts auf diesem Blatt) symbolisiert die Stationen des »edlen acht- teiligen Pfades«. Skizziere dir ein solches Rad mit acht Speichen und schreibe daran (oben im Uhrzeigersinn beginnend) die acht Stationen des »edlen achtteiligen Pfades«! Aufgabe 3: In den vier »edlen Wahrheiten vom Leiden« stellt der Buddha wie ein Arzt eine Diagnose und nennt dann eine Therapie (Heilung). Fasse die Diagnose und die Heilung mit eigenen Worten zusam- men! In der Predigt von Benares hat der Buddha die Grundlage seiner Lehre darge- legt. Die hier verkündeten Einsichten wurden ihm bei seiner Erleuchtung in Urvela zuteil: Zwei Enden gibt es, ihr Mönche, denen muss, wer dem Weltlichen entsagt hat, fern bleiben. Welche zwei sind das? Auf der einen Seite ist das Leben in Lüsten, der Lust und dem Genuss ergeben: Das ist niedrig und gemein, un- geistlich, unedel, nicht zum Ziele führend. Auf der anderen Seite ist die Übung der Selbstquälerei, die ist leidensreich, unedel, nicht zum Ziele führend. Von diesen beiden Enden, ihr Mönche, sich fernhaltend, hat der Vollendete den Weg entdeckt, der in der Mitte liegt, der Blick und Erkenntnis schafft, der zum Frieden, zum Erkennen, zur Erleuchtung, zum Nirwana (Station 3) führt. Und was, ihr Mönche, ist dieser vom Vollendeten entdeckte Weg, der in der Mitte liegt, der Blick schafft und Erkenntnis schafft, der zum Frieden, zum Er- kennen, zur Erleuchtung, zum Nirwana führt? Es ist der edle achtteilige Pfad, der da heißt: rechtes Glauben, rechtes Ent- schließen, rechtes Wort, rechte Tat, rechtes Leben, rechtes Streben, rechtes Gedenken, rechtes Sichversenken. Dies, ihr Mönche, ist der vom Vollendeten entdeckte Weg, der in der Mitte liegt, der Blick schafft und Erkenntnis schafft, der zum Frieden, zum Erkennen, zur Erleuchtung, zum Nirwana führt. © Stephanie Weiß und Steffen Fischer, Dresden, Arbeitsblätter für den Ethikunterricht: Thema - Buddhismus 6
02 Lernzirkel Buddhismus Dies, ihr Mönche, ist die edle Wahrheit vom Leiden. Geburt ist Leiden, Alter ist Leiden, Krankheit ist Leiden, Tod ist Leiden, mit Unlieben vereint sein ist Lei- den; von Lieben getrennt sein ist Leiden, nicht erlangen, was man begehrt ist Leiden; kurz die fünferlei Objekte des Ergreifens1 sind Leiden. Dies, ihr Mön- che, ist die edle Wahrheit von der Entstehung des Leidens: Es ist der Durst, der zur Wiedergeburt führt, samt Freude und Begier, hier und dort seine Freunde findend; der Lüstedurst, der Werdedurst, der Vergänglichkeitsdurst. Dies, ihr Mönche, ist die edle Wahrheit vom Wege zur Aufhebung des Leidens: Die Aufhebung dieses Durstes durch restlose Vernichtung des Begehrens, ihn fahren lassen, sich seiner entäußern, sich von ihm lösen, ihm keine Stätte ge- währen. Dies, ihr Mönche, ist die edle Wahrheit vom Wege zur Aufhebung des Leidens: Es ist dieser edle achtteilige Pfad, der da heißt: rechtes Glauben, rechtes Ent- schließen, rechtes Wort, rechte Tat, rechtes Leben, rechtes Streben, rechtes Gedenken, rechtes Sichversenken. © Stephanie Weiß und Steffen Fischer, Dresden, Arbeitsblätter für den Ethikunterricht: Thema - Buddhismus 7
03 Das Nirwana Aufgabe 1: Manche sehen im Nirwana ein absolutes Nichts. Ins Nirwana ein- gehen bedeutet dann: vergehen wie eine Flamme, vergehen wie Wind. Stützt der Text diese Aussage? Formuliere eine These (Aus- sage) und begründe deine Meinung. Das menschliche Leben ist Leid. Für Inder ist diese Erfahrung deshalb so be- drückend, weil er an die Wiedergeburt glaubt. Diesem ständigen Neubeginn des Leidens zu entrinnen, bedeutet für sie Erlösung. Der Heilszustand, der das Leiden beendet, da er die Wiedergeburt unmöglich macht, heißt beim Bud- dha »Nirwana«. Das Wort bedeutet »Verlöschen«, »Verwehen«. Sein Sinn ist vieldeutig und schwer fassbar. Die klassische Lehre vom Nirwana findet sich im folgenden Text aus dem Pali-Kanon, einer Sammlung von Verhaltensregeln, Lehrgesprächen und der Lebensgeschichte Buddhas: »Es gibt, ihr Mönche, einen Bereich, wo weder Erde, noch Wasser, noch Feuer, noch Wind ist, wo die Sphäre der Unendlichkeit des Raumes und der Un- endlichkeit des Bewusstseins nicht mehr besteht. Wo nicht irgend etwas mehr ist, weder die Sphäre des Unterscheidens noch die des Nichtunter- scheidens, nicht diese Welt, noch die jenseitige Welt, wo beide, Sonne und Mond, nicht mehr sind. Die erfahrt von uns, ihr Mönche: Ich verkündige euch ein Nichtkommen und Gehen, ein Nichtfeststehen und Vergehen, die Freiheit von der Wiedergeburt; ein Nichtstillstehen und ein Nichtweitergehen. Keinen Grund gibt es mehr für das Sehnen nach dem Le- ben. Dies ist das Ende des Leides.« © Stephanie Weiß und Steffen Fischer, Dresden, Arbeitsblätter für den Ethikunterricht: Thema - Buddhismus 8
04 Gott im Buddhismus Aufgabe 1: Fasse mit eigenen Worten zusammen, wie sich Buddha zum Got- tesbegriff stellte. Aufgabe 2: Im späteren Buddhismus hat die Gottesfrage wieder eine große Bedeutung gefunden. In der Richtung, die man »Mahayana« (Hilfe in Station 6) nennt, wird sogar der Buddha selbst als Gott verehrt. Man errichtet hier zahlreichen Göttern Tempel und spricht – ähn- lich wie in anderen Religionen – Gebete. Formuliere Vermutungen, die diese Entwicklung erklären. Der Buddha hat es abgelehnt, sich ausführlich zur Gottesfrage zu äußern. In seinen zahlreichen Lehrreden, die seine Schüler im Pali-Kanon zusammenge- tragen haben, hat er kaum von Gott gesprochen. Wohl ist gelegentlich von den indischen Göttern die Rede, aber sie kommen nur als Bestandteile des dama- ligen Weltbildes vor wie Blatt und Baum, Brahmanen und Krieger. Sie entspre- chen nicht dem, was wir »Gott« nennen. Wenn der Buddha nach Gott gefragt wurde, antwortete er ausweichend, wie z. B.: »Ich will darauf keine Antwort geben, weil ich nichts sicheres darüber weiß und es auch für den Erlösungs- weg der Menschen unbedeutend ist.« Von einem Gott, der Person, Schöpfer, Vater, Ewiger, Liebe ist, ist beim Buddha keine Rede. Der Buddhismus ist nicht – wie andere Religionen – ein System von Glaubenswahrheiten, sondern vor allem ein zu betretender Pfad. Im Mittel- punkt steht nicht die philosophische Erhellung letzter Geheimnisse, sondern die Frage nach Glück und Leid. Der Buddha wurde deswegen auch als »Atheist« bezeichnet. Viele Buddhisten weisen jedoch auf Folgendes hin: • Das Schweigen über Gott bedeutet nicht notwendigerweise Atheismus. • Erleuchtung und Erlösung, Heil und Leidüberwindung, die zentralen The- men des Buddha, meinen Ähnliches wie das, was andere Religionen »Gott« nennen oder eng mit Gott in Zusammenhang bringen. © Stephanie Weiß und Steffen Fischer, Dresden, Arbeitsblätter für den Ethikunterricht: Thema - Buddhismus 9
05 Verbreitung der Weltreligionen Aufgabe 1: Zeichne ein Kreisdiagramm, in das du die Anteile der Weltreligio- nen einträgst (Christentum bitte unterteilen)! Alle Religionen zusammen: 3.764.695.000 100% Christentum 1.548.592.000 41% Katholiken 884.222.000 57% Protestanten 360.782.000 27% Orthodoxe 130.837.000 8% Sonstige 172.751.000 11% Islam 817.065.000 22% Hinduismus 647.567.000 17% Buddhismus 295.570.000 8% Judentum 17.838.000 0,5% © Stephanie Weiß und Steffen Fischer, Dresden, Arbeitsblätter für den Ethikunterricht: Thema - Buddhismus 10
05 Methode Kreisdiagramm © Stephanie Weiß und Steffen Fischer, Dresden, Arbeitsblätter für den Ethikunterricht: Thema - Buddhismus 11
06 Die drei Fahrzeuge Aufgabe 1: Stelle die drei »Fahrzeuge« des Buddhismus in Form eines Stamm- baums dar! Schreibe zu jeder Richtung die wichtigsten Eigenschaf- ten und die ungefähre Mitgliederzahl auf! Aufgabe 2: Wähle für jedes »Fahrzeug« eine bestimmte Farbe (oder Schraf- fur)! Nimm dir die Kopie der Umrisskarte (Seite 14), beschrifte die Länder Asiens und markiere mit der jeweiligen Farbe (oder Schraf- fur), welche Richtung des Buddhismus vorherrschend ist! Der Buddhismus ist keine einheitliche Religion geblieben. Im Laufe der Entwick- lung haben sich viele unterschiedliche Richtungen entwickelt, die sich jedoch nicht gegenseitig bekämpfen. Die älteste Form des Buddhismus ist Theravada (»Lehre der Älteren«), von den Gegnern auch abwertend als Hinayana (»Kleines Fahrzeug«) bezeichnet. Diese Richtung orientiert sich an der ursprünglichen Lehre des Buddhas, wie sie im Pali-Kanon festgehalten ist. Das Theravada ist eine Religion für Mönche, die in der Regel in Klöstern leben. Sie befolgen genaue Anweisungen für die Medita- tion und lehnen Spekulationen über die Gottesfrage (Station 4) ab. Etwa 109 Millionen Anhänger hat Theravada – besonders in Sri Lanka, Myanmar (Birma), Thailand, Kambodscha, Laos und Vietnam. Deshalb wird diese Richtung auch »südlicher Buddhismus« genannt. Etwa seit dem 2. Jahrhundert n. Chr. hat sich eine jüngere Richtung unter der Bezeichnung Mahayana (»Großes Fahrzeug«) entwickelt. Die Anhänger meinen, dass das strenge »Kleine Fahrzeug« mit seinem mühsamen Weg zur Meditation nur sehr wenige Menschen zum Heil führen kann. Das »Große Fahrzeug« habe aber für viele Platz, denn seine Lehren und Gebote seien men- schenfreundlicher. In dieser Richtung wird Buddha als Gott verehrt. Prachtvolle Gottesdienste und reiche Tempel geben dem Mahayana Anschaulichkeit und Leben. An die Stelle der Meditation als Weg zur Erlösung tritt das große Gebot des Mitleids mit allen Lebewesen. Niemandem wehe zu tun gehört hier zum großen Lebensprogramm. Die weitaus meisten Buddhisten – etwa 166 Millio- nen – gehören dem Mahayana an. Die¬se Richtung ist vor allem in der Mongolei, in Korea, China, Nordindien und Japan ver¬breitet. Deswegen wird diese Rich- © Stephanie Weiß und Steffen Fischer, Dresden, Arbeitsblätter für den Ethikunterricht: Thema - Buddhismus 12
06 Lernzirkel Buddhismus tung auch »nördlicher Buddhismus« genannt. Vajrayana (»Diamantenes Fahrzeug«) ist eine Form des Buddhismus, die sich seit dem 7. Jahrhundert n. Chr. in Tibet (Station 10) und Nepal aus dem Ma- hayana entwickelt hat (auch »tibetischer Buddhismus« oder »Lamaismus«). Diese hierarchisch geordnete Religion, deren Lamas (Gurus) große Macht ha- ben, steht in vieler Hinsicht im Gegensatz zum ursprünglichen Buddhismus. Der Glaube an Dämonen und viele Götter ist für das Vajrayana typisch. An der Spitze steht der Dalai Lama (Station 11*), den die Gläubigen als göttlich vereh- ren. Dieser Richtung gehören etwa 21 Millionen Menschen an. © Stephanie Weiß und Steffen Fischer, Dresden, Arbeitsblätter für den Ethikunterricht: Thema - Buddhismus 13
06 Karte - Richtungen Buddhismus © Stephanie Weiß und Steffen Fischer, Dresden, Arbeitsblätter für den Ethikunterricht: Thema - Buddhismus 14
07 Mönche und Nonnen und Laien Aufgabe 1: In der Triatna werden drei wichtige Grundbegriffe des Buddhismus genannt. Nenne sie! Aufgabe 2: Lege eine dreispaltige Tabelle an, in der du die Pflichten der Mön- che, Nonnen und Laien innerhalb der buddhistischen Religion ein- trägst! Aufgabe 3: Vergleiche die Verhaltensregeln mit den »Zehn Geboten« im Alten Testament (Ex 20,1-17) und nenne die Gemeinsamkeiten? Um Buddhist zu werden genügt die dreifache Wiederholung der folgenden For- mel, die auch Triatna (»dreifaches Kleinod«) genannt wird. Bei jeder Versamm- lung von Laien, Mönchen und Nonnen werden diese drei Führer in der Formel des Triatna angerufen: Ich nehme Zuflucht zum Buddha als meinem Führer; ich nehme Zuflucht zum Dharma (Buddhas Lehre) als meinem Führer; ich nehme Zuflucht zum Sangha (Gemeinde) als meinem Führer. Die Mönche die sich dem Buddha zuerst anschlossen, verließen wie er (Station 1) seine Heimat, ließen sich die Haare scheren, nahmen das gelbe Mönchsge- wand, erbettelten sich ihre tägliche Mahlzeit, lebten ehelos und suchten ihr Heil in der Meditation. Bis zum Tode des Buddha (um 480 v. Chr.) wuchs die Ge- meinde auf einige Tausend Mönche an. Bis heute bilden die Mönche den inneren Kern der Gemeinde. Nur ungern nahm der Buddha auch Frauen auf. Gegen einen Orden für Frauen wehrte er sich lange. Schließlich aber konnte er eine Aufnahme von Frauen in seinen Orden nicht verhindern. Doch räumte er den Nonnen (Station 11) nur eine untergeordnete Stellung ein. Von Anfang an gab es auch Laien, die sich dem Buddha zuwandten. Sie verlie- ßen zwar nicht ihr Zuhause und lebten nicht nach der Art der Mönche, doch unterstützten sie den Buddha und seine Mönche durch Geschenke und Gast- freundschaft. Sie sorgten dafür, dass die Gemeinde lebensfähig blieb. Der Bud- dha war ihnen dankbar, wenn er ihnen dafür auch nicht den Eingang ins Nir- wana (Station 3) versprechen konnte. Dieser blieb den Mönchen vorbehalten. © Stephanie Weiß und Steffen Fischer, Dresden, Arbeitsblätter für den Ethikunterricht: Thema - Buddhismus 15
07 Lernzirkel Buddhismus Aber die hilfsbereiten Laien dürften auf eine gut Wiedergeburt hoffen. Schon früh wurden die wichtigsten Verhaltensregeln für Mönche festgelegt: Kein lebendes Wesen töten. Nicht stehlen. Keine Sexualität. Nicht lügen. Keine berauschenden Getränke trinken. Nach Mittag nichts mehr essen. Sich fernhalten von Tanz, Gesang, Musik und Schauspielen. Vermeidung von Blumenschmuck. Vermeidung von hohen üppigen Betten. Abstehen von der Annahme von Gold und Silber. Die ersten vier Gebote gelten auch für Laien, wobei hier das Verbot jeglicher Sexualität in ein Verbot des Ehebruchs abgeschwächt wird. © Stephanie Weiß und Steffen Fischer, Dresden, Arbeitsblätter für den Ethikunterricht: Thema - Buddhismus 16
08 Der buddhistische Alltag Aufgabe 1: In dieser Station erfährst du etwas über buddhistische Bräuche im Alltag. Notiere dir zu jedem der unterstrichenen Begriffe die wich- tigsten Besonderheiten in Stichpunkten! In jedem buddhistischen Haus findet sich ein Hausaltar. Es gibt keine vorge- schriebenen Formen dafür. Jede Familie richtet sich einen solchen Winkel nach ihren Vorstellungen ein. Oft gehören eine Buddha-Statue und Räucherstäbchen dazu. Der Buddhismus durchzieht das tägliche Leben so sehr, dass sogar in den meisten Geschäften, die Buddhistinnen und Buddhisten gehören, ein kleiner Hausaltar mit Buddha-Statue und Räucher¬stäbchen steht. Vor dem Hausaltar sprechen Buddhistinnen und Buddhisten in der Regel mor- gens und abends, nachdem sie sich gewaschen haben, ein »Gebet«. Solche »Gebete« entsprechen nicht dem, was man im Christentum unter einem Gebet verstehen würde, sondern stellen ein Anrufen der in einem wohnenden Kräfte 1 dar. Wer Zeit hat, sitzt für eine kürzere oder längere Zeit vor dem Hausaltar um zu meditieren. Bald nach der Geburt werden einem Baby zu Hause oder im Tempel die ersten Haare (oder ein Teil davon) abgeschnitten. Dann wird das Baby von einem Mönch oder der ältesten Respektperson in der Familie gesegnet. Dazu wird die engste Familie zu einem Fest eingeladen und das Kind offiziell der Familie vorgestellt. Die Eltern gehen zu einem Mönch oder einem Astrologen um den Namen be- stimmen zu lassen. Erst dann wird das Kind bei den Behörden angemeldet. Der Buddhismus erstreckt sich über ein großes Gebiet, so dass es unterschied- liche Bräuche für die Heirat gibt. Viele beachten schon bei der Partnerwahl, erst recht aber beim Hochzeitstermin das Horoskop. Am frühen Morgen beginnt die Feier mit dem Rezitieren von Pali-Texten. Die Zeremonie wird von (oft neun) Mönchen geleitet. Am Abend gießen die engsten Verwandten dem Brautpaar Wasser über die gefalteten Hände und sprechen dazu ihre Segenswünsche. Nach dem Tod verbrennen Buddhistinnen und Buddhisten die Körper der Ver- 1 Es würde ohnehin keinen Sinn machen Buddha anzubeten, da dieser nach buddhistischer Auffassung ins Nirwana eingegangen ist und damit aufgehört hat zu existieren. © Stephanie Weiß und Steffen Fischer, Dresden, Arbeitsblätter für den Ethikunterricht: Thema - Buddhismus 17
08 Lernzirkel Buddhismus storbenen. Normalerweise wird kein Grabmal errichtet. Meist wird die Asche in einen Fluss oder ins Meer gestreut. Manche verteilen die Asche aber auch unter den Verwandten und bewahren sie im Hausaltar auf. Manchmal wird von den Kindern ein wenig Asche der Eltern in einem kleinem Behälter am Hals ge- tragen. Auf jeden Fall wird 100 Tage nach der Bestattung eine Feier mit Mön- chen abgehalten. © Stephanie Weiß und Steffen Fischer, Dresden, Arbeitsblätter für den Ethikunterricht: Thema - Buddhismus 18
09 Buddhismus und Christentum Aufgabe 1: Wenn du (fast) alle anderen Station bearbeitet hast, kannst du dir hier eine Zusammenfassung anlegen, in der wichtige Merkmale des Buddhismus mit dem Christentum gegenübergestellt werden. Lege dir dazu auf einer ganzen A4-Seite eine Tabelle (wie unten) an! Trage dort die entsprechenden Begriffe bzw. Symbole ein! Bereich Buddhismus Christentum Symbol Entstehungszeit Gründer Heilige Schriften Gottesvorstellungen Weg zur Erlösung Jenseitsvorstellung Anzahl der Anhänger Verbreitung © Stephanie Weiß und Steffen Fischer, Dresden, Arbeitsblätter für den Ethikunterricht: Thema - Buddhismus 19
09 Lernzirkel Buddhismus Buddha Auferstehung und Gericht Ostasien um 500 v. Chr. Gott als Schöpfer und Retter Pali-Kanon Die Erlösung kommt von Gott. Weg: Im Glauben an Gottes Gnade das Lie- besgebot Jesu erfüllen. ca. 300 Millionen um 30 n. Chr. 1,6 Milliarden Selbsterlösung durch Vernichtung aller Wünsche. Weg: Achtfacher Pfad bzw. Einhaltung der Gebote ganze Welt Eingehen ins Nirwana (= Verlöschen, Vergehen), sonst Wiedergeburt Altes und Neues Testament Jesus Selbsterlösungslehre ohne Gott (Theravada) bzw. viele Gottheiten, gute und böse Geister (Mahayana) © Stephanie Weiß und Steffen Fischer, Dresden, Arbeitsblätter für den Ethikunterricht: Thema - Buddhismus 20
10 Tibet Aufgabe 1: Bei dieser Station erhältst du Informationen über die Geschichte Tibets. Tibet existiert heute nicht als eigenständiger Staat, son- dern ist ein Teil Chinas. Eine in London ansässige tibetische Exilre- gierung fordert die Autonomie (Selbstbestimmung) Tibets unter der weltlichen und geistlichen Herrschaft des im indischen Exil le- benden Dalai Lama. Notiere dir, was du im Text über die Geschichte der tibetisch-chinesischen Beziehungen erfährst. Tibet bestand vom 7. bis zum 11. Jahrhundert als eigenständiger Staat. Die vorherrschende Religion ist der Buddhismus. Ab 1240 war Tibet von mongoli- schen Truppen besetzt. Nach dem Fall der mongolischen Yüan-Dynastie 1368 erlangte Tibet seine Unabhängigkeit wieder. Zur selben Zeit wurde der tibeti- sche Buddhismus von dem strengen Reformer Tsong-kha-pa erneuert. Dieser gründete die Dge-lugs-pa-Sekte, die auch als „Gelbmützensekte“ oder „Gelbe Kirche“ bekannt ist. 1578 erhielt das damals dritte Oberhaupt der Sekte vom Mongolenfürsten Altan Khan den Titel Dalai („ozean-weit“)-Lama. Altan unter- stellte außerdem praktisch alle Mongolen der religiösen Autorität des Dalai- Lama, der dann praktisch auch weltliches Oberhaupt der Tibets wurde. Chinesische Herrschaft 1720 vertrieben chinesische Truppen die Mongolen und wurden in Lhasa will- kommen geheißen. Die Qing-Kaiser erhielten nominal die Herrschaft über Tibet: Sie ließen eine Vertretung und eine kleine Garnison in Lhasa zurück, beließen jedoch die Regierung in den Händen der Dalai-Lamas. Mit Ausnahme der Chinesen wurden nach 1792 alle fremden Mächte aus Tibet fern gehalten. 1904 wurde Tibet, das inzwischen praktisch unabhängig von China war, von den Briten besetzt, die über Anzeichen eines wachsenden russischen Einflus- ses in Tibet beunruhigt waren. Diese Militärexpedition schuf die Grundlage für ein bilaterales Abkommen, das 1906 zwischen Großbritannien und China geschlossen wurde. Darin erhielt das chinesische Kaiserreich die Oberhoheit über Tibet. Tibet selbst wurde an der Beschlussfassung nicht beteiligt. 1907 trafen die Regierungen von Großbritannien und Russland ein Abkommen, in © Stephanie Weiß und Steffen Fischer, Dresden, Arbeitsblätter für den Ethikunterricht: Thema - Buddhismus 21
10 Lernzirkel Buddhismus dem sie sich gegenseitig zusicherten, nicht in tibetische Staatsangelegenhei- ten einzugreifen. Nominale Unabhängigkeit Die britisch-chinesische Konvention ermutigte die Qing-Dynastie 1910 zum Einmarsch in Tibet. Die Qing wurden jedoch 1912 durch eine Revolution ge- stürzt, und so erhielt Tibet bald darauf offiziell die Unabhängigkeit von Chi- na. Sämtliche chinesische Beamte und Truppen wurden 1913 aus dem Land vertrieben. 1914 fand in Simla eine Konferenz mit Vertretern der Regierungen von Großbritannien, China und Tibet statt, in der man sich ansatzweise über eine Konvention zur Regelung der gegenseitigen Beziehungen und vor allem zu Fragen der Grenzziehung einigen konnte. Das Abkommen sah u. a. ein au- tonomes Tibet vor, wobei jedoch die Chinesen die Oberhoheit über die Region Inneres Tibet, die direkt an China grenzt, erhielten. Großbritannien unterzeich- nete die Konvention im Juli 1914, China hingegen lehnte sie in der Folgezeit ab. 1918 entluden sich die angespannten Beziehungen zwischen Tibet und China in einer kriegerischen Auseinandersetzung. Im September desselben Jahres wurde mit britischer Hilfe ein Waffenstillstand geschlossen. Nachfolgende Bemühungen, den Konflikt beizulegen, scheiterten, und so kam es im Verlauf des Jahres 1931 immer wieder zu aufflammenden Gefechten. Währenddessen wurde Tibet weiterhin als unabhängiger Staat von den Dalai-Lamas regiert. Erneuter Anschluss an China Im Oktober 1950, kaum ein Jahr nachdem die Kommunisten das chinesische Festland vollständig unter ihre Kontrolle gebracht hatten, marschierten kom- munistische Truppen in Tibet ein. Um das Volk gegen die vorrückenden Invasi- onstruppen zu rüsten, stattete die Regentschaft im November den damals erst 15-jährigen 14. Dalai-Lama mit den vollen Machtbefugnissen aus. Dennoch war der Widerstand bald gebrochen. Auch Großbritannien und Indien boten keine Unterstützung an. Im Mai 1951 kapitulierte die tibetische Regierung und un- terzeichnete einen diktierten Vertrag. Danach sollte die Regierungsgewalt des Dalai-Lama in inneren © Stephanie Weiß und Steffen Fischer, Dresden, Arbeitsblätter für den Ethikunterricht: Thema - Buddhismus 22
10 Lernzirkel Buddhismus Angelegenheiten erhalten bleiben, tibetische Außen- und Militärpolitik sollte chinesischer Kontrolle unterstellt werden, und der Pantschen-Lama, der spiri- tuelle Führer des Lamaismus, der als Anhänger des kommunistischen Regimes galt, sollte aus China nach Tibet zurückkehren. Kommunistische Militäreinhei- ten erreichten Lhasa im Oktober. Der Pantschen-Lama traf dort im April 1952 ein. Maßnahmen Chinas Im Lauf des Jahres 1952 führten die Chinesen forciert Maßnahmen zur Verbes- serung der Infrastruktur in Tibet durch. In verschiedenen Landesteilen wurden Flugplätze fertig gestellt und der Bau von Straßen für militärische Zwecke vo- rangetrieben. Anfang 1953 wurden Säuberungsaktionen gegen antikommu- nistische Kräfte durchgeführt. Im folgenden Jahr erkannte Indien Tibet als Teil Chinas an und löste die Garnisonen auf, die an zwei Handelsposten entlang der tibetischen Grenze errichtet worden waren. In der Folgezeit wurde der Dalai- Lama zum Vizepräsidenten der chinesischen gesetzgebenden Versammlung, dem Nationalen Volkskongress, gewählt. Gemäß den Bedingungen eines im April 1955 unterzeichneten Vertrags übergab Indien die Kontrolle über das tibetische Telefon-, Telegraphen- und Postverkehrsnetz an China. 1956 wur- de ein Komitee gegründet, das eine Verfassung für Tibet ausarbeiten sollte. Der Dalai-Lama wurde zum Vorsitzenden und der Pantschen-Lama zum ersten stellvertretenden Vorsitzenden ernannt. Tibetische Aufstände 1956 kam es zu Aufständen und Guerillaaktivitäten der Tibeter gegen das chinesische Regime. Mao Tse-tung gab einige Monate später bekannt, dass Tibet für die Errichtung eines kommunistischen Regimes noch nicht bereit sei. In der zweiten Hälfte des Jahres 1958 wurden verbreitete Aktivitäten der antikommunistischen Guerilla im Osten Tibets gemeldet. Die Unruhen waren vermutlich Reaktionen auf Bestrebungen, Volkskommunen nach chinesischem Vorbild zu errichten, in denen die Bevölkerung mit quasimilitärischer Disziplin arbeiten sollte, um die Produktionsleistung zu steigern. Obwohl die Chinesen © Stephanie Weiß und Steffen Fischer, Dresden, Arbeitsblätter für den Ethikunterricht: Thema - Buddhismus 23
10 Lernzirkel Buddhismus ankündigten, dass die Einführung der Kommunen in Tibet aufgeschoben wer- de, ließen sich die Unruhen nicht mehr eindämmen. Im März 1959 weiteten sie sich in Lhasa zu einer umfassenden Rebellion aus. Gegen Ende des Monats floh der Dalai-Lama nach Indien und gründete dort später eine tibetische Ge- meinde. Die Chinesen schlugen schließlich die Rebellion nieder und setzten den Pantschen-Lama als Staatsoberhaupt ein. Schätzungen zufolge wurden etwa 87 000 Tibeter bei den Aufständen getötet. Am 21. Oktober stimmte die Generalversammlung der Vereinten Nationen einer Resolution zu, in der die Unterdrückung der Menschenrechte in Tibet verurteilt wurde. Eine zweite Re- solution mit ähnlichem Inhalt wurde am 9. März 1961 verabschiedet. Kommunistische Oberherrschaft Zehntausende von Tibetern flohen nach der chinesischen Invasion ins Ausland, die meisten nach Indien, einige in die Himalaya-Königreiche Nepal und Bhutan. Der Dalai-Lama gründete in Indien eine tibetische Exilregierung. 1965 wurde Tibet formal zur autonomen Region der Volksrepublik China erklärt, und die chinesische Regierung verkündete, dass die Region einer kontinuierlichen Um- wandlung zum Sozialismus unterzogen werde. Während der Kulturrevolution nahm die Verfolgung der Religion durch die maoistischen Roten Garden weiter zu. Hunderte von Klöstern und buddhistischen Denkmälern wurden gesprengt. Man schätzt, dass seit 1950 bis zu einem Sechstel der Bevölkerung Tibets durch die kommunistische Gewaltherrschaft ums Leben kam. Seit dem Ende der Kulturrevolution in den späten siebziger Jahren hat China seine Politik gegenüber Tibet etwas gelockert. Der Pantschen-Lama, der 1964 seines Amtes enthoben worden war, wurde 1978 vom Regime wieder zugelas- sen. Er forderte den Dalai-Lama mehrmals zur Rückkehr auf. China gab 1980 zu, in Tibet Fehler gemacht zu haben, und kündigte Reformen an. So wurde etwa die Religionsausübung gestattet; von den Roten Garden zerstörte Klös- ter wurden wieder aufgebaut mit dem Ziel, das Verhältnis zur Bevölkerung zu verbessern. Im Oktober 1987 und im Mai 1993 kam es zu gewalttätigen Demonstrationen gegen die chinesische Herrschaft. Die Führung Chinas re- agierte darauf mit einer Reihe von Maßnahmen, wie gewaltsamer Unterdrü- © Stephanie Weiß und Steffen Fischer, Dresden, Arbeitsblätter für den Ethikunterricht: Thema - Buddhismus 24
10 Lernzirkel Buddhismus ckung abweichender Haltungen, rigoroser Überwachung, strengster Kontrolle religiöser Aktivitäten sowie systematischer Ansiedlung von Han-Chinesen. Im August 1993 fanden erstmals seit zehn Jahren Gespräche zwischen China und Vertretern des Dalai-Lama statt, die jedoch keine grundlegenden Veränderun- gen in der Haltung Chinas bewirken konnten. In den folgenden Jahren hielt die politische und religiöse Unterdrückung Tibets durch chinesische Behörden an. Im April 1996 wurde verfügt, dass in den buddhistischen Versammlungsstät- ten keine Bilder des Dalai Lama gezeigt werden dürfen. © Stephanie Weiß und Steffen Fischer, Dresden, Arbeitsblätter für den Ethikunterricht: Thema - Buddhismus 25
11 Die buddhistischen Nonnen Aufgabe 1: Fasse kurz die Rolle der Nonnen im Buddhismus zusammen! Aufgabe 2: Nimm Stellung zu folgenden Aussagen des Textes und begründe deine Meinung. Von den Frauen hatte der Buddha keine besonders gute Meinung. Er bezeichnet sie als das größte Übel und als Gefahr für den geistigen Fortschritt der Mön- che. Nicht nur der Umgang mit einer Frau, sondern schon ihr Anblick könne den Mönch von seinem Weg abbringen. Deshalb warnte der Buddha seine Jünger immer wieder, achtsam zu sein und Kontakte zum anderen Geschlecht sorg- sam zu vermeiden. Vom Buddha selbst jedoch wurden die Frauen zwar respektiert, aber nicht als vollwertige Mitglieder seiner Gemeinschaft anerkannt. In den Berichten über die Bekehrung der ersten Jünger tauchen keine Frauen auf. Er hat ihnen auch niemals persönlich gepredigt, sondern diese Aufgabe stets seinen Schülern überlassen, unter Auflage strenger Verhaltensnormen. Dazu gehörte die Ein- haltung eines ausreichenden Abstands und die Vermeidung von Blickkontak- ten. Außerdem mussten mindestens zwei Mönche bei der Belehrung anwe- send sein. Dass es dennoch zur Bildung einer Nonnengemeinschaft kam, ist den Bemühungen der weiblichen Verwandten des Buddha zu verdanken, in ers- ter Linie denjenigen seiner Stiefmutter. Den Nonnen wurden nicht die gleichen Rechte wie den Mönchen eingeräumt. Es galten auch wesentlich strengere Ordensregeln. So musste eine Nonne, selbst wenn sie schon lange der Gemein- schaft angehörte, jedem Mönch Ehrerbietung zeigen, auch einem, der gerade erst ordiniert wurde. Während der Regenzeit hatte sie den Bezirk zu meiden, in dem sich die Mönche aufhielten. Um die Erlaubnis zur Teilnahme an den Beicht- feiern musste sie ausdrücklich nachsuchen. Vor der Ordination hatte sie eine längere Vorbereitungsphase zu durchlaufen als die männlichen Aspiranten. Sie durfte auch von sich aus keinen Mönch ansprechen. Heute verweigern nur noch die Theravada-Mönche den Frauen die gleichen Rechte. Für sie gelten Nonnen als besonders eifrige Laien, die trotz der Befolgung der Regeln keinen echten Ordensstatus haben. In den Ländern, in denen die Mahayana-Buddhisten die Mehrheit bilden, sind Mönche und Nonnen mittlerweile gleichgestellt. © Stephanie Weiß und Steffen Fischer, Dresden, Arbeitsblätter für den Ethikunterricht: Thema - Buddhismus 26
12 Die Ausfahrten Siddhartas Aufgabe 1: Hier kannst du noch einmal ausführlich den Bericht über die vier Ausfahrten Siddhartas aus dem väterlichen Palast nachlesen. For- muliere jetzt genauer, welche Rolle die Begegnung mit dem Leid en für den jungen Siddharta Gautama gespielt hat. Die vier Ausfahrten Sodann, nachdem zahlreiche Tage verflossen waren, befahl der junge Gauta- ma seinem Wagenlenker die Prunkwagen reisefertig zu machen. Als der junge Fürst so zum Park fuhr, begegnete er einem Greis, gebeugt, wie der Giebel ei- nes Hauses, vom Alter geschwächt, auf einen Stock gestützt, erschöpft, der seine Jugend schon seit langem hinter sich hatte. Als Gautama ihn sah, sagte er: »Was hat dieser Mann getan, guter Wagenlenker, dass seine Haare und sein Körper nicht wie bei anderen Menschen aus sehen?« »Er ist, was man einen Greis nennt, mein Gebieter!« »Und warum nennt man ihn einen Greis?« »Man nennt ihn einen Greis, mein Gebieter, weil er nicht mehr lange zu leben hat.« »So bin ich also auch dem Altern ausgesetzt, guter Wagen-lenker? Bin auch ich vom Altern bedroht?« »Du, mein Gebieter, und ich, wir sind beide vom Alter be-droht. Wir sind bei- de dem Altern ausgesetzt.« »Dann, guter Wagenlenker, habe ich heute vom Park genug. Bringe mich zu- rück in meine Gemächer!« Einige Zeit darauf befahl der junge Gebieter seinem Wa-genlenker wieder, die Wagen zur Ausfahrt vorzubereiten, und er fuhr erneut hinaus. Und auf dem Wege zum Park begegnete Gautama einem kranken Mann: leidend und abge- zehrt lag er am Boden und wälzte sich in seinen Exkrementen, er nährte sich von dem, was ihm diese, und kleidete sich mit dem, was ihm jene gaben. Als er ihn sah, fragte Gautama: »Was hat dieser Mann getan, guter Wagenlenker, dass seine Augen nicht wie die anderer Menschen aussehen, dass seine Stimme nicht wie die ande- © Stephanie Weiß und Steffen Fischer, Dresden, Arbeitsblätter für den Ethikunterricht: Thema - Buddhismus 27
12 Lernzirkel Buddhismus rer Menschen klingt?« »Er ist, was man einen Kranken nennt, mein Gebieter!« »Was versteht man unter einem Kranken?« »Einen Mann, mein Gebieter, der nur schwer die Gesund-heit wiederer- langt.« »Aber ich, guter Wagenlenker, bin auch ich der Krankheit ausgesetzt? Bin auch ich davon bedroht, krank zu werden?« »Du, mein Gebieter, und ich, wir sind beide von der Krank¬heit bedroht. Wir sind beide der Krankheit ausgesetzt.« »Dann, guter Wagenlenker, habe ich für heute vom Park genug. Bringe mich zurück in meine Gemächer!« Einige Zeit darauf fuhr der junge Gautama wieder im Wagen aus. Und auf dem Wege zum Park erblickte er eine mit bunten Gewändern bekleidete Menge, die einen Scheiterhaufen aufrichtete. Da fragte er den Wagenlenker: »Warum haben sich diese in bunte Kleider gehüllte Menschen hier versam- melt, um einen Scheiterhaufen aufzurichten?« »Weil jemand seine Lebensbahn abgeschlossen hat.« »So fahre mich zu dem, der seine Lebensbahn abge-schlossen hat!« »Ja, mein Gebieter«, erwiderte der Wagenlenker, und er tat, wie ihm aufge- tragen worden war. Und Gautama sah die Leiche dessen, der seine Lebens- bahn beendet hatte, und fragte: »Was bedeutet, guter Wagenlenker, der seine Lebensbahn beendet hat?« »Das bedeutet, mein Gebieter, dass ihn weder sein Vater, noch seine Mutter, noch andere Verwandte jemals wieder-sehen werden!« »Bin auch ich dem Tode ausgesetzt, bin auch ich vom Tode bedroht?« »Ja, mein Gebieter, du und ich, wir sind beide dem Tode ausgesetzt, wir sind beide vom Tode bedroht. Weder der König noch seine Gemahlin werden dich wiedersehen, und du wirst sie niemals wiedersehen!« »Dann, guter Wagenlenker, habe ich für heute genug vom Park. Bringe mich zurück in meine Gemächer.« © Stephanie Weiß und Steffen Fischer, Dresden, Arbeitsblätter für den Ethikunterricht: Thema - Buddhismus 28
12 Lernzirkel Buddhismus Einige Zeit danach fuhr Gautama wieder im Wagen aus. Auf dem Wege zum Park begegnete er einem Mann mit ge-schorenem Haupt, einem ›Einsamen‹, der ein gelbes Ge-wand trug. Da fragte er den Wagenlenker: »Was hat dieser Mann getan, guter Wagenlenker? Sein Kopf gleich nicht dem der anderen Männer, und seine Kleider sind anders!« »Man nennt ihn einen ›Einsamen‹, mein Gebieter, denn er hat sein Haus ver- lassen. Wer sein Haus verlässt, will sich dem religiösen Leben widmen, will ein ruhiges Dasein fristen, Gutes tun, Verdienste erwerben, den andern kein Leid zufügen, jeglicher Kreatur Wohlwollen erweisen.« »Wahrlich, mein Freund und Wagenlenker, ein ›Einsamer‹ ist ein Mann, der sich Höherem hingegeben hat, denn sein Lebenswandel ist in allem vollkom- men; führe mich zu dem Mann, der sein Haus verlassen hat!« »Ja, mein Gebieter«, sagt der Wagenlenker und führte ihn zu dem ›Einsa- men‹. Gautama wandte sich an den Mann und sagte zu ihm: »Warum, Meister, gleicht dein Kopf nicht denen anderer Männer, warum trägst du andere Kleider?« »Herr, ich bin ein Mann, der sein Haus verlassen hat.« »Was bedeutet das?« »Das bedeutet, Herr, dass ich mein Leben der Frömmigkeit, dem friedlichen Dasein, den guten Taten geweiht habe; dass ich verdienstvoll leben, nie- mandem Unrecht zufügen, allen Geschöpfen Wohlwollen entgegenbringen will.« »Wahrlich, Meister, du hast dich Höherem hingegeben, denn dein Lebens- wandel ist in allem vollkommen.« © Stephanie Weiß und Steffen Fischer, Dresden, Arbeitsblätter für den Ethikunterricht: Thema - Buddhismus 29
13 Der achtteilige Pfad Aufgabe 1: Hier kannst du noch einmal genau nachlesen, was die einzelnen Stationen des achtfachen Pfades in der Predigt des Buddha in Benares (Station 2) bedeuten. Erläutere, wie die Stationen des achtteiligen Pfades zur Befreiung von Leiden und zur Erleuchtung führen können? 1. Rechte Anschauung ist das Wissen um das Leid, um seine Entstehung und um den Weg zu seiner Aufhebung. 2. Rechte Gesinnung ist ein solche, die frei ist von Begierde, Übelwollen und Gewalttätigkeit. 3. Rechtes Reden ist das Abstehen von Lüge, Verleumdung, Schimpfen und Schwatzen. 4. Rechtes Handeln ist das Unterlassen von Töten, Stehlen und Unkeusch- heit. 5. Rechtes Leben ist es, wenn man einen schlechten Lebenserwerb (durch Schwindel, Wahrsagerei, gieriges Zusammenraffen, Handel mit Waffen, Lebewesen, Fleisch, berauschenden Getränken, als Schlächter, Vogel-stel- ler, Jäger, Fischer, Räuber, Henker, Gefangenenwärter) aufgibt und seinen Unterhalt in der richtigen Weise gewinnt. 6. Rechtes Streben richtet sich darauf, erstens die schlechten, unheilvollen »Dinge« (Dharma, Gemütsregungen), welche noch nicht entstanden sind, nicht entstehen zu lassen, und die, welche schon entstanden sind, von sich zu tun, und zweitens die noch nicht entstandenen heilvollen »Dinge« zum Entstehen zu bringen und die, welche schon entstanden sind, zu mehren und zur Vollendung zu bringen. 7. Rechtes Überdenken ist die besonnene Betrachtung des Körpers, der Emp- findungen, des Denkens und der »Dinge« (Dharma). 8. Rechtes Sich-versenken ist das Verweilen in den Versenkungsstufen. © Stephanie Weiß und Steffen Fischer, Dresden, Arbeitsblätter für den Ethikunterricht: Thema - Buddhismus 30
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