Lignes à grande vitesse - les LGV - Trains à grande vitesse - les TGV - Fern-Express
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Fern-Express 2/2015 LGV und TGV Thomas ESTLER Lignes à grande vitesse – les LGV Trains à grande vitesse – les TGV DIE ANFÄNGE DER LGV niedrigen Baukosten. Der TGV Sud-Est kostete ge- Kanal, Bahnstrecke Die Ölkrise von 1973 ließ Frankreich eine zu große rade mal vier Mio. US-$ pro Kilometer, der nied- und ein neuer TGV Abhängigkeit vom Öl erkennen, denn Frankreich rigste Wert weltweit. Weitere Projekte schlugen mit Duplex auf Probe- musste ja in großem Maße Öl importieren. Daher rund zehn Mio. US-$ pro Kilometer zu Buche und fahrt: Was will das beschloss die Regierung nun den vermehrten Bau der TGV Méditerranée mit sieben langen Viaduk- Fotografenherz mehr? von Kernkraftwerken sowie eine Intensivierung des ten (17,155 km) und einem langen Tunnel (12,768 (Foto: Alstom, Samml. Hochgeschwindigkeitsverkehrs auf der Schiene. km) kostete immerhin schon 15 Mio. US-$ pro Kilo- Thomas Estler) Zwar schien noch zu Beginn der 1970er Jahre dem meter. Somit bildeten das größte Problem zukünfti- Aerotrain von Jean Bertin die Zukunft zu gehören, ger Hochgeschwindigkeitsstrecken die Kosten und doch rückte alsbald Alsthom mit dem TGV in den ihr Nutzen. Beim Bau des ersten Abschnitts der Blickpunkt des Interesses. Nachdem Alsthom ver- LGV Est ging es schon wegen des langwierigen sicherte, dass der mit Gasturbine angetriebene Feilschens um die Finanzierung deutlich langsa- TGV-Prototyp auch problemlos als elektrischer mer voran, zumal die Rendite nur wenig über 1 % Triebzug konfiguriert werden könne, ging es an die angenommen wurde. Daher mussten alle Beteilig- Planung einer ersten neuen Hochgeschwindig- ten das Projekt finanziell unterstützen – die natio- keitsstrecke von Paris nach Lyon. nalen, regionalen und lokalen Regierungen, die EU und Luxemburg sowie die SNCF und das RFF Die 1981 erfolgte Inbetriebnahme des TGV Sud- (Réseau ferré de France = Eigentümer der Eisen- Est zwischen Paris und Lyon war ein Meilenstein in bahninfrastruktur). der französischen Verkehrs- und Eisenbahnge- schichte, von ähnlicher Wichtigkeit wie die Vorstel- Zwar fasste während der 1980/90er Jahre die Mit- lung des Shinkansen 1964 in Japan. Seit dem ers- terand-Regierung den strategischen Plan, eine ten „Bullet Train“ hat der Hochgeschwindigkeitsver- Hochgeschwindigkeitsstrecke zu jeder größeren kehr auf der Schiene großen technischen und kom- Stadt in Frankreich zu bauen. Viele Projekte wie- merziellen Erfolg in all den Ländern genossen, wel- sen jedoch sehr niedrige Renditen aus und das che die Technologie angenommen haben. Hochge- ganze Konzept verschwand relativ schnell wieder schwindigkeitsverkehr ist nicht nur schnell, er hat in einer Schublade. 2008 gelangte die Sarkozy- sich auch als ein sicheres, bequemes und leis- Regierung an die Macht und verabschiedete per tungsfähiges Transportmittel für die ganze Bevöl- Gesetz einen Aktionsplan zum Bau von rund 2.500 kerung erwiesen. Kurz gesagt, er hat den Schie- km neuer LGV-Strecken bis 2025. Eine radikale nenverkehr wiederbelebt und gilt als das Symbol Umkehr beschloss jedoch aufgrund der schwieri- einer modernen Gesellschaft. gen finanziellen Situation die neue Hollande- Regierung in 2013. Lediglich die Fertigstellung der in Bau befindlichen Strecken ist garantiert. Alle KOSTEN UND WEITERE PLANUNGEN weiteren Projekte und Planungen sind bis zum „St. Eine einzigartige Eigenschaft vieler französischer Nimmerleinstag“ (sprich bis mindestens 2030) auf TGV-Strecken waren ihre bisher verhältnismäßig Eis gelegt. Darunter fallen folgende Strecken: 29
Fern-Express 2/2015 LGV und TGV Der am 11. Dezember 2011 eröffnete erste Teil 15. Dezember 2013 fahren die SNCF mit TGV- des östlichen Streckenabschnitts der LGV Rhin- Duplex-Einheiten in 6:15 h von Paris nach Rhône sollte noch durch die Strecken Dijon – Barcelona. Villers-les-Pots (15 km) und Petit Croix – Lutter- Auch aufgrund vieler Einsprüche wird in den bach bei Mulhouse (35 km) ergänzt werden. We- nächsten Jahren auf den Bau der LGV Provence gen ungeklärter Finanzierung liegen diese Teil- Alpes Côte d´azur (LGV PACA) verzichtet. Sie stücke allerdings auf Eis. Geplant war ferner eine sollte die LGV Méditerranée über Toulon nach Weststrecke von Dijon nach Montbard zur Ver- Nizza verlängern. bindung mit der LGV Sud-Est Richtung Paris so- Eine LGV Paris – Orléans – Clermont-Ferrand wie ein Südabschnitt von Dijon nach Lyon mit – Lyon mit noch nicht präzisierter Linienfüh- ebenfalls Anschluss an die LGV Sud Est. rung sollt vor allem die an ihrer Kapazitätsgrenze Die Inbetriebnahme der LGV Sud Europa AtIanti- angelangte LGV PSE entlasten, landete aber bis que (SEA) bzw. LGV Sud-Ouest von Tours auf weiteres auf dem Abstellgleis. nach Bordeaux ist für 2017 avisiert. Weitere Pla- Vor allem wegen mangelnder Rendite ver- nungen sahen die Verlängerung mit zwei Ästen schwand die LGV von Paris nach Rouen (ge- südlich von Bordeaux vor. Doch lediglich der Ab- plante Reisezeit 45 Minuten) und weiter nach Le schnitt nach Toulouse ist derzeit beschlossen, Havre (geplante Reisezeit in weniger als 75 Mi- aber noch kein Baubeginn festgelegt worden. nuten) in den Schubladen. Davon sollte eine Der zweite Ast über Bayonne/Biarritz nach Spa- TGV-Strecke nach Caen abzweigen, womit Caen nien mit Anbindung an die künftige spanische in 90 Minuten und Cherbourg in weniger als 2:30 Hochgeschwindigkeitsstrecke nach Madrid ist h erreichbar gewesen wäre. wie auch der Abzweig von der LGV SEA nach Auf Eis liegt auch das alpenquerende, für 220 Limoges (LGV Poitiers-Limoges) zeitlich nach km/h ausgelegte Lyon-Turin-Projekt mit einem oben weit offen. 52,7 km langen Basistunnel zwischen St. Jean- Die LGV Languedoc-Roussillon führt von der de-Maurienne in Frankreich und Susa in Italien LGV Méditerranée in Manduel (bei Nîmes) bis (Kosten rund 12,5 Mrd. €) und der Bau neuer, zur spanischen Grenze und sollte in drei Etap- zum Tunnel hinführender Strecken. Eine davon pen erstellt werden. Der 60 km lange erste Ab- sollte von Lyon nach Chambery und dann vor- schnitt von Manduel nach Lattes wird Nîmes und wiegend in Tunnels weiter nach St-Jean-de- Montpellier mit dem Bau neuer Bahnhöfe umge- Maurienne führen. hen und bis 2017 in Betrieb gehen. Der zweite Abschnitt von Lattes nach Perpignan ist bis auf weiteres zurückgestellt. Hingegen ist der Ab- DIE TGV schnitt von Perpignan bis nach dem spanischen Figueres seit Februar 2009 vollendet. Sein Herz- Grundsätzlich sind die TGV als zehnteilige, rund stück ist der 8,3 Kilometer lange Grenztunnel un- 200 m lange Einheiten mit einem Triebkopf an je- ter dem Col du Perthus hindurch. Am 19. De- dem Ende konzipiert, welche durch herkömmliche zember 2010 ging der Abschnitt Perpignan – Fi- Zug- und Stoßvorrichtungen mit einem achteiligen, gueres fahrplanmäßig in Betrieb und seit dem auf Jacobs-Drehgestellen laufenden Gliederzug aus Mittelwagen verbunden sind. Ausnahmen bil- Fertiggestellte Hochgeschwindigkeitstrecken den lediglich die TGV Atlantique sowie die Euro- Bezeichnung Abschnitt Länge HG Kosten Eröffnung star-Einheiten. Die TGV-Wagenkästen bestehen LGV Paris Sud Est St. Florentin – Sathonay (Lyon) 312 km 300 km/h 22.09.1981 1,8 Mrd. € aus einer röhrenförmigen Tragbalkenstruktur, um- LGV Paris Sud Est (Paris –)Lieusaint – St. Florentin 117 km 300 km/h 25.09.1983 geben von rostfreiem Stahl, Glas und Polyester. LGV Atlantique Montparnasse – Courtalain – Conner- ré (– Le Mans) 177 km 300 km/h 20.09.1989 Bei den doppelstöckigen TGV wurden zur Einhal- 1,5 Mrd. € LGV Atlantique Courtalain – Tours 102 km 300 km/h 25.09.1990 tung der zulässigen Radsatzlast von 17,5 t die Mit- telwagen weitgehend mit Aluminium-Strangpress- LGV Nord Europe Paris – Lille – Kanaltunnel 333 km 300 km/h 2,0 Mrd. € 26.09.1993 profilen aufgebaut. Ferner trugen viele weitere Klei- LGV Jonction Vémars – Coubert 104 km 270 km/h 1,2 Mrd. € 29.05.1994 nigkeiten wie z.B. gewichtsreduzierte Sitze, Kabel LGV Rhône-Alpes Montanay – St. Marcel-Ies-Valence 121 km 320 km/h 945 Mio. € 03.07.1994 mit dünnerer Ummantelung, hohle Achswellen und LGV Méditerranée St Marcel-Ies-Valence – Marseille 295 km 300 km/h 3,8 Mrd. € 07.06.2001 geänderte Bremsscheiben entscheidend zur Ein- LGV Est Européen Vaires – Baudrecourt 300 km 320 km/h 3,2 Mrd. € 10.07.2007 haltung des zulässigen Gesamtgewichts bei. LGV Languedoc-Roussillon Perpignan – Figueres (Spanien) 45 km 350 km/h 720 Mio. € 19.12.2010 LGV Rhin-Rhône Villers-Ies-Pots – Petit Croix 138 km 320 km/h 2,4 Mrd. € 11.12.2011 TGV PARIS SUD-EST HG-Strecken im Bau (TGV-PSE, 1978-1986) LGV Bretagne-PDL é– 182 km 320 km/h 3,4 Mrd. € 2016 Rund 6.000 kW Antriebsleistung waren erforder- LGV Est Européen Baudrecourt – Vendenheim 106 km 320 km/h 2,1 Mrd. € 2016 lich. Aufgrund des Gewichts der Gleichstrommoto- LGV Sud Europe Atlantique (SEA) Tours – Bordeaux 302 km 320 km/h 7,2 Mrd. € 2017 ren und der damit zu hohen Radsatzlast mussten nicht nur die Drehgestelle der beiden Triebköpfe LGV Languedoc- Roussillon Manduel – Lattès 80 km 350 km/h 1,4 Mrd. € 2017 sondern auch ein Triebdrehgestell im auf den HG-Strecken geplant Triebkopf folgenden Wagen mit zwei Motoren aus- 2. Teil Oststrecke: Dijon – Villers-les- LGV Rhin-Rhône Pots und Petit Croix – Lutterbach 50 km 320 km/h k.A. 2030+ gerüstet werden. Die meisten Triebköpfe sind in LGV Rhin-Rhône Weststrecke Montbard – Dijon 70 km 320 km/h k.A. 2030+ Zweisystemausführung (25 kV/50 Hz und 1,5 kV=) LGV Rhin-Rhône Südstrecke Dijon – Lyon 150 km 320 km/h k.A. 2030+ konfiguriert. Lediglich 18 Triebköpfe (9 Einheiten) LGV PACA Aix-en-Provence – Nice 180 km k.A. 16 Mrd. € 2030+ erhielten für Einsätze in die Schweiz zusätzlich ei- LGV Languedoc- Roussillon 200 km k.A. 6 Mrd. € 2030+ ne Wechselstromausrüstung für 15 kV/16,7 Hz. LGV SEA Bordeaux – Toulouse 200 km 320 km/h 2,9 Mrd. € 2020+ Geliefert wurden 101 Zweisystemeinheiten (Einhei- LGV SEA Bordeaux – Spanien 250 km k.A. 3,8 Mrd. € 2030+ ten 01-102, Nr. 99 nicht besetzt) sowie ein Reser- LGV SEA Poitiers – Limoges 115 km 320 km/h 1,3 Mrd. € 2030+ vetriebkopf, acht Dreisystemzüge (Einheiten 110- 117, die Einheiten 112 und 114 gehören der SBB) Paris – Orléans – Clermont-Ferrand – LGV Paris-Clermont-Lyon Lyon 400 km k.A. k.A. 2030+ und fünf fensterlose Halbzüge für die französische 30
Fern-Express 2/2015 LGV und TGV Post (Einheiten 951-955) zum Verstauen von Kar- 527, 528 und 531 erhielten die Wagengarnituren ren und Containern mit Postsäcken. der Einheiten 4507-4509 sowie die neuen Num- mern 551-553. Die PBA Thalys-Einheit 4531 wurde Alle TGV PSE erhielten im Laufe der Jahre neue 2007 in einen normalen Dreisystem-TGV-R umge- Laufdrehgestelle mit besserer Federung und wur- baut und fährt nun unter der Nummer 4551. Schon den mehrfach innen renoviert. Die Einheit 38 wur- 1997 war die Einheit 502 in einen schweren Unfall de 1995 in einen TGV Postal (Einheit 956/957) verwickelt worden, welcher die Zerstörung eines umgebaut. Die Einheit 88 bildete den Prototyp für Triebkopfs zur Folge hatte. Der zweite Triebkopf den TGV Atlantique und ging anschließend als steht seither als Reserve zur Verfügung, ein Teil neunter Dreisystemzug (Nr. 118) in Betrieb. Erste der Wagen musste für die Reparatur der PBKA Ausmusterungen begannen im Herbst 2013. Bis Thalys-Einheit 4342 herhalten. heute mussten rund 40 Einheiten den Dienst quit- tieren, darunter alle Dreisystemzüge. EUROSTAR (1992-1996) Die sogenannten Eurostar-Züge für den Verkehr TGV ATLANTIQUE (TGV-A, 1988-1992) unter dem Kanaltunnel zwischen Paris – London Ihre acht selbstkommutierenden Dreh- strom-Synchronmotoren mit einer Leis- Buk10 tung von je 1.100 kW wirkten nur auf die Radsätzen der Triebköpfe. Auf Grund der 8.800 kW und geringeren Maximal- steigungen der Atlantique-Strecke konn- ten die Höchstgeschwindigkeit auf 300 km/h angehoben und zwei zusätzliche Wagen eingefügt werden. Im Nachhinein stellte sich letzteres als Fehler heraus, da zwei zusammengekuppelte Einheiten deutlich mehr als 400 m lang waren. Dies verursachte in einigen Bahnhöfen Probleme mit den Bahnsteiglängen. Ins- gesamt wurden zwischen 1988 und 1992 exakt 105 Züge (Einheiten 301-405) und ein Reservetriebkopf geliefert. Erstmals kam nun die neue TGV-Lackierung in blau/silber zur Anwendung. Ab 2006 er- folgten auch bei dieser Serie umfangrei- che Modernisierungen. TGV RÉSEAU (TGV-R), THALYS PBA (1992-1996) Der TGV-R ist in technischer Hinsicht ei- ne achtteilige Version des TGV-Atlan- tique mit sehr ähnlichen Triebköpfen und ausschließlich Großraumwagen. Geliefert wurden sowie Brüssel – London sind von ihrer Konstruktion In Sonderlackierung zunächst zwischen 1992 und 1994 insgesamt 50 her ein doppelter TGV, wobei zwei identisch aus- zieht ein TGV Réseau Zweisystemzüge (25 kV/50 Hz u. 1.500 V=, Einhei- geführte, zehnteilige Halbzüge zu einem Eurostar in Dreisystemausfüh- ten 501-550). 1994 bis 1996 folgten 40 Dreisys- zusammengekuppelt sind. Am Ende der „End- rung entlang des At- temzüge (25 kV/50 Hz, 1.500 V= u. 3.000 V=) mit Mittelwagen“ der beiden Halbzüge wurden anstatt lantiks seines Weges. einem Reservetriebkopf in unterschiedlicher Aus- der Jakobs-Drehgestelle normale Drehgestelle ein- (Foto: H.-G. Löwe) führung: Die Einheiten 4501-4506 besitzen für den gebaut. Um bei nur zwei Triebköpfen dennoch ge- Einsatz nach Italien (Paris – Turin – Mailand) geän- nügend Leistung zu erreichen, erhielten die jeweils derte Stromabnehmer und zusätzlich die Führer- dem Triebkopf zugewandte Drehgestelle der an- standsignalisierung der FS. Für den Verkehr in grenzenden Mittelwagen ebenfalls Fahrmotoren Richtung Belgien standen zunächst die Einheiten eingebaut (wie beim TGV PSE). Geliefert wurden 4507-4530 zur Verfügung. Zuletzt wurden die Ein- 31 Einheiten (3001/02-3021/22, 3101/02-3107/08, heiten 4531-4540 gebaut, welche mit geänderten 3201/02-3231/32) und zusätzlich noch sieben so- Stromabnehmern und niederländischer ATB- genannte „Regional-Eurostar“ (14 Halbzüge), wel- Ausrüstung als Thalys PBA die Relation Paris – che ursprünglich zur Verlängerung von Eurostar- Brüssel – Amsterdam bedienen. Sie sind in den Leistungen über London hinaus vorgesehen wa- Thalys-Farben rot/silber lackiert und erfuhren 2008 ren. Da britische Bahnsteiglängen aber keine 400 eine Modernisierung im Innern sowie die Ausrüs- Meter-Züge aufnehmen können, musste bei diesen tung mit ETCS. Zügen auf zwei Wagen der 1. Klasse und zwei Wa- gen der 2. Klasse-Wagen verzichtet werden. Diese Für die Eröffnung der LGV Est in 2007 erhielten al- „kurzen“ Eurostar-Züge laufen unter den Nummern le TGV R eine Innenraummodernisierung und ihre 3301/02 bis 3313/14. Die Verkehre nördlich von Höchstgeschwindigkeit wurde auf 320 km/h ange- London kamen aber nicht zustande und daher hoben. Daneben gab es einige Umbauten: 19 Ein- übernahm die SNCF ab 2007 sechs Garnituren für heiten (515-533) mussten ihre Wagen den neuen den Verkehr von Paris Nord nach Lille und Valenci- TGV POS-Triebköpfen zur Verfügung stellen, wäh- ennes. rend die Triebköpfe (der Einheiten 515-526, 529- 530, 532-533, 4507-4509) mit Duplex-Garnituren TGV DUPLEX, TGV-R DUPLEX (1996-2007) gekuppelt wurden. Die Triebköpfe der Einheiten Um die überaus rasante Zunahme des Verkehrs- 31
Fern-Express 2/2015 LGV und TGV aufkommens auf der Strecke Paris – Lyon zu be- Durch seine gerundete Nase ähnelt der Thalys wältigen, mussten neue Wege beschritten werden. PBKA äußerlich dem TGV Duplex, technisch gese- So wurde die Idee geboren, einen doppelstöckigen hen ist er aber ein Verwandter des TGV Réseau, TGV Duplex zu entwickeln, der 40 % mehr Fahr- des TGV der dritten Generation. Der Thalys PBKA gäste komfortabler befördern konnte als ein TGV war in der Anschaffung aber um 50 % teurer als Réseau, das gleiche Gewicht auf die Waage der TGV Réseau, denn er muss mit vier unter- brachte und sogar nur 24 % mehr kostete. Zwi- schiedlichen Strom- und sieben verschiedenen schen 1995 und 2007 gelangten in mehreren Tran- Signalsystemen zurechtkommen, welche sein chen insgesamt 89 Garnituren mit den Nummern Bordcomputer automatisch erkennt. Da der Thalys 201-289 zur Auslieferung. Weiteren Zuwachs er- PBKA sowohl für Links- als auch für Rechtsverkehr hielten die Doppelstock-TGV durch die Einführung ausgelegt wurde, ist sein Führerpult mittig ange- der TGV POS. Trickreich hatte die SNCF für die ordnet. Inzwischen unterzog man die Fahrzeuge Verkehre Richtung Süddeutschland und Schweiz einer intensiven Frischzellenkur mit folgende Inno- 19 TGV-Duplex-Garnituren mit Dreisystem-Trieb- vationen: eine neue Inneneinrichtung und ein neu- köpfen bestellt. Diese Triebköpfe gingen dann mit es Gesicht in flammend Rot und Silber – angelehnt TGV R-Mittelwagen in Betrieb, während die TGV R an die bisherigen Thalys-Farben, aber mit neuen -Triebköpfe (der Einheiten 515-526, 529-530, 532- grafischen Elementen. Ein neues Service-Konzept 533, 4507-4509) mit den Doppelstock-Mittelwagen hielt Einzug und natürlich gibt es inzwischen auch gekuppelt wurden. Somit entstanden 16 Zweisys- Breitband-Internet-Anschluss per Satellitentechno- tem-TGV R-Duplex (Einheiten 601 bis 612, 616 bis logie. 619) sowie drei Dreisystem-TGV-R-Duplex (Ein- heiten 613-615 aus den vormaligen Triebköpfen TGV POS (2005-2007) der Einheiten 4507-4509). Für den Hochgeschwindigkeitsverkehr zwischen Paris, Ostfrankreich (Straßburg) und Süddeutsch- THALYS PBKA (1996-1998) land beschaffte die SNCF den „Train à Grande Für den Hochgeschwindigkeitsverkehr zwischen Vitesse Paris – Ostfrankreich – Südwestdeutsch- Paris, Brüssel, Köln und Amsterdam (PBKA) einig- land“ (TGV POS). Basis des TGV POS war zu- ten sich im Juni 1992 die beteiligten Bahngesell- nächst einmal der Neubau der Hochgeschwindig- schaften SNCF, SNCB, DB und NS auf ein ge- keitsstrecke Straßburg – Paris sowie die entspre- meinsames Fahrzeug mit zwei Triebköpfen und chende Ausrüstung der Fahrzeuge für Strom- und acht Mittelwagen. Diese Vierstrom-PBKA-Hochge- Signalsysteme in Deutschland und der Schweiz. schwindigkeitszüge mit ihrem charakteristischen Der TGV POS war keine wirklich vollständig neu Outfit in bordeauxrot und graumetallic sind eine entwickelte Fahrzeuggeneration. Vielmehr handel- Weiterentwicklung des TGV und werden unter dem te es sich um einen Mix aus neuen Triebköpfen Produktnamen „THALYS“ vermarktet. Von den vier und Mittelwagen des TGV Réseau. Die neuen beteiligten Bahnen wurden zunächst 17 Garnituren Triebköpfe entsprachen mechanisch weitgehend bei GEC-Alsthom bestellt. Davon erhielten die jenen der TGV Thalys PBKA (Paris - Brüssel - SNCB sieben Einheiten (4301-4307), die SNCF Köln / Amsterdam). Die elektrische Ausrüstung für Hochbetrieb im Pariser sechs (4341-4346), die NS zwei (4331-4332) und drei Stromsysteme (1,5 kV=, 25 kV/50 Hz und 15 Gare de Lyon. Gleich die DB zwei (4321-4322). Seit dem 14. Dezember kV/16,7 Hz) wurde erstmals in Asynchrontechnik vier TGV-Duplex ste- 1997 fahren die Thalys PBKA von Paris nach Brüs- mit IGBT-gesteuerten Drehstrom-Asynchronmo- hen zur Abfahrt gen sel, anschließend weiter nach Amsterdam bzw. toren ausgeführt. Die Mittelwagen stammten vom Süden bereit. nach Köln und zwischenzeitlich teilweise weiter TGV Réseau. Allerdings wurden sie in der Werk- (Foto: K.-W. Koch) nach Düsseldorf. stätte Bischheim umfangreich modernisiert, tech- Buk10 nisch auf den neuesten Stand ge- bracht und unterscheiden sich da- her auffällig von den anderen TGV- Generationen. Beschafft wurden 19 Einheiten mit den Nr. 4401 bis 4419, wobei die Einheit 4406 an die SBB verkauft wurde. Seit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2012 fahren die TGV POS als „TGV Lyria“ planmäßig nur noch in die Schweiz und nicht mehr nach Deutschland. Eine Besonderheit bildet der TGV 4402. Seine Triebköpfe stellten mit drei modifizierten Mittelwagen als Weltrekordzug V150 am Mittag des 3. April 2007 auf der LGV Est einen neuen, unglaublichen Geschwindig- keitsweltrekord für Schienenfahr- zeuge auf. In 13 Minuten beschleu- nigte die Einheit auf 574,8 km/h. Die beiden Triebköpfe durften ihre auffällige Weltrekord-Beklebung be- halten und weisen so augenfällig auf die erzielte Geschwindigkeit hin. 32
Fern-Express 2/2015 LGV und TGV Die TGV-Baureihen: Auf dem Weg nach Süden passiert die TGV PSE-Einheit 58 den verträumten Bahnhof Chagny. (Foto: H.-G. Löwe) Buk20 Mit Fahrtziel Rennes verlässt am 5. April 2014 der TGV Atlan- tique 306 den Bahnhof Paris-Montparnasse. (Foto: Th. Estler) Ihre Endstation Paris Gare de l´Est erreichte am 6. April 2024 pünktlich die TGV Réseau-Einheit 552. (Foto: Th. Estler) In Richtung London durcheilt die Eurostar-Einheit 3214 gera- de den Bahnhof Ashford International. (Foto: Wikipedia Com- mons, Joshua Brown) Am 30.10.13 verlässt der TGV-Duplex 208 in der neuen Car- millon-Lackierung mit „bunter“, aus Ersatzteilen zusammen- gestückelter „Schnauze“ den Bf Mulhouse. (Foto: Th. Estler) Die Hohenzollernbrücke in Köln bildete am 20. Juni 2010 die Kulisse für die Thalys-Einheit 4304 (Eigentum SNCB), schon im neuen Outfit. (Foto: Th. Estler) Zum Münchner Oktoberfest durcheilte der TGV 2N2 Euro-Du- plex 4709 am 20.09.2012 den Bf Esslingen. (Foto: Th. Estler) Buk21 Buk22 Buk23 Buk24 Buk25 Buk26 33
Fern-Express 2/2015 LGV und TGV Buk10 REKORDE Eine der großen Merkwürdigkeiten der Franzosen ist es, immer besser als alle Anderen sein zu wollen, und zwar um jeden Preis. So auch mit dem „Blauen Band der Schie- ne“. Erstmals traten die Franzosen am 28. und am 29. März 1955 mit ihren beiden Elloks BB 9004 und CC 7107 auf die Bildfläche. Zuerst erreichte die CC 7107 326 km/h, einen Tag später setzte die BB 9004 die Marke auf 331 km/h hoch. Knapp 26 Jahre später flog am 26. Februar 1981 der entsprechend präparierte Serien-TGV (Einheit 16) über einen 63 km langen Abschnitt der für den öffentlichen Verkehr noch nicht freigegebenen Strecke Paris – Lyon und erreichte eine Ge- schwindigkeit von 380 km/h. Um diesen Rekord zu erreichen, kürzte man den TGV auf zwei Triebköpfe und fünf Mittelwagen, änderte die Getriebeübersetzung und erhöhte den Treibrad-Durchmesser von 920 auf 1.050 mm. Die POS-Weltrekord- TGV DASYE, TGV 2N2 EURO-DUPLEX Dummerweise durchbrach in Deutschland der Ver- garnitur 4402 war bis (AB 2007) suchs-lCE am 1. Mai 1988 die magische Grenze Dezember 2012 des Mit Beginn des neuen Jahrtausends setzte sich bei von 400 km/h und holte mit 406,9 km/h den Ge- Öfteren in Deutsch- der SNCF die Erkenntnis durch, zukünftige TGV schwindigkeitsweltrekord nach Deutschland zu- land zu sehen, so als analog den TGV-POS nur noch mit IGBT-gesteu- rück. Das konnten sich die Franzosen natürlich TGV nach Stuttgart erter Drehstrom-Asynchron-Antriebstechnik und nicht gefallen lassen und griffen noch im gleichen am 9. April 2011 bei nur noch in Doppelstock-Ausführung zu beschaf- Jahr an. Ein auf drei Mittelwagen verkürzter TGV Ettlingen. fen. Zwischen 2007 und 2011 wurden zwei Serien Atlantique (Einheit 325) mit geänderter Getriebe- (Foto: Thomas Estler) von „normalen“ doppelstöckigen Zweisystem-TGV übersetzung, größeren Rädern, auf je 400 kW ge- unter der Bezeichnung „TGV DASYE“ (Duplex steigerter Leistung der Drehstrom-Synchronmo- ASYnchrone (traction) ERTMS) in Dienst gestellt, toren setzte schließlich am 18. Mai 1990 mit 515,3 welche auch noch das neue europäische Zugsi- km/h eine neue Marke. Natürlich mussten auch auf cherungssystem „ERTMS“ erhielten. Von diesen der Teststrecke, dem südlichen Teilstück der LGV insgesamt 49 Garnituren der „2. Doppelstock-Ge- Atlantique, größere Modifikationen vorgenommen neration“ stehen die Einheiten 725-734 mit kleinen werden. Modifikationen für den Einsatz auf der seit Dezem- ber 2010 in Betrieb befindlichen neuen Verbindung 17 Jahre später wollten es die Franzosen wieder Paris – Barcelona (Spanien) zur Verfügung. Im wissen. Am 26. März 2007 stellten SNCF und Al- Sommer bestellte die SNCF insgesamt 55 Garnitu- stom den zukünftige Rekordzug mit der Bezeich- ren einer dritten Generation von Doppelstock-TGV. nung „V 150“ (= 150 m/s = 540 km/h) der Öffent- Die Mittelwagen wurden dabei einer umfangrei- lichkeit vor. Er setzte sich aus den beiden TGV chen Überarbeitung unterzogen und bieten nun ei- POS-Triebköpfen der Einheit 4402 und drei Dop- nen höheren Komfort inklusive modernem Fahr- pelstock-Mittelwagen neuester Bauart zusammen. gastinformationssystem, Behindertentauglichkeit Entsprechende Modifikationen waren diesmal zu- und breiteren Gängen. Diese Einheiten (801-825, sätzliche Antriebsdrehgestelle unter den Mittelwa- 4701-4730) sind alle mit Dreisystem-Triebköpfen gen zur Erhöhung der Leistung auf 19.600 kW so- (wie der TGV POS) bestückt. Jedoch nur die Ein- wie wieder geänderte Getriebeübersetzungen und heiten 4701-4730 sind für Verkehre nach Deutsch- Raddurchmesser. Die Strecke erhielt einen verfes- land und in die Schweiz mit den Signalsystemen tigten Oberbau in den Kurven sowie eine Erhöhung ERTMS-2, LZB-PZB und Signum ausgerüstet. Bei der Fahrdrahtspannung von 25 kV auf 31 kV. 25 weiteren Doppelstock-TGV (801-825) erhalten Schließlich erreichte am 3. April 2007 um 13:14 die Triebköpfe zunächst nur die signaltechnische Uhr der „V 150“ die absolute Spitzenmarke von Ausrüstung für französische Strecken. Sie sind vor- 574,8 km/h. dringlich zur Ablösung der alten PSE-Garnituren auf aufkommensstarken Strecken gedacht. Vorbe- Einen ganz anderen, aber durchaus besonderen reitet sind die Triebköpfe jedoch schon für den Ein- Rekord stellte am 26. Mai 2001 der TGV Réseau bau von Zugsicherungssystemen zum Einsatz in 531 auf. Er benötigte für seine Non-Stopp-Fahrt Deutschland und der Schweiz bei entsprechendem von Calais-Frethun nach Marseille auf der 1.067,4 Bedarf. Einen Anschlussauftrag zum Bau 30 weite- km langen Strecke nur wenige Sekunden weniger rer Züge erteilte die SNCF im Frühjahr 2012, wel- als drei Stunden und zwölf Minuten. Das entspricht che dann ab Mitte/Ende 2015 zur Auslieferung einer Durchschnittsgeschwindigkeit von knapp 305 kommen sollen. km/h. 34
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