LNG UND VERSORGUNGS-SICHERHEIT - Erdgas: ein sicherer und zuverlässiger Partner in der Energiewende - DVGW
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Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. INFORMATION l www.dvgw.de DATEN UND FAKTEN ERDGAS LNG UND VERSORGUNGS- SICHERHEIT Erdgas: ein sicherer und zuverlässiger Partner in der Energiewende
Herausgeber DVGW Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V. Technisch-wissenschaftlicher Verein Josef-Wirmer-Straße 1 – 3 53123 Bonn Tel.: +49 228 9188-5 Fax: +49 228 9188-990 E-Mail: info@dvgw.de Internet: www.dvgw.de Bildnachweis: Titelfoto: Thinkstock / Arthit Somsakul, S. 7: shutterstock.com / Nadja1, S. 12 und 23: Roland Horn
ERDGAS: EIN SICHERER UND ZUVERLÄSSIGER PARTNER IN DER ENERGIEWENDE Zusammenfassung l E nergierechtliche Absicherung: Die Europäische Kommission hat im Februar 2016 Erdgas verursacht im Vergleich zu anderen fossilen ein umfangreiches Maßnahmenpaket2 vorge- Energieträgern die geringsten Emissionen und ist stellt, mit dem vorhandene regionale Engpässe damit ein idealer komplementärer Energieträger beseitigt werden sollen und in Krisensituationen, zur Unterstützung des Umbaus der Energieversor- wie z. B. bei längerem Ausfall eines Lieferan- gung in eine Energienutzung, die auf lange Sicht ten, Versorgungsengpässe vermieden werden weitgehend ohne fossile Energieträger auskommt können. In Deutschland regelt darüber hinaus und frei von Treibhausgasemissionen ist. Erdgas das EnWG Verantwortlichkeiten und Maßnah- ist zuverlässig und langfristig verfügbar. Für Europa men zur Gewährleistung eines hohen Maßes an und insbesondere für Deutschland ist ein sehr Versorgungssicherheit. hohes Maß an Versorgungssicherheit beim Erdgas erreicht: l K urz- und mittelfristige Absicherung: In Deutschland gibt es große Erdgasspeicher l R eserven: Weltweit gibt es ausreichende kon- kapazitäten. Im Krisenfall kann der Ausfall eines ventionelle Reserven. Auch bei steigendem Erd- wichtigen Lieferanten für einige Wochen bis gasverbrauch reichen die Erdgasreserven aus, Monate kompensiert werden. Entscheidend ist um in den nächsten Jahrzehnten die Nachfrage der Füllstand der Speicher zu Beginn eines Ver- zu decken. Hinzu kommt ein großes Potenzial an sorgungsengpasses. Über das Vorhalten einer nicht konventionellen Reserven1. strategischen Reserve könnte hier zusätzliche Sicherheit geschaffen werden. Auch sind die Speicherkapazitäten mehr als ausreichend, um l Verfügbarkeit: Europa ist über die vorhandene saisonale und kurzfristige Bedarfsschwankungen Pipeline- und LNG-Importinfrastruktur sehr gut auszugleichen. an die globalen Erdgasmärkte angeschlossen. Bereits heute steht ausreichend Importkapazität zur Verfügung, um bei zurückgehender europäi- l N etzstabilität: Die deutsche Erdgasinfra scher Produktion die benötigten Erdgasmengen struktur ist sehr gut ausgebaut und hat einen importieren zu können. Projekte zur Erhöhung sehr hohen Grad an Zuverlässigkeit. In den der Importkapazitäten und zur Beseitigung letzten Jahren hat es Lieferunterbrechungen von von regionalen Engpässen verbessern die in Summe weniger als zwei Minuten je Jahr im Versorgungssicherheit weiter. Über langfristige Gesamtsystem in Deutschland gegeben, 2013 Erdgasimportverträge sind Erdgasproduzenten sogar nur von knapp 40 Sekunden. an Erdgasimporteure gebunden und der Zugang zu den benötigten Erdgasmengen abgesichert. Für zusätzliche Verfügbarkeit sorgen liquide Handelspunkte. 1 Unkonventionelle Vorkommen aus Schiefergas- oder Tight-Gas-Lagerstätten 2 Energy Security Package 3
1 ROLLE UND NOTWENDIGKEIT VON ERDGAS IN DER ENERGIEWENDE Erdgas kann und soll in den nächsten Jahrzehn graden erhebliches Potenzial, Treibhausgasemissi ten ein Eckpfeiler in der Energiewende sein. Als onen zu reduzieren. Im Verkehrsbereich kann über komplementärer Energieträger zu den erneuerbaren Erdgas (CNG und LNG) die Abhängigkeit vom Öl Energien Wind und Solar auf dem Weg des Umbaus reduziert werden und zugleich ein wichtiger Beitrag der Energieversorgung in eine Energienutzung, die zur Reduzierung von Emissionen geleistet werden. weitgehend ohne fossile Energieträger auskommt und frei von Treibhausgasemissionen ist, kann Erd- Erdgas kann diese Funktion aber nur dann über- gas besser als alle anderen fossilen Energieträger nehmen, wenn ein hoher Grad an Versorgungs zum Gelingen der Energiewende beitragen. sicherheit gegeben ist. Störungen in der Erdgas- versorgung hätten je nach Umfang erhebliche In der Stromerzeugung sind Gaskraftwerke ideal Auswirkungen auf die Bevölkerung und würden geeignet, Angebotsschwankungen der erneuerbaren große wirtschaftliche Schäden zur Folge haben. Energien Wind und Solar auszugleichen. Moderne Auf politischer Ebene wird dies als Nachteil für Gaskraftwerke können schnell gestartet werden, Erdgas als Energieträger bewertet und führt dazu, sind schwarzstartfähig und können zudem flexibel dass Erdgas als zwar fossiler, aber mit deutlich geregelt werden. Auch in der Wärmeerzeugung niedrigeren THG-Emissionen als andere fossile gibt es durch die Erneuerung von erdgasbefeuerten Energieträger einen zu niedrigen Stellenwert in Heizanlagen mit deutlich verbesserten Wirkungs der zukünftigen Energieversorgung hat. 2 GASMÄRKTE NATIONAL UND INTERNATIONAL (STATUS QUO) Erdgasmärkte sind europaweit und international In Europa ist der Erdgasverbrauch seit 2010 auf miteinander verbunden. Insbesondere die flexible jetzt 472 Mrd. m³ zurückgegangen3. Auf die EU-28 Lieferung von LNG ermöglicht, dass Erdgasmengen entfallen hiervon 409 Mrd. m³. Gründe sind hier der global gehandelt werden. Weltweit wurden 2014 Ausbau erneuerbarer Energien, ein ineffizientes ETS 3.945 Mrd. m³ Erdgas verbraucht. Mit einem Anteil (Emissionshandelssystem) und niedrige Kohle von 24 % am Primärenergieverbrauch steht Erdgas preise. Größte Erdgasverbraucher in der EU sind an dritter Stelle hinter Öl und Kohle. Der globale Deutschland (85 Mrd. m³), UK (70 Mrd. m³) und Erdgasverbrauch ist in den letzten Jahren kontinu Italien (57 Mrd. m³). Diese Länder tragen zu über ierlich gestiegen. Im Durchschnitt betrug der 50 % des gesamten Erdgasverbrauchs in Europa Zuwachs in den letzten 10 Jahren 2,6 % per anno. (EU 28) bei. In Deutschland ist der Erdgasverbrauch Diese Wachstumsdynamik hat allerdings abgenom- seit 2006 rückläufig. Erdgas hat heute einen Anteil men. 2014 hat der weltweite Verbrauch von Erdgas von rd. 20 % am Primärenergieverbrauch und ist nur um 1,4 % zugenommen. damit nach dem Mineralöl (35 %) zweitwichtigster Primärenergieträger vor der Kohle. Die größten Verbrauchsregionen sind Nordamerika mit rund 935 Mrd. m³, gefolgt vom asiatisch- Der Nahe Osten liegt beim Erdgasverbrauch auf pazifischen Raum (685 Mrd. m³) und Russland gleichem Niveau wie Europa, hatte aber anders als bzw. GUS mit 627 Mrd. m³. In Asien ist China (184 in Europa in den letzten Jahren starken Zuwachs Mrd. m³) der größte Erdgasverbraucher, gefolgt von beim Erdgasverbrauch. Marktregionen mit heute Japan und Südkorea. Japan hat 2014 118 Mrd. m³ noch vergleichsweise geringem Bedarf sind Süd- Erdgas in Form von LNG importiert und ist damit der amerika und Afrika. weltweit größte Importeur von LNG. 4 3 BGR Energiestudie 2015
Afrika Lateinamerika Naher Osten Europa GUS Austral-Asien Nordamerika 0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1.000 l Abb. 1: Welterdgasverbrauch 2014 in Mrd. m³ (Quelle: BGR Energiestudie 2015) Weltweit wird der Erdgasverbrauch weiter zuneh- EU importiert, hiervon mit knapp 150 Mrd. m³ der men, allerdings regional unterschiedlich. In ihrem weitaus größte Teil als Pipelinegas aus der Russi- Hauptszenario (new policies) weist die IEA4 einen schen Föderation. Aus Algerien und Libyen wurden Zuwachs von 2 % per anno auf 5.378 Mrd. m³ 25 Mrd. m³ als Pipelinegas geliefert. Norwegen in (vgl. Anm. S. 9) 2040 aus. In diesem Szenario hat mit 101 Mrd. m³ zum Erdgasaufkommen bei- werden politische Verpflichtungen, veröffentlichte getragen. Aufgrund deutlich höherer LNG-Preise im Planungen und Ankündigungen zur Reduzierung Vergleich zu europäischem Pipelinegas waren die der globalen Treibhausgasemissionen berücksichtig europäischen LNG-Importkapazitäten in 2014 nur und es wird ein moderates Wachstum beim Erdgas zu rd. 20 % ausgelastet. Insgesamt wurden nur 45 aufgezeigt. Das größte Wachstumspotenzial für Erd- Mrd. m³ LNG (gasförmig) importiert. gas wird in Asien gesehen. Während der Verbrauch in den traditionellen asiatischen Märkten wie Japan Der asiatisch-pazifische Raum ist in weitaus stär oder Korea eher stagnieren wird, wird für China kerem Maß von LNG-Importen anhängig. Anders und Indien sowie für die absolut gesehen kleineren als in Europa gibt es kein durchgängiges Pipeline- Märkte wie Vietnam, Malaysia, Singapur und andere system und nur wenige überregionale Verbindun- erheblicher Zuwachs erwartet. Gleiches gilt für den gen. 243 Mrd. m³ wurden in Form von LNG Nahen Osten. In den anderen großen Verbrauchs importiert. Dies entspricht rund 80 % des Gesamt regionen Nordamerika und GUS dürfte der Erdgas- aufkommens. Wichtigste LNG-Lieferanten für verbrauch eher moderat weiter ansteigen. asiatische Märkte sind Katar mit rd. 74 Mrd. m³, Australien mit 32 Mrd. m³, Malaysia mit 34 Mrd. m³ Für die EU-28 zeigen aktuelle Szenarien einen stag- und Indonesien mit 21 Mrd. m³. nierenden bis leicht ansteigenden Erdgasverbrauch auf 500 – 550 Mrd. m³ 2035. Für Deutschland wird Seit 2011 gab es eine Dreiteilung bei den Großhan- erwartet, dass sich der Trend eines kontinuierlichen delspreisen für Erdgas in den drei großen globalen Rückgangs beim Erdgasverbrauch fortsetzen wird. Handelsregionen. Das hohe Erdgasangebot in Nordamerika hat den US-amerikanischen Gaspreis Sowohl der asiatisch-pazifische Raum als auch am Henry Hub (HH) in den letzten Jahren im Bereich Europa sind in erheblichem Maß von Erdgasimpor- von rund 2 ,5 – 5 USD / MMBTU5 schwanken ten abhängig. 2014 wurden etwas mehr als die lassen. In Europa erreichten die Großhandelsprei- Hälfte (53 %) der benötigten Erdgasmengen in die se etwa das doppelte Niveau und haben sich in 4 Internationale Energie Agentur, World Energy Outlook 2015 5 Million British Thermal Units (1 MMBTU = 293,071 kWh) 5
l Abb. 2: Erdgashandelsströme 2014 (Quelle: BP Statistical Review of World Energy, Juni 2015) einer Bandbreite von 7 – 11 USD / MMBTU (NBP)6 angenähert. Aktuell notiert der US-amerikanische bewegt. Die höchsten Preise hatten asiatisch- HH-Preis bei etwa 2 USD /MMBTU, während sich pazifische Importeure zu zahlen. Aufgrund der europäische und asiatische Preise auf ein Niveau hohen Nachfrage insbesondere aus Japan nach von 5,5 USD / MMBTU bzw. 8,5 USD / MMBTU dem Runterfahren der Kernkraftwerke und aus (Japan) angenähert haben. China bei gleichzeitig geringem LNG-Angebot haben dort Preise Höchststände erreicht und sich Damit wird der europäische Markt zunehmend in einer Bandbreite von 15 – 20 USD / MMBTU attraktiv für LNG-Mengen insbesondere aus Nord- bewegt. 2014 und 2015 haben sich die Märkte amerika, aber auch aus dem Nahen Osten (Katar). in eine Überschusssituation gedreht. In einem Seetransportkosten auf der Strecke USA7 – Europa Käufermarkt sind internationale Großhandelspreise sind um die Hälfte bis ein Drittel niedriger im Ver- deutlich zurückgegangen und haben sich weltweit gleich zu Lieferungen aus den USA nach Asien. USD / mmbtu 25 20 15 10 5 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 2011 2012 2013 2014 2015 US (HH spot) UK (NBP spot) German Border Japan LNG landed prices l Abb. 3: Entwicklung des Großhandelspreises für Erdgas (Quelle: EU Quarterly Report on European Gas Markets, DG ENER) 6 National Balancing Point 6 7 Ostküste
3 ECKPFEILER DER VERSORGUNGSSICHERHEIT Kernaufgabe der Erdgaswirtschaft ist es, Versor- 3.1 Verfügbarkeit gungssicherheit zu garantieren und Märkte lang- fristig sicher und wettbewerbsfähig zu versorgen. 3.1.1 Erdgasreserven und -ressourcen Hierbei stützt sich eine sichere Versorgung mit Erdgas auf folgende Bausteine: Global sind ausreichende Erdgasreserven vorhan- den, so dass die Erdgasversorgung weltweit auf l Langfristige und wettbewerbsfähige lange Sicht aufrechterhalten werden kann. Die Verfügbarkeit von Erdgas BGR8 schätzt die nutzbaren Reserven9 auf 198.000 Mrd. m³. Bei einer jährlichen Produktion von rd. l Ausgebaute und diversifizierte Import- und 3.400 Mrd. m³ ist die statische Reichweite der Verteilungsinfrastruktur sowie Zugang dazu Erdgasreserven 58 Jahre. Hinzu kommen Ressour- cen, d. h. nachgewiesene Mengen, die aber mit l Diversifizierung der Erdgasbeschaffung heutigem Stand der Technik nicht wirtschaftlich und stabile und langfristige Beziehungen zu gewinnbar sind, von rund 638.000 Mrd. m³. Bei internationalen Erdgaslieferanten weiterwachsendem Bedarf und bei gleichzeitiger und realistischer Erwartung weiterer Zufunde bei l Regulatorischer Rahmen zur Sicherstellung Erdgas (konventionell und nicht-konventionell) und der Versorgung verbesserter Technologien steht auch langfristig für alle Wachstumsszenarien global ausreichend l Hoher Grad der technischen Zuverlässigkeit Erdgas zur Verfügung. der Gasinfrastruktur (Leitungsnetz, Verdichter, Speicher) Die globalen Erdgasreserven sind auf wenige große Regionen konzentriert. 80 % aller Erdgasreserven weltweit liegen in den Ländern der OPEC und der GUS. Im Nahen Osten haben Iran und Katar die mit Abstand größten Reserven. Das weltweit größte Lateinmerika 6% 4% 2% Nordamerika Europa 8% Austral-Asien 32 % GUS 41 % 7% Naher Osten Afrika Reserven Gesamt 198,000 Mrd. m3 l Abb. 4: Welterdgasreserven 2014 (Quelle: BGR Energiestudie 2015) 8 Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Hannover 9 Reserven: mit aktuellem Stand der Technik wirtschaftlich 8 gewinnbarem Mengen
Gasfeld ist das sogenannte »North Field« in Katar, geführt, da noch zu wenige verlässliche Daten das sich im iranischen »South Pars«-Feld fortsetzt. vorliegen und die Fragen der Umweltverträglich- Die Reserven in Katar und Iran allein werden auf keit, Genehmigung der Förderung und damit der 49.000 Mrd. m³ geschätzt. Zugang zu diesen Ressourcen in vielen Regionen nicht geklärt sind. Grundsätzlich aber haben diese Russlands Reserven werden mit 48.000 Mrd. Vorkommen hohes Potenzial, wie insbesondere der m³ angegeben. In den GUS-Ländern verfügen massive Aufbau der Schiefergasförderung in den insbesondere Turkmenistan und Aserbaidschan USA gezeigt hat. über größere Reserven. Insgesamt belaufen sich die Erdgasreserven in der GUS auf 63.000 Mrd. m³. Aufgrund ihrer vergleichsweise geringen 3.1.2 Erdgasproduktion und Importbedarf geografischen Entfernung haben Turkmenistan und Aserbaidschan großes Potenzial, europäische Weltweit wurden 2014 3421 Mrd. m³ Erdgas Märkte zu versorgen. gefördert. Die USA waren 2014 vor Russland und dem Iran der weltgrößte Erdgasproduzent mit Asia / Pazifik verfügt über Reserven von 16.600 729 Mrd. m³. In den USA konnte die Produktion auf Mrd. m³, überwiegend in Australien, Indonesien Basis der Schiefergasvorkommen deutlich erhöht und Malaysia. Die Erdgasreserven Afrikas werden werden, 2014 allein um 6 %. Ab 2016 werden erste mit 14.000 Mrd. m³ angegeben, mit Nigeria (5.100 Erdgasmengen als LNG über den Exportterminal Mrd. m³) und Algerien (4.500 Mrd. m³) als Länder Sabine Pass in Texas exportiert. mit den größten Reserven. Erhebliches Potenzial wird für Tansania und Mozambique gesehen. Die Russland hat 2014 610 Mrd. m³ Erdgas gefördert. konventionellen Erdgasreserven Nordamerikas er- Dies war leicht rückläufig im Vergleich zum Vorjahr. reichen 12.100 Mrd. m³, wobei es hier erhebliches Gründe hierfür sind die derzeit schwierigen poli- zusätzliche Potenzial über »shale gas« und »tight tischen Rahmenbedingungen sowie der deutliche gas« gibt. Europa hat nur noch vergleichsweise Rückgang der Öl- und Gaspreise. geringe Reserven in Höhe von rund 3.600 Mrd. m³, überwiegend in Norwegen und den Niederlanden. Im Nahen Osten wurden 588 Mrd. m³ Erdgas gefördert. Iran ist der größte Erdgasproduzent im Unkonventionelle Erdgasvorkommen wie Schiefer Mittleren Osten. Der Iran hat seine Förderkapazi- gas oder Flözgas werden hier nicht weiter auf- täten erheblich ausgebaut und hat 173 Mrd. m³ Erdgasproduktion nach Ländern (Top 20) 2014 in Mrd. m3 800 700 600 500 400 300 200 100 0 Ru USA nd Ka n da r Sa rw a i-A en Al ien Tu one n m en M tan er a V. sbe nde . E an st e Äg ien M n ad Tha ko To d go ta Au irat No in ed si Ira In rie te n ud eg rk si na ab st xi ba la un ila Ka Ni ay b l Ch yp is ra U la ge e ra ss Ar ki m en al d d id in Tr l Abb. 5: Welterdgasproduktion 2014 (Quelle: BGR Energiestudie 2015) 9
produziert. Katar produziert auf konstantem Niveau durch eine starke Nutzung des Groningen-Feldes rund 160 Mrd. m³ per anno. Knapp zwei Drittel die Reserven deutlich reduziert worden. Hinzu kom- davon werden als LNG in europäische Märkte und men seismische Probleme (Setzungen), welche die zum größeren Teil in den asiatisch-pazifischen weitere Förderung erschweren. Das niederländische Raum exportiert. Wirtschaftsministerium hat bereits angekündigt, dass die Produktion aus dem Groningen-Feldes Im asiatisch-pazifischen Raum haben China und sukzessive zurückgefahren wird und dass ab 2029 600 500 Zusatzbedarf Importbedarf im Bilanzraum 170 Mrd. m3 2015 – 2035 400 300 200 Konstante Versorgung 100 aus AZ, DZ, Mrd. m3 / a LY, RU, TM 0 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 Zusatzbedarf 2015 – 2035 Eigenproduktion Europa Produktion NO Erdgas aus AZ / RU / TM Erdgas aus DZ / LY LNG Importe Erdgasnachfrage Europa l Abb. 6: Entwicklung von Erdgasbedarf und Erdgasaufkommen in Europa (Quelle: Konsultationsdokument Netzentwicklungsplan Gas 2016) Australien in den letzten Jahren die Erdgasförde- keine Exportmengen mehr zur Verfügung stehen. rung ausgebaut und 2014 132 Mrd. m³ (China) bzw. 56 Mrd. m³ (Australien) produziert. Malaysia Deutschland hat 2014 noch rund 10 Mrd. m³ als zweitgrößter Produzent der Region hat 2014 Erdgas gefördert. Die heimische deutsche Erdgas- 66 Mrd. m³ gefördert. produktion ist weiter stark rückläufig und nimmt aufgrund der Erschöpfung der Lagerstätten in den Größter Produzent in Europa ist Norwegen mit 108 nächsten Jahren ab auf unter 4 Mrd. m³ 2025. Mrd. m³ 2014, gefolgt von den Niederlanden (66 Mrd. m³). Während die norwegische Erdgasproduk- Insgesamt geht die Erdgasproduktion in Europa von tion mittelfristig auf konstantem Niveau gehalten heute 258 Mrd. m³ weiter zurück. CEDIGAZ10 prog- werden kann, werden die Fördermengen in den nostiziert einen Rückgang auf 235 Mrd. m³ (2020) Niederlanden wie auch in anderen Erdgasförder- bzw. auf 170 Mrd. m³ (2035). Damit erhöht sich regionen in Europa in den nächsten Jahren weiter der Bedarf an Importen aus Lieferländern außerhalb deutlich zurückgehen. In den Niederlanden sind der EU. Die deutschen Ferngasnetzbetreiber weisen 10 10 Medium and Long Term Natural Gas Outlook February 2015
einen zusätzlichen und heute noch nicht abgesi- ist die erste Anlage, die mit der Produktion im Feb- cherten Importbedarf von 170 Mrd. m³ 2035 aus. ruar 2016 gestartet ist. Weitere Kapazitäten, wenn auch in geringerem Umfang, werden in Malaysia Europa hat günstige Ausgangsbedingungen für die und Indonesien zugebaut. Beschaffung der benötigten zusätzlichen Erdgas- mengen. Lieferländer zur Deckung des zukünftigen LNG ist anders als Pipelinegas flexibel und folgt Bedarfs sind weiterhin Norwegen (NO), Russland globalen Preissignalen. LNG Mengen fließen (RU), Algerien (DZ), Libyen (LY) sowie neue Liefer- zunächst in höherpreisige Märkte ohne Zugang zu länder aus der GUS-Region Turkmenistan (TM) und Pipelinegas oder in Nischenmärkte (z. B. Südame- Aserbaidschan (AZ). rika). Überschussmengen fließen nach Europa und konkurrieren dort mit Pipelinegas und eigener Pro- Weltweit wird LNG-Verflüssigungskapazität aufge- duktion. Die letzte Dekade, in der der überwiegende baut. Im Bau sind Projekte, die zusätzlich zu den Teil der LNG-Mengen in den asiatisch-pazifischen bestehenden Kapazitäten von 300 mtpa11 (390 Mrd. Raum geflossen ist und nur wenig LNG nach Europa m³ / a Erdgas) weitere 112 mtpa in den nächsten geliefert wurde, hat dies gezeigt. Anders als in vie- Jahren an den Markt bringen werden. Optimisti- len asiatischen Märkten (Korea, Japan) kann Europa sche Prognosen erwarten sogar eine Verdoppelung sowohl über Pipelinegas versorgt werden als auch der Kapazitäten bis 2025, was aber angesichts über LNG, das heißt aber auch, dass Europa für der aktuellen Öl- und Gaspreisentwicklung nicht LNG der »Residualmarkt« bleiben wird. Europa wird realistisch ist. die Überschussmengen aufnehmen, die in Asien nicht abgesetzt werden können. In Australien sind sieben Verflüssigungsprojekte mit einer Kapazität von zusätzlich 62 mtpa im Bau bzw. Die deutliche Erhöhung des LNG-Angebotes bei gehen gerade in Betrieb. Australien wird Katar, den gleichzeitig reduziertem Zuwachs auf der Nachfra- derzeit größten LNG Produzenten, überholen und geseite führt dazu, dass es auch längerfristig einen weltweit größter LNG-Exporteur. In den USA haben Angebotsüberhang bei LNG geben wird und sich vier Projekte eine FID (Final Investment Decison). das globale Preisniveau weiter angleichen wird. Damit erhöht sich die weltweite Verflüssigungs LNG wird damit zu wettbewerbsfähigen Konditionen kapazität um weitere 44 mtpa. Das Projekt Sabine für europäische Märkte in ausreichenden Mengen Pass an der Grenze zwischen Texas und Louisiana auch längerfristig zur Verfügung stehen. Globales LNG- Angebot Nischenmärkte LNG Pipelinegas, eigene Pro- duktion LNG Bedarf Asien Europa l Abb. 7: Mengenflüsse im globalen LNG-Markt 11 million tons per annum 11
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3.2 Import- und Verteilinfrastruktur 3.2.1 Pipelineinfrastruktur die BBL-Leitung an Kontinentaleuropa angebunden und verfügt über weitere Anbindungen an Gasfel- 2014 lag die Importkapazität für Pipelinegas in der in der Nordsee. Wichtigste Verbindung ist hier Europa (EU-28) bei 490 Mrd. m³/a. Von Süden die Langeled-Leitung, die Norwegen mit dem UK wird das europäische Transportnetz mit Mengen verbindet. aus Algerien über die Leitungen Maghreb – Eu- rope Gas (MEG) und die Medgaz, die in Spanien Aus östlicher Richtung wird Erdgas aus Russland anlanden, sowie über die Transmed, die Algerien mit über die Nord Stream, die EuroPol und über drei Italien (Sizilien) verbindet, aufgespeist. Die »green Transportkorridore durch die Ukraine geliefert. Stream«-Leitung verbindet Libyen mit Sizilien. Über die Südroute sind Rumänien und Bulgarien angeschlossen. Erdgas aus der Nordsee wird über fünf Pipelines, die in Seebrügge, Emden / Dornum und Dünkir- Weitere Pipelinegasinfrastruktur ist im Bau oder chen anlanden, in das europäische Transportnetz in Planung. Die deutschen Ferngasnetzbetreiber eingespeist. Das UK ist über den Interconnector und weisen eine zusätzliche geplante Importkapazität für l Abb. 8: Möglichkeiten zur Aufspeisung des europäischen Gasversorgungssystems (Quelle: ENTSOG, eigene Angaben) 13
Inbetriebnahme Technische Kapazität Projekt (Mrd. m3 / a) Nord Stream (Zusatzmengen) 2019 5,00 GALSI (Gasleitung Algerien-Sardinien-Italien) 2018 8,00 TAP (Trans Adriatic Pipeline) 2020 11,00 TESLA (Türkei-Österreich) 2019 41,00 AGRI (Azerbaidschan-Georgia-Romania Interconnector) 2022 8,00 EASTRING (Verbindung zwischen Slowakei und 2019 19,25 Rumänien / Bulgarien Stufe II) EASTRING (Verbindung zwischen Slowakei und 2022 19,25 Rumänien / Bulgarien Stufe I) White Stream (Azerbaidschan / Georgien-Rumänien) 2022 16,00 Gesamtkapazität 127,5 l Abb. 9: Importinfrastruktur – Pipelineprojekte und Jahreskapazität Europa von 127,5 Mrd. m³ aus, deren Inbetriebnah- importiert werden. Das UK hat Importkapazitäten me sukzessive für die nächsten Jahre geplant ist. mit den Terminals Isle of Grain, Milford Haven und Dragon aufgebaut. In Polen ist der Terminal in Hierüber erfolgt eine deutliche Verstärkung der Swinemünde kurz vor der Inbetriebnahme. Importkapazitäten im südöstlichen Europa. Mit den Griechenland hat LNG-Importkapazität über den Pipelineprojekten EASTRING, White Stream, TESLA Revithoussa Terminal südwestlich von Athen. und TAP wird zu den vorhandenen Transportkor- ridoren für russisches Erdgas durch die Ostsee, 23 Mrd. m³/a an zusätzlicher LNG-Importkapazität über Weißrussland / Polen und über die Ukraine ein sind zurzeit im Bau bzw. kurz vor der Inbetrieb- vierter Korridor aufgebaut, der Erdgasreserven im nahme12. Die vorhandenen Kapazitäten waren in kaspischen Raum unter Vermeidung des russischen den letzten Jahren nur zu etwa 25 % im Schnitt Transportsystems anbindet und die Verbindungen ausgelastet. Europa hat damit mehr als ausreichend in Rumänien und Bulgarien verbessert. Über das Kapazität über die auch zukünftig wachsende GALSI-Projekt (Algerien, Sardinien, Italien) werden LNG-Importmengen angelandet und ins Pipelinenetz Pipeline-Importkapazitäten im Süden Europas auf- eingespeist werden können. gestockt und zusätzliche Mengen aus Nordafrika / Algerien verfügbar gemacht. Vorgeschlagen sind LNG Importterminalprojekte von rd. 150 Mrd. m³/a an zusätzlicher LNG-Import- kapazität (EU-28). Ein Zubau weiterer Kapazität ist 3.2.2 LNG-Infrastruktur aber nur regional zur Verbesserung des Zugangs südosteuropäischer Länder und der baltischen Europa verfügt über LNG Importkapazitäten von 203 Staaten einschließlich Finnland zu LNG-Importen Mrd. m³/a (EU-28 191 Mrd. m³). Damit könnten erforderlich. 43 % des heutigen Erdgasbedarfs der EU-28 im- portiert werden. Die größten LNG-Importkapazitäten Insgesamt hat Europa eine Gasimportinfrastruktur, hat Südeuropa in Spanien, Portugal, Südfrankreich die eine gute Anbindung an die globalen Erdgas- und Norditalien. In Nordwesteuropa kann LNG über märkte und Erdgasreserven sicherstellt. Über die die Terminals in Seebrügge und Gate (Rotterdam) vorhandene LNG-Infrastruktur und den Zubau 12 Dünkirchen (Frankreich) 13 Mrd. m³/a; Świnoujście / Polen 5 Mrd. m³/a; small scale Terminals 14
Annual regasification capacity of large-scale LNG import terminals (billion m3 / year) l Abb. 10: LNG Importkapazitäten in Europa (Quelle: GIE) von Pipelinekapazitäten im Süden und Südosten Frankreich, in Südosteuropa und bei der Anbindung Europas kann der wachsende Importbedarf selbst der Baltischen Staaten an Polen. bei optimistischen Szenarien der zukünftigen Bedarfsentwicklung gedeckt werden. Dies gilt umso In 2015 hat die EU-Kommission (DG ENER) einen mehr bei eher zu erwartendem konstanten oder Konsultationsprozess zur Entwicklung einer europä- rückläufigen Erdgasbedarf. ischen LNG- und Speicher- Strategie durchgeführt. Ziel ist eine weitere Verbesserung der Liefersicher- Importpipelines werden überwiegend mit konstan- heit beim Erdgas durch die optimierte Nutzung von tem Lastfluss beaufschlagt und nur begrenzt zur LNG zur weiteren Diversifizierung der Erdgasversor- Strukturierung der Erdgasmengen an Lastschwan- gung und durch die Nutzung von Erdgasspeichern. kungen im Erdgasverteilnetz genutzt. LNG-Import- terminals haben hier zusätzliche Funktionalität und Für EU-Mitgliedsländer soll der Zugang zu globalen ermöglichen eine bedarfsgerechte Wiederverdamp- LNG-Märkten über vorhandene und neue LNG- fung und Einspeisung der LNG-Mengen in das Importinfrastruktur verbessert werden. Die aufge- Transportnetz, so dass über LNG ein zusätzliches zeigten Transportengpässe soll beseitigt werden, die Element der Versorgungssicherheit in Ergänzung Durchlässigkeit des Transportsystems optimiert und zu konventionellen Erdgasspeichern zur Verfügung direkter oder indirekter Zugang zu LNG-Importkapa- steht. zitäten ermöglicht werden. Hierzu werden konkrete Infrastrukturmaßnahmen vorgeschlagen: 3.2.3 Weiterverteilung innerhalb der EU l LNG Terminal Tallin (Estland) Die EU hat ein gut ausgebautes Pipelinenetz zur l L NG Terminal Krk (Kroatien) und Anbindung an Weiterverteilung der Importmengen innerhalb der Ungarn EU. Bis auf wenige Ausnahmen ist ein länderüber- greifendes und durchgängiges Transportsystem l Baltic Interconnector (Finnland – Lettland) vorhanden. Engpässe gibt es zwischen Spanien und 15
l Verbindung Estland – Lettland l Pipeline Polen-Lettland (GIPL) l Ausbau Pipelinenetz Rumänien und Bulgarien l Pipeline Frankreich – Spanien (MidCat) l Spanien – Portugal (3er Interconnector) Als strategisch wichtige Projekte zum Ausbau der Erdgasinfrastruktur hat die EU-Kommission diese Projekte in die Liste der PCI-Projekte13 aufgenom- men. PCI-Projekte haben vereinfachte und verkürzte Genehmigungsverfahren und können zudem finan- ziell über das CFE14-Programm gefördert werden. Im Zeitraum von 2014 bis 2020 stehen hierfür 5,35 Mrd. € zur Verfügung. Damit hat die EU-Kom- mission klare Signale für eine weitere Verbesserung von Infrastruktur und Versorgungssicherheit gesetzt. l Fbb. 11: EU Infrastrukturprojekte im Rahmen der EU LNG- und Speicher- Strategie (Quelle: Pressemeldung EU-Kommission Feb. 2016) 13 Projects of Common Interest 14 Connecting Europe 16
3.3 Diversifizierung der Erdgasversorgung Der europäische Erdgasbedarf (EU-28) wurde 2013 in der Gasversorgung aufzubauen. Durch die zu 34 % aus innereuropäischer Produktion gedeckt. Inbetriebnahme des LNG-Importterminals in Litauen Wichtigste Erdgasproduzenten sind die Niederlan- konnte die Abhängigkeit von Erdgaslieferungen de (47 %) und das UK (25 %). Danach kommen aus Russland deutlich reduziert werden. Über Deutschland mit (6,7 %) und Rumänien (6,5 %). den Klaipeda-Terminal können 4 Mrd. m³/a LNG Die Abhängigkeit der EU von Erdgasimporten hat (gasförmig) importiert werden. l Abb. 12: Grad der Diversifizierung der Erdgasversorgung in europäischen Ländern (Quelle: ENTSOG – Ten Year Network Development Plan 2015) in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen. In Nordwesteuropa sind die Erdgasbezugsquellen Russland trägt zu 39 % zum Erdgasaufkommen bei, gut gestreut. Deutschland bezog 2014 Erdgas aus gefolgt von Norwegen (30 %) und Algerien (13 %). eigener Produktion und importiert aus den Nieder- Damit stützt sich die EU-28 auf eine gute Versor- landen, Norwegen und Russland sowie kleinere gungsbasis. Der Grad der Importabhängigkeit und Mengen aus UK und Dänemark. der Diversifizierung der Erdgasversorgung ist in den europäischen Ländern allerdings unterschiedlich. Deutschland hat keinen direkten Zugang zu LNG- Importinfrastruktur. Allerdings haben Erdgasimpor- Historisch und geografisch bedingt sind die balti- teure wie UNIPER Kapazitäten im LNG-Importtermi- schen Staaten (einschließlich Finnland) sowie die nal Gate in Rotterdam langfristig gebucht ebenso Länder Südosteuropas weitgehend von Erdgaslie- wie die notwendige »Entry Capacity« zur Nutzung ferungen aus Russland abhängig. Ziel muss es hier des Pipelinesystems und können so über Gate sein, eine zu einseitige Abhängigkeit von Lieferun- Mengen in den deutschen Markt bringen. gen aus Russland zu vermeiden und Alternativen 17
Erdgasaufkommen Deutschland 2014 gesamt: 1041 TWh Sonstige Deutschland 4% 10 % 22 % Norwegen 38 % Russland 26 % Niederlande l Abb. 13: Erdgasaufkommen Deutschland 2014 Das UK, Frankreich und Italien importieren Erdgas Für Länder mit großem Importbedarf sind langfris- sowohl über Pipeline als auch als LNG und haben tige Bezugsverträge zwischen Erdgasimporteuren einen hohen Grad der Diversifizierung erreicht. und Erdgasproduzenten und Lieferanten ein wich- Bei rückläufiger Eigenproduktion hat insbesondere tiges Element für die Absicherung der Erdgasver- das UK in den letzten Jahren LNG-Importkapa- sorgung. Die Laufzeiten der Verträge erreichen 20 zitäten aufgebaut. Allerdings trug LNG aufgrund Jahre und mehr. Auf Lieferantenseite sind die Ver- mangelnder Wettbewerbsfähigkeit nur zu einem träge als Finanzierungsinstrument für Investitionen geringen Teil zum Aufkommen bei. Größte Liefer- in Gasproduktion und Transport notwendig. Auf der quellen sind eigene Produktion und Norwegen. Importseite sichern diese Verträge den Zugang zu Wichtigste Lieferanten für Frankreich waren 2014 Erdgasmengen. Das System der langfristigen Ver- Norwegen, Russland, Niederlande und Algerien. träge für den Import von Erdgas war in den zurück- Wie auch im UK waren die LNG-Importkapazitäten liegenden Jahrzehnten stabil. Käufer und Verkäufer nur gering ausgelastet. Italien bezieht Erdgas über- sind langfristig aufeinander angewiesen und haben wiegend aus Algerien, Libyen, den Niederlanden, gleichlaufende Interessen, diese Lieferbeziehungen Katar und Russland und hat den höchsten Grad nicht zu gefährden. Über Wiederverhandlungsklau- der Diversifizierung in Europa erreicht. seln werden Preisbildungsmechanismen angepasst und ggf. auch Mengenanpassungen vorgenommen. In Südeuropa sind Spanien und Portugal weit Fast alle europäischen Importverträge sind in den gehend von LNG-Importen abhängig, haben aber letzten Jahren in z. T. langwierigen Verhandlungen eine gute Versorgungsbasis durch langfristige angepasst worden. Insgesamt ist ein sehr hoher LNG-Importverträge. 2014 hat Spanien LNG aus Grad der Absicherung der Erdgasversorgung über sieben Ländern15 importiert, wobei allerdings ein langfristige Lieferverträge erreicht. Teil dieser Mengen aufgrund von reduziertem Bedarf und zur Nutzung von Preisvorteilen wieder reexportiert wurde. 15 Algerien, Nigeria, Norwegen, Oman, Peru, Katar und Trinidad 18
3.4 Regulatorischer Rahmen Versorgungssicherheit ist zunächst Aufgabe der »secure supplies in case of disruption, strengthen am Markt tätigen Unternehmen. Europäische und cooperation at regional level and improve crisis ma- nationale rechtliche Vorgaben setzen hierfür einen nagement at European level. An important element Rahmen, der ein hohes Maß an Versorgungs in this proposal will be to bring more transparency sicherheit gewährleistet. Das EnWG verpflichtet in in gas contracts with third parties and facilitate Deutschland Versorgungsunternehmen, für eine access of more LNG into Europe.« sichere leitungsgebundene Energieversorgung zu sorgen. Weiter sind die Unternehmen verpflichtet, Mit dem Paket adressiert die Kommission die Not- Störungen und Gefährdungen der Versorgung zu wendigkeit einer sicheren Versorgung beim Erdgas beseitigen. Im Krisenfall gibt es zudem Eingriffs- als Voraussetzung für die Rolle, die Erdgas in der rechte der zuständigen Behörden. zukünftigen Energieversorgung spielen soll, und definiert Erdgas zugleich als den komplementären Im Sommer 2014 hat die EU einen Stresstest Energieträger zu den erneuerbaren Energien und für die Erdgasversorgung durchgeführt, um die als Basis für die Anwendung sparsamer und um- Auswirkungen von Lieferengpässen und den Ausfall weltfreundlicher Technologien für den Wärmemarkt. von Erdgaslieferungen aus Russland zu simulieren. Das Ergebnis zeigt, dass die östlichen Mitglieds- Wichtigstes Element ist die Novellierung der staaten der EU (Baltikum und Südosteuropa) von »Security of Supply Verordnung (SoS-VO)«. Hiermit Liefereinschränkungen betroffen wären, während es soll die regionale Zusammenarbeit und Koordination in anderen Regionen zu keinen Einschränkungen in im Falle von Versorgungskrisen gestärkt werden. der Versorgung kommen würde. Insgesamt ist ein Eingeführt wird ein Solidaritätsprinzip, welches die hohes Maß an Versorgungssicherheit erreicht. Die Verpflichtung zur gegenseitigen Hilfe im Krisen- Auswirkungen von Lieferausfällen können durch fall festschreibt. Sicherheitskonzepte sollen nicht eine verbesserte grenzüberschreitende Kooperation mehr nur auf nationaler Ebene erarbeitet werden, begrenzt werden. Maßnahmen zur weiteren Redu- sondern für länderübergreifende Regionen, um eine zierung von Risiken der Versorgung sind identifiziert verbesserte Abstimmung in der Vorbeugung und und werden geplant und umgesetzt. Auch werden dem Management von Versorgungsengpässen zu durch eine Knappheitssituation ausgelöste Preis ermöglichen. Gleichzeitig wird auch die Zusammen- signale alternative Importmengen, insbesondere arbeit mit Ländern, die Erdgas in die EU importieren, LNG, mobilisieren sowie zu Nachfragerückgängen verstärkt. Ein weiteres Element zur Verbesserung und zu vermehrtem Einsatz von Speichern führen. der Versorgungssicherheit ist erhöhte Transparenz bei den für die Versorgungssicherheit relevanten Am 16. Februar 2016 hat die Kommission das Erdgasimportverträgen. Dies wird ergänzt durch »Energy Security Package« vorgelegt. Mit dieser die LNG- und Speicher-Strategie und die Definition Initiative untermauert die EU-Kommission die Be- förderwürdiger Infrastrukturvorhaben zur weiteren deutung von Erdgas in der zukünftigen Energiever- Verbesserung der Versorgungssicherheit, insbeson- sorgung und in seiner Rolle als »enabler« auf dem dere für osteuropäische Länder (siehe auch Kapitel Weg der Energieversorgung zur Nutzung immer 3.2.3). weniger fossiler Energieträger. Die Eckpunkte hat der stellvertretende EU Kommissar für Energieunion Maroš Šefčovič definiert: 19
3.5 Zuverlässigkeit kurzfristigen Strukturierung genutzt werden können der Infrastruktur (Spitzenlast). 14 Mrd. m³ Arbeitsgas können über in Deutschland Porenspeicher, die üblicherweise für den saisonalen Ausgleich und zur Absicherung vorgehalten werden, bereitgestellt werden. Im europäischen Vergleich Neben der Frage der Gasverfügbarkeit, des liegt Deutschland bei den Speicherkapazitäten an Zugangs und Imports sowie der rechtlichen erster Stelle. Rahmenbedingungen ist die Erdgastransport- und Erdgasspeicherinfrastruktur ein wichtiger Eckpfei- Eine 2015 vom BMWI in Auftrag gegebene Studie16 ler für die Versorgungssicherheit. Während es bei zur Frage der Versorgungssicherheit und der der Frage der Gasverfügbarkeit um mittel- und Rolle von Erdgasspeichern hat ein hohes Maß an langfristige Themen geht, ist eine zuverlässige Sicherheit festgestellt. Danach können Lieferaus- Infrastruktur entscheidend für die bedarfsgerechte fälle durch alternative Beschaffung von Erdgas Verteilung und Bereitstellung der jeweils benötigten in Kombination mit Nutzung von Speichern über Erdgasmengen. Speicherkapazitäten können aber einige Monate kompensiert werden. Das System auch strategisch genutzt werden, um in Falle von ist zu einem hohen Grad belastbar. Lediglich in Versorgungsengpässen benötigte Erdgasmengen extremen Szenarien, d. h. dann, wenn mehrere zur Verfügung zu stellen. Faktoren zusammenkommen wie ein längerfristiger Ausfall einer Importquelle und zugleich extreme Deutschland hat eine ausgebaute und zuverläs- Kälteperioden und Beginn der Krisensituation nach sige Erdgasspeicherinfrastruktur. Zum Ausgleich einem Winter bzw. bei niedrigem Speicherfüllstand, von Lastschwankungen und zur Abdeckung von kann es zu Versorgungsengpässen kommen. Spitzenlasten verfügt Deutschland über Arbeits- Allerdings ist auch hier nicht mit kurzfristigen gaskapazitäten von 24 Mrd. m³ Erdgas. 10 Mrd. Einschränkungen zu rechnen, sondern erst nach m³ entfallen davon auf Kavernenspeicher, die zur einigen Wochen. Arbeitsgaskapazität Erdgasspeicher europäischer Länder in Mrd. m³ 30,0 25,0 20,0 15,0 10,0 5,0 0 Bu gien sc Kro n Re ien ne k an k ut ich Un d rn d Le n ed nd e Po len m l Se n Sl ien Sp ei n UK Ru uga nd ie Dä ubli Fr mar an an lie ie ie ak ga Ni ttla ar he at De kre Po än rb an Ita la hl Irl ow l rt Be p lg er sc hi ec ch Ts l Abb. 14: Arbeitsgaskapazität Erdgasspeicher europäischer Länder in Vergleich 16 Möglichkeiten zur Verbesserung der Gasversorgungsicherheit und der Krisenvorsorge durch Regelungen der Speicher (strategische Reserve, Speicherverpflichtungen), einschließ- lich der Kosten sowie der wirtschaftlichen Auswirkungen auf 20 den Markt
2. NEP_2015_Bau/FID Kiel 011-01 007-01 009-01 Schwerin Hamburg Bremen 083-05 072-03 Berlin Potsdam Hannover Magdeburg Legden Düsseldorf Glehn Dresden Erfurt Gießen Fernleitungen Deutschland Frankfurt Leitungen noch nicht in Betrieb Wiesbaden Verdichter noch nicht in Betrieb Mainz Speicheranschlüsse Ausland Rothenstadt Speicher an Fernleitungsnetzen 000-01 Identifikationsnummern Saarbrücken 069-01a Stuttgart Forchheim Wertingen 030-02 München Lörrach Pfronten l Abb. 15: Erdgasinfrastruktur in Deutschland (Quelle: BMWI, Ferngasleitungsnetzbetreiber) Die Gastransport- und verteilnetze sind flächende- geringes Maß reduziert werden konnte. Die Bun- ckend gut ausgebaut und auf hohem technischen desnetzagentur hat die Aufgabe, Versorgungsunter- Stand. Das Gasverteilungsnetz hat insgesamt eine brechungen zu überwachen. Die Ergebnisse werden Länge von 505.000 km und ist eng vermascht über den SAIDI-Wert (System Average Interruption und hat einen sehr hohen Grad der Zuverlässigkeit Duration Index) ausgedrückt. Hier wurden seit 2006 erreicht. Werte zwischen 4 Minuten im Jahr (Maximum) und 0,6 Minuten im Jahr (Minimum) ermittelt, was einen Der DVGW hat in einer Analyse zu Netzstörungen sehr hohen Zuverlässigkeitsgrad zum Ausdruck gezeigt, dass die Anzahl von Schäden und Unfäl- bringt. len in den vergangenen Jahrzehnten auf ein sehr 21
4 FAZIT In Europa ist ein hohes Maß an Versorgungssicher- Gasstreits 2009 und in der Phase der Unter heit erreicht. Erdgas steht langfristig ausreichend brechung der russischen Erdgaslieferungen im zur Verfügung. Die globalen Erdgasreserven sind zweiten Halbjahr 2014 sowie 2015 als Folge über eine gut ausgebaute Importinfrastruktur der Ukrainekrise gezeigt. Trotz Einschränkungen (Pipeline und LNG) gut erreichbar. Zur Beseitigung der Erdgaslieferungen aus Russland konnten von regionalen Engpässen und zur weiteren Verbes- Versorgungsengpässe vermieden werden. serung des Zugangs zu alternativen Importquellen (LNG) hat die EU-Kommission Maßnahmenpläne Deutschland hat ein diversifiziertes und verlässli- aufgestellt und unterstützt die Entwicklung entspre- ches Erdgasbezugsportfolio, eine gut ausgebaute chender Infrastrukturprojekte. und zuverlässige Infrastruktur zur Verteilung, Speicherung und zur bedarfsgerechten Bereitstel- Dies gilt in besonderem Maße für Deutschland. lung von Erdgas. Das Risiko von Versorgungseng- Für Deutschland und andere europäische Länder pässen ist äußerst gering. Dies gilt auch bei einem hat sich die Stabilität des Versorgungssystems aus heutiger Sicht unwahrscheinlichen Szenario insbesondere während des russisch-ukrainischen eines deutlich steigenden Erdgasbedarfs. Quellen: l BP: Statistical Review of World Energy, June 2015 l E nergiestudie BGR 2015: Reserven, Ressourcen und Verfügbarkeit von Energierohstoffen (BGR energy study 2015: reserves, resources and availability of energy commodities) l ENTSOG: Ten Year Network Development Plan 2015 l K onsultationsdokument Netzentwicklungsplan Gas 2016 (consultation document on network development plan gas 2016; Berlin, 15.02.2016 l European Commission: Fact Sheet – Security of Supply Regulation l B ecker Büttner Held: Möglichkeiten zur Verbesserung der Gasversorgungsicherheit und der Krisenvor- sorge durch Regelungen der Speicher (strategische Reserve, Speicher-verpflichtungen), einschließlich der Kosten sowie der wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Markt (Possibilities for improving gas supply security and crisis provision through the regulation of storage facilities (strategic reserve, storage obligations) including costs and economic impact on the market); study commissioned by the Federal Ministry of Economic Affairs and Energy l DG Energy: Quarterly Report on European Gas Markets; issue 3; third quarter of 2015 l F leishmanHillard: The European Commission’s ‘Energy Security Package’ Overview and Analysis; February 2016 22
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