Managementplan für das Fauna-Flora-Habitat-Gebiet "DE- 1714-391 Steingrund"
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Der Managementplan wurde durch das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Um- welt und ländliche Räume (MELUR) erarbeitet und wird bei Bedarf fortgeschrieben. Als Maßnahmenplan aufgestellt (§ 27 Abs. 1 LNatSchG i. V. mit § 1 Nr. 9 NatSchZVO) Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein Mercatorstraße 3 Postfach 7151 24106 Kiel 24171 Kiel Gez. Kiel, den 20.12.2016 Hans-Joachim Kaiser . Titelbild: Benthos HSG, SLR Kamera (Uli Kunz) darauf zu sehen: Prolifera/Schwamm: Axinella polypoides; Bryozoen/ Moostierchen: Flustra foliaceae, Crisia sp.; Cnida- ria/Nesseltiere: Tubularia sp., Diadumene cincta; Alcyonium digitatum (Tote Manns- hand); Pices/Fische: Ctenolabrus rupestris; Ascidie/Seescheiden: Perophora japoni- ca; Diplosoma listerianum 2
Inhaltsverzeichnis 0. Vorbemerkung ............................................................................................. 5 1. Grundlagen .................................................................................................. 6 1.1. Rechtliche und fachliche Grundlagen ....................................... 6 1.2. Verbindlichkeit............................................................................. 8 2. Gebietscharakteristik .................................................................................. 8 2.1. Gebietsbeschreibung .................................................................. 8 2.1.1. Größe und Lage: ........................................................................... 8 2.1.2. Naturräumlich, standörtliche Situation: ...................................... 9 2.1.3. Bedeutung: .................................................................................. 10 2.2. Einflüsse und Belastungen ...................................................... 10 2.2.1. FFH-Gebiet Steingrund ............................................................... 10 2.2.2. MSRL-Anfangsbewertung Deutsche Nordsee .......................... 11 2.2.3. Sport- und Freizeitnutzungen .................................................... 13 2.2.4. Erwerbsfischerei ..................................................................................... 13 2.3. Eigentumsverhältnisse ............................................................. 14 2.4. Regionales Umfeld .................................................................... 14 2.5. Schutzstatus und bestehende Planungen .............................. 14 3. Schutz-/Erhaltungsgegenstand ................................................................ 15 3.1. FFH-Lebensraumtypen nach Anhang I FFH-Richtlinie........... 15 3.2. Arten nach Anhängen der FFH- Richtlinie: ............................. 16 3.3. Weitere Arten und Biotope ....................................................... 17 3.3.1. Lebensraumtypische Arten für das Riffvorkommen Helgoländer Steingrund ................................................................................... 17 3.3.2. Habitatbildende Arten ................................................................. 20 3.4. Gesetzlicher Biotopschutz ......................................................... 20 4. Umwelt-/Erhaltungsziele ........................................................................... 20 4.1. Erhaltungs- und ggf. Wiederherstellungsziele nach FFH- RL ...................................................................................... 20 4.2. Erhaltungs- und Entwicklungsziele aus anderen Rechtsgründen .......................................................................... 21 4.2.1. EG-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie ...................................... 21 4.2.2. OSPAR ......................................................................................... 21 5. Analyse und Bewertung ............................................................................ 22 5.1. Bewertung einzelner Lebensraumtypen und Arten ................ 22 5.2. Zustandsbewertung nach MSRL .............................................. 23 5.3. Sonstige Artenschutzbestimmungen ...................................... 24 5.4. Bewertungsdefizite .................................................................. 24 6. Maßnahmenkatalog ................................................................................... 24 6.1. Bisher durchgeführte Maßnahmen .......................................... 24 6.2. Notwendige Schutz- und Erhaltungsmaßnahmen .................. 25 6.3 Weitergehende Entwicklungsmaßnahmen.............................. 26 6.4. Sonstige Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen .................... 27 6.4.1. Öffentlichkeitsarbeit ................................................................... 27 6.4.2. Sicherung und Entwicklung der Kontaktlebensräume ............ 27 6.4.3. Umgang mit Munitionsaltlasten............................................................. 27 6.4.4. Umgang mit langlebigen Großfischarten ............................................. 27 6.4.5. Sicherung der Nahrungsgrundlagen für Meeressäuger und Vögel ... 28 6.5. Schutzinstrumente, Umsetzungsstrategien ............................ 28 6.6. Verantwortlichkeiten ................................................................. 28 3
6.7. Kosten und Finanzierung ......................................................... 29 6.8. Öffentlichkeitsbeteiligung ........................................................ 29 7. Erfolgskontrolle und Monitoring der Maßnahmen.................................. 29 8. Literatur:..................................................................................................... 29 9. Anhang ....................................................................................................... 30 Anlage 9.1. Standarddatenbogen für das FFH-Gebiet Steingrund............ 30 Anlage 9.2. Gebietsspezifische Erhaltungsziele für das FFH-Gebiet Steingrund ................................................................................. 30 Anlage 9.3. Abschlussbericht Tauchuntersuchung Steingrund ................. 30 Anlage 9.4. Analyse und Bewertung der erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen............................................................. 30 Anlage 9.5. Auszug Umweltziele und operative Ziele (Quelle: „Festlegung von Umweltzielen für die deutsche Nordsee“) . 30 Anlage 9.6. OSPAR Meldebogen “Proforma for compiling the characteristics of a potential MPA” (Stand: 07.10.2005) ........ 30 4
0. Vorbemerkung Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind über die Auswahl und Mel- dung von Natura 2000-Gebieten hinaus gem. Art. 6 der FFH-Richtlinie ver- pflichtet, die notwendigen Erhaltungsmaßnahmen festzulegen, um in den be- sonderen Schutzgebieten des Netzes Natura 2000 eine Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und Habitate der Arten zu vermeiden. Dieser Ver- pflichtung kommt das Land Schleswig-Holstein im Rahmen der föderalen Zu- ständigkeiten mit diesem Managementplan nach. Der Plan erfüllt auch den Zweck, Klarheit über die Möglichkeiten und Grenzen der Nutzung von Natura 2000-Gebieten zu schaffen. Er ist daher nicht sta- tisch, sondern kann in Abhängigkeit von der Entwicklung des Gebietes bzw. der jeweiligen Schutzobjekte fortgeschrieben werden. Nach der EG-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) müssen mit dem Ziel, bis zum Jahr 2020 den guten Umweltzustand zu erreichen, im ersten Be- richtszeitraum (2012-2016), u. a. bis 2015 Maßnahmenprogramme erstellt (Ar- tikel 13) und bis 2016 umgesetzt sein (Artikel 5 i. V. m. Artikel 13). Die Maß- nahmenprogramme enthalten nach Artikel 13 (4) auch räumliche Schutzmaß- nahmen, die zu kohärenten und repräsentativen Netzwerken geschützter Mee- resgebiete beitragen. Gemäß § 45h (3) WHG1 sind dabei Maßnahmen zum Schutz des Meeres nach anderen wasser- und naturschutzrechtlichen Vor- schriften, einschließlich internationaler Meeresübereinkommen [wie z. B. OSPAR] zu berücksichtigen. Konkrete Maßnahmen nach MSRL wurden in 2015 im Rahmen des Maßnahmenprogramms entwickelt 2und müssen bis En- de 2016 implementiert werden. Sie werden in die Managementplanung einbe- zogen, soweit sie die hier benannten Schutzgebiete und ihre Erhaltungsziele betreffen. Darüber hinaus unterstützt die EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) die Ziele von Natura 2000, indem sie Erhaltungsziele insbesondere für aquatische Ar- ten und Lebensräume im Rahmen der operativen Überwachung und bei der Aufstellung der Maßnahmenprogramme berücksichtigt. Die konkrete Auswei- sung von Schutzgebieten ist jedoch nicht Gegenstand der WRRL. Das Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt des Nordost-Atlantiks (OSPAR) hat in seiner aktuellen Ministererklärung vom 24. September 2010 beschlossen, Maßnahmen zu ergreifen, um ein repräsentatives und ökolo- gisch kohärentes sowie gut gemanagtes Netzwerk von Meeresschutzgebieten (Marine Protected Areas/MPAs) einzurichten und so zur Erreichung des guten Umweltzustands beizutragen. Darüber wurde bekräftigt, dass die OSPAR- Kommission die koordinierte und kohärente Umsetzung der MSRL im Nordost- Atlantik, einschließlich der Nordsee als gesonderte Unterregion, ermöglichen wird (s. a. MSRL Art. 5 i. V. m. Art. 6). Wegen der inhaltlichen, räumlichen und zeitlichen Überschneidungen dieser Regelungen ist eine Verlinkung ihrer maßnahmen- und managementbezoge- 1 Gemäß Gesetz zur Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie sowie zur Änderung des Bundeswasserstra- ßengesetzes und des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vom 6. Oktober 2011 2 S. http://www.meeresschutz.info/berichte-art13.ht 5
nen Umsetzungsprozesse erforderlich, um ein effizientes Management in den Schutzgebieten zu gewährleisten. Diese Verlinkung wird von der MSRL expli- zit gefordert. Der vorliegende Managementplan hat daher auch zum Ziel, ne- ben den Anforderungen der FFH- und Vogelschutzrichtlinien die sich aus der MSRL ergebenen Verpflichtungen zu erfüllen, die die Einbeziehung der Anfor- derungen und Grundlagen regionaler Meeresübereinkommen fordert, wie die OSPAR-Vereinbarungen. OSPAR-Grundlagen werden daher in diesen Ma- nagementplan einbezogen, sofern sie für die Umsetzung der MSRL relevant sind und die Umsetzung der Anforderungen der FFH-Richtlinie unterstützen. Das Priorisierte Ziel der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt bis 2020 für alle Arten und Lebensräume (der Küsten und Meere) eine signifikante Verbesserung des Erhaltungszustands zu erreichen findet dabei Berücksichtigung. Dabei sollen „zur Verwirklichung eines gemeinsamen OSPAR-/ HELCOM-Netzes von gut gemanagten Küsten- und Meeresschutz- gebieten“, die Kernzonen natürliche Entwicklung einschließen. Zur Umsetzung dieser Vorgaben werden bestehende Managementmaßnah- men zusammengestellt und diese im Hinblick auf das künftige Management des Schutzgebietes bewertet und wo erforderlich ergänzt. Belange der nationalen oder militärischen Sicherheit sowie die uneinge- schränkte Einsatzfähigkeit der Bundeswehr sind zu beachten. 1. Grundlagen 1.1. Rechtliche und fachliche Grundlagen Das Gebiet „Steingrund“ (Code-Nr.: DE-1714-391) wurde der Europäischen Kommission im Jahr 2004 zur Benennung als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung (GGB) vorgeschlagen. Das Anerkennungsverfahren gem. Art. 4 und 21 FFH-Richtlinie wurde mit Beschluss der Kommission vom 12. Novem- ber 2007 abgeschlossen. Das Gebiet ist aktuell in der fortgeschriebenen Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung für die atlantische Region im Amtsblatt der Europäischen Union bekannt gemacht worden (ABl. L 30 vom 02.Febr. 2010 (S. 43). Das Gebiet ist auch Teil des Seevogelschutzgebiets Helgoland (Code 1813- 491), das der Europäischen Kommission im Jahre 2004 als Vogelschutzgebiet benannt und mit Datum vom 04.09.2006 zum Europäischen Vogelschutzge- biet erklärt wurde. Die sich aus dem Vogelschutzgebiet ergebenden Ziele werden in einem gesonderten Plan betrachtet und finden hier nur bei evtl. Zielkonflikten Erwähnung. Am 07. Oktober 2005 wurde dieses Gebiet zusätzlich als OSPAR-MPA aus- gewiesen. Das in diesem Teilmanagementplan dargestellte Natura 2000 Ge- biet ist mit seiner Gesamtfläche in das schleswig-holsteinische OSPAR Gebiet einbezogen. Die nationalen gesetzlichen Grundlagen ergeben sich aus § 32 Abs. 5 BNatSchG (Fassung vom 04. August.2016) in Verbindung mit § 27 Abs. 1 LNatSchG (Fassung vom 27. Mai 2016) sowie im Hinblick auf die Anforderun- 6
gen der MSRL aus den nationalen (insbesondere § 45h Abs. 3 WHG) in Ver- bindung mit landesspezifischen wasserrechtlichen Bestimmungen. Hinsichtlich fischereirechtlicher EU-Regelungen hat nach Art. 3 Abs. 1d) des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) die Kom- mission die ausschließliche Zuständigkeit auf dem Gebiet der „Erhaltung der biologischen Meeresschätze im Rahmen der gemeinsamen Fischereipolitik“ in den Gemeinschaftsgewässern. Nach Art. 11 der VO (EU) Nr. 1380/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 haben die Mitgliedstaaten jedoch das Recht, fischereiliche Bestandserhaltungsmaßnah- men für ihre Hoheitsgewässer zu erlassen, die zur Einhaltung der Verpflich- tungen nach Umweltvorschriften der Union erforderlich sind und keine Auswir- kungen auf Fischereifahrzeuge anderer Mitgliedstaaten haben. Wenn Fische- reifahrzeuge anderer Mitgliedstaaten betroffen sind, können fischereiliche Maßnahmen nur im Wege eines delegierten Rechtsaktes der Kommission er- lassen werden. Folgende fachliche Grundlagen liegen der Erstellung des Managementplanes im Wesentlichen zu Grunde (Siehe auch Kapitel 8: Auszug der Literaturnach- weise): Standarddatenbogen für das FFH-Gebiet in der Fassung von März 2015 (Anlage 9.1.). Gebietsspezifische FFH-Erhaltungsziele (Amtsblatt. Schl.-H. 2016, Ausgabe Nr. 47, S. 1033) (Anlage 9.2.). Tauch‐Untersuchung des „Steingrund“ bei Helgoland (FFH DE 1714‐391) und Konzeptentwicklung eines Tauch‐ Monitorings für den FFH Lebensraumtyp Riff‐ Abschluss- bericht ‐ Juli 2015 Autorin: Gabriele Dederer (Anlage 9.3.). Analyse und Bewertung der erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen (Anlage 9.4.). Auszug Umweltziele und operative Ziele gemäß MSRL Art. 10 (Quelle: aus „Festlegung von Umweltzielen für die deutsche Nordsee“ – s.u.) (Anlage 9.5.). Guidance on developing an ecologically coherent network of OSPAR marine protected areas (Reference number 2006-3) An assessment of the ecological coherence of the OSPAR Network of Marine Protected Areas (2012), Biodiversity Series, OSPAR Commis- sion Gebietsabgrenzung in den Maßstäben 1 : 25.000 Nationale Berichte gemäß MSRL Artikel 5 i. V. m. Art. 8 Bewertung, Art. 9 Beschreibung eines Guten Umweltzustands, Art. 10 Festlegung von Umweltzielen, Art. 11 Überwachungsprogramme,3.. WRRL-Bewertungen gemäß „Bewirtschaftungsplan für den 2. Bewirt- schaftungszeitraum gemäß Art. 13 der Richtlinie 2000/60/EG Verordnung (EU) 1380/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die Gemeinsame Fischereipolitik (GFP VO) 3 http://www.meeresschutz.info/index.php/berichte.html 7
Landesverordnung über die Ausübung der Fischerei in den Küstenge- wässern (Küstenfischereiverordnung - KüFO -) vom 11. November 20084 1.2. Verbindlichkeit Dieser Plan ist für den hier angesprochenen Teilbereich der Nordsee in Ab- stimmung mit den zuständigen Behörden und den örtlichen betroffenen Akteu- ren aufgestellt worden. Private Eigentumsflächen sind nicht betroffen. Neben erforderlichen Erhaltungs- und ggf. Wiederherstellungsmaßnahmen werden auch weitergehende Maßnahmen zu einer wünschenswerten Entwicklung des Gebietes dargestellt. Die Ausführungen des Managementplanes dienen u. a. dazu, die Grenzen der Gebietsnutzung (Ge- und Verbote), die durch das Verschlechterungsverbot (§ 33 Abs. 1 BNatSchG, ggf. i. V. mit § 24 Abs. 1 LNatSchG) in Verbindung mit den gebietsspezifischen Erhaltungszielen rechtsverbindlich definiert sind, praxisorientiert und allgemein verständlich zu konkretisieren. In diesem Sinne ist der Managementplan in erster Linie eine verbindliche Handlungsleitlinie für Behörden und eine fachliche Information für die Planung von besonderen Vorhaben. Er dient insbesondere der Umsetzung rechtsver- bindlicher Vorgaben der Gemeinschaft. Als ein Umsetzungsinstrument bieten sich Freiwillige Vereinbarungen an, wenn die im Plan ggf. für einen größeren Suchraum dargestellten Maßnahmen flächenscharf mit den Beteiligten konkre- tisiert werden sollen. Die Darstellung von Maßnahmen im Managementplan ersetzt nicht ggf. recht- lich erforderliche Zulassungen, z.B. Genehmigungen nach Naturschutzrecht oder Erlaubnisse nach Wasserrecht bzw. Fischereirecht. Entsprechendes gilt für Genehmigungen und Erlaubnisse nach dem Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG). Bei der Umsetzung der Maßnahmen sollen Vereinbarungen zur Anwendung kommen. Sollte in Ausnahmefällen kein Einvernehmen bei notwendigen Erhal- tungs- oder Wiederherstellungsmaßnahmen erzielt werden können, ist das Land Schleswig-Holstein verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu deren Umset- zung zu ergreifen. Hierbei können die Eigentümer oder sonstige Nutzungsbe- rechtigte von Grundstücken verpflichtet werden, die Maßnahmendurchführung durch die Naturschutzbehörde zu dulden (§ 65 BNatSchG i. V. mit § 48 LNatSchG). 2. Gebietscharakteristik 2.1. Gebietsbeschreibung 2.1.1. Größe und Lage: 4 http://www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de/jportal/?quelle=jlink&query=K%C3%BCFischV+SH&psml=bsshoprod.psml&max=true 8
Das Besondere Schutzgebiet (BSG/FFH) Steingrund hat eine Größe von rd. 17.450 ha, die vollständig der Bundeswasserstraße Nordsee zuzuordnen sind. Das Gebiet liegt als Teil der vor der schleswig-holsteinischen Westküste vor- gelagerten großen flachen Meeresbucht (LRT Code 1160) etwa 22 km west- lich von Westerhever und endet etwa 4 km östlich vor der Insel Helgoland. Die Wassertiefe ist selten größer als 20 m. Abb.1: Lage im Raum 2.1.2. Naturräumlich, standörtliche Situation: Der Steingrund selbst entspringt einer Moräne aus dem Warthe-Stadium der Saale-Eiszeit die vom Festland in Höhe Eiderstedt östlich an Helgoland vorbei und über das Sylter Außenriff bis hin zum Limfjord (Stocks, 1955) führt. Das rel. großflächige FFH-Gebiet Steingrund ist dem Helgoländer Felssockel vor- gelagert und weist mit den aus der tiefer liegenden Umgebung bis auf 8 m un- ter dem Meeresspiegel aufragenden Riffen ein bedeutsames Vorkommen „na- türliche Hartsubstrate“ in der südöstlichen Nordsee aus. Es grenzt sich des- halb mit seiner Fauna und Flora stark gegen die sonst vorherrschenden Weichgebiete ab (Boos et al., 2006). Die beiden Riffvorkommen (Abb. 1) befinden sich rd. 2 bzw. 4 sm nordöstlich von der Hauptinsel Helgoland entfernt und weisen eine Fläche von etwa 600 ha auf. Der östliche, rd. 160 ha große Teilbereich wurde 2014 vertieft im Rah- men von Tauchgängen erfasst (Anlage 9.3). Die Riffe sind durch Verwitte- rungsmaterial einer vom Meeresboden aufragenden Endmoräne gekenn- zeichnet. Charakteristisch ist seine Ausbildung aus Festgestein und Steinen 9
(LRT Code 1170). Als typische, größere Besiedler von Riffen kommen unter anderem Seescheiden, Seenelken, Seeanemonen und Muscheln vor. Das Riff besitzt mit seiner Umgebung zudem die Funktion als Nahrungsgebiet für auf Helgoland brütende Seevögel wie Dreizehenmöwe und Trottellumme sowie rastende Brandseeschwalben. 2.1.3. Bedeutung: Die Riffe mit den sie umgebenden Wasserflächen bilden einen seltenen und artenreichen Lebensraum der Nordsee und werden überwiegend als flacher Meerwasserbereich (FFH-Code 1160) eingestuft und von Schweinswalen und Robben als Nahrungsgebiet genutzt. Durch die besonders große Heterogeni- tät des Habitats und die generell geringe Verfügbarkeit von felsigem Hartbo- den in ansonsten sandigen Substraten ist der Steingrund durch einen hohen Grad an Biodiversität gekennzeichnet. Damit übt der Steingrund eine wichtige Trittstein- und Regenerationsfunktion für Benthos Organismen benachbarter FFH-Gebiete aus und dient als Nahrungsgebiet vorkommender Vogelarten im Seevogelschutzgebiet Helgoland. 2.2. Einflüsse und Belastungen Im Folgenden sind die Einflüsse und Belastungen gemäß Standard-Daten- bogen (Siehe Anlage 9.1.) dargestellt. Darin sind unter der Rubrik "Einflüsse" alle bei der Meldung der Gebiete dem Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume bekannten Tätigkeiten des Menschen und natürliche Vorgänge eingetragen, die auf die Erhaltung und Bewirtschaftung des Gebie- tes einen positiven oder negativen Einfluss haben können. Die Intensität des Einflusses auf das Gebiet wird unter Verwendung folgender Kategorien bewer- tet: A: starker Einfluss B: durchschnittlicher Einfluss C: geringer Einfluss Zusätzlich wird der flächenmäßige Anteil des Gebietes, der davon betroffen ist, angegeben und der Einfluss positiv (+), neutral (0) oder negativ (-) einge- stuft. Es werden auch die Einflüsse und Tätigkeiten in der Umgebung des Ge- bietes benannt. Unter Umgebung wird dabei das Gebiet verstanden, von dem aus äußere Einflüsse und Tätigkeiten das Gebiet beeinflussen können. Hier spielen unter anderem die lokalen topographischen Gegebenheiten, die Art des Gebietes und die Art der menschlichen Tätigkeiten eine Rolle. Wenn rele- vante Einflüsse oder Tätigkeiten nicht in der Liste enthalten sind, können diese auch in dem Feld "Verletzlichkeit" dargestellt sein. Die nachfolgend aufgeführ- ten Einflüsse und Nutzungen werden in Anlage 9.4 den entsprechenden Akti- vitäten und Unteraktivitäten nach OSPAR gegenübergestellt5. 2.2.1. FFH-Gebiet Steingrund Belastungen und Einflüsse: 5 http://www.ospar.org/work-areas/eiha 10
Tabelle 1: Auszug der Flächenbelastungen/Einflüsse aus Standard- Datenbogen zum FFH-Gebiet Steingrund Flächenbelastungen/Einflüsse: 2 Code Flächenbelastung/Einfluss Fläche- Art Typ 1 % 211 Stationäre Fischerei (Reusen, Stellnetze) 50 % innerhalb negativ 212 Schleppnetzfischerei 100 % innerhalb negativ 220 Angelsport, Angeln 5% innerhalb negativ 300 Sand- und Kiesabbau 0% außerhalb neutral 520 Schifffahrt 100 % innerhalb negativ 621 Wassersport 100 % innerhalb neutral 701 Wasserverschmutzung 100 % innerhalb negativ 1 : Fläche bezieht sich auf den Anteil der angegebenen Nutzung innerhalb des Schutzgebietes 2 : innerhalb: die Flächenbelastung/Einflüsse finden innerhalb des Schutzgebietes statt; außerhalb: die Quellen der Flächenbelastung/Einflüsse liegen außerhalb des Schutzgebietes Die Angaben der Standard-Datenbögen werden bei Bedarf im Hinblick auf neue Erkenntnisse angepasst und fortgeschrieben (z.B. Angaben zur Flä- chenbelastung). Die Ausführungen des Standard-Datenbogens 2011 sind im Rahmen dieses Teilmanagementplanes Grundlage für die Analyse und Be- wertung der erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen. Potentielle Nutzungen sind dabei nur bewertet, soweit sie bei Erstellung der Standard-Datenbogen vorla- gen oder absehbar waren. Im OSPAR-Meldebogen (s. „Proforma for compiling the characteristics of a po- tential MPA“) werden potenzielle Schädigungen des Seevogelschutzgebiets Helgoland durch Fischerei, offshore-Windanlagen, Sand- und Kiesextraktion sowie ggf. die Verlegung von Kabeln und Pipelines genannt. Das Gebiet wird nach Angabe der Gemeinde Helgoland ganzjährig von priva- ten und gewerblichen Flugzeuigen (u.a. Lieniendienst der OFD Ostfriesischer- Flug-Dienst GmbH zwischen Helgoland und Büsum) überflogen. Es finden dort regelmäßig Segelregattten statt (Nordseewoche, Störtebeker Opti-Cup etc.). 2.2.2. MSRL-Anfangsbewertung Deutsche Nordsee Bei der nachfolgenden Darstellung der Ergebnisse der MSRL Anfangsbewer- tung sind – soweit MSRL-relevant – die Bewertungen nach OSPAR eingeflos- sen und werden in deren Kontext betrachtet. Laut MSRL-Anfangsbewertung für die deutsche Nordsee (2012) sind die vorkommenden Biotoptypen einer insgesamt zu hohen Gesamtbelastung ausgesetzt. Nicht alle Arten und Le- bensraumtypen sind in einem günstigen Erhaltungszustand. Biotoptypen in ei- nem ‘guten’ Zustand sind derzeit nur küstennah in den drei Wattenmeer Nati- onalparks zu finden und umfassen die vegetationsfreien Schlick-, Sand- und Mischwatte (LRT 1140). Nach der FFH-Bewertung der Erhaltungszustände der Lebensraumtypen (LRT), der marinen Säugetiere und anadromen Wan- derfische in der deutschen Nordsee (Auszug aus EU-Bericht des ETC/BD (Stand: August 2008)) kann zusammenfassend festgestellt werden, dass sich insbesondere der Schweinswal, die Kegelrobbe und verschiedene Fischarten 11
sowie Riffe nicht in einem günstigen Erhaltungszustand befinden. Die Bewer- tung nach der WRRL kommt zu dem Ergebnis, dass der Zustand der Makro- phyten in den deutschen Nordseeküstengewässern überwiegend als ‘mäßig’ bis ‘unbefriedigend’ einzustufen ist. Die Auswirkungen verschiedener anthro- pogener Nutzungen, wie die aktuell praktizierte grundberührende Fischerei und die Anreicherung von Nährstoffen, können von den benthischen Lebens- gemeinschaften nicht kompensiert werden. OSPAR und TWSC bewerten das gesamte deutsche Nordseegebiet bzw. das Wattenmeer als „Problemgebiet“ bzw. „potenzielles Problemgebiet“ hinsicht- lich Eutrophierung. Derzeit treten im Küstenbereich noch deutliche Überschrei- tungen der auf OSPAR und WRRL beruhenden Orientierungswerte auf. Das Verfehlen des guten ökologischen Zustands der Küstengewässer gemäß WRRL begründet sich überwiegend auf Eutrophierungseffekten. Nach WRRL wird der ökologische Zustand der bewerteten Küstenwasserkörper als ‘mäßig’ bis ‘schlecht’ eingestuft. In Bezug auf Belastungen durch Schadstoffe stellte OSPAR fest, dass die Konzentrationen ausgewählter Schadstoffe in Sedimenten und Organismen an vielen der bemessenen Monitoring Stationen der Nordsee ‚nicht akzeptabel‘ sind, d.h. ökotoxikologische Grenzwerte überschreiten und biologische Effekte nicht auszuschließen sind. Belastungsschwerpunkte sind insbesondere die in- nere Deutsche Bucht und das Elbeästuar. Entlang der nordfriesischen Küste erreicht z. B. die Metallbelastung im Oberflächensediment Gehalte, die negati- ve biologische Effekte verursachen können. Die Küstengewässer sind gemäß WRRL-Bewertung überwiegend in einem guten chemischen Zustand, was die Messungen in der Wasserphase anbelangt. Die bis 2011 bekannten Erkenntnisse über die Belastung des Gebietes mit Kampfmitteln sind im Anhang 10.26 des Berichts „Munitionsbelastung der deutschen Meeresgewässern – Bestandaufnahme und Empfehlungen (Stand 2011)“ unter anderem unter dem Gebietsschlüssel BKB07L dokumentiert. In Bezug auf biologische Störungen führen die aktuell praktizierten, grundbe- rührenden Fischereien zu negativen Auswirkungen auf Zielarten, Nichtzielar- ten und benthische Lebensgemeinschaften. Küstennah belastet die Muschelfi- scherei in besonderem Maße die Struktur der Miesmuschelvorkommen, da die Muscheldredge sowohl Miesmuscheln als auch die Begleitfauna entfernt. Der Trend im Beifang und die Anzahl der in Netzen verwickelten und ertrunkenen Meeressäugetiere und Seevögel als Indikatoren für die negativen Auswirkun- gen der Fischerei sind in einigen Fischereien weiterhin zu hoch. Jedoch hat die aktuelle Reform der Gemeinschaftlichen Fischereipolitik das Discardverbot (Verbot des Rückwurfs beigefangener Organismen) eingeführt. Untersuchun- gen zu Effekten dieses Verbotes liegen nicht vor bzw. konnten für die An- fangsbewertung noch keine Berücksichtigung finden. Darüber hinaus werden Unterwasserlärm und Abfälle nach OSPAR als wichtige und wachsende Be- lastungsfaktoren eingeschätzt. 6 http://www.schleswig-holstein.de/DE/UXO/TexteKarten/PDF/Berichte/anhang_10200.html 12
2.2.3. Sport- und Freizeitnutzungen im Gebiet Die Freizeitfischerei nutzt das Gesamtgebiet für die Angelfischerei auf Makre- len, Plattfische und Kabeljau, insbesondere von Helgoland, Büsum und Cuxhaven aus. Für diese Fischereiform ist das Gebiet von hoher Bedeutung. Es finden dort nach Angaben der gemeinde Helgoland regelmäßig Segelre- gattten statt (Nordseewoche, Störtebeker Opti-Cup etc.). Die Sporttaucher beachten die Erhaltungsziele und entnehmen den Schutzge- bieten keine Hartsubstrate bzw. lebensraumtypische Pflanzen oder Tiere. Sonstige Sport und Freizeitaktivitäten sind im Gebiet nicht bekannt. Jagd findet nicht statt. 2.2.4. Erwerbsfischerei Die Fischereiausübung unterliegt keiner gebietsspezifischen Beschränkung. Neben deutschen Betrieben sind aufgrund der bestehenden Zugangsrechte im FFH-Gebiet „Steingrund“ britische Fahrzeuge mit den Zielarten Scholle und Kabeljau, dänische Fahrzeuge mit den Zielarten Grundfische (nicht Garnelen!) sowie Sprotte und Sandaal und schließlich niederländische Fahrzeuge mit den Zielarten Grundfische und Garnelen fischereiberechtigt. Die aktive grundberührende Fischerei wird im Gesamtgebiet sowohl mit Gar- nelenbaumkurren, als auch mit Plattfischbaumkurren und Grundschleppnetzen ausgeübt. Lediglich die im Vergleich zur Gesamtgröße des FFH-Gebietes kleinen Riffflächen werden nicht mit aktivem Gerät befischt, da dort die Gefahr des Geräteverlustes, bzw. der Beschädigung zu groß ist. Im Gebiet sind den Fischern außerdem wenige sog. Haker bekannt, d.h. Stellen, die nicht von Schleppstrichen erfasst werden, weil dort z.B. durch Wracks oder große Ein- zelsteine die Gefahr des Geräteverlustes, bzw. der Beschädigung besteht. Die Fischer halten in der Regel einen Sicherheitsabstand zu dem Riffgebiet und den einzelnen Hakern ein, der in etwa dem 4 bis 6-fachen der Wassertiefe entsprechen dürfte. Die Garnelenfischerei wird außerhalb des Riffs regelmäßig von deutschen Be- trieben aus dem Raum Büsum und Cuxhaven ausgeübt, hinzukommen saiso- nal erhebliche Anzahlen niederländischer Betriebe. Zeitweise wird dort von den gleichen Betrieben Baumkurrenfischerei auf Seezungen und andere Platt- fische ausgeübt. Insgesamt hat das Gebiet für die Baumkurrenfischerei eine hohe Bedeutung. Die Schleppnetzfischerei wird außerhalb des Riffs von einigen deutschen Be- trieben, überwiegend aber von dänischen Betrieben ausgeübt. Zielobjekt der deutschen Fahrzeuge sind Schwarmfische wie Heringe und Sprotten, während von dänischer Seite meist die Industriefischerei ausgeübt wird. Diese Art der Fischereiausübung findet regelmäßig, aber nicht besonders häufig statt. Auf der gesamten Fläche können Stellnetze zum Fang von überwiegend Platt- fischen eingesetzt werden, allerdings wird der Einsatz dieses Gerätes durch die dort noch markant auftretende Gezeitenströmung erschwert, so dass die Fischereiintensität nach Einschätzung der oberen Fischereibehörde relativ ge- 13
ring ist und war. Das Gebiet war aber zumindest in der Vergangenheit für die wenigen auf Helgoland ansässigen Fischer von hoher Bedeutung, und sowohl dänische als auch niederländische Stellnetzbetriebe sind dort gelegentlich tä- tig. Zeitweise findet von Helgoländer Betrieben auch die Korbfischerei auf Ta- schenkrebse und Hummer statt, und in der Vergangenheit ist dort intensiv von niedersächsischer Seite aus mit Dredgen auf Wellhornschnecken gefischt worden. 2.3. Eigentumsverhältnisse Das Schutzgebiet steht als Bundeswasserstraße im Eigentum des Bundes. 2.4. Regionales Umfeld Die Nordsee ist als Bundeswasserstraße ausgewiesen und hat für die Schiff- fahrt eine hohe Bedeutung. Es findet Berufsfischerei statt, die sich in Haupt- und Nebenerwerbsfischerei unterscheiden lässt. Der Abbau von Bodenschät- zen oder die Anlage von Windenergieanlagen ist im Geltungsbereich des Pla- nes derzeit nicht genehmigt bzw. nicht geplant. Zur Versorgung der Insel Helgoland mit Strom verläuft südlich des FFH- Gebietes ein Stromkabel. Für eine zuverlässige Stromversorgung der Insel Helgoland ist der Betrieb, notwendige Reparaturen und ggf. eine Erneuerung des Seekabels erforderlich. 2.5. Schutzstatus und bestehende Planungen Mit der Entscheidung der Kommission vom 12. November 2007 gemäß Richt- linie 92/43/EWG des Rates zur Verabschiedung einer ersten aktualisierten Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der kontinentalen biogeographischen Region (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2007) 5396) wurde das vom Land Schleswig-Holstein der europäischen Kommissi- on vorgeschlagene FFH-Gebiet Steingrund (1714-391) im Einvernehmen mit der Bundesrepublik Deutschland in die Liste der Gebiete von Gemeinschaftli- cher Bedeutung aufgenommen. Durch § 29 Abs. 1 und 2 des Landesnatur- schutzgesetzes vom 06. März 2007 wurde das der europäischen Kommission gemeldete Europäische Vogelschutzgebiet 1813-491 zum Europäischen Seevogelschutzgebiet Helgoland erklärt. In einem Gebiet des Netzes Natura 2000 besteht in Verbindung mit den gebietsspezifischen Erhaltungszielen das Verschlechterungsverbot des § 33 Abs. 1 BNatSchG, ggf. i. V. mit § 24 Abs. 1 LNatSchG. § 29 Abs. 4 des Landesnaturschutzgesetzes von 2007 hat mit Wirkung vom 01. Januar 2010 das Gebiet 1714-391 Steingrund zu einem gesetzlich ge- schützten Gebiet erklärt. Auch hier besteht in Verbindung mit den gebietsspe- zifischen Erhaltungszielen das Verschlechterungsverbot des § 33 Abs. 1 BNatSchG, ggf. i. V. mit § 24 Abs. 1 LNatSchG. Einzelne Flächen und Habitate sind darüber hinaus insbesondere geschützt: § 30 Bundesnaturschutzgesetz i.V.m. § 21 LNatSchG - gesetzlich geschützte Biotope 14
Im Geltungsbereich dieses Planes betrifft dies sonstige marine Makro- phyten Bestände, Riffe. Auch bislang nicht kartierte Vorkommen von ar- tenreichen Kies-, Grobsand- und Schillgründe im Meeres- und Küsten- bereich sind zu erwarten. § 44 Bundesnaturschutzgesetz – streng geschützte Arten Im Gebiet wird von Schweinwalen, Kegelrobben sowie Seehunden ge- nutzt. 3. Schutz-/Erhaltungsgegenstand Grundlage der Managementplanung sind die in den Standard-Datenbögen genannten FFH-Lebensraumtypen und Arten. 3.1. FFH-Lebensraumtypen nach Anhang I FFH-Richtlinie Tabelle 3: Auszug aus Standard-Datenbogen FFH-Gebiet Steingrund Code Name Fläche (ha) Daten-Qual. Rep.* Erh.-Zust.** Ges.-W. D Jahr Flache große Meeressarme und - 1160 buchten (Flachwasserzonen und 16.445,50 M A B B 2012 Seegraswiesen) 1170 Riffe 587,70 M A B A 2012 * A = hervorragende Repräsentativität B = gute Repräsentativität C = signifikante Repräsentativität ** A = sehr guter Erhaltungszustand B = guter Erhaltungszustand C = durchschnittlicher oder beschränkter Erhal- tungszustand Für die Nordsee insgesamt weist der aktuelle Bundesbericht zu Art. 17 der FFH-RL weder für den LRT 1160 (Status: Unbekannt) noch 1170 (Status: Gelb - unzureichend) in der atlantischen biogeografischen Region einen güns- tigen Erhaltungszustand aus. Dies entspricht auch der Anfangsbewertung nach MSRL. Grundsätzlich ergeben sich hieraus an den Mitgliedstaat Bundes- republik Deutschland die Anforderungen, die Erhaltungszustände bzw. die Er- kenntnisse über den Erhaltungszustand der FFH-Lebensraumtypen in der at- lantischen biogeographischen Region zu verbessern. Der LRT 1160 Große flache Meeresarme und -buchten ist in Abstimmung mit dem Bundesamt für Naturschutz im Bereich des Schutzgebietes abschließend festgelegt und meerseitig durch die Bundesgrenze bzw. die 20m-Tiefenlinie begrenzt. Die Größe des Gesamtvorkommens dieses LRT im FFH-Gebiet Steingrund beträgt rd. 16.500 ha. Hinsichtlich der Riffvorkommen ergeben sich im Schutzgebiet aus den dem LLUR vorliegenden Datenbeständen im Wesentlichen 2 getrennt liegende Be- reiche mit Hartsubstraten in einer Gesamtgröße von rd. 600 ha. Diese sind in Abb. 1 dargestellt. Der etwa 160 ha große östliche Bereich wurde 2014 durch Tauchgänge beprobt. Die Fläche wurde dabei nicht komplett, sondern anhand von vorrangegangener Videoaufnahmen und daraus abgeleiteten GIS Files untersucht und im Bestand bestätigt. 15
Abb. 2: Vorkommen des FFH-Lebensraumtyps Riffe sowie Abgrenzung des LRT große flache Meeresbucht im Bereich Steingrund (nachrichtlich ist der im Westen angrenzende Helgoländer Felssockel mit dem entsprechenden FFH-Schutzgebiet darge- stellt) (Quelle: Datenbank LLUR) 3.2. Arten nach Anhängen der FFH- Richtlinie: Im Standard-Datenbogen wird das Vorkommen des Schweinswals, der Kegel- robbe sowie des Seehundes angesprochen und bewertet. Die Vogelarten sind informationshalber berücksichtigt. Tabelle 4: Auszug aus Standard-Datenbogen des FFH-Gebietes Steingrund Name Status Dat.-Qual. Pop.-Größe rel.-Grö. D Erh.-Zust. Ges.-W. D Anh. Jahr Rissa tridactyla VR- g kD p 1993 [Dreizehenmöwe] Zug Sterna sandvicensis g kD p VR 1993 [Brandseeschwalbe] Uria aalge [Trottel- VR- g kD p 1993 lumme] Zug Halichoerus grypus r G 11 - 50 4 A B II 2004 [Kegelrobbe] Phocoena phocoena r G 11 - 50 1 C C II 2004 [Schweinswal] Phoca vitulina r G 11 - 50 1 A B II 2004 [Seehund] Status: g = Nahrungsgast; r = resident Populationsgröße: p = vorhanden 16
Erh.-Zust.: A = sehr guter Erhaltungszustand B = guter Erhaltungszustand C = durchschnittlicher oder beschränkter Erhaltungsszustand Ges.-W. D.: A = hervorragende Repräsentativität B = gute Repräsentativität C = signifikante Repräsentativität Für die deutsche Nordsee insgesamt kommt die Anfangsbewertung nach MSRL zu dem Schluss, dass u. a. der Schweinswal nicht in einem guten Um- weltzustand ist und verweist dabei auf den unzureichenden Zustand gemäß Bewertung nach FFH-RL. 3.3. Weitere Arten und Biotope 3.3.1. Lebensraumtypische Arten für das Riffvorkommen Helgoländer Stein- grund Bei der nachfolgenden Auflistung lebensraumtypischer Arten handelt es sich sich um eine vorläufige gutachterliche Listung, die ggf. anhand der Ergebnisse weiterer Untersuchungen fortzuschreiben ist. Tabelle 3: Lebensraumtypische Arten für den Helgoländer Steingrund7 Makrozoobenthos Porifera Axinella polypoides Biemna variantia Cliona celata/ C. lobata Komplex Halichondria sp. Leucosolenia botryoides Myxilla incrustans Pleraplysilla minchini Sycon ciliatum Cnidaria Abietinaria abietina Actinia fragacea Alcyonium digitatum Clytia hemisphaerica Diadumene cincta Diphasia rosacea Eudendrium sp. Halecium sessile Hydrallmania falcata Kirchenpaueria pinnata Metridium senile Obelia dichotoma Sagartia elegans Sertularella polyzonias/ S. rugosa Komplex 7 Auszug aus dem Abschlussbericht „Tauch‐Untersuchung des „Steingrund“ bei Helgoland (FFH DE 1714‐391) und Konzeptentwicklung eines Tauch‐Monitorings für den FFH Lebensraumtyp Riff Autorin: Gabriele Dederer unter Mitarbeit von Dr. Karin Boos, Dr. Philipp Kanstinger, Dr. Roland Krone, Christof Schneider, Jutta Beher, Dr. Ralph Kuhlenkamp und Britta Kind 17
Makrozoobenthos Sertularia sp. Tubularia sp. Urticina felina Polyplacophora Lepidochitona cinerea Gastropoda Aeolidia papillosa Archidoris pseudoargus Cuthona foliata Dendronotus frondosus Doto coronata Eubranchus sp. Facelina bostoniensis Flabellina spec. Gibbula cineraria Goniodoris nodosa Nassarius incrassatus Onchidoris muricata Polycera quadrilineata Rissoa parva/ Rissoa inconspicua Komplex Tritonia plebeia Bivalvia Mytilus edulis Pholas sp. Polychaeata Sabellaria alveolata/ S. spinulosa Komplex Spirobranchus triqueter Spirorbis spirorbis Crustacea Balanus sp. Cancer pagurus Caprella sp. Carcinus maenas Crangon allmanni/ C. crangon Komplex Elminius modestus Galathea sp. Homarus gammarus Hyas araneus Macropodia rostrata Pagurus bernhardus Porcellanidae sp. Semibalanus balanoides Verruca stroemia Chelicerata/Pycnogonida Nymphon sp. Bryozoa Alcyonidium gelatinosum/ mamillatum/ diaphanum Komplex Bicellariella ciliata Bugula flabellata/ B. plumosa Komplex Crisia sp. Cryptosula pallansiana Disporella hispida 18
Makrozoobenthos Electra pilosa Escharella immersa/ E. variolosa Komplex Flustra sp. Membranipora membranacea Microporella ciliata Schizomavella linearis Scrupocellaria sp. Smittina landsbovori Tubulipora sp. Echinodermata Asterias rubens Echinus esculentus Ophiothrix fragilis Ascidiae Aplidium turbinatum Cliona celata Clavelina lepadiformis Diplosoma listerianum Perophora japonica Pices Cliatata mustela Ctenolabrus rupestris Cyclopterus lumpus Gobiidae indet. spp. Liparis aff. liparis Microstomus kitt Myoxocephalus scorpius Pholis gunnellus Taurulus bubalis Zoarces viviparus Algen Rhodophyta Ahnfeltia plicata Bonnemaisonia hamifera Brogniartella byssoides Colaconema daviesii Callithamnion corymbosum Corallina officinalis Cruoria pellita Delesseria sanguinea Hildenbrandia rubra Lithothamnion sonderi Lomentaria clavellosa/ L. orcadensis Komplex Melobesia membranacea Membranoptera alata Peyssonelia dubyi Phycodrys rubens 19
Phyllophora sp. Phymatolithon sp. Plocamium cartilagineum Polyides rotundus Polysiphonia stricta Rubrointrusa membranacea Phaeophyta Desmarestia aculeata/ D. virdis Komplex Laminaria hyperborea Laminaria saccharina Sphacelaria plumosa 3.3.2. Habitatbildende Arten Für die gesamte Nordsee wird in der MSRL Anfangsbewertung festgestellt, dass die Eutrophierung zur Verschiebung von mehrjährigen Makrophyten- Arten zu opportunistischen saisonalen Arten geführt hat. Infolge des Licht- mangels sind die Verbreitungstiefen mehrjähriger Makroalgen zurückgegan- gen. Bei Helgoland haben allerdings die Sichttiefen über die letzten Jahrzehn- te zugenommen, was eher klimatischen Veränderungen denn einem Rück- gang der Eutrophierung zugeschrieben wird. Ob dies auch für den benachbar- ten Steingrund gilt, ist nicht bekannt. Makroalgenarten, die auf dem Helgolän- der Felssockel bis in über 12 m Wassertiefe zu finden sind und den Bewuchs dort dominieren, kommen auf dem Steingrund in geringerer Dichte und nicht überall vor. Im Vergleich zu früheren Untersuchungen haben die Makrophyten Bestände auf dem Steingrund zugenommen. 3.4. Gesetzlicher Biotopschutz Der FFH-Lebensraumtyp Riff unterliegt auch dem gesetzlichen Biotopschutz. Danach sind Riffe vom Meeresboden erkennbar topographisch aufragende Hartsubstrate natürlichen Ursprungs unterhalb der mittleren Tidehochwasser- linie einschließlich geschlossener Gesteinsblockfelder und biogener Hartsub- strate mit einer Mindestgröße von 1.000 qm. 4. Umwelt-/Erhaltungsziele 4.1. Erhaltungs- und ggf. Wiederherstellungsziele nach FFH- RL Die Ableitung gebietsspezifischer Erhaltungsziele sowie Pflege- und Entwick- lungsmaßnahmen erfolgt aus den Angaben der Standarddatenbögen. Diese Erhaltungsziele sind für das jeweilige FFH- Gebiet im Amtsblatt für Schleswig- Holstein veröffentlicht und Bestandteil dieses Planes (Anlagen 9.2). Die veröffentlichen Erhaltungsziele basieren auf veralteten Datenbeständen. So sind Vorkommen des LRT Sandbank nicht bestätigt und insoweit bei der Aktualisierung des Erhaltungszieles zu streichen. Neu aufzunehmen ist jedoch das Vorkommen des LRT Code 1160 – große flache Meeresarme- und buch- ten. Bei der Aktualisierung des Erhaltungszieles wird insoweit folgender Pas- sus in das Erhaltungsziel aufgenommen werden: 20
1160 Flache große Meeresarme und –buchten (Flachwasserzonen) Erhaltung der weitgehend natürlichen Morphodynamik des Bodens, der Flachwasserbereiche der weitgehend natürlichen hydrophysikalischen und hydroche- mischen Gewässerverhältnisse und Prozesse, der Biotopkomplexe und ihrer charakteristischen Strukturen und Funktionen. Bei Maßnahmen ist im Sinne des Art.2 Abs. 3 der FFH-RL den Anforderungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur sowie den regionalen und örtlichen Besonderheiten Rechnung zu tragen. Die Einhaltung des Verschlechterungs- verbotes nach § 33 BNatSchG bleibt davon jedoch unberührt. 4.2. Erhaltungs- und Entwicklungsziele aus anderen Rechtsgründen 4.2.1. EG-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie Im Rahmen der Umsetzung der MSRL wurden für die deutschen Meeres- und Küstengewässer, strategische und operative Umweltziele erarbeitet. In dem diesbezüglichen deutschen Bericht zur Festlegung von Umweltzielen wird da- rauf hingewiesen, dass sich in der deutschen Nordsee die Entwicklung eines kohärenten und gut verwalteten Meeresschutzgebietsnetzwerkes seit Ab- schluss der Meldung des Natura 2000 Netzwerkes in einem kontinuierlichen Aufbauprozess befindet, der sich nach den Zeitvorgaben der FFH- und Vogel- schutz-Richtlinie richtet und bis spätestens 2020 abgeschlossen werden soll. Danach können die operativen Ziele für die lebenden Ressourcen durch gut gemanagte Schutzgebiete mit entsprechend regulierter oder eingeschränkter Nutzung erreicht werden, die den ausreichenden Schutz von gefährdeten Ar- ten und Lebensräumen ermöglichen. 4.2.2. OSPAR Die in Bezug auf Arten, Lebensräume und Biotope der deutschen Nordsee re- levanten Umweltziele sind für die deutsche Nordsee nach Artikel 10 MSRL erstmals im Jahr 2012 festgelegt8 worden. Die EG-MSRL fordert, bei der Richtlinienumsetzung regionale Grundlagen zu berücksichtigen bzw. darauf aufzubauen. Dies gilt insbesondere für die für die Nordsee von OSPAR festge- legten ökologischen Qualitätsziele (EcoQOs)9. Ziel ist die regional kohärente Umsetzung der Richtlinie in den jeweiligen Meeresregionen. Für die gesamte Nordsee wird in der MSRL Anfangsbewertung festgestellt, dass die Eutrophierung zur Verschiebung von mehrjährigen Makrophyten- Arten zu opportunistischen saisonalen Arten geführt hat. 8 Eine Überprüfung und ggf. Anpassung dieser Umweltziele, einschließlich weiterer Quantifizierungen, ist bis spätestens 2018 erforderlich. 9 http://qsr2010.ospar.org/media/assessments/EcoQO/EcoQO_P01-16_complete.pdf 21
Speziell zu den Schutz- und Erhaltungszielen sowie den naturräumlichen Ge- gebenheiten des Seevogelschutzgebietes Helgoland wird darüber hinaus auf den anliegenden OSPAR-Meldebogen verwiesen (s. „Proforma for compiling the characterisitcs of a potential MPA“). 5. Analyse und Bewertung für die Meeresflächen des Fauna-Flora-Habitat-Gebietes „DE- 1714-391 Steingrund“ Situationsanalyse und Gesamtbewertung Die Situationsanalyse und Gesamtbewertung richtet sich aus an den Formulie- rungen der übergreifenden und speziellen Erhaltungsziele sowie den im Stan- dard-Datenbogen benannten Gefährdungen bzw. Einflüssen und Nutzungen. Zusätzlich einbezogen sind gebietsrelevante Vorgaben des Artenschutzes, insbesondere § 44 BNatSchG sowie die Zustandsbewertung nach der Mee- resstrategie-Richtlinie. 5.1. Bewertung einzelner Lebensraumtypen und Arten Die Bewertung der einzelnen im Geltungsbereich dieses Planes nach Anga- ben des Standarddatenbogens/der Erhaltungsziele vorkommenden Lebens- raumtypen und FFH- Arten sowie habitatbildenen Arten nach OSPAR werden in der Anlage 9.4. dokumentiert. Die im Standard-Datenbogen aufgelisteten Einflüsse und Nutzungen werden hierin nach „Bestehender Umsetzung der Erhaltungsziele“ sowie „Management/Maßnahmen“ in folgende 4 Bewer- tungsstufen eingeteilt. Tabelle 8: Verwendete vier Bewertungsstufen: Tabellenkürzel kurz Lang X Beeinträchtigend Beeinträchtigungen, da Nutzungen vorhan- den und bestehende Regelungen ggf. nicht ausreichend zur Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen; Verträglichkeitsprüfung im Rahmen der Bestimmungen des § 34 BNatSchG i.V.m. § 25 LNatSchG (X) Potentiell beeinträch- Beeinträchtigend, da Nutzungen vorhanden, tigend aber bestehende Regelungen - diese Nutzungen in ihren Auswirkun- gen minimieren, - ausreichen zur Vermeidung erhebli- cher Beeinträchtigungen oder - Nutzungen aus zwingenden Gründen des überwiegenden Interesses zulas- sen – Neutral Nutzungen vorhanden, aber keine erhebli- chen Beeinträchtigungen erkennbar O Derzeit nicht relevant Nicht beeinträchtigend, da derzeit keine Nut- zung vorhanden. 22
Im Ergebnis sind für die Riffe und ihre stationären Bewohner und Lebens- raumtypen keine erheblichen Beeinträchtigungen durch die derzeitigen Nut- zungen belegt. Es bestehen bereits verschiedene Nutzungsbeschränkungen bzw. Manage- mentmaßnahmen aufgrund bestehender Gesetze und Verordnungen, die bei konsequenter und vollständiger Umsetzung geeignet sind, vorhandene oder potentielle Beeinträchtigungen zu verringern bzw. zu minimieren. Konkret an- zusprechen sind hier Maßnahmenpläne nach EG-WRRL zur Erreichung des guten ökologischen und chemischen Zustands der Küstengewässer, die FFH- Verträglichkeitsprüfung für Projekte und Pläne, bestehende Verbote aufgrund der Gemeinsamen Fischereipolitik, des Seefischereigesetzes, der Seefische- reiverordnung, des Landesfischereigesetzes, der Küstenfischereiverordnung und der nach Aalverordnung bestehenden Genehmigungsvorbehalte bzw. Verbote und Regelungen. Handlungsbedarf besteht bei der Verbesserung der Datenlage (z. B. Auswir- kungen der Fischerei auf Nicht-Zielarten/Beifang). Eine schutzgebietsrelevante Grundvoraussetzung ist die konsequente Hand- habung der FFH-Verträglichkeitsprüfung insbesondere auch unter Beachtung der Summationswirkung von Plänen und Projekten sowie die konsequente Umsetzung der rechtlichen Bestimmungen und deren Überwachung. 5.2. Zustandsbewertung nach MSRL In der aktuellen Anfangsbewertung nach MSRL für die deutschen Nordseege- wässer insgesamt wird zusammenfassend der Schluss gezogen, dass – der gute Erhaltungszustand nicht für alle Lebensraumtypen und –arten erreicht ist, – insbesondere Makrozoobenthos, Makrophyten, Fische und Meeressäu- ger nicht in einem guten Zustand sind sowie – die Belastung mit gefährlichen Substanzen und Nährstoffen sowie die biologischen Störungen nach wie vor zu hoch sind und diese Belastun- gen erhebliche negative Auswirkungen auf das Ökosystem haben. Im Ergebnis befindet sich das deutsche Nordseegebiet nicht in einem guten Umweltzustand (s.a. Kap. 2.2.). Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt OSPAR in seiner Gesamtbewertung (2010) und dieser zugrundeliegenden themati- schen Bewertungen10. In dem von OSPAR im Jahr 2010 gesondert vorgelegten Schutzgebietsbe- richtwurden der Status und die ökologische Kohärenz des Schutzgebietsnet- zes beschrieben und bewertet. Eine ökologische Kohärenz liegt danach bisher nicht vor. Zum anderen erfordert der derzeit nach den einschlägigen Rechtsgrundlagen, wie der MSRL, verfehlte Zielzustand der Küstengewässer der Nordsee weitere und auf die o. g. Umweltziele ausgerichtete Maßnahmen. Die gemäß MSRL vorgelegten Maßnahmenprogramme für die deutsche Nord- und Ostsee wur- 10 http://qsr2010.ospar.org/en/index.html 23
den bis Ende 2015 fertiggestellt, im März 2016 an die EU berichtet und müs- sen bis Ende 2016 implementiert sein. Zu weiteren Details in Bezug auf schutzgebietsrelevante Maßnahmen wird auf diese Programme verwiesen. 5.3. Sonstige Artenschutzbestimmungen Schweinswale sind nach deutschem Recht streng geschützt und werden auch europarechtlich durch die FFH-Richtlinie geschützt. Dies gilt gleichermaßen auch für die europäischen Vogelarten. Durch die fischereiliche Nutzung darf sich der Erhaltungszustand der lokalen Populationen der schleswig-holsteinischen Nordsee nicht verschlechtern. (§ 44 Abs. 4 BNatSchG) Vergleichbares gilt für weitere Arten wie den Hummer, für die derzeit innerhalb des hier angesprochenen Planungsraumes Nutzungen nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen der jeweiligen Gesamtpopulation führen. 5.4. Bewertungsdefizite Einige Flächenbelastungen/Einflüsse, wie die unter der Textziffer 2.2.3. be- schriebene Sportausübung, lassen in der grob dargestellten Art und im unbe- stimmt beschriebenen Umfang keine abschließende Bewertung hinsichtlich Verträglichkeit mit den Erhaltungs- oder Schutzzielen zu. 6. Maßnahmenkatalog Die Ausführungen zu den Ziffern 6.1. bis 6.4. werden durch die tabellarische Übersicht in der Anlage 9.4 ergänzt. 6.1. Bisher durchgeführte Maßnahmen Neben den Maßnahmen gemäß EG-WRRL, u. a. zur Reduzierung der stoffli- chen Belastungen der Küstengewässer und den unmittelbar gültigen Rege- lungen im Bereich der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP), u.a. zur nachhal- tigen Bewirtschaftung der Bestände11, tragen zur Sicherung oder Erreichung des günstigen Erhaltungszustandes in dem FFH-Gebiet Steingrund bislang folgende Maßnahmen bzw. Regelungen bei: Freiwillige Vereinbarung mit den Sportverbänden, Verzicht der Ausgabe von Jagderlaubnisscheinen auf der Nordsee, 11 So werden im Rahmen der GFP u.a. technische Maßnahmen und Fangquoten so festgelegt, dass Fischbestände nach dem Ziel des MSY-Ansatzes (maximal nachhaltigen Dauerertrags) unter Beach- tung des Ökosystemansatzes bewirtschaftet werden. Das Ziel soll spätestens 2020 erreicht sein. Zu- nehmend fließen auch Fänge der Freizeitfischerei in die Bestandsabschätzungen durch ICES (Interna- tionaler Rat für Meeresforschung) ein und neuerdings werden im Rahmen der GFP auch Fangquoten für die Freizeitfischerei in Form von Tagesfangbeschränkungen festgelegt. Verstöße werden im Rah- men fischereirechtlicher Verfahren (z.B. durch Bußgeld oder Quotenabzug im Folgejahr) geahndet. Werden Fischbestände nach den Vorgaben des ICES bewirtschaftet kann auch die Nahrungsgrundla- ge von Schweinswalen oder anderen fischfressenden Tieren als gesichert angesehen werden. 24
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