Märchen in Form von Bilderbüchern und welche Rolle sie einnehmen in der Erzie- hung und Entwicklung der Kinder

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Märchen in Form von Bilderbüchern und welche Rolle sie einnehmen in der Erzie- hung und Entwicklung der Kinder
Märchen in Form von Bilderbüchern und
welche Rolle sie einnehmen in der Erzie-
   hung und Entwicklung der Kinder

  Studiengang zur Kindergarten- und Primarlehrperson
      Pädagogische Hochschule (PH) St. Gallen

                        Bachelorarbeit
                  Herbstsemester 2019
            Abgabedatum 13. Januar 2020

        betreut durch Prof. lic. phil. Ruth Lehner

                     Bachelorarbeit von:
               Abb. 1: «Märzenglöckchen» aus dem Märchenbuch
                «der blühende Schnee» (eigene Abbildung B.G.)

                        Béatrice Grau
                   Matrikel-Nr. 17-692-427
                     Meisenstrasse 24
                      9244 Niederuzwil
                    Mobile 079 358 34 32
           E-Mail: beatrice.grau@student.phsg.ch
Märchen in Form von Bilderbüchern und welche Rolle sie einnehmen in der Erzie- hung und Entwicklung der Kinder
Märchen in Form von Bilderbüchern                                Bachelorarbeit HS 2019

Abstract
Diese Bachelorarbeit untersucht den Einfluss von Märchen in Form von Bilderbüchern
und wird anhand folgender Fragestellung geführt:

Welche Rolle nehmen Märchen in Form von Bilderbüchern ein in der Entwicklung und
Erziehung der Kinder?

Im Theorieteil eins zum Thema Märchen, gefolgt vom Theorieteil zwei zur Thematik von
Bilderbüchern wird untersucht, welchen Einfluss einerseits Märchen, andererseits Bil-
derbücher haben auf die Entwicklung und Erziehung von Kindern. Der dritte Theorieteil
befasst sich mit den Qualitätsmerkmalen von Bilderbüchern in Bezug auf die praktische
Umsetzung im vierten Teil der Arbeit. In der praktischen Umsetzung geht es darum, dass
ein selbstgestaltetes Märchenbilderbuch analysiert wird anhand der gewonnenen Kern-
punkte aus der Theorie und zusätzlich Verknüpfungen zum Lehrplan 21 aufgezeigt wer-
den.

Die Erkenntnis aus dieser Arbeit ist, dass Märchenbilderbücher einen positiven Einfluss
auf die Entwicklung und Erziehung von Kindern haben. Als fabelhafter Einstieg zu wei-
terführender Literatur führen sie zur Förderung in den Kompetenzbereichen Sprache,
Kognition, Emotionalität sowie Sozialgefüge. Märchenbilderbücher fördern das Ver-
ständnis von Symbol- und Bildsprache, verknüpfen Inhalt, Form und Sprache der Mär-
chen mit kindlichen Denk- und Handlungsmustern, führen durch den Aufbau eines inne-
ren Bildes zu eigenen Vorstellungen, zeigen mögliche Lösungswege auf zur Bewältigung
von Lebenskrisen und führen anhand der Identifikation mit Märchenfiguren zur Ausprä-
gung der persönlichen Einstellung. Weiter erkunden Kinder anhand von Märchenbilder-
bücher ihre eigene Kultur oder gewinnen Einblicke in fremde Kulturen.

Keywords: Merkmale Märchen, Bedeutung Märchen für Kinder, Erzählpraxis, Bedeutung
Bilderbücher für Entwicklung und Erziehung, Qualitätsmerkmale Bilderbücher, kindsge-
mässe Bilderbücher.

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Märchen in Form von Bilderbüchern und welche Rolle sie einnehmen in der Erzie- hung und Entwicklung der Kinder
Märchen in Form von Bilderbüchern                                Bachelorarbeit HS 2019

Danksagung
Ich bedanke mich ganz herzlich bei allen Personen, die mich im Prozess zur Erstellung
meiner Bachelorarbeit unterstützt und begleitet haben. Ein besonderer Dank geht an
meine Betreuungsperson, Frau Ruth Lehner, die mir beratend und unterstützend wäh-
rend des ganzen Prozesses zur Seite gestanden ist. Weiter danke ich meiner grossarti-
gen Familie für ihre moralische Unterstützung, auf das Korrekturlesen sowie das Bestär-
ken während der Ausarbeitung.

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Inhaltsverzeichnis
Abstract ................................................................................................................................. 2

Danksagung .......................................................................................................................... 3

Inhaltsverzeichnis ................................................................................................................ 4

1.            Einleitung ............................................................................................................... 7

2.            Märchen .................................................................................................................. 8

     2.1      Definition von Märchen............................................................................................ 8

     2.2      Merkmale von Märchen........................................................................................... 9

       2.2.1 Das Ungewisse ................................................................................................... 9

       2.2.2 Das Fabelhafte .................................................................................................... 9

       2.2.3 Erzählweise ......................................................................................................... 9

       2.2.4 Märchenfiguren ................................................................................................... 9

       2.2.5 Formelhafte Ausdrücke ..................................................................................... 10

       2.2.6 Symbole............................................................................................................. 10

       2.2.7 Zahlen in Märchen ............................................................................................ 10

       2.2.8 Das Ende ........................................................................................................... 11

       2.2.9 Kernaussage Merkmale von Märchen.............................................................. 11

     2.3      Bedeutung der Märchen für Kinder ....................................................................... 12

       2.3.1 Magische Denkmuster ...................................................................................... 12

       2.3.2 Symbol- und Bildsprache .................................................................................. 12

       2.3.3 Kennenlernen von Volksgut .............................................................................. 13

       2.3.4 Identifikation mit Märchenheld sowie Märchenheldin ....................................... 13

       2.3.5 Konfliktbewältigung ........................................................................................... 13

       2.3.6 Anregung zur Fantasie ...................................................................................... 13

       2.3.7 Förderung der Sprachentwicklung .................................................................... 13

       2.3.8 Kernaussage Bedeutung von Märchen für Kinder ........................................... 14

     2.4      Märchen in der Erzählpraxis.................................................................................. 14

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Märchen in Form von Bilderbüchern                                                                     Bachelorarbeit HS 2019

       2.4.1 Auswahl der Märchen ....................................................................................... 14

       2.4.2 Vorbereitung fürs Erzählen ............................................................................... 14

       2.4.3 Erzählen vs. Vorlesen ....................................................................................... 15

       2.4.4 Zwischen Gut und Böse .................................................................................... 15

     2.5.     Kernaussage Märchen in der Erzählpraxis ........................................................... 16

3.            Bilderbücher ........................................................................................................ 17

     3.1      Definition von Bilderbüchern ................................................................................. 17

     3.2      Kindsgemässe Bilderbücher ................................................................................. 17

       3.2.1 Bilderbücher für Kinder von 0 bis 3 Jahren ...................................................... 18

       3.2.2 Bilderbücher für Kinder von 3 bis 4 Jahren ...................................................... 18

       3.2.3 Bilderbücher für Kinder ab 5 Jahren ................................................................. 18

       3.2.4 Kernaussage kindsgemässe Bilderbücher ....................................................... 19

     3.3      Bedeutung Bilderbücher für die Entwicklung und Erziehung von Kindern........... 19

       3.3.1 Sprachförderung ............................................................................................... 19

       3.3.2 Förderung allgemeiner kognitiver Fähigkeiten ................................................. 20

       3.3.3 Förderung emotionaler Kompetenzen .............................................................. 22

       3.3.4 Förderung sozialer Kompetenzen .................................................................... 23

       3.3.5 Förderung von Fantasie und Kreativität ........................................................... 24

       3.3.6 Kernaussage Bedeutung von Bilderbüchern für Kinder ................................... 24

     3.4      Qualitätsmerkmale eines Bilderbuches................................................................. 25

       3.4.1 Inhaltliche Qualität ............................................................................................. 25

            3.4.1.2     Identifikation ............................................................................................... 26

            3.4.1.3     Lebensweltbezug....................................................................................... 26

            3.4.1.4     Denkweisen ............................................................................................... 26

       3.4.2 Illustrationsbezogene Qualität........................................................................... 26

       3.4.3 Sprachliche Qualität .......................................................................................... 27

       3.4.4 Erzählerische Qualität ....................................................................................... 28

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Märchen in Form von Bilderbüchern und welche Rolle sie einnehmen in der Erzie- hung und Entwicklung der Kinder
Märchen in Form von Bilderbüchern                                                                   Bachelorarbeit HS 2019

       3.4.5 Verhältnis von Bild und Text ............................................................................. 28

       3.4.6 Typografische Gestaltung ................................................................................. 29

       3.4.7 Kernaussage Qualitätsmerkmale von Bilderbüchern ....................................... 30

4.          Praktische Umsetzung........................................................................................ 31

     4.1    Einführung ............................................................................................................. 31

     4.2    Analyse des Märchenbuches der blühende Schnee ............................................ 31

     4.3    Verknüpfung mit den Entwicklungsorientierten Zugänge aus dem LP21 ............ 36

5.          Schlussteil ............................................................................................................ 37

     5.1    Beantwortung der Fragestellung ........................................................................... 37

     5.2    Persönliches Fazit ................................................................................................. 38

6.          Quellenverzeichnis.............................................................................................. 40

     6.1    Literaturverzeichnis ............................................................................................... 40

     6.2    Abbildungsverzeichnis........................................................................................... 42

     6.3    Tabellenverzeichnis ............................................................................................... 42

7.          Anhänge ............................................................................................................... 42

8.          Eidesstattliche Erklärung ................................................................................... 43

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Märchen in Form von Bilderbüchern                                Bachelorarbeit HS 2019

1.        Einleitung
Es war einmal ein kleines Mädchen, das es liebte, den verschiedenen Geschichten und
Abenteuern aus der Märchenwelt zuzuhören, welche ihm die Eltern und Grosseltern er-
zählten. Diese Märchen öffneten dem Kind auf fantasievolle Weise die Tore zur Welt und
zwar in einer vertrauten und behaglichen Atmosphäre. Das Mädchen konnte von den
Geschichten nicht genug kriegen und mit Unterstützung von Bilderbüchern wurden die
Figuren zum Leben erweckt. Das Mädchen wuchs heran, positiv geprägt von den Erzäh-
lungen aus seiner Kindheit und die Faszination für Märchen hat es bis ins Erwachsenen-
alter behalten. Als zukünftige Lehrperson möchte es in ihrem Unterricht auf Märchen in
Form von Bilderbüchern nicht verzichten. Daraus stellt sich für das Mädchnen nun die
zentrale Frage:

Welche Rolle nehmen Märchen in Form von Bilderbüchern ein in der Entwicklung und
Erziehung der Kinder?

Ziel dieser Bachelorarbeit ist es, die Rolle von Märchen in Form von Bilderbüchern auf-
zuzeigen und ihren Einfluss auf die Erziehung und Entwicklung der Kinder zu beleuch-
ten. Im ersten Teil erfolgt eine Erläuterung zum Thema Märchen, seine Merkmale sowie
Bedeutung hinsichtlich der Entwicklung und Erziehung der Kinder und wie Märchen in
der Erzählpraxis eingesetzt werden können. Im zweiten Teil geht es darum, einen Über-
blick zu geben über Bilderbücher. Welche Bilderbücher eignen sich in welchem Alter und
wie ist deren Wert bezüglich Entwicklung und Erziehung der Kinder. Beleuchtet werden
auch wichtige Qualitätsmerkmale von Bilderbüchern für Kinder. Die Untertitel werden
jeweils mit einer zentralen Kernaussage abgeschlossen, die im dritten und letzten Teil,
bei der Ausgestaltung des Produktes, Verwendung finden. Eine tabellarische Zusam-
menfassung der Kernaussagen aus der erarbeiteten Theorie im ersten und zweiten Teil
bilden die Basis für das Gestalten, sowie die Analyse eines selbstgestalteten Märchen-
bilderbuches. Die Kernaussagen zur Bedeutung von Märchen sowie Bilderbüchern wer-
den im praktischen Teil mit den entwicklungsorientierten Zugängen in Zusammenhang
mit dem Lehrplan 21 gebracht. Anschliessend erfolgt die Beantwortung der Fragestel-
lung durch eine Zusammenfassung sowie ein persönliches Fazit. Die Bachelorarbeit wird
anhand eines übergreifenden Zitats aus den erarbeiteten und gewonnen Erkenntnissen
abgeschlossen.

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Märchen in Form von Bilderbüchern und welche Rolle sie einnehmen in der Erzie- hung und Entwicklung der Kinder
Märchen in Form von Bilderbüchern                                 Bachelorarbeit HS 2019

2.          Märchen
Um die Rolle von Märchen in Form von Bilderbüchern in der Entwicklung und Erzie-
hung von Kindern analysieren zu können, muss zuerst die Definition und die Merkmale
von Märchen genauer beleuchtet werden. Anschliessend geht es um die Bedeutung
der Märchen für Kinder und wie sie in der Erzählpraxis umgesetzt werden können.

2.1         Definition von Märchen
Unter Märchen versteht man kürzere rätselhafte und fabelhafte Erzählungen, mündlich
überliefert aus längst vergangener Zeit. Der Begriff Märchen ist eine Verniedlichung des
Wortes «Mär» aus dem althochdeutschen und bedeutet Kunde, Erzählung, und Ge-
rücht.1 Die Abhandlungen finden an fantastischen Orten statt, wo die Naturgesetze oft
ausser Kraft treten. Oft begegnet einem ein seltsames Wesen und Zauberei und Ver-
wünschungen spielen eine grosse Rolle. Der Aufbau eines Märchens besteht darin, dass
sich ein Märchenheld oder eine Märchenheldin in einer misslichen Lage befindet und
durch Bewältigen von schwierigen Aufgaben und Situationen wird er oder sie anschlies-
send nicht nur belohnt, sondern er oder sie können sich fortan auf ein langes und glück-
liches Leben freuen.2

Märchen als eine uralte literarische Form beschäftigen sich mit dem ursprünglichen Er-
leben von Wirklichkeit und dem ganzen Spektrum menschlicher Existenz. Dabei wird
zwischen den zwei Gattungen Volks- und Kunstmärchen unterschieden. Bei den Volks-
märchen handelt es sich um Jahrhunderte alte Volkserzählungen, die mündlich überlie-
fert wurden und meist mit einem guten Ende ausgehen. Die bekanntesten Volksmärchen
sind die von den Gebrüdern Grimm niedergeschriebenen Werke, welche anhand einer
Sammlung verfasst wurden. Kunstmärchen werden hingegen von einem bekannten
Dichter verfasst und enden oft mit einem unbefriedigenden Ende.3 Die Inspiration und
Machart der Kunstmärchen erhielten die Dichter durch die bereits vor den Kunstmärchen
gegenwärtigen und vertrauten Volksmärchen. Dies ist auch ein Grund, weshalb sich
Volks- und Kunstmärchen in ihrer Machart sehr ähneln.4

1
     GEISTER, O., 2016, S. 13.
2
     FREUND, W., 2005, S. 7.
3
     ZICKBAUER, M., 2011, S. 11-12.
4
     KOHL, E., 2014, S. 30.

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Märchen in Form von Bilderbüchern                                 Bachelorarbeit HS 2019

2.2        Merkmale von Märchen
Märchen können von normalen Erzählungen abgegrenzt werden anhand von bestimm-
ten Merkmalen und führen den Leser oder Zuhörer mittels eines roten Fadens durch die
Geschichten.5 Dazu zählen nachfolgende Merkmale.

2.2.1      Das Ungewisse
Märchen spielen sich in längst vergangenen Zeiten und an wunderbaren, abstrakten Or-
ten ab, beispielsweise in einem prächtigen Königreich oder in einem magischen Wald.
Die Charaktere der Märchenfiguren lassen sich einfach einteilen in die Kategorie „gut“
oder „böse“ und sind dadurch für Kinder einfach zu verstehen und lassen genügend
Spielraum offen für eigene Interpretationen.6

2.2.2      Das Fabelhafte
In Märchen findet man übernatürliche und unwirklich waltende Mächte und Kräfte. So
gibt es sonderbare Wesen wie Hexen, Feen oder sprechende Tiere, die als Helfer oder
Widersacher agieren. Zudem sind Zauberei, Verwandlungen und Verwünschungen
keine Seltenheit und werden oft mithilfe von speziellen Gegenständen, wie zum Beispiel
ein Buch oder einem Ring in Szene gesetzt.7

2.2.3      Erzählweise
Ein weiterer Erkennungswert von Märchen ist, dass sie von der Machart eindimensional,
bei flüchtiger Betrachtung ohne Tiefgang, einfach und abstrakt gestaltet sind.8 Die grad-
linige Erzählweise erfolgt in Märchen anhand eines Zweierrhythmus (Konflikt – Lösung)
oder als Dreierrhythmus (Ausgangslage – Bewältigung der Situation – versöhnliche
Schlusswendung).9

2.2.4      Märchenfiguren
Der Märchenheld oder die Märchenheldin befinden sich zu Beginn der Geschichte meist
in einer misslichen Lage und sehen sich gezwungen, diese schwierige Situation zu än-
dern, indem er oder sie sich gegen einen Gegenspieler behaupten. Dafür wird die nötige
Hilfe geholt bei mächtigen Fabelwesen, wie zum Beispiel Hexen oder magische Wesen.

5
    GELDSCHLÄGER, J., 2019, O.S.
6
    GEISTER, O., 2016, S. 15.
7
    GEISTER, O., 2016, S. 15.
8
    WARNER, M., 2017, S. 13.
9
    GEISTER, O., 2016, S. 14.

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Im Hintergrund agieren noch weitere Rollen, wie beispielsweise der Vater im Märchen
Schneewittchen, die jedoch in der Erzählung lediglich eine passive Rolle einnehmen.10

2.2.5        Formelhafte Ausdrücke
Bestimmte Anfangs- und Schlussphrasen sind charakteristisch für Märchen. Die heute
geläufigsten Einleitungen sowie Schlussformen stammen aus den Erzählungen der Ge-
brüder Grimm «Es war einmal…» sowie «Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben
sie noch heute» oder «Und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende». Ebenso haben
magische Sprüche, Verse und Reime einen hohen Stellenwert in Märchen. Sie schaffen
eine klare Gestaltung und fördern den Wiedererkennungswerk und sind dadurch für Kin-
der optimal.11

2.2.6        Symbole
Tiefgründige Symbole finden in Märchen ihren festen Platz. So kann ein Ring als Ge-
genstand einerseits als Zauberring Kraft und Einfluss ausstrahlen, andererseits symbo-
lisch als Verbundenheit zweier Menschen gelten. Auch Tiere finden in den Märchen als
symbolische Charaktere ihren Platz. Zum Beispiel die Taube, die Aschenputtel als Hel-
ferin zur Seite steht oder der böse Wolf, der Rotkäppchen Leid zufügen will.12

2.2.7        Zahlen in Märchen
Die Zahlen in europäischen Märchen haben ihren Ursprung in der jüdisch-christlichen
Zahlenmystik. Dabei fallen insbesondere die Zahlen 3 und 7 stark ins Gewicht. Während
die Zahl 3 als Symbol für das Göttliche steht, stellt die Zahl 4 Ordnung und Gleichgewicht
dar. Die Summe daraus ergibt die Zahl 7, symbolisch für die Vollkommenheit, gleichge-
stellt mit der Zahl 12. Ein Ungleichgewicht stellt wiederum die Zahl 13 dar.13 Bespiele für
diese Zahlenkombinationen in Märchen finden sich zahlreiche. Wie die 7 Zwerge in
Schneewittchen, die zwölf goldenen Teller in Dornröschen oder drei Aufgaben, die zu
erfüllen sind im Märchen „Der Feigensack und der Sack voller Wahrheiten“.14

10
     GEISTER, O., 2016, S. 14.
11
     GEISTER, O., 2016, S. 16.
12
     FREUND, W., 2005, S. 116 FF, ZIT. IN GEISTER, O., 2016, S. 17.
13
     LIPPERT, K., 2019, O.S.
14
     GEISTER, O., 2016, S. 17.

                                                 10
Märchen in Form von Bilderbüchern                                     Bachelorarbeit HS 2019

2.2.8         Das Ende
Wie ein Märchen endet, hängt stark von der Gattung des jeweiligen Märchens ab. Wie
bereits unter Punkt 2.1 Definition von Märchen erwähnt, wird unterschieden zwischen
Volks- und Kunstmärchen.15 Während bei den Volksmärchen, die aus dem Ruder gelau-
fene Harmonie wiederhergestellt wird, und die Erzählung mit einem erfreulichen Finale
endet, gehen Kunstmärchen oft unverhofft und nicht zufriedenstellend aus. Dies erklärt
auch die Beliebtheit von Volksmärchen, die dem Publikum Lebensfreude und Ermunte-
rung schenken.16
Abschliessend zu diesem Kapitel ist darauf hinzuweisen, dass in den einzelnen Märchen
nicht alle beschriebenen Merkmale wiedergefunden werden können. Dennoch verleihen
sie in der Anwendung, sei es beim Zuhören oder beim Lesen, das Gefühl von Vertraut-
heit und geben den nötigen Wiedererkennungwert.17

2.2.9         Kernaussage Merkmale von Märchen
Zusammenfassend haben sich folgende Kernaussagen von Merkmalen von Märchen
herauskristallisiert.

Kernaussage; Merkmale von Märchen
❖ Das Ungewisse (längst vergangene Zeit, magische Orte)
❖ Das Fabelhaft (magische Mächte und Kräfte)
❖ Gradlinige Erzählweise (Problem-Lösung / Ausgangslage – Bewältigung – Schlusswende)
❖ Märchenfiguren (Kampf gegen Gegenspieler mit mächtigen Helfern)
❖ Formelhafte Ausdrücke (Einleitung, Schlussformen, Verse, Sprüche, Reime)
❖ Symbole (Gegenstände, Tiere)
❖ Das Ende (Volksmärchen; gutes Ende / Kunstmärchen; unbefriedigendes Ende)

➔ Es müssen nicht zwingend alle Merkmale in einem Märchen vorgefunden werden
➔ Gattung (Volksmärchen; Verfasser unbekannt, mündliche Überlieferungen
                 Kunstmärchen; Verfasser bekannt)

Abb. 2: Kernaussage Merkmale von Märchen (eigene Abbildung, B.G.)

15
     ZICKBAUER, M., 2011, S. 11-12.
16
     GEISTER, O., 2016, S. 14.
17
     GELDSCHLÄGER, J., 2019, O.S.

                                                           11
Märchen in Form von Bilderbüchern                              Bachelorarbeit HS 2019

2.3         Bedeutung der Märchen für Kinder
Erstmals in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg gerieten Märchen ins Kreuzfeuer der
Kritik. Unter anderem wurden Stimmen laut, dass Märchen falsche Vorstellungen und
Einstellungen vermitteln. Aus gesellschaftlicher Sicht würde durch Märchen die Gewalt
legitimiert werden anhand von aggressiven Lösungsmustern, die aus pädagogischer
Sicht Ängste bei Kindern auslösen könnten. Diese Kritikpunkte an Märchen wurden erst-
mals durch den Erziehungswissenschaftler Bruno Bettelheim mit seinem Beststeller
«Kinder brauchen Märchen», basierend auf eine erste umfassende Studie der Märchen-
forschung, revidiert.18 Er kam zum Schluss, dass Märchen den Kindern dazu verhelfen
können, durch ihre einfache und direkte Art der Märchen ein Verständnis zu gewinnen
für die komplexen Gefühle der Kinder, die durch unsere komplexe Welt ausgelöst wer-
den. Weiter haben Märchen eine wichtige Bedeutung für Kinder in Bezug auf die Erzie-
hung und Entwicklung anhand der nachfolgenden Aspekte. Dies führte unter anderem
zum Umdenken in der Gesellschaft und zur Wiedereinführung der Märchen.19

2.3.1       Magische Denkmuster
Aus entwicklungspsychologischer Sicht befinden sich Kinder zwischen dem 3. und 6.
Lebensjahr in der sogenannten magischen Phase des kindlichen Denkens und Han-
delns. In dieser Phase erklären sich Kinder Naturereignisse sowie technische und phy-
sikalische Abläufe durch magische Kräfte.20 Diese Hintergründe schaffen eine Verbin-
dung zwischen Form, Sprache und Inhalt von Märchen und den kindlichen Denk- und
Handlungsweisen.21

2.3.2       Symbol- und Bildsprache
In Märchen werden wichtige menschliche Lebenssituationen durch einfache Stilmerk-
male, die im Kapitel zwei behandelten Merkmale von Märchen, thematisiert und fördern
so das kindliche Verständnis von Symbol- und Bildsprache. Dabei werden Gefühle und
Gedanken so ausgedrückt, als ob es sich um Ereignisse in der realen Lebenswelt han-
delt. Ergänzend können Märchen eine gute Einstiegsmöglichkeit sein für weiterführende
Literatur.22

18
     VOM ORDE, H., 2012, S. 8.
19
     BETTELHEIM, B., 2017, S. 11.
20
     SCHMELZ, A., 2019, O.S.
21
     ZITZLSPERGER, H., 2017, S. 138-139.
22
     ZITZLSPERGER, H., 2017, S. 138-139.

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Märchen in Form von Bilderbüchern                                 Bachelorarbeit HS 2019

2.3.3       Kennenlernen von Volksgut
Anhand von Märchen haben Kinder die Möglichkeit, in die eigene Kultur einzutauchen
und sich mit ihr entsprechend zu identifizieren. Ebenfalls gewinnen Kinder durch Mär-
chen wichtige Einblicke in fremde Kulturen, was in der heutigen Zeit der Globalisierung
für das Verständnis für andere Kulturen und das gemeinsame Zusammenleben unum-
gänglich ist.23

2.3.4       Identifikation mit Märchenheld sowie Märchenheldin
Märchen führen dazu, dass sich Kinder mit den Märchenhelden sowie Märchenheldin-
nen identifizieren können. Erinnerungen und Erfahrungen können wiedererlebt werden
und die persönliche Einstellung wird dadurch profiliert.24

2.3.5       Konfliktbewältigung
Märchen zeigen Kindern in Konfliktsituationen unbewusst mögliche Lösungswege auf.
Die Persönlichkeit der Kinder formt sich laufend durch die Bewältigung von Lebenskrisen
mit dem Resultat, dass Kinder gerüstet sind für fortlaufende Schwierigkeiten.25

2.3.6       Anregung zur Fantasie
Kinder, die mit Märchen und Geschichten aufwachsen, entwickeln die Fähigkeit, sich
anhand der eigenen Fantasie eine eigene Vorstellung, ein sogenanntes inneres Bild, zu
gestalten.26 In der heutigen, hochtechnischen Umgebung mit ihren vorgefertigten Fern-
sehbildern ein unumstrittener Gewinn.27

2.3.7       Förderung der Sprachentwicklung
Der Sinn von Märchen ist für Kinder leicht verständlich. Die Sprachentwicklung von Kin-
dern kann durch Märchen optimal gefördert werden, durch den Aufbau des Wortschat-
zes und anhand von reflektierenden Gesprächen hinsichtlich Moral und Ethik mit dem
Ziel der demokratischen Wertvermittlung.28

23
     ZITZLSPERGER, H., 2017, S. 138-139.
24
     ZITZLSPERGER, H., 2017, S. 138-139.
25
     ZITZLSPERGER, H., 2017, S. 138-139.
26
     STÖCKLIN-MEIER, S., 2008, S. 17.
27
     SCHMELZ, A., 2019, O.S.
28
     ZITZLSPERGER, H., 2017, S. 138-139.

                                            13
Märchen in Form von Bilderbüchern                                                Bachelorarbeit HS 2019

2.3.8          Kernaussage Bedeutung von Märchen für Kinder
Nach der Thematisierung der Bedeutung von Märchen für Kinder, in der Kernaussage
im Überblick, erfolgt nun ein Einblick in die Erzählpraxis. Dabei wird eine mögliche Vor-
gehensweise erläutert für Erwachsene in der Rolle als Eltern sowie Lehrpersonen.

Kernaussage; Bedeutung der Märchen für Kinder

❖ Verknüpfung Inhalt, Form und Sprache der Märchen mit kindlichen Denk- und Handlungs-
     mustern
❖ Verständnis für Symbol- und Bildsprache
❖ Einstiegsmöglichkeit für weiterführende Literatur
❖ Identifikation mit eigener Kultur / Kennenlernen fremder Kulturen
❖ Identifikation mit Märchenfigur führt zur Ausprägung persönlicher Einstellung
❖ Durch Märchen mögliche Lösungswege gewinnen zur Bewältigung von Lebenskrisen
❖ Aufbau eines inneren Bildes durch eigene Vorstellungen
❖ Förderung der Sprachentwicklung

Abb. 3: Kernaussage Bedeutung der Märchen für Kinder (eigenen Abbildung, B.G.)

2.4            Märchen in der Erzählpraxis
2.4.1          Auswahl der Märchen
Bei der Auswahl von Märchen sollte besonders bei Kindern unter 5 Jahren darauf ge-
achtet werden, dass sie altersgemäss zu ihnen passen und dem Entwicklungsstand ent-
sprechen. Weiter sollte sich die erzählende Person angesprochen fühlen vom Märchen,
dessen Motiven sowie den behandelten Werten in der Geschichte. Denn nur so können
diese Aspekte mit Überzeugung und Begeisterung an den Zuhörer weitergegeben wer-
den.29

2.4.2          Vorbereitung fürs Erzählen
Damit sich Kinder eine eigene Vorstellung machen können von der Märchengeschichte
und ihrer Fantasie freien Lauf lassen können, sollte davon abgesehen werden, dass vor-
handene Illustrationen vor oder während dem Erzählen veranschaulicht werden. Eine

29
     STÖCKLIN-MEIER, S., 2008, S. 29.

                                                             14
Märchen in Form von Bilderbüchern                               Bachelorarbeit HS 2019

wertvolle Realisierung für Kinder könnte so aussehen, dass nach der erzählten Ge-
schichte erst mal ein Bild zu den eigenen Vorstellungen gemalt wird im Einzelnen oder
in der Gemeinschaft. Erst danach werden vorhandene Illustrationen gemeinsam be-
trachtet und diskutiert.30 Weiter können wichtige Inhalte aus den Geschichten nur dann
zweckmässig vermittelt werden, wenn die erläuternde Person selbst vertraut ist mit der
Geschichte.31

2.4.3       Erzählen vs. Vorlesen
Zwischen Erzählen und dem Vorlesen einer Geschichte besteht ein grosser Unterschied.
Erst durch die freie Erzählung wird eine Geschichte anhand der freien Sprechweise, des
Blickkontakts und der Mimik sowie Gestik authentisch und zum Leben erweckt und zieht
die Zuhörer fasziniert in den Bann.32 Dennoch kann auch das Vorlesen von Märchen
wichtige Funktionen erfüllen in Bezug auf den Wortschatzerwerb oder speziellen Sprach-
wendungen. Dies zeigen Märchen, wie die der Gebrüder Grimm, die in einer hoch ent-
wickelten Literatursprache verfasst wurden.33

2.4.4       Zwischen Gut und Böse
Zentral ist, dass Märchen keine Ängste auslösen, sondern diese durch die Geschichte
lediglich sichtbar gemacht werden. Demzufolge sollten das Böse und die Gewalt in den
Märchen nur kurz berichtet und nicht weiter ausgeschmückt werden, sodass keine Schä-
digung der Kinder durch ausführliche Berichte der Gewalt verursacht wird. Denn nur
durch das endgültige Auslöschen des Bösen kann das ausschlaggebende Märchen-
happy-End geschaffen werden.34

30
     BETZ, F., 2001, S. 25.
31
     STÖCKLIN-MEIER, S., 2008, S. 29.
32
     STÖCKLIN-MEIER, S., 2008, S. 29.
33
     STÖCKLIN-MEIER, S., 2008, S. 30.
34
     STÖCKLIN-MEIER, S., 2008, S. 32.

                                          15
Märchen in Form von Bilderbüchern                                          Bachelorarbeit HS 2019

2.5.         Kernaussage Märchen in der Erzählpraxis
Mit der Kernaussage zur Erzählpraxis von Märchen wird der erste Teil der Arbeit zur
Materie von Märchen abgeschlossen und es folgt eine Überleitung zum zweiten Teil,
dem Thema Bilderbücher.

Kernaussage; Märchen in der Erzählpraxis

 ❖ Wahl Märchen gemäss Alter/Entwicklungsstand des Kindes
 ❖ Überzeugung der vermittelnden Person zentral für Weitergabe der Werte/Motive im Mär-
      chen
 ❖ Betrachtung Illustrationen nach dem Vorlesen/Erzählen (Ziel; Aufbau inneres Bild)
 ❖ Vorlesen (Wert; Entwicklung zentraler Wortschatzerwerb/Sprachwendungen)
 ❖ Freies Erzählen (Wert; Authentizität anhand von Mimik/Gestik)
 ❖ Keine Ausschmückung des Bösen
 ❖ Märchen-Happyend durch das endgültige Auslöschen des Bösen

Abb. 4: Kernaussage Märchen in der Erzählpraxis (eigene Abbildung, B.G.)

                                                       16
Märchen in Form von Bilderbüchern                                    Bachelorarbeit HS 2019

3.         Bilderbücher
Im zweiten Teil der Arbeit widme ich mich dem Gebiet der Bilderbücher. Nach einer
kurzen Einführung und Definition von Bilderbüchern, gefolgt von Auslegungen von
kindsgemässen Bilderbüchern, wird die Bedeutung von Bilderbüchern für Kinder be-
züglich ihrer Entwicklung und Erziehung aufgezeigt. Im Hinblick auf die Ausgestaltung
des Produktes, eines Märchenbilderbuches, schliesst der zweite Teil der Arbeit mit
wichtigen Qualitätskriterien von Bilderbüchern ab.

3.1        Definition von Bilderbüchern
Bilderbücher zählen zur Gattung der Kinderliteratur und sind eng verbunden mit den sich
wandelnden gesellschaftlichen Ansichten.35

In kindgerechten Bilderbüchern nehmen farbige oder schattenrissartige Illustrationen die
zentrale Stellung ein und stehen zu den leicht verständlichen und strukturierten Texten
in einer erkennbaren Wechselbeziehung. Somit ist die Vermittlung von Inhalt und Hand-
lung optisch gewährleistet und die reich illustrierten Bücher eignen sich optimal zum Vor-
lesen und Vorzeigen.36

In der Kinderliteratur ist die Stabilität von Bilderbüchern ein wichtiges Kriterium, die an-
hand von festem Papier, Pappe oder gar als abwaschbare Folie garantiert wird. Weiter
wird der Seitenumfang von Bilderbüchern eher minimal gehalten. Es gibt keine verbind-
lichen Buchformats Richtlinien, die als Standard festgelegt sind. Dies spricht auch für die
Vielfalt von Bilderbuchformaten, die handelsüblich sind.37

3.2        Kindsgemässe Bilderbücher
Welche Bilderbücher sich Kinder auswählen, hängt nicht allein von ihrer Altersgruppe
ab. Von kindsgerechten Bilderbüchern kann auch dann gesprochen werden, wenn die
(Bild-)Sprache und der Inhalt dem Entwicklungsstand des Kindes angepasst sind. Zent-
ral dabei ist, dass den Kindern eine entsprechende Unterhaltung im Interesse des Kin-
des geboten wird, die ihm Wissensvermittlung, Aufklärung und einer Art Lebenshilfe

35
     HOLLSTEIN, G. UND SONNENMOSER M., 2017, S. 1.
36
     ALBERS, T., 2015, S. 7-8.
37
     ALBERS, T., 2015, S. 7-8.

                                             17
Märchen in Form von Bilderbüchern                                 Bachelorarbeit HS 2019

gewährleistet und so zu einer Sensibilisierung von ästhetischen und ethischen Werten
führt.38

Eine Einteilung von Bilderbüchern in Altersgruppen ist schwierig. In erster Linie sollen
Kinder ein Mitspracherecht haben, wenn es um die Auswahl von Bilderbüchern geht,
auch wenn dies mit den pädagogischen Überlegungen von Erwachsenen womöglich
nicht übereinstimmen mag. Eine grobe und nicht vollständige Übersicht für Bilderbücher
in den Altersstufe 0 bis 3 Jahren, 3 bis 4 Jahren und ab 5 Jahren könnte folgendermas-
sen aussehen.39

3.2.1      Bilderbücher für Kinder von 0 bis 3 Jahren
Im Alter von 0 bis 3 Jahren sind die Geschichten in Bilderbüchern kurzgehalten. Es sind
grosse Bilder mit sehr wenig Text vorhanden. Für Kinder in diesem Alter eignen sich
zudem Reime zum Nachsprechen. Die Thematik der Geschichten sollte an die Erfah-
rungswelt der Kinder dieses Alters anknüpfen.
Im Alter von 0 bis 3 Jahren eigenen sich stabile Bilderbücher aus Pappe, die leicht zu
reinigen sind und auch gut mitgenommen werden können.

3.2.2      Bilderbücher für Kinder von 3 bis 4 Jahren
Bilderbücher für Kinder von 3 bis 4 Jahren weisen oft lustige Texte auf, die anhand der
Umkehrungen der typischen Rollenbilder für die Kinder amüsant wirken. Weiter eigenen
sich Themen, die zum Nachdenken anregen. Zudem bieten die Illustrationen viele De-
tails zum Entdecken, die einen einladen zum Verweilen. Eine häufige Form sind Wim-
melbücher.

3.2.3      Bilderbücher für Kinder ab 5 Jahren
Ab dem 5. Lebensjahr eigenen sich Bilderbücher für Kinder mit längeren Geschichten
mit weniger Illustrationen dafür mehr Text, die das kindliche Interesse wecken. Ab die-
sem Alter können auch gut verschiedene Bilderbuchgeschichten eingesetzt werden mit
der gleichen Hauptfigur.

38
     HOLLSTEIN, G. UND SONNENMOSER, M., 2017, S. 31-32.
39
     ALBERS, T., 2015, S. 25-26.

                                             18
Märchen in Form von Bilderbüchern                                       Bachelorarbeit HS 2019

      3.2.4          Kernaussage kindsgemässe Bilderbücher
      Nach der Definition sowie einem Einblick in den Themenbereich der kindsgemässen
      Bilderbüchern im Kinderalter erfolgt ein Übergang zur Bedeutung von Bilderbüchern für
      die Entwicklung und Erziehung von Kindern.

   Kernaussage; Kindsgemässe Bilderbücher
   ❖ Inhalt und Sprache (gemäss Alter/Entwicklungsstand Kind)
   ❖ Mitspracherecht (Kinder bei der Auswahl miteinbeziehen)
   ❖ Thema Bilderbuch (In der Erlebniswelt der Kinder)
   ❖ Je älter die Kinder (längere Geschichten, mehr Text, weniger Illustrationen)

Abb. 5: Kernaussage kindsgemässe Bilderbücher (eigenen Abbildung, B.G.)

      3.3            Bedeutung Bilderbücher für die Entwicklung und Erzie-
                     hung von Kindern
      3.3.1          Sprachförderung
      Die Sprachkompetenz hat grossen Einfluss bezüglich der Zugehörigkeit in der Gesell-
      schaft sowie auf den schulischen Erfolg. Diesbezüglich wird Sprache auch oft in Verbin-
      dung gebracht mit dem Begriff «Sprache als Schlüssel zur Welt».40

      Bilderbücher haben zweifelsfrei einen positiven Einfluss hinsichtlich des Spracherwerbs
      der Kinder. Durch das Erzählen sowie Nacherzählen in eigenen Worten und das aus der
      Geschichte resultierende Gespräch miteinander führt zur mittelbaren Förderung der
      Sprachkompetenz. Im Weiteren findet der Spracherwerb anhand des Vorlesens und Er-
      zählens in einem sicheren und geborgenen Rahmen statt und bietet so die nötige Ver-
      trauensbasis.41

      Die allgemeine Sprachentwicklung wird in drei Kompetenzen unterschieden. Das sind
      die prosodische Kompetenz, die linguistische Kompetenz sowie die pragmatische Kom-
      petenz.42

      Bei der prosodischen Kompetenz geht es um die Wahrnehmung, Unterscheidung und
      Erzeugung von Spracheinheiten wie Rhythmik, Betonung und Sprachmelodie.

      40
           ALBERS, T., 2015, S. 33-34.
      41
           ALBERS, T., 2015, S. 33-34.
      42
           GRIMM, H., 2012, S. 16-18.

                                                                   19
Märchen in Form von Bilderbüchern                                     Bachelorarbeit HS 2019

Die linguistische Kompetenz lässt sich aufteilen in drei Faktoren. Beim phonetisch-pho-
nologischen Faktor geht es einerseits um die akustischen Eigenschaften von Sprachlau-
ten, in der Fachsprache unter dem Begriff Phonetik bekannt und andererseits um die
Wahrnehmung und Verwendung von Sprachlauten, der Phonologie. Der zweite Faktor
zeichnet die semantisch-lexikalische Komponente aus bei der es um die Bedeutung von
Wörtern wie auch um den Wortschatz geht. Die zwei letzten Faktoren bilden die mor-
phologisch sowie die syntaktische Komponente. Einbezogen werden hier die Bildung
und Bedeutungsstrukturierung von Wörtern mittels Morpheme sowie der Bau und die
Gliederung von Sätzen respektive Satzformen. Die pragmatische Kompetenz zeichnet
die Art und Weise aus, wie die Sprache im Zusammenhang mit dem Kontext angewendet
wird.43

Der positive Effekt von Bilderbüchern im Zusammenhang mit Sprachförderung präsen-
tierte sich auch in mehreren experimentellen Studien44. Dabei konnten im semantisch-
lexikalischen Bereich positive Resultate erzielt werden hinsichtlich des Wortschatzes
und des Verständnisses für die Bedeutung von Wörtern. Durch verwandte Studien geht
man auch in den anderen Bereichen der linguistischen Kompetenz davon aus, dass das
Lesen von Bilderbüchern positive Auswirkungen hat auf den phonetisch-phonologischen
Bereich anhand des Bewusstseins über die lautliche Struktur der Sprache sowie auf den
morphologischen und syntaktischen Bereich, obwohl dies zum heutigen Zeitpunkt durch
längerfristige Studien noch nicht belegt werden konnte.45

3.3.2       Förderung allgemeiner kognitiver Fähigkeiten
Der Begriff Kognition umschreibt alle bewussten und unbewussten Denk- und Wahrneh-
mungsvorgänge, die durch die aktive Auseinandersetzung mit der Umwelt erworben
werden. Dabei werden durch eine Wechselbeziehung dieser dynamischen Systeme mit
bereits verwendbarem Handlungs- und Denkmuster neue Formen des Denkens er-
zeugt.46

43
     GRIMM, H., 2012, S. 16-18.
44
     DICKINSON & SMITH, 1994; SÉNÉCHAL & CORNELL 1993; WASIK & BOND 2001, ZIT. IN KAIN, W.,
     2006, S. 17.
45
     KAIN, W., 2006, S. 17.
46
     ALBERS, T., 2015, S. 44.

                                              20
Märchen in Form von Bilderbüchern                                Bachelorarbeit HS 2019

3.3.2.1      Förderung der Aufmerksamkeit

Dass es sich bei der Aufmerksamkeit um ein komplexes Phänomen handelt, haben neu-
ropsychologische Studien gezeigt, in dem sie die Aufmerksamkeit anhand von vier Kom-
ponenten differenzieren. Dabei handelt es sich um die vier Komponenten Aufmerksam-
keitsaktivierung, Ausdauer, selektive Aufmerksamkeit und geteilte Aufmerksamkeit.47

Für eine erfolgsversprechende Förderung der Aufmerksamkeit von Kindern können Bil-
derbücher gut eingesetzt werden. Zentral bei der Wahl von Bilderbüchern im Zusam-
menhang mit der Förderung der Ausdauer ist die Komplexität, wie die Dichte der Illust-
rationen sowie die Länge des Textes. Bei der Schulung der selektiven Aufmerksamkeit
eigenen sich besonders Such- sowie Wimmelbilderbücher indem durch gezielte Frage-
stellungen eine gezielte Auseinandersetzung stattfindet. Für die Unterstützung der ge-
teilten Aufmerksamkeit eignen sich besonders Bilderbücher mit abwechslungsreichen
Handlungen sowie mehreren Personen mit verschiedenen Verhaltensmustern.48

3.3.2.2      Förderung des Gedächtnisses

Der Prozessverlauf im Gedächtnis lässt sich anhand von drei Phasen beschreiben. Bei
der ersten Phase handelt es sich um die Wahrnehmung und Einprägung von Informati-
onen, gefolgt von der zweiten Phase, der Abspeicherung. Die dritte Phase beinhaltet das
Abrufen und Erinnern.49

Bilderbücher eignen sich optimal zur Förderung der Gedächtnisprozesse. Allein das An-
sehen von Bildern führt zu eigenen Vorstellungen, geschaffen aus dem Gedächtnis, wie
die Geschichte wohl weiter gehen könnte. Zudem bewirkt das Betrachten nicht nur die
Funktion des Erinnerns, sondern führt zu einem konstruktiven Gestaltungsprozess, in
dem Bekanntes mit Neuem verknüpft wird.50

47
     KAIN, W., 2006, S. 20.
48
     KAIN, W., 2006, S. 21.
49
     KAIN, W., 2006, S. 21.
50
     KAIN, W., 2006, S. 22.

                                          21
Märchen in Form von Bilderbüchern                                        Bachelorarbeit HS 2019

3.3.3       Förderung emotionaler Kompetenzen

3.3.3.1      Verständnis von Gefühlen und ihre Entstehung

Durch die Verknüpfung von Text und bildlicher Darstellung können Bilderbücher das
Verständnis für Gefühle bereits beim jüngeren Kind fördern und eine mögliche Identifi-
kation kann erzielt werden durch die gefühlsbetonte Darstellung einer Bilderbuchfigur.
Weiter haben Studien gezeigt, dass daraus resultierende gefühlsbetonte Dialoge zwi-
schen Kind und Eltern dauerhafte positive Effekte haben können auf spätere emotionale
und soziale Kompetenzen der Kinder.51

Anhand von vier Ebenen lässt sich genauer erklären, wie Bilderbücher das Verständnis
von Gefühlen fördern können. Wichtig dabei ist, dass Kinder Gefühle richtig erkennen
sowie differenzieren lernen. Kinder können sich durch Figuren in Bilderbüchern identifi-
zieren und schaffen so einen Transfer zu ihren eigenen emotionalen Erlebnissen. Ba-
sisemotionen, wie beispielsweise Freude, Ärger, Traurigkeit zählen zur ersten Ebene
und lassen sich relativ einfach anhand von deutlich unterscheidbaren körperlichen Aus-
drücken mitteilen. Dagegen ist in Ebene zwei ein körperlicher Ausdruck anhand von
selbstbezogenen Emotionen wie Stolz, Schuld oder Scham eher schwierig. Diesbezüg-
lich kann das Kind in dieser Ebenen auf das Emotionsvokabular greifen, das ihm anhand
der Geschichte vermittelt wird.52 In der Ebene drei und vier geht es um komplexere und
kognitiv anspruchsvollere Bereiche. Das Emotionsverständnis sowie das Emotionserle-
ben kann geschaffen werden, indem eine Verknüpfung geschaffen wird mit den eigenen
Gefühlserlebnissen sowie mit deren der Bilderbuchfigur.53

3.3.3.2     Förderung von Empathie und Mitgefühl

Es wird davon ausgegangen, dass ein Zusammenhang besteht zwischen Empathie und
dem Mitgefühl. Bei Empathie spricht man von der Fähigkeit, Gefühle anderer wahrzu-
nehmen und diese Gefühle kommunizieren zu können. Im Gegensatz handelt es sich
beim Mitgefühl um emotionale Anteilnahme am Leid einer anderen Person, durch die
das Bedürfnis entstehen kann, das Leid der anderen zu lindern.54

51
     KAIN, W., 2006, S. 23.
52
     KAIN, W., 2006, S. 23.
53
     KAIN, W., 2006, S. 25.
54
     PETERMANN, F., NIEBANK, K., SCHEIHAUSER, H., 2003, O.S., ZIT. IN KAIN, W., 2006, S. 25.

                                                22
Märchen in Form von Bilderbüchern                                 Bachelorarbeit HS 2019

Der britische Psychologe Baron-Cohan ging davon aus, dass verschiedene Erziehungs-
aspekte massgeblichen Einfluss haben können auf die Entwicklung der Empathie von
Kindern. Diese Erziehungsaspekte beinhalten beispielsweise die Bindung zwischen El-
tern und Kinder, elterliche Fürsorge und Wärme sowie Gesprächskultur über emotionale
Ereignisse.55 In diesem Zusammenhang sind Bilderbücher ein ideales Mittel für die Stär-
kung der Empathiefähigkeit von Kindern. Durch sie begegnen Kinder vielseitigen Situa-
tionen in fantasievoller Atmosphäre, wobei die Illustrationen in Bilderbüchern zu ver-
stärkten Empfindungen empathischer Gefühle führen können. Weiter erhalten Kinder
durch die Identifikation der Bilderbuchfiguren mögliche Vorstellungen darüber, wie sich
Empathie und Mitgefühl anhand von anschaulichen Taten umsetzen lassen.56

3.3.4       Förderung sozialer Kompetenzen
3.3.4.1     Perspektiveübernahme

Anhand der «Theory of Mind» wird in der Entwicklungsforschung die Fähigkeit genauer
untersucht, mentale Zustände von eigenen sowie Gedanken anderer Personen zu ver-
stehen und fiktiv zu repräsentieren.57 Im 4. Lebensjahr entsteht das Verständnis für Be-
griffe wie Wissen, Denken, Glauben und Erinnern und ermöglichen so eine Perspekti-
venübernahme. Weiter entwickeln sich im 5. und 6. Lebensjahr gefestigte Zusammen-
hänge zwischen den Überzeugungen verschiedener Personen. Dies führt dazu, dass
Kinder verschiedene Perspektiven miteinander verknüpfen und miteinander in Bezie-
hung stellen können.58

3.3.4.2     Einblicke erhalten in soziale Beziehungen

Bereits kleinen Kindern können anhand von Bilderbüchern Einblicke gewährt werden in
eine Vielfalt verschiedener Beziehungsformen. Die Handlungen und Reaktionen der Fi-
guren erfolgen aus einem sozialen Zusammenhang und präsentieren eine entspre-
chende Vorgehensweise, die mit eigenen Erfahrungen der Kinder in ihrer eigenen Um-
welt verknüpft werden können. Dieses neu gewonnene Verständnis führt zu erweiterten
Sichtweisen und Handlungsmöglichkeiten der Kinder.59

55
     BARON-COHEN, S., 2004, S. 124-129.
56
     KAIN, W., 2006, S. 27.
57
     PERNER, J., 1991, O.S., ZIT, IN KAIN, W., 2006, S. 27.
58
     KAIN, W., 2006, S. 27-28.
59
     KAIN, W., 2006, S. 29.

                                                  23
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     3.3.4.3       Verständnis von moralischen Ansichten

     Bilderbücher sind ein weitverbreitets Mittel für die Vermittlung von moralischen Ansich-
     ten und Werten. Die Wertvermittlung erfolgt dabei direkt oder indirekt durch das Thema-
     tisieren einer bestimmten Situation in der Bilderbuchgeschichte. Weiter können eine Ver-
     tiefung sowie Förderung von moralischen Ansichten und Fragestellungen damit erreicht
     werden, indem Geschichten gewählt werden, die im Alltag der Kinder eine Relevanz
     darstellen, wie das Thema Schuld oder Scham. Aus pädagogischer Sicht führt dies an-
     hand von kognitiven und emotionalen Kompetenzen zur Entstehung empathischer Pro-
     zesse, die wesentlich sind für moralisches Handeln im Alltag.60

     3.3.5         Förderung von Fantasie und Kreativität
     Dass anhand von Bilderbüchern die Fantasie und Kreativität von Kindern gefördert wer-
     den ist unumstritten. Im Besonderen eine Mischung aus Realität und Phantasie sowie
     die Unterstützung von Bildern ermöglichen Kindern das Eintauchen in eine wundersame
     Welt. Fern ab von Gesetzmässigkeiten und konventionellem Denken können eigene fan-
     tasievolle und kreative Gedankensprozesse entwickelt werden. Diese Auseinanderset-
     zung führt zu bedeutungsvollen unbewussten Empfindungen sowie zu einer verständli-
     cheren Ansicht über Realität oder Fantasie.61

     3.3.6         Kernaussage Bedeutung von Bilderbüchern für Kinder

   Kernaussage; Bedeutung von Bilderbüchern für Kinder
   Kompetenzförderung in den Bereichen
   ❖ Sprache (semantisch-lexikalisch / phonetisch-phonologisch / morphologisch und syntaktisch)
   ❖ Kognition (Aufmerksamkeit / Gedächtnis)
   ❖ Emotionalität (Verständnis für Gefühle / Mitgefühl und Empathie)
   ❖ Sozialgefüge (Perspektiveübernahme /soziale Beziehungen erfahren)
   ❖ Fantasie und Kreativität (Entstehung von eigenen Gedankensprozesse)

Abb. 6: Kernaussage Bedeutung von Bilderbüchern für Kinder (eigenen Abbildung, B.G.)

     60
          KAIN, W., 2006, S. 29-30.
     61
          KAIN, W., 2006, S. 30-31.

                                                                  24
Märchen in Form von Bilderbüchern                                     Bachelorarbeit HS 2019

3.4         Qualitätsmerkmale eines Bilderbuches
Die Beurteilung von Bilderbüchern basiert auf den Grundlagen von Erziehungsgrund-
sätzen, Wertvorstellungen, individuellen Erfahrungen und Kenntnissen sowie des per-
sönlichen Geschmacks. Dies führt dazu, dass keine einheitliche Einigung im Bereich
der Grund- und Sonderschulpädagogik erzielt werden kann anhand eines anerkannten
sowie umfassenden Analyserasters zur Beurteilung von Bilderkinderbüchern.62

Eine genaue Betrachtung eines Bilderbuches kann nicht durch ein kurzes Durchblät-
tern erfolgen. Voraussetzung ist eine intensive Auseinandersetzung mit dem Bilder-
buch durch wiederholtes Lesen und Betrachten. Dabei kommen zentrale Beurteilungs-
aspekte in Bezug auf die Harmonie der Bilderbuchgeschichte zum Tragen. Dies sind
unter anderem der Inhalt, die Gestaltung anhand von Illustration, Sprache, Text-Bild-
Relation sowie typographische Gestaltungsmittel und zu guter Letzt die Erzählweise.63

Kinderbücher lassen sich in zwei unterschiedliche Gruppen einteilen. Unterschieden
wird dabei zwischen Kaufhausbilderbüchern und den künstlerisch und inhaltlich an-
spruchsvollen Bilderbüchern.64

3.4.1       Inhaltliche Qualität

3.4.1.1. Lebenshilfe

Inhaltlich anspruchsvolle Bilderbücher reduzieren ihren Inhalt nicht bloss auf eine kli-
scheehafte, problemlose und fröhliche Kinderwelt. Neben der Unterhaltung helfen sie
den Kindern, ein Verständnis zu gewinnen für das Geschehen in ihrer Umwelt anhand
von Erläuterungen von Ereignissen in den Geschichten. Weiter wird ein möglicher Zu-
gang geschaffen zur Problembewältigung in Alltagssituationen, Erlernen von Kritikfähig-
keit oder beim Überwinden von Vorurteilen. Diese Auseinandersetzung mit der entspre-
chenden Themenstellung in der Bilderbuchgeschichte führt zu weiterreichenden Überle-
gungen der Kinder.65

62
      HOLLSTEIN, G. UND SONNENMOSER, M., 2017, S. 28.
63
      GRÜNEWALD, D., 1991A, S. 9, ZIT. IN HOLLSTEIN, G. UND SONNENMOSER, M., 2017, S. 30.
64
      DEHN, H. UND THIELE, J., 1986, S.142-164 ZIT. IN HOLLSTEIN, G. UND SONNENMOSER, M.,
      2017, S. 30.
65
      HOLLSTEIN, G. UND SONNENMOSER, M., 2017, S. 32.

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Märchen in Form von Bilderbüchern                                   Bachelorarbeit HS 2019

3.4.1.2     Identifikation

Ein weiterer wichtiger Aspekt hinsichtlich des Inhalts bildet die Identifizierung mit einer
oder mehreren Figuren aus der Bilderbuchgeschichte. Erst durch das sich identifizieren
können anhand der Fähigkeit, empfindsam zu sein für verschiedene Emotionen lassen
die Geschichte greifbar machen und gewähren die Möglichkeit, eigene Wünsche und
Träume zu entfalten.66

3.4.1.3     Lebensweltbezug

Inhaltlich anspruchsvolle Bilderbücher greifen die Interessen, Bedürfnisse, Erfahrungen
und Probleme von Kindern auf und schaffen so einen wichtigen Bezug zu ihrer Erlebnis-
welt. Von geschlechterspezifischen Rollenklischees und betont sexuellen Inhalten sollte
ganz abgesehen werden. Schwieriger ist dabei die Empfehlung mit dem Umgang von
Gewaltdarstellungen, da zum heutigen Zeitpunkt diese Thematik empirisch noch nicht
genug untersucht ist. Und obwohl Gewalt zur Umwelt der Kinder dazu gehört, sollten
inhaltliche Darstellungen eingeschränkt werden.67

3.4.1.4     Denkweisen

Sowohl rassistische Elemente, sowie politische, soziale und ethisch-moralische Über-
zeugungen sind in einem inhaltlich anspruchsvollen Bilderbuch fehl am Platze68 und soll-
ten auch nicht zum Zwecke von humorvollen und witzigen Sachverhalten missbraucht
werden.69

3.4.2       Illustrationsbezogene Qualität
Anspruchsvolle Bilderbücher zeigen qualitativ hochwertige Illustrationen und richten sich
dabei nach verschiedenen Stilrichtungen bildender Kunst. Sie vermögen den Betrachter
zu fesseln, in dem die Darstellungen Fragen und Neugierde auslösen.70
Im Gegensatz zu Bilderbuchauflagen, die anhand von idyllischen Bildern durch stereotyp
niedlich gezeichnete Figuren eine heile Welt darstellen und so ein Gefühl von Gebor-
genheit und Unbeschwertheit auslösen. Meist werden die idyllischen Bilder unterstützt

66
     HOLLSTEIN, G. UND SONNENMOSER, M., 2017, S. 32-33.
67
     HOLLSTEIN, G. UND SONNENMOSER, M., 2017, S. 32-33.
68
     HOLLSTEIN, G. UND SONNENMOSER, M., 2017, S. 32-33.
69
     HOLLSTEIN, G. UND SONNENMOSER, M., 2017, S. 34.
70
     HOLLSTEIN, G. UND SONNENMOSER, M., 2017, S. 36.

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