Maßnahmenblatt Baumfalke - (Falco subbuteo)

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Maßnahmenblatt Baumfalke - (Falco subbuteo)
Maßnahmenblatt
                                                         Baumfalke
                                                     (Falco subbuteo)

                                                      Korrektur-Version: 10/2020

Als Beitrag zur Erreichung von Ziel 1 der Hessi-         Windwürfen die Waldstrukturen deutlich aufge-
schen Biodiversitätsstrategie „Die Verschlech-           lockert, was den Habitatansprüchen des Baum-
terung der relevanten Natura 2000- Lebens-               falken entgegenkommt und zur Neubesiedlung
räume und –arten wird gestoppt und eine Ver-             von Gebieten geführt hat. Auch bei den Bruten
besserung des Erhaltungszustands erreicht“,              auf Hochspannungsmasten geht eine vermu-
und von Ziel 2 „Arten für die Hessen eine be-            tete Bestandszunahme mit einer gezielten
sondere Verantwortung hat, sind gesichert und            Nachsuche bei Leitungstrassen einher (z.B. in
können sich wieder ausbreiten“ sehen die Akti-           Sachsen, zum Teil mit Hilfe von Hubschrauber-
onspläne die Erarbeitung praxistauglicher Ar-            flügen).
tenhilfskonzepte vor. Für den Baumfalken
wurde ein solches Artenhilfskonzept noch nicht
erstellt, so dass das vorliegende Maßnahmen-
blatt, das auf Experteneinschätzungen beruht,
lediglich vorläufigen Charakter hat.

Verbreitung und Situationsanalyse
Der Baumfalke besiedelt weite Teile der Pa-
läarktis von Nordwestafrika bis Kamtschatka
und China mit Ausnahme des hohen Nordens.                Adulter Baumfalke (Foto Herbert Zettl)
In Europa ist er bis auf die nördlichen Bereiche
der britischen Inseln und westlichen und nördli-
che Teile Skandinaviens nahezu flächende-
                                                         Vorkommen in Hessen
ckend verbreitet. Nach den ADEBAR-Ergebnis-
sen ist er mit einem Bestand von 5000 – 6500             Nach der Roten Liste Hessen (10.Fassung,
Paaren auch in Deutschland ein verbreiteter              Stand Mai 2014) steht der Baumfalke auf der
aber in weiten Teiles des Verbreitungsgebietes           Vorwarnliste mit einem ungünstigen-unzu-
spärlicher Brutvogel und macht damit etwa 6 -            reichenden Erhaltungszustand. Für Hessen
7% des europäischen Bestands aus, der auf 71             wurde über viele Jahre ein Bestand von 200-
000 – 120000 Paare geschätzt wird. Die Be-               240 Paaren angenommen. Die gezielten Be-
standsentwicklung in Deutschland wird vom                standsaufnahmen im Rahmen des ADEBAR-
Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) in              Projekts haben einen deutlichen Erkenntniszu-
einem 36 jährigen Berichtszeitraum als stabil            wachs gebracht, so dass der Bestand derzeit
bewertet. Bei der in Hessen ca. 500 bis 600              mit max. 600 Revieren angegeben wird. Die da-
Brutpaare umfassenden Ppopulation wurde                  nach bekannte Verbreitung ist aus der Raster-
ebenfalls kein negativer Trend festgestellt. Die         karte von Hessen ersichtlich. Es ist aber weiter-
Bestandsentwicklung ist überwiegend gleich-              hin davon auszugehen, dass es noch Erfas-
bleibend.                                                sungsdefizite gibt. Zum einen stehen nicht in al-
                                                         len Gebieten Hessens Ornithologen für eine flä-
In einigen Gebieten Deutschlands konnte in den           chendeckende Kartierung zur Verfügung. Zum
letzten beiden Jahrzehnten die Erfassungstätig-          anderen ist der Baumfalke eine Art, die durch
keit deutlich intensiviert werden, was mit Sicher-       ihre weitgehend unauffällige Lebensweise leicht
heit zu höheren Bestandszahlen beigetragen               übersehen wird. Die Erfassung erfordert spezi-
hat aber keiner realen Bestandszunahme ent-              elle und zeitaufwendige Suchmethoden über
spricht. In den letzten Jahrzehnten haben sich           mehrere Jahre und viel Erfahrung. Wenn z.B.
allerdings in einigen waldreichen Mittelgebirgs-         eine Brut früh scheitert, verlassen die Vögel das
regionen durch Sturmereignisse mit großen                Revier. Ein solches Revier ist dann in dem be-
                                                         treffenden Jahr nicht mehr nachzuweisen.
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Anflug möglichst von allen Seiten und Sitzwar-
                                                   ten mit guter Übersicht über das Gelände.
                                                   Kennzeichnend für den Brutplatz ist eine insel-
                                                   oder streifenartige Struktur. In Waldgebieten
                                                   bieten dies offene Waldränder, insbesondere
                                                   durch Windwurf aufgerissene Bestände, mit lo-
                                                   cker stehenden Gruppen von Restbäumen so-
                                                   wie Waldecken oder –spitzen, die in das Offen-
                                                   land hineinragen. Eine ähnliche Struktur kön-
                                                   nen Hangwälder aufweisen, die an der Hang-
                                                   kante an Offenland grenzen. Der „Windwurfty-
                                                   pus“ betrifft überwiegend Nadelholzbestände; in
                                                   Frage kommen aber auch Gruppen von Laub-
                                                   holzüberhältern. Es reicht aus, wenn die ge-
                                                   nannten Strukturen sich aus den umgebenden
                                                   Waldflächen inselartig herausheben. Auch
                                                   mehr oder weniger geschlossene Waldränder
                                                   können gelegentlich als Brutplatz dienen, wenn
                                                   dort Gruppen hoher Einzelbäume wie Lärchen,
                                                   Fichten Kiefern oder Douglasien herausragen
                                                   und eine exponierte Kulisse bilden. Einförmig
                                                   dichte und geschlossene Waldbestände schei-
                                                   den dagegen als Brutbiotop aus.

Brutverbreitung des Baumfalken in Hessen aus:
HGON (2010): Brutvogelatlas Hessen

Bruthabitat
Der Baumfalke ist ein Bewohner offener und
halboffener Landschaften. Große geschlossene
Waldgebiete meidet er. Sein ursprünglicher Le-
bensraum ist die Waldsteppe in Zentralasien,
wo kleine Baumgruppen und Wäldchen die
Steppenlandschaft auflockern. In unserer Kul-
                                                   Bruthabitat des Baumfalken vom Typus „Windwurf-
turlandschaft hat sich der Baumfalke ein breites   Insel“
Spektrum an Brutmöglichkeiten erschlossen.
Diese reichen in Hessen von den Waldgebieten
der Mittelgebirge, sofern offene Flächen an-       Außerhalb des Waldes werden die insel- oder
grenzen, über Kiefernwälder und Sandheiden in      streifenartigen Strukturen dargestellt durch ein-
Südhessen, Wälder im Wechsel mit Offenland         zelne Baumgruppen, höhere Feldgehölze, Pap-
in Mittel- und Nordhessen sowie Fluss- und         pelstreifen, Ufergehölze und Auwaldreste (z.B.
Bachauen mit Auwaldresten und Erlensäumen          an Rhein und Main). Die extremste Form von
bis zu weitgehend ausgeräumten Agrarland-          „Einzelbaum“ ist der Hochspannungsmast. Hier
schaften. Da der Baumfalke – wie alle Falken –     sind Bruten u.a. aus der Mainebene und dem
nicht in der Lage ist, eigene Nester zu bauen,     Kreis Groß-Gerau bekannt. Bei Bruten auf Git-
ist er auf die Nachnutzung der Nester anderer      termasten ist Voraussetzung, dass sie durch
Vogelarten angewiesen. Dies sind bei uns fast      ihre Konstruktion die Anlage von Krähennestern
ausschließlich die Nester der Rabenkrähe (ge-      ermöglichen. Außerdem muss sich erst eine
legentlich auch von Kolkraben), die von den        entsprechende Nestbautradition bei den Krä-
Falken vorzugsweise unmittelbar nach Ausflie-      hen entwickelt haben. Es gibt Leitungstrassen,
gen der diesjährigen Krähen übernommen wer-        wo dies nicht der Fall ist bzw. erst im Lauf der
den. Nur ganz ausnahmsweise werden auch            Jahre erfolgt. Zunächst werden die Nester meist
alte Greifvogelhorste oder kleinere Nester, etwa   vom Turmfalken entdeckt. Dann ist auch auf
von Eichelhäher oder Ringeltaube genutzt.          Baumfalken zu achten! Die Falken werden da-
Krähennester sind ideal, weil sie den Habitatan-   bei leicht übersehen, weil sie oft von der Mast-
sprüchen des Baumfalken weitgehend entspre-        konstruktion verdeckt sind.
chen: Richtige Größe, exponierte Lage, freier
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Nahrungsansprüche                                   Maßnahmenvorschläge
Der Baumfalke ist Jäger des freien Luftraums.       Schutzmaßnahmen müssen in zwei Bereichen
Seine Beute sind Vögel und größere Fluginsek-       ansetzen:
ten. Um das erforderliche Nahrungsangebot be-       •      Schutz der Brutpaare zur Erhöhung des
reit zu stellen liegen in einem geeigneten Jagd-           Bruterfolgs der lokalen Population
revier im Regelfall 2-3 ländlich geprägte Ort-      •      Verbesserung der allgemeinen Lebens-
schaften. Zusätzlich sind Aussiedlerhöfe mit               und Nahrungsbedingungen
Tierhaltung oder Reiterhöfe mit ihrem Angebot
an Schwalben und anderen Kleinvögeln vorteil-       Maßnahmen zum Schutz des Brutplatzes
haft. Entsprechendes gilt für eine Landbewirt-
schaftung, die gute Feldlerchenbestände er-         Horstschutzzone
möglicht. Das Insektenangebot ist ebenfalls von
erheblicher Bedeutung, insbesondere weil            Im Rahmen der Naturschutzrichtlinie für den
Jungvögel nach dem Ausfliegen im ersten Som-        Hessischen Staatswald ist auch die Waldbaufi-
mer selbständig nur Insekten fangen (Vögel          bel Hessen-Forst 2008 anzuwenden. Sie sieht
können nur die Altvögel erfolgreich jagen).         Schutzbereiche und Schonfristen um den
Feuchtgebiete, auch feuchte Wiesentäler und         Horstbaum vor. Der Schutzradius beträgt beim
Grünland allgemein verbessern die Nahrungs-         Baumfalken 200m, die Schutzfrist geht vom 15.
grundlage. Bei hohem Nahrungsangebot - etwa         April bis zum 31. August. In dem genannten ört-
an Gewässern mit zahlreichen Libellen oder an-      lichen und zeitlichen Bereich sind keinerlei
deren Insekten - kann es zu Konzentrationen         forstbetrieblichen Arbeiten zulässig. Ausge-
mehrerer jagender Baumfalken kommen. In der         nommen sind allerdings „dringende Wald-
„Normallandschaft“ sind derartige Idealbiotope      schutzmaßnahmen“. Die Schutzregelung ist
aber meistens nicht vorhanden.                      sachgerecht und darf nicht nur auf den Staats-
                                                    wald beschränkt bleiben.
                                                    Es bleibt jedoch ein wesentliches Problem: Die
Gefährdungsursachen                                 Schutzregelung kann in der Praxis nur greifen,
                                                    wenn der Brutplatz überhaupt bekannt ist. Die
Der Baumfalke ist Zugvogel, der das Winter-         Brutplätze der Baumfalken sind zusätzlich stark
halbjahr im südlichen Afrika verbringt. Gefah-      gefährdet, weil sich die Nester oft in Beständen
ren, die auf dem Zug und im Winterquartier ne-      befinden, die nach Windwürfen übrig geblieben
gativ auf den Bestand einwirken, können wir         sind. Diese Bestände sind besonders anfällig
hier nicht beeinflussen. Zu nennen wären vor al-    für den Borkenkäfer. Käferbäume werden oft
lem Verfolgung durch den Menschen, direkte o-       gerade in den Sommermonaten eingeschlagen
der indirekte Vergiftung durch Pestizide – etwa     (Käferbefall fortgeschritten, Arbeitskapazitäten
bei der Bekämpfung von Wanderheuschrecken           frei).
- oder Wetterphänomene wie schwere Sand-            Abhilfe kann durch engen Kontakt und Informa-
stürme auf dem Zugweg.                              tionsaustausch zwischen Forst und Vogel-
Natürliche Verlustursachen im Brutgebiet durch      schutz geschaffen werden, um die Arbeiten
Prädation lassen sich ebenfalls kaum beeinflus-     zeitlich und räumlich so zu verschieben, dass
sen. Derartige Verluste spielen offensichtlich      die Brut nicht gefährdet wird. In zahlreichen Fäl-
eine erhebliche Rolle. Bestandserfassungen          len gibt es vor Ort aber niemand, der den Brut-
der lokalen territorialen Population in einem Un-   platz kennt. Hier hilft nur erhöhte Sensibilität
tersuchungsgebiet im Taunus haben gezeigt,          und Aufmerksamkeit der zuständigen Forstbe-
dass jährlich mindestens 65% der im Frühjahr        diensteten, um festzustellen, ob ein solcher
(oder auch später noch) von Paaren oder auch        baumfalkengerechter Bestand tatsächlich ein
Einzelvögeln zumindest zeitweise beflogene          Brutrevier beherbergt. Hilfreich im Vorfeld ist
Reviere ohne Bruterfolg bleiben. Mögliche Ur-       dabei Anfang Mai die Lokalisierung von Krähen-
sachen: frühe Aufgabe des Reviers, Gelegever-       bruten (Nestlieferant!). Indiz: Krähe sitzt immer
lust, Verlust der Jungvögel oder eines Altvo-       am selben Platz, hält Wache, vertreibt Feinde.
gels. Hinzu kommen Paare, die auf „tauben“ Ei-      Baumfalken erscheinen Ende April bis Mitte Mai
ern sitzen oder Nichtbrüterpaare (z.B. einjäh-      in ihrem vorjährigen Brutrevier und verhalten
rige Vögel). In schlechten Greifvogeljahren mit     sich bis zum Brutanfang Ende Mai/Anfang Juni
geringem Mäuseangebot ist der Prädations-           sehr unauffällig. Wenn das Revier nicht mehr
druck besonders hoch, weil alle Beutegreifer        zusagt (z.B. Störungen/kein brauchbares Nest)
(ob Greifvögel oder Säugetiere wie Marder oder      wird schnell in ein geeignetes Ausweichrevier
Waschbär) jede erreichbare Nahrungsquelle für       gewechselt. Oft hört man beim Betreten des Be-
sich nutzen.                                        standes nur „pitt pitt“ – Rufe, gelegentlich auch
                                                    Lahnen oder laute Alarmrufe. Manchmal sieht
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man gerade noch einen graublauen kleinen Fal-       Jagdausübung
ken blitzschnell niedrig abfliegen. Während der
Bebrütungszeit im Juni sind die Falken noch         Wird festgestellt, dass eine Baumfalkenbrut
heimlicher. Erst ab Mitte bis Ende Juli, wenn die   stattfindet, muss die Jagdausübung darauf
Jungen etwa zwei Wochen alt sind, werden sie        Rücksicht nehmen (wie auch bei Bruten ande-
auffälliger. Ein Altvogel sitzt dann meist expo-    rer störungsempfindlicher Arten). Ansitze und
niert auf einem Aussichtsbaum und hält Wache;       andere Störungen im Umfeld des lokalisierten
andere Greife, die sich dem Brutplatz nähern,       Brutplatzes sind von Mai bis Ende August zu
werden attackiert und die Rufe der Falken sind      vermeiden. Die Jagdzeit auf Krähen und Elstern
öfter zu hören.                                     beginnt in Hessen ab 1. August. Bei der
Vor einem geplanten Holzeinschlag sollte der        Jagdausübung können unbeabsichtigt Baum-
Bereich vorher sorgfältig auf derartige Le-         falken gefährdet werden, wenn in Brutplatznähe
benszeichen kontrolliert werden (Rufe, ab-          gejagt wird. Es ist also besondere Sorgfalt ge-
fliegende Vögel, lautloses Kreisen über dem         boten!
Bestand). Die meisten Jungvögel fliegen erst        Krähen sind im Frühjahr vor Bejagung ge-
Mitte August aus, z.T. noch später! Die späte       schützt; die Jagdzeit endet am 31. Dezember.
Brutzeit des Baumfalken ist vielen nicht be-        Störungen ihrer Brutstätten (Nestlieferanten)
kannt, was dann zu unbeabsichtigten Störun-         sind zu unterlassen. Die Aktivitäten der Krähen
gen führen kann.                                    an ihrem Brutplatz haben vermutlich für die
Die Markierung von Horstbäumen hilft nur be-        Baumfalken auch eine wichtige Zeigerfunktion.
grenzt. Oft sind die (Krähen)-nester versteckt
und nicht sichtbar, so dass man den Horstbaum       Anbringen von Kunsthorsten
nicht genau identifizieren kann, sondern nur die
Baumgruppe, wo das Nest zu vermuten ist. Au-        Das Anbringen von Kunsthorsten ist an ver-
ßerdem werden jährlich meist neue Nester be-        schiedenen Orten erfolgreich praktiziert worden
nutzt (wenn auch im gleichen Revier). Der           (z.B. in früheren Jahren im Berliner Raum). Der
Standort bekannt gewordener Reviere ist in den      Populationsrückgang konnte dort aber dadurch
forstlichen Unterlagen zu vermerken, Verände-       nicht aufgehalten werden. Vorteile sind die Ver-
rungen sind ggf. fortzuschreiben. Wenn Bäume        meidung des Absturzrisikos und des Strangula-
in einem geeigneten Baumfalken-Habitat ent-         tionsrisikos durch Bindegarn. Außerdem bieten
nommen werden müssen, sollten unbedingt             Kunsthorste mehr Planungssicherheit für forst-
einzelne abgestorbene Bäume stehen bleiben,         liche Arbeiten. Eine Anbringung in großem Um-
weil diese den Falken als Sitzwarte und Aus-        fang ist aber sehr aufwendig. Solange ausrei-
sichtspunkt dienen. Lärchen oder Fichten sind       chend Krähennester vorhanden sind, erscheint
besonders geeignet; aber auch wipfeldürre           dies nicht erforderlich. In besonderen Einzelfäl-
Laubbäume erfüllen diese Funktion.                  len können Kunsthorste aber durchaus eine
Bei Brutplätzen in Gehölzen außerhalb des           sinnvolle Maßnahme darstellen.
Waldes (Pappelreihen, Ufergehölze und dergl.)
ist bei geplanten Pflegeeingriffen gleicherma-      Nester auf Hochspannungsmasten
ßen Rücksichtnahme geboten.
                                                    Falls es sich als notwendig erweisen sollte,
Gefahr durch Bindegarn                              dass Nester auf Strommasten aus betrieblichen
                                                    Sicherheitsaspekten in bestimmten Zeitinterval-
In der Landwirtschaft wird in großem Umfang         len vom Netzbetreiber entfernt werden müssen,
Bindegarn aus Plastik verwendet um die ma-          darf dies im Hinblick auf die späte Brutzeit des
schinell gepressten Heu- und Strohballen zu-        Baumfalken nicht vor dem 1. September erfol-
sammen zu halten. Vielfach bleiben Überreste        gen und sollte vor Beginn der nächsten Brutpe-
dieses Bindematerials im Gelände liegen (z.B.       riode abgeschlossen sein.
wenn Ballen nicht abtransportiert werden und
verrotten). Diese oft blauen Plastikreste werden
von Krähen gerne als Nistmaterial eingebaut.
Die Folge ist, dass sich vor allem Jungvögel,
aber teilweise auch Altvögel, darin verfangen
und sich nicht mehr befreien können. Dieses
Problem betrifft gleichermaßen baumbrütende
Turmfalken, aber auch die Milane, die regelmä-
ßig solches Plastikmaterial verbauen. Es ist an
die Landwirte zu appellieren, Bindegarnreste
nicht in der Landschaft zu belassen. Wer als
Spaziergänger oder anderweitig in der Feldge-
markung unterwegs ist, sollte herumliegende
Bindegarnreste aufsammeln und entsorgen.            Brut auf Hochspannungsmast (Foto Torsten Pröhl)
Maßnahmenblatt Baumfalke - (Falco subbuteo)
würfe und Käferbefall. Als zukünftige Waldent-
Windenergieanlagen                                  wicklung werden baumartenreiche Mischwälder
                                                    angestrebt. Dabei sollte auf eine ausreichende
In der zentralen Schlagopferkartei der Staatl.      Beimischung bzw. Belassung von Nadelholzan-
Vogelschutzwarte im Landesumweltamt Bran-           teilen geachtet werden; viele Vogelarten sind
denburg sind immerhin 17 Funde (Stand               auf Nadelholz angewiesen. Lärche, Fichte und
9/2020) verzeichnet. Bedenkt man, wieviel von       Kiefer sind aufgrund ihrer Wuchsstruktur ideal
einem relativ kleinen Vogel wie dem Baumfal-        als Horst-bzw. Nestbäume. Auch ist eine ab-
ken nach einer Kollision übrig bleibt und wie       wechslungsreiche Altersstrukturierung mit Be-
weit die Überreste verstreut werden, muss man       standsauflockerungen wie sie der Baumfalke
von einer erheblichen Dunkelziffer bezüglich        benötigt wünschenswert.
der tatsächlichen Zahl von Kollisionen ausge-
hen. Kein noch so guter Flieger kann die hohe       Anflug an Scheiben
Drehgeschwindigkeit an den Rotorspitzen ein-
schätzen und rechtzeitig ausweichen. Nach den       Die Jagdflüge des Baumfalken bei der Verfol-
bisher in Hessen gültigen Regeln des Leitfa-        gung von Beutevögeln erfolgen – sperbergleich
dens zur „Berücksichtigung der Naturschutzbe-       - oft inmitten von Ortschaften im ungestümen
lange bei der Planung und Genehmigung von           Tiefflug zwischen Häusern, Freileitungen und
Windkraftanlagen (WKA) in Hessen“ vom               anderen Hindernissen. Die Gefahr von Flugun-
29.11.2012 gilt eine Abstandsregelung von           fällen ist dabei groß. So verflog sich ein Baum-
1000m zum Brutplatz. Bei Unterschreitung des        falke bei der Schwalbenjagd in eine Reithalle;
Mindestabstandes gibt es bereits jetzt Bei-         der Vogel konnte eingefangen und gerettet wer-
spielsfälle, wo langjährige Brutreviere verlassen   den. Insbesondere stellt sich das Problem des
wurden, nachdem dort Windkraftanlagen im Ab-        Anflugs an Glasscheiben. Maßnahmen zur
stand von nur etwa 500m errichtet wurden.           Sichtbarmachung von großen Glasscheiben
                                                    sind Hauseigentümern dringend zu empfehlen.
Verbesserung der allgemeinen Lebens-
und Nahrungsbedingungen des Baumfal-
ken
Allgemeine Verbesserungen des Lebensraums
durch Erhöhung der Biodiversität und Leis-
tungsfähigkeit des Naturhaushalts kommen ei-
ner Vielzahl von Tieren und Pflanzen zugute.
Davon profitiert auch der Baumfalke. Zu nennen
sind folgende Stichworte: Extensivierung der
Landwirtschaft mit weniger Pestizideinsatz,
Erhaltung und Förderung von artenreichem
Grünland und Brachflächen sowie die An-
lage von Blühstreifen. Solche Agrarumwelt-
maßnahmen, wie sie auch im Maßnahmenblatt
für den Rotmilan beschrieben und für zahlreiche     Baumfalke nach Flugunfall in Reithalle; Brutplatz: Wald-
weitere Arten geboten sind, erhöhen allgemein       ecke rechts oben im Hintergrund (Foto Hendrik Etzold)
das verfügbare Nahrungsangebot. Die Folge ist
eine Bestandsförderung von Feldlerchen und          Bearbeiter: Ingo Hausch, Gerd Bauschmann (VSW)
anderen Kleinvögeln sowie ein erhöhtes Insek-
tenangebot. Schutzmaßnahmen zugunsten
des Schwalbenbestands fördern mittelbar
auch den Baumfalken. Die Anlage von Feucht-
flächen und die Optimierung von Gewässern ist
eine weitere Maßnahme. Ein besseres Nah-
rungsangebot für Beutegreifer, die sich über-
wiegend von Mäusen ernähren, verringert den
allgemeinen Prädationsdruck auf die Baumfal-
kenbruten.

Waldbauentwicklung

Die derzeit vorzugsweise besiedelten ehemali-
gen Windwurfbestände drohen in absehbarer
Zeit zu verschwinden – als Folge weiterer Wind-
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