"Masterplan 100 % Klimaschutz" - Frankfurt am Main - Generalkonzept Kurzfassung - Stadt Frankfurt
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Herausgeber Energiereferat Stadt Frankfurt am Main Adam-Riese-Straße 25 60327 Frankfurt am Main Telefon: 069 212-39193 E-Mail: energiereferat@stadt-frankfurt.de www.energiereferat.stadt-frankfurt.de 2
„Masterplan 100 % Klimaschutz“ – Frankfurt am Main – Generalkonzept Kurzfassung Durchgeführt im Auftrag der Stadt Frankfurt am Main, Energiereferat von Fraunhofer-IBP, Patrick Schumacher Fraunhofer-ISE, Gerhard Stryi-Hipp KEEA, Armin Raatz Textfassung: Regine Ebert 3
„MASTERPLAN 100 % KLIMASCHUTZ“ – FRANKFURT AM MAIN – GENERALKONZEPT Inhalt 1. Einleitung 5 2. Energetische Ausgangslage der Stadt Frankfurt 5 2.1 Aktualisierte CO2-Bilanz der Stadt Frankfurt 6 2.2 Ausgangslage im Sektor Strom 6 2.3 Ausgangslage im Sektor Wärme 9 2.4 Ausgangslage im Sektor Verkehr 10 2.4.1 CO2-Bilanz des Verkehrs in Frankfurt 11 2.5 Anpassung an den Klimawandel mitdenken 11 3. Energiesparpotenziale und der Einsatz von erneuerbaren Energien im Sektor Strom 12 3.1 Haushalte 12 3.2 Gewerbe, Handel, Dienstleistungen (GHD) 13 3.3 Industrie 16 3.4 Erneuerbare Energiepotenziale aus der Region 16 4. Energiesparpotenziale und der Einsatz von erneuerbaren Energien im Sektor Wärme 17 4.1. Einsatz von erneuerbaren Energien und dezentralen Anlagen in Wohn- und Nichtwohngebäuden 17 4.2 Energetischer Standard im Neubau 19 4.3 Energetische Sanierung der Wohn- und Nichtwohngebäude 20 4.4 Effiziente Anlagentechnik und Wärmeverteilung 20 4.5 Netzgebundene Lösungen 21 4.6 Wärmeeffizienzmaßnahmen im Industriesektor 23 5. Steigerung der Effizienz und einer nachhaltigen Mobilität im Sektor Verkehr 24 5.1. Verkehrsvermeidung – Nahmobilität 24 5.2. Motorisierter Individualverkehr (MIV) 25 5.3. Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) 26 5.4. Marketing, Wettbewerbe und Werbekampagne 27 5.5 Entwicklungen des Verkehrssektors in verschiedenen Szenarien 27 6. Umlenkung der bisherigen Ausgaben für Energie in Frankfurt und Region 30 6.1 Entwicklung der Energiekosten 30 6.2 Entwicklung der Energieträgerkosten 30 6.3 Energie sparen heißt regionalen Wert schöpfen 31 6.4 Förder- und Finanzierungsmodelle 31 7. Entwicklung der Szenarien für die Stadt Frankfurt bis 2050 32 7.1 Demographische Entwicklung und Flächenentwicklung 32 7.2 Szenarien 32 7.2.1 Szenarien für den Frankfurter Stromsektor 32 7.2.2 Szenarien für den Frankfurter Wärmesektor 33 7.2.3 Szenarien für den Frankfurter Verkehrssektor 34 7.3 Energieszenarien für eine 100 %-erneuerbare-Energieversorgung Frankfurts 34 8. Zusammenfassung der Ergebnisse 38 4
1. Einleitung Frankfurt am Main gehört zu den am dichtesten be- Effizienzmaßnahmen der Endenergieverbrauch und bauten Städten Deutschlands; die Einwohnerzahl die damit verbundenen Emissionen reduzieren las- stieg 2013 auf rund 690.000 Menschen. Im Jahr 2010 sen. wurden in Frankfurt rund 22.600 Gigawattstunden Verschiedene Studien und Konzepte sind in den Mas- (GWh) Endenergie verbraucht – knapp 1 % des deut- terplan eingeflossen, unter anderem die „Bausteine schen Endenergieverbrauchs. für das Regionale Energiekonzept FrankfurtRhein- 95 % dieser Energie wurden importiert, d.h. außer- Main 100 % effizient und erneuerbar“. halb Frankfurts und in der Regel auch außerhalb der Eingeflossen ist außerdem eine stündliche Simulati- Region erzeugt. Seit Anfang 2013 entwickelt Frank- on der regenerativen Energieerzeugung im Jahr 2050 furt den „Masterplan 100 % Klimaschutz“ – eine Vi- aus dem Ergebnisbericht des Fraunhofer-Instituts für sion, wie die Stadt bis zum Jahr 2050 die Hälfte des Solare Energiesysteme ISE. heutigen Endenergiebedarfs einsparen und den Weiterhin wurden die Ergebnisse aus sechs Work- verbleibenden Anteil vollständig aus regenerativen shops berücksichtigt, die zu den Schwerpunkten Energien decken kann. Damit einhergehend sollen „Bauen, Wohnen, Stadtplanung“, „Energieversor- die CO2-Emissionen um rund 95 % reduziert wer- gung“ und „Mobilität“ mit dem Frankfurter Klima- den. Der Prozess wird vom Bundesministerium für schutzbeirat und Vertretern der städtischen Ämter Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit durchgeführt wurden. Und schließlich wurden auch (BMUB) gefördert. Die Studie des Fraunhofer-Instituts Vorschläge Frankfurter Bürgerinnen und Bürger auf- für Bauphysik (IBP) zeigt Maßnahmen und Wege auf, gegriffen, die sich in verschiedenen Beteiligungsver- um die gesteckten Ziele zu erreichen. Sie beschreibt, anstaltungen zu dem Thema äußern konnten. wie sich durch den Ausbau einer größtenteils lo- Die Nummerierung der Abbildungen entspricht der kalen, regenerativen Energieerzeugung und durch Langfassung der Studie. 2. Energetische Ausgangslage der Stadt Frankfurt Im Stadtgebiet von Frankfurt wurden im Jahr 2010 tor Wärme mit etwa 50 %, gefolgt vom Sektor Strom rund 22.650 Gigawattstunden (GWh) Endenergie ver- mit etwa 30 % und dem Sektor Verkehr (knapp 20 %). braucht. Der Hauptanteil davon entfällt auf den Sek- 25.000 20.000 Endenergie [GWh/a] 15.000 Verkehr 10.000 Wärme Strom 5.000 - 1995 2005 2009 2010 Jahr Abbildung 3: Verteilung der Endenergie nach den Sektoren Strom, Wärme und Verkehr am Gesamtendenergiebedarf, eigene Darstellung (IBP) nach aktualisierten Daten (ifeu 2011). 5
„MASTERPLAN 100 % KLIMASCHUTZ“ – FRANKFURT AM MAIN – GENERALKONZEPT Aufgeteilt nach Nutzungstypen ergibt sich folgen- (GHD) mit 29 %. Die Frankfurter Haushalte benötigen des Bild: Größter Verbraucher ist die Industrie (30 %), 22 % der Endenergie, auf den Verkehrssektor entfal- dicht gefolgt von Gewerbe, Handel, Dienstleistung len 19 %. 19% 22% HH GHD Industrie Verkehr 30% 29% Abbildung 4: Aufteilung des Endenergieverbrauchs nach Nutzungsgruppen, IBP nach (ifeu 2013). Bei der Analyse der Energieträger zeigt sich: 10 und 9 %. 4 % der Endenergie wird durch ölbefeu- Der größte Anteil der Endenergie entfällt auf den erte Wärmeerzeuger bereitgestellt, Kohle kommt auf Strom (30 %), gefolgt von Erdgas (rund 25 %). Fern- 0,1 %. Erneuerbare Energien stellen ebenfalls einen wärme und Ferndampf stellen 5 bzw. 15 %. Anteil von 0,1 %. Weiterhin haben Benzin und Diesel Anteile von 2.1 Aktualisierte CO2-Bilanz der Stadt Frankfurt Insgesamt haben sich die CO2-Emissionen von Geht es um die Verringerung der CO2-Emissionen, so 1995 bis 2010 um rund 8 % reduziert, umgerech- stehen Energieeffizienzmaßnahmen und der Ausbau net auf die Einwohnerzahl sogar um 13 % pro Kopf. der erneuerbaren Energien für den Stromsektor im Ausgehend von der Datenlage im Jahr 2010 hat Mittelpunkt. Soll der Endenergieverbrauch insge- der Energieträger Strom mit großem Abstand den samt reduziert werden, rückt klar der Wärmesektor in höchsten Anteil an den CO2-Emissionen (59 %). den Fokus. Dies zeigt, wo der Hebel angesetzt werden muss: 2.2 Ausgangslage im Sektor Strom Im Jahr 2010 lag der Stromverbrauch in Frankfurt Wandels vom produzierenden zum dienstleisten- bei 6580 GWh. Die größte Verbrauchergruppe war den Gewerbe. In den Haushalten stieg der Verbrauch mit 43 % der Bereich Gewerbe, Handel und Dienst- von 1995 bis 2005 um 18 %, was sich mit der wach- leistungen (GHD), gefolgt von der Industrie mit senden Ausstattung mit Multimediageräten erklä- 38 % und den Haushalten mit 15 %. In allen Verbrau- ren lässt. Interessanterweise ist der Verbrauch von chergruppen stieg der Stromverbrauch zwischen 2005 bis 2010 trotz steigender Einwohnerzahlen 1995 und 2010 an; in der Industrie durch den Aus- wieder gesunken, weil unter anderem alte Geräte bau des Industrieparks sogar um 49 %. Der Bereich gegen effiziente ausgetauscht wurden. GHD benötigte 12 % mehr Strom – eine Folge des 6
Haushalte Laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirt- sich im Stromverbrauch nieder: Ein Frankfurter Haus- schaft wird die Endenergie in Haushalten vor allem halt verbraucht knapp 20 % weniger Strom als der für die Heizung verbraucht (71 %), 14 % fallen auf Bundesdurchschnitt. die Warmwasserbereitung, 5 % auf Prozesswär- In diesen Zahlen spiegele sich aber auch „das über- me (Kochen, Backen, Trocknen, Spülen, Waschen), durchschnittliche Engagement Frankfurts bei der weitere 4 % auf Klimakälte. Frankfurt weist ge- Förderung energieeffizienter Geräte“ wider, heißt es genüber dem Bundesdurchschnitt eine Beson- in der Studie. So lässt sich erklären, warum sich der derheit auf: eine hohe Zahl an Singlehaushalten. Stromverbrauch in Frankfurt zwischen 2005 und Hinzu kommt die große Zahl der Pendler, die nur 2010 deutlich reduzierte, während er im Bundes- fünf Tage in Frankfurt verbringen. Auch das schlägt durchschnitt eher stagnierte. Gewerbe, Handel, Dienstleistungen (GHD) Die Studie unterteilt den GHD-Bereich in vier große einhalten kann, müssen speziell für Stromanwendun- Verbrauchergruppen: Neben dem Handel sind dies gen in diesem Bereich effiziente Lösungen umgesetzt büroähnliche Betriebe, Hotels sowie die Server- und werden. Rechenzentren. Betriebe, die nicht diesen Branchen Insgesamt hat der Sektor GHD im Jahr 2010 rund 2970 zuzuordnen sind (z.B. Metzgereien, Bäckereien), wer- GWh Strom verbraucht. Einer der Hauptabnehmer den unter „Sonstige“ zusammengefasst. Der Frank- sind Rechen- und Serverzentren (21 %), die gerings- furter GHD-Sektor ist stark von Dienstleistungen ge- ten Anteile haben der Handel mit 5 % sowie Hotels, prägt. Damit die Stadt ihre Klimaziele erreichen und Restaurants, Cafés (Horeca) mit 2 %. 2% Büroähnliche Betriebe Handel 19% Kommunale Gebäude 37% 5% Horeca 14% Rechen- & Serverzentren 21% Sonstige 2% Straßenbeleuchtung Abbildung 14: Strombedarf in GWh und deren Anteile nach Verbrauchergruppen im Sektor GHD in Frankfurt/M., eigene Berech- nung nach Bluewien Gesa AG, 2011, Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung, 2009, Mainova AG, 2013. Wofür wird der Strom gebraucht? Gewerbe, Handel und Dienstleistungsbetriebe set- Weitere 8 % werden als Hilfsenergie für Wärmean- zen rund 8 % des Stroms zur Kälteerzeugung (Klima- wendungen (Raumwärme und Prozesswärme) benö- und Prozesskälte) ein, 39 % für Beleuchtung und 31 % tigt. Der Stromverbrauch der Informations- und Kom- zur Erzeugung mechanischer Energie. munikationstechnologie (IKT) liegt bei 14 %. 7
„MASTERPLAN 100 % KLIMASCHUTZ“ – FRANKFURT AM MAIN – GENERALKONZEPT Untergliedert nach Branchen bedeutet dies: Der jährliche Strombedarf liegt bei 625 GWh, der In den büroähnlichen Gebäuden wird der Löwenanteil Strom wird vor allem zum Betrieb der IT-Systeme des Stroms für Beleuchtungszwecke eingesetzt (45 %), (30 %) und zur Kälteerzeugung (33 %) benötigt. Be- an zweiter Stelle stehen Informations- und Kommuni- sonders in den Sommermonaten entstehen hohe kationstechnologien (38 %). Im Handel fließen sogar Lastspitzen. Bleibt der Wachstumstrend in diesem 55 % in die Beleuchtung, an zweiter Stelle liegt die Bereich bestehen, muss laut Studie langfristig über Prozesskälte (14 %), insbesondere beim Lebensmittel- einen Ausbau der Netzkapazität nachgedacht wer- handel. Hotels brauchen Strom vor allem für mecha- den. nische Energie (35 %), gefolgt von Beleuchtung (25 %). Schließlich die Straßenbeleuchtung: Fast 73.000 Eine Sonderstellung nehmen die Rechenzent- Straßenlaternen brennen Nacht für Nacht in ren ein. In keiner anderen europäischen Stadt gibt Frankfurt, 92 % davon elektrisch (32,6 GWh), der es so viele Rechen- und Serverzentren, 80 % des Rest mit Gas (41,4 GWh). Bis 2025 will die Stadt alle deutschen Internetverkehrs laufen über Frankfurt. Laternen auf Elektrobetrieb umrüsten. Industrie Unter den Punkt Industrie werden alle Betriebe des Der weitaus größte Anteil entfällt auf den Industrie- produzierenden Gewerbes gefasst, die Prozesswär- park Höchst, der im Jahr allein rund 1800 GWh – das me in ihren Produktionsprozessen verwenden. Der sind 70 % des Industriestroms – verbraucht. Stromverbrauch der Industrie ist zwischen 2005 und 2010 mit rund 2600 GWh nahezu gleich geblieben. Exkurs: Stromerzeugung in Frankfurt/Versorgungsstruktur Die innerstädtischen Energieerzeugungsanla- (Stand: Anfang 2014), die in einem Mix aus Blockheiz- gen Frankfurts produzieren rund 2100 GWh Strom kraftwerken (105 GWh), Photovoltaik (22,9 GWh) und und konnten damit im Jahr 2010 rund 32 % des Biogas/-masse (77 GWh) mit einer Leistung von ins- Strombedarfs der Stadt decken. Größter Energie- gesamt gut 200 GWh bereitstellen. versorger der Stadt ist die überregional agieren- de Mainova AG, deren Erzeugungskapazitäten Der Anteil des innerstädtisch erzeugten Stroms aus den städtischen Energiebedarf zu 24 % decken erneuerbarer Energie am Gesamtstromverbrauch lag können. Weitere bedeutende Energieversorger sind 2010 bei rund 6 % und stieg bis 2013 auf rund 8 %. die Süwag AG und deren Tochterfirma Syna. Doch auch dieser Wert liegt noch deutlich unter Der größte Teil des Stroms wird aus Erdgas und dem Klimaziel der Stadt (50 % bis 2050, bezogen auf Steinkohle bezogen, wobei die Erhöhung des Erd- den heutigen Stromverbrauch). Frankfurt kann sein gasanteils in den vergangenen Jahren die CO2-Bilanz Ziel nur erreichen, wenn die Stromnachfrage aller deutlich verbessert hat. Weitere wichtige Stromlie- Verbraucher deutlich sinkt und die Potenziale inner- feranten sind 1359 dezentrale Erzeugungsanlagen städtischer Erzeugung voll ausgeschöpft werden. 8
2.3 Ausgangslage im Sektor Wärme Seit 1995 hat sich der Wärmeverbrauch in Frank- Durch die Auskopplung von Fernwärme und Fern- furt um 8 % reduziert. 2010 wurden insgesamt dampf aus Gaskraftwerken erhöht sich der Anteil an 11.700 GWh Wärme bereitgestellt, das sind Wärme aus Gas weiter auf rund 88 %. Etwa 7,5 % wur- 52 % der Endenergie. Größter Verbraucher war die den durch Öl gedeckt. Industrie (37 %), gefolgt von Haushalten mit 33 % Der Anteil der Kohle sinkt seit 1995 stetig und lag und dem Sektor GHD mit 30 % . 2010 bei 0,5 %, der Anteil der regenerativen Energien Die Wärme speiste sich zu knapp 50 % aus Erdgas. bei 2,5 %. Haushalte Von 2005 bis 2010 hat sich der Wärmeverbrauch gewonnen. Naturgemäß weisen Wohngebäude der in Wohngebäuden aufgrund steigender Bevölke- Baualtersklassen I (bis 1918) bis V (von 1969-1978) rungszahlen um rund 6 % erhöht. Gleichzeitig sank den schlechtesten energetischen Standard auf der spezifische Wärmeverbrauch von 153 kWh/m² und sollten im Hauptfokus einer Sanierung stehen. auf 140 kWh/m². Insgesamt verbrauchten die Haus- Sie verbrauchen 78 % der Gesamtwärme im Bereich halte 3830 GWh, aufgeteilt auf Erdgas (80 %), Öl Haushalte. Besonders hoch ist der Wärmebedarf bei (10 %), Fernwärme (9 %) und Kohle (0,9 %). Hin- denjenigen Gebäudetypen, die den höchsten Wohn- zu kommt ein sehr geringer Anteil an regenerati- flächenanteil in Frankfurt stellen: bei Mehrfamilien- ver Energie (0,42 %). Diese wiederum wird zu 99 % und großen Mehrfamilienhäusern aus den Jahren vor durch solarthermische Anlagen auf den Hausdächern 1918 und der Nachkriegszeit. Gewerbe, Handel, Dienstleistungen Auch im Bereich GHD ist der Wärmeverbrauch Wärme werden durch Erdgas erzeugt, es folgen von 1990 bis 2010 gesunken, und zwar um rund Ferndampf (20 %) und Fernwärme (16 %). Öl macht 10 %. Insgesamt wurden 2010 rund 3576 GWh 13 % aus, Wärme aus erneuerbaren Energien 0,38 %. (Heizung und Warmwasser) verbraucht. 47 % der Industrie Die Industrie hat 2010 rund 4306 GWh Wärme ver- Den weitaus größten Teil der Wärmeenergie im Indus- braucht, die sie zu 65 % aus Ferndampf bezog. Fern- triesektor verbraucht der Industriepark Höchst (3030 wärme und Ferndampf werden im Wesentlichen GWh), der sich allerdings über Heizkraftwerke und durch Gas- und Kohleheizkraftwerke bereitgestellt. Abwärmenutzung fast vollständig selbst versorgt. 9
„MASTERPLAN 100 % KLIMASCHUTZ“ – FRANKFURT AM MAIN – GENERALKONZEPT 2.4 Ausgangslage im Sektor Verkehr Im nachfolgenden Kapitel wird die Ausgangssitua- Verkehrssektor auf die am Verkehr beteiligten Grup- tion im Verkehrssektor dargestellt. Dafür wird der pen MIV, ÖPNV und Straßengüterverkehr unterteilt. Motorisierter Individualverkehr (MIV) Wie im gesamten Bundesgebiet, so steigt auch in der Pendler (Quell-/Zielverkehr), 24 % entfielen auf Frankfurt die Zahl der privaten Pkw. 2006 lag der den Durchgangsverkehr, 19 % auf innerstädtische Motorisierungsgrad bei 512 Pkw/1000 Einwohner. Fahrten. Von 2007 bis 2010 stieg die Pkw-Dichte durch- 72 % der Pkw sind Benziner, 27 % fahren mit Diesel, schnittlich um 0,68 % pro Jahr. Die in Frankfurt zu- 1 % sind Hybrid-Fahrzeuge. rückgelegte Kilometerleistung der Pkw betrug 2010 Die CO2-Emissionen des gesamten MIVs einschließ- rund 4,1 Milliarden Fahrzeugkilometer (Ifeu, 2010). lich der Zweiräder liegen bei 872.543 Tonnen. Über die Hälfte davon (57 %) gingen auf das Konto Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) In Bussen, Straßenbahnen und U-Bahnen sind die die innerstädtische Fahrzeugflotte (traffiQ) durch Fahrgastzahlen von 2007 bis 2011 deutlich gestiegen. S-Bahnen, Regionalbahnen und -busse des Rhein- Die U-Bahn ist das mit Abstand am meisten genutz- Main-Verkehrsverbunds (RMV). Insgesamt betrug die te Verkehrsmittel (2011: 322.000 Fahrgäste täglich), Kilometerleistung der von traffiQ und RMV eingesetz- allerdings konnte der Bus in den vergangenen Jahren ten Fahrzeuge im Jahr 2010 rund 39,5 Millionen Nutz- am meisten Fahrgäste hinzugewinnen. Ergänzt wird kilometer und 2088 Millionen Personenkilometer. 1.400 1.200 Kilometerleistung [Pkm/a] 1.000 800 Quell-/Zielverkehr 600 1.220 Binnenverkehr 400 659 200 13 197 0 BUS SSU SPNV Abbildung 44: Verteilung der Personenkilometerleistung im Binnen- und Quell-/ Zielverkehr nach Verkehrsmitteln des ÖPNVs, eigene Darstellung (IBP) auf Datengrundlage des Instituts für Energie und Umweltforschung, 2010. Die CO2-Emissionen des ÖPNVs lagen im Jahr 2010 (SPNV), zu dem die S-Bahnen zählen, verursacht. Im bei rund 158.000 Tonnen, die sich jeweils zur Hälfte Binnenverkehr verursachen Straßen- und U-Bahnen auf den Binnen- und den Quell-/Zielverkehr vertei- die Emissionen. Linienbusse haben mit rund 19.500 len. Dabei werden fast 100 % der CO²-Emissionen des Tonnen CO²-Emissionen lediglich einen Anteil von Quell-/Zielverkehrs durch den Schienennahverkehr 23,6 %. Straßengüterverkehr (Lkw und LNF) Leichte Nutzfahrzeuge (LNF) und Lkw trugen im onen Kilometern zum Verkehrsaufkommen bei Jahr 2010 mit einer Fahrleistung von 534 Milli- (LFN: 34 %, Lkw: 66 %). Der weitaus größte Teil 10
entfällt mit 47 % auf den Durchgangsverkehr. Inner- Insgesamt verursachte der Transport- und Liefer- städtische Lieferungen machten 11 % der Transport- verkehr 345.000 Tonnen CO2-Emissionen. Die Hälfte leistungen aus, 42 % sind dem Quell-/Zielverkehr ge- davon geht auf das Konto des Durchgangsverkehrs, schuldet. 40 % verursacht der Quell-/Zielverkehr. 2.4.1 CO2-Bilanz des Verkehrs in Frankfurt Der gesamte CO2-Ausstoß des Verkehrssektors lag Transport- und Lieferverkehr als große Herausfor- im Jahr 2010 bei 1.374.000 Tonnen. Davon ent- derung erweisen. Um das gesetzte Klimaziel zu errei- fallen 63 % auf den MIV, 11,6 % auf den ÖPNV chen, muss vor allem der Gütertransport effizienter und gut 25 % auf Lkw/LNF. Nur 21 % der Emis- strukturiert werden. Ziel muss es sein, die gefahrenen sionen werden durch den innerstädtischen Ver- Wegstrecken auf ein Minimum zu begrenzen bzw. kehr verursacht. Der Quell-/Zielverkehr kommt auf zu vermeiden. 51 % und der Durchgangsverkehr auf 28 %. Für ein nachhaltiges Mobilitätskonzept reicht es nicht Der hohe Anteil an Emissionen durch den aus, fossile Antriebe durch Elektromobilität zu erset- Quell-/Zielverkehr legt nahe, dass Frankfurt Lösungen zen. Vielmehr kommt es in erster Linie darauf an, die für den Umstieg motorisierter Pendler auf umwelt- Kilometerleistungen von Pkw und Lkw zu reduzieren, freundlichere Verkehrsmittel schaffen und fördern d.h. möglichst viele Fahrten im motorisierten Indi- muss. Auch für den Durchgangs- und Binnenverkehr vidualverkehr (MIV) zu vermeiden oder auf andere sollten neue Ansätze entwickelt werden. Verkehrsträger – Busse und Bahnen, Fahrrad und Dabei dürfte sich der inner- und außerstädtische Fußgängerverkehr – zu verlagern. Exkurs: Modal Split – die Wahl des Verkehrsmittels Frankfurt kann sich zugute halten, dass seine Ein- der MIV mit 34 % aus. Eine Besonderheit des Frankfur- wohner einen großen Teil ihrer Wege zu Fuß zu- ter Verkehrsaufkommens ist die große Zahl der Pend- rücklegen (30 %). Damit liegt die Stadt im europäi- ler: 2010 waren es etwa 325.500 Ein- und 68.000 Aus- schen Vergleich weit vorne. Auf den ÖPNV entfallen pendler täglich. Laut Statistik werden rund 82 % der 23 % der zurückgelegten Strecken, das entspricht Personenverkehrswege zwischen Stadt und Umland dem Bundesdurchschnitt. Städte wie Wien und Bu- mit dem Auto zurückgelegt, nur 18 % der Verkehrs- dapest zeigen allerdings, dass ein Anteil von 40 % teilnehmer nutzen den ÖPNV. Insgesamt verursachte durchaus möglich ist. Steigerungsfähig ist auch der Stadt-Umland-Verkehr 2010 rund 568.000 Tonnen der Fahrradverkehr: Der Anteil zurückgelegter Stre- CO2-Emissionen und damit rund 41 % der Gesamt- cken liegt in Frankfurt bei 13 %. In Kopenhagen emissionen des Verkehrs in Frankfurt. sind es 31, in Basel 20 %. Den größten Anteil macht 2.5 Die Anpassung an den Klimawandel mitdenken Eine erfolgreiche Strategie zum Klimaschutz muss ihrer kühlenden Wirkung im Sommer die Effektivität den globalen Klimawandel und seine Folgen für von PV-Anlagen unterstützen. All dies ist frühzeitig die Stadtentwicklung berücksichtigen. Ein Beispiel: in die Planungen einzubeziehen. Die gegenseiti- Große, schattenspendende Laubbäume zeigen po- ge Beeinflussung von Außenklima/Stadtklima und sitive Wirkungen auf das Mikroklima, können aber Innenraumklima/-nutzung rückt immer stärker in Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) das Licht streitig den Fokus der Wissenschaft und fließt in Strategien machen. Umgekehrt können begrünte Dächer mit zur Siedlungsentwicklung ein. 11
„MASTERPLAN 100 % KLIMASCHUTZ“ – FRANKFURT AM MAIN – GENERALKONZEPT 3. Energiesparpotenziale und der Einsatz von erneuerbaren Energien im Sektor Strom Durch den Ausbau der erneuerbaren Energien, be- sionsfaktoren. Werden strombasierte Anwendungen sonders der Photovoltaik (PV) und der Windkraft, effizienter gestaltet, lässt sich eine vergleichsweise kann eine nachhaltige Stromerzeugung in Deutsch- große Menge an Emissionen einsparen. Im Sektor land geschaffen werden. Doch die Potenziale sind Haushalt lassen sich Ineffizienzen wesentlich leichter begrenzt und stehen nicht immer in gleicher Menge erkennen als in den anderen Sektoren, etwa, indem zur Verfügung. Nötig ist deshalb ein flexibler Betrieb man die Verbrauchswerte der Geräte vergleicht. von Regelenergiekraftwerken auf Seiten der Erzeu- ger sowie eine Orientierung der Verbraucher am An- Die Studie stellt Effizienzmaßnahmen für die Sekto- gebot (Lastenmanagement). Strom hat mit rund 456 ren Haushalte, GDH und Industrie vor: Kilogramm CO2 pro MWh die relativ höchsten Emis- 3.1 Haushalte Frankfurter Haushalte haben im Jahr 2010 insgesamt Verbrauch pro Haushalt liegt bei 2825 kWh. 1024 GWh Strom verbraucht. Der durchschnittliche Kühlen Gefrieren 8% Trocknen 21% 10% Waschen Spülen 9% 12% Beleuchtung 5% Unterhaltungselektronik 8% 7% Informationstechnik 5% 5% 10% Pumpe Kochen + Backen (Elektro) Diverses Abbildung 61: Stromverbrauch nach Anwendung im Haushalt, eigene Berechnung und Darstellung (IBP). Im Haushalt kann der Einsatz neuer Techniken den Best Practice: Der Strombedarf einer Heizungsum- höchsten Spareffekt bringen. Laut Studie lässt sich der wälzpumpe in einem Einfamilienhaus macht 5 bis 10 % Stromverbrauch um fast die Hälfte reduzieren, wenn des Gesamtstromverbrauchs aus. Wird die alte Pumpe konsequent effiziente Geräte und neueste Techniken durch eine drehzahlgeregelte Hocheffizienzpumpe er- eingesetzt werden. Beim derzeitigen Strommix könn- setzt, so verbraucht diese bis zu 80 % weniger Strom. Die ten allein durch den Austausch veralteter gegen neue Anschaffung amortisiert sich nach drei bis vier Jahren. Geräte 220.000 Tonnen CO2 eingespart werden. Ein Austausch ist ökonomisch jedoch nur Sinnvoll, wenn sich die Anschaffung innerhalb der Nutzungsdauer der Geräte amortisiert. 12
1.024 GWh 5454 GWh HH 2010 FFM Haushalts- strombedarf A++ IUK Waschen, Trocknen, Kochen Durchlauferhitzer WW/ Spülen Heizung Kühlen und Gefrieren Pumpe Beleuchtung Sonstiges Abbildung 62: Gesamtstromeinsparungen nach Anwendungen im Haushaltssektor, eigene Darstellung (IBP). Um die Verbraucher darüber hinaus zum Stromsparen sind in den vergangenen Jahren um fast 60 % ge- zu motivieren, sollten Energieversorger und -dienst- fallen, dies macht die Nutzung auch ohne Förde- leister die Abrechnungen transparenter gestalten, rung wirtschaftlich interessant. Derzeit liegt die schlägt die Studie vor. Typische Stromverbraucher Eigenverbrauchsquote bei 20 bis 30 %. Eine deut- und deren Kosten können kenntlich gemacht so- liche Steigerung ist durch intelligentes Lastenma- wie eine Top-Ten-Liste für sparsame Geräte beifügt nagement möglich. Mit Hilfe einer Zeitschaltuhr werden. Mobile Beratungen, günstige Angebote für oder eines „Home Managers“ können z. B. Waschen, sozial schwache Haushalte sowie die Ausbildung Spülen und Trocknen an die Einspeisungsspitzen von Energiespar-Detektiven an Schulen sind weitere angeglichen werden. Neben der Lastensteuerung Möglichkeiten. können thermische und elektrische Speicher (z.B. Lithium-Ionen-Batterien) die Eigenstromquote erhö- Parallel dazu gilt es, den Anteil der erneuerbaren hen. Wenn alle Möglichkeiten umgesetzt werden, ist Energien zu erhöhen, etwa durch PV-Anlagen. Her- ein Anstieg des Eigenverbrauchs auf 70 % und mehr stellungs- und Installationskosten dieser Anlagen möglich. 3.2 Gewerbe, Handel, Dienstleistungen (GHD) Beleuchtung Die Beleuchtung macht im Bereich GHD 38 % des Lichttransmissionsgrad. Die Wirtschaftlichkeit ist in gesamten Stromverbrauchs aus. Der derzeitige den meisten Fällen gegeben. Unterstützend kann hohe Bestand an Leuchtstoffröhren (in Handel und eine Präsenzkontrolle oder eine tageslichtabhängige Büros über 60 %) und Glühbirnen (in Hotels, Re- Steuerung installiert werden, die sich meist schon in staurants und Gaststätten) lässt auf ein enormes weniger als zwei Jahren amortisiert. Sparpotenzial schließen. Ein Lampentausch, kom- biniert mit einem intelligenten Lichtmanagement, Best Practice: Im Rathaus von Menden konnte der kann bis zu 75 % des Stromverbrauchs einsparen. Energieverbrauch durch elektronische Vorschaltgeräte Maßnahmen für eine bessere Nutzung des Tages- und Lichtmanagement um 85 % reduziert werden, die lichts sind Lichtlenkjalousien, helle Wand- und Stadt spart dadurch 83 % der ursprünglichen Kosten. Bodenfarben sowie Fensterscheiben mit hohem 13
„MASTERPLAN 100 % KLIMASCHUTZ“ – FRANKFURT AM MAIN – GENERALKONZEPT Mechanische Energie Rund 30 % des im GHD-Bereich eingesetzten Stroms Alter der bestehenden Pumpen oder Motoren wird werden für mechanische Energie verbraucht: für bis zu 60 % weniger Strom verbraucht; die Amor- Pumpen, Lüfter, Absauganlagen oder Druckluft- tisationszeit beträgt oft weniger als zwei Jahre. erzeugung. Überwiegend das produzierende Ge- werbe wie Metzgereien, Bäckereien sowie die Best Practice: In Pfungstadt hat die Bierbrauerei die Hotelbranche nutzen diese Energie. In diesem Be- Pumpen der Kühlkreisläufe ersetzt und spart jährlich reich helfen vor allem effiziente und geregelte Mo- 61 % der Betriebskosten. Die Anschaffung hat sich in toren beim Stromsparen. Je nach Leistung und fünf Monaten bezahlt gemacht. Einsatz von Energiemanagementsystemen Seit 2013 bekommen nur noch Unternehmen mit nehmen großen Nachholbedarf. Meist fehle es an zertifiziertem Energiemanagementsystem die Ener- Zeit, Personal und Problembewusstsein, stellt die giesteuer und den Spitzenlastausgleich rückerstattet. Studie fest. Ein hohes ungenutztes Potenzial (91 %) Während das Energiemanagement in vielen Großbe- existiert in Betrieben mit weniger als zehn Mitarbei- trieben fester Bestandteil der Unternehmensstruktur tern. Hier sind zusätzliche Anreize, aber auch gezielte ist, gibt es bei den kleinen mittelständischen Unter- Beratungen durch unabhängige Stellen (Stadt) nötig. Raumkälte Für eine Großstadt wie Frankfurt hat die Aufheizung bundene Kosten entfallen meist. In Kühlhäusern, während des Sommers großen Einfluss auf den Kühl- Serverräumen oder bei bestimmten Fertigungspro- bedarf. Gebäude und versiegelte Flächen speichern zessen sind aktive Kühlsysteme unvermeidbar. Kom- die Sonnenwärme und verhindern eine Abkühlung pressionskältemaschinen stellen mit 90 % das am in der Nacht. Rund 1,5 % des Stroms im Bereich GHD häufigsten verwendete Kühlsystem dar. Oft lässt sich werden zur Klimatisierung gebraucht (26,7 GWh). Die schon viel Energie sparen, wenn die Regelungstech- Studie geht von einem steigenden Bedarf für Klima- nik optimiert und ineffiziente Anlagenteile wie Kom- kälte, besonders in Bürogebäuden, aus. Als günstigs- pressoren, Ventilatoren und Pumpen ausgetauscht ten und einfachsten Weg, diesen Strombedarf zu sen- werden. Weitere Einsparungen sind möglich durch ken, schlägt sie eine Vermeidungsstrategie unter dem Wärmerückgewinnung aus dem Kältemittel. Unter Stichwort passive Kühlung vor: Extensiv begrünte bestimmten Bedingungen bieten Absorptionskäl- Dächer und Fassaden können einer Überhitzung temaschinen die Möglichkeit, Abwärme auf einem genauso entgegenwirken wie Parks, Kaltluftschnei- hohen Temperaturniveau zur Kühlung einzusetzen. sen und weniger Kfz-Verkehr. Im Büro- und Verwal- Aussagen zur Wirtschaftlichkeit aktiver Kühlsysteme tungsbau kann die Nachtlüftung in einigen Fällen die können jedoch nur schwer getroffen werden. aktive Kühlung ersetzen. Ist dies nicht möglich, bietet sich alternativ eine Lüftungsanlage an. Auch mittels Best Practice: Das Sanierungskonzept für die KfW- Erdwärmetauscher kann eine passive Kühlung erfol- Hauptverwaltung in Frankfurt umfasst Haustechnik, gen. Die passiven Maßnahmen erfordern ausschließ- Raumklima, Licht sowie Wärme- und Kälteerzeugung lich Investitionskosten, betriebs- und verbrauchsge- und hat den Energiebedarf um fast 50 % gesenkt. Prozesskälte Rund 155 GWh Strom werden in Frankfurt jähr- Lebensmittel, Maschinen und Anlagen zu kühlen. lich benötigt, um Prozesskälte bereitzustellen, das In diesem Bereich steht die Effizienzsteigerung im entspricht 7 % des Stromverbrauchs im GHD-Be- Fokus. Neben technischen Lösungen lässt sich das oft reich. Kühlhäuser, Gaststätten und Hotels, Kanti- durch ein verändertes Bedienungs- und Nutzungs- nen und Fleischereien benötigen Prozesskälte, um verhalten erreichen. 14
Informations- und Kommunikationstechnologie Best Practice: Ostarkade in Frankfurt, als „Green Informations- und Kommunikationsgeräte benöti- Building Frankfurt 2009“ ausgezeichnet. Viele der gen in Bürogebäuden rund 40 % des verbrauchten beschriebenen Maßnahmen werden kombiniert; Stroms. Hier können vor allem technische Verbes- der Primärenergiekennwert liegt um 50 % niedriger serungen wie der Austausch alter Geräte, Standby- als bei einem klimatisierten Standard-Büroneubau Schalter, aber auch Thin-Client-Lösungen und (www.greenbuilding-award.de). Terminalarbeitsplätze sowie der Austausch von Desk- top-Rechnern gegen Laptops den Stromverbrauch mindern. Rechenzentren Als eine der wachstumsstärksten Branchen weltweit Best Practice: Das NetApp-Rechenzentrum in nehmen Rechenzentren in Frankfurt eine Sonderstel- Sunnyvale, Kalifornien, kann durch den Einsatz einer lung ein. Einsparpotenziale beginnen bereits bei der Außenluftkühlung auf die konventionelle Kühlung Gebäudeplanung. So sollte die Sonneneinstrahlung komplett verzichten. möglichst gering sein, Dächer und Fassaden begrünt und für Rückkühler ein schattiger Platz ausgewählt Auch in öffentlichen Gebäuden sollte die IT-Infrastruk- werden. Stärker fällt die Optimierung der Hard- und tur erfasst und Schwachstellen analysiert werden. Software ins Gewicht, durch beides kann der Strom- Die Kosten (mehrere zehntausend Euro) sind im Ver- verbrauch der Server reduziert werden. hältnis zu möglichen Einsparungen gering. Die Studie Ein hohes Effizienzpotenzial schlummert in der Kli- schlägt außerdem vor, die Energieförderprogramme matisierung, hier sind durch technische Verbesserun- der Stadt um einen IT-Schwerpunkt zu erweitern. Es gen deutliche Einsparungen möglich. Laut Studie ist ist zu erwarten, dass sich die Leistung der Frankfurter es außerdem möglich, rund 90 % der eingesetzten Rechenzentren bis 2050 verdoppelt. Für Neuinstalla- elektrischen Energie als Abwärmeenergie weiter zu tionen und Umbau sollten deshalb Mindeststandards nutzen. Dass dies nicht geschieht, liege in vielen Fäl- für Energieeffizienz gelten. Um sie umzusetzen und len am mangelnden Bewusstsein für ein ganzheitli- Frankfurt zu einem grünen IT-Zentrum zu machen, ist ches Energiemanagement. die politische Unterstützung entscheidend. Straßenbeleuchtung Hier fallen besonders die 5467 Gaslaternen ins Ge- druckleuchten umgestellt, kann der Energie- wicht, die noch auf Frankfurts Straßen brennen. einsatz um 59 %, der CO2-Ausstoß um 37 % Die jährlichen Betriebskosten einer Gaslampe liegen reduziert werden. Eine Umstellung aller Lampen auf bei 260 Euro, die einer strombetriebenen Lampe bei LED-Technik würde den Energieeinsatz sogar um 80 Euro. Werden alle Lampen auf Natriumdampf- 93 % senken. Förderung eines Null-Emissions-Gewerbeparks Sollen die Ziele des Masterplans erreicht werden, und einen Gewerbepark als Null-Emissions-Gewerbe- müssen neue Gewerbeparks und Gebäude als Null- park ausschreiben. Den Investitionsmehrkosten für Emissions-Bauten konzipiert werden. Die Stadt könn- das Projekt stehen minimale Betriebskosten gegen- te mit einem zukunftsweisenden Projekt vorangehen über. Aktivierung von GHD-Vertretern Damit Veränderungen umgesetzt werden, müssen von Netzwerken (Arbeitskreisen) zum fachlichen Aus- die Akteure im GHD-Sektor gezielt angesprochen tausch. IHK-Ausschüsse können hier die Initiatoren werden, etwa durch branchenübergreifende Dialoge sein. Impulse wie diese tragen auch dazu bei, das Ne- oder gezielte Marketingaktionen. Ziel ist der Aufbau gativ-Image des Themas „Energie“ im GHD-Sektor zu 15
„MASTERPLAN 100 % KLIMASCHUTZ“ – FRANKFURT AM MAIN – GENERALKONZEPT verbessern. Denn laut Studie verbinden die meisten Kleine mittelständische Unternehmen (KMU) seien Betriebe damit Pflichten und Auflagen, sehen jedoch oft durch die Fülle der Informationen schlicht über- nicht die Chancen. fordert. 3.3 Industrie Der Industriesektor verbraucht 2.582 GWh Strom im Jahr, ein Großteil davon entfällt auf den Industriepark Höchst. Exkurs: Industriepark Höchst Zum Industriepark Höchst gehören 90 Unternehmen, Daneben steht eine Ersatzbrennstoffanlage für Sied- die mehrheitlich zur chemischen Industrie zählen lungs- und Gewerbeabfälle mit einer Leistung von und jährlich 1800 GWh Strom verbrauchen (umge- jährlich 70 MW elektrisch oder 250 Tonnen Dampf rechnet so viel wie 600.000 Haushalte). Die elektri- bereit. Ein kleines Wasserkraftwerk in der Abwasser- sche Versorgung läuft über ein Kohlekraft werk, reinigungsanlage leistete 30 kW regenerativer Ener- ergänzt durch zwei Gasturbinen. Daneben erzeugt gie. Rund 400 Busse können mit Wasserstoff betrie- eine Biogasanlage jährlich 40 GWh Strom aus Klär- ben werden, der in chemischen Prozessen als Koppel- schlamm und Abfällen des Industrieparks. Außerdem produkt entsteht. ist eine Bioerdgasaufbereitungsanlage in Betrieb, sie speist Methan ins Gasnetz ein. Hocheffizienzmotoren und Druckluft Mechanische Energie (Motoren für Kompressoren, Verbrauchern von Druckluft. Da in diesem Bereich Ventilatoren u.ä.) hat mit 68 % den größten Anteil der Leckageanteil bei 27 % liegt, sollten pneumati- am Stromverbrauch im Sektor Industrie. Um den sche Prozesse, wo immer möglich, durch elektrische Stromverbrauch zu senken, müssen vorhandene Systeme ersetzt werden. Motoren durch Hocheffizienzmotoren ersetzt wer- Insgesamt kann laut Studie das Energiesparpotenzial den, wodurch rund 20 % Energie eingespart werden im Industriesektor bis zum Jahr 2050 um 20 % gestei- kann. Die chemische Industrie gehört zu den großen gert werden. Netzwerke etablieren Fazit: Haushalte, GHD und Industrie haben im Wie im GDH-Sektor sollte auch unter den Industrie- Jahr 2010 rund 6580 GWh Strom verbraucht und unternehmen ein Netzwerk geschaffen werden, das rund 4,04 Millionen Tonnen CO2 produziert. Werden dem Informationsaustausch, der Motivation und alle vorgestellten Effizienzmaßnahmen umgesetzt, Fortbildung dient. so können diese Zahlen um rund 38 % sinken. 3.4 Erneuerbare Energiepotenziale aus der Region Der gesamte Stromverbrauch im Regionalverband tet, dass theoretisch 80 % des Stromverbrauchs der Rhein-Main lag im Jahr 2010 bei etwa 13.437 GWh. Region durch Solarstrom gedeckt werden können. Die Stadt Frankfurt war mit 49 % der größte Ver- Frankfurt besitzt mit seinen Dächern und Freiflächen braucher. Das Verbandsgebiet hat das Potenzial, das größte Potenzial. Doch es reicht nicht, um den 11.000 GWh aus Sonnenenergie zu erzeugen, wenn Eigenstrombedarf komplett aus erneuerbaren Ener- für die Anlagen Dächer, Fassaden und Freiflächen gien zu decken. Dazu braucht die Stadt auch das Pho- genutzt werden (Wirkungsgrad 25 %). Das bedeu- tovoltaikpotenzial der Landkreise. Windenergie kann 16
lediglich 4,3 % des Gesamtstrombedarfs der Region Bleibt der Stromverbrauch auf dem heutigen Niveau, decken (576 GWh), was auch eine Folge rechtlicher so kann Frankfurt im Jahr 2050 lediglich 35 %, der Bestimmungen, etwa zur Flugsicherheit, ist. Poten- Regionalverband immerhin 92 % seines Strombe- ziale bieten der Hochtaunus-, der Main-Kinzig- und darfs aus erneuerbaren Energien decken. Werden bis vor allem der Wetteraukreis. Doch auch Letzterer 2050 jedoch alle oben vorgeschlagenen Stromspar- kann maximal 45 % seines eigenen Strombedarfs mit maßnahmen umgesetzt, reduziert sich der Stromver- Windkraft decken. Durch die Nutzung von Biomasse brauch in Frankfurt um 38 %. Der Regionalverband lassen sich 1024 GWh Strom gewinnen, etwa 7,6 % könnte durch die Effizienzmaßnahmen seinen Strom- des gesamten Stromverbrauchs der Region. An vor- verbrauch sogar halbieren und diesen Bedarf kom- derster Stelle steht auch hier der Wetteraukreis(251 plett durch erneuerbare Energien decken. Frankfurt GWh). Der Anteil der Stadt Frankfurt liegt bei 184 kann den Deckungsanteil auf 56 % steigern, allein GWh. Dieses Biomassepotenzial wird heute schon durch Energieeinsparung. fast vollständig genutzt. 4. Energiesparpotenziale und der Einsatz von erneuerbaren Energien im Sektor Wärme 4.1. Einsatz von erneuerbaren Energien und dezentralen Anlagen in Wohn- und Nichtwohngebäuden Blockheizkraftwerke Unter den dezentralen Energieanlagen sind Block- Außerdem gibt es in der Stadt 6 Biomasse-KWK- heizkraftwerke (BHKW) besonders effizient. Sie Anlagen mit einer Leistung von 22,2 GWh Wärme. sollten besonders dort eingesetzt werden, wo Wär- Der Einsatz von BHKWs in Wohngebäuden orien- mepumpen nur ineffizient betrieben werden kön- tiert sich am Wärmebedarf der jeweiligen Objekte. nen. Aufgrund ihrer flexiblen Betriebsweise können In Stadtquartieren können dezentrale Insellösungen BHKWs Engpässe in der Energieversorgung auffan- wirtschaftlich realisiert werden, wenn mehrere Ob- gen – angesichts der zukünftig steigenden Anteile an jekte mittels kleiner Nahwärmenetze zusammenge- Wind- und Sonnenenergie ein entscheidendes Argu- schlossen werden. ment. Dazu erforderlich ist der Ausbau von Wärme- BHKWs haben einen Nachteil: In Abhängigkeit der speichern, der gleichzeitig die Interaktion zwischen Energieträger emittieren sie CO2. Zwar kann der Ein- Wärme- und Stromerzeugung ermöglicht. satz von Bio- und Holzgas den CO2-Ausstoß auf ein 2013 waren in Frankfurt rund 260 BHKWs mit einer Minimum reduzieren. Biomasse ist jedoch nur be- thermischen Gesamtleistung von 177 GWh in Betrieb. grenzt verfügbar. Solarthermische Anlagen Der Anteil der mit solarthermischen Anlagen erzeug- Legt man das Gebiet des gesamten Regionalver- ten Wärme lag 2013 bei einem halben Promille des bands zugrunde, steigt das Potenzial auf rund Gesamtwärmeverbrauchs. Nach Statistiken des Ener- 6283 GWhth. Mit berücksichtigt wird hierbei, dass giereferats waren Ende 2013 im Stadtgebiet 1733 der Flächenbedarf für Solarthermie in direkter solarthermische Anlagen mit einer Kollektorfläche Konkurrenz zur Photovoltaik steht. Bis zum Jahr von 20.171 Quadratmetern installiert. 2050 könnte der Anteil der Solarthermie auf rund Insgesamt hat die Stadt ein Flächenpotenzial von 15 % des dezentralen Energieverbrauchs gestei- 2.514.784 Quadratmetern, das entspricht 1386 GWhth. gert werden (exklusive Industrie, da für diesen 17
„MASTERPLAN 100 % KLIMASCHUTZ“ – FRANKFURT AM MAIN – GENERALKONZEPT Einsatz das Temperaturniveau nicht ausreicht), doch thermie zur Unterstützung der Raumheizung ist nur in dazu bedarf es großer Anstrengungen. Langfristige Verbindung mit einer Niedertemperaturheizung Förderprogramme der Stadt können helfen, da sie (45 °C Vorlauftemperatur) in Neubauten und im sa- Unternehmen und Privatpersonen Investitionssicher- nierten Bestand sinnvoll. Die Kosten für eine Anlage heit bieten. Solarthermische Systeme eignen sich belaufen sich auf durchschnittlich 700 Euro/m², bei besonders für Nutzer, die das ganze Jahr über konstant den üblichen 15 Quadratmetern sind das 10.500 Euro. hohen Warmwasserbedarf haben, wie Hotels, Der Amortisationszeitraum kann bis zu 20 Jahre Gaststätten, Altersheime, Krankenhäuser oder Sport- betragen. anlagen. In einem Einfamilienhaus lassen sich mit einer Ein Hemmnis ist die Fördersituation auf Bundesebene: Standardanlage etwa 60 % des Trinkwarmwas- Hier schneidet die Niedertemperatur-Solarthermie serbedarfs (TWW-Bedarfs) und 15 bis 35 % des im Vergleich zu PV, Wind und Tiefengeothermie am Gesamtwärmebedarfs decken. Der Einsatz von Solar- schlechtesten ab. Wärmepumpen Für Bestandsgebäude kommen Wärmepumpen auf- Die Effizienz der Wärmepumpe kann deutlich ge- grund der benötigten niedrigen Vorlauftemperatur steigert werden, wenn sie mit einer solarthermi- nur eingeschränkt in Frage. In Neubauten können schen Anlage und einem Eisspeicher kombiniert jedoch optimale Bedingungen geschaffen wer- wird. Ein 10 Kubikmeter großer Eisspeicher kann den den, indem von vornherein Flächenheizungen mit Energiegehalt von etwa 100 Liter Heizöl speichern. niedrigen Vorlauftemperaturen eingeplant werden. Dabei bedient sich das Wärmequellen-Management Aufgrund der relativ hohen Investitionskosten eig- je nach Effizienz der Außenluft, des Eisspeichers oder net sich ein konventionelles Wärmepumpensystem einer Kombination aus beiden. Das Wärmepumpen- allerdings nur für Niedrigenergiehäuser. Die Kopp- Eisspeicher-Solarthermiesystem für ein Einfamilien- lung mit einer solarthermischen Anlage oder PV kann haus kostet derzeit rund 27.000 Euro. Die jährlichen die Energiebilanz des Gebäudes weiter optimieren. Einsparungen liegen bei rund 1000 Euro gegenüber Gerade im Winter, wenn die Wärmeerzeugung aus einer konventionellen Ölheizung. Die Amortisations- Solarthermie begrenzt ist, können Wärmepumpen zeit liegt bei rund 27 Jahren. Mit Wärmepumpen lässt einen wichtigen Beitrag zur Wärmeerzeugung leis- sich außerdem unter dem Stichwort Laststeuerung ten. Im besten Fall erzeugt die Anlage mehr, als die ein fluktuierendes Leistungsangebot ausgleichen Bewohner verbrauchen (Plusenergiehaus). und Angebot und Nachfrage zeitlich entkoppeln. Zum Beheizen und Kühlen von Nichtwohngebäu- Darüber hinaus kann eine Wärmepumpe in Kombi- dekomplexen, großen Mehrfamilienhäusern und nation mit einem Warmwasserspeicher den Eigen- Rechenzentren eignen sich Großwärmepumpen verbrauch einer PV-Anlage um rund 15 % (>100 kW). Gerade im Ballungsraum Frankfurt mit ei- erhöhen. Die CO2-Emissionen der Wärmepumpe nem hohen Anteil an Mehrfamilienhäusern und gro- liegen deutlich unter den Emissionen von Gas- ßen Mehrfamilienhäusern (ca. 80 % der vorhandenen Brennwertthermen oder Heizöl-Brennwertgeräten. Wohnfläche) können sie ein Beitrag zur nachhaltigen Mit steigendem Anteil erneuerbarer Energien im Wärmeversorgung sein. Strommix werden sich die CO2-Emissionen weiter Als natürliche Wärmequelle bietet sich im Stadtzen- reduzieren, ebenso bei einem Einsatz in Lastmanage- trum vorrangig die Außenluft an, in den Randgebie- ment. Nachteilig für Wärmepumpen wirken sich der ten lässt sich darüber hinaus Erdwärme mittels Erd- steigende Strompreis sowie die noch geringe Fach- wärmekollektoren nutzen. Als weitere Wärmequellen kenntnis der Installateure über Flächenheizungen kommen Fluss- und Kühlwasser aus Industrie und aus, so dass Fördermodelle und Schulungsprogram- Rechenzentren sowie aus Abgasanlagen in Betracht. me für das regionale Handwerk unabdingbar sind. 18
Bioenergie Bioenergie kann sowohl in den Sektoren Strom und durch Verbrennung oder Verstromung zu gewähr- Wärme als auch für Mobilität genutzt werden. Sie ist leisten. Aus diesem Grund muss dem Einsatz von in fester Form (Scheitholz, Pellets, Holzhackschnitzel), Biomasse in industriellen Hochtemperaturprozessen gasförmig (Biogas oder aufbereitetes Bioerdgas) sowie höchste Priorität eingeräumt werden. Auch in man- flüssig (Biotreibstoffe) verfügbar. Als Gas und in flüssiger chen Fernwärmenetzen lässt sich Biomasse nicht er- Form kann sie im Langenstreckenverkehr (Lkw, Schiff, setzen: So erfordern die Bürogebäudekomplexe und Flugverkehr) eingesetzt, aber auch verstromt werden Hochhäuser im Innenstadtkern aufgrund ihrer ho- und dadurch Erzeugungslücken zwischen Wind- und hen Wärmeabnahme und der Absorbtionskühlung Solarenergie füllen. Sie ist nicht von den Jahreszeiten auch zukünftig den Anschluss an ein Dampfnetz. Bei abhängig und kann im Wärmesektor durch Lagerung der Umweltverträglichkeit schneidet Biomasse kon- als energetischer Speicher betrachtet werden. Da sie kurrenzlos gut ab: Die CO2-Emissionen von holzarti- jedoch nur begrenzt zur Verfügung steht, ist ihr Einsatz ger, gasförmiger und flüssiger Biomasse werden mit gut abzuwägen. Im Sektor Industrie wird häufig Dampf null angenommen, da für die Aufbereitung nur CO2- in Hochtemperaturprozessanwendungen benötigt neutrale Techniken und Produkte eingesetzt werden. (z. B. Chemieindustrie Temperaturen > 300 °C). Die Allerdings entsteht bei der Verbrennung von Stückholz Bereitstellung von Dampf aus erneuerbaren Energien und Pellets eine höhere Feinstaubbelastung als beim erweist sich jedoch als schwierig. Einzig die Biomasse Einsatz von Gas. Zudem hat die Anlieferung von Bio- oder erneuerbarer Direktstrom verfügen über die exer- masse in den Städten ein erhöhtes Verkehrsaufkom- getisch hochwertige Qualität, diese Temperaturen men zur Folge. Thermische Speicher Soll der regenerative Anteil an Wärme aus Strom Wärmesektor realisiert werden. Bei stromgeführten und Biomasse erhöht werden, sind thermische Spei- Anlagen sichert ein Speicher unvorhergesehene Wär- cher unumgänglich. Sie ermöglichen eine unterbre- meproduktion. Dadurch lassen sich die Volllaststun- chungsfreie Stromversorgung auch an bewölkten den der KWK-Anlage erhöhen und die Wirtschaft- und windstillen Tagen. lichkeit verbessern. Frankfurt steht vor der Aufgabe, Mit dem Ausbau großer saisonaler Wärmespeicher geeignete Flächen für größere thermische Speicher kann z.B. der Deckungsgrad von solarthermischen zu finden, wobei die dichte Bebauung kreative Lö- Großanlagen in Straßenzügen und Quartieren auf sungen erfordert. Simulationsergebnisse des Fraun- über 50 % angehoben werden. In Kombination mit hofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) zeigen, flexibel geschalteten KWK-Anlagen und Wärme- dass bis zum Jahr 2050 der Bedarf an thermischen pumpen kann durch ausreichend große Speicher Speichern in Frankfurt auf 2,7 bis 4,2 GWh ansteigen außerdem eine Interaktion zwischen Strom- und muss, um die gesetzten Ziele zu erreichen. 4.2 Energetischer Standard im Neubau Seit dem Beschluss der Stadtverordnetenversamm- Europas Passivhaushauptstadt geworden ist. Ins- lung vom Herbst 2007 werden städtische Gebäude gesamt wurden bis heute rund 1000 Wohnungen, im Passivhausstandard (Heizwärmebedarf: kleiner Schulen, Kindertagesstätten, Turnhallen und Büro- 15 kWh/m²) erbaut. Außerdem muss ein Bauherr, gebäude in Passivhausbaustandard errichtet bzw. der ein städtisches Grundstück kauft, bei dessen Be- auf diesen Standard saniert. Die Nutzfläche aller bauung den Passivhausstandard einhalten. Diesem in Frankfurt erbauten Passivhäuser betrug im Jahr Beschluss hat es Frankfurt zu verdanken, dass es zu 2014 rund 560.000 Quadratmeter. 19
„MASTERPLAN 100 % KLIMASCHUTZ“ – FRANKFURT AM MAIN – GENERALKONZEPT Für die Berechnung der Szenarien wird davon ausge- Wärme und Strom nur minimal erhöhen. Die Stadt gangen, dass der Passivhausstandard für alle städti- sollte sich dennoch auch weiterhin als Vorreiter bei schen Neubauten und ab 2020 auch für alle anderen städtischen Neubauten positionieren, empfiehlt die Neubauten gilt. Ab 2020 soll außerdem die Zahl der Studie, um privaten Immobiliengesellschaften und fertiggestellten Plusenergiehäuser steigen. Aufgrund Bauherren zu verdeutlichen, dass Ökonomie und dieser Maßnahmen würde sich der Energiebedarf für Ökologie nicht zwingend im Widerspruch stehen. 4.3 Energetische Sanierung der Wohn- und Nichtwohngebäude Nach Berechnungen der Studie kann der Wärme- ebenso offen liegende Leitungen und Armaturen, verbrauch bei Wohngebäuden um 62 % auf 1627 deren Einsparpotenzial auf Frankfurt bezogen rund GWh reduziert werden, wenn eine energetische 300 GWh (8 % des Gesamtwärmebedarfs der Haus- Sanierung in allen Baualtersklassen und Nutzungsty- halte) ergeben. pen (EFH, ZFH, MFH, GMH) konsequent umgesetzt würde. Dies entspricht einem jährlichen Rückgang Als weitere Hemmnisse sieht die Studie u.a. lange des Wärmeverbrauchs von 2,4 %. Um diesen Wert Amortisationszeiten, fehlende Mittel und fehlendes zu erreichen, müsste sich die Zahl der energetischen Wissen der Vermieter über Energieverbrauch und Sa- Sanierungen mehr als verdreifachen oder höhere Sa- nierungspotenzial, außerdem fehlende Mehrheiten nierungsstandards bestehen. Doch dem stehen eine bei Eigentümergemeinschaften sowie das Investor- Reihe von Hemmnissen entgegen. So ist beispiels- Nutzer-Dilemma. weise eine Vollsanierung oft nur möglich, wenn das Die Sanierungsbereitschaft kann jedoch durch ver- Gebäude leersteht. schiedene Anreize erhöht werden, wie eine vermin- Ein Teil der Lösung könnten vorgefertigte Fassaden- derte Grundsteuer, ein Sanierungsfonds oder ein elemente sein. Sie bieten die Möglichkeit, mehrere ökologischer Mietspiegel, nach dem Vermieter eine Gewerke zusammenzufassen. Mit ihnen würde sich höhere Vergleichsmiete für sanierte Gebäude fordern außerdem die Bauzeit verkürzen, Kosten könnten können. Weitere Maßnahmen: Handwerksbetriebe gesenkt werden. Und schließlich könnten auch die werden für energetische Sanierungen qualifiziert Bewohner während der Gebäudesanierung in ihren und zertifiziert, Demonstrationsobjekte stehen für Wohnungen bleiben. Auch Dämmrestriktionen kön- Besichtigungen zur Verfügung. nen ein Hindernis sein, wie sie vor allem bei älteren Ganz wichtig ist es, die Akzeptanz in der Bevölkerung Gebäuden auftreten (niedrige Raumhöhen, Über- zu steigern, z.B. durch einen Ausbau der Beratungs- bauung, Denkmalschutz). Teil- und vollbeheizte Kel- stellen, gezielte Ansprache und Appelle an Eigen- lerräume bieten dagegen ein hohes Dämmpotenzial, tümer. 4.4 Effiziente Anlagentechnik und Wärmeverteilung Auch nach Ausschöpfung aller Dämmpotenziale bereitzustellen und so den Einsatz von Primärenergie bleibt ein Restbedarf an Wärme bestehen. Ziel ist und den damit verbundenen CO2-Ausstoß weiter zu es, diesen Restbedarf durch moderne Erzeugungs- reduzieren. anlagen und Verteilsysteme effizient und nachhaltig Austausch ineffizienter Heizungsanlagen Der Bestand der dezentralen Heizkessel in Frank- Weiterhin haben Heizungskessel aus dem Jahr furt unterteilt sich in Öl- und Gaskessel. Gasver- 1991-1997 einen hohen Anteil (36 %). Anlagen, sorgte Kessel dominieren mit rund 91 %. Der Groß- die älter als 24 Jahre sind, machen rund 19 % des teil (43 %) stammt aus der Zeit von 1998 bis 2009. Bestands aus. Nur 2 % der installierten Heizkessel 20
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