Mehr als Konnektivität - digitale Chancen für Telcos - Positionierung und Wachstums-potenzial von Telekommunikations-unternehmen in Deutschland ...
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Mehr als Konnektivität — digitale Chancen für Telcos Positionierung und Wachstums- potenzial von Telekommunikations- unternehmen in Deutschland, der Schweiz und Österreich
E X E C U T I V E S U M M A RY 4........... Olaf Riedel (Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) INTERVIEW 18........ Johannes Kaumanns (Deutsche Telekom AG) // Inhaltsverzeichnis 2 3 4 6........... // Ausgangslage von 20........ // IoT/M2M als 34........ // Ausblick Telcos im Zeitalter der (zukünftiges) Handlungs- Digitalisierung feld für Telcos 7........... 2.1 22........ 3.1 40........ Referenzen Wettbewerb bei Fest- und Marktpotenzial von IoT/M2M für Mobilfunknetzen Telcos in der GSA-Region 44........ Ihre Ansprechpartner 9........... 2.2 24........ 3.2 Wettbewerb von Internet- Handlungsfelder entlang der diensten: Over-the-Top-Player IoT-Wertschöpfungskette 12........ 2.3 25........ 3.3 Telcos vs. OTTs: Connected Devices Gibt es einheitliche Wett- bewerbsbedingungen? 26........ 3.4 Connectivity 15........ 2.4 Marktakteure und mögliche 28........ 3.5 Handlungsfelder IoT-Plattform: Telcos als Service-Enabler 31........ 3.6 End-to-End Applications: In Kooperation mit: Telcos als Service Creators
// 1 // Einleitung D er Ausbau hochleistungsfähiger potenzial zu erwarten. Ziel dieser vierten rung. Ein spezieller Fokus liegt dabei auf Breitbandinfrastruktur ist Grund- Industrialisierungsstufe ist eine weitere den Anwendungsbereichen IoT und Ma- voraussetzung für zahlreiche Inter- Automatisierung der Produktion. Die chine-to-Machine-Kommunikation (M2M). netdienste, insbesondere jedoch für die Basis dafür bilden die Verfügbarkeit aller Digitalisierung der Wirtschaft. Klassische relevanten Informationen in Echtzeit Neben relevanter Literatur und kon- Telekommunikationsunternehmen (Tel- und die Vernetzung aller an der Wert- kreten Anwendungsbeispielen aus der cos) müssen dazu sowohl im Festnetz- als schöpfungskette beteiligten Prozesse. GSA-Region fließen in diese Studie meh- auch im Mobilfunkbereich hohe Summen Diese Entwicklung geht einher mit einer rere Experteninterviews mit Vertretern investieren, während Internetdienstleis- voranschreitenden Vernetzung von An- aus der Telco-Branche ein. tungsunternehmen ohne große eigene wenderbranchen und der IKT-Branche, Investitionen von der geschaffenen Infra- beispielsweise zwischen Telcos, Soft- Kapitel 2 geht zunächst auf die Ausgangs- struktur profitieren. Für Telcos ist es ein wareanbietern, Maschinenbauunterneh- lage von Telcos im Zeitalter der Digita- Marktumfeld, in dem es seit Jahren vor men und anderen. lisierung ein. Hier sind die wesentlichen allem um die Optimierung der eigenen Wettbewerbsprozesse sowie die wechsel- Prozesse geht und man sich kaum ge- Wachstumspotenzial dank seitige Abhängigkeit von Internetdiensten genüber der Konkurrenz absetzen kann. Industrie 4.0 und -infrastrukturen genannt. Zudem Telcos stellt sich grundsätzlich die Frage, wird darin das zugrunde liegende Tele- wie sie ihre Investitionen in eigene, neue In der öffentlichen Debatte steht das kommunikationsökosystem beschrieben. Wachstumspotenziale wandeln. Dabei Thema Industrie 4.0 in GSA daher zu Anschließend werden zusammenfassend rücken auf der Infrastruktur aufbauende Recht klar im Fokus. Dabei verzeichnet denkbare Optionen für Telekommunika- Anwendungen und Marktangebote in den die Dienstleistungsbranche einen durch- tionsanbieter mit besonderem Fokus auf Fokus, die bislang erfolgreich von spezia- schnittlich höheren Digitalisierungsgrad IoT/M2M skizziert. Auf dieser Grundlage lisierten Anbietern erbracht wurden. als das verarbeitende Gewerbe. Auch in erfolgt in Abschnitt 3.1 eine quantitative Bezug auf Anwendungen des Internet Analyse des Marktpotenzials von IoT/ Informationen in Echtzeit of Things (IoT) besteht bei den Unter- M2M für Telcos in der GSA-Region und nehmen des verarbeitenden Gewerbes ihren einzelnen Ländern. Hierfür werden Durch die Omnipräsenz digitaler Techno- noch erhebliches Nachholpotenzial. Modellrechnungen mit unterschiedlichen logien beschränkt sich die Digitalisierung Einer Umfrage zufolge nutzen 40 Pro- Zeithorizonten (bis zum Jahr 2025 bzw. nicht auf die Informations- und Kommu- zent der verarbeitenden Unternehmen 2030) vorgenommen. In den darauf- nikationstechnologiebranche (IKT-Bran- in Deutschland IoT-Anwendungen.1 Bei folgenden Abschnitten 3.2 bis 3.6 folgt che), sondern erfasst alle Wirtschafts- Dienstleistungsunternehmen sind es be- eine qualitative Darstellung relevanter bereiche. Der Begriff „Industrie 4.0“ um- reits 47 Prozent. Den kurzfristigen Ein- IoT-/M2M-Handlungsfelder von Telcos fasst die Digitalisierung und Vernetzung stieg in IoT-Anwendungen planen jedoch in der GSA-Region entlang der IoT-Wert- der industriellen Produktion insgesamt. mit 14 Prozent mehr Unternehmen des schöpfungskette. Abschnitt 4 fasst die Gerade in Ländern mit hoch entwickelter verarbeitenden Gewerbes als Dienstleis- wesentlichen Ergebnisse zusammen und Industrie wie Deutschland, der Schweiz tungsunternehmen (6 Prozent). beschreibt Handlungsfelder und mögliche und Österreich (im Folgenden GSA — Ger- Lösungsansätze. many, Switzerland, Austria — genannt) Angesichts dieser Ausgangssituation und dort vor allem in Branchen wie stellt diese Studie die Frage nach dem Handel, Elektrotechnik und Maschinen- Wachstumspotenzial von Telcos in der bau ist für Industrie 4.0 ein hohes Markt- GSA-Region im Zeitalter der Digitalisie- 1 Graumann et al. (2017), S. 58. Mehr als Konnektivität — digitale Chancen für Telcos | 3
// Executive Summary S ieht man sich die Umsatzentwicklung von Telekommuni- kationsunternehmen in den letzten Jahren an, stellt man ein leichtes Wachstum fest. Die Profitabilität hingegen hat aufgrund des Preisdrucks stetig abgenommen, und dies führt zu Verstimmung bei den Kapitalgebern. Eine der größten Herausforderungen der Telcos ist es also, attraktive und profi- table Geschäftsmodelle zu entwickeln und erfolgreich auf dem Markt zu positionieren, um auch wieder mehr Vertrauen auf der Kapitalmarktseite aufzubauen. Die bisherigen Versuche, in neue Geschäftsmodelle zu investieren, auf deren Grundlage die Netzinfrastruktur besser monetarisiert und weiter ausgebaut werden kann, etwa durch „Connected Home“, „E-Health“ oder „Mobile Finance & Payment“, waren nicht besonders erfolgreich und wurden sehr häufig wieder eingestellt. Die Gründe dafür Fortschreitende digitale Transformation verändert die Geschäftsmodelle der Telcos Die Digitalisierung ist Chance und Herausforderung zugleich für die Telcos: Die Chancen liegen ganz wesentlich darin, dass die Telcos Treiber und Beschleuniger des Wandels sein können. Durch die Bereitstellung digitaler Services kombiniert mit Infra- struktur, Daten- und Kommunikationsverbindungen können die Telcos die deutsche und europäische Industrie aktiv auf dem Weg in das neue Zeitalter der Industrie 4.0 begleiten. So können sie den Aufbau neuer digitaler Fabriken unterstützen, die über selbstlernende intelligente Steuerung Prozesse nicht nur automatisieren, sondern ständig verbessern und sie so an sind vielfältig. Zum einen haben die großen Telcos wenig Erfah- neue Anforderungen von Markt und Technologie kontinuierlich rung darin, solche Innovationen zu entwickeln und, mehr noch, anpassen. Dazu benötigt die Industrie verlässliche Daten- und profitabel zu vermarkten. Andererseits sind die sogenannten Kommunikationsverbindungen, die nahezu in Echtzeit funktio- Over-the-Top-Player wie Google, Amazon, Skype usw. oft nicht nieren, d. h. 5G. nur schneller, sondern auch immer sofort global präsent und nutzen die Infrastrukturen der Telcos im Prinzip unentgeltlich. Andererseits verändern sich die Kundenanforderungen an die Telcos dramatisch. Der Kunde erwartet mehr und mehr auch Der neue Mobilfunkstandard 5G, der gerade von führenden über digitale Kanäle, über Internet oder das Mobiltelefon, eine Technologiefirmen wie Ericsson, Nokia und Huawei entwickelt exzellente Betreuung, integrierte Sales Channels, die ein „One und gemeinsam mit den Telcos pilotiert wird, könnte die Telcos Stop Shopping“ ermöglichen. Über unterstützende Analytik wieder ins Spiel bringen: Wenn in den nächsten Jahren diese des Kundenverhaltens können zusätzliche Services und höhere Technologie von den Telcos ausgerollt wird, ergeben sich völlig Umsätze je Kunde erzielt werden. Die Digitalisierung treibt die neue Geschäftsmöglichkeiten, die hoffen lassen, dass die Telcos auch im Massenkundenmarkt dazu, nicht einzelne Pro- großen Investitionen in diese neue Mobilfunktechnologie auch dukte oder Services anzubieten, sondern gebündelte Service- monetarisiert und profitabel gemacht werden können. Der pakete, d. h. klassische Sprach- und Datenverbindungen kombi- Hebel dabei liegt wesentlich in völlig neuen Anwendungs- niert mit komplett neuen digitalen Services, etwa auf dem Weg möglichkeiten etwa im Bereich des Internet of Things. Das zum „Smart Home“ oder zum digitalen, interaktiven Enter- reicht von modernen Mobilitätskonzepten über das autonome tainment & Gaming. Fahren bis hin zu ferngesteuerten Operationen im Gesundheits- bereich („remote surgery“). Diese Möglichkeiten sind wesent- Herausforderungen für Telcos im Bereich IoT lich von den völlig neuen Eigenschaften der 5G-Technologie in den nächsten zwei Jahren geprägt. Dazu gehören eine extrem hohe Breitbandigkeit, fast keine Zeitverzögerung („low latency“) sowie die Möglichkeit, Die Kombination des Aufbaus technologischer Plattformen, ein Vielfaches an Geräten in einer Mobilfunkzelle einzuloggen. die die Integration von IoT-Services wie E-Health oder E- Mobility mit den Kommunikationsservices sichern, mit dem Aufbau technologischer Kompetenz auf den unterschiedlichen Feldern der IoT-Services bildet die Grundlage zur erfolgreichen Monetarisierung. Die Entwicklung, die Vermarktung und das Betreiben von IoT-Services gehört traditionell nicht zur „DNA“ der Telcos. 4 | Mehr als Konnektivität — digitale Chancen für Telcos
Olaf Riedel Leader Technology, Media & Entertainment und Telecommunications für Deutschland, die Schweiz und Österreich, Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deshalb ist es entscheidend für den Erfolg, entweder intern, interaktiver Lern- und Studienformen. Im Geschäftskunden- durch Recruiting von Fachexperten oder durch Akquisition, bereich gehören dazu Angebote für Cybersecurity, Analytics über Partnering oder über Co-Creation Kompetenz aufzu- und Data Center Services. bauen. Nur so wird es möglich, komplexe Kundenbedürfnisse besser zu verstehen und IoT-Angebote gebündelt aus einem Europa im globalen Wettbewerb Ökosystem von Partnerschaften und Allianzen heraus am Markt erfolgreich zu positionieren. Europäische Telcos müssen sich zusammenschließen müssen, um langfristig im globalen Markt bestehen zu können. In Anbetracht Ziel muss es sein, bis 2020 einen Großteil des Wachstums der hochkapitalisierten Anbieter in Amerika und Asien stellt sich der Telcos aus solchen IoT-Services abzusichern, ggf. auch die Frage, ob man dort eher angefangen hat, in diese Richtung zu zulasten der Profitabilität in der Zwischenzeit. Das traditio- denken. Letztendlich profitieren die Firmen dort aber auch von nelle Geschäft muss parallel dazu auf höhere Effizienz und zwei riesigen Binnenmärkten. In Europa ist die ganze Diskussion Profitabilität getrimmt werden, um die neuen Geschäfts- über ein mögliches Auseinanderfallen der EU schon aus dieser felder zu finanzieren. Perspektive zutiefst problematisch. Es müsste ganz im Gegenteil das regulatorische Umfeld harmonisiert und im Telekommunikati- Grundvoraussetzungen für den Vertrieb onsbereich ein europäischer Binnenmarkt entwickelt werden. von IoT-Lösungen Gesetzliche Rahmenbedingungen Wesentliche Voraussetzungen für den erfolgreichen Vertrieb im Hinblick auf das IoT von IoT-Lösungen sind zunächst die Integration der ver- schiedenen technischen Leistungen auf einer technischen Die Politik sollte zunächst darauf einwirken, dass wir zumin- Plattform, der ökosystemübergreifende Vertrieb mit „One dest innerhalb von Deutschland nicht überregulieren. Darüber Stop Shopping“ und einer Rechnung sowie der Aufbau und die hinaus sollte diesbezüglich eine europäische Lösung angedacht Betreuung der Services aus einer Hand. Das stellt ggf. kom- und die nötigen Infrastrukturinvestitionen sollten erleichtert plett neue Anforderungen an den Vertrieb im Privatkunden- werden: Angesichts des kürzlich kommunizierten Auktions- geschäft, aber viel mehr noch im Geschäftskundenvertrieb. regelrahmens für das künftige 5G-Netz ist — im Zusammen- Die Vertriebsmitarbeiter müssen befähigt werden, komplexe hang mit der starken Regulierung der aktuellen Player — frag- Kundenbedürfnisse zu verstehen, komplizierte technische lich, ob dieses Ziel erreicht werden kann. Unabhängig davon Lösungen anzubieten und den Kunden von deren Nutzen für ist es wichtig, dass die Politik die Angst vor höheren Arbeits- ihn überzeugen. Das ist ein schwieriger Prozess, gerade dort, losenzahlen durch den Einsatz digitaler Technologien nicht wo der Schwerpunkt des Vertriebs traditionell auf Kommu- weiter schürt. nikations- und Datenservices gelegt wurde. Hinzu kommt die Herausforderung, den Kunden klarzumachen, dass eine Telco Zuletzt sollte die Politik in Bezug auf das Thema Arbeitneh- der „Partner der Wahl“ für IoT-Lösungen ist. mer zum einen die Möglichkeiten verbessern, Mitarbeiter umzuschulen; zum anderen sollte sie schon bei der Ausbildung Weitere Aktionsfelder für Telcos unserer Kinder anfangen, stärker auf Technologie zu setzen, damit die Angst vor neuen Technologien bereits im Vorfeld Zunächst ist es für die Telcos sinnvoll, zu fokussieren. Die ausgeräumt wird. Mittel- bis längerfristig erwarten wir seitens große Zukunftswette heißt sicher IoT. Darüber hinaus sollten der Politik vor dem Hintergrund des sich durch das IoT ver- die Telcos ihr Geschäft im Bereich von Entertain, Gaming und ändernden Arbeitsmarktes auch eine Auseinandersetzung mit Gambling ausbauen. Gerade die Angebote mit Interaktivität und dem bedingungslosen Grundeinkommen. Video lassen auch die zahlungswillige Nachfrage nach Ausbau von Bandbreite weiter steigen. Dazu kommt der Ausbau von Angeboten etwa im Bildungsbereich z. B. zum Aufbau virtueller Mehr als Konnektivität — digitale Chancen für Telcos | 5
// 2 Ausgangslage von Telcos im Zeitalter der Digitalisierung 6 | Mehr als Konnektivität — digitale Chancen für Telcos
// 2.1 // Wettbewerb bei Fest- und Mobilfunknetzen S eit Beginn der Marktliberalisierung führte für den gesamten Festnetzbereich 4G) basierende Mobilfunktechnolo- 1997/19982 ist die Telekommu- zu einer ersten Phase der Wettbewerbs- gie Bandbreiten, die den modernen nikationsbranche (Festnetz und intensivierung. leitungsgebundenen Breitbandnetzen Mobilfunk) einer der dynamischsten und zunehmend vergleichbar sind. Auch die kompetitivsten Wirtschaftszweige gewor- Mobiles Breitband auf Europäische Kommission3 sieht in LTE den. Die Marktöffnung für neue Festnetz- dem Vormarsch mittelfristig einen relevanten Ersatz bei anbieter begünstigte Innovationen und hinreichender Netzabdeckung. Dennoch Investitionen. Dank der sektorspezifi- In Bezug auf schmalbandige Telefonie- gibt es in technologischer Hinsicht noch schen Regulierung konnten alternative dienste war das Phänomen der soge- qualitative Unterschiede. So wird die Festnetzanbieter ihren Endkunden nannten Festnetz-Mobilfunk-Substi- Luftschnittstelle von allen Teilnehmern auch Sprachtelefoniedienste kompetitiv tution bereits zu Beginn des Ausbaus einer bestimmten Funkzelle gemeinsam anbieten. Kabel-TV-Netze (CATV) mit schneller Breitbandnetze ab etwa 2006 genutzt (Shared Medium). bidirektionaler Funktionalität und deren sehr intensiv ausgeprägt. Inzwischen Bündelprodukte (neben CATV auch übt es auch bei Breitbandangeboten Abbildung 1 zeigt die Marktanteile der Festnetztelefonie und Breitbandinternet) einen immer stärkeren Wettbewerbs- jeweiligen Anbieter in den nationalen sorgten für weiteren festnetzinternen druck aus. Während mobiles Breit- Mobilfunkmärkten der GSA-Region. In und infrastrukturbasierten Wettbewerb. band auf der Basis von 3G-Standards Bezug auf die Mobilfunkanbieter mit Daneben veränderten vor allem die neu noch nicht als hinreichend kompetitiv eigener Netzinfrastruktur bestehen rela- geschaffenen Mobilfunknetzwerke die betrachtet wurde, bietet die auf Long- tiv enge Oligopole. Die höchste Konzent- Marktstrukturen insgesamt stark. Dies Term Evolution (LTE/LTE Advanced, ration weist der Schweizer Markt auf. 2 European Commission (1998). 3 European Commission (2014), Abschnitt 4.2.1. Abbildung 1 Mobilfunkanbieter und ihre jeweiligen Marktanteile Deutschland Schweiz Österreich 34 % E-Netz (Telefónica SA) 58,8 % Swisscom (Swisscom AG) 38 % A1 (Telekom Austria AG) 34 % D2-Netz (Vodafone GmbH) 19,4 % Sunrise (Sunrise Communications AG) 30 % T-Mobile (T-Mobile Austria GmbH) 32 % D1-Netz (Deutsche Telekom AG) 16,7 % Salt (Salt Mobile SA) 26 % Drei (Hutchison Drei Austria GmbH) 5,1 % Andere 4,1 % HoT (HoT Telekom und Service GmbH) Anmerkung: nach Teilnehmern pro Quartal. Stand Deutschland: Q4/2017; Stand Österreich: Q1/2017; Stand Schweiz: Q4/2016 Mehr als Konnektivität — digitale Chancen für Telcos | 7
Bevorstehender In naher Zukunft ist mit dem Aufbau Breitbandkonnektivität zur Verfügung Generationswechsel von 5G-Netzen ein weiterer disruptiver stellen, sondern das Potenzial haben, Technologiewandel zu erwarten: Die neue Märkte zu erschließen. Als künftige Technologie wird voraussichtlich in eine Geschäftsfelder gelten insbesondere konvergente Festnetz- und Drahtlosinfra- die Automatisierung der Industrie (Indus- struktur münden; drahtlose Verbindun- trie 4.0/IoT/M2M), Energienetze (Smart gen zu Gebäuden könnten Privatkunden Grids), das Verkehrswesen (Intelligent damit eine Alternative zu Glasfaser- bzw. Transport Systems, autonomes Fahren) Kupfer-/Koaxialkabelanschlüssen bieten. und das Gesundheitswesen (E-Health). Auch viele industriespezifische Applika- tionen werden voraussichtlich 5G-Netze benötigen. Auf der Basis breiterer und höherer Frequenzen, moderner Modu- lierungsverfahren und einer massiven Verdichtung von Mobilfunkstandorten soll die 5G-Technologie nicht nur bessere INFOBOX Neue Qualitätsmaßstäbe mit 5G Viele Anwendungsbereiche sollen dank der folgenden Verbesserungen vom 5G-Standard profitieren:4 • Spitzendatenraten (von derzeit 1 Gbit/s auf 20 Gbit/s) • erreichbare Datenraten (von 10 Mbit/s auf 100 Mbit/s) • Reduktion der Verzögerung (Latenzzeiten, von 10 ms auf 1 ms in der Funkschnittstelle) • Erhöhung der Mobilität auf eine maximale Geschwindigkeit von 500 km/h • Dichte der Endgeräte (bis zu 100.000 Geräte pro km2) • spektrale Effizienz (Verbesserung um den Faktor 3) • Datenverkehr je Fläche (bis zu 10 Mbit/s/m2) Nach der für 5G erforderlichen Frequenzstandardisierung zwischen Mensch und Maschine. Sie soll über bisherige auf der Weltfunkkonferenz (World Radio Conference) im Jahr smartphonebasierte Anwendungen (vor allem Telefonie- und 2019 und der nationalen Festlegung des Auktionsdesigns, Datendienste) weit hinausgehen und sowohl auf der indivi- der Versorgungsauflagen und der Vergabe von Frequenzen duellen Nutzerebene als auch aus industrieller Sicht völlig soll der kommerzielle Rollout von 5G in der GSA-Region neue Möglichkeiten bieten. Interviews mit unterschiedlichen frühestens im Jahr 2020 beginnen. Der Aufbau eines Experten legen nahe, dass viele Industriebereiche bereits universellen und konvergenten Glasfaser-/5G-Netzes ist heute einen hohen Bedarf an echtzeitfähiger unter anderem die Voraussetzung für die Kommunikation Mobilfunkinfrastruktur haben. 4 Reichl et al. (2017), S. 9–10; auch EY (2017), S. 9–10. 8 | Mehr als Konnektivität — digitale Chancen für Telcos
// 2.2 // Wettbewerb von Internetdiensten: Over-the-Top-Player N eben der Dynamisierung des • Kommunikationsdienste • Online-Spiele Wettbewerbs durch den Mobilfunk- (z. B. Skype, WhatsApp, Viber) (z. B. Strategiespiele) sektor ist in der Telekommunika- tionsbranche seit einigen Jahren eine • Echtzeitunterhaltungsdienste • Webbrowsing zweite Phase der Wettbewerbsintensivie- (z. B. Netflix, YouTube, Maxdome) (z. B. Internet Explorer, Firefox, rung zu beobachten. Die zunehmende Google Chrome, Safari) IP-Konvergenz verändert dabei diverse • Soziale Netzwerke Geschäftsmodelle nachhaltig. (z. B. Facebook, Twitter, XING) • Suchmaschinen (z. B. Bing, Yahoo, Google) Sogenannte Over-the-Top-Content- • Marktplätze oder OTT-Player bieten ihre Dienste auf (z. B. Amazon, Ebay, Zalando) der Basis bestehender Internetinfra- strukturen an, über die Teilnehmeran- • Filesharing-Dienste schlussnetzwerke der klassischen (z. B. BitTorrent, OneDrive) Telcos. Dabei lassen sich die folgenden wichtigsten OTT-Dienstegruppen • Speicher- und Transferdienste unterscheiden:5 (z. B. Dropbox, WeTransfer, iCloud) 5 Peitz und Valletti (2015) sowie Krämer und Wohlfarth (2015). Trennung von Datentransport Die massiv zunehmende Bedeutung grundsätzlich die Transportdienstleistung und Datenanwendung digitaler OTT-Dienste hat das klassi- der Daten von der Anwendung, die diese sche Gefüge in der Telekommunika- Daten benötigt. Für den Transport ist es tions- und Medienbranche nachhaltig demnach unerheblich, ob das Daten- verändert: Ursprünglich war diese von paket Teil einer Sprach-, Video- oder vertikal integrierten Anbietern geprägt, Textnachricht ist. Für den Netzbetreiber die sowohl das Transportnetz (z. B. sind Erlöse nach den unterschiedlichen Kabelnetze, PSTN-Telefonnetze und Anwendungstypen nicht mehr ohne Mobilfunknetze) als auch die darüber weiteres zu erzielen. Ebenso hat er prinzi- erbrachte Dienstleistung (insbesondere piell keine Kontrolle über die Dienste, Fernsehen, Breitband, Sprachtelefonie die über sein Netz erbracht werden. Das und SMS) kontrollierten. Verschiedene macht die Netzbetreiber grundsätzlich Dienste (z. B. Sprachtelefonie und SMS) auch austauschbar: Digitale Dienste sind können nun über dasselbe Netz erbracht unabhängig — sie benötigen weder einen und gleichzeitig separat abgerechnet spezifischen Betreiber noch eine konkre- werden. IP-basierte Netze, die auf dem te Netzinfrastruktur. Gleichzeitig haben Internet-Kommunikationsstandard der die Anbieter von Inhalten in der Regel Protokollfamilie TCP/IP beruhen, trennen keine Kontrolle über die Transportdienst- Mehr als Konnektivität — digitale Chancen für Telcos | 9
leistung des Netzbetreibers. Insbesonde- nen Dekade sukzessive zurückgegangen über dem Mobilfunksektor und seit 2011 re bei echtzeitkritischen Anwendungen sind. Im Festnetzbereich gilt das sowohl auch stark gegenüber den Angeboten (z. B. Videotelefonie oder IoT) können sie für den Gesamtmarkt als auch für das der OTT-Plattformdienste verloren hat. daher die Qualität ihres digitalen Dienstes regulierte Incumbent-Unternehmen Deut- Für die Zukunft wird angesichts des (Quality of Service) nicht garantieren.6 sche Telekom (TK-Festnetz Telekom). Ein- wachsenden Anteils an Digital Natives in zig bei den Umsätzen auf Mobilfunk- und der Bevölkerung eine weiter zunehmende Die Auswirkungen dieser Entwicklungen Kabelnetzbasis kam es zu einem leichten Bedeutung von OTT-Diensten erwartet. sind beispielhaft für den deutschen Tele- bzw. deutlichen Anstieg im Vergleichs- kommunikationsmarkt in den folgenden zeitraum.7 Abbildung 3 zeigt am Beispiel Die oben genannten Wettbewerbsprozes- zwei Abbildungen dargestellt. Abbil- der Verkehrsvolumina für abgehende se haben sowohl im Festnetz- als auch dung 2 zeigt, dass die Telekommunika- Sprachtelefonieverbindungen, dass der im Mobilfunkbereich in den vergangenen tionsumsätze insgesamt in der vergange- gesamte Festnetzbereich sowohl gegen- Jahren eine immer stärker voranschrei- Abbildung 2 Entwicklung des Gesamtmarktes und der Teilmärkte für Telcos in Deutschland 70 64,1 61,8 61,3 60,2 60,2 60,1 59,0 60,0 59,7 60 58,8 Außenumsätze in Milliarden Euro 50 40 35,3 34,2 32,9 31,8 31,0 30,1 30 28,9 28,3 27,7 27,1 25,4 24,1 24,7 24,6 24,8 25,2 21,3 26,5 26,7 26,2 19,8 25,1 20 18,1 16,5 15,5 15,2 14,5 14,2 13,9 13,6 14,4 14,8 15,2 15,5 14,9 14,4 14,1 14,0 13,8 13,5 10 4,4 4,8 5,0 5,2 5,3 5,5 3,4 3,5 3,7 3,8 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Gesamtmarkt TK-Festnetze gesamt Mobilfunknetze TK-Festnetz Telekom TK-Festnetz Wettbewerber Breitbandkabelnetze Anmerkung: Angaben inkl. Sprach- und Internetdiensten, Datendiensten, Interconnection, Mietleitungen, Inhalten, Endgeräten und Verteilung von TV-Inhalten, die von Netzbetreibern und deren Vertriebspartnern abgesetzt werden. 6 Absatz entnommen aus Bertschek et al. (2016), S. 104. 7 Der Erfolg von Kabelfernsehnetzen dürfte auf die Attraktivität von Bündelprodukten auf der Basis von CATV, VoIP und Breitbandinternet zurückzuführen sein. Die Attraktivität basiert hier auf relativen Kostenvorteilen gegenüber den vergleichbaren PSTN-Telefonnetzprodukten. Zudem hatten Incumbent-Unternehmen bislang weniger Erfolg in der Vermarktung von IPTV-Produkten, insbesondere in Deutschland und Österreich. In der Schweiz hingegen konnte Swisscom IPTV in Verbindung mit Fernsehangeboten durch TV-Streaming auf der Basis von Internetplattformen erfolgreich etablieren (WIK, 2017). 10 | Mehr als Konnektivität — digitale Chancen für Telcos
tende Marktkonsolidierung ausgelöst. Diese Entwicklung, die in den vergange- Obwohl sich in der internationalen nen Jahren neben Europa auch in den Betrachtung auch die Zahl der Markt- USA und in einzelnen BRIC-Staaten11 zu eintritte dynamisch gezeigt hat,8 beobachten war, lässt sich im Hinblick auf dominierten insgesamt die Konsolidie- Technologie und Kostenstrukturen auf rungstendenzen deutlich. Die Folge ist Größenvorteile12 zurückführen. eine erhöhte Marktkonzentration im Telekommunikationsbereich.9 Innerhalb der GSA-Region gilt dies vor allem für Deutschland und Österreich.10 Abbildung 3 Abgehende Sprachverbindungsminuten 1.000 967 961 947 947 912 914 920 914 900 861 874 800 Millionen Minuten pro Tag 700 600 545 540 529 501 488 500 463 430 405 400 360 345 293 300 301 303 311 300 275 231 250 231 310 309 197 204 260 200 179 250 109 120 100 85 85 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Gesamt Festnetz Mobilfunk Breitbandkabelnetze Anmerkung: Angaben für Deutschland (mobil ohne Roaming, OTT-Verkehr entspricht geschätzten Verbindungsminuten, die nicht über einen Anschlussnetzbetreiber abgerechnet werden, Schätzung für 2017), Quelle: VATM (2017). 8 Oftmals erfolgten diese aufgrund entsprechender Fusionsauflagen im Rahmen der behördlichen Genehmigung von zeitlich vorgelagerten Fusionen. 9 Für den Mobilfunksektor sei hier verwiesen auf Mariniello & Salemi (2015) sowie OECD (2015), Tabellen 4.4–4.5, für den Festnetzbereich auf die Informationen aus ZEWnews Oktober 2015, Schwerpunkt M&A Report („Konzentration auf europäischen Festnetzmärkten nimmt zu“) und aus ZEWnews April 2017, Schwerpunkt M&A Report („Internationale Großübernahmen prägen Europas Telekommunikationssektor“). 10 Hier sind im Mobilfunk vor allem die letzten drei bis vier Fusionen von Mobilfunkanbietern mit eigener Netzinfrastruktur gemeint, am deutschen Markt (der milliardenschwere Zusammenschluss von E-Plus, Tochter der niederländischen KPN, und O2, Mobilfunkmarke der spanischen Telefónica-Gruppe im Jahr 2014) sowie zuvor schon am österreichischen Markt (die Übernahme der Mobilfunkmarke Orange durch den kleineren Konkurrenten Hutchison/Drei im Jahr 2013). Im Festnetzbereich waren vor allem Konsolidierungen im Bereich der Kabelnetzbetreiber zu beobachten, insbesondere in Deutschland. Das gilt auch im Hinblick auf die derzeit geplante Übernahme des Kabelnetzbetreibers Unitymedia durch Vodafone zu einem genannten Kaufpreis von 18,4 Milliarden Euro. 11 EY (2018), S. 17. 12 In der Mikroökonomie spricht man von Größenvorteilen bzw. Skaleneffekten (Economies of Scale), wenn in einer Branche oder in einem Unternehmen der Output zu weniger als dem Doppelten der Kosten verdoppelt werden kann. Skalenerträge (Returns to Scale) werden hingegen in Relation zur Produktionsfunktion definiert und stellen einen Spezialfall von Größenvorteilen dar. Mehr als Konnektivität — digitale Chancen für Telcos | 11
// 2.3 // Telcos vs. OTTs: Gibt es einheitliche Wettbewerbsbedingungen? M it dem wettbewerblichen Zu- zu Angeboten der Internetinfrastruktur- Gleichzeitig sind die einzelnen Akteure sammenspiel der genannten anbieter. Dies zeigt sich im Festnetz- und innerhalb des Internetökosystems mit Marktakteure stellt sich auch die im Mobilfunkbereich gleichermaßen. sehr unterschiedlichen Regulierungsver- Frage gleicher und gerechter Wettbe- Zwar weist der Mobilfunk im Vergleich pflichtungen konfrontiert, selbst dann, werbsvoraussetzungen („level playing zum Festnetz Wachstum auf; allerdings wenn sie augenscheinlich substituierbare field“) neu. So haben OTT-Dienste einer- haben Mobilfunknetzbetreiber bei den Dienste anbieten.14 seits erheblich zur Verbreitung von ehemals substanziellen Umsatzströmen Internetanschlüssen beigetragen. Ande- aus SMS und MMS durch OTT-Dienste rerseits stehen einzelne dieser Dienste wie WhatsApp, Apple iMessage oder den zunehmend in substitutiver Beziehung Facebook Messenger massiv verloren.13 13 Bezüglich wertmäßiger Entwicklungen sei hier auf den Vergleich der Marktkapitalisierung relativ junger Internetkonzerne gegenüber seit Jahrzehnten etab- lierten und bedeutenden DAX-Unternehmen beispielhaft hingewiesen: SAP: 120,16 Mrd. Euro; Bayer: 87,97 Mrd. Euro; VW: 71,78 Mrd. Euro gegenüber Apple: 786,08 Mrd. Euro; Alphabet: 623,90 Mrd. Euro; Facebook: 484,20 Mrd. Euro. (Quelle: finanzen.net, 28.6.2018) 14 Bertschek et al. (2016), S. 116. INFOBOX Regulierungsverpflichtungen für Netzbetreiber Marktbeherrschende Telekommunikationsnetzbetreiber Die regulatorischen Unterschiede ergeben sich ins- wie die Deutsche Telekom unterliegen einer Zugangs- und besondere durch die juristische Einordnung von OTT- Entgeltregulierung. Umgekehrt müssen dienstebasierte Diensten. Sowohl im europäischen als auch im US- Festnetzanbieter für den Zugang zur Infrastruktur ein regu- amerikanischen Rechtsgebiet gelten sie in der Regel latorisch festgesetztes Entgelt entrichten. Darüber hinaus nicht als Kommunikationsdienste (Electronic Communi- müssen alle Kommunikationsdiensteanbieter eine Reihe cations Service/ECS [EU] bzw. Common Carrier [USA]), weiterer sektorspezifischer Regulierungsauflagen berück- sondern als Informationsdienste (Information Society sichtigen, darunter technische Vorgaben zur Interoperabili- Service [EU] bzw. Information Service [USA]). Auf tät, Zusammenschaltungs- und Transparenzverpflichtungen, Letztere findet die sektorspezifische Regulierung keine telekommunikationsspezifische Verbraucherschutz- und Anwendung.16 Der Zusammenschluss europäischer Datenschutzbestimmungen sowie Sicherheitsvorschriften Regulierungsbehörden17 schlägt die folgende Unter- und Notrufdienste.15 teilung von OTT-Kommunikationsdiensten vor: • OTT-0: Kommunikationsdienste, die als ECS klassifiziert werden können, insbesondere solche, die eine Verbindung zum öffentlichen Telefonnetz haben (z. B. SkypeOut). • OTT-1: Kommunikationsdienste, die nicht als ECS klassifiziert werden, aber potenziell mit ECS-Diensten im Wettbewerb stehen (z. B. Skype [ohne SkypeOut], Instant Messaging). • OTT-2: alle anderen OTT-Dienste, die folglich keine Kommunikationsdienstleistungen erbringen, zum Beispiel E-Commerce- oder Multimedia-Streaming-Dienste. 15 BEREC (2015); Monopolkommission (2015), S. 180; Krämer und Wohlfahrt (2015). 16 Absatz entnommen aus Bertschek et al. (2016), S. 117. 17 BEREC (2015). 12 | Mehr als Konnektivität — digitale Chancen für Telcos
Verschärftes Dabei stellen sich allerdings unmittelbar Einflussmöglichkeit auf den Transport Ungleichgewicht einige Fragen: Ist eine Unterscheidung und insbesondere die Priorisierung in OTT-0 und OTT-1 sinnvoll? Sollten der Datenpakete.18 Regulierungsverpflichtungen für alle ECS erlassen werden? Sollte man im Interesse An dieser Stelle sei angemerkt, dass auch eines chancengleichen Wettbewerbs auf die Vorgaben zur Netzneutralität und regulatorischer Ebene den Rechtsrahmen zu Datenschutzbestimmungen mögliche so abändern, dass zumindest OTT-1 als Geschäftsmodelle und resultierende ECS klassifiziert werden können? Gewinnverteilungen zwischen Telcos und OTT-Anbietern entscheidend beeinflus- Asymmetrie in sen. Neben dem bereits angesprochenen Regulierungsfragen „level playing field“ auf der Ebene von Diensten stellt sich damit auch die Frage Einerseits scheinen im Zeitalter der nach einem „level playing field“ auf der allgegenwärtigen Vernetzung einige Ebene der Ordnungsrahmen der globalen Regulierungsverpflichtungen (z. B. die IKT-Märkte. Insbesondere im Vergleich Sicherstellung des Notrufs) entbehrlich. mit den USA sehen sich die in Europa Dies könnte man zum Anlass nehmen, agierenden Telcos mit dem verhältnismä- die bestehenden Vorschriften auf ihre ßig restriktiven EU-Regulierungsrahmen Verhältnismäßigkeit zu prüfen. Andere konfrontiert, der auch umfangreiche Verpflichtungen (z. B. Transparenz- Regelungen zum Verbraucher- und verpflichtungen) könnten jedoch ein Datenschutz enthält. Diese ordnungs- durchaus sinnvolles Instrumentarium für politische Asymmetrie dürfte sich im die Chancengleichheit für OTT-Kommu- Hinblick auf die aktuelle Kehrtwende in nikationsdienste sein, die derzeit nicht der US-Netzneutralitätsdebatte19 und die als ECS klassifiziert sind. Doch selbst bei in Europa seit Mai 2018 geltende Daten- einer Harmonisierung des Rechtsrah- schutz-Grundverordnung (DSGVO) noch mens bestehen nach wie vor technische verschärfen.20 Unterschiede beim Erbringen der jewei- ligen Kommunikationsdienstleistung. Zu einer weiteren grundlegenden Asym- So haben OTT-Kommunikationsdienste metrie im internationalen „level playing aufgrund der Trennung von Infrastruktur- field“ führen die großen Unterschiede und Dienstbetreiber in der Regel keine im Ausschöpfen von Größenvorteilen 18 Abschnitt entnommen aus Bertschek et al., 2016, S. 118–119. 19 Auf EU-Ebene ist auf die aktuell gültige Verordnung zur Netzneutralität hinzuweisen (Verordnung 2015/2120 vom 25. November 2015), die am 30. April 2016 in Kraft trat. Sie verpflichtet Netzbetreiber, keine Diskriminierung, Beschränkung oder Störung von Anwendungen und Diensten vorzunehmen. Obwohl einige Aus- nahmen möglich sind, unterbindet die Verordnung im Wesentlichen Netzbetreiber-Geschäftsmodelle, die auf den Verkauf von priorisierten Internetzugangsdiens- ten abzielen. Eine Priorisierung gegen Bezahlung wurde bis vor Kurzem auch in den USA im engen Netzneutralitätssinn ausgeschlossen (Gesetzesbeschluss vom 26. Februar 2015, „Open Internet Order“). Ende 2017 wurde seitens der US-Regulierungsbehörde Federal Communications Commission (FCC) jedoch eine völlige Kehrtwende zu der zuvor geltenden Netzneutralitätspolitik beschlossen. Faktisch entschied die Behörde, dass in den USA nicht mehr alle Daten in den Kommuni- kationsnetzen gleich behandelt werden müssen. Die FCC argumentierte in ihrer Begründung, dass die strengen Regelungen zur Netzneutralität die Netzbetreiber daran gehindert hätten, in den Ausbau der Kommunikationsnetze zu investieren. 20 Die 1995 in Kraft getretene EU-Richtlinie 95/46/EG zum Schutz der Privatsphäre natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten nahm international eine Vorreiterrolle ein. Um der fortschreitenden technologischen Entwicklung gerecht zu werden, wurde sie durch die im Mai 2016 in Kraft getre- tenen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ersetzt, die seit 25. Mai 2018 gültig ist. Sie umfasst einen europaweit gültigen Regelkatalog, der die Gewährleis- tung eines umfassenden personenbezogenen Datenschutzes genauso sicherstellen soll wie die Erleichterung der Geschäftstätigkeit von in der EU operierenden Firmen. In den USA teilen sich verschiedene Regierungsbehörden die Durchsetzung von Verbraucher- und Datenschutzbelangen — explizit zu nennen sind dabei die Federal Trade Commission (FTC) sowie die Federal Communications Commission (FCC), wobei Erstere die Hauptverantwortung bei der Durchsetzung trägt. Doch während die EU ihre Datenschutzbestimmungen weiter verschärft, ist in den USA — ähnlich zur Netzneutralitätsdebatte — eine gegenläufige Entwicklung zu beobachten. Das zum Ende der Wahlperiode der vergangenen Regierung verabschiedete Gesetz (FCC 16–148), das Netzanbietern das Speichern und Verkaufen der Internetaktivitäten ihrer Nutzer ohne deren ausdrückliches Einverständnis untersagt, wurde im April 2017 wieder abgeschafft. Mehr als Konnektivität — digitale Chancen für Telcos | 13
bei europäischen Telcos. Dies ist auf die auch für die vorherrschenden amerika- hinaus dank ihrer Größe über mehr durch Hunderte europäische Anbieter nischen OTT-Anbieter, die ihre Dienste Verhandlungsmacht gegenüber der vor- stark fragmentierten Märkte zurückzu- aufgrund geringer Grenzkosten und gelagerten Telekommunikationsausrüs- führen — sowohl im Festnetz- als auch hoher Netzwerkeffekte sehr gut skalieren tungsindustrie. Es ist ein entscheidender im Mobilfunkbereich. Dem gegenüber und in der Folge ihre Größenvorteile Wettbewerbsvorteil, den global tätigen stehen in den vergleichsweise riesigen besser nutzen können. Das Ergebnis ist Ausrüstern (Abschnitt 2.4) mit einer Märkten USA und China oligopolistische ein Wettbewerbsnachteil für die europäi- gleichgewichtigen (Verhandlungs-)Markt- Marktstrukturen mit einer nur geringen schen Anbieter. Neben ihren finanziellen macht gegenübertreten zu können. Anzahl Marktakteure. Dies gilt sowohl und technologischen Vorteilen verfügen für die großen Telekommunikations- als die außereuropäischen Anbieter darüber Größe als Vorteil Gegner einer industriepolitischen cher Telcos geht hervor, dass Größen- oder Nachteil? Förderung nationaler Champions halten vorteile von den jeweiligen Bereichen dieser Argumentation entgegen, sie der Wertschöpfungskette abhängen. verkenne, dass Telekommunikations- Im Bereich der Connectivity, dem Kern- märkte bislang eher national oder gar geschäft der Telcos, sind Skaleneffekte lokal begrenzt sind — und das auf ab- wesentlich. Für die Datenverarbei- sehbare Zeit auch bleiben werden. Die tungsprozesse im Bereich IoT sind sie hohe Anzahl Anbieter führe zudem zu ebenfalls wahrscheinlich. Dagegen entsprechend hoher Wettbewerbs- sind Skaleneffekte bei der spezifischen intensität und Innovationsdynamik. Integration von Geschäftsprozessen Auch im Hinblick auf kumulierte Inves- der Unternehmen in die IT-Welt eher titionstätigkeiten sei fraglich, inwiefern schwierig zu generieren. Hier handelt diese in einem engen Oligopol höher es sich derzeit in der Regel um unter- oder niedriger wären als in einem Markt nehmensspezifische Lösungen und mit vielen (kleineren) Akteuren.21 nicht um standardisierte Produkte. Ähnliches gilt für die Vertriebsprozesse Partner im Ökosystem im Geschäftskunden- sowie im IoT- Bereich, wo sich Kunden und Lösungen In ökonomischer Hinsicht sind damit deutlich voneinander unterscheiden. Trade-offs zwischen statischer und Laut Expertenmeinungen benötigen dynamischer Effizienz angesprochen Telcos gerade in Bezug auf solche stark und es ist eine rein empirische Frage, individualisierten IoT-Lösungen geeig- welche Effekte dominieren. Aus den nete Partner aus dem Ökosystem, da Interviews mit Experten unterschiedli- sie diese allein nicht anbieten können. 21 Monopolkommission (2013), S. 71–72. 14 | Mehr als Konnektivität — digitale Chancen für Telcos
// 2.4 // Marktakteure und mögliche Handlungsfelder A bbildung 4 skizziert die zentra- Unumgängliche In der Folge verspüren die Telcos einen len Wertschöpfungsstufen im Expansion zunehmenden Expansionsdruck entlang Internetökosystem und nennt die der Wertschöpfungskette. Ein weiterer wesentlichen Marktakteure (Topanbieter) Grund ist die bereits vollzogene erfolg- in den jeweiligen Produktionsbereichen reiche Geschäftserweiterung bei vielen und Diensten. Betreiber von Telekom- großen OTT-Anbietern.24 Bei den nun munikationsnetzen müssen auf die Vor- notwendigen Expansionsschritten spielen leistungsprodukte von Telekommunika- aufgrund komparativer Kostenvorteile tionsausrüstern wie Huawei oder Cisco auch Kooperationen mit spezialisierten zurückgreifen, um Kommunikations- Marktakteuren auf unterschiedlichen dienste für Geschäfts- und Privatkunden Wertschöpfungsstufen eine wesentliche anbieten zu können. Abhängig von den Rolle. Im Privatkundenbereich seien hier unterschiedlichen Qualitätsklassen (Qua- stellvertretend die internationale Part- lity of Service, QoS) bzw. der jeweils nerschaft von der Deutschen Telekom zugrunde liegenden Konnektivität bieten und Netflix oder der Erwerb nationaler Telcos und insbesondere spezialisierte und internationaler Fußballübertragungs- Inhaltsdiensteanbieter (OTTs) ihren rechte durch Swisscom (Teleclub Live Endkunden unterschiedliche Dienste und Sport) genannt. gegebenenfalls diverse Benutzerschnitt- stellen an. Besonders Geschäftskunden- Im Geschäftskundenbereich ergibt sich angebote enthalten regelmäßig weitere gerade im Bereich IoT/M2M ein vielfälti- Basistechnologien oder -dienste. Beispie- ges Potenzial an Kooperationsformen. le dafür sind Qualitätsmanagement auf Dies wird näher in Abschnitt 3 dieser der Basis von Content Delivery Networks, Studie beschrieben und wurde auch im M2M-Plattformen, Online-Werbung, Rahmen der durchgeführten Experten- Zahlungsplattformen oder Webhosting. interviews bestätigt. So wies ein Befrag- Jenseits der Konnektivität Zunehmend sehen sich Telcos mit der Frage der Expansion in andere Wert- schöpfungsstufen konfrontiert, die nur noch bedingt ihrem Kerngeschäft — der Zurverfügungstellung von Konnektivität — entsprechen. Im Jahr 2015 wurden innerhalb des gesamten Internetökosys- tems schätzungsweise nur noch rund 17 Prozent des Marktumsatzvolumens ausschließlich mit Konnektivität erzielt.22 Während es in den vergangenen Jahren bei Internetdiensten und der Ausrüs- tungsindustrie massive anteilsmäßige Zugewinne gab, verzeichneten Telcos eine gegenläufige Entwicklung.23 22 GSMA (2016), S. 13. 23 Carpenter (2017), S. 128–130. 24 World Economic Forum (2017), S. 11. Mehr als Konnektivität — digitale Chancen für Telcos | 15
ter darauf hin, dass kein Marktteilneh- lung von Konnektivität hinaus künftig finden, die verbleibenden Bewirtschaf- mer in der Lage sei, vom Sensor bis hin Anteile am IoT/M2M-Gesamtmarkt tungsfreiräume nachhaltig zu sichern und zur Applikation sämtliche Lösungen gewinnen lassen — und in welcher Form. den eigenen Anteil an der sich teilweise kosteneffizient anzubieten. Dieser Frage wird im nachfolgenden Ab- neu entwickelnden Wertschöpfung zu schnitt 3 mit speziellem Fokus auf den vergrößern. Technologische Voraus- Ländern der GSA-Region nachgegangen. setzungen Das Hinterlassen eines eigenen Fuß- Insgesamt betrachtet ergibt sich für abdrucks im Rahmen der Produkteinfüh- Gerade der Anwendungsbereich IoT/ die Telcos ein recht komplexes Anforde- rung und die schnelle Adaption neuer M2M mit seinen hohen technologischen rungsprofil für die positive und wettbe- Technologien über das gesamte Portfolio Anforderungen — unter anderem kurze werbsfähige Gestaltung der Zukunft. wären erste wichtige Schritte, die heute Verzögerung im Bereich von 1 ms — ist Es sind dringende Fragen rund um Schul- einfach zu langsam und zu zaghaft ge- wesentlich auf 5G als infrastrukturelle denlevel, ROCIROCI (Return on Capital gangen werden. Entweder reichen dazu Voraussetzung (Key Enabler) ange- Invested) und Infrastrukturinvestitionen die eigenen Fähigkeiten nicht aus oder wiesen.25 Eine weitere Bedingung sind vor dem Hintergrund eines immer reife- notwendige anorganische Ergänzungen kleine, einfache und kostengünstige ren Connectivity-Business mit geringen werden nicht nachhaltig umgesetzt. Als Endgeräte, die einfach in industrielle Margen zu beantworten. Mehrwertdienste stehen derzeit Cloud, Anwendungsprozesse zu integrieren Security und IoT für die meisten Telcos sind.26 Nur unter diesen Voraussetzun- Schnelles Handeln gefragt an erster Stelle. Wir betrachten nun im gen lassen sich im Bereich IoT/M2M Weiteren insbesondere die Möglichkeiten immer mehr Geräte mit Sensoren aus- Zudem stellt sich natürlich für alle im IoT-Bereich. statten und in der Folge entsprechende Telcos die Frage, an welchen Wertschöp- Datenkommunikationen zwischen den fungsketten sie basierend auf ihren verbundenen Komponenten realisieren. bestehenden Assets und Kompetenzen Einzelne Branchenstudien sehen hierin zukünftig teilhaben können. Hier zeigen ein enormes Wachstumspotenzial. Bei- sich doch sehr deutliche Schwierigkei- spielsweise geht EY von einem Gesamt- ten beim Antrieb und bei der Agilität anstieg der globalen IoT/M2M-Umsätze für die Transformation, sowohl was die von 656 Milliarden US-Dollar im Jahr Organisation an sich als auch was die 2014 auf 1.677 Milliarden US-Dollar Reallokation und Weiterentwicklung ihrer im Jahr 2020 aus.27 Im Hinblick auf die Fähigkeiten angeht: Die Telcos stehen mengenmäßige globale Entwicklung auf der Dienst- bzw. Serviceebene sowohl wird ein Anstieg von rund 15 Milliarden mit global agierenden Unternehmen vernetzten Endgeräten im Jahr 2014 mit nahezu unbegrenzten Finanzmitteln auf rund 35 Milliarden im Jahr 2024 (OTTs) als auch mit Kombattanten aus erwartet.28 Im Jahr 2030 sollen es dann der eigenen Branche im Wettbewerb. Sie schon 50 Milliarden sein.29 Abgesehen müssen nun kurzfristig Lösungen finden: von den Marktunsicherheiten stellt sich Es reicht nicht mehr, beispielsweise die für Telcos im Festnetz- und Mobilfunk- schwierige Regulationslage in Europa bereich gleichermaßen die Frage, wie vorzuschieben, sondern die Telcos sich über die bloße Zurverfügungstel- müssen pragmatische und schnelle Wege 25 EY (2017), S. 5–9. 26 Komplementär dazu ist ein flächendeckendes Glasfasernetz im Festnetz eine essenzielle Voraussetzung zur Anbindung (Backhaul) von Tausenden von Basisstationen eines Mobilfunknetzes an das Kernnetz (Reichl et al. [2017], S. 11, 15). Neben der industriellen Nachfrage benötigen auch private Endkunden neue, 5G-kompatible Mobilfunkendgeräte. 27 EY (2017), S. 4. 28 EY (2017), S. 24, sowie Experteninterviews. 29 World Economic Forum (2017), S. 19. 16 | Mehr als Konnektivität — digitale Chancen für Telcos
Abbildung 4 Zentrale Wertschöpfungsstufen des globalen Internetökosystems, umsatzstärkste Unternehmen, Produkt- und Wachstumsfelder für Telcos Telekommunikationsausrüster Topanbieter Produkte Huawei, Cisco, Fujitsu, Ericsson, NEC, ZTE Netzwerkinfrastrukturen (z. B. Antennen für mobiles Breitband, optische Übertragungssysteme), Router, Switches, (W)LAN Telcos: Festnetz- und Mobilfunknetzbetreiber Topanbieter Produkte AT&T, Verizon, China Mobile, NTT, Deutsche Netzkonnektivität QoS Telekom, Vodafone Dienste Sprache, VoIP, SMS, MMS, IPTV/CATV Topanbieter GSA-Region (inkl. Reseller und MVNOs) Deutsche Telekom, Telekom Austria, Swisscom, 1&1, Sunrise, Salt, Telefónica, Vodafone, T-Mobile, Drei, HoT Internetdienste/OTTs Topanbieter Produkte Amazon, Microsoft, Apple, Facebook, Tencent, Content und Video, E-Travel, E-Commerce, Gaming, Gambling, Social Uber, YouTube, Bwin, Twitter, Cisco, Skype, Media und Kommunikationsplattformen, Suchmaschinen, Cloud Services Google, Baidoo, Wikipedia, Google AdWords, (z. B. Amazon Web Services, Microsoft Azure) Nielsen, Bosch Dienste mit hohem Wachstumspotenzial für Telcos Content und Video, ICT und Cloud Services, Werbung und Big Data Internet of Things/M2M (SIM-Management und M2M-Plattformen) Benutzeroberflächen und Basistechnologien Topanbieter Produkte Amazon, Microsoft, Apple, Facebook, Tencent, Hardware (Smartphones, PCs, Digital Media Receivers, Tablets, Uber, YouTube, Bwin, Twitter, Cisco, Skype, Konsolen, Wearables, Notebooks), Software (Betriebssysteme, Sicher- Google, Baidoo, Wikipedia, Google AdWords, heitssoftware), Content Delivery Networks, M2M-Plattformen Nielsen, Bosch Quellen: Fransman (2014), Carpenter (2017), GSMA (2016), EY (2017). Mehr als Konnektivität — digitale Chancen für Telcos | 17
Interview Johannes Kaumanns Vice President IoT Strategie- und Geschäftsentwicklung, Deutsche Telekom AG EY patibilität und Interoperabilität mit der jeweiligen IoT-Plattform Was sind die IoT-Kernbereiche und Fixpunkte eines untersucht und entsprechend zertifiziert. So können bei der vertikal integrierten Telcos? Neueinführung von Netzelementen bereits Kompatibilitäten zu anderen Technologien sowie zur Hardware etabliert und damit Johannes Kaumanns ein schnellerer Marktabsatz realisiert werden. Zudem führen „IoT Connectivity“ ist das Brot-und-Butter-Geschäft der Kooperationen zu einem frühzeitigen Feedback in der Entwick- Telekom. Es ist ein horizontales und nicht kundenspezifisches lungs- und Konzeptionsphase. Produkt, welches voll skalierbar ist. Das konkrete Ziel ist es, Connectivity beispielsweise in Form einer SIM-Karte zur Ver- EY fügung zu stellen, die weltweit funktioniert und vom Kunden Was sind die Grundvoraussetzungen (Key Enablers) für den selbst administrierbar ist. Die Erweiterung um neue Zugangs- Vertrieb von IoT neben 5G und Sicherheitsaspekten? technologien im Schmalbandbereich, beispielsweise „Narrow- band IoT“ und „LTE-M for IoT“, sowie im Breitbandbereich, wie Johannes Kaumanns bei „HotSpot Drive“ (Hotspot im Auto), wird ebenfalls verfolgt. Der Kundenkontakt sowie die direkte Zusammenarbeit mit „Connected Things Management“ (CTM), in dem es um Device Kunden und anderen Unternehmen. Dabei besteht die Heraus- Management und Condition Monitoring in einer Plattform forderung darin, ein breites Verständnis der kundenspezifischen geht, ist ein weiterer Fixpunkt. Prozesse zu erlangen und damit Optimierungs- und Innova- tionspotenziale durch passgenaue End-to-End-IoT-Lösungen EY herauszuarbeiten. Der Kunde und seine Prozesse stehen immer In welcher Form spielen Kooperationen hinsichtlich im Mittelpunkt. IoT-Produkte haben spezifische Eigenschaften, IoT eine Rolle? wie etwa eine hohe Gebäudedurchdringung und Reichweite bei niedrigem Energieverbrauch. Diese Vorteile erlebbar zu machen Johannes Kaumanns ist Grundvoraussetzung für den IoT-Vertrieb. Kooperationen sind sehr wichtig. Bei spezifischer Software „partnern“ wir mit internationalen Firmen oder kaufen diese EY von spezialisierten Unternehmen zu. Hinsichtlich Hardware Was sind die zentralen Hindernisse (Key Obstacles) bei der werden Produkte anderer Unternehmen auf Sicherheit, Kom- Umsetzung von Wachstumspotenzialen? 18 | Mehr als Konnektivität — digitale Chancen für Telcos
Johannes Kaumanns Es klingt paradox, aber die positive Konjunktur hemmt den Blick auf digitale Zukunftsinnovationen. Viele Mittelständler sind damit beschäftigt, volle Auftragsbücher abzuarbeiten. Da fehlt die Zeit, sich über neue, digitale Geschäftsmodelle und IoT-Lösungen Gedanken zu machen. Viele hegen zudem Be- fürchtungen hinsichtlich der Sicherheit, wenn Geschäftsprozes- se des Unternehmens überwacht werden sollen und Externe Einblick in diese Prozesse erhalten. Daher ist es essenziell, Vertrauen aufzubauen. Beispiele einer gelungenen Integration von IoT-Produkten wirken sich positiv auf deren Vermarktung aus. Wir als Deutsche Telekom sind gerade für Industrieunter- nehmen ein neutraler Spieler — kein Wettbewerber. Wir stehen für Beständigkeit und zuverlässige, sichere Konnektivität. EY In welcher Form spielen Skaleneffekte im Bereich IoT eine Rolle? Johannes Kaumanns Hier muss differenziert werden. In der Telekommunikation sind, wie bei allen Netzindustrien, Netzwerk- und Skaleneffekte ganz wesentlich. Heute und in Zukunft dreht sich alles um die durch IoT-Sensoren gewonnenen Daten. Je mehr Wissen (Daten) man über Produkte und Prozesse erlangt, desto schneller kann man reagieren, sei es durch Optimierung und Verbesserung oder durch Weiterentwicklung. Im Handel und in der Logistik spielen Skaleneffekte und IoT-Daten eine große Rolle. Mehr als Konnektivität — digitale Chancen für Telcos | 19
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