Mehrjahresprogramm 2021-2024 - Wir investieren in Forschende und ihre Ideen - Schweizerischer ...

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Mehrjahresprogramm 2021-2024 - Wir investieren in Forschende und ihre Ideen - Schweizerischer ...
Mehrjahresprogramm
2021–2024

            Wir investieren
            in Forschende und
            ihre Ideen
Mehrjahresprogramm 2021-2024 - Wir investieren in Forschende und ihre Ideen - Schweizerischer ...
Wir investieren in Forschende und ihre Ideen
Der Schweizerische Nationalfonds (SNF) fördert
im Auftrag des Bundes die Forschung in allen wissen-
schaftlichen Disziplinen. Wir wählen in nationalen
Wettbewerbsverfahren die besten Projekte und
die besten Nachwuchsforschenden aus und unter-
stützen sie finanziell. Das dadurch geschaffene
Wissen ist eine wichtige Grundlage für gesellschaft-
lichen und wirtschaftlichen Fortschritt.

Die Fotos stammen aus dem SNF-Wettbewerb für wissen-
schaftliche Bilder und aus Bildserien für den SNF-Jahresbericht.

Planungseingabe zuhanden der Bundesbehörden
Bern, April 2019
Mehrjahresprogramm 2021-2024 - Wir investieren in Forschende und ihre Ideen - Schweizerischer ...
Inhalt

      Zusammenfassung                                       3

1.    Einleitung                                            7

1.1   Der Auftrag und die Förderungspolitik des SNF         8

1.2   Herausforderungen für die Schweizer Forschung        14

1.3   Die Vorschläge des SNF für 2021–2024                 17

2.    Strategische Prioritäten 2021–2024                   18

2.1   Exzellenz durch Vielfalt ausbauen                    21

2.2   Wettbewerbsfähigkeit durch Zusammenarbeit stärken    26

2.3   Dateninfrastrukturen und -dienstleistungen           28
      für ein offenes Wissenschaftssystem fördern

2.4   Forschung für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft   30
      besser nutzbar machen

3.    Förderungsportfolio 2021–2024                        34

3.1   Projekte                                             37

3.2   Karrieren                                            38

3.3   Programme                                            39

3.4   Infrastrukturen                                      40

3.5   Wissenschaftskommunikation                           41

4.    Leistungserstellung und Finanzbedarf                 43

4.1   Leistungserstellung                                  43

4.2   Finanzbedarf                                         45

      Abkürzungen                                          50

      Verweise                                             51
                                                                1
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Zusammenfassung

                                                                                                    Zusammenfassung
Der Schweizerische Nationalfonds investiert        — Exzellenz durch Vielfalt ausbauen:
im Auftrag des Bundes in die wissenschaftliche     Der SNF hat den Auftrag, qualitativ hoch­
Forschung, als Grundlage für wirtschaftliche       stehende Forschung in der Schweiz in ihrer
und gesellschaftliche Innovation. Die Vergabe      ganzen Vielfalt zu fördern. Sein besonderes
der Fördermittel erfolgt wettbewerbsorientiert,    Augenmerk gilt auch in der nächsten Beitrags-
qualitätsbezogen und unabhängig.                   periode der Grundlagenforschung. Um weitere
                                                   Potenziale umfassend zu erschliessen, wird
— Wettbewerbsorientiert: Der SNF vergibt           der SNF speziell die anwendungsorientierte
die finanziellen Mittel kompetitiv an die besten   ­Forschung an den Fachhochschulen und Frauen
Forschenden und Forschungsprojekte in der           unterstützen.
Schweiz. Der Wettbewerb zwischen Ideen ist
ein wichtiger Faktor für qualitativ hoch­          — Wettbewerbsfähigkeit durch Zusammen-
stehende Forschung und wissenschaftliche           arbeit stärken: Forschung ist global und
Entdeckungen.                                      wird gleichzeitig immer spezialisierter. Viele
                                                   Forschungsfragen können nur durch die
— Qualitätsbezogen: Die Evaluationsgremien         Zusammenarbeit verschiedener Gruppen mit
des SNF treffen ihre Entscheidungen allein         komplementärer Fachkompetenz behandelt
aufgrund von Qualität. Führende Wissenschaft-      werden. Der SNF möchte es deshalb den For-
lerinnen und Wissenschaftler beurteilen die        schenden noch leichter machen, gemeinsam
Gesuche der Forschenden nach internationalen       zur Entwicklung von neuen Wissensgebieten
Standards.                                         und zur Spitzenposition der Schweizer For-
                                                   schung beizutragen.
— Unabhängig: Der SNF ist der Über­­zeugung,
dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft-        — Dateninfrastrukturen und -dienstleis-
ler vielversprechende Forschungsthemen am          tungen für ein offenes Wissenschaftssystem
besten erkennen. Offene Förderformate mit          fördern: Die Forschung produziert, speichert,
wenig Vorgaben unterstützen die Forschung­s-       verwaltet und analysiert immer grössere
freiheit. Dank seiner Unabhängigkeit und           Datenmengen. Der SNF möchte sicherstellen,
Expertise kann der SNF zudem massgeblich           dass Forschende in der Schweiz hochwertige
zur Weiterentwicklung des Wissenschafts­           Dateninfrastrukturen und -dienstleistungen
systems beitragen.                                 nutzen können, die gut koordiniert und leicht
                                                   zugänglich sind. Dies ist für die Qualität und
                                                   Verwertbarkeit von Forschungsergebnissen ent-
                                                   scheidend und beschleunigt den Wandel in
Strategische Prioritäten                           Richtung offene Wissenschaft (Open Science).

Die Schweizer Forschung hat international           — Forschung für Wirtschaft, Politik
eine ausgezeichnete Stellung inne, ist aber in      und Gesellschaft besser nutzbar machen:
einem sehr kompetitiven Umfeld auch mit             Das Potenzial der Forschungsergebnisse
Herausforderungen konfrontiert. Damit sie           wird noch nicht voll ausgeschöpft. Zusammen
diese optimal bewältigen und die Spitzenposi-       mit ­Innosuisse wird der SNF weiterhin deren
tion halten und ausbauen kann, setzt der SNF        Umwandlung in Innovationen unterstützen.
für die Beitragsperiode 2021–2024 folgende          Zusätzlich wird der SNF durch ihn finanzierte
Prioritäten in seiner Förderungstätigkeit:          Forschende mit Akteuren zusammenbringen,
                                                    die Forschungsergebnisse anwenden möchten.
                                                    Dies soll namentlich zur Umsetzung der Ziele
                                                    für nachhaltige Entwicklung der Vereinten
                                                   ­Nationen beitragen.

                                                                                                         3
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Neue Massnahmen und                                               Die Ausrichtung und die Struktur des Förde-
    Förderungsportfolio                                               rungsportfolios bleiben gleich. Offene Formate
                                                                      mit wenigen thematischen oder sonstigen
    Eine Reihe von neuen Massnahmen unter­                            Vorgaben (Projekte und Karrieren) machen
    stützen die Umsetzung dieser strategischen                        mit rund 80 Prozent weiterhin den grössten
    Prioritäten. Die Massnahmen ergänzen das                          Teil des Förderbudgets aus.
    bisherige Portfolio, mit dem der SNF erfolgreich
    die wissenschaftliche Forschung in der
    Schweiz fördert.

    Förderungskategorie im Portfolio                       Neue finanzwirksame Massnahmen zur          Zusätzliche Mittel für
                                                           Umsetzung der strategischen Prioritäten     die P
                                                                                                           ­ eriode 2021–2024
                                                                                                       ­gegenüber dem Stand am
                                                                                                        Ende der Vorperiode (2020)
    Projekte

    Ermöglichen es Forschenden aller Disziplinen,           Neues Förderungsinstrument für             Umverteilung von
    Unterstützung für Projekte ihrer Wahl zu beantragen,    die Forschungszusammenarbeit in            Mitteln in der Projekt­
    um neue Ideen weiterzuverfolgen und Forschungs-        ­mittelgrossen Konsortien                   förderung
    vorhaben umzusetzen.
                                                           Temporäre Förderungsmassnahme               24 Millionen Franken
                                                           für Gesundheits- und Ingenieurwissen-
                                                           schaften an den Fachhochschulen

    Karrieren

    Instrumente wurden in der laufenden Beitragsperiode    Exzellenz-Beiträge für Frauen auf           17 Millionen Franken
    ausgebaut, um Nachwuchsforschenden klare               ­Doktoratsstufe in den MINT-Disziplinen
    Karriereperspektiven zu bieten.                         und Lebenswissenschaften

    Programme

    Verfolgen mittels Vorgaben spezielle Ziele.            Erweiterung des gemeinsamen Programms       18 Millionen Franken
                                                           BRIDGE von SNF und Innosuisse               (Zusatzmandat)

    Infrastrukturen

    Unterstützen die Entwicklung ganzer Fachbereiche.      Förderung und Evaluation von Daten­         28 Millionen Franken
                                                           infrastrukturen und -dienstleistungen mit   (Zusatzmandat)
                                                           nationaler Bedeutung

                                                           Anschubfinanzierung für neu entstehen-      10 Millionen Franken
                                                           de Bedürfnisse an Dateninfrastrukturen

    Wissenschaftskommunikation

    Fördert den Dialog und den Wissenstransfer.            Förderung von Implementierungsnetz-         7 Millionen Franken
                                                           werken für den Austausch mit
                                                           Anwenderinnen und Anwendern von
                                                           Forschungsergebnissen

    Total                                                                                              104 Millionen Franken*

    * inkl. Zusatzmandate des Bundes in der Höhe von insgesamt 46 Millionen Franken

    Europäische Forschungsförderung                                   und die europäische Förderung sind beide
    Der SNF geht in seiner Planung von einer                          nötig: Ohne nationale kompetitive Förderung
    vollständigen Assoziation der Schweiz an                          wäre die Schweizer Forschung weniger wettbe-
    das nächste europäische Forschungsrahmen-                         werbsfähig. Ohne die europäische Förderung
    programm Horizon Europe aus. In enger                             würden ihr sehr wichtige Qualitätsmassstäbe
    Abstimmung mit dem SBFI arbeitet er daran,                        und Gelegenheiten zur internationalen Ver-
4   dieses Ziel zu erreichen. Die SNF-Förderung                       netzung fehlen.
Mehrjahresprogramm 2021-2024 - Wir investieren in Forschende und ihre Ideen - Schweizerischer ...
Finanzbedarf

                                                                                                                           Zusammenfassung
                                                                         Notwendige Anpassungen an bestehen-
                                                                     den Instrumenten: 61 Millionen Franken
Der Finanzbedarf für die Periode 2021–2024                          werden gebraucht, um die Saläre von Projekt-
erhöht sich aus drei Gründen:                                       mitarbeitenden an die Entwicklung der
                                                                    ­Nominallöhne anzupassen und die Mobilitäts-
         Bestehende Verpflichtungen und                              stipendien zu erhöhen, die neu versteuert
­ ortsetzung der Förderungstätigkeit auf
F                                                                    werden müssen.
dem Niveau von 2020: Damit Forschende
vorausdenken und planen können, fördert der                             Neue strategische Prioritäten:
SNF Projekte in der Regel während mehrerer                          Für die oben aufgeführten neuen Massnahmen
Jahre. Das ist für den Finanzbedarf massgeblich,                    benötigt der SNF 104 Millionen Franken.
denn Förderentscheide in einer Periode
­verursachen noch in der nächsten Periode                           Der Aufwand für die indirekten Forschungs-
 Zahlungen. Steigen die neu bewilligten                             kosten der Hochschulen (Overhead) und für
 ­Projektmittel, dann steigt der Finanzbedarf                       die Leistungserstellung (Geschäftsstelle und
  des SNF in den Folgejahren, bis in die                            Evaluationsprozesse) bewegt sich im Vergleich
  nächste BFI-Periode. Dies gilt selbst dann,                       zum Förderbudget im gleichen Rahmen wie
  wenn die neuen Bewilligungen in der                               in der Periode 2017–2020.
  ­nächsten Periode nicht mehr ansteigen. Der
   SNF plant, neue Bewilligungen in den                             Damit liegt der zusätzliche Finanzbedarf
   ­bestehenden Instrumenten 2021–2024 auf                          für die Periode 2021–2024 insgesamt bei
    dem Niveau von 2020 fortzuführen. Dafür                         396 Millionen Franken. Dies entspricht einem
    benötigt er aus den genannten Gründen zusätz-                   jährlichen Anstieg von ca. 100 Millionen
    lich 231 Millionen Franken. Der Grossteil                       oder von 3,5 Prozent. Der SNF verzichtet auf
    davon fliesst in die Karriereförderung, die                     eine Kompensation der generell steigenden
    der SNF 2017–2020 ausgebaut hat.                                Forschungskosten und wird innerhalb der
                                                                    Projekt­förderung Mittel verschieben, um einen
                                                                    Teil der neuen Massnahmen zu finanzieren.
                                                                    Für die NFS und NFP benötigt er weniger Mittel
                                                                    als in der laufenden Periode.

    Fortsetzung der Förderungstätigkeit auf dem Niveau 2020
    Notwendige Anpassungen an bestehenden Instrumenten
    Neue strategische Prioritäten

                                     2020    2021    2022     2023    2024    2021–   Zusätzliche Mittel für die Periode
                                                                              2024    2021–2024 gegenüber dem Stand
                                                                                      am Ende der Vorperiode (2020)
                                                                                      in Millionen Franken
Projekte                             540     548     549      580     604     2’280   120
Karrieren                            185     200     228      232     240     900     160
Programme                            14      15      17       19      19      70      12
Infrastrukturen                      36      40      40       40      41      159     15
Wissenschaftskommunikation           11      12      13       15      16      56      11
Total I                              787     814     846      885     919     3’465   318
Nationale Forschungsschwerpunkte     86      89      77       75      75      316     -26
und -programme
Zusatzmandate des Bundes             43      54      54       54      55      218     46
Total II                             915     957     978      1’015   1’049   3’999   338
Leistungserstellung                  69      72      74       76      79      301     25
Overhead für indirekte Forschungs-   107     100     117      119     124     460     33
kosten an den Hochschulen
Total III                            1’091   1’129   1’168    1’210   1’252   4’759   396
Summen enthalten unter Umständen Rundungsdifferenzen

                                                                    Eine definitive Priorisierung der geplanten
                                                                    Massnahmen wird der SNF auf Basis der
                                                                    BFI-Botschaft 2021–2024 vornehmen.                          5
Mehrjahresprogramm 2021-2024 - Wir investieren in Forschende und ihre Ideen - Schweizerischer ...
Mehrjahresprogramm 2021-2024 - Wir investieren in Forschende und ihre Ideen - Schweizerischer ...
1.
Einleitung

                                                                                                                                                    1. Einleitung
Der zukünftige Wohlstand der Schweiz                                                             In schweizerischen Forschungsinstitutionen
ist von einem erfolgreichen Forschungsplatz                                                      setzen sich fast 90'000 Menschen dafür
und wissenschaftlichen Entdeckungen                                                              ein, dass die Schweiz ihre führende Stellung
abhängig. Wegen des hohen Lohn- und Preis-                                                       auch langfristig wahren kann.1 Schweizer
niveaus kann unser Land seine internationale                                                     Forschungsteams haben in vielen Bereichen
Wettbewerbs­fähigkeit und den Lebensstandard                                                     eine Führungsposition, darunter die Anthro­
nur durch eine hervorragende Qualität der                                                        pologie, die künstliche Intelligenz und die
Produkte, Dienstleistungen und Arbeitskräfte                                                     Onkologie, um nur drei Beispiele zu nennen.
ausbauen. Die ökologischen und sozialen                                                          Doch die internationale Konkurrenz ist stark.
Herausforderungen unserer Zeit stellen darüber                                                   Viele Länder und namentlich China investie-
hinaus eine erhebliche Bedrohung für die                                                         ren massiv in die Forschung und erweitern
kommenden Generationen dar. Dies erfordert                                                       ihre wissenschaftlichen K  ­ apazitäten und
eine ständige Erneuerung des Wissens,                                                            Forschung­sinfrastrukturen (siehe Abbildung 1).2
eine schnelle Umsetzung wissenschaftlicher                                                       Gleichzeitig steigen die Kosten für Forschung
Ergebnisse in praktische Anwendungen und                                                         stetig an. Es wird deshalb nicht reichen, gross­
die Fähigkeit, sich den im Wandel begriffenen                                                    zügige finanzielle Mittel zur Verfügung zu
Rahmenbedingungen anzupassen – heute                                                             stellen: Um ihre führende Rolle zu verteidigen,
steht dabei die Digitalisierung im Fokus, morgen                                                 muss die Schweiz die verfügbaren Mittel so
werden es neue, noch unbekannte Entwick-                                                         wirksam wie möglich einsetzen.
lungen sein. Aus diesen Gründen ist ein starkes,
weltoffenes Forschungsumfeld eine unab­
dingbare Voraussetzung für die Schweiz.

                                                   15
            Durchschnittliches Wachstum der BAFE

                                                                                              China
                                                             Türkei
                                                   10
                   pro Jahr 2008–2016 (%)

                                                                      Polen
                                                          Slowakei
                                                                                         Deutschland
                                                                                       Belgien               Taiwan             Korea
                                                                                                                  Schweiz
                                                    5                                                             (2015)
                                                                          Tschechien

                                                                      Ungarn                                   Österreich
                                                                                                                                Israel

                                                                                                                Schweden
                                                    0 0               1                2                 3                  4            5
                                                                                        USA
                                                                                                               Japan

                                                                                                         Dänemark
                                                                                              Finnland
                                                   -5
                                                                               BAFE in % des BIP 2016

Abbildung 1. Bruttoinlandaufwendungen für Forschung und Entwicklung (BAFE) in Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) und
durchschnittliches Wachstum der BAFE pro Jahr im internationalen Vergleich. Die Grösse der Kreise entspricht den BAFE zu
konstanten Preisen und Kaufkraftparitäten. Quelle: OECD, MSTI-Datenbank. Daten: 2008–2016.                                                              7
Mehrjahresprogramm 2021-2024 - Wir investieren in Forschende und ihre Ideen - Schweizerischer ...
1.1
    Der Auftrag und die Förderungspolitik
    des SNF
    Im Auftrag des Bundes investiert der SNF in                                                                 Wettbewerb
    alle Arten der wissenschaftlichen Forschung                                                                 Der SNF ist die wichtigste Plattform für den
    von hoher Qualität. Diese schafft neues                                                                     Wettbewerb zwischen Forschenden in der
    Wissen, das Innovationen ermöglicht. Darunter                                                               Schweiz. Seine Hauptaufgabe besteht darin,
    fallen sowohl Grundlagenforschung als auch                                                                  durch unabhängige, qualitätsbezogene Aus-
    anwendungsorientierte Forschung, wobei der                                                                  wahlverfahren die besten Projekte und die
    SNF ein besonderes Gewicht auf die Förderung                                                                besten Wissenschaftlerinnen und Wissen-
    der Grundlagenforschung legt. Ergänzend                                                                     schaftler auszuwählen und zu fördern.
    zur Tätigkeit des SNF unterstützt die Schweize-                                                             Der Wettbewerb zwischen verschiedenen
    rische Agentur für Innovationsförderung                                                                     Ideen ist eine treibende Kraft für exzellente
    Innosuisse forschungsbasierte Innovations-                                                                  Forschung und wissenschaftliche Ent-
    projekte; hierfür verlangt sie eine Mitfinanzie-                                                            deck­ungen.
    rung durch nichtakademische Partner.
                                                                                                                Insgesamt ist der Anteil der kompetitiven
    Die Förderungspolitik des SNF stützt sich auf                                                               Projektförderung, die aufgrund der erwarteten
    folgende Grundsätze:                                                                                        Leistung vergeben wird, in der Schweiz im
                                                                                                                Vergleich zu anderen Ländern tiefer (siehe
                                                                                                                Abbildung 2).3, 4

      80 %

      70 %

      60 %

      50 %

      40 %

      30 %

      20 %

      10 %

       0%
                                                                             Israel

                                                                                                                                                            Schweiz
             Irland

                      USA

                            Polen

                                    Tschechien

                                                 Grossbritannien
                                                          (2013)

                                                                   Belgien

                                                                                      Finnland

                                                                                                 Norwegen

                                                                                                            Deutschland

                                                                                                                          Ungarn

                                                                                                                                   Schweden

                                                                                                                                              Niederlande

                                                                                                                                                                      Österreich (2013)

                                                                                                                                                                                                     Frankreich (2015)

                                                                                                                                                                                                                         Slowakei
                                                                                                                                                                                          Dänemark

    Abbildung 2. Anteil der Projektförderung an den gesamten staatlichen F+E-Mittelzuweisungen. Projektförderung wird definiert als
    finanzielle Mittel, die einer Gruppe oder einer Einzelperson zur Durchführung einer Forschungstätigkeit, die in Umfang, Budget
    und Zeit begrenzt ist, zugewiesen werden. In der Schweiz zählen dazu die Beiträge an den SNF, die Innosuisse, die EU-Forschungs-
8   rahmenprogramme und die European Space Agency sowie F+E-Aufträge durch den Bund und die Kantone. Quelle: PREF. Daten: 2014.
Qualität                                               entwickeln (siehe Textbox), um die führende
Die wissenschaftliche Qualität ist das Haupt­           Position der Schweizer Forschung zu stärken.
kriterium des SNF bei der Auswahl von
­Forschungsprojekten. Dabei legt er das Schwer-         Die drei Grundsätze Wettbewerb, Qualität
 gewicht auf Forschung, die neue Erkenntnisse           und Unabhängigkeit haben den SNF in der
 gewinnt. Wo sinnvoll, berücksichtigt der SNF           laufenden Beitragsperiode geleitet und
 auch die ausserwissenschaftliche Bedeutung             ­bleiben auch in Zukunft die Eckpfeiler seiner
 der Forschung für die Gesellschaft.                     Förderpolitik. Die Wissensproduktion ist ein

                                                                                                                   1. Einleitung
                                                         langfristiges Unterfangen, und der SNF will
Der SNF ist der Überzeugung, dass Wissen-                stabile und vorhersehbare Fördermöglichkeiten
schaftlerinnen und Wissenschaftler vielver-              bieten, auf deren Grundlage eine starke
 sprechende Forschungsthemen am besten                   ­Schweizer Wissenschaft gedeihen kann. Aus
erkennen. Er wird sich weiterhin auf Förder-              diesem Grund strebt der SNF im Hinblick
mechanismen konzentrieren, die es den                     auf seine Förderungspolitik und sein Portfolio
­Forschenden ermöglichen, ihre Ideen und                  Kontinuität an.
 Prioritäten zu verfolgen und zu vertiefen.
 Er wird auch weiterhin einen kleinen Anteil            Mit den im aktuellen Mehrjahresprogramm
 des Budgets zur Förderung spezifischer                 2017–2020 beschriebenen Massnahmen fördert
 Forschungsthemen und forschungspolitischer             der SNF Exzellenz und Internationalität in
 Ziele einsetzen. Der Grossteil der Förderungs-         Forschung und Evaluation, stärkt die frühe
 instrumente bleibt jedoch offen und enthält nur        Unabhängigkeit von Nachwuchsforschenden
 wenige thematische oder sonstige Vorgaben.             und leistet einen Beitrag zu Wissenstransfer
                                                        und Innovation. Den Grossteil der geplanten
Die Beispiele auf Seite 12 zeigen, dass sich            Massnahmen hat er bereits erfolgreich umge-
das bestehende Portfolio gut für die Förderung          setzt (siehe Seite 10). Ihre volle Wirkung werden
von Forschung in wichtigen Bereichen wie                diese jedoch erst nach und nach entfalten. ­
der Digitalisierung eignet.                             Sie wirken sich finanziell auch auf den Zeitraum
                                                        2021–2024 aus, vor allem um die wichtigen
  Unabhängigkeit                                        zusätzlichen Investitionen in junge Forschende
 Unabhängige Forschungsförderung und                    langfristig zu gewährleisten (siehe Kapitel 3.2
 ­Evaluationsprozesse unterstützen die in der           und 4.2).
­schweizerischen Bundesverfassung ver­ankerte
  Forschungsfreiheit. Als Organisation, in der          Die Ziele der laufenden Periode bleiben rele-
  Forschende für Forschende tätig sind, kann            vant; allerdings verschieben sich angesichts der
  der SNF auch zur Veränderung der Forschung            aktuellen Herausforderungen die Akzente bei
  von innen heraus beitragen. Ziel ist es, die          den für 2021–2024 vorgeschlagenen Prioritäten
  Forschungsförderung evidenzbasiert weiterzu-          und Massnahmen (siehe Kapitel 1.2).

        Der SNF fördert vor allem Grundlagenforschung sowie
        anwendungs­orientierte Forschung. In Wettbewerbsverfahren
        wählen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die
        überzeugendsten Projekte aus, allein aufgrund der Qualität.

        Evidenzbasierte Förderungspolitik
        Der SNF ist überzeugt, dass sich die Förderungspolitik an der Forschung über die Forschung
        ­orientieren sollte. So entwickelte er das Auswahlverfahren zur Verleihung des Schweizer Wissen-
         schaftspreises Marcel Benoist unter Berücksichtigung der jüngsten Forschungsergebnisse zu
         Peer-Review-Verfahren. Ausserdem stiess er eine internationale Diskussion zur Beurteilung der
         Lebensläufe von Forschenden an, was die Weiterentwicklung der Auswahlverfahren prägen
         wird (siehe Kapitel 2.1). Als Grundlage für seine Open-Access-Politik hat der SNF das Phänomen
         der Raubverlage (Predatory Journals) untersucht. Er will Forschenden dabei helfen, für die
         ­Veröffentlichung ihrer Ergebnisse vertrauenswürdige Fachzeitschriften einfacher zu identifizieren.
          Der SNF arbeitet auch an der Analyse seiner eigenen Tätigkeit, vor allem was die Wirkung seiner
          Fördertätigkeit betrifft (siehe Kapitel 4.1). Die interne Analyse ergänzt er durch unabhängige externe
          Bewertungen. Indem er die eigenen Daten und Analysen veröffentlicht und mit den Forschungs­
          gemeinden zusammenarbeitet, will der SNF zur Wissensbasis für die Forschungsförderung beitragen.             9
Die Umsetzung der Prioritäten des SNF
     für die Periode 2017–2020

     Der SNF hat den Grossteil der                            Zur Ermöglichung der frühen Unabhängigkeit für
     im aktuellen Mehrjahresprogramm                          Nachwuchsforschende hat der SNF…

     beschriebenen Massnahmen                                  —     die Instrumente der Karriereförderung
     umgesetzt.                                                optimiert, um die Karriereperspektiven
                                                              ­vielversprechender Nachwuchsforschender zu
     Zur Förderung von Exzellenz und Internationalität         verbessern. Es besteht nun ein klares Angebot
     in Forschung und Evaluation hat der SNF …                 an Fördermöglichkeiten, das auf die verschiedenen
                                                               Karrierestufen und die SNF-Projektförderung
     —       mit der Internationalisierung der Evaluations-    abgestimmt ist. Der Anteil der für die Karriere­
     gremien begonnen. Anfang 2019 waren 32 Prozent            förderung eingesetzten Mittel wurde erhöht.
     der Mitglieder der Evaluationsgremien an
     ­Institutionen ausserhalb der Schweiz angestellt.        —     2017 PRIMA eingeführt, ein neues Instrument
                                                              für hervorragende Forscherinnen, und damit die
      —      2019 das Schweizerische Programm für             Massnahmen zur Förderung der Gleichstellung
      internationale Forschungsprojekte wissenschaft-         erweitert.
      licher Forschungsteams (SPIRIT) gestartet. Dieses
      fördert grenzüberschreitende und teamorientierte
      Forschung mit ausgewählten Ländern, die                 Um zu Wissenstransfer und Innovation beizutragen,
     ­Entwicklungshilfe erhalten.                             fördert der SNF…

     —     das Förderungsinstrument Sinergia klar             —     gemeinsam mit Innosuisse seit 2017
     auf interdisziplinäre Forschung ausgerichtet,            das Programm BRIDGE, das den Übergang von der
     um bahnbrechende Entdeckungen zu fördern.                Forschung zur Innovation erleichtert.

     —     2017 neue Massnahmen im Bereich Open               —    im Rahmen der Karriereförderung den
     Data beschlossen. Damit will er gewährleisten,           Austausch zwischen Wissenschaft, Unternehmen,
     dass Forschungsdaten aus SNF-finanzierten                Organisationen und staatlichen Stellen.
     Projekten wenn immer möglich frei zugänglich
     gemacht werden.
                                                              Im Rahmen von gezielten Initiativen zur
     —     stärkere Anreize gesetzt, um zu erreichen,         Schwerpunktsetzung fördert der SNF die Forschung
     dass bis ins Jahr 2020 100 Prozent der aus seiner        zur Digitalisierung (siehe Seite 12 für mehr
     Förderung hervorgehenden Publikationen Open              Informationen):
     Access sind. Gegenwärtig werden 48 Prozent der
     Publikationen frei zugänglich veröffentlicht;            —     mit der Ausschreibung der 5. Serie der
     insgesamt sind 67 Prozent in irgendeiner Form            Nationalen Forschungsschwerpunkte (2017),
     öffentlich zugänglich. Mit diesen Werten bewegt          in der die Ziele des Aktionsplans Digitalisierung
     sich der SNF zwar weit über dem internationalen          grosses Gewicht haben.
     Durchschnitt, von seinem Ziel «100 Prozent
     Open Access» ist er jedoch noch weit entfernt.           —     durch das Nationale Forschungsprogramm
                                                              «Digitale Transformation» (NFP 77).

                                                              —     mit der einmaligen Ausschreibung «Digital
                                                              Lives» im Jahr 2017 zum Thema Auswirkungen der
                                                              digitalen Transformation.

10
Forschende in laufenden SNF-Projekten
Ende 2018

             16’300

                                                                                                     1. Einleitung
             Beteiligte Forschende

6’500
Laufende Projekte
                                                                                  63 % Männer
                                     37 % Frauen

Neu bewilligte Fördermittel
im Jahr 2018

                                                                6’073
                                                                Eingereichte Gesuche
                                           26 %
                                           Geistes- und
                                           Sozialwissenschaften

                                                                              2’958
                                                                              Bewilligte Gesuche

                            1’138
                            Bewilligte Mittel in Mio. Franken              37 %
                                                                           Mathematik, Natur- und
                                                                           Ingenieurwissenschaften

  37 %
  Biologie
  und Medizin

                                                                                                     11
Digitalisierung:
     Der Beitrag des SNF

      Die Digitalisierung ist regelmässig                      von Online-Kommentatoren mit ihrem Kommentar-
      Gegenstand von Projekten, die                            verhalten, um relevante Gründe zu erkennen.
                                                              Interviews mit Menschen, die für aggressives
      bei thematisch offenen Ausschrei-                       Kommentieren bereits juristisch belangt wurden,
      bungen eingereicht werden.                              werden Einblicke in ihre Beweggründe und
                                                              ­Erkenntnisse zur Wirksamkeit juristischer Strafen
      ­Darüber hinaus stand sie im Fokus                       geben; diese Zielgruppe ist bisher wissenschaftlich
       spezifischer Programme und                              nicht untersucht.
       ­Ausschreibungen, unter anderem                         Die neuartigen Daten und der sozialwissenschaft-
                                                               liche Ansatz des Projektes bergen Innovations­
        im Rahmen der NFS und von                              potenzial und schaffen eine wissenschaftliche
     ­«Digital Lives».                                         Grundlage für die Diskussion rund um Online-­
                                                               Aggression.
     Die folgenden drei Beispiele zeigen, wie breit das
     Spektrum der geförderten Projekte ist. Sie tragen        NFS «QSIT – Quantenwissenschaften und
     einerseits zum digitalen Fortschritt bei, durch neue     -technologie»
     Technologien, Modelle, Algorithmen usw. Anderseits       Digitalisierung stützt sich auf mehrere neue Techno-
     spielen sie eine Rolle in der Gestaltung des digitalen   logien als Schlüssel für Innovationen. Die Quanten­
     Wandels, indem sie Auswirkungen der Digitalisie-         technologie ist einer dieser neuen Ansätze.
     rung auf Gesellschaft und Wirtschaft untersuchen.        Der NFS «QSIT – Quantenwissenschaften und
                                                              -technologie» ist seit 2011 in diesem Bereich
     Projektförderung «RNNAIssance»                           aktiv. Er verbindet in einem multidisziplinären
     Künstliche rückgekoppelte neuronale Netzwerke            Ansatz Konzepte aus Physik, Chemie sowie
     (RNN) sind heute schon Milliarden Nutzern zu-            Ingenieur- und Computerwissenschaften. Das Ziel
     gänglich, zum Beispiel über die Spracherkennung          ist die Entwicklung von Technologien, um
     auf Smartphones. Biologische Hirne sind aber             ­quantenphysikalische Effekte zu kontrollieren und
     heutigen RNN in vieler Hinsicht immer noch überle-        zu nutzen. Diese sollen in Quantencomputern,
     gen. Sie verfügen zum Beispiel über ein Modell            Quantenkommunikation und Quantensensoren
     der Welt, das es ihnen erlaubt vorherzusehen, wie         angewendet werden. Quantenbits eines Quanten-
     sich die Umwelt aufgrund ihrer Aktionen verändern         computers rechnen mit verschiedenen Zuständen
     wird. Dieses Modell nutzen sie für abstraktes Denken      von Atomen, Elektronen oder Photonen, für die
     und Planen. Kontinuierlich erweitern sie früher           es keine Entsprechung in der Welt klassischer Bits
     gelernte Fähigkeiten und werden dabei immer               gibt. So dürfte ein Quantencomputer zu einem
     besser im Lösen von Problemen. Gestützt auf die           Gerät mit exponentiell höherer Anzahl an Berech-
     Algorithmische Informationstheorie wird in diesem         nungen werden. Dadurch kann er bestimmte
     Projekt an einer revolutionären RNN-basierten             Probleme lösen, die selbst die schnellsten klassi-
     künstlichen Intelligenz (RNNAIssance) gearbeitet,         schen Supercomputer überfordern.
     die das ebenfalls kann.                                   Die Europäische Kommission lancierte vor Kurzem
                                                               ein Flaggschiff-Projekt im Bereich Quanten­
     Das Digital-Lives-Projekt «Online-Aggression              technologie mit einem Budget von 1 Milliarde Euro,
     aus soziologischer Perspektive: Ein integrativer          wofür der NFS QSIT als Modell diente. Dass sich
     Ansatz zu den bestimmenden Faktoren und                   überdurchschnittlich viele Schweizer Forschende
     möglichen Gegenmassnahmen»                                am Quanten-Flaggschiff der EU beteiligen, ist
     Aggressive Kommentare sind in den sozialen                unter anderem darauf zurückzuführen, dass sie
     Medien weit verbreitet. In Anbetracht der negativen       durch den NFS QSIT Pioniere der quanten­
     sozialen Auswirkungen solcher Online-Verhaltens-          technologischen Forschung sind.
     weisen will dieses Projekt die Gründe dafür              QSIT ist nur einer von mehreren NFS, die sich
     verstehen und erklären, um daraus Gegenmass-             mit Themen der Digitalisierung befassen. Der NFS
     nahmen abzuleiten. Denn bislang konnten ledig-           Robotik beispielsweise gestaltet die weltweite
     lich einzelne Erklärungsfaktoren ermittelt werden.        Entwicklung von Drohnen und vierbeinigen Robotern
12   Das Projekt verbindet Daten aus Befragungen               massgeblich mit.
13
     1. Einleitung
1.2
      Herausforderungen für die Schweizer
     ­Forschung
     Neben der starken internationalen Konkurrenz          korrigieren und gewährleisten, dass die
     und der anhaltenden Unsicherheit in Europa            Evaluation der Forschenden fair und transpa-
     (siehe Textbox) steht die Schweizer Forschung         rent erfolgt. DORA bedingt allerdings einen
     auch in ihrem Inneren vor Herausforderungen.          grundlegenden Wandel in der Wissenschafts-
     Bei der Entwicklung des Mehrjahresprogramms           kultur, und dieser stellt für alle Institutionen
     konzentrierte sich der SNF auf die folgenden,         der Schweizer Forschungslandschaft eine
     für die führende Position der Schweiz ausschlag-      Herausforderung dar.
     gebenden Themen.
                                                           Der SNF kann ein Motor für diesen Wandel
     Hoher Publikationsdruck beeinträchtigt                sein, indem er die Qualitätsstandards für
     die Forschungskultur                                  Forschende, die sich in der Schweiz um Förder-
     Forschende sollten ermutigt werden, neue              mittel bewerben, neu definiert. Er strebt
     Wege zu beschreiten. Dies schliesst eine gewisse      eine vielfältigere Forschungskultur und
     Risikobereitschaft ein; Misserfolge sind als          ein breiteres Verständnis von Exzellenz
     Chancen im Hinblick auf neue Entdeckungen             an. Dadurch sollen alle wichtigen Beiträge
     zu sehen. Heute stehen Forschende jedoch              von Forschenden für die Wissenschaft
     unter einem hohen Druck, möglichst rasch              und für die Gesellschaft anerkannt werden
     möglichst viele Ergebnisse zu veröffentlichen.        (siehe Kapitel 2.1). Wenn es der Schweiz
     Dies beeinträchtigt teilweise die Relevanz der        gelingt, in diesem Bereich eine Vorreiterrolle
     Publikationen. Die San Francisco Declaration          zu ü­ bernehmen, wird ihre Forschung an
     on Research Assessment (DORA), die vom SNF            ­Konkurrenzfähigkeit und Wirkung gewinnen.
     2014 unterzeichnet wurde, will falsche Anreize

             Damit die Schweizer Forschung ihr Potenzial ausschöpft, muss
             sie Herausforderungen bewältigen – vom ungenügenden
             ­Frauenanteil bis zum Bedarf an Dateninfrastrukturen. Nur so
              kann sie die internationale Spitzenposition sichern.

             Anhaltende Unsicherheit in Europa
             Die Schweizer Forschung ist national und international auf Integration, Zusammenarbeit,
             Mobilität und Wettbewerb angewiesen. Durch den vom SNF organisierten nationalen Wettbewerb
             wird die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Forschung gestärkt. Dank
             ­internationalem Wettbewerb – besonders durch die Vollassoziierung an zukünftige Forschungs-
              und Innovationsprogramme der EU – können sich Schweizer Forschende mit den besten
              Wissenschaftlern der Welt messen, internationale Netzwerke knüpfen und ihre Reputation stärken.
              Die anhaltende Unsicherheit über die künftigen europäischen Forschungs- und Innovations­
              programme und die Assoziierung der Schweiz stellt für die Schweizer Forschung ein bedeutendes
              Risiko dar. Wegen des kurzen Ausschlusses aus Horizon 2020 im Jahr 2014 ging die Beteiligung
              von Forschenden, die in der Schweiz arbeiten, zurück. Bis heute hat sie das Niveau des vorherigen
              EU-Forschungs- und Innovationsprogramms nicht wieder erreicht.5
              Der SNF geht in seiner Planung von einer vollständigen Assoziation der Schweiz an das nächste
              europäische Forschungsrahmenprogramm Horizon Europe aus. In enger Abstimmung mit
              dem SBFI arbeitet er daran, dieses Ziel zu erreichen. Er ist sich der bestehenden Risiken jedoch
              bewusst und ist bereit, im Falle eines Ausschlusses der Schweiz umgehend zu reagieren.

14
Frauen bleiben in der Schweizer Forschung          Forschungszusammenarbeit muss ausgebaut
 untervertreten                                     werden
 Die Schweizer Forschung muss den grösst-           Viele wichtige Forschungsfragen erfordern
möglichen Talentpool nutzen, um neue                die Zusammenarbeit einer kritischen Masse
­Entdeckungen zu fördern. Dass Frauen in der        Forschender, um unterschiedliches Fachwissen
 Schweizer Forschung so schlecht vertreten          zusammenzubringen, oder Partnerschaften
 sind, schränkt den Pool ein. Disziplinübergrei-    mit gesellschaftlichen Akteuren. Der nationale
 fend verliert die Schweiz zu viele Frauen, da      Wettbewerb stärkt zwar die internationale

                                                                                                       1. Einleitung
 sie häufiger als Männer aus der Wissenschaft       Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Forschung,
 ausscheiden.6 Die Schweiz liegt diesbezüglich      ist alleine jedoch nicht ausreichend. Zusam-
 hinter anderen Ländern zurück und schöpft          menarbeit ist wichtig, um genügend grosse
 ihr wissenschaftliches Potenzial höchstwahr-       Forschungskapazitäten zu schaffen und
 scheinlich nicht voll aus.                         ­international an Sichtbarkeit zu gewinnen.
                                                     Die Forschungskultur ist in der Schweiz in
Der SNF ist bestrebt, eine starke Stimme für         vielen Fachbereichen noch nicht ausreichend
Forscherinnen zu sein. In der kommenden              auf Zusammenarbeit ausgerichtet.
Beitragsperiode intensiviert er die Frauenförde-
rung durch spezifische Massnahmen (siehe            Der SNF ist bestrebt, die besten Köpfe zusam-
Kapitel 2.1).                                       menzubringen, damit neue, bahn­brechende
                                                    Ansätze entstehen. In der kommenden Beitrags-
Anwendungsorientierte Forschung ist noch            periode wird der SNF seine Förderinstrumente
nicht in allen Fachbereichen gleich etabliert       für die Forschungszusammenarbeit und inter-
Die Innovationsfähigkeit erfordert auf der          disziplinäre Forschung ausbauen. So können
ganzen Bandbreite von der Grundlagen- bis           Forschende gemeinsam Wissensgebiete weiter-
zur anwendungsorientierten Forschung starke         entwickeln und die wissenschaftliche Führungs-
Forschungskapazitäten. In der Schweiz haben         rolle der Schweiz stärken (siehe Kapitel 2.2).
wichtige Bereiche der anwendungsorientierten
Forschung, wie die Gesundheits- und Ingenieur­      Anforderungen an die Infrastruktur für
wissenschaften, eine weniger etablierte             Open Science steigen
­wissenschaftliche Tradition und eine grössere      Spitzenforschung erzielt ihre Wirkung dann,
 Praxisorientierung. Fachhochschulen und            wenn die Ergebnisse verfügbar und sichtbar
 ­Pädagogische Hochschulen (FH und PH) wollen       sind, nicht nur für die Wissenschaft, sondern
  ihr duales – wissenschaftsbasiertes und praxis-   auch für die forschungsgetriebene Wirtschaft,
  orientiertes – Profil stärken.                    für staatliche Stellen und für die Gesellschaft.
                                                    Wegen der Digitalisierung und der exponen­
Mit befristeten Massnahmen in ausgewählten          tiellen Zunahme der Datenmenge ist die Daten-
Bereichen wird der SNF die FH in ihrem              infrastruktur unabdingbar für hochwertige,
Bestreben unterstützen, Forschungskapazitäten       reproduzierbare Forschung und bildet eine
weiterzuentwickeln (siehe Kapitel 2.1).             entscheidende Grundlage für eine offene
­Dadurch sollen Forschende darauf vorbereitet       Wissenschaft. Die Nachfrage nach Dienstleis-
 werden, sich im Wettbewerb um Fördermittel         tungen zum Sammeln, Speichern und
 zu behaupten. In zukünftigen Beitragsperioden      ­Tauschen von Daten steigt rapid.
 sollen dann solche Mass­nahmen nicht mehr
 nötig sein.                                        Der SNF wird den Wandel in Richtung
                                                    einer offenen Wissenschaft weiterhin unter-
                                                    stützen. Dazu zählen der einfache Zugang
                                                    zu Forschungs­daten und die Publikation von
                                                    Forschungsresultaten für die Öffentlichkeit.
                                                    Er wird zudem seinen Beitrag zur Koordination
                                                    und Qualitätskontrolle der Dateninfrastruktur
                                                    verstärken (siehe Kapitel 2.3).

                                                                                                       15
Potenzial der Forschungsergebnisse ist                gut ab.10 Angesichts der enormen ökologischen
     noch nicht voll ausgeschöpft                          und sozialen Herausforderungen in der
     Die Schweizer Forschung erzielt innerhalb             heutigen Zeit kann und muss die Schweizer
     der Wissenschaft eine sehr grosse Wirkung.            Forschung zu evidenzbasierten Lösungen
     Es gibt jedoch Anzeichen, dass die Umsetzung          beitragen. Beispielsweise sollte sie die Umset-
     der Forschungsergebnisse in die Praxis                zung der Ziele für nachhaltige Entwicklung
     in der Schweiz weniger gut gelingt.7, 8 So sind       der Vereinten Nationen unterstützen (siehe
     Schweizer Unternehmen weniger erfolgreich             Textbox).
     darin, ihre Innovationen auf den Markt zu
     bringen. Und ihre Bereitschaft, mit For-              In der kommenden Beitragsperiode führt der
     schungslabors zusammenzuarbeiten, ist im              SNF neue Massnahmen ein, um den Transfer
     Vergleich zu anderen Innovationsregionen              der Forschungsergebnisse in die Praxis besser
     geringer.9 Ausserdem schneidet die Schweiz im         zu unterstützen (siehe Kapitel 2.4).
     Bereich der sozialen Innovation weniger

             Forschung und nachhaltige Entwicklung
             Im September 2015 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen 17 Ziele
             für nachhaltige Entwicklung (SDG). Diese bilden den Rahmen, um die Agenda 2030 für nachhaltige
             Entwicklung umzusetzen.11 Angestrebt wird eine bessere und nachhaltigere Zukunft für alle,
             einschliesslich der stärker entwickelten Länder und Industriestaaten. Die Ziele gehen auf die
             globalen Herausforderungen ein, mit denen die Menschheit konfrontiert ist, wie Armut,
             ­Ungleichheit, Klima, Umweltzerstörung, Wohlstand, Frieden und Gerechtigkeit. Alle Mitgliedstaaten
              der Vereinten Nationen, darunter die Schweiz, sind aufgefordert, gemeinsam Lösungen für
              die dringendsten Probleme zu finden. In Anbetracht der Komplexität und des Ausmasses der
              Herausforderungen spielen die Wissenschaft und damit die Forschungsförderer eine wichtige
              Rolle dabei, zur wirksamen Erreichung der SDG beizutragen.

16
1.3
Die Vorschläge des SNF für 2021–2024
Mit den für die kommende Beitragsperiode          Was diese Prioritäten und die geplanten
vorgeschlagenen Massnahmen will der SNF           Massnahmen für das Förderangebot des SNF
die erwähnten Herausforderungen angehen, die      bedeuten, wird in Kapitel 3 dargelegt. Offene

                                                                                                      1. Einleitung
Stärke und Vielfalt der Schweizer Forschung       Förderungsformate mit wenigen thematischen
sichern und ihr Innovationspotenzial erweitern.   oder sonstigen Vorgaben machen weiterhin
Damit die Schweiz die bestehenden Heraus­         den grössten Teil des beantragten Budgets aus.
forderungen meistern und ihren Spitzenplatz in    Die Projektförderung bleibt das Haupt­
der Forschung halten kann, ist eine wirksame      instrument des SNF.
Koordination des Schweizer Forschungssystems
nötig. Der SNF hat die vorgeschlagenen            Kapitel 4 erläutert, wie sich die vorgeschlagenen
Massnahmen in enger Zusammenarbeit mit            Fördermassnahmen auf die von Forschungsrat
Partnerinstitutionen entwickelt, um die           und Geschäftsstelle erbrachte Arbeit und auf
­bestehenden Grenzen in der Forschungsland-       das Budget auswirken.
 schaft sowie zwischen der Wissenschaft und
 potenziellen Forschungsnutzern aufzubrechen.

Im Kapitel 2 werden die Prioritäten des SNF
für die Periode 2021–2024 dargelegt:

— Exzellenz durch Vielfalt ausbauen
(siehe Kapitel 2.1).

— Wettbewerbsfähigkeit durch
Zusammen­arbeit stärken (siehe Kapitel 2.2).

— Dateninfrastrukturen und -dienst-
leistungen für ein offenes Wissenschafts-
system fördern (siehe Kapitel 2.3).

— Forschung für Wirtschaft, Politik
und Gesellschaft besser nutzbar machen
(siehe Kapitel 2.4).

        Von 2021–2024 setzt der SNF vier Prioritäten. Die ­vorgeschlagenen
        Massnahmen helfen der Forschung, die Herausforderungen
        zu b­ ewältigen. Wir haben die Massnahmen gemeinsam mit den
        ­Partnern aus der Wissenschaft entwickelt.

                                                                                                      17
Mit seinem Mehrjahresprogramm 2021–2024
         will der SNF Forschende dazu befähigen,
     exzellente, wettbewerbsfähige und kollaborative
                 Forschung zu betreiben …

           ... in enger Zusammenarbeit mit
      anderen Akteuren des Forschungssystems ...

       ... zu Gunsten der gesamten Gesellschaft.

18
Forsc

                                                        he
                                     SNF

                                                          nde
Herausforderung:
Forschungszusammenarbeit muss
ausgebaut werden

2. Priorität
Wettbewerbsfähigkeit durch                                         Herausforderungen:
                                                                   Hoher Publikationsdruck beeinträchtigt die
Zusammenarbeit stärken                                             Forschungskultur
Der SNF möchte es den Forschenden noch leichter
                                                                   Frauen bleiben in der Schweizer Forschung
machen, gemeinsam zur Entwicklung von neuen
                                                                   untervertreten
Wissensgebieten und zum Ausbau der Spitzenpo-
sition der Schweizer Forschung beizutragen.                        Anwendungsorientierte Forschung ist noch
Ausserdem fördert er die Zusammenarbeit                            nicht in allen Fachbereichen gleich etabliert
zwischen Forschenden und gesellschaftlichen
Akteuren.                                           Institu
                                                           tio     1. Priorität
                                                              n    Exzellenz durch Vielfalt

                                                              en
                                                                   ausbauen
                                                                   Damit die Schweizer Forschung ihr Potenzial
                                                                   voll ausschöpft, wird der SNF Exzellenz noch
                                                                   stärker in all ihrer Vielfalt fördern. Dies betrifft
                                                                   insbesondere die Beteiligung von Frauen in
                                                                   der Wissenschaft, anwendungsorientierte
                                                                   Forschung und Forschung an Fachhochschulen
                                                                   und Pädagogischen Hochschulen.

Herausforderung:
Potenzial der Forschungsergebnisse
ist noch nicht voll ausgeschöpft

4. Priorität                                                       Herausforderung:
                                                                   Anforderungen an die Infrastruktur
Forschung für Wirtschaft,                                          für Open Science steigen
Politik und Gesellschaft besser
nutzbar machen                                                     3. Priorität
Die Umsetzung von Forschungsergebnissen in                         Dateninfrastrukturen und
Innovationen wird der SNF weiterhin unterstützen.
Zusätzlich wird der SNF durch ihn finanzierte                      -dienstleistungen für ein offenes
Forschende mit Akteuren zusammenbringen, die                       Wissenschaftssystem fördern
Forschungsergebnisse anwenden möchten.
                                                    Gesells        Der SNF möchte sicherstellen, dass Forschende
                                                           cha     in der Schweiz hochwertige Dateninfrastrukturen
                                                              ft   und -dienstleistungen nutzen können, die gut
                                                                   koordiniert und leicht zugänglich sind. Dies
                                                                   beschleunigt den Wandel in Richtung offene
                                                                   Wissenschaft.

                                                                                                                      19
20
2.
Strategische Prioritäten
2021–2024
2.1
Exzellenz durch Vielfalt ausbauen

                                                                                                        2. Strategische Prioritäten 2021–2024
Der SNF hat den Auftrag, qualitativ hoch­           Vielfalt bedeutet zwar nicht automatisch
stehende Forschung in der Schweiz in ihrer          Qualität, ist aber eine wichtige Voraussetzung
ganzen Bandbreite zu fördern. Sein besonderes       dafür. Wegen der Untervertretung bestimmter
Augenmerk gilt auch in der nächsten Beitrags-       Gruppen in der Forschungsgemeinschaft schöpft
periode der Grundlagenforschung.12 Um weitere       die Schweiz ihr wissenschaftliches Potenzial
Potenziale umfassend zu erschliessen und            nicht voll aus. Studien haben gezeigt, dass Viel-
die Exzellenz der Schweizer Forschung in all        falt in unterschiedlichen Aspekten, darunter
ihren Facetten zu fördern, wird er sich jedoch      wissen­schaftliche Fachgebiete, Geschlecht,
noch mehr als bisher für die Vielfalt einsetzen –   ethnische Gruppen und Nationalität, für
hinsichtlich des Profils der Forschenden und        Teams förderlich ist und die Wahrscheinlichkeit
hinsichtlich Forschungsarten.                       neuer Entdeckungen erhöht.13 Der SNF setzt
                                                    sich ausserdem für ein umfassendes Verständnis
                                                    von Exzellenz in der Forschung ein, das
                                                    alle relevanten wissenschaftlichen Beiträge
                                                    widerspiegelt und honoriert.

                                                                                                        21
Bewertung der Qualifikationen und                                        Der SNF untersucht, ob und wie er die Bewer-
     der Leistungen der ­Forschenden                                          tung des Track Records verbessern kann, um
                                                                              die in der DORA-Deklaration formulierten
     Im Hinblick auf die Vielfalt sind die                                    Ziele zu erreichen. Damit will er die Evaluation
     Evaluation der Qualifikationen der Forschenden                           gerechter und ausgewogener gestalten und
     und die Dokumentation ihrer Leistungen –                                 originellere und wirkungsvollere Forschungs-
     der s­ ogenannte Track Record – besonders                                ergebnisse ermöglichen. Verbesserungen in
     ­relevant. So weisen Studien darauf hin, dass                            diesem Bereich können dazu beitragen, die
      die Evaluation des Track Records anfällig für                           Vielfalt zu erhöhen. Zum Beispiel geht es
     geschlechtsspezifische Diskriminierung                                   darum, unterschiedliche berufliche Laufbahnen
     ist. Mehrere Studien haben gezeigt, dass die                             und Karriereunterbrüche systematisch zu
     Leistungen der Frauen strenger bewertet                                  berücksichtigen, Risikobereitschaft, Zusammen-
     werden als diejenigen der Männer; wohingegen                             arbeit und Interdisziplinarität zu belohnen
     bei der Bewertung der Forschungsvorhaben                                 oder den Gesamtnutzen der Forschung für die
     kein Unterschied zu bestehen scheint.14                                  Wissenschaft und darüber hinaus vollumfäng-
                                                                              lich anzuerkennen.

            100 %

             90 %
                                                                                                                  MINT Männer

             80 %                                                                                                 Lebenswissenschaften
                                                                                                                  Männer

             70 %

             60 %

             50 %

             40 %

             30 %

             20 %                                                                                                 Lebenswissenschaften
                                                                                                                  Frauen
             10 %                                                                                                 MINT Frauen

              0%
                                                 Doktortitel

                                                                Wissenschaftliche
                                                                   Mitarbeitende
                 Studierende

                                                                                           Übrige
                                                                                       Dozierende

                                                                                                     Professorinnen
                                                                                                    und Professoren
                                Abschlüsse:
                               Bachelor und
                                    Master

     Abbildung 3. Prozentualer Anteil Frauen und Männer pro Karrierestufe in der Schweiz in den
22   MINT-Disziplinen und den Lebenswissenschaften. Quelle: BFS, SIUS, eigene Berechnung. Daten: 2016.
Unterstützung von Frauen in der                   Ziel
Forschung                                         Durch die Einführung spezifischer Beiträge
                                                  für Doktorandinnen in den Lebenswissen­
Der Anteil an Frauen in der Forschung ist         schaften und den MINT-Disziplinen will der
in der Schweiz deutlich geringer als in vielen    SNF Frauen motivieren, eine Karriere in
anderen Ländern. Über alle Fachbereiche           der Forschung in Erwägung zu ziehen16 (für
hinweg ist die Wahrscheinlichkeit, dass Frauen    MINT-Disziplinen besonders relevant),
aus der Forschung aussteigen, höher als           und ihre Erfolgschancen während der ganzen
bei Männern. Der Frauenanteil nimmt mit           Karriere verbessern.
­steigender akademischer Karrierestufe vom
 Doktorat bis zur ordentlichen Professur ab.15    Eckpunkte
Diese sogenannte «Leaky Pipeline» ist in          Die Beiträge sind mit den Doc.CH-Beiträgen
 den Lebenswissenschaften sowie in den Sozial-    für die Geistes- und Sozialwissenschaften
 und Geisteswissenschaften besonders              vergleichbar, die weiterhin für Frauen und

                                                                                                      2. Strategische Prioritäten 2021–2024
 ­ausgeprägt. In Mathematik, Informatik, Natur-   Männer angeboten werden. Sie ermöglichen
  wissenschaft und Technik (MINT) nimmt           es Doktorandinnen, eigenständig ein Gesuch
  der Frauenanteil weniger stark ab, ist hier     für die Durchführung eines Doktorats einzu-
  allerdings von Anfang an auch viel geringer     reichen, ihr Gastinstitut frei zu wählen und ihre
  (siehe Abbildung 3).                            eigenen Forschungsideen vorzuschlagen.

Die Forschungsinstitutionen tragen die Haupt-     Erwartete Wirkung
verantwortung für die Gleichstellung der          Einen solchen Beitrag in einem anspruchsvollen
Geschlechter. Ihre Rekrutierungsstrategien        nationalen Wettbewerb zu erhalten, ist ein
beeinflussen die Zusammensetzung des              Zeichen für Exzellenz. Aus diesem Grund geht
Forschungspersonals. Auch die Bildung ist         der SNF davon aus, dass die Beitragsempfän-
ein Schlüsselfaktor, da soziale Bilder und        gerinnen zu einem früheren Zeitpunkt in ihrer
­strukturelle Ungleichheiten bereits sehr früh    Karriere unabhängig werden und dass mehr
 im Leben wirken. Gleichstellungs- und            von ihnen in der Forschung bleiben. Obwohl
 ­familienpolitische Strategien im öffentlichen   Frauen ihre wissenschaftliche Laufbahn nicht
  und privaten Sektor haben ebenfalls einen       hauptsächlich während des Doktorats abbre-
  grossen Einfluss auf die Entscheidung von       chen, ergänzt eine starke Unterstützung zu
  Frauen, einer Forschungstätigkeit nach­         diesem Zeitpunkt die bestehenden Massnahmen
  zugehen oder der Wissenschaft den Rücken        für Postdoktorierende, insbesondere PRIMA.
  zu kehren. Solange die familienexterne          Die Auswirkungen auf die Motivation dürften
  Kinder­betreuung in der Schweiz weniger stark   dabei weit über das Doktorat hinaus anhalten
  ausgebaut ist als in anderen Ländern, bleibt    und Abbruchquoten in späteren Karriere­phasen
  die Schweizer Forschung im internationalen      reduzieren. Beitragsempfängerinnen werden
  Wettbewerb um die besten Forschenden im         zudem als Vorbilder in Bereichen wirken, in
  Nachteil.                                       denen Frauen gegenwärtig unterdurch­
                                                  schnittlich vertreten sind. Die Signalwirkung
 Der SNF ergänzt in seinem Aufgabenbereich        ist in den MINT-Disziplinen, in denen die
 die laufenden Bestrebungen aller Akteure des     Anzahl an Frauen wie erwähnt von Anfang an
 Wissenschaftssystems. Die bestehenden            tief ist, besonders wichtig.
 Massnahmen des SNF legen den Schwerpunkt
 auf die Stufe der Postdoktorierenden. Um in
 Zukunft eine noch stärkere Stimme für
 Frauen in der Wissenschaft zu sein, wird der
 SNF Exzellenz-Beiträge für Frauen auf
 ­Doktorats­stufe in den MINT-Disziplinen und
­Lebenswissenschaften vergeben.

        In den MINT-Disziplinen und in den Lebenswissenschaften
        wird der SNF neu Beiträge an Doktorandinnen vergeben.
        ­Dadurch wollen wir die Zahl der Frauen erhöhen, die eine
         ­wissenschaftliche Karriere anstreben.                                                       23
Darüber hinaus will der SNF eine Quote            Stärkung der anwendungs­
      einführen, um eine minimale Beteiligung von       orientierten Forschung an den
     Frauen im Nationalen Forschungsrat zu ge-
     währleisten. Dies unterstützt ein gerechtes        Fachhochschulen
     Geschlechterverhältnis in Entscheidungs­
     positionen und erhöht die Sichtbarkeit exzellen-   Der SNF bleibt weiterhin die wichtigste Quelle
     ter Forscherinnen in der Schweiz. Die Quote        öffentlicher Forschungsmittel für Fachhoch-
     wird entsprechend dem Anteil Forscherinnen         schulen (FH). Diese haben den gesetzlichen
     in den entsprechenden Fachbereichen                Auftrag, anwendungsorientierte ­Forschung
     ­bestimmt, um Frauen keine überproportionale        zu betreiben; sie wollen ihre dualen – wissen-
      Arbeitslast aufzubürden.                           schaftsbasierten und praxisorientierten –
                                                        ­Profile stärken. Innosuisse unterstützt sie bei
     Letzten Endes bleibt die Rolle des SNF bei der      der forschungsbasierten Innovation, fördert
     Gleichstellung von Frauen und Männern               aber keine Forschung. Die Unterstützung aller
     subsidiär. Um eine deutliche Verbesserung für       Arten der wissenschaftlichen Forschung,
     Frauen zu erzielen, sind möglicherweise             einschliesslich der anwendungsorientierten
     institutionenübergreifend definierte, nationale     Forschung, ist Aufgabe des SNF.
     Gleichstellungsstandards erforderlich. In
     anderen Ländern, wie Grossbritannien, Irland        Indem der SNF hohe Qualitätsstandards
     und Deutschland, ist ein Teil der institutio-       für alle Forschungsarten setzt, unterstützt er
     nellen Förderung mit geschlechtsspezifischen        die FH darin, ihre Forschungskapazitäten
     Massnahmen und deren Umsetzung ­verbunden.         ­auszubauen und sich in nationale und inter­
     Eine ähnliche Vorgehensweise könnte weitere         nationale Netzwerke einzubringen. Dies ­
     Anreize für die Erhöhung der Vielfalt an            fördert wiederum die Vielfalt im ganzen
24   Schweizer Forschungsinstitutionen setzen.           Wissenschaftssystem.
In der kommenden Beitragsperiode will der            Eckpunkte
SNF die anwendungsorientierte Forschung an           Die Massnahme ist zeitlich begrenzt. Die Bei­
Fachhochschulen in spezifischen Bereichen            träge sind mit Beiträgen in der Projektförderung
mit einer temporären Förderungsmassnahme             vergleichbar, stehen jedoch nur Forschenden
unterstützen.                                        der FH zur Verfügung, die in den Gesundheits-
                                                     und Ingenieurwissenschaften tätig sind.
Ziel
Der SNF wird die Anstrengungen der FH zum            Erwartete Wirkung
Ausbau von Forschungskapazitäten mit einem           Diese Massnahme soll anwendung­s­orientierte
besonderen Fokus auf Gesundheits- und                Forschungsarbeiten anregen. Wenn die For-
Ingenieurwissenschaften unterstützen. Beide          schenden Anträge einreichen, die sich an den
Fachbereiche sind für die Schweiz sehr               Anforderungen des SNF ausrichten, wird
­bedeutend und bilden in den kommenden               dies positive Auswirkungen auf die Forschungs­
 Jahren auch für die FH einen Schwerpunkt.           qualität haben. Das frühere Instrument DORE-

                                                                                                           2. Strategische Prioritäten 2021–2024
 Die beiden Bereiche verfügen über eine weniger      search, das ähnliche Ziele hatte, trug erfolgreich
 ausgeprägte wissenschaftliche Tradition             zur Stärkung anwendungsorientierter For-
 und eine stärkere Praxisorientierung. Heute         schung in Bereichen wie Soziale Arbeit, Künste,
 beteiligen sie sich nur in geringem Mass            Bildung und angewandte Psychologie bei.
 in den Förderungsinstrumenten des SNF.              Dort behaupten sich heute Forschende der FH
                                                     und PH im Wettbewerb mit den Universitäten,
                                                     und die Nachfrage nach SNF-Fördermitteln aus
                                                     diesen Bereichen steigt stetig.

        Mit einer befristeten Massnahme für Fachhochschulen werden
        wir anwendungsorientierte Forschung in den Ingenieur- und
        ­Gesundheitswissenschaften besonders fördern. So erhalten
         vielversprechende Projekte dieser Hochschulen zusätzliche
         Unterstützung.

        Bestehende Massnahmen zur Förderung von FH und PH
        Der SNF hat seine Förderinstrumente so weit wie möglich an die Bedürfnisse der FH und PH
        angepasst und wird dies auch in Zukunft tun. Er hat zudem Massnahmen ergriffen,
        um zu gewährleisten, dass anwendungsorientierte Gesuche angemessen evaluiert werden
        (ausserwissenschaftliche Bedeutsamkeit als Beurteilungskriterium für anwendungsorientierte
        Forschung, mehr Experten aus der Praxis im Peer-Review-Verfahren). Darüber hinaus sollten das
        für 2019 geplante Pilotprojekt «Spark», die neue Fördermöglichkeit für kollaborative Forschungs-
        konsortien und BRIDGE (siehe Kapitel 2.2 und 2.4) gut auf die Bedürfnisse der Forschenden an
        FH und PH ausgerichtet sein.
        Vorübergehend könnten zusätzliche spezifische Massnahmen erforderlich sein. Bereits in der
        laufenden Beitragsperiode setzt der SNF eine zeitlich beschränkte Förderungsmassnahme
        für die FH und PH um: Practice-to-Science unterstützt die Rekrutierung exzellenter Forschender
        aus der Praxis als Assistenzprofessorinnen und -professoren an FH und PH.

                                                                                                           25
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