Migration & Integration Info - Migration & Integration Info - Caritas

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Migration & Integration Info

                                                                                                                        Info 1 / Februar 2021

„Das machen wir
gemeinsam“
Aktuelle Kampagne
                                                  Migration & Integration
S. 2

Migrationssozialarbeit
                                                                     Info
im Wandel
S. 4

Ehrenamt trotz Corona
S. 5

Nähwerkstatt unter freiem Himmel: Isabel Bülter (li.) und Suna Bakalao Yoo engagieren sich
ehrenamtlich – auch in Zeiten der Pandemie (mehr auf S. 5).

Liebe Leserinnen und Leser,                   wie würden wir heute            Man wagt kaum, diese Fragen zu beantworten und Szenarien dazu
über die Flüchtlingszuwanderung der Jahre 2015/2016 sprechen,              aufzustellen, was gewesen wäre, wenn. Klar ist, die gegenseitige Hilfe
wenn sich damals jeder selbst am nächsten gewesen wäre, wenn sich          und das Eintreten füreinander in jener Zeit waren gelebte Solidarität
nicht viele Tausende Menschen spontan zu Unterstützung und Hilfe-          und gemeinsames Handeln mit dem Ziel, Schutzsuchenden eine men-
stellung für die Ankommenden entschlossen hätten? Was würden wir           schenwürdige Aufnahme zu ermöglichen.
heute erzählen, wenn sich nicht in ganz Deutschland ehrenamtliche             Hinter all dem stand die Annahme, dass die Aufnahme nur
Initiativen gebildet hätten, wenn sich Pfarrgemeinden und verband-         gemeinsam gelingen kann, indem möglichst viele Akteure ihre Kom-
liche Akteure, große Teile der Politik in Kommunen, Ländern und            petenzen, ihre Erfahrungen und ihr Wissen einbringen. Allen Schwie-
Bund nicht teils über Nacht dazu entschlossen hätten, einen solidari-      rigkeiten und Widrigkeiten, allen verbalen Polarisierungen und
schen Beitrag in dieser außergewöhnlichen Situation zu leisten? Wel-       gesellschaftlichen Spaltungsversuchen zum Trotz haben damals sehr
che Auswirkungen hätte ausbleibendes Engagement für die An­kom-            unterschiedliche Akteure in herausragender Weise zusammengear-
menden, für die Gesellschaft und unser Zusammenleben gehabt?               beitet. Dass die Aufnahme nach den Schwierigkeiten der Anfangszeit

Migration und Integration-Info 1 / Februar 2021                                                                                                1
EDITORIAL

weitgehend gelungen ist, liegt maßgeblich daran, dass sie gemeinsam      Dies bedeutet für die Caritas, für
geschafft wurde.                                                         eine Heimat in Vielfalt einzustehen
    Solidarität und gemeinsames Handeln sind bei gesamtgesell-           und sich einzumischen in soziale
schaftlichen Herausforderungen wie der Flüchtlingsaufnahme vor           und gesellschaftliche Fragen in
fünf Jahren oder aktuell in der Corona-Pandemie von höchster             Politik und Medien. Sich gleichzei-
Bedeutung. Sie müssen als Grundprinzip funktionierenden gesell-          tig starkzumachen im öffentlichen
schaftlichen Zusammenlebens gewertet werden, spielen sich aber           Diskurs für Diversität. Diese Auf­      Tobias Mohr
beständig ab, häufig im Kleinen, kaum sichtbar. „Das machen wir          gaben sind nicht trivial, Caritas       Stellv. Leiter des Referats
gemeinsam“, so lautet die Botschaft der aktuellen Caritas-Kampagne.      steht aber gerade dafür, komplexe       Migration und Integration
                                                                                                                 beim DCV in Freiburg
Damit verbunden ist ein Auftrag an uns alle, an die verbandliche Cari-   Auf­ gaben engagiert anzugehen,
                                                                                                                 E-Mail: tobias.mohr@caritas.de
tas und an jede(n) Einzelne(n), gemeinsam an einer Gesellschaft zu       dabei ausgleichend zwischen unter-
arbeiten, die möglichst vielen Menschen gute Chancen für ein gelin-      schiedlichen Interessen zu wirken
gendes Leben bietet.                                                     und auch pragmatische Lösungen
    Im Bereich Migration und Integration kann dieser Auftrag für die     in den Blick zu nehmen.
Caritas konkret bedeuten, Räume für Begegnung und Engagement zu              Mit den Beiträgen in diesem Heft wollen wir die Caritas-Kam­
schaffen, um Vorbehalte abzubauen, Gemeinsamkeiten zu finden und         pagne #DasMachenWirGemeinsam mit den Themen Migration, Inte-
soziale Kompetenzen aufzubauen.                                          gration und Flucht in Bezug setzen. Wir möchten aufzeigen, welche
    Es kann auch bedeuten, Migrationsdienste zu unterstützen. Denn       Spannungen und welche kreativen Ideen es gibt, wenn es darum geht,
diese sind Türöffner in die Gesellschaft und für die Gesellschaft,       gemeinsam einen Beitrag für gesellschaftlichen Zusammenhalt zu
indem sie nicht nur individuelle Unterstützung leisten, sondern auch     leisten.
solidarisch in die Gesellschaft hineinwirken.                                Jede(r) Einzelne zählt, aber am besten „machen wir das gemein-
    Gemeinsames solidarisches Handeln verlangt auch, eingewander-        sam“.
te Menschen als potenzielle Nutzer(innen) der Dienstleistungen aller
Fachbereiche noch stärker in den Blick zu nehmen. Auch für unsere        Eine anregende Lektüre wünscht Ihr
eigenen Einrichtungen und Dienste ist ein weitreichender Prozess der
interkulturellen Öffnung erforderlich.                                   Tobias Mohr

Themenschwerpunkt                                                        einer sozialeren und gerechteren Gesellschaft zu arbeiten, die mög-
                                                                         lichst vielen Menschen gute Chancen für ein gelingendes Leben bie-
Aktuelle Caritas-Kampagne                                                tet. Das wird nicht von allein geschehen. Schon gar nicht in einer Zeit,
„Das machen wir gemeinsam“                                               in der das Coronavirus viele Sicherheiten nimmt und die Lebenswei-
Pflegeteams, die sich in Krankenhäusern und Altenheimen um               sen vieler Menschen massiv verändert.
Covid-19-Patient(inn)en kümmern, Lehrer(innen) und Eltern, die               „Miteinander durch die Krise“ heißt daher auch der Schwerpunkt
Homeschooling gemeinsam möglich machen, Menschen, die Masken             der ersten Kampagnenphase im Frühjahr 2021, in der es um die
im öffentlichen Raum tragen. Diese Beispiele zeigen, wie wichtig         Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie geht. Corona hat uns
gemeinsames Handeln im Kampf gegen das Virus ist. Auch für die           global, lokal und privat vor Augen geführt, wie sehr wir auf andere
Caritas wurde dies in den vergangenen Monaten sehr deutlich. Nur         angewiesen sind. Zahlreiche arme, alte und kranke Menschen wissen,
gemeinsam konnte es gelingen, einen Schutzschirm für die sozialen        was es bedeutet, auf Hilfe angewiesen zu sein. Ihre Existenz hängt
Einrichtungen und Dienste zu erwirken, gemeinsam haben die Teams         auch davon ab, welche Unterstützung ihnen andere zukommen las-
in den Caritas-Beratungsstellen die Online-Beratung massiv ausge-        sen – in Form von gesetzlich geregelten Förderungen, als Dienstleis-
baut. Wenn die verschiedenen verbandlichen Gliederungen zusam-           tungen von Institutionen, als Hilfen von zivilgesellschaftlichen Netz-
menwirken, können wir viel erreichen.                                    werken wie Nachbar(inne)n und Verwandten. Dass Solidarität mehr
    „Das machen wir gemeinsam“, lautet die Botschaft der aktuellen       ist als ein Schlagwort, mit dem Politiker(innen) in den Wahlkampf
Caritas-Kampagne, die im Hinblick auf das 125-jährige Jubiläum des       ziehen, wurde in den vergangenen Monaten auch anderen Menschen
Deutschen Caritasverbandes im Jahr 2022 über zwei Jahre laufen           klar: Solidarität ist der Schlüssel für gesellschaftlichen Zusammenhalt.
wird. Damit verbunden ist der Auftrag an uns alle, gemeinsam an          In Zeiten von Corona tritt dies ungleich deutlicher zutage: Solidarität

2                                                                                                  Migration und Integration-Info 1 / Februar 2021
KAMPAGNE

macht ein Leben oder Überleben in und mit der Pandemie erst mög-          rung investieren – oder ob wir Lücken im Sozialsystem billigend in
lich. Wer konsequent eine Maske trägt, schützt nicht nur sich, son-       Kauf nehmen. Und darüber, wie wir verhindern können, dass Men-
dern auch die Menschen seines Umfeldes – und damit jene, für die          schen durchs soziale Netz fallen.
eine Infektion aufgrund von Vorerkrankungen schwere Folgen haben              In Anbetracht der enormen finanziellen Ausgaben, die Bund, Län-
kann. Davon profitieren beide Seiten, doch je länger die Pandemie         der und Kommunen stemmen müssen, um die Folgen von Corona in
dauert, desto häufiger zeigt sich, wie mühsam es sein kann, solidarisch   den Griff zu bekommen, werden auch die Leistungen des Sozialstaa-
zu handeln. Trittbrettfahrer(innen) setzen darauf, dass sich „die ande-   tes auf dem Prüfstand stehen. Die Gefahr besteht, dass Kürzungen in
ren“ an die Regeln halten und genießen „ihre Freiheiten“, Skepti-         diesem Bereich die bestehende soziale Ungleichheit zementieren oder
ker(innen) fühlen sich durch die Vorgaben gegängelt und in ihrer          ausbauen – mit der Folge, dass die Gesellschaft als Ganzes instabiler
Freiheit beschnitten.                                                     wird. Entscheidend wird also sein: Welche langfristige Unterstützung
    Mehrere Studien1 legen nahe, dass Corona zwar alle trifft, aber       sichert der Staat Menschen in schwierigen Lebenslagen zu?
nicht alle gleich. Auch in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit setzt        Für die Caritas ist klar: Rat und Hilfe dürfen nicht zu einem Luxus-
sich die Erkenntnis durch, dass manche sozialen Gruppen, die bisher       gut werden, sondern müssen denen offenstehen, die darauf angewie-
zu wenig im Fokus standen, besonders hart von den Folgen von Coro-        sen sind. Für Menschen mit Migrationshintergrund ist es entschei-
na betroffen sind.2 Insbesondere Menschen in prekären Lebensver-          dend, dass das physische und das soziokulturelle Existenzminimum
hältnissen wie Beschäftigte in der Fleischindustrie, Erntehelfer(in-      umfassend gesichert werden. Außerdem sollten alle Menschen – auch
nen), Betreuungskräfte in Privathaushalten, die sehr häufig einen         diejenigen, die sich ohne legalen Status in Deutschland aufhalten –
Migrationshintergrund haben, haben oft keine Möglichkeit, Abstand         ein Anrecht auf Gesundheitsversorgung haben, ohne von Ansprü-
zu halten und sich vor Ansteckung zu schützen. Ebenso ergeht es           chen ausgeschlossen werden zu können. Alle ausländischen Kinder
Geflüchteten in Sammelunterkünften. Sie alle leben und arbeiten in        mit Aufenthaltsrecht sollten einen eigenständigen Anspruch auf Bil-
beengten Verhältnissen oder nah am Menschen. Viele von ihnen              dungs- und Teilhabeleistungen erhalten. Für Frauen, die als Live-in-
haben keinen Zugang zu ärztlicher Versorgung. Oftmals sind Fami­          Carer pflegebedürftige Menschen in Privathaushalten versorgen,
lien in prekären Lebensverhältnissen auch nicht in der Lage, digitale     müssen reguläre Arbeitsrechtsstandards durchgesetzt werden.
Geräte anzuschaffen, die ihren Kindern eine Teilnahme an Home-                Die Herausforderung ist größer geworden, möglichst vielen Men-
schooling-Maßnahmen ermöglichen würde.                                    schen faire und gerechte Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben zu
                                                                          ermöglichen. Antworten auf die Fragen und Lösungen für ein gelin-
                                                                          gendes Zusammenleben können wir nur gemeinsam erarbeiten.
                                                                              Hinschauen, anpacken, Verantwortung übernehmen. Für Rechte
                                                                          einstehen, die Schwachen stärken, Ideen entwickeln und umsetzen:
                                                                          Das gelingt am besten, wenn sich verschiedene Menschen oder Orga-
                                                                          nisationen zusammentun. Der Kampagnenclaim ruft alle Verbände,
                                                                          Dienste und Einrichtungen der Caritas dazu auf, in diesem Sinne aktiv
                                                                          zu werden. Sprechen Sie mit Ihren beruflich und ehrenamtlich Mit-
                                                                          arbeitenden, mit Klient(inn)en, Patient(inn)en und Ratsuchenden,
                                                                          aber auch mit sozialpolitischen Akteur(inn)en und Entscheider(in-
                                                                          ne)n aus Politik und Gesellschaft. Lassen Sie uns gemeinsam an einer
                                                                          sozial gerechteren Zukunft arbeiten!
                                                                                                                          Maja Roth, Marc Boos
                                                                                            Bereich Kommunikation und Medien beim DCV in Freiburg

                                                                          Anmerkungen
                                                                          1 S. u. a. Universität Mannheim: Die Mannheimer Corona-Studie. April
                                                                          2020, www.uni-mannheim.de/gip/corona-studie/; s. auch: WZB Mitteilun-
Bild DCV/pixelfit/E+/Getty Images
                                                                          gen: Neue Verhältnisse. Was Corona mit der Gesellschaft macht. Juni 2020,
   Mit dem Kampagnenmotiv „Zeigen wir Solidarität mit allen –             Download per Kurzlink: https://bit.ly/395Wkrg; Bertelsmann Stiftung:
oder sparen wir sie uns?“ will die Caritas darauf aufmerksam machen,      Gesellschaftlicher Zusammenhalt in Deutschland 2020, Download per Kurzlink:
dass nicht alle Menschen in Deutschland gleichermaßen Zugang zu           https://bit.ly/2Y3U6SS
medizinischer Behandlung, Beratung und Hilfe haben. Sie will ins          2. Mayr, A.: Soziale Ungleichheit: Die Angreifbaren. In: Zeit online vom
Gespräch kommen darüber, ob wir genug in unsere soziale Absiche-          25. November 2020.

Migration und Integration-Info 1 / Februar 2021                                                                                                       3
KAMPAGNE

                                                                            2000er-Jahren haben viele Kommunen die Bedeutung integrations-
Migrationssozialarbeit im Rückblick auf ein                                 unterstützender Angebote erkannt und halten daran fest. Neben
dynamisches Jahrzehnt: Was steht jetzt an?                                  einem Ausbau verwaltungsinterner Strukturen hat die Migrations­
Die Solidarität mit geflüchteten und anderen zugewanderten Men-             sozialarbeit der freien Wohlfahrtspflege hiervon wesentlich durch
schen sowie das daraus resultierende Engagement für „den Fremden“           eine verstärkte Förderung profitiert.
ist bekanntermaßen ein Kernbestandteil der christlichen Identität               Gleichzeitig bleibt jedoch die Ressourcenunsicherheit für die
und damit Verpflichtung und Leitbild für die Migrationssozialarbeit         Beratungsstellen bestehen. Anders als im Bereich der Schuldner- oder
der Caritas. Nur in wenigen anderen Handlungsfeldern wird das               Erziehungsberatung haben Zuwanderinnen und Zuwanderer kein
Selbstverständnis der Caritas, als Anwältin, Dienstleisterin und            Recht auf Beratung und sozialarbeiterische Unterstützung. Die von
­Solidaritätsstifterin für Benachteiligte tätig zu sein, in so besonderer   Bund, Ländern und Kommunen zur Verfügung gestellten Mittel
 Weise deutlich wie in der Flüchtlings- und Integrationshilfe. Gemein-      sichern bei weitem keine nachhaltige Finanzierung einer ausreichen-
 schaftlich mit Betroffenen und Netzwerkpartnern trägt die                  den und flächendeckenden Infrastruktur. Die Chancen, qualifizierte
 Flüchtlings- und Migrationsberatung wesentlich zu einer gelingenden        Beratungsangebote vor Ort wahrnehmen zu können, sind höchst
 Integration bei. Über die Hilfe im Einzelfall hinaus heißt dies für die    unterschiedlich verteilt. Sie hängen im Wesentlichen vom individuel-
 Sozialarbeit stets auch, die Folgen defizitärer Integrationsstrukturen     len Engagement der Länder und Kommunen ab sowie von den Bemü-
 aufzufangen und gegen rechtliche und gesellschaftsbedingte Hürden          hungen der Träger, zusätzliche Fördermittel für ihre Arbeit zu akqui-
 und Blockaden in einem hoch dynamischen Kontext anzuarbeiten.              rieren oder Eigenmittel zu investieren.
    In den vergangenen zehn Jahren unterlag die Migrationssozial­
 arbeit einem besonderen gesellschaftlichen, politischen und förder-        Bedingungen der neuen Zusammenarbeit
 rechtlichen Wandel. Als kleiner Fachbereich hatte sie zunächst nur         bedürfen der Klärung
 überschaubare Stellenanteile. Die Flüchtlings- und Migrationsbera-         Letztendlich bleibt mit der Vielfalt und Uneinheitlichkeit von Förder-
 tungsstellen mussten an der Seite weniger ehrenamtlich Aktiver             konzepten die Frage ungeklärt, wer vor Ort für die Integrationsarbeit
 Anfang des Jahrzehnts zäh um Bleibeperspektiven für Geduldete,             zuständig sein soll und sein kann. Die Bedingungen für eine partner-
 Verbesserungen im Asylbewerberleistungsgesetz oder beim Etablie-           schaftliche Zusammenarbeit von Kommunen, freien Trägern, Selbst­
 ren einer Willkommenskultur ringen. Die Interessenslagen von Ver-          organisationen und ehrenamtlichen Initiativen sind daher längst
 waltung, Bürgerschaft und Wohlfahrtspflege waren selten vollständig        nicht ausgemacht. Im Gegenteil: So begrüßenswert die aktive Mitge-
 deckungsgleich. Mitunter gab es tiefe Gräben zwischen verwaltungs-         staltung der Integrationsarbeit vor Ort durch Kommunalverwaltun-
 handelnden Personen und den Flüchtlingsberater(inne)n. Anwalt-             gen auch ist, so sehr ist die Migrationssozialarbeit der freien Wohl-
 schaftliches und solidarisches Handeln an der Seite der Geflüchteten       fahrtspflege über deren neue Rolle irritiert.
 gehörten zu den täglichen Anforderungen in der Migrationssozial­               Zunehmend beanspruchen die Verwaltungsbehörden für sich, die
 arbeit.                                                                    Integrationsarbeit auf der operativen Ebene aktiv mitgestalten zu wol-
                                                                            len. Staatliche Stellen empfehlen sich als Leistungsträger und Leis-
„Das machen wir gemeinsam“ – diese Haltung                                  tungsanbieter aus einer Hand. Einzelfallhilfe für Zuwanderinnen und
bekam 2015 einen Schub in den Kommunen                                      Zuwanderer wird mit kommunalen Mitarbeitenden geleistet. Dies
Der positiven Stimmungslage und hohen Aufnahmebereitschaft in               mag Synergien bündeln, notwendige Unabhängigkeit und anwalt-
den Kommunen im Sommer 2015 ging ein mühsamer und langwie-                  schaftliches Engagement sind jedoch nicht gewährleistet. Die bewähr-
riger Veränderungsprozess voraus. Zur Bewältigung der Herausfor-            ten Regelungen des Subsidiaritätsprinzips werden durch eine solche
derungen vor Ort wurde nun die Notwendigkeit eines guten Mitein-            Förderpolitik verstärkt ausgehebelt. Die Partnerschaft von Staat und
anders aller Beteiligten erkannt und von vielen Seiten unterstützt. Die     Wohlfahrtspflege in der Migrationssozialarbeit muss offensichtlich
Expertise der Flüchtlingsberatungsstellen war vielfach in besonderer        neu ausgehandelt werden.
Weise gefragt, sowohl von behördlicher als auch von ehrenamtlicher                                                                Gerrit Hermans
Seite. In vielen neu entstandenen Netzwerken entwickelte sich eine                                                    Bereichsleitung Soziale Dienste
enge Zusammenarbeit auf gemeinsamer Augenhöhe zwischen Behör-                                                  Caritasverband Geldern-Kevelaer e. V.
den, Sozialdiensten und bürgerschaftlichen Initiativen, die bis heute
fortbesteht.
    Wenn auch die gegenwärtige europäische und nationale Asylpoli-
tik erneut von Abschottung und Zuständigkeitsvermeidung domi-

                                                                            #DasMachenWirGemeinsam
niert wird, so sind auf kommunaler Ebene Integrationsthemen viel
stärker in den Mittelpunkt gerückt. Anders als in den 1990er- und

4                                                                                                    Migration und Integration-Info 1 / Februar 2021
KAMPAGNE

  NACHGEFRAGT
  Fürs Ehrenamt war 2020 ein turbulentes Jahr

                              In Zeiten des Shutdowns: Über die            viele Pauken hat sich gelohnt – die Familie darf bleiben. Wir
                              Möglichkeiten von Ehrenamtlichen in          waren alle sehr erleichtert, und die Ehrenamtliche war wahnsinnig
                              der Hilfe für Geflüchtete sprach Elena       glücklich, dass ihr freiwilliges Ehrenamt mit Erfolg gekrönt war.
                              Knežević vom Migration & Integra­            Solche Geschichten haben wir im letzten Jahr mehrfach erlebt.
                              tion-Info mit Gabriele Rabe, Ehren­
                              amtskoordinatorin in der Flüchtlings­        Was war 2020 noch sehr aufregend und emotional?
                              hilfe des Orts-Caritasverbandes              Durch die Schließung des Cafés hatten einige Ehrenamtliche
                              Weimar.                                      plötzlich eine Pause. Wir haben versucht, gemeinsam zu schauen,
                                                                           inwieweit Ehrenamt trotzdem möglich ist. Es gibt zum Beispiel
                            Was war für Sie der emotionalste               zwei Frauen, die jahrelang einen Deutschkurs für Frauen ehren-
  Moment in der Weimarer Ehrenamtskoordination?                            amtlich gegeben haben. Sie kamen auf mich zu, und wir haben
  Als wir im Sommer nach dem ersten Lockdown das Café Interna-             gemeinsam geschaut, was nun in dieser Phase möglich ist. Die
  tional wiedereröffnet haben. Das Haus war endlich wieder belebt          eine lernt gerade zusammen mit einer Flüchtlingsfrau Deutsch
  und laut. Das war sehr bewegend.                                         über digitale Medien und bereitet sie so auf die nächste Prüfung
                                                                           vor. Die andere, eine pensionierte Ärztin, begleitet eine Frau in
  Was genau bedeutet das Café International für seine Gäste?               ihrer Umschulung zur Altenpflegerin. 2020 erforderte sehr viel
  Für viele ist das Café ein sehr wichtiger Ort der Begegnung, und         Flexibilität von uns. Ich hoffe sehr, dass wir auch langjährige
  die Geflüchteten kommen gerne hierhin. Es ist ein Ort des Aus-           Ehrenamtliche halten können, die nun längere Zeit nicht mehr
  tauschs und geselligen Beisammenseins, wo es auch mal bei einer          bei der Caritas vor Ort sein konnten. Das betrifft vor allem Frei-
  Runde „Mensch, ärgere dich nicht!“ zur Sache geht. Übrigens              willige in der Kinderbetreuung. Wichtig ist, dass trotz der räum­
  wäre das Café ohne die Mitarbeit von Ehrenamtlichen undenk-              lichen Distanz der Kontakt zwischen Ehrenamtlichen und der
  bar! Denn es sind Ehrenamtliche, die Kuchen backen und spen-             Caritas nicht abbricht.
  den und an die Gäste austeilen. Das Café ist für das Gemein-
  schaftsgefühl der Weimarer Flüchtlingssozialarbeit essenziell.           Gab es etwas, das Sie im vergangenen Jahr beeindruckt hat?
                                                                           Es haben sich wahnsinnig viele junge Menschen für ein Ehrenamt
  Gab es 2020 eine besondere Geschichte eines Geflüchteten, die            interessiert! Im ersten Lockdown mussten zum Beispiel einige ihr
  Sie mit uns teilen möchten?                                              Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) im Ausland abbrechen, und sie frag-
  Oh, da gibt es mehrere Geschichten. Ich nenne mal eine: Wir              ten dann bei der Caritas an. Die meisten wurden in die Online-Schü-
  haben eine Familie aus den Balkanstaaten, die in der Heimat Dis-         lernachhilfe vermittelt. Eine junge Ehrenamtliche setzte ihr FSJ nach
  kriminierung aufgrund ihrer Ethnie erfahren hatte. Sie wohnen            den Lockerungen dann in Frankreich im Sommer fort. Sie gab aus
  hier in Weimar und haben eine Aufenthaltsgenehmigung bean-               der Ferne weiterhin Online-Nachhilfe. Das fand ich klasse!
  tragt. Da die Balkanstaaten als sichere Herkunftsländer gelten und           Insgesamt haben sich viele junge Menschen gemeldet und üben
  kein Aufenthalt genehmigt wurde, haben wir den Fall an die Här-          nun ein Ehrenamt aus. Ich denke, die Pandemie ist auch eine Chan-
  tefallkommission gegeben. Wichtig dabei waren Fragen wie: Kann           ce für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Durch die vielen Ein-
  die Familie ihren Lebensunterhalt eigenständig sichern? Können           schränkungen richten die Menschen den Blick nach innen und stel-
  die Familienmitglieder gut Deutsch sprechen? Etwa zur gleichen           len sich die Frage: Wie kann ich anderen helfen, die von der
  Zeit kam eine junge und neue Ehrenamtliche auf mich zu, die              Pandemie stärker betroffen sind als ich? So wurde doch ein Stück
  arbeitssuchend war. Sie wollte in dieser Zeit gerne etwas machen         weit das Gemeinschaftsgefühl durch die Pandemie neu bestimmt.
  und sich gesellschaftlich einbringen. Gemeinsam mit meiner Kol-          Trotz oder vor allem aufgrund des verrückten Jahres hatten wir in
  legin, die als Sozialarbeiterin die Familie betreut, habe ich sie dann   Weimar einen starken Zuwachs an Ehrenamtlichen.
  zur Familie vermittelt. Sie haben mehrmals in der Woche gemein-
  sam Deutsch geübt. Es war wirklich ein intensives Ehrenamt. Das          Frau Rabe, vielen Dank für das Gespräch!

Migration und Integration-Info 1 / Februar 2021                                                                                                    5
PANDEMIE

Pandemiefolgen für Migranten                                                  Mancherorts wurden Maßnahmen zum Schutz der Bewohner(in-
                                                                           nen) von Sammelunterkünften ergriffen: Zimmer sind zum Teil nicht
Unsere Einwanderungsgesellschaft während                                   mehr voll belegt; zusätzliche Kantinen und Gemeinschaftsräume
und nach Covid-191                                                         wurden eingerichtet, Bewohner(innen)räte gegründet.11 Außerdem
                        Covid-19 hat nicht nur eine akute Gesund-          führten Gerichtsverfahren dazu, dass einzelne Personen auch aus
                             heits- und Wirtschaftskrise ausgelöst,        ihren Unterkünften ausziehen durften.12
                                deren Ausmaß noch nicht absehbar
                                  ist, sondern seine Folgen erschwe-       Bildung
                                   ren auch den Zugang zu zentralen        Insbesondere in Sammelunterkünften haben geflüchtete Kinder oft
                                    Bereichen des gesellschaftlichen       keinen oder nur begrenzten Zugang zu WLAN und zu Endgeräten
                                    Lebens: zur Gesundheit, zum            und können dem Fernunterricht nur sehr eingeschränkt folgen. Kon-
                                    Wohnen, zur Bildung und zum            zentrationsfördernde Rückzugsorte sind nur begrenzt nutzbar, haupt-
                                   Arbeitsmarkt. Besonders betroffen       und ehrenamtliche Angebote oft kaum verfügbar. Viele unlängst
                                  sind Migrant(inn)en und vor allem        angekommene Migrant(inn)en können ihre Kinder aufgrund man-
                                Geflüchtete.2 Sie haben tendenziell        gelnder Deutschkenntnisse oder unterschiedlicher mitgebrachter
                             ein höheres Infektionsrisiko, einen           Lernstrukturen kaum unterstützen.13
Bild Tim Reckmann/      schlechteren Zugang zu (digitaler) Bildung,            Kommunen, Schulen, Haupt- und Ehrenamtliche haben versucht,
pixelio
                   und sie verlieren schneller ihre Arbeit. Wir prü­fen,   diese Defizite durch das Verteilen und teilweise Spenden von Endge-
welche guten Praxisbeispiele die Wohlfahrtsorganisationen im Sinne         räten, die Installation von WLAN und digitale Hausaufgabenunter-
eines „#DasMachenWirGemeinsam“ weiterentwickeln können.                    stützung aufzufangen. Bei den Sprach- und Integrationskursen inves-
                                                                           tierte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)
Gesundheit                                                                 40 Millionen Euro, um Lehrkräfte und Kursträger für digitale Ange-
Über das ohnehin bestehende Forschungsdefizit zur Gesundheitsver-          bote der Integrationskurse anzuwerben. 7000 Online-Tutorien und
sorgung von Migrant(inn)en und Geflüchteten3 hinaus sind die Aus-          Klassenzimmer konnten genehmigt werden, in denen fast 83.000 Ein-
wirkungen der Pandemie auf diese Gruppe noch wenig bekannt.                wander(innen) lernen. 220.000 Personen brachen trotzdem ihren
Bekannt ist jedoch, dass migrationsspezifische Faktoren wie geringe        Integrationskurs ab.1⁴
Deutschkenntnisse oder mangelnde Informationen über Versor-
gungsstrukturen Zugangsbarrieren darstellen.⁴                              Arbeitsmarkt
    Bundesländer und Kommunen haben daher Informationsmate­                Migrant(inn)en und Geflüchtete sind in besonderem Maße von
rial in mehreren Sprachen aufgelegt. Krankenkassen übernehmen die          Arbeitsplatzverlusten betroffen: Zwischen März und Juli 2020 stieg
Kosten für einen Covid-19-Test auch für nicht versicherte Personen,        die Arbeitslosenquote unter Drittstaatler(inne)n um 5,2 Prozent,
sofern vom Gesundheitsamt veranlasst.⁵ Menschenrechtsorganisa­             davon um 13,4 Prozent bei Personen aus Asylherkunftsländern – im
tionen haben wiederholt die Übermittlungspflicht öffentlicher Ein-         Vergleich zu 2,6 Prozent bei EU-Ausländer(inne)n.1⁵ Aufgrund man-
richtungen (des Sozialamts, der Gesundheitseinrichtungen) an Aus-          gelnder Sprachkenntnisse, unterschiedlicher Bildungsniveaus, nicht
länderbehörden für Menschen ohne Papiere kritisiert und fordern            passgenauer Ausbildung oder erschwerter Berufsanerkennung ist ihr
anonyme Krankenscheine, bekannt beispielsweise aus Thüringen               Arbeitsmarkzugang ohnehin barrierereich. Drittstaatsangehörige,
oder Berlin.⁶                                                              vor allem Geflüchtete, arbeiten eher in von der Pandemie besonders
                                                                           betroffenen Berufszweigen – insbesondere im Hotel- und Gaststät-
Wohnen                                                                     tengewerbe.1⁶ Sie wirken häufiger in Leiharbeit, Zeitarbeit und Mini-
Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts⁷ für Gemeinschaftsunter-            jobs sowie in kleineren Betrieben1⁷ bei geringer Heimarbeitsmöglich-
künfte werden nicht überall eingehalten.⁸ Laut einer Bielefelder Stu-      keit und haben vielfach die kürzeste Betriebszugehörigkeit.
die liegt das Ansteckungsrisiko dort im Mittel bei 17 Prozent; mehre-          Andererseits macht die Pandemie offenkundig, dass rund 13 Pro-
re Unterkünfte haben Ansteckungsraten von bis zu 67 Prozent                zent der Arbeitnehmer(innen) in systemrelevanten Berufen in der EU
erreicht. Es mangelt an Hygieneartikeln und Information; Distanz­          Migrant(inn)en sind. In Deutschland haben über 30 Prozent der im
regeln sind kaum einzuhalten. Die Beratung von – oft traumatisier-         Lebensmittelsektor, in der Landwirtschaft und im Reinigungsgewer-
ten – Menschen ist erheblich erschwert.⁹ Kollektivquarantänen erlau-       be Arbeitenden und rund 20 Prozent der im Verkehrswesen und im
ben weder Kontaktnachverfolgung noch eine Trennung von                     öffentlichen Personenverkehr Tätigen eine ausländische Staatsbür-
infizierten und nicht infizierten Personen – Schutzlücken, die zum         gerschaft. Fortschritte beim Arbeitsschutz (Stichwort: Fleischindus­
Teil als Diskriminierung eingestuft werden.10                              trie) sowie bei der Anerkennung von Abschlüssen ausländischer

6                                                                                                   Migration und Integration-Info 1 / Februar 2021
PANDEMIE

Mediziner(innen) in einigen Bundesländern waren positive Auswir-                    4. Borde, T.; Blümel, S.: Gesundheitsförderung und Migrationshintergrund.
kungen.1⁸                                                                           Köln: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. 2020. Download per
                                                                                    Kurzlink: https://bit.ly/2LnnRLC
Diskriminierung und Rassismus                                                       5. Mediendienst Integration: Corona-Pandemie und Migration. Berlin,
Seit Beginn der Pandemie werden vor allem in sozialen Netzwerken                    2020. Download per Kurzlink: https://bit.ly/3b3Npb9
verstärkt aggressive, mitunter diskriminierende und sogar rassistische              6. Ebd.
Diskurse gegenüber Geflüchteten und Migrant(inn)en vorangetrie-                     7. Robert-Koch-Institut (RKI): Empfehlungen für Gesundheitsämter zu
ben. Die Suche nach „Sündenböcken“ machte Menschen mit Migra-                       Prävention und Management von COVID-19-Erkrankungen in Aufnahme­
tionshintergrund, Migrant(inn)en und Geflüchtete zur Zielscheibe                    einrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften für Schutzsuchende (im
von Hassreden, Gewaltakten und weiteren Formen der Ausgren-                         Sinne von §§ 44, 53 AsylG), 2020. Download per Kurzlink: https://bit.ly/
zung.1⁹                                                                             3hHYcta
    Die Erkenntnis der „Systemrelevanz von Migrant(inn)en“ sowie                    8. FAU Human Rights Podcast „Die Unterbringung Geflüchteter in Deutsch-
die öffentliche Diskussion zu Rassismus und Diskriminierung könn-                   land und insbesondere Bayern“, Prof. Dr. Petra Bendel diskutiert mit Dr.
ten ein Stück weit Formen von Ausgrenzung und sozialer Ungleich-                    Stephan Dünnwald, Lea Gelardi und Dr. Olaf Kleist. 2020. Download per Kurz-
heit in den Fokus rücken. Gerade hier besteht die Notwendigkeit von                 link: https://bit.ly/3rOSf21
Antidiskriminierungsmaßnahmen.                                                      9. Borzorgmehr, K.; Hintermeier, M.; Razum O.: SARS‐CoV-2 in Aufnah-
                                                                                    meeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften für Geflüchtete: Epidemiolo-
Konsequenzen für die freie Wohlfahrtspflege                                         gische und normativ‐rechtliche Aspekte. Bielefeld: Kompetenznetz Public Health
Ziel der freien Wohlfahrtspflege ist es, allen Menschen Teilhabe zu                 COVID‐19, 2020. Download per Kurzlink: https://bit.ly/355rGvI
ermöglichen. Ihre Rolle ist auch in der Pandemie unverzichtbar, um                  10. Medibüros/Medinetze: Politische Entwicklung: Kollektivquarantäne –
Missstände aufzuzeigen, vulnerable Gruppen20 bedarfsorientiert zu                   Gesundheitsgefährdung durch sinnwidrige Maßnahmen der Behörden. 2020.
unterstützen und Bedarfe an politische Entscheidungsträger zu mel-                  Download per Kurzlink: https://bit.ly/392UmXD
den: Sie sollte immer wieder darauf hinweisen, dass Integration – ein               11. Taz Talk #31 meets DeZIM: Geflüchtete in der (Corona-)Krise. 2020.
Marathon, kein Sprint – nicht den Ad-hoc-Erfordernissen von                         Video per Kurzlink: https://bit.ly/3o7F8Xv
Covid-19 erliegen darf.21 Wissenschaft kann gute Praxisbeispiele aus-               12. Pro Asyl: Nach Sachsen jetzt das VG Münster: Infektionsschutz gilt auch
findig machen. Wohlfahrt, gemeinsam mit anderen Partnern, kann                      für Geflüchtete! Frankfurt a. M., 2020. Kurzlink: https://bit.ly/3ocCBeP
diese umsetzen. Beides bedarf eines langen Atems.                                   13. FAU Human Rights Podcast „Die Unterbringung Geflüchteter in
                                                                                    Deutschland und insbesondere Bayern“, a.a.O.
                                                     Prof. Dr. Petra Bendel        14. Epd/mig: Corona: 220.000 Einwanderer unterbrechen Integrationskurse.
                                         Professorin für Politische Wissenschaft   Overath: Migazin, 2020. Download per Kurzlink: https://bit.ly/355AK3C
                    Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)        15. Brücker, H.; Hauptmann, A.; Keita, S.et al.: Zuwanderungsmonitor Juli
                                                            Yasemin Bekyol         2020. Nürnberg, 2020. Download per Kurzlink: https://bit.ly/3hHaKAS
                                                Wissenschaftliche Mitarbeiterin    16. Vallizadeh, E. in: Janke, C.; Bauer, J.: Corona-Pandemie: Geflüchtete
   FAU                                                                             fürchten um ihre Jobs. Berlin: Mediendienst Integration, 2020. Download per
                                                    Marlene Leisenheimer           Kurzlink: https://bit.ly/3pJw2AA
                                                         Studentische Hilfskraft   17. Bathke, B.: In Germany, the coronavirus disproportionally affects migrants.
   FAU                                                                             InfoMigrants. N.p. 2020. Download per Kurzlink: https://bit.ly/3b7QQhg; Jan-
                                                                                    ke, C.; Bauer J.: Corona-Pandemie: Geflüchtete fürchten um ihre Jobs. A.a.O.
Anmerkungen                                                                         18. ODI: Key workers: Migrants' contribution to the COVID-19 response. Lon-
1. Der Beitrag basiert auf einer von der Stiftung Mercator geförderten Studie       don, 2020. Download per Kurzlink: https://bit.ly/3b7KpL0
„Auswirkungen und Szenarien für Migration und Integration während und               19. Kollender, E.: Bildung für alle – oder nur für einige? COVID-19 und die
nach der Covid-19-Pandemie“.                                                        Diskriminierung von „geflüchteten Kindern“ im deutschen Bildungssystem.
2. Vgl. hier und im Folgenden: Bendel, P.: Innovative or ad hoc? Practices of       FluchtforschungsBlog, 2020. Kurzlink: https://bit.ly/2XaSCWF
migrant integration in light of COVID-19. Brüssel: European Commission,             20. Hankiysky, O.; Kapilashrami, A.: Intersectionality offers a radical
2020. Download per Kurzlink: https://bit.ly/33J2PgD                                 rethink­ing of covid-19. Thebmj, 2020. Download per Kurzlink: https://bit.
3. Altgeld, T.: Bestandsaufnahme von Interventionen (Modelle guter Praxis)          ly/2LmWhOf
zur Gesundheitsförderung und Prävention bei Menschen mit Migrationshin-             21. Schammann, H.; Bendel, P.; Müller, S.; Ziegler, F.; Wittchen, T.:
tergrund. Berlin: GKV-Bündnis für Gesundheit, 2018. Download per Kurzlink:          Zwei Welten? Integrationspolitik in Stadt und Land. Stuttgart/Berlin, 2020.
https://bit.ly/2MswC7r                                                              Download per Kurzlink: https://bit.ly/3rQEpfE

Migration und Integration-Info 1 / Februar 2021                                                                                                                    7
NACHGEDACHT

NACHGEDACHT
                          Eva M.                          Gemeinsame Nächsten- und Fernstenliebe seit 125 Jahren
                          Welskop-Deffaa
                          Vorstand Sozial-
                                        „Das machen wir gemein­
                          und Fachpolitik                                                             tions-)politische Engagement der Caritas. Wir spüren, dass die
                          beim Deutschensam“ – unter diese Über­                                      zu berücksichtigenden Ursachen und Wirkungen von Migration
                          Caritasverbandschrift hat der Deutsche                                      und Integration immer komplexer miteinander verbunden sind.
                          E-Mail: vorstand.
                                        Caritasverband seine Jubi­                                    Und hinter der Vokabel „Komplexität“ verbirgt sich eine Zumu­
                          sozialpolitik@
                                        läumskampagne gestellt.                                       tung: „Ein System ist dann komplex, wenn man es nicht vollstän­
                          caritas.de
                                        Eine Vergewisserung. Ein                                      dig beschreiben kann, selbst wenn man vollständige Informatio­
   Auftrag. Eine Ermutigung auch, die Arbeit an den vielen sozialen                                   nen über alle seine Teile hat.“ (Armin Nassehi, Corona-Lecture
   Brandherden und Baustellen durch tätige Hilfe einerseits und                                       der Ludwig-Maximilians-Universität München, 15. Dezember
   kluge Organisation von Netzen der Solidarität andererseits auch                                    2020)
   in den nächsten 125 Jahren fortzusetzen.                                                           Die Faktoren, die den Weg der Migrant(inn)en vorzeichnen, die
   „Caritas wird konkret, sobald Menschen die Notlage anderer                                         Umstände, die die Aufnahmebereitschaft des Ziellandes beein­
   wahrnehmen und gemeinsam helfen. Das geht insofern über                                            flussen, und die Aspekte, die den Integrationserfolg ausmachen –
   Nächstenliebe als persönliche Tugend hinaus, als es gemeinsam                                      sie sind vielfältig miteinander verwoben und erzeugen Wirkun­
   geschieht“, formulierte Prälat Hellmut Puschmann anlässlich des                                    gen und Nebenwirkungen, die beim besten Willen nicht vollstän­
   100. Geburtstags des Caritasverbandes Dresden. Die gemeinsa­                                       dig zu überschauen und zu beschreiben sind. Komplex sind dabei
   me Antwort ist gefordert, die verbandliche und überverbandliche                                    auch Migration und Klimawandel miteinander verwoben. Wo
   Vernetzung. Papst Franziskus hat das vor wenigen Wochen nach­                                      Versteppung und steigender Meeresspiegel die Existenzgrund­
   drücklich unterstrichen. Es brauchte, so schreibt er, „auch der                                    lagen der Menschen im globalen Süden vernichten, sind neue
   barmherzige Samariter ein Gasthaus zur Unterstützung“, weil er                                     Wanderungsdynamiken die Folge. Klimaschutz gehört zum soli­
   die Versorgung des am Wegesrand niedergeschlagenen Fremden                                         darischen Caritas-Engagement in der einen Welt deshalb unab­
   „momentan nicht allein schaffen konnte“. Wer dem „entfernten                                       dingbar dazu.
   Bruder“ wirksam helfen will, kann das nur „durch die verschie­                                     Aufgaben der Migrationspolitik in ihrer Komplexität anzupa­
   denen Ressourcen erreichen, die die Institutionen einer organi­                                    cken und dafür neue Allianzen zu schmieden – das ist Ermuti­
   sierten, freien und kreativen Gesellschaft schaffen können“.                                       gung aus der Erinnerung an die Gründung der Caritas vor 125
   (Enzyklika Fratelli tutti, Randnummer 165)                                                         Jahren. Machen wir es gemeinsam!
   Diese Vergewisserung ist Ermutigung gerade für das (migra­                                                                               Eva M. Welskop-Deffaa

IMPRESSUM                                                                                                                                             w w w.c ar it as.d e

Re­dak­ti­on: PD Dr. Andrea Schlenker (verantwortlich), Elena Knežević, Klemens Bögner (neue caritas)
Karls­tra­ße 40, 79104 Frei­burg
Re­dak­ti­ons­sek­re­ta­ri­at: Christine Rautenberg, E-Mail: migration.integration@caritas.de
Vertrieb: Bettina Weber, Lambertus-Verlag GmbH; Tel. 07 61/3 68 25-0, Fax: 3 68 25-33, E-Mail: neue-caritas@lambertus.de
Ti­tel­foto: OCV Weimar
Nach­druck und elekt­ro­ni­sche Ver­wen­dung nur mit schrift­li­cher Ge­neh­mi­gung. He­raus­ge­ge­ben vom Referat Migration und
Integration, Deutscher Caritasverband e. V. in Frei­burg
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