ARBEIT - TEILHABE - EUROPA - Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum ...
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Jahrgang 17 | Ausgabe 1/2019 caritas zusammen : arbeiten A R B E I T – T E I L H A B E – E U R O PA Das Internationale Begegnungszent- rum in Wuppertal bietet Austausch in Im Teesalon entspannt gemütlicher Atmosphäre. Foto: Susanne Bossy die deutsche Sprache vertiefen Beim CV Wuppertal/Solingen gibt es vielfältige Angebote für eine nachhaltige Integration Auch in Wuppertal und Solingen wurden im Umfeld bei Kaffee, Tee und Gebäck ihre Deutsch- Außerdem kann man spannende Unterhaltun- Rahmen der Aktion Neue Nachbarn viele Angebote kenntnisse zu verbessern oder Lösungen für alltäg- gen in einer entspannten Atmosphäre führen. „Das für geflüchtete Menschen ins Leben gerufen. Dabei liche Probleme zu finden. gibt die Chance andere Kulturen besser kennenzu- entstand unter anderem eine Deutschwerkstatt zur Auch jüngere Menschen engagieren sich für lernen“, erläutert Hannah Niel. Nach einem Prakti- Vorbereitung auf Prüfungen und Ende März 2019 Geflüchtete. So spielen beispielsweise beim Sport- kum hat sie eine Stelle als Wuppertaler Koordinato- ein Bewerbungstraining für Frauen. Inzwischen füh- verein DJK Schwarz-Weiß Union Barmen Jugend- rin in der Aktion Neue Nachbarn übernommen. Sie len sich einige Kursteilnehmende im Deutschen so liche unterschiedlicher Herkunft zusammen Fußball ist bei Problemen Ansprechpartnerin für die Ehren- sicher, dass sie als Dolmetscherinnen und Dolmet- und Basketball, begleitet von jungen Ehrenamt- amtlichen und kümmert sich um die Angebote und scher zum Beispiel bei Beratungsgesprächen helfen lichen. finanzielle Förderungen. Zukünftig möchte Hannah können. Vor allem seit den großen Flüchtlingsbewegun- Niel in den Gemeinden noch mehr Kooperations- gen 2015/2016 wurden spontan viele junge Leute partner für nachhaltige Integrationsmaßnahmen Andere Ehrenamtliche übernehmen eine Job- aktiv. Auch danach blieben viele im Netzwerk der gewinnen. patenschaft und unterstützen bei der Jobsuche und Aktion Neue Nachbarn angemeldet und stehen für Arbeitsmarktintegration. Über Wuppertal verteilt kurzfristige Einsätze zur Verfügung. Das Schöne am wurden mehrere Teesalons eingerichtet. Flücht- Engagement in der Aktion Neue Nachbarn ist die Mia Schulte lingen bietet sich hier beim Zusammensein mit schnelle und direkte Rückmeldung und das damit 15-jährige Schülerpraktikantin Ehrenamtlichen die Gelegenheit im entspannten verbundene Erfolgserlebnis. bei CV Wuppertal/Solingen
Liebe Leserinnen und Leser! Nur wer sich ändert, bleibt sich treu – die viel zitierten Verse von Wolf Biermann spiegeln meine Stimmung beim Schreiben dieses besonderen Editorials. Nach über 15 Jahren halten Sie heute unsere Zeitung erstmals nicht nur in neuem Design, sondern auch mit neuem Titel in den Händen. Aus „Europa & Arbeitsmarkt“ wurde zusammen:arbeiten. Das gedruckte Wort, das man und frau schwarz auf weiß besitzt und getrost nach Hause tragen kann – es ist selbst im digitalen Zeitalter nicht obsolet. Eher im Gegenteil: auf nahezu jede Ausgabe dieses Hefts erreicht mich mindestens eine Reaktion; von interessierten Rückfra- gen über kritische Leserinnenbriefe bis hin zu konkreten Kooperationsangeboten war schon fast alles dabei. Von einer solchen Resonanz kann manch elektronischer Newsletter nur träumen … Unsere Zeitung ist für mich ein unverzichtbares Medium, um die Vernetzung engagierter Fachleute zu fördern und unsere anwaltliche Arbeit in Politik, Gesellschaft und Kirche voran zu bringen. Hier können wir Hilfebedarfe und strukturelle Ungerechtigkeiten zum Thema machen, hier werden wir Lösungen präsentieren und Forderungen zur Diskussion stellen. zusammen:arbeiten – der neue Name ist Programm. Er steht für den inklusiven und interdisziplinären Ansatz unserer Engagements gegen Arbeitslosigkeit und Ausgrenzung. In der Praxis caritativer Träger geht es täglich darum, ein gelingendes Miteinander von Personen mit sehr unterschiedlichen Erfahrungen und Talenten zu gestalten; zum Beispiel von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund, mit und ohne gesundheitliche Einschränkungen, mit und ohne Schul- und Berufsabschluss. Zudem darf die gute Einbindung in den Sozialraum und die gesamtgesellschaftliche „Durchmischung“ nicht aus dem Blick geraten. Und in der fachlichen Reflexion gilt es, Wissen und Können verschiedener Professionen und Institutionen klug zu ver- netzen, gemeinsam neue Konzepte zu entwickeln und zu implementieren. Arbeit, Teilhabe und Europa – diese Begriffe brauchen Menschen, die sie mit menschen- freundlichen Ideen und Taten füllen. Unsere Zeitung will dafür mit jeder Ausgabe neu begeistern. Andrea Raab Impressum Herausgeber: Redaktion: Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e. V. Nicola Buskotte, Andrea Raab (verantwortlich) Abteilung Europa und Arbeitsmarktpolitik (02 21) 2010-250 · andrea.raab@caritasnet.de Georgstraße 7 · 50676 Köln www.caritasnet.de 2 Editorial zusammen:arbeiten
Kompetenzen erkennen und Potenziale fördern Jugendberatungsstelle des SKFM Velbert als Lotse und Mittler zwischen Schule und Ausbildung Glatt läuft der Übergang zwischen Schule und ge Lebenssituation und mehr machen häufig eine landschaft und der Wirtschaft, so dass auf ein Ausbildung bzw. Arbeit nicht immer. Gefragt sind längere Phase der Begleitung durch die Beratungs- kompetentes, eingespieltes und ausgefeiltes Netz- dann Unterstützung und Hilfe bei Jugendlichen und stelle und ggf. auch Weiterleitung an andere Hilfe- werk zugegriffen werden kann. Die Teilnahme an jungen Erwachsenen. Die Jugendberatung Velbert systeme sinnvoll und nötig. entsprechenden Veranstaltungen (z. B. Schulfeste, (JuVel, vormals Kompetenzagentur) der SKFM Die schulische und berufliche Stabilisierung Elternabende, Veranstaltungen beim Jobcenter, gGmbH ist eine erste Anlaufstelle für die berufliche geht hier einher mit der ganzheitlichen Betrach- Firmen, Bildungsträgern) ist für das Team selbst- und soziale Integration sozial benachteiligter junger tung aller Lebensbereiche, damit eine (Wieder-) verständlich. Menschen. Eingliederung in die Gesellschaft nicht erschwert Angeboten werden von der Beratungsstelle Der SKFM bietet diese Beratung seit mehr als oder verhindert wird. Die Methoden des Case Ma- selbst neben der individuellen Beratung regelmäßig einem Jahrzehnt sehr erfolgreich an – zunächst im nagements werden von den Mitarbeitenden unter unter anderem Bewerbungstrainings von der Be- Rahmen der Kompetenzagentur und zukünftig nun Einbeziehung eines vielfältigen Netzwerkes genutzt. werbungsmappe bis hin zur Vorstellungssimulation, in der Jugendberatung Velbert; derzeit im Träger- Niedrigschwellige Angebote mit zielgerichteter Informationsveranstaltungen an Schulen, präventi- verbund mit der AWO Velbert, gefördert über Mittel Beratung, systematische Übergangsbegleitung und ve Gruppenprojekte, Workshops zu aktuellen The- aus dem Europäischen Sozialfonds, dessen Haupt- Nutzung von Instrumenten zur Berufsorientierung men und vieles mehr. Die gemeinsame Erarbeitung antragsteller die Stadt Velbert ist. Zuschüsse erhält tragen dazu bei, dass junge Menschen mit Multi- eines Handlungsplans und dessen Umsetzung mit das Projekt, dessen aktuelle problemdiagnosen nicht ent- den betroffenen jungen Menschen steht in der Be- Förderperiode bis Mitte 2022 koppelt werden und aus den ratungsarbeit im Vordergrund. Das pädagogische läuft, sowohl von der Stadt als Ein eingespieltes und Systemen herausfallen, dass Team der Jugendberatungsstelle Velbert des SFKM auch vom SKFM und der AWO. ausgefeiltes Netzwerk aber auch Jugendliche und setzt sich zusammen aus einer weiblichen Berate- Junge Menschen bis zum Alter junge Erwachsene, die sich in rin und einem männlichen Berater mit je einer hal- von 26 Jahren können bei der Jugendberatungs- einer Orientierungsphase befinden, Rat und Hilfe ben Stelle sowie einer Fachbereichsleitung. Selbst- stelle die Sprechstunde besuchen oder einen indi- erhalten. verständlich sind Rat und Hilfe freiwillig, kostenfrei viduellen Termin vereinbaren, auf Wunsch zunächst Die Jugendberatungsstelle kooperiert außer- und unabhängig. auch anonym. Hauptklientel sind Jugendliche und ordentlich gut mit Akteuren aus der Bildungs- Kirsten Klein junge Erwachsene ohne Schulabschluss und/oder ohne Ausbildungsverhältnis, die Maßnahmen der beruflichen Bildung abbrechen und von vorhan- So geht es weiter Kontakt Bereits seit 1997 haben sich die Träger AWO denen Hilfesystemen nicht erreicht werden. Aber und SKFM als Trägerverbund, zusammen mit der Stadt Velbert, die Förderung benachteiligter auch Schulabgänger/innen mit Abschlüssen, je- Jugendlicher und junger Erwachsener auf dem AWO Kreis Mettmann e.V. Weg in berufliche und soziale Integration zur Offerstr. 21 · 42551Velbert doch ohne Perspektiven, gehören zur Klientel der Aufgabe gestellt. Tel: 02051 9314 - 120 · Mobil: 0152 016 59 162 kompetenzagentur@awo-kreis-mettmann.de Beratungsstelle. Seit 2015 ist die Stadt Velbert als örtlicher Offene Sprechzeit Träger der öffentlichen Jugendhilfe in der ESF Montags, 14:30 - 16:00 Uhr In der neuen Förderperiode sind auch junge 5 6 1 Förderung “JUGEND STÄRKEN im Quartier“. AWO, Offerstr. 21 Die Hilfeangebote sind sozialräumlich orientiert. Frauen mit Zuwanderungsgeschichte eine wichtige Eine städtische Koordinierungsstelle begleitet in diesem Rahmen die Steuerung. Zielgruppe, die einen hohen Bedarf hat. Die Ver- Die Träger AWO und SKFM bleiben als Ver- SKFM Velbert/Heiligenhaus e.V. ortung der Beratungsstelle im Stadtteilzentrum, bundpartner mit der Umsetzung betraut. Der 210 mm Offenes Bürgerzentrum BiLo 190 mm 200 mm Name „Kompetenzagentur“ wird weitergeführt. Von-Humboldt-Str. 53 · 42549 Velbert Die Beratungsstellen in Velbert Mitte und im an das auch ein Jugendzentrum angegliedert ist, BiLo bleiben aktiv. Tel: 02051 2889 - 338 · Mobil: 0178 93 758 88 kompetenzagentur@skfm-velbert.de stärkt die Niedrigschwelligkeit, Akzeptanz und Offene Sprechzeit Mittwochs, 14:30 - 16:00 Uhr Chancen sowohl der Inanspruchnahme der Bera- Wir sind Lotse BiLo, Von-Humboldt-Str. 53 tung als auch deren Erfolgsaussichten. Zusätzlich werden durch die Angebote bei Ko- und Mittler Stadt Velbert Abt. 5.3 - Kommunale Koordinierungsstelle Kompetenzagentur operationspartnern wie Berufsberatung, Jobcenter, 77 mm für Jugendliche 87 mm 80 mm Nedderstr. 50 · 42549 Velbert Tel: 02051 26-2067 90 mm Wer wir sind 80 mm 90 mm weiterführenden Schulen und anderen Bildungs- trägern Jugendliche in Beratung vermittelt. Oft ist und junge 97 mm 100 mm Das Programm “JUGEND STÄRKEN im Quartier“ wird durch das Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und und was wir 100 mm 297 mm machen Jugend und durch das Bundesminsterium für Umwelt, Na- Erwachsene turschutz, Bau und Reaktorsicherheit und den Europäischen eine vielschichtige Problemlage schnell erkennbar: Sozialfonds gefördert: Verschuldung, ungeklärte Wohnsituation, schwieri- zusammen:arbeiten Aus der Beschäftigungsförderung 3
Geflüchtete knüpfen Kontakte zu Unternehmen Trialog-Veranstaltung im Rhein-Erft-Kreis stieß auf große Resonanz Der Saal in der Caritas-Kreisgeschäftsstelle Hürth platzte fast aus allen Nähten. Über 140 Be- sucherinnen und Besucher – Menschen mit Migra- tions- und Fluchterfahrung, Unternehmensvertreter, Ehrenamtler und Vertreter von Wohlfahrtsverbän- den sowie weitere Interessierte – waren zur „Job- börse“ gekommen. Sie sollte Unternehmen und Geflüchtete, die in ihrem Heimatland eine Ausbil- dung absolviert haben, zusammenbringen. „Es war ein toller Erfolg“, resümierte Silvia Hackl, die die Kooperationsveranstaltung auf Seiten der Caritas organisierte. 13 Unternehmen stellten sich den Besuchern vor. Auch zur Freude von Hürths Bürgermeister, Dirk Breuer, entwickelten sich an den Ständen intensive Gespräche, die sich um konkrete Job- und Aus- bildungsperspektiven bei den Unternehmen, aber auch um Hürden bei der Arbeitssuche drehten. „Die Rückmeldungen sind sehr positiv; bei Geflüchteten, aber auch Organisatoren und Unter- nehmen“, sagte Silvia Hackl. Eine weitere Veran- staltung soll an anderer Stelle folgen, denn: „Wir brauchen definitiv einen größeren Raum“, so Hackl weiter. Organisiert wurde das Treffen von der Aktion Neue Nachbarn des Erzbistums Köln in Kooperation Großer Andrang bei der „Jobbörse" für Menschen mit Fluchterfahrung in der Kreisgeschäftsstelle der mit dem Sozialdienst katholischer Frauen Rhein- Caritas in Hürth: Peter Altmayer (Mitte, braunes Jackett), Vorstandsvorsitzender des Verbandes, Marita Erft-Kreis, der Arbeiterwohlfahrt Regionalverband Menzel-Kollenberg, Leiterin Caritas-Fachseminar für Altenpflege, Dirk Breuer, Bürgermeister Stadt Hürth, Rhein-Erft & Euskirchen, der ASH-Sprungbrett und Stefan Diederichs, Leiter Stationäre Pflege, und Mario de Haas, Leiter Ambulante Pflege (beide Caritas), dem Caritasverband Rhein-Erft. standen neben vielen anderen Rede und Antwort (von links). Foto: Alois Müller Carsten Preis Mit einer Ausbildung in Deutschland Fuß fassen Seniorenzentrum St. Konstantia in Oberpleis bildet ersten Flüchtling aus Abduvokhid Bekov weiß: „Das hier ist das Jahres hat er im Seniorenzentrum begonnen. Der Beste für mich“. Aber nicht nur für ihn. Auch die Weg dorthin war alles andere als einfach – aber Bewohnerinnen und Bewohner des Seniorenzent- Abduvokhid Bekov hat ihn konsequent und enga- rums St. Konstantia in Oberpleis bei Königswinter giert verfolgt. schätzen den jungen zugewandten Mann aus dem Die Leiterin des Hauses, Eva-Maria Mergels- zentralasiatischen Tadschikistan sehr. Auch wenn berg erinnert sich: „Er ist aus eigener Initiative zu es manchmal mit der Sprache noch etwas hapert. uns gekommen.“ Er wollte gleich richtig loslegen Aber Bekov arbeitet an seinem Berufswunsch und als Altenpfleger, doch da steht natürlich eine ent- seinem Deutsch. Er liest deutsche Zeitungen, hat sprechende Ausbildung davor. Nach einem Prak- hierzulande einheimische Freunde gefunden. Und tikum war aber beiden Seiten schnell klar: Das auch der Kontakt mit den Kollegen in der Berufs- schule hilft beim Verbessern der Sprache Mag seine Arbeit mit alten Menschen und die Der 25-Jährige ist der erste Flüchtling, der im Seniorinnen und Senioren mögen ihren neuen Seniorenzentrum eine dreijährige Ausbildung zum Pflege-Azubi: Abduvokhid Bekov aus Tadschikistan. Altenpfleger absolviert. Im Dezember vergangenen Foto: Carolin Spang, GFO 4 Aktion neue Nachbarn zusammen:arbeiten
passt. Zumal seine schulischen Voraussetzungen Spaß“, sagt Bekov über seine Arbeit im Senioren- Im Seniorenzentrum St. Konstantia gibt es der- den Einstieg in die dreijährige Ausbildung, die mit zentrum: „Es gefällt mir sehr gut. Die Arbeit mit zeit vier Auszubildende. „Wir haben im Moment einem Examen endet, problemlos erlaubten. Denn alten pflegebedürftigen Menschen macht mir viel keine Probleme, Auszubildende zu finden“, sagt in Tadschikistan, erzählt Abduvokhid Bekov, hat er Freude.“ Eva-Maria Mergelsberg. Und sie ergänzt: „Wir sind ein Geschäft gehabt und vier Jahre lang Wirtschaft Die Bewohnerinnen und Bewohner, berichtet offen und nehmen gerne auch Flüchtlinge. Wir studiert. Einrichtungsleiterin Mergelsberg, reagieren sehr wollen ihnen so die Möglichkeit geben, über die Seine Flucht führte ihn schließlich nach positiv auf den Auszubildenden aus Tadschikis- Ausbildung in Deutschland Fuß zu fassen. Denn die Deutschland. Denn da war er kurzzeitig schon mal tan: „Er hat eine sehr zuvorkommende Art mit den Altenpflege ist ein Beruf mit Perspektive und Zu- vor einigen Jahren gewesen, hatte ein wenig die Menschen umzugehen, ist äußerst hilfsbereit, fragt kunft.“ Sprache gelernt und als Grafikdesigner sowie als nach, hat eine ruhige Art und geht ohne Scheu auf Reinigungskraft gearbeitet. Doch das wollte er nach die Bewohner zu. Das hat uns schon im Praktikum seiner Flucht nicht fortsetzen. „Ich habe hier viel überzeugt.“ Michael Emmrich Im Café Credo wird Neuland betreten Refrather Kirchengemeinde bildet jungen Geflüchteten als Gastronomie-Fachkraft aus Geflüchteten Menschen eine berufliche Per- Wir haben einiges unterschätzt: Ohne Deutsch mit viel Mühe Samirs Berufsschul-Blockzeiten in spektive anzubieten, ist für eine Kirchengemeinde gibt es keinen Schulerfolg, aber die Sprachkennt- die Planung unseres Kleinbetriebs integriert, bis zur nicht so einfach – es mangelt an passenden Stellen. nisse allein reichen nicht aus. Samir hat in Afgha- Wohnungssuche – viele Menschen in unserer Ge- Dank unserer besonderen Situation ist es in St. Jo- nistan außer der Koranschule keinen Unterricht meinde sind haupt- wie ehrenamtlich mit Samir und hann Baptist Refrath (Bergisch Gladbach) dennoch besucht; er kann noch nicht gut rechnen und vor seiner Ausbildung befasst. Ein besonders schwer- gelungen: Seit 2013 betreiben wir als eigenen Be- allem kennt er kein planvolles Lernen. Derzeit be- wiegender Punkt dabei ist die finanzielle Belastung! trieb der Gemeinde das öffentliche Café Credo. Aus kommt er Nachhilfe in Mathematik, zusätzlichen Die Ausbildungsvergütung nach der Kirchlichen der ursprünglichen Idee eines vorwiegend ehren- Deutschunterricht und viel Unterstützung bei den Arbeits- und Vergütungsordnung (KAVO) bringt uns amtlich organisierten Kirchencafés hat sich ein sehr Berufsschul-Aufgaben. Auch eine kleine Wohnung beim Blick auf die Kosten- und Ertragslage des lebendiges, offenes Element der Gemeinde entwi- haben wir für ihn gefunden, da das Lernen in seiner Cafés oft ins Schwitzen. ckelt, das mit Gastronomie tagsüber und abend- Wohngemeinschaft kaum möglich war. Wir haben alle unglaublich viel gelernt in den lichem Kulturprogramm viele Menschen anzieht. Samir, der Ende 2015 ganz allein als 16-Jäh- letzten Jahren: über Flucht und Ankommen, über Fünf angestellte Mitarbeiterinnen und ein Kreis von riger nach Deutschland kam, hat schon unglaub- Bewahren der Identität und Integration, über Entge- Ehrenamtlichen sind täglich für die Gäste da. lich viel geleistet. Sein Ziel hat er vor Augen: Samir genkommen und Beharren, über unser Schul- und Bereits seit 2016 haben wir im Café Credo jungen Geflüchteten Praktikumsplätze zur Berufs- felderkundung angeboten. Bald entstand die Idee, mehr daraus zu machen – und mit Unterstützung der Industrie- und Handelskammer Köln wurden wir zum Ausbildungsbetrieb für den Beruf „Fachkraft im Gastgewerbe“, der eine zweijährige Ausbildung vorsieht. Unsere Mitarbeiterin Svenja Hofmann war sofort bereit, die Ausbilderprüfung abzulegen, so dass der Einstellung unseres ersten Azubis nichts mehr im Wege stand. Das Vorhaben, einen jungen Mann aus Bangladesh auszubilden, der bereits eine Einstiegsqualifizierung im Café absolviert hat, scheiterte leider. Seine Ausbildung sollte durch ei- nen Zuschuss der Aktion Neue Nachbarn gefördert werden, was jedoch aufgrund der Zuschussrichtli- nien nicht möglich war. Da die Zeit für ihn wegen aufenthaltsrechtlicher Fragen drängte, vermittelten Stolz bringt Ausbilderin Svenja Hofmann die IHK-Plakette am Eingang zum Café Credo an. wir ihm einen anderen Ausbildungsplatz. Foto: Kirchengemeinde St. Johann Baptist Nach einer kurzen Denkpause entschieden wir uns für eine neue Lösung: den Weg aus eigener möchte eine Ausbildung zum Koch anschließen und Ausbildungssystem, über Rechte und Pflichten … Kraft zu gehen. Seit Herbst 2017 wird Samir Ali- strebt ein eigenes Restaurant an. Bis dahin muss er Aber vor allem hatten wir keine Ahnung, was man zadeh aus Afghanistan im Café Credo ausgebildet; aber noch ganz schön viel Mathe und Betriebswirt- alles darüber nicht wissen kann! derzeit wiederholt er das erste Ausbildungsjahr. Er schaft büffeln ... macht seine Arbeit im Café sehr gut, spricht schon Für uns als Gemeinde ist das Ganze ein Kraft- Barbara Voll, ordentlich Deutsch und ist bei den Gästen beliebt, akt: Von der Ausbilderprüfung über die Einsatzplä- Pfarrgemeinderat St. Johann Baptist aber mit der Berufsschule hapert es noch. ne, bei denen die Café-Teamleiterin Jutta Resch Bergisch Gladbach-Refrath zusammen:arbeiten Aktion neue Nachbarn 5
We all #care4EU! Die Caritas im Erzbistum Köln startet Kampagne für die Wahlen zum Europäischen Parlament „Hast du einen Opa, schick ihn nach Europa.“ Auch zukünftig steht die verbesserte Absiche- Initiiert vom Deutschen Caritasverband star- Mit solchen und ähnlichen flapsigen Äußerungen rung von Arbeitskräften in Europa ganz oben auf tet die Caritas im Erzbistum Köln unter dem Claim wurden die Europawahlen in der Vergangenheit der sozialen Agenda der EU. In diesem Zusammen- #care4EU eine Kampagne zur internen und ex- gerne belächelt. Gängige Vorurteile wie „das Euro- hang sind auch die Rechte auf angemessenen ternen Öffentlichkeitsarbeit. Neben fachlichem In- päische Parlament hat in der EU doch gar nichts zu Sozialschutz, ausreichende put und Aufklärungsarbeit in sagen“, oder „die EU bringt keine konkreten Vor- Mindestlöhne, Beschäftigung den Workshops der Abteilung teile in den Alltag der Menschen im eigenen Land“ und auf bezahlbare Gesund- Am 26. Mai Europa und Arbeitsmarktpolitik halten sich hartnäckig und bieten rechtspopulisti- heitsversorgung zu begrüßen, Europa wählen! bietet der DiCV Köln eine Hand- schen Gruppierungen ausreichenden Nährboden die in der „europäischen Säule reichung, die Informations- und für nationalistische Parolen und Thesen. sozialer Rechte“ verankert sind. Ein solidarisches Kommunikationsmaterialien sowie Aktions- und Agieren in der Sozial-, Arbeitsmarkt- und Migra- Werbemittelideen beinhaltet. Beispielsweise kön- Dabei entscheidet das Europäische Parlament tionspolitik ist für die Caritas unverzichtbar, um die nen Wahlanträge für Mitarbeitende in den Verbän- in den meisten EU-Gesetzesvorhaben gleichberech- Anstrengungen gegen Armut und soziale Exklusion den und Einrichtungen, die aus anderen EU-Mit- tigt mit dem Rat der Europäischen Union, der die Re- weiter zu stärken und den sozialen Frieden in Euro- gliedstaaten stammen, zur Verfügung gestellt gierungen der Mitgliedstaaten vertritt. Das zentrale pa langfristig zu gewährleiten. werden. Anliegen der Caritas ist es, auch in Zukunft europäi- Jede Stimme zählt, die sich für ein solidari- sche Sozialpolitik mit einem demokratisch gewähl- Dafür brauchen wir ein Europäisches Parla- sches und soziales Europa stark macht – gerade ten Parlament zu gestalten, welches die Interessen ment, das Gesetze für Frauen und Männer erarbei- in Zeiten, in denen nationale Interessen am Haus aller Europäerinnen und tet, die ihnen Chancen Europa graben und das europäische Fundament Europäer vertritt und und Entwicklungsmög- ins Wanken bringen wollen. Eine hohe Wahlbe- auch in der Sozialpolitik lichkeiten bieten. Damit teiligung wäre ein deutliches Zeichen dafür, dass entscheidende Fort- sich die Caritas auch in die Menschen sich für die EU einsetzen. Let’s care schritte erzielt. Bereits Zukunft für ein soziales for EU – weil wir uns sorgen und weil wir Sorgfalt in den letzten Jahren Europa und die Belange tragen – für alle Menschen, in Deutschland und in konnten wesentliche sozial benachteiligter Europa. Anliegen konkretisiert Menschen einsetzen Mehr Informationen zur Bundeskampagne werden. Beispielsweise wurden Standards für die kann, möchten wir möglichst viele Bürgerinnen und unter www.caritas.de/europawahl. Koordinierung sozialer Sicherungssysteme und die Bürger dazu motivieren, am 26. Mai 2019 zur Wahl Entsendung von Beschäftigten festgelegt. zu gehen. Michaela Szillat 6 Aktuelles Thema zusammen:arbeiten
Von Servietten-Schwänen und realitätserweiternden Brillen Auftakt des Projektes zur Digitalisierung in Sozialen Betrieben in Europa Am Ende haben es alle geschafft, aus einer den. Der Diözesan-Caritasverband Serviette einen schönen Schwan zu falten! Miriam Köln koordiniert das europäische Padberg vom Fachbereich Rehabilitation der TU Netzwerk und lud im Januar zum Dortmund ist sichtlich zufrieden, denn diese prakti- Kick-Off nach Köln ein. sche Aufgabe für die 15 Teilnehmenden des Work- Alle Teilnehmenden sind Fach- shops in Köln ist der Schlusspunkt ihres Vortrags. kräfte aus Sozialen Betrieben, die Auf einem Tablet haben die Teilnehmenden Menschen mit Behinderung oder das Foto des ersten mit gesundheitlichen Arbeitsschritts aufge- Wissenstransfer Einschränkungen be- rufen und sich dann schäftigen und quali- über Ländergrenzen bis zum Ende durchge- fizieren. Während der hinweg klickt. Insgesamt wa- nächsten zwei Jahre ren es zwölf Schritte. werden sie sich über die Hat man einen Schritt vergessen, kann man auch Digitalisierung in Sozialen Betrie- zurückgehen. Menschen mit kognitiven Einschrän- ben austauschen, dazu Workshops kungen wie beispielsweise Gedächtnisverlust kön- organisieren und Beispiele guter nen sich so mit Hilfe des Tablets vergewissern, dass Praxis kennenlernen. sie ihre berufliche Tätigkeit sachgerecht ausführen. Mithilfe der europäischen För- Das Tablet ist eine große Hilfe. Es steigert die Quali- derung wird der Wissenstransfer tät der Arbeit und gibt den Beschäftigten Sicherheit. in der beruflichen Bildung über Ländergrenzen hinweg unterstützt. Miriam Padberg leitet das Modellprojekt Die Partner haben die Möglichkeit, „EJO-Elektronischer Jobcoach“. Arbeitsprozesse gemeinsam Ideen für die Praxis zu aus Gastronomie, Hauswirtschaft, Gartenbau oder entwickeln, auf die sie allein nicht der Metallindustrie werden in Teilschritte zerlegt stoßen würden. und durch Bilder oder Piktogramme dargestellt. Sie Ansatzpunkte für neue Ideen stehen dann auf einem Smartphone oder Tablet am bietet „Augmented Reality“, wie sie Arbeitsplatz zur Verfügung. bereits in Projekten wie „VIA4all“ Spannende Praxisbeispiele lernte die ERASMUS+ Gruppe auch im Die Teilnehmenden des dreitägigen Workshops und „LernBAR“ genutzt wird. Laura Web- und Grafikbüro der Alexianer Werkstätten GmbH in Köln-Kalk kennen. Fotos: DiCV Köln kommen aus Litauen, Rumänien, Griechenland, Wuttke und Yvonne Söffgen, eben- Belgien und Deutschland. Sie repräsentieren sechs falls Wissenschaftlerinnen der TU Partnerorganisationen, die im Rahmen einer stra- Dortmund, präsentierten der Gruppe ihre bisheri- das berufliche Training von Menschen mit Behin- tegischen Partnerschaft Projekte zur Digitalisierung gen Erfahrungen. Sie nutzen in beiden Projekten derung oder gesundheitlichen Einschränkungen in Sozialen Betrieben initiieren und realisieren wer- spezielle Brillen, um mit Hilfe „erweiterter Realität“ zu verbessern. Die Brillen sind mit Computer, Sen- soren und Display ausgestattet und ermöglichen während der Arbeit den direkten Zugriff auf eine Vielzahl von Informationen, Videos oder sonstige unterstützende Dienste. Noch steht die Digitalisierung in Sozialen Be- trieben am Anfang. Unklar ist, ob sie ein Mehr an Chancen oder an Nachteilen bringen wird. Digita- lisierung kann die Qualität der Arbeit und die Zu- friedenheit am Arbeitsplatz erhöhen, sie kann aber auch, insbesondere bei Tätigkeiten mit geringem Qualifikationsniveau, Arbeitsplätze gefährden. So- ziale Betriebe in Europa müssen sich der digitalen Herausforderung stellen und die Entwicklung ge- nau beobachten. Die Diskussion dazu geht beim nächsten Work- shop im Mai beim Partner Diaconia St. Gheorge in Rumänien weiter. Erasmus+ sei Dank! Yvonne Söffgen von der TU Dortmund stellte den Teilnehmenden des Workshops das Projekt „Via4all – Video Interactive & Augmented – arbeitsprozessorientiert lebenslang lernen“ vor. Ulrich Förster zusammen:arbeiten Aus der Europaarbeit 7
GeistesBlitz „Der Weg ist das Ziel!“ Wortwörtlich erscheint die konfuzianische Redewendung ohne Sinn, hat aber über die bildhafte Ebene sicherlich vielen Menschen eine mentale Hilfestellung geboten. Das Erreichen des Ziels ist weniger wichtig als die Art und Weise, wie man dorthin gelangt ist. Wunderbar philosophisch und immer von neuem inspirierend – die klassische Binsenweisheit. Zu Fuß auf der Balkanroute, auf dem Mittelmeer in einem krängenden Holzboot oder auf der dunk- len Ladefläche eines Lastwagens irgendwo in der Ukraine verliert der Satz seine Kraft, verkehrt sich auf der Flucht gar in Hohn. Hier ist der Weg ein nicht enden wollender Alptraum und nur das Ziel – der Traum vom besseren Leben in Europa – schafft die Motivation, das alles zu ertragen. Angekommen zeigt sich ein Trugschluss darin; so traumhaft einfach ist das alles gar nicht. Neue Ziele, neue (Um-)Wege warten, nicht selten versperrt von turmhohen Hürden, die ohne Hilfe nicht zu überwinden sind. Die Flucht endet nicht automatisch mit einem Grenzübergang, durch den Beginn einer Ausbildung oder nach fünf Jahren Leben in einem anderen Land. Im Kopf endet sie vielleicht nie, wenn keine neue Heimat gefunden wird. Sie kann sich jedoch in einen langsamen, kontinuierlichen Entwicklungsprozess verwandeln, bei dem dann das Sprichwort vom Anfang seine Wahrheit zurückerlangt. Irgendwie ist am Ziel immer ein weiterer Weg, nur dieses Mal vielleicht einer voller Hoffnung. André Linke Arbeit – Bildung – Zukunft Neue Broschüre stellt die EU-Projekte im Erzbistum Köln vor Erzbistum Köln nutzen die Europäischen Förder- Austausch von Fachkräften und Auszubildenden caritas programme und führen interessante und innova- durch transnationale Kooperationen, Arbeitserfah- Caritas vor Ort: tive Vorhaben durch, die sonst nicht oder nur ein- rungen oder Hospitationen im EU-Ausland. Europäische Fördermittel 2014 – 2020 geschränkt zu realisieren wären. Um einige dieser Projekte aus der Förder- Die Förderung kommt schulmüden Jugend- phase 2014 bis 2020 sichtbar zu machen, hat lichen, Langzeitarbeitslosen, Geflüchteten, Woh- der Diözesan-Caritasverband eine Auswahl guter nungslosen und vielen anderen benachteiligten Beispiele in der nun vorliegenden Broschüre zu- und ausgegrenzten gesellschaftliche Gruppen sammengetragen. Die Broschüre ist auf www. zugute und erweitert das Angebot der Caritas zur caritasnet.de unter dem Thema Europa als Down- Beratung und Hilfe vor Ort. Darüber hinaus unter- load eingestellt; kostenlose Bestellung gerne unter stützen einzelne Programme den europäischen openoffice40@caritasnet.de. Arbeit - Bildung - Zukunft #care4EU Ob Europäischer Sozialfonds, Erasmus+, Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds oder der Europäische Hilfsfonds – viele caritative Träger im 8 Aus der Europaarbeit zusammen:arbeiten
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