Mitentscheiden und Mitgestalten - Politische Teilhabe älterer Menschen fördern Positionspapier

 
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Positionspapier

    Mitentscheiden
    und Mitgestalten.
    Politische Teilhabe
    älterer Menschen fördern

1
BAGSO-Positionspapier: Mitentscheiden und Mitgestalten. Politische Teilhabe älterer Menschen fördern

Inhalt

Einleitung                                                                                                    3

1.   Politik für ältere Menschen muss Politik mit älteren Menschen sein                                       4

2.   Menschen sind nie zu alt, um sich in politischen Ämtern und Gremien
     zu engagieren                                                                                            4

3.   Seniorenorganisationen sind die Stimme der Älteren                                                       5

4.   Auf Bundes- und Landesebene sollten das Wissen und die Erfahrungen
     der Älteren gebündelt werden                                                                             6

5.   Die Arbeit von Seniorenvertretungen braucht klare und verbindliche Strukturen                            7

6.   Interesse an politischer Teilhabe muss geweckt werden                                                8

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BAGSO-Positionspapier: Mitentscheiden und Mitgestalten. Politische Teilhabe älterer Menschen fördern

Einleitung                                               rufen wir die Älteren dazu auf, die Möglich-
                                                         keiten der Teilhabe zu nutzen. Demokratie
Ältere Menschen engagieren sich in Ver-                  braucht aktive Demokratinnen und Demo-
bänden und Vereinen, Parteien, Kirchen,                  kraten aller Generationen. In unserem Land
Gewerkschaften und anderen Organisatio-                  gibt es viele Möglichkeiten der Teilhabe und
nen. Sie übernehmen politische Ämter und                 viele Bürgerinnen und Bürger aller Alters-
Verantwortung in langfristig angelegten,                 gruppen, die die Chance nutzen und aktiv
etablierten Strukturen. Sie engagieren sich              mitwirken. Das geschieht an vielen Orten
aber auch in zeitlich befristeten Projekten,             in vielfältiger Form. Auch ältere Menschen
in Bürgerinitiativen oder sozialen Bewe-                 bringen sich dort mit ihren Fähigkeiten
gungen. Neue Formen politischer Teilhabe                 und Erfahrungen zum Wohle der gesamten
wie Bürgerdialoge bieten ebenfalls Mög-                  Gesellschaft ein. Wie andere Generationen
lichkeiten der Partizipation für Seniorinnen             wollen auch sie mit ihrem Engagement
und Senioren. Schließlich gewinnen digitale              etwas Sinnvolles für sich selbst und ande-
Formen der politischen Mitwirkung auch für               re bewirken. Ihr Engagement ist ein Ge-
die Älteren an Bedeutung.                                winn für die Gesellschaft wie auch für die
                                                         Engagierten selbst: Gebraucht zu werden
Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt                  und sich nützlich zu machen, steigert die
ist es wichtig, den Menschen aller Genera-               Lebenszufriedenheit und trägt zur Gesund-
tionen eine aktive Teilhabe und Teilnahme                erhaltung bei. Die Gesellschaft profitiert
am gesellschaftlichen und politischen Le-                wiederum von der Lebenserfahrung, den
ben zu ermöglichen. Das gilt ausdrücklich                Kompetenzen, den vorhandenen Zeitres-
auch für ältere und alte Menschen. Sie sind              sourcen, den Kontakten und dem politi-
ein unverzichtbarer Teil der Gesellschaft.               schen Gespür der älteren Generationen.
Hierbei sind auch die Potenziale der ge-                 Dieses Engagement gilt es zu festigen und
burtenstarken Jahrgänge („Babyboomer“) zu                zu verstärken.1
berücksichtigen, die demnächst mit neuen
Erfahrungen, Fähigkeiten und Interessen in               Die BAGSO fordert daher: Alle älteren und
die Lebensphase „Alter“ eintreten werden.                alten Menschen müssen das Recht haben
Es wird von erheblichem Belang sein, die                 mitzureden, mitzuentscheiden und mitzu-
kommenden Generationen älterer Menschen                  gestalten. Die Übernahme von politischen
für ein aktives Mitwirken an der Gestaltung              Ämtern und konkreten politischen Gestal-
des Gemeinwesens zu gewinnen.                            tungsaufgaben auch durch Ältere muss
                                                         gewollt und möglich sein.
In einer älter werdenden Gesellschaft tra-
gen die Älteren in besonderem Maße ge-                   Zugleich ruft die BAGSO die älteren Gene-
sellschaftliche Mitverantwortung. Als BAGSO              rationen dazu auf, sich einzumischen und

1 Vgl. BAGSO-Positionspapier „Älter und unverzichtbar! Engagement und Partizipation älterer Menschen
  stärken“, Dezember 2020.

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Verantwortung zu übernehmen. Angesichts                 Teil der Älteren. Und das Alter umfasst weit
der aktuellen Herausforderungen und der                 mehr als nur eine Generation.
Transformation vieler gesellschaftlicher
Bereiche werden die Älteren dringend                    Von wachsender Bedeutung für eine Politik
gebraucht. Sie werden auch gebraucht für                für und mit älteren Menschen ist die örtli-
eine Seniorenpolitik, die für die jetzigen              che Ebene, denn alte Menschen sind in be-
und zukünftigen Generationen ein gutes                  sonderer Weise auf eine an ihren Bedarfen
Leben im Alter sichert.                                 und Erwartungen orientierte Infrastruktur
                                                        in ihrer Kommune angewiesen. Darauf hebt
1. Politik für ältere Menschen muss Politik             auch der Siebte Altenbericht der Bundesre-
   mit älteren Menschen sein                            gierung ab, der – ganz im Sinne des Subsi-
                                                        diaritätsprinzips – Staat und Kommunen die
Die Qualität von Seniorenpolitik hängt                  Förderung des Bürgerengagements zuweist
entscheidend davon ab, dass das Wissen                  sowie die Eigen- und Mitverantwortung der
und die Erfahrungen, die Fähigkeiten und                Seniorinnen und Senioren betont.
Kompetenzen wie auch die Lebenssituation
und die Bedarfe älterer Frauen und Männer               Doch noch verfügen viele Kreise, Städte und
angemessen einbezogen werden. Auf allen                 Gemeinden weder über die strukturellen
politischen Ebenen gibt es dazu Beteili-                noch über die finanziellen Voraussetzungen,
gungsmöglichkeiten. Sie müssen gestärkt                 um den wachsenden Herausforderungen
und ausgebaut werden. Ältere Menschen,                  einer zeitgemäßen kommunalen Senioren-
die sich im Quartier, auf der kommunalen,               politik gerecht zu werden. Für eine kommu-
der Landes- oder der Bundesebene in                     nale Seniorenpolitik, die auf den Erhalt von
Organisationen, Initiativen oder Netzwerken             Selbstständigkeit und Teilhabe abzielt sowie
zusammenschließen, sind die besten An-                  auf Mitverantwortung und Engagementför-
wältinnen und Anwälte in eigener Sache.                 derung setzt, sind verbindliche Regelungen
                                                        notwendig. Wir fordern den Gesetzgeber in
Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass Be-              Bund und Ländern auf, die Rahmenbedin-
dürfnisse, Fähigkeiten, Lebenslagen und                 gungen für den Aufbau solcher Strukturen
Interessen der 60- bis über 100-Jährigen                zu schaffen und dabei Zuständigkeit und
höchst unterschiedlich sind. Das Alter ist              Finanzierung verbindlich zu regeln.
vielfältig: Es umfasst Menschen mit Migra-
tionsgeschichte, Menschen mit Behinde-                  2. Menschen sind nie zu alt, um sich in
rung, Menschen unterschiedlicher sexueller                 politischen Ämtern und Gremien zu
Orientierungen und Identitäten, Menschen                   engagieren
in prekären Lebenssituationen wie auch
Menschen mit gesichertem Einkommen,                     In einer repräsentativen Demokratie ist die
Menschen mit niedrigem oder hohem Bil-                  Übernahme von politischen Ämtern ein
dungsabschluss, Menschen mit oder ohne                  wichtiges Instrument der Mitgestaltung.
Unterstützungsbedarf – sie alle sind ein                Menschen sollten sich unabhängig von

                                                                                                             4
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ihrem Lebensalter als gewählte Mitglieder                 3. Seniorenorganisationen sind
in Parlamenten, kommunalen Räten oder                        die Stimme der Älteren
Wahlämtern engagieren können. Das gilt
besonders für die wachsende Gruppe der                    Zivilgesellschaftliches Engagement ist
ab 70-Jährigen, die in den Parlamenten –                  eine tragende Säule unserer Demokratie.
ebenso wie die unter 40-Jährigen –                        28,8 Mio. Menschen engagieren sich in
unterrepräsentiert ist.2                                  Deutschland, davon etwa 8,7 Mio. im Alter
                                                          von 65 Jahren und älter.3
Höchstaltersgrenzen für die Übernahme von
Ämtern und Mandaten, ob sie beruflich oder                Mit ihren verlässlichen Strukturen bieten
ehrenamtlich ausgeübt werden, sind will-                  Seniorenorganisationen, zu denen auch die
kürlich und unangemessen. Wählerinnen                     Seniorenvertretungen4 gehören, die Voraus-
und Wähler sollten entscheiden, wer ein                   setzungen dafür, Dinge zum Besseren zu
Amt wie lange ausüben kann. Wichtig ist,                  verändern. Dies tun sie beispielsweise, in-
dass Parteien und auch ihre Seniorenorga-                 dem sie Gesetzesvorhaben bzw. Beschluss-
nisationen geeignete Kandidatinnen und                    vorlagen und andere politische Initiativen
Kandidaten für Ämter und Gremien benen-                   konstruktiv kritisch und mit dem notwendi-
nen und sie bei ihrer Arbeit unterstützen.                gen Durchhaltevermögen begleiten oder in-
                                                          dem sie ihre Expertise in bundes-, landes-
Die so Gewählten werden aber nur dann                     wie auch in kommunalpolitisch relevante
eine wichtige Rolle in der Politik spielen,               Gremien einbringen.
wenn sie nicht nur die Interessen ihrer
eigenen Generation vertreten, sondern                     Die heutigen gesellschaftlichen und poli-
Verantwortung für das Ganze übernehmen                    tischen Herausforderungen erfordern eine
und auch die Belange der Jüngeren im Blick                themenbezogene und klientelübergreifen-
haben. In der Regel haben gerade Ältere                   de Sichtweise. Mehr denn je geht es dar-
die persönliche Unabhängigkeit, dabei auch                um, Schnittmengen und Gemeinsamkeiten
über die jeweilige Legislaturperiode hinaus               der unterschiedlichen Interessengruppen
zu denken.                                                zu suchen – ganz besonders im Schulter-
                                                          schluss mit den jüngeren Generationen.
                                                          Dies gilt beispielsweise für die Diskussion
                                                          über notwendige Maßnahmen zum Schutz

2 Von den 709 Abgeordneten, die 2017 in den Deutschen Bundestag gewählt wurden, gehörten nur elf den Jahr-
  gängen 1945 bis 1949 und nur acht den Jahrgängen 1940 bis 1944 an (vgl. https://www.bundestag.de/resource/
  blob/272472/6091c6dd2fee377c692200c044759787/Kapitel_03_01_Altersgliederung-pdf-data.pdf).
3 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.), Freiwilliges Engagement in Deutsch-
  land. Zentrale Ergebnisse des Fünften Deutschen Freiwilligensurveys, 2019: https://www.dza.de/fileadmin/dza/
  Dokumente/Publikationen/5._Freiwilligensurvey_FWS_2019_-_BF.pdf
4 Seniorenvertretungen werden häufig auch Seniorenräte oder -beiräte genannt (s. Punkt 5).

                                                                                                                 5
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des Klimas oder die langfristige Gestaltung             des gesellschaftlichen Diskurses wahr-
der Altersvorsorge. Die Älteren wollen sich             genommen zu werden. Während der
mit ihrer Lebenserfahrung und politischen               Corona-Pandemie konnte dadurch
Urteilskraft an der Lösung dieser und ande-             maßgeblich Einfluss auf Entscheidungen
rer Herausforderungen aktiv beteiligen und              genommen werden, die das Leben älterer
wünschen sich dazu den verstärkten Aus-                 Menschen schwerwiegend beeinflusst
tausch mit den Jüngeren.                                haben.

Auch die Bereitschaft älterer Menschen, sich            Wir rufen die Seniorenorganisationen dazu
solidarisch für die Belange der eigenen Ge-             auf, sich auch auf der Landesebene zu ver-
neration (oder der noch Älteren) einzuset-              netzen, in den Seniorenvertretungen mit-
zen, muss gefördert werden. Es geht darum,              zuarbeiten, gemeinsame Positionen zu
die starke Generation der sog. Babyboomer               formulieren und zu vertreten und darüber
(in Deutschland sind das die Jahrgänge 1955             den Austausch auch mit den Jugendorgani-
bis 1969), die in den kommenden 15 Jahren               sationen zu suchen.
aus dem Erwerbsleben ausscheidet, für ein
Engagement in Seniorenorganisationen zu                 Die in den vergangenen 15 Jahren entstan-
gewinnen. Es gilt, bei ihnen ein Bewusst-               denen Landesseniorenmitwirkungsgesetze
sein dafür zu schaffen, dass es auch im Alter           sehen ein solches Zusammenwirken von
spannend ist, das Gemeinwesen mit zu                    Seniorenorganisationen ausdrücklich vor:
gestalten. Kommt es doch gerade in dieser               So sind im Landesseniorenbeirat Berlin
Lebensphase darauf an, etwas Gutes daraus               sowohl die bezirklichen Seniorenvertre-
machen.                                                 tungen als auch die Seniorenorganisatio-
                                                        nen repräsentiert. In Hamburg können die
4. Auf Bundes- und Landesebene sollten                  Seniorenorganisationen Delegierte für die
   das Wissen und die Erfahrungen der                   Seniorendelegiertenversammlung benen-
   Älteren gebündelt werden                             nen. In Mecklenburg-Vorpommern ist der
                                                        Landesseniorenbeirat aufgerufen, mit den
Auf Bundesebene haben sich die Senioren-                Seniorenorganisationen zusammenzuarbei-
organisationen in der BAGSO zusammen-                   ten. Und in Thüringen werden die Mitglieder
geschlossen, um dadurch ihr Wissen und                  der Seniorenbeiräte auf Vorschlag der örtlich
ihre Erfahrungen zu bündeln und in die                  tätigen Seniorenorganisationen gewählt.
politischen Diskussionen einzubringen. Die
überparteiliche Abstimmung und die Ein-                 Ein anderes Beispiel für eine Vernetzung
beziehung der Interessen der jüngeren                   der relevanten Akteure auf Landesebene
Generationen verleiht der Stimme der BAGSO              sind die alle ein bis zwei Jahre stattfinden-
ein hohes Gewicht. Dieses gemeinsame                    den Altenparlamente in Schleswig-Holstein
Vorgehen wird – vor dem Hintergrund einer               und Mecklenburg-Vorpommern. Mit diesem
sich verändernden Kommunikation – immer                 Instrument gelingt es den Vertreterinnen
mehr zur Voraussetzung dafür, in der Vielfalt           und Vertretern von Seniorenorganisationen

                                                                                                             6
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und -vertretungen, Sozial- und Wohlfahrts-               ist, dass die Seniorenvertretungen Anhö-
verbänden, Gewerkschaften und Kirchen,                   rungsrechte haben. Demokratische Struk-
den Blick der politisch Verantwortlichen auf             turen, insbesondere die Konstituierung der
aktuelle seniorenpolitische Themen zu len-               Seniorenvertretungen durch Wahlen, stärken
ken. Dies hat in der Vergangenheit bereits               ihr Mandat und fördern das Selbstbewusst-
zu wichtigen Entscheidungen der Landes-                  sein und die Motivation derjenigen, die sich
regierungen und -parlamente beigetragen.                 in den Gremien engagieren. Darüber hinaus
Altenparlamente können so eine wichtige                  ist es für das Mandat der Seniorenvertretun-
Ergänzung von Seniorenorganisationen und                 gen wichtig, dass sie die Vielfalt der Älteren
-vertretungen sein.                                      repräsentieren.

5. Die Arbeit von Seniorenvertretungen                   Eine gesetzliche Regelung allein reicht aller-
   braucht klare und verbindliche                        dings nicht aus. Unabdingbar ist, dass diese
   Strukturen                                            Partizipation von Politik und Verwaltung
                                                         auch gewollt ist und als Bereicherung gese-
Seniorenvertretungen sind parteipolitisch                hen wird, auf kommunaler ebenso wie auf
unabhängige Gremien, die die Mitgestaltung               Landesebene. Das lässt sich u. a. daran er-
der Kommunalpolitik durch ältere Bürgerin-               kennen, ob sie in den Informationsfluss der
nen und Bürger zum Ziel haben. Sie nehmen                Kommunal- und Landespolitik eingebunden
die Perspektive der Älteren ein, bündeln                 sind und ob den Mitgliedern von Senioren-
deren Interessen und beraten Politik und                 vertretungen die Nutzung von Räumlich-
Verwaltung in seniorenrelevanten Fragen.                 keiten sowie Weiterbildungen angeboten
Sie fordern ältere Menschen dazu auf,                    werden.
innerhalb und außerhalb von Kommunen,
Institutionen und Organisationen Verant-                 Es ist eine wichtige Aufgabe der Länder, die
wortung zu übernehmen. Derzeit gibt es                   Arbeit der Landesseniorenvertretungen – als
bundesweit etwa 1.300 kommunale Senio-                   Zusammenschluss der kommunalen Senio-
renvertretungen.                                         renvertretungen – aktiv zu unterstützen.
                                                         Durch eine angemessene Ausstattung einer
Die BAGSO setzt sich dafür ein, die Arbeit               Geschäftsstelle müssen sie die Vorausset-
von Seniorenvertretungen verbindlich auf                 zung dafür schaffen, dass die Professiona-
Landesebene zu regeln. Dies kann durch                   lität und Kontinuität der Arbeit der ehren-
Seniorenmitwirkungsgesetze (wie in Ber-                  amtlichen Gremien sichergestellt sind.
lin, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern,
Thüringen) oder im Rahmen der Gemeinde-
ordnungen der Länder5 geschehen. Wichtig

5 Zumindest erwähnt wird die Arbeit von Seniorenvertretungen etwa in den Gemeindeordnungen von Bayern,
  Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Schleswig-Holstein. Die hier getroffenen Regelungen sind
  aus Sicht der BAGSO allerdings unzureichend.

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BAGSO-Positionspapier: Mitentscheiden und Mitgestalten. Politische Teilhabe älterer Menschen fördern

6. Interesse an politischer Teilhabe                     Neue Formate der politischen Teilhabe wie
   muss geweckt werden                                   z. B. der Bürgerrat6 können und sollen die
                                                         repräsentative Demokratie nicht ersetzen,
Politisches Engagement und die Übernahme                 wohl aber dazu beitragen, Menschen für
von Verantwortung entstehen nicht im luft-               Politik zu interessieren und ihr Vertrauen in
leeren Raum. Es braucht Ermöglichung und                 die Demokratie zu stärken. Bürgerräte wer-
Ermutigung. Angebote der Bildung und Qua-                den durch staatliche oder kommunale Or-
lifizierung spielen dabei eine große Rolle.              gane beauftragt, Lösungen zu kontroversen
                                                         Themen zu finden. Mit ihrem Themenbezug
Deutlich ausgebaut werden müssen An-                     und der Unbefangenheit der zufällig aus-
gebote der politischen Bildung. Sie tragen               gewählten Mitglieder bieten sie gute Platt-
wesentlich dazu bei, über politische Sach-               formen, um auf zivilgesellschaftlicher Ebene
verhalte informiert zu sein, eine eigene                 Themen öffentlich zu diskutieren, politische
Position zu formulieren und die Motivation               Entscheidungen vorzubereiten und deren
zum politischen Engagement zu erhöhen.                   Akzeptanz zu erhöhen. Gerade auf kom-
Der alleinige Fokus der Bildungsangebote                 munaler Ebene lassen sich mit Hilfe dieser
auf die jüngeren Generationen und auf                    neuen Möglichkeiten der Beteiligung häufig
Erwerbstätige greift zu kurz. Die Bundeszen-             gute, tragfähige Lösungen finden.
trale und die Landeszentralen für politische
Bildung wie auch die Weiterbildungsein-                  „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein
richtungen in der Fläche sollten – auch                  demokratischer und sozialer Bundesstaat.
finanziell – darin bestärkt werden, An-                  Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.“ Diese
gebote der politischen Bildung für ältere                Sätze aus Artikel 20 des Grundgesetzes sind
Menschen zu entwickeln und bereitzustel-                 Bekenntnis und ständiger Auftrag. Denn die
len. Generationsübergreifende Ansätze und                Demokratie ist kein Selbstläufer. Sie ist eine
Formate sind wünschenswert.                              Lebensform, die im Miteinander der Men-
                                                         schen in unserem Land Gestalt gewinnt. Wir
Organisationen wie Vereine und Verbände                  alle sind dazu aufgerufen, mit unserem En-
sind gefordert, Qualifizierungsangebote                  gagement den Zusammenhalt in der Gesell-
bereitzuhalten, die an den Bedarfen der                  schaft zu stärken und dauerhaft zu erhalten.
Engagierten ansetzen und sie für die Praxis
stärken. Prozessbegleitung und Moderation
von demokratischen Zielfindungs-,
Planungs- und Entscheidungsprozessen
können solche Angebote wirksam ergänzen.

6 Bürgerräte sind eine Form von Bürgerbeteiligung, bei der die Teilnehmenden ausgelost werden.

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BAGSO-Positionspapier: Mitentscheiden und Mitgestalten. Politische Teilhabe älterer Menschen fördern

Die BAGSO – Stimme der Älteren                          längeren Lebens ebenso einschließt wie
                                                        Zeiten der Verletzlichkeit und Hilfe- bzw.
Die BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft                   Pflegebedürftigkeit. Gegenüber Politik,
der Seniorenorganisationen vertritt die                 Gesellschaft und Wirtschaft tritt sie für Rah-
Interessen der älteren Generationen in                  menbedingungen ein, die ein gutes und
Deutschland. Sie setzt sich für ein aktives,            würdevolles Leben im Alter ermöglichen –
selbstbestimmtes und möglichst gesundes                 in Deutschland, in Europa und weltweit.
Älterwerden in sozialer Sicherheit ein. In der
BAGSO sind rund 125 Vereine und Verbände                In Positionspapieren und Stellungnahmen
der Zivilgesellschaft zusammengeschlossen,              gibt die BAGSO Anstöße und Empfehlungen
die von älteren Menschen getragen werden                für politisches Handeln in Bund, Ländern
oder die sich für die Belange Älterer enga-             und Kommunen. Die BAGSO veröffentlicht
gieren.                                                 eine Vielzahl von Publikationen zu unter-
                                                        schiedlichen Themen, die kostenfrei zu be-
Die BAGSO fördert ein differenziertes Bild              stellen sind oder auf der BAGSO-Internet-
vom Alter, das die vielfältigen Chancen eines           seite heruntergeladen werden können.

                                                                                           Herausgeber

                                                             BAGSO
                                                             Bundesarbeitsgemeinschaft
                                                             der Seniorenorganisationen e. V.

                                                             Noeggerathstr. 49
                                                             53111 Bonn
                                                             Telefon 0228 / 24 99 93-0
                                                             Fax 0228 / 24 99 93-20
                                                             kontakt@bagso.de

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