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Drucksache 18/3497 05.03.2021 18. Wahlperiode Mitteilung – zur Kenntnisnahme – Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt (Istanbul-Konvention) im Land Berlin Drucksachen 18/2534 und 18/2976
Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 2 Drucksache 18/3497 18. Wahlperiode
Der Senat von Berlin GPG - III C 9 - Tel.: 9028 (928) 2154 An das Abgeordnetenhaus von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Mitteilung - zur Kenntnisnahme - über Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt (Istanbul-Konvention) im Land Berlin - Drucksachen Nrn. 18/2534 und 18/2976 ___________________________________________________________________ Der Senat legt nachstehende Mitteilung dem Abgeordnetenhaus zur Besprechung vor: Das Abgeordnetenhaus hat in seiner Sitzung am 17.09.2020 Folgendes beschlossen: „„Der Senat wird aufgefordert, ein ressortübergreifendes Gremium einzuberufen, wel- ches der Zielsetzung folgt, einen Aktionsplan zur Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt (Istanbul-Konvention) für Berlin auszuarbeiten. Ziel des Gremiums ist es, zu überprüfen, inwieweit die Istanbul-Konvention neue Handlungsverpflichtungen in Bezug auf Gewalt gegen Frauen in den Bereichen Prävention, Aufklärung, Entschädigung, Be- ratung, Forschung oder Datenerhebung generiert. Die Ratifizierung der Istanbul-Konventionen muss den Fokus auf besonders vulnerable Personengruppen (Menschen mit Behinderung, Kinder und Jugendliche, Trans-Men- schen und Intersexuelle, Frauen mit Migrationshintergrund, insbesondere Frauen mit Fluchterfahrungen, Wohnungslose sowie Suchtkranke) legen und alle in der Istanbul- Konvention benannten Formen der Gewalt berücksichtigen. Federführend für die Koor- dinierung der Umsetzung ist die neu einzurichtende Koordinierungsstelle bei der Se- natsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung. Sie wird unter Einbeziehung der zivilgesellschaftlichen Akteure einen Aktionsplan zur Umsetzung entwickeln. Es wird ein Begleitgremium eingerichtet, das interdisziplinär und ressortübergreifend aus den Senatsverwaltungen für Inneres, Justiz, Integration, Arbeit und Soziales, Bildung, Ju- gend und Familie, Wissenschaft, Forschung und Kultur, der Polizeipräsidentin in Berlin sowie den Projekten aus dem Anti-Gewaltbereich besetzt wird. Vorgesehen ist die Be- setzung der Senatsverwaltungen mindestens auf Abteilungsleitungsebene. Nach der Fertigstellung des Aktionsplanes hat das Begleitgremium den Umsetzungsprozess kon- tinuierlich zu begleiten und zu kontrollieren sowie ggf. neue Handlungsbedarfe zu identi- fizieren. Bei der Ausarbeitung des Aktionsplanes ist die Benennung von klaren Zielstel- lungen und Meilensteinen, die mit Zeitangaben hinterlegt sind, notwendig.
2 Das Gremium zur Erarbeitung eines Aktionsplanes soll folgende Fragestellungen bei seinen Beratungen berücksichtigen: 1. Einrichtung einer Koordinierungsstelle, die im Haushalt 2020/2021 finanziell hinterlegt ist, um die Umsetzung der langfristigen Politik gegen Gewalt an Frauen zu begleiten und zu koordinieren. Darüber hinaus soll die Einrichtung einer unabhängigen Monito- ringstelle geprüft werden. 2. Präventive Maßnahmen, die das Bildungssystem und Bereiche der Aus- und Fortbil- dung umfassen, die mit Betroffenen und Täter*innen zu tun haben. Als Prävention wird auch die Verpflichtung gefasst, Täterprogramme anzubieten, die sich auf häusliche und sexualisierte Gewalt beziehen. Präventionskurse zu sexualisierter Gewalt, z.B. Selbst- verteidigungs- und Selbstbehauptungskurse, müssen verstärkt an Bildungseinrichtun- gen und in Schutz- und Unterstützungseinrichtungen für Betroffene auf- und ausgebaut werden. 3. Digitale Formate der Gewalt (Cyber-Grooming und Mobbing); 4. Verpflichtende Fortbildungen insbesondere für Polizei, Staatsanwaltschaft und Justiz, um für die Bedürfnisse und Rechte der von Gewalt Betroffenen zu sensibilisieren; 5. Handlungsleitlinien, die gewährleisten, dass häusliche Gewalt in allen Entscheidun- gen über Sorge- und Umgangsrechtsregelungen miteingebunden werden; 6. Quantitativer und qualitativer Ausbau weiterer Frauenhausplätze und Frauenschutz- wohnungen, unter besonderer Betrachtung der Barrierefreiheit sowie der Situation von Frauen mit mehreren Kindern bzw. älteren Söhnen, psychisch erkrankten Frauen und Frauen mit Beeinträchtigungen. Schaffung von Schutzräumen für von häuslicher Gewalt betroffene Männer, trans*- und intergeschlechtliche Personen; 7. Konzeptentwicklung zu Gewaltschutzmaßnahmen in Einrichtungen der Behinderten- hilfe und der Wohnungs- und Obdachlosenhilfe sowie Kooperation mit den jeweiligen Frauenhilfebereichen, Aufbau und Entwicklung einer Netzwerkstruktur. Die Barrierefrei- heit in Schutz- und Beratungseinrichtungen sollte weitgehend sichergestellt sein. 8. Ausbau der leicht zugänglichen Schutzunterkünfte sowie der psychosozialen Bera- tung, um Opfern, insbesondere Frauen und ihren Kindern, eine sichere Unterkunft zur Verfügung zu stellen sowie frühzeitig unterstützend Bedarfe zu erkennen. 9. Maßnahmen, die zur Harmonisierung der bestehenden rechtlichen Regelungen zum Gewaltschutz in vulnerablen Lebenssituationen, wie bei der Unterbringung in Flücht- lingsunterkünften und dem Ausländerrecht, greifen sollen. Dem Abgeordnetenhaus ist bis zum 31. Dezember 2020 ein Zwischenbericht vorzule- gen.“
3 Hierzu wird berichtet: Der Senat versteht die Umsetzung der Istanbul-Konvention als Prozess, Chance und Herausforderung, die bisherigen Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt im Lichte der Istanbul-Konvention zu überprüfen, vorhandene Lü- cken zu identifizieren und diese zu schließen. Mit dem Berliner Hilfesystem und einer gut etablierten ressortübergreifenden Zusammenarbeit ist hierfür ein tragfähiges Fundament vorhanden. Die Istanbul Konvention umfasst neben dem wichtigen Thema „Hilfesystem“ auch viele weitere Politikfelder, um Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt umfassend zu be- kämpfen, dazu zählt etwa: die bedarfsgerechte medizinische Akutversorgung und ver- trauliche Spurensicherung nach Fällen von sexueller Gewalt; ebenso wichtig ist eine ef- fektive Strafverfolgung, einschließlich des Opferschutzes, um Reviktimisierung zu ver- meiden; es gilt, schädliche Geschlechterrollen-Stereotype bereits in der Schule zu hinter- fragen, und schließlich muss auch die Täterarbeit verstärkt werden, um zukünftige Taten verhindern zu können; nicht zuletzt ist eine aktive Gleichstellungspolitik unerlässlich, um auch strukturelle Ursachen von Gewalt gegen Frauen anzugehen. Die Istanbul Konven- tion schreibt für all das effizient ineinandergreifende politische Maßnahmen vor. Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung nimmt als federführende Senatsverwaltung dafür eine koordinierende Rolle ein. Für ein landesweites ressortüber- greifendes Vorgehen gegen Gewalt an Frauen und häuslicher Gewalt unter dem Dach einer menschenrechtsbasierten Gleichstellungspolitik im Sinne der Istanbul-Konvention wurde eine Koordinierungsstelle eingerichtet, die seit dem 15.09.2020 mit einer juristi- schen Referentin besetzt ist. Zur Deckung des zusätzlichen personellen Aufwandes durch die Einrichtung einer Koordinierungsstelle im Sinne der Istanbul-Konvention durch die SenGPG wurde im Haushaltsvollzug 2020/2021 im Einzelplan 09 SenGPG – Kapitel 0950 Abteilung III eine Beschäftigungsposition der Entgeltgruppe 14 befristet bis zum 31.12.2021 eingerichtet. Zum Doppelhaushalt 2022/2023 wird eine Verstetigung durch den Senat prioritär angemeldet werden. Aktuell wird durch die zuständige Fachabteilung ein Konzept für die kohärente Umsetzung der Istanbul Konvention im Land Berlin erar- beitet, in welches die anderen Ressorts und die Zivilgesellschaft einbezogen werden. Zunächst werden Schnittstellen zu bereits existierenden Gremien auf Verwaltungs- und Zivilgesellschaftsebene sowie Programme im Kontext der Antigewaltarbeit herausgefil- tert, um zukünftig Doppelstrukturen zu vermeiden und Synergieeffekte zu erzielen. Res- sortübergreifende Bestands- und Bedarfsanalysen (Monitoring) sollen folgen, um die be- reits etablierten Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt im Lichte der Istanbul Konvention zu überprüfen, gegebenenfalls vorhandene Lü- cken zu identifizieren sowie Maßnahmen zu deren Schließung ergreifen zu können. Die Zuständigkeit zur Durchführung der einzelnen Maßnahmen zur Umsetzung der Vor- gaben aus der Istanbul Konvention auf Landesebene liegt bei den jeweiligen Ressorts des Senats. Es gibt bereits Netzwerkstrukturen, die Teilaspekte der Istanbul Konvention berücksich- tigen, und in denen die betroffenen Senatsverwaltungen und die Zivilgesellschaft zusam- menarbeiten. Dazu zählen: Staatssekretärsausschuss „Gleichstellung“ Fachkommission Häusliche Gewalt Integrierte Maßnahmenplanung gegen sexualisierte Gewalt (IMP) Arbeitskreis gegen Zwangsverheiratung
4 Runder Tisch WHO Leitlinien Gewalt in Paarbeziehungen Arbeitskreis Opferschutz Landeskommission Berlin gegen Gewalt Aktuell werden im Land Berlin bereits Maßnahmen umgesetzt, die jeweils den Vorgaben und Zielen der Istanbul Konvention entsprechen. Die folgenden Angaben sind Beispiele und nicht als abschließende Aufzählung zu ver- stehen. So verfügt Berlin über ein differenziertes Hilfesystem mit Frauenhäusern, Zweite-Stufe-Wohnungen und Zufluchtswohnungen sowie Fach- und Interventionsstel- len, der BIG-Hotline und einer Wohnraumvermittlung. In 2020 wurden 34 zusätzliche Frauenhausplätze geschaffen. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie hat die Se- natsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung 205 Notunterbringungsplätze zur Verfügung gestellt, so dass Berlin aktuell über insgesamt 973 Schutzplätze für ge- waltbetroffene Frauen und ihre Kinder verfügt. Eine Ausweitung der Plätze wird prioritä- res Ziel im Haushaltsplanaufstellungsverfahren 2022/23 durch die SenGPG sein. Der Senat fördert den Träger BIG e.V. für die Koordinierung eines abgestimmten Vorge- hens der Unterstützungsangebote bei häuslicher Gewalt. In Zusammenarbeit mit Exper- tinnen und Experten der unterschiedlichen Berufsgruppen werden konkrete Unterstüt- zungsangebote entwickelt und umgesetzt. Aktuell werden bei der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung im Rahmen eines Projekts zur Geschäftsprozessoptimierung und Digitalisierung im Be- reich Anti-Gewalt die notwendigen Voraussetzungen geschaffen, um möglichst ab 2021 für das Berliner Hilfesystem eine digitale Datengenerierung, Datenübermittlung so- wie Datenauswertung unter Beachtung der Vorgaben des Berliner E-Governmentge- setzes erfüllen zu können. Mit dem Runden Tisch Gesundheitsversorgung bei häuslicher und sexualisierter Gewalt greift Berlin wichtige menschenrechtliche und gesundheitspolitische Entwicklun- gen der letzten Jahre auf, und setzt die Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für den Umgang von Gesundheitsversorgung und -politik mit Gewalt in Paarbe- ziehungen und mit sexueller Gewalt in die Praxis um. Mit der Einrichtung einer entspre- chenden Geschäftsstelle beim Träger Signal e.V. wurden bereits gesundheitsbezogene Vorgaben der Istanbul Konvention realisiert. Die für Gesundheit zuständige Senatsverwaltung fördert seit 2018 die „Fachstelle Traumanetz Berlin“, ein Modellvorhaben zur traumatherapeutischen Versorgung ge- waltbetroffener Frauen und ihrer Kinder. Die an die Rechtsmedizin der Charité angebundene Gewaltschutzambulanz (GSA) do- kumentiert zeitnah, kostenlos, unverbindlich und rechtsmedizinisch die Verletzungen er- wachsener Opfer nach häuslicher, interpersoneller und sexualisierter Gewalt. Daneben besteht für die Opfer die Möglichkeit einer psychosozialen Inhouse-Beratung durch Be- raterinnen und Berater des Trägers „Opferhilfe Berlin e.V.“. Zudem werden auf Wunsch kostenlose Rechtsberatungen, ein medizinisches Care-Management und eine weitere Begleitung des Opfers durch den Weißen Ring organisiert. Der vom Senat geförderte Verein S.I.G.N.A.L. e.V. hat den Leitfaden „Empfehlungen für eine gerichtsfeste Dokumentation und Spurensicherung nach häuslicher und sexueller Gewalt“ im März 2018 veröffentlicht. Die im Leitfaden enthaltenen Empfehlungen sowie ein Formular für die Dokumentation von Fällen häuslicher Gewalt wurden in der Fach- gruppe „Gerichtsfeste Dokumentation“ unter Beteiligung u.a. der GSA, der Polizei und
5 von LARA – Fachberatungsstelle gegen sexualisierte Gewalt an Frauen* e.V. erstellt. Diese Empfehlungen beziehen sich auf die korrekte Erstellung von Dokumentationen und Spurensicherung, damit diese den Anforderungen von Gerichten und Behörden genügen. Sie richten sich an Fachkräfte der Gesundheitsversorgung, insbesondere Ärz- tinnen und Ärzte, die Personen nach häuslicher oder sexualisierter Gewalt versorgen. Die vom Senat und der Zivilgesellschaft erarbeitete Integrierte Maßnahmenplanung gegen sexuelle Gewalt (IMP) ist eine umfassende Zusammenstellung von 126 Maßnah- men aus den Bereichen der Prävention, Versorgung und der Intervention zur Sensibili- sierung für und Eindämmung von sexueller Gewalt. Die Geschäftsstelle des IMP befindet sich bei der für Frauen und Gleichstellung zuständigen Senatsverwaltung. Wie sich aus einem im Oktober 2020 von der Geschäftsstelle veröffentlichten Monitoringbericht ergibt, sind bereits 82 der126 Maßnahmen (66%) abgeschlossen. Im ersten Quartal 2021 wer- den Ergebnisse des gerade laufenden, zweiten Monitorings erwartet. Beim Frieda Beratungszentrum für Frauen e.V. wurde 2018 im Rahmen des Anti-Stal- king-Projekts der Fachbereich Cyberstalking aufgebaut. Er umfasst ein Beratungsange- bot und eine IT-Unterstützung für betroffene Frauen sowie die Sensibilisierung der Öf- fentlichkeit für das Themenfeld und die fachliche Begleitung von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren. Seit 01.05.2020 wird die Koordinierungsstelle FGM_C durch die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung gefördert, ein Kooperationsprojekt der drei Träger Familienplanungszentrum Berlin Balance e.V., TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e. V. und Desert Flower Center (Krankenhaus Waldfriede) gegen Genitalver- stümmelung. Um geflüchtete Frauen und LSBTI-Personen vor Gewalt zu schützen, haben die Se- natsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung und die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung die gemeinsame Handreichung "Leit- faden zur Identifizierung besonders schutzbedürftiger Geflüchteter“ entwickelt. Die Hand- reichung wurde an alle Flüchtlingsunterkünfte verteilt und ihre Anwendung durch speziell zugeschnittene Fortbildungen (koordiniert durch BIG e.V.) unterstützt. Um Personen mit einem besonderen Schutzbedarf schnell zu identifizieren, wurde in Zusammenarbeit mit dem Büro des Integrationsbeauftragten des Berliner Senats, der für Soziales zuständigen Senatsverwaltung und dem Berliner Netzwerk für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge ein Gesprächsleitfaden entwickelt und 2018 veröffentlicht. In Bezug auf Prävention, einschließlich der Täterarbeit und Opferschutz, fördert die Se- natsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung verschiedene Pro- jekte, wie beispielweise “Beratung für Männer - gegen Gewalt“ in Trägerschaft der Volks- solidarität e.V. sowie die Beratungsstelle Stop-Stalking. Seit März 2020 befinden sich zudem folgende neue Servicestellen im Aufbau: Durch das Projekt „Proaktiv – Servicestelle für Betroffene von Straftaten“ des Trä- gers Opferhilfe Berlin e.V. sollen in Kooperation mit der Polizei Betroffene von Straftaten nach Anzeigeerstellung proaktiv kontaktiert, und an relevante Beratungsstellen vermittelt werden. Das Projekt „Servicestelle Wegweiser“ des Trägers „selbst.bestimmt“ e.V. richtet sich an Menschen, die einer Straftat im Bereich interpersoneller Gewalt (Häusliche Gewalt, Stalking, sexualisierte Gewalt, Gewalt im öffentlichen Raum) beschuldigt werden. Parallel
6 zum Ermittlungs- und ggf. anschließenden Strafverfahren soll ihnen ebenfalls im Rahmen der Anzeigenerstattung durch die Polizei ein Angebot unterbreitet werden, sich mit den Tatumständen und -folgen auseinanderzusetzen. Übergreifendes Ziel dabei ist die Prä- vention von Gewalt und somit ein verbesserter Opferschutz. Um die Arbeit mit Tätern in Berlin auszubauen, unterstützt die Landeskommission Berlin gegen Gewalt ab 2021 das Berliner Zentrum für Gewaltprävention“ e.V. (im Falle einer positiven Bescheidung durch das BMFSJ/ Bundesinnovationsprogramm gegen Gewalt an Frauen) mit einer Kofinanzierung für ein „Beratungszentrum zum Schutz vor Gewalt in der Familie und im sozialen Nahfeld“. Dies soll Gewaltausübende im familiären Kon- text durch spezifische Behandlungsprogramme lehren, in zwischenmenschlichen Bezie- hungen ein gewaltfreies Verhalten anzunehmen. Im Sinne der Istanbul Konvention soll dies in einem engmaschigen Kooperationsbündnis von Frauenunterstützungseinrichtun- gen, Polizei, Justiz sowie Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe geschehen. Die Auszubildenden des mittleren Polizeivollzugsdienstes werden geschult, festgelegte Qualitätsstandards anhand einer Checkliste einzuhalten, die Wegweisung und das Be- tretungsverbot nach § 29a des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG) Berlin zu beachten und dem Opfer Wege aus der Gewalt aufzuzeigen. In diesem Zusam- menhang werden Unterstützungseinrichtungen wie BIG e.V., Opferhilfe Berlin, Weißer Ring e.V., Gewaltschutzambulanz sowie entsprechende Informationsbroschüren thema- tisiert. Zu den von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie geförderten Maßnah- men gehört neben dem schon länger etablierten Präventionsprojekt bei BIG e.V. u.a. das „Netzwerk Kinderschutz“. Hier können zeitnahe und bedarfsgerechte Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in Abstimmung mit verschiedenen Senatsver- waltungen, den Bezirken, der Polizei, freien Trägern u.a. umgesetzt werden. Die „Hotline Kinderschutz“ mit fachlich geschulten Mitarbeitenden ist rund-um-die-Uhr an 365 Tagen im Jahr erreichbar, auch für Betroffene von sexualisierter und häuslicher Gewalt. Durch die strukturelle Verzahnung mit Netzwerkpartnern des Berliner Notdienstes Kinderschutz (BNK) wie dem Mädchennotdienst (betrieben durch den auf sexuellen Missbrauch spezi- alisierten Träger Wildwasser e.V.) und anonymen Frauenhäusern ist es möglich, sofort zu reagieren. Der BNK und die „Hotline Kinderschutz“ arbeiten eng mit der Hotline der „Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen“ (BiG Hotline) und den auf sexuellen Miss- brauch spezialisierten Fachberatungsstellen (u.a. Kind im Zentrum, Wildwasser e.V.) zusammen. Auch weitergehende psychosoziale Versorgungsangebote (z.B. Zusammen- arbeit mit der Krisenwohnung von Neuland e.V.) werden vermittelt. Mit den fünf Kinder- schutzambulanzen, insbesondere die der Charité - Universitätsmedizin Berlin Campus Virchow-Klinikum, die auf sexuellen Missbrauch spezialisiert ist, gibt es eine etablierte Zusammenarbeit. Die Landeskommission Berlin gegen Gewalt hat Aufklärungs- und Sensibilisierungskam- pagnen zu Cyberstalking durchgeführt. Eine Cybergrooming-Kampagne umfasst u.a. die interaktive Ausstellung „Klick clever“, die spielerisch aufklärt und sich an 8- bis 10-jäh- rige Kinder richtet.
7 Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung: Zur Deckung des personellen Aufwandes durch die Einrichtung einer Koordinierungs- stelle im Sinne der Istanbul-Konvention durch die SenGPG wurde im Haushaltsvollzug 2020/2021 im Einzelplan 09 SenGPG – Kapitel 0950 - Abteilung III - Titel 428 11 eine Beschäftigungsposition der Entgeltgruppe 14 befristet bis zum 31.12.2021 eingerichtet. Eine dauerhafte stellenwirtschaftliche Absicherung wird prioritäres Ziel des Senats sein. Wir bitten, den Beschluss damit als erledigt anzusehen. Berlin, den 2. März 2021 Der Senat von Berlin Michael Müller Dilek Kalayci Regierender Bürgermeister Senatorin für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung
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