Moral Hazard im Zusammenhang mit dem IWF

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Working Paper
         Series
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                        National Centre of Competence in Research
                         Financial Valuation and Risk Management

                                          Working Paper No. 59

           Moral Hazard im Zusammenhang mit dem IWF

                          Barbara Doebeli                            Paolo Vanini

                                          First version: May 2003
                                         Current version: May 2003

          This research has been carried out within the NCCR FINRISK project on
                            “Interest Rate and Volatility Risk”.

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Moral Hazard im Zusammenhang mit dem IWF

                                           Barbara Döbeli

                                  Schweizerische Nationalbank

                                  Schweizerische Nationalbank

                                         Börsenstrasse 15

                                              Postfach

                                            8022 Zürich

                                          +41 1 631 37 27

                                     doebeli.barbara@snb.ch

                                                 und

                                            Paolo Vanini

                               University of Southern Switzerland

                               University of Southern Switzerland

                                       Via Guiseppe Buffi 13

                                            6900 Lugano

                                          +41 1 292 70 39

                                     paolo.vanini@lu.unisi.ch

                                           13. Mai 2003

Wir danken für die Unterstützung durch die Schweizerische Nationalbank und durch Finrisk. Die in diesem
Artikel vertretenenen Meinungen sind die der Autoren und müssen nicht mit denjenigen der
Schweizerischen Nationalbank übereinstimmmen.
2

1.) Einführung
In letzter Zeit häufen sich Zahlungsschwierigkeiten von Ländern gegenüber ihren
ausländischen Geldgebern. Beim Ausbleiben dieser Zahlungen wird um die Stabilität des
internationalen Finanzsystems gefürchtet. Um diese Gefahr abzuwenden, werden den
zahlungsunfähigen Ländern unter der Federführung des Internationalen Währungsfonds
(IWF) Geldbeträge geliehen. Diese Finanzhilfe ist jedoch umstritten. So kritisieren
                                                                                    1
führende Ökonomen, die Hilfspakete würden Moral Hazard verursachen.

Der Begriff Moral Hazard stammt ursprünglich aus der Versicherungsliteratur. Die Folge
einer Versicherung sei Moral Hazard. Gemeint ist damit, dass sich ein rationales
Individuum nach dem Abschluss einer Versicherung anders verhält, als vorher, da nach
dem Abschluss einer Versicherung der Versicherte bei einem Schaden keine finanzielle
Einbusse mehr erleidet. Dadurch entsteht ein Anreiz für den Versicherten, sich nach
Vertragsabschluss unsorgfältiger zu verhalten. Dieses riskantere Verhalten birgt für den
Versicherungsanbieter eine Gefahr, da ein Schaden und deren Abgeltung wahrscheinlicher
wird, im Vergleich zum Schadenpotenzial vor dem Versicherungsabschluss. Dieses Risiko
für die Versicherung aufgrund des unsorgfältigen Verhaltens prägt den Begriff Moral
Hazard, der mit moralischem Risiko übersetzt werden kann. Das unsorgfältige Verhalten ist
aus Sicht der Versicherung "unmoralisch".

Die Kritiker der IWF-Finanzhilfe vertreten die Meinung, das Hilfspaket würde beim
Empfänger wie eine Versicherung wirken und verursache bei ihm ein riskanteres Verhalten.
Die Folge sei, dass der internationale Kreditmarkt verzerrt würde. Einerseits würden
Gläubiger mehr Geld ausleihen und Schuldner würden mehr Geld aufnehmen. Anderseits
würden Gläubiger eine schlechte Politik der Schuldner finanzieren. Diese Verzerrung
destabilisiere das internationale Finanzsystem.

Diese Kritik ist Gegenstand einiger empirischer Untersuchungen, deren Aussagen jedoch
kein eindeutiges Urteil zulassen.2 In diesem Artikel wird eine theoretische Untersuchung
vorgestellt, die im Rahmen der Tätigkeit eines Autors bei der Schweizerischen

1
 Vgl. Friedman (1998), Meltzer (1998), Schwartz (1998).
2
  Die Moral Hazard Hypothese verwerfen Lane, Phillips (2000), Nunnenkamp (1999), Willett (1999), Zhang
(1999). Sie wird bestätigt durch Choe, Kho, Stulz (1999) und Dell'Ariccia, Gödde, Zettelmeyer (2000).
3

Nationalbank entstanden ist. Die Frage, ob die Hilfspakete mehr schaden als nützen, ist
von Interesse für die Schweizerische Nationalbank, da die Schweiz als Mitglied des IWF die
Kreditpolitik dieser Institution mitbeeinflussen kann. So erschien auch bereits in dieser
Schriftenreihe       ein      Artikel   zum    Thema     "Der    Internationale   Währungsfonds      als
internationaler Lender of Last Resort".3

Bei der in diesem Artikel vorgestellten Untersuchung wird die Frage, ob das Hilfspaket
eine Verzerrung verursache, mittels der Vertragstheorie untersucht. Diese Theorie
analysiert Probleme, die aufgrund von Informationsasymmetrien zwischen Vertragsparteien
auftreten. Das Ziel dieser Analyse besteht darin, den Vertrag so ausgestalten zu können,
dass das Informationsproblem überwunden werden kann. Eine bestimmte Art von
Informationsasymmetrie zwischen zwei Vertragsparteien wird im Modell für Moral Hazard
unterstellt. Diese Art von Informationsasymmetrie tritt auch bei Versicherungsbeziehungen
auf. Die oben erwähnte Kritik, das Hilfspaket würde beim Empfänger wie eine Versicherung
wirken und verursache Moral Hazard, lässt daher den Eindruck entstehen, diese Frage
könne mittels des Moral Hazard Modells angewendet auf die Versicherungsbeziehung
zwischen dem IWF und dem Hilfspaketempfänger analysiert werden. Dieser Eindruck greift
jedoch zu kurz, da der Hilfspaketempfänger immer einen Geschäftspartner aufweist. Drei
Vertragsparteien           wirken   somit     in   der   IWF    relevanten   Fragestellung   mit.   Die
Vertragsbeziehungen dieser drei Akteure können nicht mit dem standard Moral Hazard
Modell angewendet auf eine Versicherungsbeziehung analysiert werden, da dort nur zwei
Parteien beteiligt sind. Die Analyse der erwähnten Dreierbeziehung ist das Ziel der hier
vorgestellten Untersuchung.

Dabei gehen wir wie folgt vor. Obwohl insgesamt eine Vertragsbeziehung zwischen drei
Parteien analysiert werden muss, werden zuerst                       die verschiedenen       bilateralen
Teilbeziehungen als Bausteine besprochen. Dazu ist es notwendig, den Begriff Moral
Hazard einzuführen, wie er in der ökonomischen Theorie verwendet wird. Auf den
Teilbeziehungen aufbauend wird anschliessend die gesamte Vertragssituation modelliert
und die daraus folgenden Resultate werden diskutiert.

3
    Vgl. Schwarz (2002).
4

Der Begriff Moral Hazard, wie er in der ökonomischen Theorie verwendet wird, ist
allgemeiner als der eingangs erwähnte aus der Versicherungsliteratur. Er bezeichnet das
Entscheidungsproblem in einer Beziehung zwischen zwei Parteien, wobei die eine Person
die Tätigkeit der anderen Person nicht beobachten kann, diese aber für die gewählte
Tätigkeit entlöhnt. Zahlreiche Arten solcher Beziehungen treten in der Realität auf. Für
unsere Belange wird die Beziehung zwischen einem Kreditgeber und einem Kreditnehmer
betrachtet. Bei der umfassenden Analyse wird dann Moral Hazard im Zusammenhang mit
dem IWF angeschaut. Dabei wird der Frage nachgegangen, ob das Hilfspaket ein
übermässiges Kreditvolumen verursache. Im Gegensatz zu den erwähnten Kritiker dieser
Pakete, die diese Frage generell bejahen, wird in diesem Artikel zwischen den
verschiedenen Empfänger dieser Hilfe unterschieden und gezeigt, dass die Antwort davon
abhängt, wer der Empfänger ist. Dieser wird in der Realität in einem zweistufigen
Verfahren bestimmt. So überweist bei Zahlungsschwierigkeiten der IWF in einer ersten
Stufe dem Schuldnerland Geld und dieser Schuldner kann über das Geld frei verfügen. Er
kann somit in einer zweiten Stufe einerseits das ganze Geld dazu benützen, um seine
Schulden zu bedienen. Dabei fliessen die Mittel vollumfänglich an den Gläubiger.
Anderseits kann der Schuldner das ganze Geld auch selbst behalten. Denkbar sind auch
Kombinationen aus diesen beiden Vorgehensweisen als drittes Szenario. Jeder dieser
Geldempfänger wird aufgrund des Geldzuflusses sein Verhalten rational festlegen. Dieses
Verhalten unterscheidet sich im Allgemeinen vom Verhalten zwischen Kreditgeber und –
nehmer, wenn es den IWF nicht gäbe. Für diese Verhaltensänderungen in den drei
Szenarien existieren in der Literatur über den IWF Begriffe im Zusammenhang mit Moral
       4
Hazard. So wird von "Debitoren-seitigem Moral Hazard" gesprochen, wenn der Schuldner
vollständig das Geld des IWF bekommt und dadurch sein Verhalten ändert. "Kreditoren-
seitiges Moral Hazard" und "Debitoren und Kreditoren-seitiges Moral Hazard" beschreiben
die beiden anderen Szenarien. Der Artikel zeigt nun auf, dass ein übermässiges
Kreditvolumen nur entstehen kann, wenn das Hilfspaket entweder vollständig in die Hände
des Gläubigers gelangt oder der eine Teil an ihn und der andere an den Schuldner fliesst.
Der Gläubiger spielt somit die zentrale Rolle bei der Verzerrung des internationalen

4
    Vgl. IMF (1998).
5

Kreditmarkts. Diese Aussage weicht von der Meinung der Kritiker der Hilfspakete ab, diese
würden generell die Kreditströme verzerren.

Dieses Resultat basiert auf einem neu entwickelten Modell, bei dem zwei aufeinander
folgende Kreditbeziehungen je mit einem Moral Hazard Modell abgebildet werden. Diese
beiden Moral Hazard Modelle sind unter Berücksichtigung der drei verschiedenen Szenarien
von Hilfspaketempfängern miteinander verknüpft. Dieses Modell beschreibt den
Kreditvergabeprozess zwischen einer international tätigen Bank, einer Regierung und dem
IWF: In der ersten Kreditbeziehung leiht die Bank der Regierung Geld und falls letztere
den   Bankkredit     nicht   zurückzahlen      kann,   entsteht     die   nachfolgende        zweite
Kreditbeziehung, wobei der IWF der zahlungsunfähigen Regierung Geld leiht. Dieses Modell
berücksichtigt     die   zahlreichen   Arten     von      Moral    Hazard,    die   bei   diesem
Kreditvergabeprozess auftreten. In jeder der beiden Kreditbeziehungen wird unterstellt,
dass der jeweilige Kreditgeber nicht in der Lage ist, die mit seinem Geld finanzierte Politik
des Kreditnehmers respektive der Regierung umfassend zu beurteilen. Die jeweilige Art der
Verknüpfung der beiden Kreditbeziehungen berücksichtigt die Verhaltensänderung des
unterstellten Hilfspaketempfängers. Die Lösung dieses Modells ermöglicht anschliessend
Aussagen darüber zu machen, ob diese Verhaltensänderungen das Kreditvolumen zwischen
der Bank und der Regierung verzerren. Diese Verzerrung wird oftmals auch mit Moral
Hazard bezeichnet. Streng genommen ist diese Verzerrung jedoch eine Folge von Moral
Hazard.

Nachfolgende Grafik fasst die verschiedenen Arten von Moral Hazard im Zusammenhang
mit dem IWF-Hilfspaket zusammen. Sie verdeutlicht zudem, dass die blosse Analyse der
Versicherungsbeziehung zwischen dem IWF und dem Hilfspaketempfänger zu kurz greift.
Der Hilfspaketempfänger hat immer ein Gegenüber. Deshalb müssen insgesamt drei
Akteure berücksichtigt werden. Dieses Gegenüber steht in einer Kreditbeziehung zum
Hilfspaketempfänger.     Insgesamt     müssen     somit     drei    Akteure   in    Kredit-     und
Versicherungsbeziehungen betrachtet werden. Weiter muss der Hilfspaketempfänger
konkretisiert werden. So muss differenziert werden, ob am Ende der Kreditor respektive die
Bank oder der Debitor (die Regierung) oder beide zusammen die Finanzhilfe bekommen.
6

Diese Unterscheidung zwischen den verschiedenen Empfängern wird in der gängigen
Diskussion oftmals vernachlässigt.

            Moral Hazard in
            Kreditbeziehung
            Bank - Regierung

                               Versicherungsbeziehung
                               IWF - Hilfspaketempfänger
        1)        2)    3)           1) Kreditoren-seitiges Moral Hazard
                                     2) Debitoren und Kreditoren-seitiges Moral Hazard
                                     3) Debitoren-seitiges Moral Hazard

            IWF - Regierung
            Kreditbeziehung
            geprägt durch
            Moral Hazard

Grafik 1:        Die verschiedenen Arten von Moral Hazard im Zusammenhang mit dem IWF-
                 Hilfspaket

Der vorliegende Artikel ist wie folgt aufgebaut. Zunächst wird das standard Moral Hazard
Modell besprochen. Daran anschliessend wird auf die Modellierung von Moral Hazard im
Zusammenhang mit dem IWF eingegangen. Dabei wird das Modell und die Resultate daraus
präsentiert. Schlussbemerkungen schliessen den Artikel ab.

2.)    Die standard Modellierung von Moral Hazard

Dem Moral Hazard Modell liegt ein Konflikt in einer Auftragsbeziehung zu Grunde. Dabei
sind zwei nutzenmaximierende Akteure beteiligt. Der eine, der die Tätigkeit delegiert,
heisst Prinzipal. Der andere, der im Auftrag des Prinzipals diese ausführt, ist der Agent.
Diese Tätigkeit des Agenten beeinflusst den Nutzen des Prinzipals und bedeuten für ihn
7

selbst Kosten. Durch Unsicherheit und Informationsasymmetrie wird zwischen den beiden
Akteuren Moral Hazard eingeführt. Die Informationsasymmetrie besteht darin, dass der
Prinzipal die Aktion des Agenten nicht beobachten kann.

Die Ideen und die Struktur des Modells können am besten anhand eines Beispiels erläutert
werden.5 Dazu sei der Prinzipal eine Person, die eine Rede halten muss und der Agent sei
der Ghostwriter. Diesem stehen beim Schreiben dieser Rede zwei Möglichkeiten offen, sich
entweder fest oder leicht anzustrengen. Der gewählte Einsatz beeinflusst die Qualität der
Rede teilweise. So wird eine gute Rede umso wahrscheinlicher sein, je fester er sich
angestrengt hat. Die Rede ist jedoch nicht mit Sicherheit gut, auch wenn er sich fest
anstrengt, da noch andere Faktoren die Qualität der Rede mitbestimmen. Die Qualität der
Rede respektive das Ergebnis ist folglich nur ein unvollständiges Signal über den
geleisteten Einsatz des Ghostwriters.

Der Redner kann feststellen, ob die Rede gut oder schlecht ist. Es ist ihm aber nicht
möglich, den Einsatz des Ghostwriters zu beobachten. Aufgrund der Unsicherheit kann er
auch nicht von der Qualität der Rede, die er beobachten kann, auf den Einsatz schliessen.
Weil die Tätigkeit des Ghostwriters für den Redner verborgen ist (hidden action), kann der
Ghostwriter sein Eigeninteresse verfolgen, ohne Konsequenzen seitens des Redners
fürchten zu müssen. Das Schreiben bedeutet Kosten für den Ghostwriter und so ist es in
seinem Interesse, sich nicht fest anzustrengen. Der rationale Ghostwriter wird sich
tatsächlich auch so verhalten, da ja bekannlicherweise der Redner nicht in der Lage ist,
ihm dieser geringere Einsatz nachzuweisen. Ein Konflikt über einen hohen Einsatz entsteht
somit, falls der Redner möchte, dass er sich fest anstrengt, weil dadurch ein lauter
Applaus am Schluss seiner Rede wahrscheinlicher ist.

Dieser Konflikt ist zum Nachteil des Redners, falls dieser bei der Entlöhnung des
Ghostwriters dessen Eigeninteresse vernachlässigt. So wird der Redner immer enttäuscht
werden, falls er dem Ghostwriter einen hohen Lohn zahlt, weil er diesem vertraut, dass er
sich fest anstrengen wird. Der Ghostwriter wird sich aufgrund der Informationsasymmetrie

5
 Eine Übersicht über das Moral Hazard Modell bietet Kreps (1990), Salanié (1999), Schmidt (1995) und
Prescott (1999). Für die Grundlagenliteratur siehe Holmström (1979), Ross (1973) und Shavell (1979).
8

und seiner Rationalität nicht fest anstrengen. Somit führt diese Entlöhnung basierend auf
Vertrauen für den Redner immer zu hohen Kosten und einem tiefen erwarteten Nutzen.

Im Wissen um diese negativen Folgen wird der Redner, der sich ebenfalls rational verhält,
der Entschädigung besonderes Augenmerk verleihen. Dabei muss er das Eigeninteresse des
Ghostwriters berücksichtigen. Er muss die Entschädigung in einer Art und Weise wählen,
dass der Ghostwriter von sich aus einen hohen Einsatz wählt. Die Idee dahinter ist, dass
sich der Ghostwriter im Eigeninteresse fest anstrengt, falls dies mit seinen Anreizen
übereinstimmt und ein Vertrag basierend auf dieser Philosophie wird Anreizvertrag
genannt. Um einen solchen Vertrag schreiben zu können, muss der Redner die
Nutzenfunktion des Ghostwriters kennen. Diese Information ist bekannt, da im Moral
Hazard Modell die Informationen vollständig sind und nur die Information über den
Einsatz des Agenten asymmetrisch verteilt ist. So kann der Redner unter Berücksichtigung
der Nutzenfunktion das optimale Kompensationsschema berechnen, das den Ghostwriter
veranlasst, einen hohen Einsatz zu tätigen. Dieses Schema basiert auf bedingten
Entschädigungen, das heisst die Entschädigungen werden nur ausbezahlt, wenn ein
bestimmter Zustand eintritt. In diesem Zusammenhang wäre vorstellbar, die optimalen
Entschädigungen direkt an die Einsatzhöhe des Ghostwriters zu knüpfen. Weil dieser
Einsatz jedoch nicht beobachtbar ist, wäre ein solcher Vertrag bei Streitigkeiten nicht vor
Gericht durchsetzbar. Deshalb werden die optimalen Entlöhnungen abhängig von der
Qualität der Rede gemacht. Dieses Ergebnis aus dem Einsatz des Agenten ist beobachtbar
und ein Vertrag auf dieser Grundlage folglich vor Gericht durchsetzbar.

Die Form und die konkrete Höhe dieser an die Ergebnisse geknüpften Entschädigungen
folgen aus der mathematischen Lösung des Moral Hazard Modells. Dieses Modell selbst ist
eine Nutzenmaximierung des Prinzipals unter der Berücksichtigung, dass der Agent
einerseits jene Aktion wählt, die seinen Nutzen maximiert und anderseits nur mitmacht,
wenn er dadurch gleich oder besser gestellt wird als in seiner nächst besten Alternative.
                                                               6
Dieses Modell wird mittels einem zweistufigen Verfahren gelöst. Im ersten Schritt
berechnet der Prinzipal für jede mögliche Aktion das optimale Kompensationsschema. Im

6
    Dieses Verfahren wurde von Grossman und Hart (1983) entwickelt.
9

zweiten Schritt kalkuliert der Prinzipal, welche Aktion seinen erwarteten Nutzen
maximiert.

In unserem Beispiel berechnet der Redner das optimale Kompensationsschema, das den
Ghostwriter zu einen hohen Einsatz veranlasst. Dies entspricht dem ersten Schritt. Der
Redner minimiert dabei seine Kosten unter folgenden Restriktionen: Einerseits muss der
erwartete Nutzen des Ghostwriters grösser sein aus einem hohen Einsatz als aus einem
tiefen Einsatz.7 Anderseits muss dessen erwartete Nutzen aus einem hohen Einsatz grösser
sein als der Nutzen aus seiner nächst besten Alternative.8 Das optimale Schema, das aus
diesem Optimierungsproblem resultiert und den Ghostwriter veranlasst, sich aus
Eigeninteresse fest anzustrengen, erfordert salopp gesprochen, dass "die Entschädigung
bedingt auf eine gute Rede" grösser ist als "die Entschädigung bedingt auf eine schlechte
Rede".

Ein gelöstes Moral Hazard Modell präsentiert sich im zeitlichen Ablauf folgendermassen:
Der Prinzipal bietet dem Agenten einen Vertrag an, indem er sein optimales
Kompensationsschema offenbart. Dieses Schema umfasst für jedes mögliche Ereignis die
optimale Entschädigung. Diese wird den Agenten veranlassen, im Eigeninteresse die
Aktion zu wählen, die der Prinzipal wünscht. Anschliessend entscheidet der Agent, ob er
diesen Vertrag akzeptieren soll. Nimmt er ihn an, wird er nach Vertragsabschluss seine
Aktion wählen. Aus dieser Aktion resultiert ein Ergebnis und der Agent wird entlöhnt.

Zusammenfassend sind die wesentlichen Variablen im Moral Hazard Modell die Aktion, das
Ergebnis aus dieser Aktion sowie die Entschädigung. Dabei entscheidet der Agent über die
Höhe seines Einsatzes und der Prinzipal legt die Entschädigung fest. In nächsten
Abschnitt wird dieses Modell auf Kreditbeziehungen angewendet.

7
 Diese Restriktion wird Anreizbedingung genannt.
8
 Diese Restriktion wird Teilnahmebedingung genannt. Der Nutzen aus der nächst besten Alternative wird als
Reservationsnutzen bezeichnet.
10

3.)       Die Modellierung von Moral Hazard im Zusammenhang mit dem IWF

3.1) Das Modell
Die Modellierung von Moral Hazard im Zusammenhang mit dem IWF basiert auf einem
Kreditvergabeprozess.9 Dieser umfasst drei Akteure, die an zwei aufeinander folgenden
Kreditbeziehungen beteiligt sind. Die Akteure sind eine international tätige Bank, die
Regierung eines Landes sowie der IWF. Die erste Kreditbeziehung findet zwischen der Bank
und der Regierung statt, die zweite zwischen dem IWF und dieser Regierung. Konkret leiht
die Bank der Regierung eines anderen Landes Geld aus (Bank-Regierung Beziehung). Am
Ende dieser Kreditperiode wird unterschieden, ob die Regierung den Kredit zurückzahlt
oder nicht. Falls die Regierung ihren Verpflichtungen nicht nachkommt, wird unterstellt,
dass sich das Land in einer Finanzkrise befindet. Der IWF leiht nun eventuell dieser
zahlungsunfähigen Regierung Geld aus (IWF-Regierung Beziehung). In jeder dieser
Kreditbeziehung wird angenommen, dass der Kreditgeber nicht in der Lage ist, die mit
seinem Geld finanzierte Politik der Regierung umfassend zu beurteilen. Mit anderen
Worten, die Kreditbeziehungen sind durch asymmetrische Informationen geprägt und zwar
bleibt die Politik der Regierung für den Kreditgeber verborgen. Diese Annahme erscheint
auf den ersten Blick stark vereinfacht. Sie ist jedoch insbesondere aufgrund der grossen
Distanz von Kreditgeber und Kreditnehmer bei internationalen Transaktionen sehr
zutreffend.

Aufgrund        der    Annahme      von     asymmetrischer   Information   werden   die   beiden
Kreditbeziehungen je mit einem Moral Hazard Modell abgebildet. Konkret wird der
Kreditvergabeprozess als ein Spiel bestehend aus zwei sequenziellen Moral Hazard
Modellen modelliert. Diese aufeinander folgenden Moral Hazard Modelle sind miteinander
verknüpft. Dies bildet den Umstand ab, dass die beiden Kreditbeziehungen aufgrund des
IWF-Hilfspakets miteinander in Beziehung stehen. Wie in der Einleitung beschrieben,
beeinflusst das Hilfspaket das Verhalten des jeweiligen Empfängers. Die drei unterstellten
Szenarien von Empfängern werden bei der Art der Verknüpfung der beiden Moral Hazard
Modelle berücksichtigt. Das Spiel wird anschliessend rückwärts gelöst. Somit beeinflusst
die Kreditbeziehung zwischen dem IWF und der Regierung die zeitlich vorher

9
    Siehe Döbeli (2001) sowie Döbeli und Vanini (2002).
11

stattgefundene Kreditvergabe der Bank an diese Regierung. Das Moral Hazard Modell
dieser Bank-Regierung Beziehung weicht vom standard Moral Hazard Modell angewendet
auf eine Kreditbeziehung ab, indem der Einfluss der darauf folgenden Kreditbeziehung
berücksichtigt wird. Das Modell des Kreditvergabeprozesses kann als sequenzielles 3-
Spieler Moral Hazard Modell bezeichnet werden.

Die   Variablen   des   standard     Moral   Hazard   Modells   präsentieren   sich   in   den
Kreditbeziehungen folgendermassen: Die Aktion ist die Politik, welche die Regierung
wählt. Diese kann entweder eine gute oder eine schlechte Politik machen. Das Ergebnis
aus dieser verfolgten Politik ist, ob der Kredit zurückbezahlt wird oder nicht. Falls er nicht
zurückbezahlt wird, wird unterstellt, das Land befinde sich in einer Finanzkrise. Im
Gegensatz dazu befindet sich das Land in keiner Finanzkrise, falls ihre Regierung den
Kredit zurückzahlt. Weiter entspricht die Entschädigung der Kredithöhe, die der
Kreditgeber der Regierung spricht.

Dieses Modell des Kreditvergabeprozesses kann Aussagen darüber machen, ob das
Hilfspaket des IWF ein übermässiges Kreditvolumen verursacht. Als Referenzpunkt wird der
Kreditvergabeprozess ohne einen IWF-Kredit angeschaut. In diesem Fall existiert lediglich
die Kreditbeziehung zwischen der Bank und der Regierung. Diese Beziehung entspricht
dem standard 2-Spieler Moral Hazard Modell angewendet auf eine Kreditbeziehung. Unser
Augenmerk wird dabei zuerst auf dem Konflikt, der in dieser Beziehung auftaucht, und
dann auf dem optimalen Kreditschema zur Lösung dieses Konflikts, gerichtet sein.
Anschliessend wird der Kreditvergabeprozess mit einem IWF-Kredit betrachtet. Dabei wird
die Kreditbeziehung zwischen der Bank und der Regierung unter dem Einfluss der
Kreditbeziehung zwischen dem IWF und der Regierung analysiert. Letztere Kreditbeziehung
beeinflusst - je nach dem unterstellten Hilfspaketempfänger - diejenige zwischen der Bank
und der Regierung unterschiedlich. Zuerst wird "Debitoren-seitiges Moral Hazard"
unterstellt, mit anderen Worten wir nehmen an, das Hilfspaket verändere das Verhalten der
Regierung in der Kreditbeziehung mit der Bank. Die Auswirkung dieser Verhaltensänderung
auf den standard Interessenkonflikt zwischen der Bank und der Regierung wird analysiert.
Dann wird das optimale Kreditschema bestimmt, welches diesen neuen Konflikt löst.
Dieses Verfahren wird auch bei den beiden anderen Szenarien von Empfängern
12

angewendet. Die optimalen Schemen all dieser Anreizverträge werden am Schluss
miteinander verglichen, um Aussagen darüber machen zu können, ob das Hilfspaket das
internationale Kreditvolumen verzerre.

3.2) Resultate aus dem Modell

In der Kreditbeziehung zwischen der Bank und der Regierung ermöglichen asymmetrische
Informationen der Regierung, ihr Eigeninteresse zu verfolgen. Dies führt zu einem Konflikt
zwischen diesen beiden Akteuren über eine gute Politik. Die Bank möchte, dass die
Regierung eine gute Politik macht, diese verfolgt jedoch aus Kostengründen eine
schlechte Politik. Dieser Konflikt ist standard, entspricht er doch demjenigen in der
Auftragsbeziehung zwischen einem Prinzipal und einem Agenten, der mit dem Moral
Hazard Modell angegangen wird. Im Wissen nun um diesen Konflikt bietet die Bank der
Regierung ein Kreditschema an, bei dem "der Kredit bedingt auf keine Finanzkrise" grösser
ist als "der Kredit bedingt auf eine Finanzkrise". Im Eigeninteresse wird dann die
Regierung eine gute Politik verfolgen.

"Debitoren-seitiges Moral Hazard" verstärkt diesen standard Konflikt über eine gute
Politik. Die Regierung macht nicht nur eine schlechte Politik aus Kostengründen sondern
zusätzlich aufgrund des IWF-Hilfspakets. Aufgrund dieses verstärkten Konflikts muss die
Differenz zwischen den beiden bedingten Krediten grösser sein als beim standard Konflikt,
damit sich die Regierung im Interesse der Bank verhält.10 Dieses Kreditschema, mit dem
die Bank bereit ist mit der Regierung ein Geschäft zu tätigen, wird anschliessend der
Regierung unterbreitet und diese prüft, ob sie unter diesen Konditionen mitmachen
möchte. Aus Sicht der Regierung ist der erwartete Nutzen aus den beiden bedingten
Krediten entscheidend für den Geschäftsabschluss. Konkret vergleicht die Regierung
diesen mit demjenigen aus der nächst besten Alternative, der in der Fachliteratur
Reservationsnutzen genannt wird. Damit nun die Regierung das Kreditschema der Bank
akzeptiert, muss ihr         erwarteter     Nutzen     daraus mindestens         so    groß    wie    der

10
  Von diesen beiden bedingten Krediten, bei denen der eine an den Zustand einer Finanzkrise und der
andere an den Zustand keiner Finanzkrise geknüpft ist, wird nur der erste durch das IWF-Hilfspaket
13

Reservationsnutzen sein. Das Kreditschema zur Lösung des standard Konflikts besitzt die
Eigenschaft, dass der erwartete Nutzen der Regierung aus diesem Schema gerade dem
Reservationsnutzen entspricht. Mit anderen Worten, die Bank gibt der Regierung nicht
mehr aber auch nicht weniger Kredit, sondern exakt soviel, damit die Regierung mit ihr
das Geschäft abschliesst. Im Vergleich zum Kreditschema, das den standard Konflikt
eindämmt, resultiert aus dem Schema, welches den verstärkten Kredit löst, einen kleineren
erwarteten Nutzen für die Regierung. Folglich ist beim verstärkten Konflikt der erwartete
Nutzen aus dem Kreditschema kleiner als der Reservationsnutzen der Regierung. Somit ist
der Kreditvertrag, den die Bank unter einem verstärkten Konflikt einzugehen bereit ist, auf
der anderen Seite für die Regierung zu unattraktiv. Im Falle von "Debititoren-seitigem
Moral Hazard" kommt dadurch der Kreditvertrag nicht zu Stande.

Bei "Debitoren und Kreditoren-seitigem Moral Hazard" verändert sich nicht nur das
Verhalten der Regierung sondern auch dasjenige der Bank. Letztere Verhaltensänderung
wirkt sich auf die Grösse der Kreditbeträge aus. Konkret werden sich die beiden bedingten
Kredite des Kreditschemas erhöhen. Die Verhaltensänderung der Regierung bewirkt
wiederum den verstärkten Konflikt in der Kreditbeziehung zwischen der Bank und der
Regierung. Zusätzlich kommt aber nun eine grössere Kreditsprechung durch die Bank dazu,
mit anderen Worten, der Anreizvertrag zur Lösung des verstärkten Konflikts ist verzerrt.
Diese Verzerrung bewirkt, dass die Kreditkonditionen trotz des verstärkten Konfliktes
genügend attraktiv für die Regierung sind und ein Kreditvertrag verwirklicht wird.

"Kreditoren-seitiges Moral Hazard" beeinflusst lediglich das Verhalten der Bank. Die
Kreditbeziehung zwischen der Bank und der Regierung ist somit durch den standard
Konflikt gekennzeichnet. Die Verhaltensänderung der Bank aufgrund des IWF-Hilfspakets
bewirkt jedoch, dass der Anreizvertrag zur Lösung dieses standard Konflikts verzerrt ist.
Ein Vergleich zwischen diesen Anreizverträgen ermöglicht Aussagen sowohl über die Rolle,
welche die einzelnen Hilfspaketempfänger bei der Verzerrung des internationalen
Kreditmarkts spielen, als auch über das Ausmass dieser Verzerrungen. So muss die Bank
Empfängerin des Hilfspakets sein, damit das Kreditvolumen zwischen ihr und der
Regierung verzerrt wird. Die Bank kann diese Finanzhilfe vollständig erhalten, es reicht

beeinflusst. Die Höhe dieses Kredits muss deshalb reduziert werden, damit sich der Abstand zum anderen
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aber auch, wenn sie einen Teil davon bekommt und der andere Teil an die Regierung
fliesst. Falls die Bank alleinige Empfängerin ist, ist die Verzerrung des Kreditvolumens
grösser als wenn das Geld mit der Regierung geteilt wird. Die Aussage über die Wichtigkeit
der Bank bei der Verzerrung basiert darauf, dass lediglich bei "Kreditoren-seitigem Moral
Hazard" und "Debitoren und Kreditoren-seitigem Moral Hazard" ein Anreizvertrag zu
Stande kommt. Für die Aussagen über die Höhe der Verzerrungen werden diese beiden
Anreizverträge miteinander verglichen. Als Mass für das Kreditvolumen zwischen der Bank
und der Regierung wird der Erwartungswert aus den beiden bedingten Krediten gebildet.

4.)      Schlussbemerkungen
Die Modellaussagen zeigen, dass zwischen den unterschiedlichen Hilfspaketempfängern
differenziert werden muss bei der Frage, ob diese Pakete das internationale Kreditvolumen
verzerre. Als Empfänger kommen dabei Banken, Regierungen oder beide zusammen in
Betracht. Fliesst die Finanzhilfe vollständig an die Regierung, kommt der Kreditvertrag
zwischen ihr und der Bank nicht zu Stande. Damit Kreditverträge trotz des Hilfspakets
existieren, muss die Bank ihr Verhalten ändern. Diese rationale Verhaltensänderung der
Bank weisst darauf hin, dass eine Fokussierung auf die Verhaltensänderung der Regierung
alleine zu kurz greift. So bewirkt das Hilfspaket nicht nur, dass die Regierung eine
schlechte anstelle einer guten Politik macht. Auch die Kreditoren nutzen die Existenz des
IWF, indem sie mehr Kredit gewähren als im Fall, wo es kein Hilfspaket des IWF gibt.
Letztere Verhaltensänderung ist notwendig, dass das internationale Kreditvolumen verzerrt
wird. Die gegenwärtige Diskussion, wie private Kreditgeber bei der Umstrukturierung von
Länderschulden mit einbezogen werden können, ist in diesem Sinn ökonomisch
gerechtfertigt.

Diese Aussagen basieren auf einem sequenziellen 3-Spieler Moral Hazard Modell. Damit
wurde erstmals ein gekoppeltes Moral Hazard Problem modelliert und gelöst, welchem zwei
aufeinander folgende Kreditbeziehungen zu Grunde liegen. Dieses Modell hebt zudem die
unterschiedlichen Arten von Moral Hazard im Kreditvergabeprozess zwischen einem
Kreditgeber, einem Kreditnehmer und dem IWF hervor. So tritt Moral Hazard in den

Kredit vergrössert.
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Kreditbeziehungen auf. Zudem gibt es in Abhängigkeit des Hilfspaketempfängers weitere
Formen von Moral Hazard im Zusammenhang mit dem IWF. Diese Unterschiede in Moral
Hazard werden in der vorherrschenden Kritik gegenüber den IWF-Hilfsmassnahmen
vernachlässigt und somit ist diese Kritik als unvollständig zu betrachten.

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