MUSIK FEST BERLIN 15.9. 2019 - Berliner ...
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Berliner Festspiele # musikfestberlin MUSIK FEST In Zusammen BERLIN arbeit mit der Stiftung Berliner Philharmoniker 15.9. 2019 Gastspiel: Paris Les Siècles François-Xavier Roth
Berliner Festspiele Farewell-Konzert 16.9. Mo 20:00 Philharmonie Farewell-Tournee von Zubin Mehta „Zubin Mehta und das Israel Philharmonic Orchestra: mit dem Israel Philharmonic Orchestra Ödön Pártos Concertino für Streichorchester Gemeinsam haben sie Felix Mendelssohn Bartholdy Violinkonzert e-Moll op. 64 israelische Musikgeschichte Hector Berlioz geschrieben.“ Symphonie fantastique op. 14 Daniel Barenboim Gil Shaham Violine Israel Philharmonic Orchestra Zubin Mehta Leitung
Bildnachweise S. 8 A ntoine Watteau, Einschiffung nach Kythera, 1718, Schloss Charlottenburg Berlin, Foto: Wikimedia Commons S. 13 S challplatte mit einer Aufnahme von Jean-Philippe Rameaus Les Indes Galantes, Foto: Bibliothèque National de France S. 14 J ean-Philippe Rameau, 1728, Gemälde von Joseph Aved, Musée des Beaux Art Dijon, Foto: Wikimedia Commons S. 15 H elmut Lachenmann © Emilio Pomàrico S. 16 P ierre Petit, Hector Berlioz © Bibliothèque National de France, Foto: Wikimedia Commons S. 17 T abea Zimmermann © Marco Borggreve S. 18 L es Siècles © Pressefoto S. 19 F rançois-Xavier Roth © Holger Talinski
MUSIKFEST BERLIN 2019 Sonntag 15. September 20:00 Uhr Konzertprogramm S. 5 Orchesterbesetzungen S. 6 Martin Wilkening Feuer aus Eis S. 8 Komponisten S. 14 Interpret*innen S. 17 Musikfest Berlin 2019 im Radio und online S. 25 Musikfest Berlin 2019 Programmübersicht S. 26 Impressum S. 28 3
Bitte schalten Sie Ihr Mobiltelefon vor Beginn des Konzerts aus. Bitte beachten Sie, dass Bild- und Tonaufnahmen aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet sind. Das Konzert wird von rbbKultur am 6. Oktober 2019 ab 20:04 Uhr übertragen. rbbKultur ist in Berlin über 92,4 MHz, Kabel 95,35, digital und über Livestream auf www.rbbKultur.de zu empfangen. 4
PROGRAMM Gastspiel : Paris Les Siècles Jean-Philippe Rameau (1683 – 1764) Eine Auswahl von Stücken aus der Orchestersuite aus Les Indes Galantes (1735) auf historischen Instrumenten aus dem Jahr 1750 Stimmung der Instrumente: 415 Hz – Entrée de la suite d‘Hébée ( Entrée. Das Gefolge der Hebe ) – P remier rigaudon pour les Matelots provençaux et Matelotes provençales ( Erstes Rigaudon. Die provenzalischen Seefahrer ) – D euxième rigaudon pour les Matelots provençaux et Matelotes provençales ( Zweites Rigaudon. Die provenzalischen Seefahrer ) – P remier tambourin pour les Matelots provençaux et Matelotes provençales ( Erstes Tambourin. Die provenzalischen Seefahrer ) – D euxième tambourin pour les Matelots provençaux et Matelotes provençales ( Zweites Tambourin. Die provenzalischen Seefahrer ) – D anse du grand calumet de la paix en rondeau pour les Sauvages ( Friedenstanz [Rondeau] ) – C haconne pour tous les Guerriers français, les Françaises en habits d‘amazones, les Sauvages, les Bergers et Bergères de la colonie ( Chaconne. Die französischen Krieger, Amazonen, Wilden und Hirten der Kolonie ) Helmut Lachenmann (*1935 ) Mouvement (– vor der Erstarrung) für Ensemble (1982 – 1984) auf modernen Instrumenten aus dem Jahr 1980 So, 15.9. Stimmung der Instrumente: 442 Hz 20:00 Pause Philharmonie Hector Berlioz (1803 – 1869) Harold en Italie op. 16 Symphonie in vier Teilen mit konzertanter Viola (1834) Einführung 19:10 nach Lord Byrons Childe Harold’s Pilgrimage mit Martin Wilkening auf historischen Instrumenten aus dem Jahr 1850 Stimmung der Instrumente: 438 Hz Südfoyer der Philharmonie 1. Harold aux montagnes. Scènes de mélancholie, de bonheur et de joie (Harold in den Bergen. Szenen der Melancholie, des Glücks und der Freude) 2. Marche de pèlerins chantant la prière du soir (Marsch der Pilger, die das Abendgebet singen) 3. Sérénade d’un montagnard des Abruzzes à sa maîtresse (Abendliches Ständchen eines Abruzzen-Gebirglers an seine Geliebte) 4. Orgie de brigands. Souvenirs des scènes précédentes (Gelage der Räuber. Erinnerungen an vergangene Szenen) Tabea Zimmermann Viola Les Siècles François-Xavier Roth Leitung Eine Veranstaltung der Berliner Festspiele / Das Orchester Les Siècles gastiert erstmals beim Musikfest Berlin Musikfest Berlin und in der Berliner Philharmonie. 5
ORCHESTERBESETZUNGEN Jean-Philippe Rameau Orchestersuite aus Les Indes Galantes 3 Flöten (auch Piccolo) 2 Oboen 2 Klarinetten 4 Hörner 2 Sackpfeifen Musettes Schlagzeug Cembalo Theorbe Violinen I, Violinen II, Violen, Violoncelli, Kontrabässe Entstehung: 1735 Uraufführung: Am 23. August 1735 in der Académie royale de musique in Paris Helmut Lachenmann (*1935 ) Mouvement (– vor der Erstarrung) für Ensemble 1 große Flöte (auch Piccolo) 1 Altflöte (auch Piccolo) 2 Klarinetten in B (2. auch Bassklarinette in B) Bassklarinette in B 2 Trompeten in C Schlagzeug (2 Spieler*innen) Schlagzeug I : Xylorimba oder Marimbaphon ergänzt durch Xylophon, Cymbales antiques, 4 Woodblocks, 5 Templeblocks, 2 Tomtoms, 1 hoher Metallblock, „Holzkante“ Schlagzeug II : 4 Pedalpauken, 2 Bongos, Cymbales antiques wie Schlagzeug I, 4 Woodblocks, 5 Templeblocks, 1 mittlerer Metallblock, „Holzkante“ wie I Schlagzeug III: wie Schlagzeug I, aber 2 Kleine Trommeln (statt Tomtoms) und 1 tiefer (statt hohem) Metallblock 3 Klingelspiele, von ad hoc-Spielern auszuführen (ossia 1 Klingelspiel) 2 Violen, 2 Violoncelli, 1 Kontrabass (fünfsaitig) Entstehungszeit: 1983/84 im Auftrag des Ensemble intercontemporain, Peter Eötvös gewidmet. Uraufführung: Am 12. November 1984 in Paris durch das Ensemble intercontemporain unter der Leitung von Peter Eötvös. 6
ORCHESTERBESETZUNGEN Hector Berlioz Harold en Italie Solobratsche 2 Flöten 2 Oboen 2 Klarinetten 4 Fagotten 4 Hörner 4 Trompeten 3 Posaunen Ophikleide Pauken Triangel, Becken, 2 Kleine Trommeln Harfe Violinen I, Violinen II, Violen, Violoncelli, Kontrabässe Entstehungszeit: 1835 Uraufführung: Am 23. November 1834 in der Salle du Conservatoire in Paris mit Christian Urhan als Solist unter der Leitung von Narcisse Girad 7
ESSAY Feuer aus Eis 8
ESSAY starrung). Und Hector Berlioz’ Harold en Italie konfrontiert den in seiner Vereinsamung innerlich erstarrten Byron’schen Helden mit der bewegten Welt um ihn herum. Da ist natürlich vor allem der entfesselte, an den Gesetzen der Metrik rüttelnde Schwung des letzten Satzes, der die unbürgerliche, gegenkulturelle Sphäre der Briganten, der Räuber idealisiert, an deren Orgie Harold teilnimmt. Auf der anderen Seite steht das Bild eines Pilgerzugs, der als gemeinschaftliche Bewegung, als Prozess der Annäherung und Entfernung des frommen Gesangs, die Form des zweiten Satzes bestimmt. Diese Szene geht auf ein nie vergessenes Erinnerungsbild aus Berlioz’ Jugend zurück. Im ungewöhnlichsten Kapitel seiner Memoiren, das den Titel Über den Spleen trägt, heftet Berlioz das Bild des Pilgerzugs an die Beschreibung seiner Anfälle von innerer Abwesenheit und Verein samung während seines Aufenthalts in Italien. Er vergleicht seine Erfahrung eines den ganzen Körper ergreifenden Zustands der Erstarrung, der inneren Vereisung mit einem physikalischen Experiment, bei dem Wasser im Vakuum einer B Glasglocke mit Hilfe von Schwefelsäure gleich ewegung gehört zum Wesen der Musik, zeitig verdunstet und gefriert. Für Berlioz spiegelt ihrer Kunst des In-Beziehung-Setzens, die dieser Vorgang seine eigene Empfindung: „ein der Aufklärungsphilosoph Denis Diderot Glühen von Kopf bis Fuß … das Aufwallen, das als Grundlage des Schönen bestimmte. In dem Verdunsten des Herzens, der Sinne, des Gehirns, französischen Wort „Mouvement“ ist neben jener des Nervenfluidums“. Dann folgt der „Spleen“, der allgemeinen Grundbedeutung auch ein spezifisch tiefe Lebensüberdruss: „Er ist das Gefrieren all musikalischer Gebrauch enthalten, es bezeichnet dessen, er ist der Eisblock.“ In einem Text von sowohl den „Satz“ eines Werkes als auch die Wolfgang Rihm über Lachenmanns Mouvement Geschwindigkeit des metrischen Pulses, das (– vor der Erstarrung) taucht überraschender „Tempo“. Bewegung ist in Jean-Philippe Rameaus Weise die Berlioz’sche Doppelmetapher, hier Werk aber noch auf andere Weise mit der Musik gewendet auf Lachenmanns Musik wieder auf. verbunden, durch den Tanz. Les Indes Galantes Rihm vernahm „in diesem Mouvement eine gehört zur typisch französischen Gattung des Bewegung …, die ich so zu umschreiben versuche: Opern-Balletts, der Titel deutet auf einen Bilder Feuer im Eis, oder besser: Feuer aus Eis.“ bogen der Liebessitten in den „Beiden Indien“, nach damaligem Sprachgebrauch die kolonialisierten Begegnung mit dem Fremden Länder des asiatischen wie des amerikanischen und Selbstinszenierung Kontinents. Gerade als Feier von Bewegung ist Musik aber Jean-Philippe Rameaus Opéra ballet Les Indes auch anfällig für Ideologisierung, für Ablenkungs- Galantes ist ein Aufruf zur Liebe in Zeiten des und Täuschungsmanöver, für leere Motorik. Sie Krieges. Für den galant-anzüglichen Streifzug kann zur Scheinbewegung und Pseudoaktivität durch die Welt der Liebessitten gab es ein direktes, werden, wo eigentlich innere Stagnation herrscht. auf Europa bezogenes Vorbild. L’Europe Galante, Das ist der thematische Hintergrund, den Helmut derselben typisch französischen Gattung Lachenmann mit dem zweiteiligen Titel seiner angehörig, stammt aus dem Jahr 1697. 1735 dann, Komposition benennt und durch sprechende in einer Zeit, in der die neuen Welten Asiens und Interpunktion betont: Mouvement ( – vor der Er- Amerikas zunehmend kolonialistisch vereinnahmt 9
ESSAY wurden, führte die Pariser Académie royale de geschichten aus den Sphären Persiens, der Türkei Musique Rameaus Stück zum ersten Mal auf. Es (die für den Orient generell steht), der Inkas und ist das zweite Bühnenwerk von Rameau, der der Indianer Nordamerikas. Darin wird aufkläre- sich erst spät, in seiner zweiten Lebenshälfte, dem risch ebenso die Brutalität der spanischen Erobe- Theater zugewandt hatte. rer angeklagt, wie das Vorurteil eines despotischen Das Publikum seiner Zeit war vertraut mit dem Orients aufgelöst, und es gibt eine Untersuchung Motiv der „Galanten Feste“, die zur Realität des des Mythos vom „Edlen Wilden“, in der die euro höfischen Lebens gehörten und in der Malerei, bei päischen Bewerber um die Liebesgunst einer Watteau, ihre ästhetische Überhöhung fanden. Indianerin dem indianischen Rivalen unterliegen. Seine Bilder variierten mehrfach den Moment Spektakuläre Naturszenen, wie ein Meeres- des Aufbruchs einer festlichen Gesellschaft nach turm oder ein Vulkanausbruch, die in Rameaus Kythera, der Insel der Venus. Spiegelungen Werk durch die Eigenwilligkeit der eingesetzten zwischen Kunst und Leben waren so populär, dass Mittel ebenso Aufsehen wie Widerspruch erregten, etwa das bald nach Rameaus Stück zum ersten kommen in einer rein instrumentalen Suiten- Mal von Europäern betretene und mit Staunen zusammenstellung nicht vor, da sie in größere wegen seiner vermeintlichen Freizügigkeit Szenen eingebettet sind, die auch Vokalpartien beschriebene Tahiti zunächst den Namen Neu- enthalten. Ungewöhnliche harmonische Wendun- Kythera erhielt. Mythologie und Utopie fanden gen oder kontrapunktische Feinheiten finden sich plötzlich einen realen Ort. In diesem Kontext aber sowohl in den schlichtesten Tänzen als auch propagierte Rousseau seine Vorstellung vom in der großen Chaconne, die das Werk beschließt, „Edlen Wilden“, die auf Europa ausstrahlen sollte, wenn die französischen Krieger und die Indianer während andererseits der europäische Kapitalis- inmitten einer pastoralen Szenerie ihren neu mus seinen Wirkungsbereich in die Kolonien gewonnenen Frieden feiern. Auch die Völker ausdehnte. Das Alltagsgespräch über „Les Indes“ Asiens oder Amerikas tanzen hier die Gavotte, war bestimmt von finanzieller Spekulation und Loure, Menuett oder eben die Chaconne. Mit einer Hartherzigkeit. Dass etwa Rameau selbst ernsthaft Ausnahme. Vor der Chaconne steht der Tanz der vorschlug, seinen eigenen Verwandten, den durch großen Friedenspfeife in Form eines Rondos, für Diderots Erzählung als Rameaus Neffen verewig- das Rameau auf sein Klavierstück Les Sauvages ten Sonderling, der durch freches Verhalten in (Die Wilden) zurückgriff, das er zehn Jahre früher der Öffentlichkeit straffällig geworden war, als komponiert hatte. Dieses wiederum geht auf seine Sträfling in die Kolonien zu deportieren, ist eine Beobachtung eines Tanzes zurück, den zwei nach bezeichnende Fußnote zur Realität, die den Paris gebrachte Indianer aus Louisianna dort idealisierten und erotisierten Exotismus dieser vorgeführt hatten. Rameau imitiert allerdings Zeit umgab. keinen exotischen Musikstil – „wild“ daran ist allenfalls das hartnäckig festgehaltene rhythmi- Les Indes Galantes entspricht in seiner Anlage der sche Muster des Rondothemas. So ist zumindest typischen Form eines Opéra ballets. Vier in sich die Musik des ganzen Werkes bis in solche Spuren abgeschlossene Handlungen werden zusammen- fremdkultureller Erfahrung doch der Ausdruck gestellt. Sie sind nicht durch Raum, Zeit oder einer kulturellen Haltung, die sich selbst als uni- Charaktere verbunden, sondern durch ein gemein- versalistisch verstand. sames Thema, das in einem Prolog genauer umrissen wird. Hier konkurrieren die Göttinnen Expressive Utopien der Liebe und des Krieges um ihr Gefolge unter der Jugend Europas. Dass deren Repräsentanten Was Schönheit in der Musik sei, darüber wurde zur genau aus Frankreich, Polen, Spanien und Italien Zeit Rameaus gerne gestritten. Man versuchte vor kommen, geht auf das aktuelle Kriegsgeschehen allem, sie von der Nähe zu vermuteten Naturgeset- um die polnische Erbfolge zurück, in das Frank- zen und von der Wirkung her zu bestimmen, von reich und das Haus Habsburg verwickelt waren. der Fähigkeit, Vergnügen zu bereiten. Für Rameau Amoretten werden in die Welten der „Beiden lag dieses Potential vor allem in der Harmonik. Indien“ gesandt, um zu erkunden, wie es dort um Doch Rousseau und die meisten seiner Zeitgenos- die Liebe steht. Und so entfalten sich vier Liebes- sen verspotteten dies als gelehrte Spekulationen 10
ESSAY über die „Physik der Töne“. Gerade in der Musik ersten Phase ertönen inmitten einer sehr zurück- scheint die Diskussion über Schönheit bis heute genommenen, aus minimalistischen Nuancen eine viel entscheidendere Bedeutung zu haben als entwickelten, fremdartig sich artikulierenden in den anderen Künsten. Das hängt ebenso mit Klangwelt Zeichen des Alarms – angedeutet in den ihrem hohen Abstraktionsgrad zusammen, mit leisen, lang gehaltenen Flatterzungen-Tönen der unserer Verarbeitung von Höreindrücken, wie auch Trompete („starr“ lautet die Spielanweisung in der mit der extremen Funktionalisierung von Musik Partitur) und fortgesetzt durch zwei elektrisch durch die Gesellschaft. Musik scheint besonders betriebene Klingelspiele. Daraus entwickelt sich dazu geeignet, abzulenken und innere wie äußere eine erste, durch schnelle Repetitionen und Widersprüche zuzudecken. Hier setzt der Schön- Figurationen angetriebene Steigerung. Nach zwei heitsbegriff an, den Helmut Lachenmann vertritt. Generalpausen zerfällt diese Bewegung wieder, Kunst, Musik muss sich, um überhaupt wieder eine das Klangbild dünnt sich aus, die Musik tastet sich nicht verdinglichte Erfahrung von Schönheit zu wie im Dunkeln voran. Lachenmann zitiert in ermöglichen, dem „Sog der Anpassung“ entziehen, dieser stagnierenden zweiten Phase das schon von sich ihrer selbst bewusst werden. „Schönheit“, Schönberg in programmatischer Absicht aufge- schreibt Lachenmann 1984, zur Zeit der Entste- nommene Lied Ach, du lieber Augustin. Alles ist hung von Mouvement (– vor der Erstarrung), „das weg, und diese Erfahrung von Verlust wird selbst ist die Erfahrung der Selbstbetäubung oder des zur Gestalt. Für den Hörer ist das Zitat nicht Erwachens. Schönheit, das ist Ruhekissen oder hörbar, vom Lied bleibt nur der Rhythmus, wie in Nadelkissen … Der Weg zum Glückserlebnis des Zeitlupe gestreckt, in der Textur verborgen, aber Schönen führt durch das – wie auch immer gleichzeitig den Musiker*innen selbst durch die verdrängte oder akzeptierte – Angsterlebnis des Textworte angezeigt und als durch die Instrumente Schönen, nämlich durch die Frage an den Men- wandernde Hauptstimme markiert. Diese Phase, schen, ob und wieweit er bereit und fähig ist, Aug in der die Musik gleichsam ins Innerste blickt, wird in Aug mit seinem Widerspruch zu leben und im beendet durch einen auffällig raumgreifenden Bewusstsein dieses Widerspruchs wachsam zu Glissando-Tremolo-Aufstieg des Cellos und bleiben gegenüber dem, was er ausrichtet und mündet dann in die dritte Phase. Sie bildet in anrichtet.“ beschleunigter Bewegung ein zweites großes Ein Erwachen aus der Selbstbetäubung, das Steigerungsfeld aus, dessen Heftigkeit schon an ist letztlich die Erfahrung, die Franz Kafka in der entfesselter Raserei streift, bevor die Musik in Erzählung D ie Verwandlung seinen Helden Gregor einer schattenhaften, aber überraschend tonalen Samsa machen und ausführlich analysieren lässt. Kadenz sich verabschiedet. Lachenmann bezieht seine Komposition zwar nicht explizit, aber doch in deutlicher Anspielung Flucht in die halbwilde Natur auf Kafkas Text. Bei ihm ist es kein anekdotischer Held, sondern die gefährdete Phantasie selbst, Schon für den jungen Hector Berlioz, der sich an um deren Erwachen es geht. In seinem kurzen der inneren Zerrissenheit von Lord Byrons Childe Werkkommentar beschreibt Lachenmann die Harold berauschte, war Italien das Sehnsuchts- starken Bewegungsimpulse des Stückes als land, in dem er dereinst seinen Anfällen von „Pseudo-Aktivität“, die „jene innere Erstarrung innerer Abwesenheit, seinem „Spleen“ zu ent anzeigt, die der äußeren vorangeht. (Die Phantasie, kommen hoffte. Als er dann von 1831 bis 1832, als die vor empfundener Bedrohung alle expressiven Preisträger des französischen Rom-Stipendiums, Utopien aufgibt und wie ein Käfer, auf dem Rücken tatsächlich dort lebte, schlug seine frühere zappelnd, erworbene Mechanismen im Leerlauf Sehnsucht schnell in Desillusionierung um. weiter betätigt, deren Anatomie und zugleich Geplagt von erneutem Lebensüberdruss flüchtet deren Vergeblichkeit erkennend und in solchem er aus Rom in die halbwilde Natur, findet musika Erkennen Neuanfänge suchend.)“ lische Freuden fern des kaum existierenden Dieses „Suchen nach Neuanfängen“ scheint Musiklebens allenfalls in den gesungenen sich in drei Phasen zu vollziehen. Sie liegen samt Begrüßungsrufen und Straßengesängen des Einleitung, Überleitungen und Epilog auch der Alltags, die er auch aufzeichnet; er kultiviert sich dreiteiligen Form des Stückes zugrunde. In der ein wenig als Abenteurer, erwirbt sich so einen 11
ESSAY Ruf, der bald bis nach Hause dringt, und den er Der letzte Satz aber zeigt zunächst ein ganz später selbstironisch verteidigt, wenn er schreibt, anderes Verhältnis zwischen Solist und Orchester. „dass eine leichte Aureole von Verbrechen, seit Zwar bleibt auch hier Harold in der Räuberhöhle Byron sie in Mode gebracht, etwas zu Vornehmes ein Fremder. Aber die Gegenüberstellung zweier ist, um sie nicht sorgsam zu hüten“. Welten geschieht nicht mehr zwischen dem Byrons Epos Childe Harold’s Pilgrimage unveränderten Solo-Thema und dem Orchester. lieferte übrigens nicht die direkte Vorlage für Der wilde Schwung der feiernden Räuber wird Berlioz‘ Komposition, obwohl sich diese natürlich immer wieder unterbrochen durch Erinnerungs- auf dessen düsteren Helden bezieht. Das zeigen passagen an die vorausgegangenen Sätze, Selbst- schon ganz deutlich die Titel, die jedem Satz als zitate des Orchesterparts, die auch von Berlioz eine szenische Einführung vorangestellt sind. in der Partitur ausdrücklich als Zitate bezeichnet Szenen, wie die in Berlioz‘ Musik bezeichneten, sind, und jetzt von der Viola und dem Orchester finden sich bei Byron nicht. Berlioz hat also dessen zum ersten Mal gemeinsam gespielt werden. Dichtung in seinem eigenen Medium, der Musik, Wenn sich diese Erinnerungen auflösen in der fortgesetzt. reinen Gegenwart der Räuberorgie, zieht sich die Der Kampf gegen das innere Abwesend-Sein, Bratsche wiederum völlig ins Verstummen zurück. der Hector in Italien ganz real plagte, hinterließ Erst kurz vor Schluss, wenn auf harmonisch auch seine Spuren in Harold en Italie. Dabei gelingt schwankendem Grund die Streicher mit einer Berlioz das Kunststück, eben jener Abwesenheit, herbeizitierten Variante des Pilgerthemas für kurze als Diskrepanz zwischen innerem und äußerem Zeit die laute Feier in die Ferne rücken lassen, Geschehen, auf ganz eigenartige Weise, durch die schaltet sich auch die Solobratsche noch einmal Disposition des Solo-Parts, musikalischen Aus- ein: ein paar Seufzer und, mit plötzlicher Emphase, druck zu verschaffen. Niccolò Paganini, der, wie eine Kadenz in den wilden Schluss hinein, der jedenfalls Berlioz behauptete, das Werk in Auftrag dann den Solopart völlig in sich aufsaugt. Ein, wie gegeben hatte aber nicht spielen wollte, soll er in seinen Memoiren schrieb, „erstaunliches entsetzt gewesen sein über den vor allem durch Orchester“ für dieses schwere Stück fand der Pausen geprägten Solopart (was einen kaum ständig reisende Berlioz 1843 in Braunschweig, weniger großen Virtuosen, August Wilhelm Ernst, und er machte den Musikern, die sich für ihn und aber nicht daran hinderte, zu Berlioz‘ Zeiten immer seine feurige Musik ins Zeug legten wie keine wieder in diese seltsame Solorolle zu schlüpfen). anderen, ein ebenso feuriges Kompliment: In den ersten drei Sätzen dieser „Symphonie mit „Sie sind großartig! Wunderbar! Ich danke Ihnen, Solobratsche“ tritt der Solist oder die Solistin meine Herren! Sie sind vollendete Räuber!“ jeweils zuerst in einer deutlich abgesetzten Gegen- position zum Geschehen im Orchester auf, mit Martin Wilkening dem selben, unveränderten und wie unbeteiligt wirkenden Thema von eher zurückhaltendem Ausdruck: In langen Notenwerten, rhythmisch wenig profiliert, fast gerüsthaft, wirkt es eher wie eine Mittelstimme. Am deutlichsten wird solche Ambivalenz des Geschehens in den beiden Mittelsätzen, wo das Orchester Musik über Musik inszeniert: den vom vierfachen piano bis zum forte und wieder zurück vorbeiziehenden Pilgergesang mit den einfallenden statischen Imitationen von Glocken in Harfe und Horn (2. Satz) und die von Berlioz aufgeschnappte Serenade eines abruzzi- schen Liebhabers, die mit ihren spontan und irregulär wirkenden Taktwiederholungen über die Stränge jeder von einem Rom-Stipendiaten dieser Martin Wilkening, Berlin, geboren 1959 in Hannover, studierte Musik und Literaturwissenschaft in Berlin. Zeit erwarteten Klassizität schlägt (3. Satz). Er schreibt als freier Autor Musikkritiken und Konzert einführungen und arbeitet für das Goethe-Institut. 12
ESSAY 13
BIOGRAFIEN – KOMPONISTEN handelt, in denen er dem Instrument mit virtuosen Spieltechniken ganz neue Wirkungen abgewann und in neue Ausdrucksregionen vorstieß. Schon in dieser Phase fühlte sich Rameau zur Oper hingezogen. Nach einem zusammen mit Voltaire verfolgten, aber letztlich gescheiterten Projekt brachte er 1733 die Tragédie lyrique Hippolyte et Arcie auf die Bühne. Dieses neuartig konzipierte Werk markiert einen Wendepunkt in Rameaus Schaffen, in dem nun Bühnenwerke Jean-Philippe von der Oper bis zum Ballett immer klarer den Mittelpunkt bildeten. In einer am Musiktheater Rameau stark interessierten, debattierfreudigen Öffent N lichkeit lösten Rameaus Werke immer wieder ur ganz wenige Musiker haben sowohl Kontroversen aus und gaben Anlass für lebhafte als Komponisten wie als Theoretiker eine Diskussionen und Auseinandersetzungen über vergleichbare Bedeutung wie Jean- ästhetische Fragen. Sein zweites Hauptinteresse Philippe Rameau (1683 – 1764). Als Theoretiker in dieser Phase galt der Musiktheorie bis hin zu legte er die Fundamente zum Verständnis der ihren physikalischen Fundamenten. Rameau tonalen Musik. Zentrale, geschichtlich inzwischen tauschte sich mit zahlreichen Philosophen und vielfach abgewandelte Begriffe der Musiktheorie Naturwissenschaftlern aus und veröffentlichte wie Tonika, Dominante und Subdominante gehen umfangreiche Schriften. Von König Ludwig XV. auf Rameaus in zahlreichen Schriften nieder mit einer jährlichen Pension bedacht und gelegte Lehre zurück. Der Komponist Rameau ist vielfach geehrt starb Rameau mit 81 Jahren als für seine virtuose und vielfältige Cembalomusik wohlhabender Künstler. und als zentraler Meister der Tragédie lyrique, der französischen Sonderform der Oper, bekannt, die allerdings im deutschen Sprachraum seltener aufgeführt werden als in Frankreich. Nicht zuletzt ist Rameau mit seinen ungemein farbigen Klang- erfindungen einer der großen Neuerer in der Ge- schichte der Instrumentation und des Orchester- klangs. Rameaus schöpferisches Leben zerfällt grob gesehen in zwei Teile. Als Sohn eines Organisten in Dijon, dem Zentrum der Bourgogne in Zentral- frankreich, war ihm früh eine kirchenmusikalische Laufbahn vorgezeichnet. Mit sechzehn Jahren hatte Rameau seine erste Stelle als Assistent seines Vaters und bis in die 1730er Jahre bekleidete er zahlreiche Organistenämter in Dijon, Clermont- Ferrand, Paris und anderswo, ohne sich irgendwo dauerhaft niederzulassen. Die längste Zeit in dieser Phase verbrachte Rameau aber offenbar im Wesentlichen ohne feste Organistenstelle in Paris. Von 1722 an veröffentliche er hier mehrere Samm- lungen von Cembalostücken (Pièces de clavecin), wobei es sich teils um Tanzsätze, teils um mit charakteristischen Titeln versehene Genrestücke 14
BIOGRAFIEN – KOMPONISTEN Gegen Ende der 1960er Jahre gelangte Lachenmann zu einem unverwechselbaren eigenen Stil. Sein Schaffen gründet auf einem tiefen, von Nono geweckten Misstrauen gegenüber konventionell „schönen“ Klängen. Diese stehen zum einen in Verdacht, zu einem bloß sinnlichen, oberflächlichen Genuss einzuladen und dabei vom wahren Gehalt großer Kunst abzulenken. Zum anderen können sie vom Komponisten keineswegs als neutrales Material genutzt werden, sondern sind geschichtlich vorgeprägt und in gewisser Weise verbraucht. Dieses Misstrauen Lachenmanns erstreckte sich bald gegen jeden konventionell erzeugten Ton überhaupt. An seine Stelle tritt in den Werken der von ihm sogenann- Helmut ten Musique concrète instrumentale ein ganzer Kosmos von Geräuschen, der kompositorisch Lachenmann gestaltet und in verblüffendem Reichtum differen- M ziert wird. it einer sich über mehr als 50 Jahre Es macht Lachenmanns Größe als Komponist erstreckenden Schaffensgeschichte ist aus, dass er bei diesem Ansatz nicht stehen Helmut Lachenmann inzwischen ein geblieben ist. Von den späten 1970er Jahren an Nestor der neuen Musik. Lachenmann wurde finden sich in seinen Werken zunehmend 1935 in Stuttgart geboren, wo er von 1955 bis 1958 wieder unverfremdete Klänge, die mit höchster auch Musik studierte. Entscheidend für seine Bedachtsamkeit eingesetzt werden. Gleichzeitig kompositorische Entwicklung war die Begegnung erreichte er in seiner Auseinandersetzung mit mit Luigi Nono bei den Internationalen Ferien der musikalischen Tradition eine neue Stufe und kursen für Neue Musik in Darmstadt 1957, die bezog in neuer, direkterer Weise historisch damals das Zentrum der Avantgardemusik geprägte Charaktere und Zitate in seine Klang bildeten. Lachenmann folgte Nono von 1958 bis landschaften mit ein. Als ein Höhepunkt auf 1960 als Privatschüler nach Venedig. Im Kompo diesem Weg gilt die zwischen 1990 und 1996 sitionsunterricht drang Nono darauf, die Grund entstandene Oper Das Mädchen mit den Schwefel- lagen der Musik radikal in Frage zu stellen. Nach hölzern. Mit dem im letzten Jahr bei der musica dieser Studienzeit lebte Lachenmann bis 1973 viva – Konzertreihe des Bayerischen Rundfunks als freischaffender Pianist und Komponist in durch das Symphonieorchester des Bayerischen München und übernahm später Professuren in Rundfunks unter der Leitung von Peter Eötvös Hannover und von 1981 bis 1999 in Stuttgart. Als uraufgeführten großen Orchesterwerk My Melodies ungemein reflektierter Künstler hat Lachenmann hat sich Lachenmann auf seine Weise auch den zahlreiche Texte verfasst, die in umfangreichen Klang des romantischen Orchesters erobert. Bänden mit Schriften und Korrespondenzen zugänglich sind und zu den Schlüsseltexten der Musik unserer Zeit zählen. 15
BIOGRAFIEN – KOMPONISTEN musikalischem Erzählen angesiedelt. Mit neuartig konzipierten symphonischen Werken wie Harold en Italie und Roméo et Juliette oder auch dem Hector Requiem hatte er durchaus Erfolge. Seine litera- risch ambitionierte Künstleroper Benvenuto Berlioz Cellini, die quer zur konventionellen Operndrama- D turgie steht, fiel dagegen geradezu spektakulär ie Entdeckung der Klangfarbe als eigen- durch und brachte es nur auf drei Vorstellungen. ständiges, zentrales Gestaltungsmittel ist Letztlich gelang es Berlioz insbesondere in Paris wohl die wichtigste Neuerung im Schaffen nicht, sich als Musiker wirklich durchzusetzen, von Hector Berlioz (1803 – 1869). Seine besondere und so blieb er zeitlebens auf die Einkünfte klangliche Imaginationskraft führte ihn fast aus Brotberufen als Journalist – der glänzend zu schon automatisch zur Orchestermusik, die er schreiben vermochte – und als Bibliothekar nicht nur durch seine Werke, sondern auch durch angewiesen. Hinzu kam ab 1835 eine Tätigkeit als seine Abhandlung zur Instrumentation tiefgreifend Dirigent, wobei Berlioz vor allem als Anwalt beeinflusst hat. In der Überarbeitung durch eigener Kompositionen auftrat. Richard Strauss stellt sie ein viel genutztes Im Laufe der 1840er Jahre wandelte sich Standardwerk auf diesem Gebiet dar, ohne das Berlioz‘ Position im Musikleben. Im Vergleich mit die Entwicklung des modernen Orchesters nicht jüngeren Komponisten wie Liszt und Wagner, die denkbar wäre. ihm künstlerisch in Vielem verpflichtet waren, Berlioz hat sein Leben rückschauend als einen wirkte der ehemalige Revolutionär Berlioz nach „unwahrscheinlichen Roman“ empfunden. In der gerade konservativ. Die Oper Les Troyens, das Tat verlief es in einem abenteuerlichen Auf und Ab zentrale Projekt seines späteren Schaffens, konnte zwischen heftigen Liebesaffären, großen Erfolgen Berlioz zu Lebzeiten nicht seinen Vorstellungen und beruflichen Desastern, fast durchweg begleitet entsprechend auf die Bühne bringen. Eine stark von finanziellen Sorgen. Der Komponist stammt gekürzte Fassung wurde aber 1863 zu einem aus einem kleinen Ort am Fuße der französischen großen Erfolg. In den 1860er Jahren fühlte sich Alpen und sollte eigentlich Arzt werden – wie sein Berlioz zunehmend isoliert und verlor sich in Vater. Das halbherzig betriebene Medizinstudium depressiver Resignation. Er starb kurz nach der gab Berlioz jedoch 1826 auf, um sich ganz der Rückkehr von einer Konzertreise in Russland am Musik zu widmen. 1830 schuf er dann sein 8. März 1869 in Paris. Meisterwerk, die Symphonie fantastique, die im Dezember desselben Jahres uraufgeführt wurde. In dieser Symphonie wischt Berlioz zahlreiche, zuvor für unantastbar gehaltene Gattungskonventionen beiseite und führt eine gleichsam dichterische, erzählende Gestaltungsweise von enormer Anschaulichkeit und dramatischer Schlagkraft in die Musik ein. Nach der Symphonie fantastique erhielt Berlioz eine Reihe ehrenvoller Kompositionsaufträge. Seine künstlerischen Konzeptionen blieben dabei im Grenzbereich zwischen absoluter Musik und 16
BIOGRAFIEN – INTERPRET*INNEN sowie mit Pierre-Laurent Aimard und Adam Walker) und im Duorezital mit den Pianisten Cédric Tiberghien, Dénes Várjon und Thomas Hoppe. Tabea Zimmermann hat das Interesse vieler zeitgenössischer Komponisten für die Bratsche geweckt und zahlreiche neue Werke in das Konzert- und Kammermusikrepertoire eingeführt. Das Hindemith-Jahr 2013 nahm Tabea Zimmer- mann als Anlass, bei myrios classics eine hoch gelobte Gesamteinspielung aller Bratschenwerke von Paul Hindemith vorzulegen. Insgesamt Tabea dokumentieren rund 50 CDs ihr musikalisches Schaffen. Zimmermann Tabea Zimmermann erhielt im Alter von drei T Jahren ihren ersten Bratschenunterricht. An ihre abea Zimmermann gehört zu den belieb Ausbildung bei Ulrich Koch an der Musikhoch- testen und renommiertesten Interpret*- schule Freiburg schloss sich ein kurzes, intensives innen unserer Zeit. Zuhörer*innen und Studium bei Sandor Végh am Mozarteum in musikalische Partner*innen schätzen an ihr Salzburg an. Seit 2002 ist sie Professorin an der sowohl ihr tiefes musikalisches Verständnis und Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin. die Natürlichkeit ihres Spiels als auch ihre charis- matische Persönlichkeit. Dass sie heute als welt- weit führende Bratschistin gilt, gründet nicht nur in ihrer außergewöhnlichen Begabung, sondern Les Siècles I ebenso in der frühen und intensiven Förderung durch ihre Eltern, der umfassenden Ausbildung m Sommer 2003 von François-Xavier Roth durch exzellente Lehrer und dem unermüdlichen gegründet, besteht Les Siècles aus heraus Enthusiasmus, mit dem sie ihr Verständnis der ragenden jungen Musiker*innen aus den besten Werke und ihre Liebe zur Musik ihrem Publikum französischen Ensembles. Roth war es grund vermittelt. Auch in der Arbeit mit Orchestern sätzlich ein Anliegen, dass sein Orchester nicht nur orientiert sie sich stets an ihrem kammermusika- dem Repertoire, sondern auch der Konzertform lisch geprägten Ideal, bei dem die künstlerische selbst mit neuen Ideen begegnet. Integrität im Vordergrund steht. Dem Orchester steht eine umfangreiche Als Solistin arbeitet sie regelmäßig mit den Sammlung von historischen Instrumenten aus der weltweit bedeutendsten Orchestern wie den Ber- Zeit des Barocks, der Klassik, der Romantik und liner Philharmonikern, dem Orchestre de Paris, der Moderne zur Verfügung. Entsprechend um- dem London Symphony Orchestra, dem Israel fassend ist sein Repertoire. Les Siècles ist somit Philharmonic Orchestra und der Tschechischen eines der wenigen Orchester, die jedes Stück des Philharmonie. Tabea Zimmermann hat in den Repertoires auf den entsprechenden historischen vergangenen Spielzeiten Residencies in Weimar, Instrumenten spielen können. Diese flexible und Luxemburg, Hamburg, bei den Bamberger Sym historisch informierte Aufführungspraxis führt phonikern, beim Ensemble Resonanz sowie bei zu einer außerordentlich kreativen Programm der Frankfurter Museums-Gesellschaft gestaltet. gestaltung. Kammermusikalische Auftritte stehen in Trio François-Xavier Roth und die Musiker von besetzungen an (mit Jörg Widmann und Dénes Les Siècles haben sich seit ihrer Gründung mit Várjon, mit Daniel Sepec und Jean-Guihen Queyras ihrer Konzeption des Orchesters im 21. Jahrhundert 17
BIOGRAFIEN – INTERPRET*INNEN im In- und Ausland einen Namen gemacht. Sein Victoire de la Musique Classique in Frankreich umfassendes Profil wurde in den letzten Saisons mit Sabine Devieilhe und dem Album Mirages und vergrößert. Les Siècles ist in der Region Hauts- mit Daphnis & Chloé den Gramophone Classical de-France im Departement Aisne ansässig, ist Music Award. Die im Dezember 2018 erschienene assoziierter künstlerischer Partner an der Cité de Debussy-CD wurde auf der Presto Classical- la Musique de Soissons und gibt regelmäßig Website zur CD des Jahres gewählt. 2019 ist Les Konzerte in Paris (Philharmonie, Opéra-Comique), Siècles erneut für die Auszeichnung des Orches- Sénart, Nîmes, Amiens, Caen, Royaumont, La ters des Jahres bei den Gramophone Awards 2019 Côte-Saint-André, Aix-en-Provence und an in der engeren Auswahl. anderen Orten wie London (BBC Proms, Royal Die Musiker von Les Siècles initiieren regel Festival Hall), Amsterdam (Concertgebouw), mäßig verschiedene Bildungsprojekte in Schulen, Berlin (Konzerthaus Berlin), Bremen, Brüssel Krankenhäusern, Altenheimen und Gefängnissen. (Klara Festival), Bukarest ( Enescu Festival), Das Orchester ist Partner der Jeune Symphonie de Wiesbaden, Köln, Luxemburg, Tokio, Essen und l‘Aisne, des Jeune Orchestre Européen Hector vielen anderen Städten mehr. Berlioz und von Demos, einem musikalischen und Seine Aufnahmen der drei Strawinsky-Ballette sozialen Bildungsprojekt in Hauts-de-France und ( L‘Oiseau de Feu, Petrouchka und Le Sacre du Île-de-France. Das Orchester ist auch einer der Printemps ) erhielten den Jahrespreis 2015 der Initiatoren des Projekts Musik im Krankenhaus, Deutschen Schallplatten Kritik und wurden in das im Rahmen des Trousseau-Krankenhauses Holland mit dem Edison Klassiek ausgezeichnet. für Kinderhämatologie und -Onkologie in Paris Seinee Debussy-CD wurde zur Sunday Times-CD und im Beauvais-Krankenhaus vorgeschlagen des Jahres gewählt und als Editor’s Choice für wurde. Er gründete auch eine Ausbildungsresidenz das BBC Music Magazine und für Gramophone in der Petite Bibliothèque Ronde de Clamart. Les ausgewählt. Im März 2017 startete die Zusammen- Siècles ist auch der Erfinder und Hauptdarsteller arbeit von Les Siècles mit harmonia mundi mit der TV-Show Presto, die Millionen von Zuschauern der Aufnahme der gesamten Orchesterwerke von auf France 2 gesehen haben und die nun mit Maurice Ravel. Die beiden ersten Aufnahmen Unterstützung von CNDP auf DVD veröffentlicht ( Daphnis & Chloé und Ma mère l’oye ) wurden vorliegt. mehrfach ausgezeichnet. 2018 gewinnt es den 18
BIOGRAFIEN – INTERPRET*INNEN Gürzenich-Orchester setzt er weiterhin einen Fokus auf den Komponisten Philippe Manoury, den das Orchester mit einer Werk-Trilogie beauf- tragt hat. Deren zweiter Teil, ein Flötenkonzert, wird seine Uraufführung mit Emmanuel Pahud feiern. Als Chefdirigent des SWR Sinfonieorchesters Baden-Baden & Freiburg (2011 – 2016) spielte Roth François-Xavier mit dem Orchester alle symphonischen Dichtungen von Richard Strauss ein. Seine Aufnahmen der Roth drei Strawinsky-Ballette Der Feuervogel, Petrusch- F ka und Le Sacre du Printemps mit Les Siècles rançois-Xavier Roth, 1971 in Paris geboren, fanden international großen Anklang; letztere ist einer der vielseitigsten Dirigenten unserer wurde dabei mit einem Jahrespreis der Deutschen Zeit. Seit 2015 leitet er als Generalmusik Schallplattenkritik ausgezeichnet. Für harmonia direktor der Stadt Köln sowohl das Gürzenich- mundi nahmen Roth und Les Siècles einen kom- Orchester als auch die Oper Köln. In der Spielzeit pletten Ravel-Zyklus auf, dessen erste Veröffent 2017 / 18 nahm er außerdem die Position als lichung, Daphnis et Chloé, als Editor’s Choice der Principal Guest Conductor des London Symphony Zeitschrift Gramophone und als CD des Monats im Orchestra auf. Magazin Rondo ausgezeichnet wurde. Geschätzt für seine einfallsreichen und un- Neue Zuhörer*innen zu gewinnen ist essen gewöhnlichen Konzertprogramme, seine präg tieller Bestandteil der Arbeit von François-Xavier nante Herangehensweise und Überzeugungskraft, Roth. Gemeinsam mit dem Festival Berlioz und Les arbeitet François-Xavier Roth mit führenden Or- Siècles gründete er das Jeune Orchestre Européen chestern wie den Berliner Philharmonikern, der Hector Berlioz, eine einzigartige Orchesterakade- Staatskapelle Berlin, dem Royal Concertgebouw mie mit ihrem eigenen Bestand an historischen Orchestra Amsterdam, dem Boston Symphony Instrumenten. Darüber hinaus haben Roth und Orchestra, den Münchner Philharmonikern und Les Siècles Presto ! ins Leben gerufen, eine Fern- dem Tonhalle Orchester Zürich. sehserie für France 2, die allwöchentlich über 2003 gründete Roth das Orchester Les Siècles, drei Millionen Zuschauer erreicht. Das Jugend mit dem er so innovative wie kontrastreiche programm des Gürzenich-Orchesters Ohrenauf ! Programme konzipiert und diese auf modernen wurde Anfang 2017 mit einem Junge Ohren Preis in und historischen Instrumenten umsetzt. Mit Les der Kategorie Produktion ausgezeichnet. Siècles ist er in Frankreich, Italien, Deutschland, Als ein unermüdlicher Kämpfer für zeitgenös- den Niederlanden, Belgien, England und Japan sische Musik ist François-Xavier Roth Dirigent des aufgetreten. Für Konzerte bei den BBC Proms und wegweisenden Panufnik-Komponistenprogramms in der Alten Oper Frankfurt sowie mit den Tanz- des London Symphony Orchestra. Darüber hinaus kompagnien Pina Bausch und Dominique Brun brachte Roth Werke von Yann Robin, Georg empfanden Les Siècles und François-Xavier Roth Friedrich Haas und Simon Steen-Andersen zur anlässlich des 100. Jahrestages der Uraufführung Uraufführung und arbeitete mit Komponisten wie den Originalklang von Strawinskys Le Sacre du Pierre Boulez, Wolfgang Rihm, Jörg Widmann und printemps nach. Helmut Lachenmann zusammen. In seiner dritten Spielzeit an der Kölner Oper Für seine Verdienste als Musiker, Dirigent, dirigierte François-Xavier Roth Neuproduktionen musikalischer Leiter und Lehrer wurde François- von Wagners Tannhäuser sowie, aus Anlass Xavier Roth am 14. Juli 2017, dem französischen des 100. Geburtstags des Kölner Komponisten, Nationalfeiertag, zum Ritter der französischen Bernd Alois Zimmermanns Die Soldaten. Mit dem Ehrenlegion ernannt. 19
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Das Musikfest Berlin 2019 im Radio und online Deutschlandfunk Kultur – Die Sendetermine 3.9. Di 20:03 Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam Aufzeichnung vom 2.9. 5.9. Do 20:03 BBC Symphony Orchestra Live-Übertragung 7.9. Sa 19:05 Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin Aufzeichnung vom 1.9. 8.9. So 20:03 Berliner Philharmoniker Live-Übertragung 13.9. Fr 20:03 Münchner Philharmoniker Aufzeichnung vom 10.9. 15.9. So 15:05 „Quartett der Kritiker“ Aufzeichnung vom 31.8. 15.9. So 20:03 Junge Deutsche Philharmonie Aufzeichnung vom 15.9. 17.9. Di 20:03 Israel Philharmonic Orchestra Aufzeichnung vom 16.9. wird als Studioproduktion 21.9. Sa 22:00 Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin La Roue in Ausschnitten gesendet 24.9. Di 20:03 IPPNW–Benefizkonzert Aufzeichnung vom 22.9. 26.9. Do 20:03 Ensemble Musikfabrik Aufzeichnung vom 8.9. Deutschlandfunk Kultur ist in Berlin über 89,6 MHz, Kabel 97,50, bundesweit über Satellit, DAB+ und über Livestream auf deutschlandfunkkultur.de zu empfangen. rbbKultur – Die Sendetermine 6.9. Fr 20:04 Konzerthausorchester Berlin Live-Übertragung 21.9. Sa 20:04 Berliner Philharmoniker Aufzeichnung vom 12. / 13. / 14.9. 6.10. So 20:04 Les Siècles Aufzeichnung vom 15.9. rbbKultur ist in Berlin über 92,4 MHz, Kabel 95,35, digital und über Livestream auf rbbkultur.de zu empfangen. Digital Concert Hall – Die Sendetermine 8.9. So 20:00 Berliner Philharmoniker Live-Übertragung 14.9. Sa 19:00 Berliner Philharmoniker Live-Übertragung digitalconcerthall.com 25
Programmübersicht Fr 30.8. Philharmonie 21:00 Pierre-Laurent Aimard I Ausstellungsfoyer Sa 31.8. Kammermusiksaal 17:00 „Quartett der Kritiker“ Eröffnungskonzert Orchestre Révolutionnaire et Romantique Philharmonie Monteverdi Choir 19:00 Sir John Eliot Gardiner So 1.9. Kammermusiksaal 11:00 Alexander Melnikov Kinderchor der Staatsoper Unter den Linden Rundfunkchor Berlin Philharmonie Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin 18:00 Vladimir Jurowski Mo 2.9. Philharmonie 20:00 Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam Tugan Sokhiev Di 3.9. Philharmonie 19:00 Japanisches Nō-Theater Ensemble der Umewaka Kennōkai Foundation Mi 4.9. Philharmonie 20:00 Ensemble Modern Brad Lubman Do 5.9. Philharmonie 20:00 BBC Symphony Orchestra Sakari Oramo Fr 6.9. Kammermusiksaal 20:00 Pierre-Laurent Aimard II Konzerthaus Berlin Konzerthausorchester Berlin 20:00 Juraj Valčuha Sa 7.9. Philharmonie 19:00 Berliner Philharmoniker Peter Eötvös So 8.9. Kammermusiksaal 17:00 Ensemble Musikfabrik Peter Eötvös (wie 7.9.) Philharmonie Berliner Philharmoniker 20:00 Peter Eötvös 26
Mo 9.9. Kammermusiksaal 20:00 Georg Nigl & Olga Pashchenko Di 10.9. Philharmonie 20:00 Münchner Philharmoniker Valery Gergiev Mi 11.9. Philharmonie 20:00 London Symphony Orchestra Sir Simon Rattle Do 12.9. Kammermusiksaal 20:00 Pierre-Laurent Aimard III & Yuko Kakuta Rundfunkchor Berlin Philharmonie Berliner Philharmoniker 20:00 Daniel Harding (wie 12./ 14.9.) Rundfunkchor Berlin Fr 13.9. Philharmonie 20:00 Berliner Philharmoniker Daniel Harding Film & Live Musik: La Roue Sa 14.9. Konzerthaus Berlin 14:00 – 23:00 Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin Frank Strobel (wie 12./ 13.9.) Rundfunkchor Berlin Philharmonie Berliner Philharmoniker 19:00 Daniel Harding Jack Quartet So 15.9. Philharmonie 11:00 Junge Deutsche Philharmonie Jonathan Nott Philharmonie Orchestre Les Siècles 20:00 François-Xavier Roth Mo 16.9. Philharmonie 20:00 Israel Philharmonic Orchestra Zubin Mehta Di 17.9. Philharmonie 20:00 Orchester der Deutschen Oper Berlin Donald Runnicles Mi 18.9. Kammermusiksaal 20:00 Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker Susanna Mälkki Rundfunkchor Berlin Do 19.9. Philharmonie 20:00 Deutsches Symphonie-Orchester Berlin Robin Ticciati So 22.9. Kammermusiksaal 16:00 IPPNW-Benefizkonzert WuWei Trio 27
IMPRESSUM Musikfest Berlin Berliner Festspiele Künstlerische Leitung Ein Geschäftsbereich der Studentische Mitarbeit Dr. Winrich Hopp Kulturveranstaltungen des K ommunikation Bundes in Berlin GmbH Josip Jolić, Leonard Pelz Organisation Anke Buckentin (Leitung), Intendant Ticket Office Anna Crespo Palomar, Dr. Thomas Oberender Ingo Franke (Leitung), Ina Steffan Maike D ietrich, Simone Erlein, Frano Kaufmännische Geschäftsführung Ivić, Torsten S ommer, Sibylle Steffen, Charlotte Sieben Alexa Stümpke, Marc Völz Abendprogramm Vertrieb Redaktion Uwe Krey Leitung Kommunikation Dr. Barbara Barthelmes Claudia Nola Gebäudemanagement Lektorat Ulrike Johnson (Leitung), Grafik Anke Buckentin Christine Berkenhoff, Frank Choschzick, Olaf Jüngling, Anna Crespo Palomar Anna Busdiecker, Felix Ewers Georg Mikulla, Sven Reinisch Thalia Hertel Internetredaktion Hotelbüro Gestaltung Cover Caroline Döring, Selina Kahle, Frank Giesker, Jan Köhler Christine Berkenhoff und Frauke Nissen Anna Busdiecker Marketing Anna-Maria Eigel, Gerlind Fichte, Logistik Gestaltung Innenseiten I-Chin Liu (Leitung), Sven Altmann Jan Heberlein, Michaela Mainberger Christine Berkenhoff nach einem Entwurf von Eps51 Presse Technische Leitung Anna Lina Hinz, Patricia Hofmann, Matthias Schäfer Herstellung Svenja Kauer, Jasmin Takim, medialis Offsetdruck GmbH, Berlin Jennifer Wilkens Adresse Berliner Festspiele Stand: 31. Juli 2019 Schaperstraße 24, Protokoll Programm- und Besetzungs- 10719 Berlin Gerhild Heyder änderungen vorbehalten Redaktion + 49 30 254 89 0 info@berlinerfestspiele.de Dr. Barbara Barthelmes, berlinerfestspiele.de Andrea Berger, Anne Phillips-Krug, Paul Rabe Gefördert durch / Berliner Festspiele / Musikfest Berlin in Zusammenarbeit mit / in cooperation with Funded by Stiftung Berliner Philharmoniker Medienpartner / Media Partners 28
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