NABU-Naturschutzziele 2020 - MEHR NATUR FÜR BADEN-WÜRTTEMBERG - Baden-Württemberg
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INHALTSVERZEICHNIS Vorwort 03 Präambel 04/05 LANDWIRTSCHAFT Gesunde Lebensmittel – gesunde Lebensräume 06/07 WALD Wilde Wälder und mehr Natur auf ganzer Fläche 08/09 MOORE Stellschrauben für Klima und Natur 10/11 NATURVERTRÄGLICHE ENERGIEWENDE Miteinander: Naturschutz und Erneuerbare Energien 12/13 GRÜNE INFRASTRUKTUR Grünes Wegenetz für Baden-Württemberg 14/15 NATURA 2000 Internationaler Naturschutz im Ländle 16/17 Glossar 18
VORWORT Liebe Freundinnen und Freunde der Natur, die Vielfalt der Natur gehört zu den größten Schätzen und nicht mehr für die Holzgewinnung genutzt wer- unseres Landes. Die Blumenwiesen der Schwäbischen den. Das Bundesnaturschutzgesetz sieht seit Jahren Alb, die naturnahen Wälder im Schwarzwald, die vor, dass es einen Biotopverbund auf zehn Prozent Moore im Allgäu und die Sanddünen Nordbadens der Bundesfläche gibt. Das Land Baden-Württem- – diese Lebensräume mit ihrer reichen Tier- und berg hat in seiner Naturschutzstrategie festgelegt, wie Pflanzenwelt wollen wir erhalten. Und dafür ist noch europäische Vorgaben zu Natura 2000 und Ziele für viel zu tun. eine naturverträglichere Landwirtschaft umgesetzt werden sollen. Alles gut also? Wir im NABU Baden-Württemberg haben uns 2010 entschlossen, uns auf ausgesuchte Themenbereiche Leider nein. Denn trotz einiger Fortschritte kommt zu fokussieren, um diese mit voller Kraft bearbeiten draußen in der Natur noch zu wenig an. Wir sind der zu können. Diese Fokussierung hat sich bewährt und Meinung: Das muss sich ändern. Mit den NABU- hat mit dazu geführt, dass wir eines unserer größten Naturschutzzielen als Richtschnur werden wir unse- Ziele inzwischen erreicht haben: Baden-Württem- ren Beitrag dazu leisten. berg hat einen ersten Nationalpark! Die meisten Ziele können wir nur gemeinsam errei- 2015 haben wir unsere Ziele überprüft, aktualisiert chen – gemeinsam mit naturverbundenen Menschen und erneut im gesamten Verband diskutiert. Das in der Politik, in der Land- und Forstwirtschaft, in Ergebnis halten Sie nun in Händen: die NABU-Na- Unternehmen, Medien und Verwaltungen. Und mit turschutzziele 2020. Sie enthalten die sechs Themen- allen Baden-Württembergerinnen und Baden-Würt- bereiche, in die wir bis 2020 den Großteil unserer tembergern. Kraft legen werden: Landwirtschaft, Wald, Moore, naturverträgliche Energiewende, Grüne Infrastruk- Machen Sie sich gemeinsam mit uns stark für die tur und Natura 2000. Natur! Viele unserer Ziele hat die Politik bereits in Gesetze und Strategiepapiere gegossen. Bereits 2007 hat die Bundesregierung festgeschrieben, dass fünf Prozent Ihr Johannes Enssle der deutschen Wälder der Natur überlassen bleiben Vorsitzender des NABU Baden-Württemberg 02/03
PRÄAMBEL NABU-Naturschutzziele 2020: Mehr Natur für Baden-Württemberg Natur und Mensch stehen weltweit vor zwei zentralen Prioritäten: Expertise gezielt einsetzen Herausforderungen: dem Klimawandel und dem Ver- In den NABU-Naturschutzzielen 2020 sind zahlreiche lust der biologischen Vielfalt. Wenn wir es nicht schaf- wichtige Umweltprobleme bewusst nicht abgebildet. fen, den Klimawandel zu stoppen und den Verlust der Dabei steht außer Frage: Der Einsatz gegen Agro- biologischen Vielfalt aufzuhalten, wird das unsere Welt Gentechnik, Atomkraft und Flächenverbrauch bleibt für immer ändern – zum Schlechten. wichtig. Der NABU wird auch künftig dazu nicht schweigen und sich beispielsweise in Bündnissen en- Gemeinsam mit der Politik müssen wir deswegen gagieren. Im Sinne einer klaren Prioritätensetzung kraftvoll gegensteuern. Das bedeutet für den NABU: wird er den Großteil seiner Kraft jedoch auf die Um- sich einmischen in die Politik, im Landtag und in den setzung der NABU-Naturschutzziele konzentrieren. Gemeinden. Sich stark machen für diejenigen, die kei- ne Stimme haben wie Feldhamster, Große Hufeisenna- Schlüsselstellen: Umweltbildung und Naturerlebnis se und Sonnentau. Um den Naturschutz in Baden-Württemberg voran zu bringen, bedarf es eines Wandels. Nicht nur in der Seinen Schwerpunkt legt der NABU darauf, Klima- Politik, auch in den Köpfen und Herzen der Men- wandel und Artensterben dort zu bekämpfen, wo er schen. Jeder Mensch entscheidet jeden Tag darüber, die größte Kompetenz, die meiste Erfahrung und aus- wie sehr Natur und Umwelt belastet werden – bei der reichend Ressourcen besitzt. Ob auf Äckern, in Wie- Wahl des Energieversorgers, des Verkehrsmittels oder sen, Wäldern oder Mooren: In diesen Ökosystemen der gekauften Lebensmittel. Die Bildung für nachhal- entscheidet sich, ob unsere Pflanzen- und Tierwelt tige Entwicklung ist der Schlüssel, den Wandel in den vielfältig und überlebensfähig bleibt oder ob die Natur Köpfen anzustoßen. Umweltbildung und Naturerleb- verarmt. Hier befinden sich wichtige Stellschrauben für nis sind für den NABU zentrale Aufgaben, die sich den Klimaschutz: Landwirtschaft verantwortet rund 16 in allen Themenbereichen widerspiegeln. Hier hat der Prozent des deutschen CO2-Ausstoßes, gesunde Wäl- NABU eine Kernkompetenz – und diese wird er wei- der und lebendige Moore binden riesige Mengen Koh- terhin einbringen. lenstoff. Naturschutz ist also Arten- und Klimaschutz in einem. 04/05
LANDWIRTSCHAFT Äcker, Wiesen und Weiden prägen Baden-Württem- Politik. Sie fördert viel zu oft eine Landwirtschaft, die berg. Bäuerinnen und Bauern haben eine artenreiche die biologische Vielfalt zugunsten landwirtschaftlicher Kulturlandschaft geschaffen: Wiesen voller bunter Maximalerträge preisgibt. Blumen, Getreideäcker mit rotem Klatschmohn und Den Bäuerinnen und Bauern, die hochwertige Lebens- Streuobstwiesen mit knorrigen Apfelbäumen. mittel produzieren und zugleich Kiebitz und Schach- Die heutige, industrielle Landwirtschaft hat nur wenig brettfalter eine Heimat geben, brauchen eine ausrei- mit den ursprünglichen Landnutzungen zu tun, die chende Förderung der EU und der Landesregierung. unsere Kulturlandschaften geschaffen haben. Was in Der NABU fordert einen Wandel hin zu einer natur- Jahrtausenden geschaffen wurde, wird in Jahrzehnten verträglichen Landwirtschaft – zumal von artenrei- zerstört. Einstige Allerweltsarten wie Feldlerche und chem Grünland weit weniger klimaschädliche Emissi- Feldhamster verschwinden aus der Landschaft und onen ausgehen als von intensiv genutzten Maisäckern tauchen in den Roten Listen bedrohter Tierarten wie- auf Moorböden. der auf. Die Verantwortung dafür trägt vor allem die NATURSCHUTZZIELE • Der Rückgang der schützenswerten Lebensräume und Arten der Agrarlandschaften des Landes ist nicht nur gestoppt, sondern die Trendumkehr eingeleitet. DER NABU HANDELT NABU-KERNFORDERUNGEN • Der NABU setzt sich zusammen mit dem • Das Land legt ein wirksames Aktionsprogramm „Landwirtschaft Landesschafzuchtverband für die traditio- und Biodiversität“ auf und setzt es um. Die notwendigen Aufwer- nelle Schäferei und damit für die Erhaltung tungsmaßnahmen, um artenreiches Grünland, Streuobstwiesen, die schützenswerter Lebensräume ein. Biodiversität auf Ackerflächen und die Natura-2000-Arten der Feldflur • Der NABU hat in den Saalbachwiesen bei in einen guten (Erhaltungs-)Zustand zu bringen, werden ergriffen. Bruchsal Land gekauft und schafft darauf • Das Land baut in Baden-Württemberg ein Netz aus repräsentativen Lebensräume für Grauammer, Weißstorch Modellbetrieben auf, in denen eine zukunftsweisende, nachhaltige und Helmknabenkraut. Landbewirtschaftung für die Betriebe der Region demonstriert wird. Der NABU fordert eine Agrarlandschaft, in der Kornblumen blühen können und auch Feldlerchen wieder eine Heimat finden. Hier sind die EU und die Landesregierung gefragt, Landwirte ausreichend zu fördern. 06/07
WALD Kaum ein anderer Lebensraum steht so sehr für ge- Doch in Zeiten leerer Kassen und steigendem Roh- sunde Natur wie unsere Wälder. Fast 40 Prozent der stoffbedarf fallen oftmals zu viele Bäume der Säge Fläche Baden-Württembergs ist mit Wald bedeckt – zum Opfer. Deshalb plädiert der NABU für eine somit gehört unser Bundesland zu den waldreichsten naturverträgliche Forstwirtschaft im baden-württem- der Republik. Dieses wertvolle Gut müssen wir schüt- bergischen Wald: Naturverjüngung statt Anpflanzung zen – der NABU bekennt sich jedoch auch zu einer von Bäumen, ungenutzte Urwaldflächen, Vorfahrt für naturverträglichen Nutzung unserer Wälder. heimische und standorttypische Baumarten sowie ein flächendeckendes Vorkommen alter Bäume. Lebendige Wälder mit einem hohen Anteil an alten und bereits abgestorbenen Bäumen sind von un- Der NABU setzt sich dafür ein, mehr qualifiziertes schätzbarem Wert: Sie geben seltenen und gefährde- Forstpersonal einzustellen, damit dieses für eine aus- ten Tier- und Pflanzenarten eine Heimat und brem- gewogene Balance von Naturschutz und Waldnut- sen den Klimawandel. zung sorgen kann. NATURSCHUTZZIELE • Bis 2020 entwickeln sich fünf Prozent der Wälder im Land natürlich und ohne forstliche Eingriffe. Staats- und Kommunalwald tragen maßgeblich zu diesem Ziel bei. • Mehr Natur auf der ganzen Waldfläche entsteht durch effektiven Waldnaturschutz und eine naturverträgli- che Forstwirtschaft. NABU-KERNFORDERUNGEN • Das Land bewirtschaftet seinen Staatswald ökologisch vorbildlich DER NABU HANDELT und setzt sein Waldbaukonzept von 2014, die „Gesamtkonzeption • NABU-Naturwaldgemeinden: Der NABU Waldnaturschutz“ und Natura 2000 vorbildlich um. zeichnet Kommunen aus, die eine naturnahe • Das Land unterstützt den Kommunal- und Privatwald bei der Bewirtschaftung ihrer Wälder durchführen. Umsetzung des Alt- und Totholzkonzeptes, bei Natura 2000, der • Der NABU trägt mit dem Kauf von Wald im FSC-Zertifizierung sowie beim naturnahen Waldbau. Langenhardt bei Lahr und dessen Behand- • Das Land unterstützt eine naturfördernde, regionale lung als Bannwald zum Erreichen des Fünf- Holzwirtschaft, indem es den Einsatz von heimischer Tanne und Prozent-Zieles bei. Buche im Holzbau fördert. Für Arten wie den Raufußkauz sind Wälder mit altem Baumbestand überlebenswichtig, denn nur hier findet er ausreichend Nahrung und Unter- schlupf. In ungenutzten Wäldern entwickeln sich die Urwälder von morgen. Hier fühlen sich besondere Pilzarten wie der Ästige Stachelbart wohl. 08/09
MOORE Alle kennen die typischen Moorbilder, aber kaum je- weltweiten Kohlenstoffdioxid-Emissionen stammen mand verbindet sie mit unserer Heimat. Moore – so aus geschädigten und zerstörten Mooren. meinen viele – gibt es in Schottland, Russland und Nordamerika, aber nicht bei uns. Dabei war Baden- Im Torf ist weltweit rund ein Drittel des Kohlen- Württemberg über Jahrtausende reich an Mooren. stoffvorrates der Erde gebunden. Daher bremsen Leider ist von diesem Reichtum heute nur noch we- lebendige Moore den Klimawandel wirksam ab. nig zu sehen: 95 Prozent aller ursprünglichen Moo- Wer Moore erhält und renaturiert, schützt deshalb re sind entwässert, abgetorft und unter Maisäckern gleichzeitig Natur und Klima. Der NABU fordert verschwunden. Das ist schädlich für den Wasser- Politik und Verwaltung auf, den Schutz der letzten haushalt, fatal für die Tier- und Pflanzenwelt und Moore Baden-Württembergs mit höchster Priorität für das Klima katastrophal. Denn zehn Prozent aller zu versehen und energisch voranzutreiben. NATURSCHUTZZIELE • Bis 2020 sind mindestens 30 Prozent aller geeigneten Moorflächen im Land renaturiert. Das schließt 50 Prozent der Moorflächen im Staatswald ein. • Bis 2020 sind 20 Prozent der 2015 noch ackerbaulich genutzten Torflagerstätten in Grünland umgewandelt. DER NABU HANDELT NABU-KERNFORDERUNGEN • In Hinterzarten im Schwarzwald und in den • Das Land muss bis Ende 2015 ein Moorschutzprogramm vorlegen, Bodenmösern im Allgäu renaturiert der NABU mit dem die oben genannten Ziele erreicht werden, und es konse- zwei Moorgebiete. quent umsetzen. • Das NABU-Naturschutzzentrum Federsee • Das Land richtet seine Agrar- und Waldpolitik auf den Moorschutz hat im Zuge zweier EU-geförderter Projekte aus, indem es die Naturschutzstrategie Baden-Württemberg von wertvolle Moorflächen renaturiert und Le- 2014 umsetzt. bensraum für seltene Tier- und Pflanzenarten • Das Land erhöht die Mittel für den Flächenerwerb, um Moorrenatu- geschaffen. rierungen zu ermöglichen. Auch Moorfrösche und der fleischfressende Sonnentau brauchen Moore, um überleben zu können. Deshalb engagiert sich der NABU in Mooren und baut beispielsweise Sperren, damit weniger Wasser aus den Mooren abfließen kann. 10/11
NATURVERTRÄGLICHE ENERGIEWENDE Miteinander: Naturschutz und Erneuerbare Energien
NATURVERTRÄGLICHE ENERGIEWENDE Der Ausstieg aus der atomaren und fossilen Energie- Der Fokus des NABU liegt auf der Windenergie, da sie nutzung kann nur mit einem deutlichen Ausbau der neben der Solarenergie in Baden-Württemberg über erneuerbaren Energien bewältigt werden. Jegliche das größte Ausbaupotenzial verfügt. Gerade Windrä- Bestrebungen, eine naturverträgliche Energiewende der sind jedoch mitunter eine Gefahr für Vogel- und voranzubringen, scheitern jedoch, wenn nicht eine Fledermausbestände. Deshalb fordert der NABU, Aufgabe in den Fokus gerückt wird: Wir alle müssen ökologisch besonders hochwertige und landschaftlich Energie einsparen und effizienter nutzen. sensible Flächen von Windkraftanlagen freizuhalten. Auch spricht sich der NABU dafür aus, keine Wind- Für den NABU steht fest: Die Energiewende ist drin- energieanlagen in Dichtezentren von Rotmilanen zu gend nötig, sie muss jedoch naturverträglich vollzo- bauen. Der Standort muss sorgfältig gewählt und die gen werden – der Klimaschutz und der Schutz der Anlagen müssen naturverträglich betrieben werden. Biologischen Vielfalt sind gleichrangige Ziele. NATURSCHUTZZIELE • Der Ausbau der Erneuerbaren Energien in Baden-Württemberg findet so zügig wie möglich naturverträglich statt. • Die Bestände windkraftsensibler und derzeit bedrohter Vogel- und Fledermausarten sind in Baden-Württemberg so groß, dass einzelne Verluste an Windrädern nicht bestandsgefährdend sind. NABU-KERNFORDERUNGEN • Das Land erarbeitet ein umfassendes Konzept zur Senkung des DER NABU HANDELT Energieverbrauchs und setzt es zeitnah um. • Im vom Umweltministerium geförderten Projekt • Um den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu beschleunigen, „Dialogforum Erneuerbare Energien“ beraten setzt das Land zunächst auf naturschutzfachlich unkritische und unterstützen NABU und BUND Bürgerinnen Gebiete. und Bürger während der Beteiligungs- und • Das Land legt ein Aktionsprogramm auf, um die Bestände wind- Planungsprozesse von Windkraftanlagen. energiesensibler und bedrohter Vogel- und Fledermausarten • Der NABU setzt sich für Bestände windkraft- außerhalb windhöffiger Gebiete zu fördern. sensibler Arten wie Fledermäuse und Rotmilan • Das Land ergreift Maßnahmen, um die Substratgewinnung von ein. Biogasanlagen naturverträglich zu gestalten. Der Rotmilan ist ein Beispiel für eine windkraftsensible Vogelart. Der NABU setzt sich dafür ein, dass Windkraftanlagen nur dort gebaut werden, wo der Bestand des Greifvogels nicht gefährdet wird. 12/13
GRÜNE INFRASTRUKTUR Grünes Wegenetz für Baden-Württemberg
GRÜNE INFRASTRUKTUR Ein Land der Sackgassen: So zeigt sich Baden-Würt- das sich Tiere und Pflanzen ausbreiten können. Doch temberg für viele Pflanzen und Tiere. Immer wieder zwischen Gesetz und Wirklichkeit liegen Welten – enden die Wege von Erdkröte und Feuersalaman- von einem Biotopverbund ist im Land kaum etwas zu der an Autobahnen, an Industriegebieten oder vor sehen. Maisäckern. Dabei ist es für alle Lebewesen überle- benswichtig, sich ausbreiten zu können. Sie müssen Deshalb wird es höchste Zeit, dass das Land seinen umherwandern und neue Lebensräume erschließen – Generalwildwegeplan und den Biotopverbundplan gerade auch dann, wenn sich die Umwelt etwa durch umsetzt. Und auch Kommunen sollten aktiv werden: den Klimawandel verändert. Sie können ihre Grünflächen naturnah umgestalten. Bunte Blumenwiesen statt steriler Rasenflächen und Das hat auch der Gesetzgeber erkannt. Das Bundes- heimische Stauden auf Verkehrsinseln statt endloser naturschutzgesetz schreibt einen so genannten Bio- Paraden von Stiefmütterchen. Damit können Städte topverbund auf mindestens zehn Prozent der Lan- und Gemeinden einen wertvollen Beitrag zum Bio- desfläche vor, also ein Netz von Lebensräumen, über topverbund leisten. NATURSCHUTZZIELE • Mindestens zehn Prozent der Landesfläche sind als Biotopverbund gesichert, wie es das Bundesnaturgesetz vorschreibt. • Bis 2020 haben 100 Kommunen in Baden-Württemberg ihr Sied- lungsgrün zur Förderung der biologischen Vielfalt umgestaltet. NABU-KERNFORDERUNGEN • Bis 2020 wird sowohl im Landesentwicklungsplan als auch in den fortgeschriebenen Regionalplänen der Biotopverbund gesichert. Dazu gehören die Korridore des Generalwildwegeplans sowie die DER NABU HANDELT Kern- und Verbundflächen des Biotopverbunds im Offenland. • Der NABU unterstützt und berät Gemeinden • Das Land startet ein Aktionsprogramm „Grüne Infrastruktur“, das wie Bühl oder Ostfildern bei der naturnahen unter anderem in jedem Regierungsbezirk eine Grünbrücke pro Umgestaltung des Siedlungsgrüns. Jahr finanziert. • Seit Jahren erfasst der NABU Gefahrenstellen • Das Land und die kommunalen Spitzenverbände unterstützen die für Amphibien und hilft den Tieren an Brenn- Kommunen bei der Schaffung von Vorrangflächen für die biologi- punkten über die Straße. sche Vielfalt auf kommunalen Flächen. Einige Gemeinden wie Donzdorf gestalten ihr Siedlungsgrün jetzt schon vorbildlich. Viele weitere sollen folgen! Zudem ist es dringend nötig, Wegenetze mittels Grünbrücken zu knüpfen, damit auch Dachse nicht mehr so häufig unter Autoreifen landen, sondern über die Straße finden. 14/15
NATURA 2000 Internationaler Naturschutz im Ländle
NATURA 2000 Dünenlandschaften an Europas Küsten, artenreiche Sachmittel für Natura 2000 erhöht hat. Viele Arten Wiesen in Deutschland, Weidewälder in Spanien: befinden sich noch immer in „ungünstig-schlechtem“ Über 200 typische Landschaften möchte die EU mit (rot), bzw. in „ungünstig-kritischem Erhaltungszu- ihrem Naturschutzprogramm Natura 2000, das auf stand“ (gelb). Der NABU setzt sich seit Jahren dafür der Vogelschutz- und der FFH-Richtlinie basiert, be- ein, dass Baden-Württemberg die EU-Richtlinien um- wahren. Sie schreibt vor, dass Tier- und Pflanzenarten setzt. Für viele Behörden jedoch ist Natura 2000 nach sowie Lebensraumtypen in einen günstigen Erhal- wie vor ein Buch mit sieben Siegeln. Aus Unwissenheit tungszustand versetzt werden müssen: Die Ampel, verstoßen sie gegen geltendes Recht – und mitunter die den Zustand der Arten und Lebensräume anzeigt, auch mit Absicht. muss auf Grün stehen. Vielen Naturschutzbehörden fehlt zudem das Personal, Von diesen Vorgaben ist Baden-Württemberg weit ent- das die Richtlinien korrekt umsetzen kann. Deshalb ist fernt, obwohl die Landesregierung fast flächendeckend es wichtig, dass der NABU die Umsetzung von Natura Landschaftserhaltungsverbände eingerichtet und die 2000 weiterhin vehement einfordert und begleitet. NATURSCHUTZZIELE • Bis 2020 befinden sich keine Tier- und Pflanzenarten sowie keine Lebensraumtypen der beiden EU-Richtli- nien mehr im roten Bereich. • 2020 sind nur noch 16 FFH-Arten und 10 FFH-Lebensraumtypen im kritischen gelben Bereich. Das ent- spricht einer Halbierung zum Stand von 2015. NABU-KERNFORDERUNGEN • Im Landeshaushalt werden pro Jahr 20 Millionen Euro zusätzlich für DER NABU HANDELT Natura 2000 und den Schutz von Verantwortungsarten bereitgestellt. • Der NABU pflegt Sanddünen im Oberrheingra- • Das Land stärkt die Naturschutzverwaltung auf allen Ebenen, so dass ben und schafft so Lebensräume für bedrohte Natura 2000 gut umgesetzt wird. Tier- und Pflanzenarten wie die Sandsilber- • Das Land legt gemeinsam mit Kommunen ein Aktionsprogramm zur scharte (links). Akzeptanzsteigerung von Natura 2000 auf und finanziert die Umsetzung. • Ehrenamtliche des NABU setzen sich in • Das Land unterstützt Umweltverbände bei der Begleitung der Manage- Landschaftserhaltungsverbänden für bedrohte mentplan-Erstellung, indem es den Verbänden in jedem Regierungsbe- Lebensräume, Tier- und Pflanzenarten ein. zirk hauptamtliches Personal finanziert. Baden-Württemberg beheimatet viele EU-geschützte Gebiete und Arten. Für Fledermäuse, Bodenseevergissmeinicht und blumenbunte Wiesen will der NABU dieses Engagement noch verstärken. 16/17
GLOSSAR Alt- und Totholzkonzept Lebensraumtypen Konzept des Landes zur Steigerung der Alt- und Tot- Einteilung von Lebensräumen in Kategorien gemäß holzanteile im Wald. Alte und abgestorbene Bäume der europäischen FFH-Richtlinie. Wertvolle Lebens- bieten einer Vielzahl von Pflanzen, Pilzen und Tieren raumtypen Baden-Württembergs sind beispielsweise eine unverzichtbare Lebensgrundlage. Sie sind daher naturnahe Hochmoore, Wacholderheiden, Orchide- für die biologische Vielfalt im Wald von größter Be- en-Buchenwälder und artenreiche Mähwiesen. deutung. Moor Bannwald Sehr nasse Standorte mit einer mindestens 30 Zenti- Streng geschütztes Waldgebiet, in dem sich der Wald meter dicken Torfschicht. Aufgrund des hohen Was- ohne menschlichen Einfluss natürlich entwickeln serstandes zersetzen sich abgestorbene Pflanzenteile kann. kaum, so dass das Material in organischer Form über- dauert (=Torf), anstatt sich in seine Bestandteile zu FFH-Gebiete zersetzen. Der Torfboden hat daher einen sehr hohen Nach der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtli- organischen Anteil von mindestens 30 Prozent. nie geschützte Gebiete, die der Erhaltung bestimm- ter Tier- und Pflanzenarten sowie Lebensraumtypen Natura 2000 dienen sollen. FFH-Gebiete stehen nicht per se unter Bezeichnung für ein zusammenhängendes Netz von strengem Schutz, eine Nutzung ist erlaubt und Ein- Schutzgebieten, das innerhalb der Europäischen griffe sind möglich. Eine erhebliche Verschlechterung Union nach den Maßgaben der FFH- und der Vogel- der Gebiete ist jedoch verboten. FFH-Gebiete bilden schutzrichtlinie errichtet wird. zusammen mit den Vogelschutzgebieten das Schutz- gebietsnetz Natura 2000. Naturverjüngung Bezeichnung für Jungbäume, die im Wald ohne FSC-Zertifizierung menschlichen Eingriff aus Samen hervorgehen. Das Der Forest Stewardship Council, kurz FSC, ist eine in- Gegenteil wären Anpflanzungen. ternationale Non-Profit-Organisation (engl. steward- ship „Verantwortung, Verwalteramt“). Holz, das nach Waldbaukonzept 2014 FSC-Kriterien zertifiziert wurde, stammt aus nach- Der Landesforstbetrieb ForstBW hat 2014 ein neu- haltiger Waldnutzung. Dazu gehören auch die Wah- es Waldbaukonzept, die sogenannte Waldentwick- rung und Verbesserung ökonomischer, ökologischer lungstypen-Richtlinie verabschiedet. Darin werden und sozialer Funktionen der Forstbetriebe. die Grundzüge zur Bewirtschaftung des Waldes be- schrieben. Für die Förster im Staatswald ist die Richt- Landschaftserhaltungsverbände (LEV) linie verbindlich umzusetzen. Für den Kommunal- Verbände, die die regionale Kulturlandschaft – insbe- und Privatwald hat sie Empfehlungscharakter. sondere Natura 2000-Gebiete – erhalten, pflegen und wiederherstellen. Mitglieder eines Landschaftserhal- tungsverbandes sind Gemeinden, Landkreise, Natur- schutz- und Bauernverbände, die in drittelparitätisch besetzten Gremien eines LEV zusammen arbeiten.
IMPRESSUM Naturschutzbund Deutschland (NABU) Landesverband Baden-Württemberg e.V. Tübinger Straße 15 70178 Stuttgart Telefon: 0711.966 72-0 Fax: 0711.966 72-33 NABU@NABU-BW.de www.NABU-BW.de www.twitter.com/Naturschutzbund www.facebook.com/NABU.BW Text und Redaktion: Uta Heinemann Grafik Design: SCHWARZZUWEISS Agentur für Kommunikation und Design www.schwarzzuweiss.de Überarbeitung 2. Auflage: Hannes Huber Kommunikation, www.hanneshuber.de Gedruckt auf 100% Recyclingpapier 2. Auflage, Stuttgart, Juli 2017 Bildnachweis: Titel: blickwinkel/R. Bala (Storch), blickwinkel/ A.Hartl, blickwinkel/J. Hauke, blickwinkel/P. Schütz, blickwinkel/A. Bernhard, blick- winkel/D. & M. Sheldon, blickwinkel/R. Günter, 3: U. Regenscheit, 4: R. Koch 6: blickwinkel/A. Hartl, 7: blickwinkel/W. Rolfes, Blickwinkel/U. Hilsmann, S. Huber, 8: blickwinkel/J. Hauke, 9: blickwinkel/W. Rolfes, U. Prietzel, J. Enssle, 10: blickwinkel/P. Schütz, 11: blickwinkel/J. Fieber, M. Röhl, 12: blickwinkel/A. Bern- hard, blickwinkel/McPHOTO, M. Schäf, 13: blickwinkel/McPHOTO, blickwinkel/B. Krö- ger, 14: blickwinkel/D. & M. Sheldon, 15: C. de Mattia, M. Eick, Wikipedia/D. Krieger, 16: blickwinkel/R. Günter, 17: U. Heinemann, A. Baumann, blickwinkel/ M. Delpho. 18/19
Für Mensch und Natur... ... setzt sich der NABU Baden-Württemberg seit 1965 ein. Die Unterstützung für die Arbeit des NABU wächst: In Baden-Württem- berg sind inzwischen über 90.000 Mitglieder die Basis dafür, dass der NABU wirkungsvoll für eine ökologische Agrarwende und den Erhalt der Biologischen Vielfalt kämpfen kann. Herzstück des NABU Baden-Württemberg sind die Aktiven in den rund 250 NABU-Gruppen, die ehrenamtlich und unter großem persönlichem Einsatz für den Schutz von Tieren und Pflanzen sorgen und dem NABU vor Ort ein Gesicht geben.
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