Nachhaltig kochen! Die Kosten unterschiedlicher Ernährungsstile Ein politisches Kochbuch des Öko-Instituts

Die Seite wird erstellt Stefan-Nikolai Rapp
 
WEITER LESEN
Nachhaltig kochen! Die Kosten unterschiedlicher Ernährungsstile Ein politisches Kochbuch des Öko-Instituts
Nachhaltig kochen!
Die Kosten unterschiedlicher Ernährungsstile
Ein politisches Kochbuch des Öko-Instituts
Nachhaltig kochen! Die Kosten unterschiedlicher Ernährungsstile Ein politisches Kochbuch des Öko-Instituts
Nachhaltig kochen!
Die Kosten unterschiedlicher Ernährungsstile
Ein politisches Kochbuch des Öko-Instituts

AutorInnen
Dr. Jenny Teufel
Yifaat Baron
Andrea Droste
Prof. Dr. Rainer Grießhammer
Karin Menge
Mandy Schoßig
4
    Impressum                                                                                              Über den eigenen Tellerrand hinaus                                                           5

    Herausgeber: Öko-Institut e.V.                                                                         Ich kann es nicht bestreiten: Auch ich habe mich selbst schon dabei ertappt, stirnrunzelnd
    Stand: Juli 2014                                                                                       einen Bioladen verlassen zu haben, beim stillen Vergleich, was ich im konventionellen La-
                                                                                                           den gezahlt hätte. Und das ist auch ein Stück weit verständlich, denn vielen Konsumenten
    Öko-Institut, Büro Freiburg
                                                                                                           und Konsumentinnen fällt nachhaltiges Handeln leichter, wenn es nicht mehr kostet oder
    Merzhauser Str. 173
                                                                                                           im besten Fall auch noch Geld spart – wie zum Beispiel beim Stromsparen.
    79100 Freiburg
    www.oeko.de                                                                                            Nun ist es im Bereich der Ernährung in der Regel so, dass Bio-Lebensmittel den Verbrau-
    info@oeko.de                                                                                           cher im Schnitt mehr kosten als konventionell hergestellte. Aber das gilt nur für den
                                                                                                           Ladenpreis. Dieses Kochbuch jedoch präsentiert Ergebnisse unserer Studie zu den wahren
    Gestaltung und Layout: Tobias Binnig (www.gestalter.de)
                                                                                                           Kosten unserer Ernährung. Wir haben uns für unser jährliches Spendenprojekt aus mehre-
    Gedruckt auf: RecyFair, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Blauer Engel“                             ren Gründen für das Thema Ernährung entschieden: Erstens verursachen wir Deutschen
    Druckauflage: 400 Stück                                                                                mit unserer Ernährung ein Fünftel der gesamten nationalen Treibhausgasemissionen.
                                                                                                           Zweitens ist die deutsche Durchschnittsernährung auch in Punkto Gesundheit nicht
                                                                                                           nachhaltig. Darüber hinaus gibt es politischen Handlungsbedarf: So könnten Landwirte
                                                                                                           für aktiven Umwelt- und Tierschutz finanziell noch besser honoriert werden. Die Studie
                                                                                                           zeigt klar, dass die externen Kosten unserer Lebensmittel zukünftig nicht mehr von der
                                                                                                           Gesellschaft, und damit von jedem Einzelnen, sondern von den Verursachern getragen
                                                                                                           werden müssen. Und dennoch: Essen müssen wir schlicht und einfach alle und so kann
    Die Rezepte wurden uns von Dagmar von Cramm, Vincent Klink, Cornelia Poletto                           jeder durch eigenes Handeln Nachhaltigkeit leben.
    und Hans-Albert Stechl zur Verfügung gestellt – an dieser Stelle schon mal einen                       Ich möchte den Ergebnissen, die wir auf den nächsten Seiten zusammengefasst haben,
    expliziten Dank.                                                                                       mit einem Bild vorausgreifen.

                                                                                                           Stellen Sie sich zwei Einkaufskörbe vor. In dem einen befinden sich ausschließlich
    Bild- und Rezeptnachweise                                                                              Biolebensmittel in einer Zusammensetzung, wie sie von der Deutschen Gesellschaft für Er-
                                                                                                           nährung empfohlen wird. Das heißt: viel Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte, wenig Fleisch und
    Von Cramm: © „Das grüne nicht nur vegetarische Kochbuch“, Peter Schulte für GU.                        Wurstwaren, dafür mehr Milchprodukte. Im zweiten Korb liegen Lebensmittel der deut-
    Klink: © Vincent Klink                                                                                 schen Durchschnittsesser: viel Fleisch, wenig Gemüse, und das alles aus konventioneller
    Poletto: Meine Lieblingsrezepte                                                                        Landwirtschaft. Der Preis der beiden Körbe wäre nahezu gleich. Und jetzt setzen wir noch
    S. 78: Spargelsuppe: © Verlag Zabert Sandmann / Jan-Peter Westermann
    S. 84: Minestrone: © Verlag Zabert Sandmann / Andrea Kramp & Bernd Gölling                             eines drauf: Nehmen wir einmal an, der Käufer müsste für alle Folgekosten für die nicht-
    S. 224: Apfel-Mascarpone-Creme: © Verlag Zabert Sandmann / Jan-Peter Westermann                        nachhaltige Ernährung direkt bezahlen. Also für Schäden an Böden und Gewässern, aber
    Polettos Kochschule
    S. 80: Steinpilzrisotto © Verlag Zabert Sandmann / Andrea Kramp & Bernd Gölling
                                                                                                           auch für die medizinische Behandlung von Krankheiten, die in Folge unausgewogener
    S. 44: Linsensuppe © Verlag Zabert Sandmann / Andrea Kramp & Bernd Gölling                             Ernährung notwendig werden. Welcher Korb, glauben Sie, wäre dann der günstigere?
    S. 78: Gnocchi mit Gorgonzola-Sauce © Verlag Zabert Sandmann / Andrea Kramp & Bernd Gölling            Vermutlich liegt die Antwort auf der Hand.
    Mein neuer Grundkurs für Einsteiger
    S. 118: Kalbsklößchen mit Zitronensauce © Verlag Zabert Sandmann / Jan-Peter Westermann
    S. 174: Crespelle mit Spinat © Verlag Zabert Sandmann / Jan-Peter Westermann
                                                                                                           Nun hoffe ich, dass Sie mit unserem Kochbuch Ihr Wissen noch einfacher in die Tat umset-
    S. 88: Forellenfilets mit Kartoffel-Rote-Beete-Salat © Verlag Zabert Sandmann / Jan-Peter Westermann   zen können und wünsche Ihnen viel Freude mit neuen Kochideen für jede Jahreszeit.
    Mein Grundkurs für Einsteiger
    S. 48: Gratinierte Champignons © Verlag Zabert Sandmann / Jan-Peter Westermann
    S. 32: Klare Kartoffel-Lauch-Suppe © Verlag Zabert Sandmann / Jan-Peter Westermann
    S. 79: Gegrillter Lachs mit Salsa Verde © Verlag Zabert Sandmann / Jan-Peter Westermann
    Stechl: © Hans-Albert Stechl
    Titel: © Videovol - Fotolia.com; S.22: © thongsee - Fotolia.com                                        Rainer Grießhammer
6
    Inhaltsverzeichnis                                                      Crespelle mit Ricotta-Spinat-Füllung
                                                                            Panna Cotta mit karamelisierten Beeren
                                                                                                                                               49
                                                                                                                                               50
                                                                                                                                                    7

                                                                            Erdbeer-Tiramisu mit Minze                                         51
    Über den eigenen Tellerrand hinaus: Editorial                   5
    Was gutes Essen wirklich kostet: Studienergebnisse              8
                                                                            Sommer
    „Genuss – Gesundheit – Nachhaltigkeit gehören zusammen“:
    Interview mit Dagmar von Cramm                                 20       Minestrone mit Basilikum-Pesto                                     54
    Biologisch, regional, saisonal: Rezepte für jede Jahreszeit    23       Kürbissuppe                                                        55
                                                                            Couscous-Salat                                                     56
                                                                            Wirsingsalat mit Orangen                                           57
         Winter
                                                                            Buschbohnen                                                        58
         Pariser Zwiebelsuppe mit gratinierten Brotscheiben        26
                                                                            Gefüllte Auberginenröllchen in Tomatensugo                         59
         Feldsalatsuppe mit Ricotta-Kräuterklösschen               27
                                                                            Kaninchentopf mit Polenta                                          60
         Chicorée-Orangen-Salat                                    28
                                                                            Forellenfilet mit Kartoffel-Rote-Bete-Salat und Schnittlauchrahm   61
         Feldsalat mit Kartoffelvinaigrette                        29
                                                                            Zucchini-Puffer mit Feta und Minze                                 62
         Herzhafte Dampfnudeln mit Rosenkohlblattsalat             30
                                                                            Steinpilz-Risotto mit Kräutern                                     63
         Gratinierte Champignons mit Ziegenkäse und Pinienkernen   31
                                                                            Beerengratin                                                       64
         Geschmorte Beinscheiben                                   32
                                                                            Birne in Rotwein                                                   65
         Fischfrikadellen mit schwäbischem Kartoffelsalat          33
         Kartoffel-Rosenkohl-Auflauf                               34
                                                                            Herbst
         Nudel-Auflauf                                             35
                                                                            Linsensuppe mit geräucherten Forellenfilets                        68
         Crème brûlée                                              36
                                                                            Klare Kartoffel-Lauch-Suppe                                        69
         Schwarzwälder Kirschtorte im Glas                         37
                                                                            Selleriesalat                                                      70
                                                                            Endiviensalat                                                      71
         Frühling
                                                                            Birnen-Gorgonzola-Törtchen                                         72
         Spargelsuppe mit Brunnenkresse und pochiertem Ei          40
                                                                            Rosenkohl mit Kürbis                                               73
         Radieschengrün-Suppe                                      41
                                                                            Rehrouladen mit Kartoffelpüree                                     74
         Spinatsalat mit Croûtons                                  42
                                                                            Fisch-Kartoffel-Gratin                                             75
         Fruchtiger Möhrensalat mit Erdbeeren                      43
                                                                            Kohlroulade mit Sellerie-Kartoffel-Püree                           76
         Ziegenkäse im Strudelteig                                 44
                                                                            Gnocchi mit Gorgonzolasauce und gehackten Pistazien                77
         Spinatknödel mit Käsefüllung und Käsesauce                45
                                                                            Maronencreme                                                       78
         Zucchiniblech mit Hühnerbrust                             46
                                                                            Preiselbeerschichtspeise                                           79
         Kalbsklößchen mit Zitronensauce und Spargelsalat          47
         Spargel-Erbsen-Quiche                                     48   Die Köchinnen und Köche im Porträt                                     80
8
    Was gutes Essen wirklich kostet                                                  sten von den Verursachern und nicht
                                                                                     mehr von der Gesellschaft getragen
                                                                                                                             Vier Ernährungsstile, Kosten­
                                                                                                                             erhebung im Supermarkt
                                                                                                                                                                       9

                                                                                     werden müssten?
    Studienergebnisse                        tigt viele. Zahlreiche Studien der                                              Die Studie des Öko-Instituts analy-
    des Öko-Instituts zu den                 vergangenen Jahre haben gezeigt,        Um es gleich vorweg zu sagen: Nicht     siert die Kosten, die für folgende vier
    Kosten einer nachhaltigen                dass Bio-Lebensmittel beim Anbau        alle dieser Fragen konnten umfas-       Ernährungsstile entstehen:
    und gesunden Ernährung                   zu deutlich weniger Belastungen         send in dieser Studie beantwortet        	eine durchschnittliche deutsche
                                             von Böden, Grundwasser, Wasser          werden. Die Wissenschaftlerinnen*          Ernährung in Anlehnung an die
    Über eine gesunde Ernährung              in Flüssen und Seen, aber auch des      waren mit einer äußerst schlechten         Daten des Statistischen Bundes-
    streiten Fachleute seit vielen Jahren.   Klimas führen. Auch eine nachhaltig     Datenlage konfrontiert, was die so-        amts (kurz genannt: ESS 1)
    Fleisch, Kohlenhydrate, chemische        ausgerichtete Viehzucht kann nach       genannten externen Kosten angeht.        	eine Ernährung nach den Empfeh-
    Zusätze in Lebensmitteln und vieles      wissenschaftlichen Erkenntnissen        Sie konnten beispielsweise nicht um-       lungen der Deutschen Gesell-
    mehr gibt Anlass zu intensiven De-       dazu beitragen, alte Kultur- und        fassend berechnen, welche Kosten           schaft für Ernährung DGE (mit
    batten um die Frage: Wie ernähre ich     Weidelandschaften und die dort          als Folgen von Umweltbelastungen           rund 70 Prozent weniger Fleisch,
    mich möglichst gesund? Dabei ist ein     vorhandene Pflanzen- und Tierwelt       durch intensive Tierzucht entstehen.       jedoch 30 Prozent mehr Milchpro-
    Blick auf die Statistiken aufschluss-    zu erhalten.                            Die Marktpreise sind dagegen deut-         dukten als in der Durchschnittser-
    reich. Der oder die durchschnittliche                                            lich besser zu ermitteln und weisen        nährung) (ESS 2)
    Deutsche verzehrt laut Statistischem     In seinem Spendenprojekt „Ist           geringere Spannbreiten auf als die       	eine durchschnittliche deutsche
    Bundesamt jährlich rund 90 Kilo-         gutes Essen wirklich teuer?“ hat das    indirekten Kosten durch Umwelt-            Ernährung (wie ESS 1), aber zu 100
    gramm Fleisch, nimmt mehr als 100        Öko-Institut versucht, die Kosten       und Gesundheitsbelastungen. Bei            Prozent auf Bio-Lebensmitteln
    Kilogramm Milcherzeugnisse zu sich       unterschiedlicher Ernährungsstile       den indirekten Kosten gibt es nur          und fair gehandelten Lebensmit-
    und isst 95 Kilogramm frisches Ge-       zu ermitteln, und zwar die direkten     wenige Untersuchungen, eine große          teln basierend (ESS 3)
    müse. Schaut man hingegen auf die        Kosten bzw. Preise am Markt wie         Spannbreite und schon metho-             	eine Ernährung nach den Emp-
    Empfehlungen der Deutschen Gesell-       auch die indirekten Kosten durch        disch eine größere Unsicherheit bei        fehlungen der DGE (wie ESS 2),
    schaft für Ernährung – kurz DGE – so     Umwelt- und Gesundheitsschäden,         der Zuordnung von Schäden auf              aber zu 100 Prozent auf Bio-Le-
    wird deutlich, dass ein solches Ess-     die bislang die Gesellschaft tragen     verschiedene Verursacher. Dennoch          bensmitteln und fair gehandelten
    verhalten nicht als sonderlich gesund    muss. Folgende Fragen sollten           ergab eine umfassende Literatur­           Lebensmitteln basierend (ESS 4)
    gelten kann. Die DGE empfiehlt, we-      geklärt werden: Ist eine gesunde        recherche zahlreiche Anhaltspunkte,
    niger Fleisch und Molkereiprodukte       Ernährung mit Bio-Lebensmitteln         die den Schluss nahelegen, dass         Für die ersten beiden Ernährungs-
    zu sich zu nehmen, mehr Obst und         für Verbraucher mit Mehrkosten          sowohl eine ungesunde Ernäh-            stile (ESS 1 und ESS 2) sowie für
    Gemüse zu konsumieren, häufiger          gegenüber einer konventionellen Er-     rung – unabhängig davon wie die         eine vegetarische und eine vegane
    zu Vollwertprodukten zu greifen und      nährung verbunden? Wie hoch sind        Lebensmittel erzeugt wurden – als       Ernährung (ESS 5 und 6) haben die
    Genussmittel wie Alkohol und Tabak       die gesellschaftlichen Kosten der       auch eine nicht nachhaltige Produk-     Wissenschaftlerinnen Klima- bzw.
    in Maßen zu genießen. Auch die           ungesunden und umweltbelasten-          tion von Nahrungsmitteln Kosten         Treibhausgas-Bilanzen berechnet:
    Frage, ob Bioprodukte grundsätzlich      den konventionellen Ernährung?          erzeugen, für die unsere Gesellschaft    	für eine vegetarische Ernährung,
    gesünder sind bzw. welche Vorteile       Und wäre eine gesunde Ernährung         gerade stehen muss. Die Ergebnisse         die neben pflanzlichen Nahrungs-
    biologisch erzeugte Produkte für die     mit Bio-Lebensmitteln vielleicht        unserer Berechnungen werden                mitteln auch Eier- und Milchpro-
    Verbraucher, aber auch für Umwelt        sogar billiger als die konventionelle   nachfolgend vorgestellt.                   dukte berücksichtigt (ESS 5)
    und Klima insgesamt haben, beschäf-      Ernährung, wenn die indirekten Ko-
10    	für eine vegane Ernährung, bei       heitlichen Preisstruktur nicht in den    Klimabilanz der unterschied-                 der landwirtschaftlichen Erzeugung     11
        der gänzlich auf Fleisch und an-     Kostenvergleich aufgenommen. Wie         lichen Ernährungsweisen                      der Lebensmittel; die andere Hälfte
        dere tierische Produkte wie auch     unsere Preisrecherchen zeigten, sind                                                  wird durch Einkauf, Transport und
        Fisch und Milchprodukte, verzich-    Bio-Produkte meist 10-30% teurer.        Etwa ein Fünftel der gesamten                Zubereitung der Nahrung verurs-
        tet wird (ESS 6)                     Dagegen waren beispielsweise             jährlichen Treibhausgasemissionen            acht. Die nachstehende Auswertung
                                             Bio-Pizzen im Bio-Supermarkt sogar       in Deutschland – fast 190 Millionen          zeigt die jährlichen Treibhausgas­
     Die Wissenschaftlerinnen haben          billiger als Pizzen in konventionellen   Tonnen CO2-Äquivalente – wird                emissionen sowie die Einsparungen
     schließlich für alle Ernährungsstile    Supermärkten.                            durch die Ernährung verursacht. Die          der alternativen Ernährungsweisen
     Tagespläne zusammengestellt,                                                     Produktion von Fleisch hat daran             im Vergleich zur konventionellen
     denen reale Mahlzeiten zugrun­de        Die Kosten der Lebensmittel er­ho­       einen hohen Anteil. Über die Hälfte          Ernährung.
     liegen. Bei den Tagesplänen berück-     ben die Wissenschaftlerinnen bei         dieser Emissionen entsteht bereits in
     sichtigten sie sowohl eine abwechs-     Ladenbegehungen von Mai bis
     lungsreiche Mischung auf dem Teller     September 2013. Sie besuchten ver-
     als auch die unterschiedlichen Jah-     schiedene Supermarktketten, einen        Jährliche Treibhausgasemissionen der unterschiedlichen Ernährungsstile
     reszeiten bei der Auswahl der Spei-     Discounter, einen Biosupermarkt          (in Kilogramm) und Einsparpotenziale (in Prozent)
     sen. Das bedeutet, dass in der Un-      sowie einen Genossenschaftsladen
                                                                                      1400
     tersuchung bewusst eine saisonale       in Freiburg im Breisgau. Preise kön-                  1.314
     Auswahl der Produkte – also Spargel     nen von Region zu Region inner-
                                                                                                                      1.153 12%                 26%               37%
     im Mai oder Bohnen im September –       halb Deutschlands stark variieren        1200
     angenommen wurde. Eine asaiso-          und sind in Freiburg höher als im
                                                                                                                                          978
     nale Auswahl, wie beispielsweise        Bundesdurchschnitt. Dennoch ist an-      1000
     Erdbeeren im Dezember oder auch         zunehmen, dass das Verhältnis zwi-                                                                             825
     der Kauf von „Luxusprodukten“ oder      schen den Lebensmitteln andern-          800
     Spezialitäten aus anderen Ländern,      orts ähnlich ist. Die Preise für die
     wurden nicht berücksichtigt. Die For-   Lebensmittel wurden so erhoben,          600
     scherinnen nahmen zudem an, dass        dass sie für einen Produkttyp wie
     eine Person täglich drei Haupt- und     beispielsweise Tomaten vergleichbar
                                                                                      400
     zwei Zwischenmahlzeiten mit insge-      sind. Das heißt, dass beispielsweise
     samt rund 2.000 Kilokalorien zu sich    nicht der Durchschnittspreis für alle
                                                                                      200
     nimmt. Die beispielhaften Tages­        im Laden erhältlichen Tomaten, son-
     pläne enthalten außer Kaffee und        dern in allen Läden der Preis für eine
     Tee keine Genussmittel wie etwa         bestimmte Tomatensorte ermittelt         0
                                                                                              Durchschnittliche   DGE-Empfehlung      Vegetarische    Vegane Ernährung
     Alkohol, Softdrinks oder Snacks in      wurde (zum Beispiel normale runde                   Ernährung                             Ernährung
     Form von Chips oder Schokoriegeln.      Tomaten für Tomatensalat oder
     Süßspeisen waren aber in Form von       Fleischtomaten für Tomatensoße).
     Keksen, Schokolade, Kuchen oder
                                                                                      Die Ergebnisse zeigen: Wer seinen            gesünder, wie die Deutsche Gesell-
     Kompott als Zwischenmahlzeiten
                                                                                      Fleischkonsum reduziert, kann                schaft für Ernährung deutlich macht.
     enthalten. Convenience-Produkte
                                                                                      aktiv zum Klimaschutz beitragen.             Ein kompletter Verzicht auf Fleisch
     wurden aufgrund ihrer sehr unein-
                                                                                      Zugleich ist ein Weniger an Fleisch          kann zwar noch mehr Treibhausgase
12   einsparen, es braucht dann aber eine        wertvollen Inhaltsstoffe des Fleischs   rungsstile – konventionell mit einem       drei Prozent. Die drei Prozent liegen    13
     stärkere Beachtung einer „ausgewo-          ersetzt werden.                         hohen Fleischkonsum im Vergleich           allerdings im Rahmen der Fehler-
     genen Ernährung“, damit sämtliche                                                   zur DGE-Empfehlung mit deutlich            grenze bei der gewählten Untersu-
                                                                                         weniger Fleisch in der jeweiligen          chungsmethode. In der Praxis kann
                                                                                         Bio-Variante – zeigen: Wer viel            man je nach Wahl der spezifischen
      Thema „Fleischkonsum“                                                              Fleisch konsumiert und generell nur        Lebensmittel (zum Beispiel der Art
                                                                                         Bio-­Lebensmittel (ESS 3) kauft, zahlt     des Brotes, des Obst oder Gemüses,
      Es ist ethisch umstritten, ob man Fleisch essen sollte oder nicht. Aus Natur-      rund ein Drittel mehr als derjenige,       etwa der Tomaten wie oben erläu-
      schutzgründen ist ein maßvoller Fleischkonsum aber durchaus empfehlens-            der viel Fleisch konsumiert und kon-       tert) auch günstiger oder teurer
      wert. Extensive Viehzucht trägt zur Offenhaltung der Landschaft und damit zu       ventionell erzeugte Produkte kauft         liegen.
      strukturreichen Vegetations- und Landschaftsformen bei, die Lebensräume für        (ESS 1). Wer sich jedoch gesünder
      eine artenreiche Tierwelt bieten. Aus globaler Sicht leistet eine eher extensiv    nach den Vorgaben der DGE ernährt          Auch interessant: wer sich keine Bio-
      ausgerichtete Viehzucht einen wichtigen Beitrag zur Versorgung der Weltbe-         und dabei nur Bio-Lebensmittel             Lebensmittel leisten kann oder will,
      völkerung mit Nahrung. Laut Angaben der Welternährungsorganisation der             kauft (ESS 4), liegt fast gleichauf        aber sich gesund nach DGE-Empfeh-
      Vereinten Nationen (FAO) werden 69 Prozent der weltweit für die Landwirt-          mit den Kosten für konventionelle          lung ernährt (ESS 3), spart gegen­
      schaft zur Verfügung stehenden Flächen als extensives Weideland genutzt            Ernährung und Lebensmittel (ESS1).         über der konventionellen Ernährung
      und können auch in Zukunft aus wirtschaftlicher und ökologischer Sicht nicht       Die Mehrkosten liegen dann nur             mit konventionellen Lebensmittel
      sinnvoll in Ackerland überführt werden.                                            bei rund 80 Euro pro Jahr oder rund        rund 360 Euro pro Jahr!

      Fleisch aus extensiver Weidehaltung ist sowohl von konventionell wirtschaf-
      tenden Landwirten als auch von Landwirten, die nach den Richtlinien des            Was kosten die unterschiedlichen Ernährungsstile? (Euro pro Jahr und Person)
      kontrolliert biologischen Anbaus wirtschaften, erhältlich. Ersteres steht jedoch   4000
      nur in verschwindend geringen Mengen zu Verfügung und wird in der Regel                                                                                3.625 €
      überwiegend lokal vermarktet, da der Mehrwert nicht über eine geschützte           3500
      Kennzeichnung sichtbar gemacht werden kann.
                                                                                                                         2.839 €          2.758 €
                                                                                         3000
      Wer sich grundsätzlich für das Essen von Fleisch und Wurst in vertretbaren
                                                                                                      2.396 €
      Mengen entscheidet, sollte Fleisch von hoher Qualität und Bio-Fleisch einkau-      2500
      fen. Das Biosiegel fordert eine bessere Tierhaltung als in der konventionellen                   87%                103%            100%                131%
      Landwirtschaft üblich und bei Wiederkäuern einen hohen Raufutteranteil             2000
      (Heu und Gras), der nur im Rahmen einer Grünlandwirtschaft gewährleistet
                                                                                         1500
      werden kann.

                                                                                         1000

     Was kosten die unterschied-                 untersucht, um wieviel teurer die
                                                                                         500
     lichen Ernährungsstile?                     Versorgung mit biologisch er-
                                                 zeugten und fair gehandelten
                                                                                         0
     Im zweiten Schritt haben die Wis-           Lebensmitteln für Verbraucher ist.              DGE Konventionell       DGE Bio       Fleischbetont     Fleischbetont Bio
     senschaftlerinnen des Öko-Instituts         Die Analysen der beiden Ernäh-                                                        Konventionell
14   Eine gesunde Ernährung auf Basis        Kosten für das Gesundheits-             auf die Ernährung zurückzuführen        Instituts für Gesundheitsökonomie      15
     der DGE-Empfehlungen, verbunden         system durch die Behandlung             sind, nicht klar abgegrenzt werden.     in München, die Behandlungsko-
     mit dem Kauf von Bio-Lebensmit-         von Übergewicht und Diabetes            Laut Angaben des Statistischen Bun-     sten für die Folgeerkrankungen
     teln, ist also aus nachhaltiger Sicht                                           desamtes gaben die Krankenkassen        von Adipositas in Deutschland auf
     klar empfehlenswert. Sie ist gesün-     Der durchschnittliche konventio-        insgesamt allein im Jahr 2008 knapp     insgesamt 17 Milliarden Euro. Das
     der und umweltschonender und            nelle Ernährungsstil der Deutschen      37 Milliarden Euro für die Behand-      Schweizerische Bundesamt für Ge-
     dabei kaum teurer als eine konventi-    (ESS 1) ist vielfach ungesund. Der      lung des Kreislaufsystems aus.          sundheit schätzt die Kosten für das
     onelle Ernährung.                       hohe Fleisch- und Zuckerkonsum                                                  Gesundheitswesen, die durch Adi-
                                             kann zu Übergewicht und ernäh-          Nicht zuletzt für Diabetes mellitus –   positas und Übergewicht in 2006 in
     Zu den direkten Kosten für die          rungsbedingten Krankheiten des          unter der mehr als sieben Millionen     der Schweiz entstanden sind, auf 5,8
     Verbraucherinnen und Verbrau-           Herz-Kreislauf-Systems oder Diabe-      Deutsche leiden – gilt Übergewicht      Milliarden Schweizer Franken. Das
     cher kommen jedoch noch die             tes mellitus führen.                    als eine der Hauptursachen. Die         entspricht bei dem Umrechnungs-
     indirekten Kosten, die die Gesell-                                              Dunkelziffer, davon gehen Ärzte und     kurs von 2006 einer Summe von 3,7
     schaft für höhere Aufwendungen          67 Prozent der Männer und 53 Pro-       Gesundheitsexperten aus, ist insbe-     Milliarden Euro oder 493 Euro pro
     im Gesundheitssystem und für die        zent der Frauen haben Übergewicht.      sondere unter Kindern und Jugend-       Einwohner.
     Auswirkungen der konventionellen        Dabei sind 23 Prozent der Männer        lichen erheblich höher, so dass rund
     Landwirtschaft tragen muss. Der         und 24 Prozent der Frauen – also fast   zehn Prozent der deutschen Bevöl-       Kosten für die Landwirtschaft
     Einsatz von Pflanzenschutzmit-          ein Viertel der Bevölkerung – sogar     kerung unter dieser Krankheit leiden    durch negative Umweltauswir-
     teln, mineralischen Düngern, die        adipös, also stark übergewichtig.       dürften. Das Statistische Bundesamt     kungen
     intensive Tierhaltung, die zu einer     Während die Übergewichtshäufig-         beziffert die Ausgaben zur Behand-
     deutlichen Stickstoffbelastung          keit in den letzten Jahren stagniert,   lung der Krankheit für das Jahr 2008    Landwirtschaft auf riesigen Flächen
     beispielsweise von Gewässern führt,     ist die Anzahl der Adipositas-Erkran-   mit rund 6,3 Milliarden Euro.           fördert Erosion, die fruchtbare
     der massive Einsatz von Antibiotika,    kungen weiter gestiegen. Insgesamt                                              Böden zerstört; Phosphor- und
     der Resistenzen und neue Krank-         entstanden nach Angaben des             Die oben aufgeführten Kosten für        Stickstoffverbindungen aus der nicht
     heiten nach sich zieht – das sind nur   Statistischen Bundesamtes im Jahr       das Gesundheitssystem haben – wie       bedarfsgerechten Anwendung von
     einige Beispiele für die indirekten,    2008 durch Adipositas und sonstige      ausgeführt – mehrere Ursachen; eine     Düngemitteln in der konventio-
     besser gesagt externen Kosten, die      Überernährung in Deutschland            Aufschlüsselung auf einzelne Ursa-      nellen Landwirtschaft belasten das
     bislang die Gesellschaft bzw. wir       Gesundheitskosten von 863 Millio-       chen ist nicht möglich. Wenn man        Grundwasser, Flüsse, Seen und die
     alle tragen müssen. Auch führt eine     nen Euro.                               aber vorsichtig davon ausgeht, dass     Meere; ungestörte Lebensräume für
     ungesunde Ernährungsweise zu                                                    50 Prozent der Kosten von Adiposi-      viele Tier- und Pflanzenarten sind
     Mehrkosten für die Gesellschaft, im     Auch Herz-Kreislauf-Krankheiten         tas und Diabetes sowie 20 Prozent       durch intensive und großflächige
     Besonderen durch Mehrausgaben           begründen sich unter anderem            der Herz-Kreislauf-Krankheiten auf      Landwirtschaft bedroht; das Um-
     für das Gesundheitssystem. Nach-        (aber keineswegs ausschließlich)        falsche Ernährung zurückzuführen        brechen von Böden, aber auch das
     folgend werden beispielhaft einige      in starkem Übergewicht. Da auch         wären, wären dies immer noch rund       Bewirtschaften von Mooren erhöht
     der recherchierten externen Kosten      andere Faktoren – etwa Rauchen, zu      11 Milliarden Euro bzw. rund 140        den Ausstoß an Treibhausgasen
     einer ungesunden bzw. nicht nach-       wenig Bewegung oder ein erhöhter        Euro pro Bundesbürger. Dass dies        zusätzlich. Leider haben umfassende
     haltigen Ernährung aufgeführt.          Cholesterinspiegel – das Risiko für     nicht überschätzt ist, zeigen auch      Recherchen gezeigt, dass es für
                                             Herz-Kreislauf-Erkrankungen stei-       andere Zahlen. So beziffert Prof.       Deutschland derzeit keine verläss-
                                             gern, können die Kosten, die allein     Dr. Günter Neubauer, Direktor des       lichen Daten für externe Kosten aus
16   nicht-nachhaltiger Landwirtschaft           umrechnen, entstünden rund 2,4 bis                                                                                      17
                                                                                         Anlagen. Die meisten niederländischen Gewächshäuser sind an gasbetriebene
     gibt. Konservative Schätzungen für          8,3 Milliarden Euro externe Kosten,
                                                                                         Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen angeschlossen, die den Strombedarf der Be-
     Großbritannien (die beispielsweise          bzw. rund 30 bis 100 Euro pro Ein-
                                                                                         triebe sowie 90 Prozent des Wärmebedarfs der Gewächshäuser bereitstellen.
     keine Folgekosten durch den Anbau           wohner und Jahr. Allerdings muss
                                                                                         Der übrige Strom wird ins öffentliche Stromnetz eingespeist.
     von importierten Futtermitteln              dabei berücksichtigt werden, dass
     einbeziehen) beziffern die jährlichen       die Zahlen doppelt unsicher sind –
                                                                                         In Spanien hingegen werden Tomaten, die als Frischware auf den Markt
     Kosten für den Zeitraum von 1990            einmal aus methodischen Gründen
                                                                                         kommen, in verschiedenen Gewächshauskonstruktionen aus Plastikfolien (mit
     bis 1996 auf minimal 2,5 Milliarden         und beschränkter Datenlage für
                                                                                         Flach- oder Schrägdach) angebaut. Zum Teil werden auf diese Weise riesige
     Euro und maximal 8,6 Milliarden             Großbritannien, und dann wegen
                                                                                         Landflächen mit Plastikfolie überdacht und sind auch unter dem Begriff „mar
     Euro (in Euro umgerechnet und für           der pauschalen Übertragung auf
                                                                                         de plastico“ bekannt. Der Einsatz von Dünger erfolgt meist auf der Basis von
     2012 inflationsbereinigt). Würde            Deutschland. Die Größenordnung
                                                                                         Erfahrungswerten, ohne den Einsatz von umfassenden Kontroll- und Mess-
     man diese Kosten auf die landwirt-          jedoch dürfte stimmen.
                                                                                         techniken zur Optimierung. Rund ein Fünftel der Tomaten wachsen auch hier
     schaftliche Fläche Deutschlands
                                                                                         auf künstlichem Substrat.

                                                                                         Laut Informationen von deutschen Gemüseproduzenten ist in Deutschland
      Ursachen externer Kosten am Beispiel „Tomaten“
                                                                                         der Gemüseanbau in modernen hocheffizienten Gewächshäusern, wie er in
                                                                                         den Niederlanden verbreitet ist, die Ausnahme. Vergleichbare Subventionen
      Tomaten sind das Gemüse, das in Deutschland gern und am häufigsten kon-
                                                                                         hat es in Deutschland nicht gegeben. So kommt es, dass in Deutschland
      sumiert wird. Rund 20 Kilogramm der roten Früchte werden in Deutschland im
                                                                                         Tomaten meist nicht ganzjährig produziert werden. Der Anbau findet hier –
      Durchschnitt verzehrt, davon 6,7 Kilo als frische Tomaten, der Rest in verarbei-
                                                                                         in der Regel – in Folien- oder Glasgewächshäusern statt, die nur zur Anzucht
      teter Form. Nachfolgend werden die typischen Anbauverhältnisse in Deutsch-
                                                                                         und/oder bei Kälteeinbrüchen beheizt werden. Auch hier sind – ebenso wie
      land, den Niederlanden und Spanien im Vergleich dargestellt**.
                                                                                         in Spanien – umfangreiche Kontroll- und Messtechniken zur Optimierung des
                                                                                         Düngers- und Pestizideinsatzes nicht Standard, der Einsatz von Dünger basiert
      In der Regel werden Tomaten – ob in konventioneller oder biologischer
                                                                                         auf Erfahrungswerten.
      Landwirtschaft – in Gewächshäusern oder in großen Folientunneln angebaut.
      Diese Form des Anbaus bietet ökonomische Vorteile, so kann früher mit der
                                                                                         Die finanzielle Unterstützung, die es in den Niederlanden für die Modernisie-
      Ernte begonnen und Ernteverluste können reduziert werden.
                                                                                         rung des Gemüseanbaus gegeben hat, sind Subventionen, die nicht der Ver-
                                                                                         braucher bezahlt, sondern von denjenigen getragen werden, die in den Topf
      In den Niederlanden findet der Anbau sowohl im konventionellen Bereich als
                                                                                         eingezahlt haben, aus dem die Unterstützungsmaßnahmen finanziert werden.
      auch im Bio-Anbau auf höchstem technologischem Niveau in Glasgewächs-
      häusern statt. Für deren Bau und Modernisierung gab es nach Auskunft der
                                                                                         Als Entwicklungsmaßnahme vor allem für die spanische Landwirtschaft inves­
      Gemüsebaubetriebe in den Niederlanden zwischen den Jahren 2000 und
                                                                                         tierte die spanische Regierung in den vergangenen Jahren große Summen für
      2009 umfangreiche Subventionen des niederländischen Staates. Mit Aus-
                                                                                         den Wassertransport über weite Entfernungen, für die Stauung von Flüssen und
      nahme des Bio-Anbaus wird hier als Substrat Mineralwolle eingesetzt. Die
                                                                                         den Bau von Kanälen, für die Entsalzung von Meerwasser sowie die Aufberei-
      verbrauchte Mineralwolle wird im Rahmen der Herstellung von Baumaterial
                                                                                         tung von Abwässern. Schon heute beansprucht die spanische Landwirtschaft
      für den Straßenbau recycelt oder über die Verarbeitung zu Steinklinker wieder
                                                                                         rund 70 Prozent des nationalen Wasserbedarfs. Weitere Kosten entstehen durch
      in den Steinwollherstellungsprozess eingespeist. Feuchtigkeit und Nähr-
                                                                                         die Behebung von Folgeschäden für die überzogene Grundwassernutzung
      stoffe werden computergesteuert zugeführt. Der Transport der Tomaten, das
                                                                                         sowie die Versalzung großer Anteile an vormals fruchtbaren Böden.
      Waschen und Verpacken erfolgen hochautomatisiert an großen maschinellen
18                                                                                      nach einem kompletten Verzicht auf                                                                19
      Generell führte der Einsatz von Pestiziden im konventionellen Anbau vor
                                                                                        Fleisch verbinden. Es gibt jedoch
      allem in der Vergangenheit in allen drei Ländern dazu, dass ehemals unbela-
                                                                                        eine Reihe von genannten Gründen,
      stete Trink­wasserquellen nicht mehr genutzt werden können. Es entstanden
                                                                                        die keineswegs für einen generellen
      Kosten für die Erschließung neuer Quellen sowie für die Behandlung von
                                                                                        Verzicht auf Fleisch sprechen. Eine
      Krankheiten, die durch verunreinigtes Wasser entstehen. Heute ist in allen drei
                                                                                        Reduktion des Fleischkonsums,
      Ländern der Pestizideinsatz sichtbar zurückgegangen – nicht zuletzt auch we-
                                                                                        verbunden mit einem Umstieg auf
      gen strengerer Grenzwerte und dem Verbot besonders umwelt- und gesund-
                                                                                        hochwertiges Fleisch aus nachhal-
      heitsschädlicher Pestizide in der Europäischen Union.
                                                                                        tiger, tier- und naturverträglicher Er-
                                                                                        zeugung sollte erklärtes politisches
                                                                                        Ziel im Rahmen der deutschen Nach-
     Gesellschaftliche                           weltverbänden und der Arbeitsge-       haltigkeitsstrategie sein.
     und politische Aspekte                      meinschaft für bäuerliche Landwirt-
                                                 schaft e.V.: In den nächsten Jahren    Nicht zuletzt muss es Ziel sein, die
     Auch wenn das Öko-Institut nicht            soll eine deutlich höhere Umschich-    umweltverträgliche Landbewirt-
     ermitteln konnten, wie sich die             tung für Leistungen im Umwelt- und     schaftung und die Vermarktung
     Endverbraucherpreise konkret                Tierschutz von Bauern von den          nachhaltig produzierter Lebensmit-
     verändern würden, würde man                 allgemeinen Direktzahlungen der        tel zu fördern. Dieses Kochbuch, für
     die externen Kosten einbeziehen,            EU erfolgen, wie bislang im kürzlich   das uns hervorragende Köchinnen
     so wird doch deutlich, dass für die         verabschiedeten Gesetzentwurf          und Köche Rezepte zur Verfügung
     Gesellschaft mehr Kosten entstehen,         zur Umsetzung der EU-Agrarreform       gestellt haben, zeigt: bio, saisonal,
     als uns an der Ladentheke bewusst           vorgesehen. Auch der erlaubte          mit oder ohne Fleisch, abwechs-
     ist. Sowohl ein ungesundes Zuviel           Einsatz von Pflanzenschutzmitteln      lungsreich und nicht unbedingt
     an Fleisch auf dem Teller als auch          beim Anbau von Hülsenfrüchten          teuer – alles ist möglich und auch
     der nicht-nachhaltige Anbau von             wie Futtererbsen, Soja etc. auf        von Ihnen leicht nachzukochen.
     Lebensmitteln führen zu erheblichen         ökologischen Vorrangflächen kann
     Kosten. Aus gesundheitlichen Grün-          nicht befürwortet werden. Wichtig      Und nun wünschen wir Ihnen
     den und unter Nachhaltigkeitsa-             ist es weiterhin, die Regelungen       sehr herzlich: Guten Appetit!
     spekten betrachtet ist eindeutig zu         zum Erhalt von Dauergrünland zu
     empfehlen, sich nach den Richtlinien        verbessern.
     der DGE zu ernähren und auf fair
     gehandelte und/oder Produkte aus            Aus klimapolitischer Sicht ist es
     biologischem Anbau zurückzugrei-            essentiell, den Fleischkonsum und      * Am Projekt haben vorrangig Frauen gearbeitet. Wir verwenden deshalb die weibliche Form
     fen.                                        vor allem den Anbau von Futtermit-     „Wissenschaftlerin“ und beziehen gleichzeitig alle männlichen Kollegen ein, die einen Anteil an
                                                                                        der Studie haben.
                                                 teln auf Ackerflächen zu vermindern.
     Aus agrarpolitischer Sicht unterstüt-       Empfehlungen zum Fleischkonsum         ** Eine ausführliche Zusammenfassung der Studienergebnisse mit einer umfassenden Darstel-
     zen die Ergebnisse dieser Studie die        sind jedoch gesellschaftlich stark     lung der Untersuchungsmethodik finden Sie in unserem Working Paper „Ist gutes Essen wirklich
                                                                                        teuer? Ein politisches Kochbuch zum Thema „versteckte Kosten“ unserer Ernährung in Deutsch-
     Forderung vom Sachverständigenrat           umstritten und brisant, möglicher-     land mit Handlungsempfehlungen und Rezeptvorschlägen für eine genussvolle und nachhaltige
     für Umweltfragen (SRU), von Um-             weise weil viele damit die Forderung   Ernährung“ auf unserer Website unter www.oeko.de/workingpaper/spendenprojekt2012
20
     „Genuss – Gesundheit – Nachhaltigkeit                                                   In unserem Spendenprojekt bestä-
                                                                                             tigen wir, dass eine Kost mit we-
                                                                                                                                     neuen Vielfalt erhältlich. Denken Sie
                                                                                                                                     an die Palette der Hülsenfrüchte!
                                                                                                                                                                                  21

     gehören zusammen“                                                                       niger Fleisch und Milchprodukten
                                                                                             und eine saisonale Küche Treib­
                                                                                                                                     Resteverwertung ist auch ein Thema.
                                                                                                                                     Und Maß halten – das dient auch der
                                                                                             hausgasemissionen reduziert und         Gesundheit.
     Dagmar von Cramm ist Ernährungswissenschaftlerin und eine der bekanntesten              weitere positive Umweltwirkungen
     Kochbuchautorinnen in Deutschland. Im politischen Kochbuch des Öko-Instituts            hat. Was ist Ihr Lieblingsrezept        Wenn man über den sprichwört-
     finden Sie eine Vielzahl ihrer leckeren Rezepte. In ihrer Sammlung „Das grüne – nicht   ohne Fleisch?                           lichen Tellerrand hinausschaut
     nur vegetarische – Kochbuch“ geht sie der Frage nach, wie man gesund und zugleich                                               – was wünschen Sie sich noch für
                                                                                             Das kann ich so unabhängig von
     ökologisch kochen kann. Sie erzählt im Interview, warum ihr das Thema Nachhaltig-                                               eine nachhaltige Zukunft?
                                                                                             der Saison gar nicht sagen. Denn
     keit so wichtig ist und wie einfach es sein kann, seine Ernährungs- und Kochgewohn-     für mich ist der Schlüssel einer        Dass wir wieder lernen, mit Grund-
     heiten umzustellen.                                                                     kulinarisch spannenden, gesunden        nahrungsmitteln umzugehen.
                                                                                             und ökologisch sinnvollen Kost          Zusätzlich wünsche ich mir, dass
     Frau von Cramm, seit wann be-                 unsere Gesellschaft mit den gesund-       das Gemüse. Deshalb erschien im         auch die nächste Generation kochen
     schäftigen Sie sich als Ernährungs-           heitlichen Folgen von Übergewicht         Februar ein neues Kochbuch von          kann! Ohne Fertigprodukte, einfach
     expertin mit dem Thema ökolo-                 – auch das kann so nicht weiter-          mir – „Meine grüne Diät“ – wo jede      mit natürlichen Zutaten. Dafür wäre
     gisches und nachhaltiges Kochen?              gehen. Gleichzeitig bietet gerade         Jahreszeit unterschiedliche Gemü-       es schön, wenn ein Fach Verbrauch-
                                                   die Wiederentdeckung der Saison           se fokussiert. Im Winter fand ich       erbildung inklusive Kochen an den
     Eigentlich seit meiner Studienzeit
                                                   und alter Obst- und Gemüsesorten          Schwarzwurzel-Aspik mit Räucher-        Schulen eingeführt wird.
     Ende der 70er Jahre. Damals brachte
                                                   einen großen geschmacklichen Reiz.        forelle und Forellenkaviar köstlich.
     Prof. Claus Leitzmann den Aspekt
                                                   Übrigens auch die Gewürze und             Und dann natürlich aus dem Grünen
     Welternährung in sein Konzept der
                                                   Zubereitungen vegetarisch lebender        Kochbuch Gefüllter Käsekürbis aus
     Vollwerternährung ein. Das hat eine
                                                   Völker der Welt.                          dem Ofen. Mit Hokkaido natürlich.
     ganze Generation Ökotrophologen
     begeistert. Später trennten sich die                                                    Im Frühjahr oder Sommer habe ich
                                                   Was hat Sie am meisten überrascht,        andere Lieblingsrezepte.
     Fundis von den Liberalen – und die
                                                   als Sie anfingen sich mit bio, öko
     Idee verlor an Schwung. Für mich als
                                                   und Co. zu beschäftigen?                  Ihr Buch präsentiert viele weitere
     Food-Journalistin stand dann Genuss
     im Vordergrund und Gesundheit.                Na ja – eigentlich habe ich mich          leckere Rezepte einer ausgewo-
     Seit der Jahrtausendwende habe ich            schon immer auch mit diesen               genen, saisonalen und biolo-
     zunehmend den Zusammenhang                    Aspekten beschäftigt. Der über-           gischen Küche. Worauf können
     Genuss-Gesundheit-Nachhaltigkeit              raschendste und positivste Trend für      Köchinnen und Köche achten, die
     erkannt und mich dafür stark ge-              mich ist, dass die Deutschen bereit       nachhaltiger kochen wollen?
     macht.                                        sind, diese Art der Produktion auch       Auf die Saison, natürlich! Und regio-
                                                   an der Kasse zu honorieren. Dass der      nalen Produkten den Vorzug geben.
     Warum ist Ihnen das Thema so                  Trend in der Mitte der Gesellschaft       Alles soweit wie möglich verwerten:
     wichtig?                                      ankommt. Und dass die Ansprüche           Blätter von Radieschen, Roter Bete,
                                                   an die Geschmacksqualität steigen.                                                 „Das grüne – nicht nur vegetarische –
     Weil es viele Fliegen mit einer Klappe                                                  Kohlrabi und Blumenkohl schme-
                                                                                                                                      Kochbuch: Rezepte für ein gutes Leben:
                                                   Das war den Fundis nicht so wichtig.      cken köstlich! Auf eine gute Balance
     schlägt. Und weil wir in der west-                                                                                               regional, nachhaltig und für jede Jahres-
                                                   Entsprechend steigt auch die Quali-       von pflanzlichen und tierischen Le-      zeit“, Dagmar von Cramm, GU Themen-
     lichen Welt Vorbildfunktion haben.
                                                   tät der Lebensmittel. Das freut mich      bensmitteln achten – auch Getreide,      kochbuch, GRÄFE UND UNZER Verlag
     Wenn alle so essen wie wir, reicht die                                                                                           GmbH, ISBN: 978-3833825262
                                                   als Genussmenschen!                       Nüsse und Saaten sind in einer ganz
     Erde nicht aus! Außerdem kämpft                                                                                                  www.dagmarvoncramm.de
Geschäftsstelle Freiburg
Postfach 1771
D-79017 Freiburg
Merzhauser Straße 173
D-79100 Freiburg
Tel.: +49 761 45295-0
Fax: +49 761 45295-288

Büro Darmstadt
Rheinstraße 95
D-64295 Darmstadt
Tel.: +49 6151 8191-0
Fax: +49 6151 8191-133

Büro Berlin
Schicklerstraße 5-7
D-10179 Berlin
Tel.: +49 30 405085-0
Fax: +49 30 405085-388

info@oeko.de
www.oeko.de
Sie können auch lesen