NACHRICHTEN - JAHRGANG PFINGSTEN 2021 CORONA-SPECIAL - kritisch, unabhängig und meistens unparteiisch - Stadtjugendring Mainz eV
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Nkritisch, A Cunabhängig HRI C HTE N und meistens unparteiisch 28. JAHRGANG PFINGSTEN 2021 CORONA-SPECIAL
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Inhalt Interview: Arne und die Strümpfe 4 Das Leben als Du 7 OpenOhr-Rätsel 8 Bingo „Typisch Familie“ 9 Familie ist (für mich) … 10 Gedankenkarussell: Habe ich das Recht mich zu beklagen? 11 Gendersternchen und Feminismus -> Segen oder Fluch? 12 „Das mache ich später mal ganz anders!“ 13 Coffee to go 15 I know, you know that here is home 16 Mit der PID eine Welt ohne Andrea Bocelli 17 Das Einhorn was pupst 19 Vertrauen 20 Catwoman 21 Familie finden in einer WG 22 Willkommen in unserer Familie 24 Lasst uns bunte Bande binden 27 Lösung Rätsel 29 Redakteur*innen für OpenOhrNachrichten gesucht! 30 Unsere Unterstützer 31 Impressum 32 3
Interview: Arne und die Strümpfe Hallo Arne, erzähl uns doch kurz, welche Banden hatte. Der Front- wer du bist… mann musste logischerweise der Ich heiße Arne Schneider und bin Anführer der Bande sein, weil er Sänger von der Punkrock-Band „Die auch in der Band immer schon viel Traktor“, die seit 1996 besteht. Die organisiert hat. Dann war das ich, anderen Bandmitglieder heißen üb- Arne. Und Punk und lange geringel- rigens Stephan, Stan und Sascha. te Kniestrümpfe, das passt irgend- wie, so sind wir auf die Strümpfe Auf dem OpenOhr tretet ihr in gekommen. diesem Jahr mit „Arne und die Strümpfe“ auf – was ist das? Wie kamt ihr zum OpenOhrFesti- Ich verstehe es als Reihe, ursprüng- val? lich war es ein Projekt, „Traktor Ich war im Vorstand der Kulturfab- undercover“. Wir wollten etwas für rik Airfield. Wir hatten damals zwei Kinder machen und trotzdem wei- Slots auf der Bühne, die wir verge- terhin als Band auftreten. Erst ha- ben konnten. Ich habe in Mainz ge- ben wir es 2018 als CD rausge- wohnt und habe eine große Verbun- bracht. Im selben Jahr überlegten denheit nach Mainz und bin über wir, dass wir es als Theater oder die Kulturfabrik viel auf dem Open- Musical für Kinder machen wollen. Ohr gewesen. Doch bisher waren Dann haben wir nach Theatergrup- wir immer nur als Gäste da, dieses pen gesucht. Ich fragte das Wish- Jahr wäre die Premiere gemeinsam mob-Theater in Mainz, ob sie Lust mit Wishmob gewesen. Wir sind be- haben, „Arne und die Strümpfe“ geistert von dem Konzept. als Theaterstück umzuschreiben und die waren hellauf begeistert Das OpenOhr findet in diesem und meinten: Das machen wir. Jahr leider nur als Stream statt. Was macht für dich normalerwei- Woher kommt der Name „Arne se einen Live-Auftritt aus? und die Strümpfe“? Wenn man nach dem Auftritt die Wir brauchten einen Projektnamen, Kinderaugen sieht und die Kleinen den Kinder auch cool finden – wir auf einen zu kommen und sagen.: brauchten einen Bandennamen, „Die Hexe war aber doof!“ – das weil man als Kinder immer irgend- Lachen und Klatschen der Kinder. 4
Das ist etwas, das man jetzt ver- die Erwachsenen anspricht – und missen wird wahrscheinlich. für die Kinder das Märchenhafte. Natürlich auch irgendwo Gut und Euer Publikum ist 3-103 Jahre Böse. Aber die Moral von der Ge- alt, schreibt ihr. Sind denn Kin- schichte, die muss schon jeder für der die besseren Zuschauer*in- sich selbst rausfinden. nen? Nicht die besseren, die Kinder sind Verschiedenheit oder Konformi- die ehrlicheren Zuschauer*innen. tät – was denkt ihr? Wenn ihnen etwas nicht gefällt, Als Punkrock-Band finden wir, je- dann sagen sie es einem direkt ins der Mensch ist anders und hat sei- Gesicht. Erwachsene tun das nicht, ne eigene Art, sich auszudrücken. die verpacken das oft so, dass es So wie der Mensch ist, ist er gut. klingt, als wäre alles super. Kinder Es geht nicht darum, Leute in For- sind sehr ehrlich, das erhöht men oder Regeln zu pressen. So ist natürlich den Anspruch an einen das auch bei uns in der Band oder selbst. Man will es richtig gut ma- auch in der Bande von Arne und chen, dass die Kinder Spaß haben. die Strümpfe: jeder ist anders. Es Und das 103, weil die Geschichte sind unterschiedliche Leute – Stan, viele Facetten hat – es gibt Dinge, Sascha, Stephan, Arne – mit unter- die nur Erwachsene verstehen oder schiedlichen Charakteren. Wir ver- anders verstehen als Kinder. stehen uns super, sind aber alle unterschiedlich. Wollt ihr belehren oder unterhal- ten – was ist eure Intention? „Bunte banden bilden“ – inwie- Ein bisschen von beidem. Wir sind fern geht es in eurem Stück um keine Erzieher und wollen auch Familie? nicht erziehen. Es geht in erster Wenn du im weiteren Sinne die Linie darum, die Kinder zu phanta- Bande als Familie siehst, was sie ja sieren: Wenn man Affen Sonnen- irgendwie sind – quasi ein moder- brillen tragen lässt, das regt die nes Familienkonzept. Die Eltern Phantasie an. Sich Dinge vorstellen von Arne kommen nicht vor und zu können, die nicht Standard und die Bande geht gemeinsam mit der nicht möglich sind. Die Geschich- Oma auf die Suche nach den von ten sind eine Form von Punkrock- der Hexe gestohlenen Kinderlie- Gesellschaftskritik, die wir auch dern. als „Die Traktor“ leben – was eher 5
Würdest du deine Band als Wahlfa- bisher der einzige Auftritt, der milie bezeichnen? stattfindet. Dafür haben wir mit Die Band ist auch für mich meine Wishmob zusammen Zoom-Proben. zweite Familie. Sie besteht schon Dabei können wir allerdings keine länger als meine eigene, neue Fa- Musik spielen. milie. Zum Beispiel ist auch der Wir hatten in diesem Jahr nur eine Bassist meiner Band der Patenon- einzige richtige Probe als Band und kel meiner Tochter. haben jetzt noch einen Tag vor dem OpenOhr eine weitere unter Ist schon mal etwas schiefgegan- Corona-Maßnahmen, mit Testen gen bei einem Live-Auftritt mit vorher. „Arne und die Strümpfe“? Es gibt normalerweise eine Szene, Wollt ihr nächstes Jahr wieder- in der die Hexe den Kindern die kommen auf das Open Ohr? Kinderlieder klaut. Dabei dürfen Auf jeden Fall! Ich würde so gerne live auch Kinder aus dem Publikum die Kinder und die Familien vom ein Kinderlied singen und bekom- OpenOhr auch persönlich kennen- men dafür von der Hexe eine lernen. Im Theaterzelt einmal die Süßigkeit. Das ist bei einem Auf- Kinder zu bespaßen war immer ein tritt so ausgeartet, dass nur diese großer Traum. Ich hoffe, dass wir Szene 45 Minuten dauerte, weil je- irgendwann wieder in echte Kin- des Kind singen und einen Lutscher deraugen schauen können. haben wollte. Aufgrund dessen ha- ben wir dann irgendwann mal das Hast du noch etwas, das du los- Stück geändert – wir wurden halt werden möchtest? nicht fertig. Kinderrechte gehören ins Grundge- setz! Proben unter Corona-Bedingun- gen – wie sieht das bei euch aus? (fe) Das OpenOhr ist in diesem Jahr 6
Das Leben als Du Dies hier ist vielleicht eine Liebes- xuell, fühlte sich auch nicht richtig erklärung an dich, vielleicht ist es an. 2018 sollte sich das Leben die- aber auch eine Liebeserklärung an ses Jungen schlagartig verändern mich. und das hat es auch. Er traf diese Bevor wir beginnen und die Schrit- eine Person im Leben, die sein Le- te voraus wagen, gehen wir ein ben um 180 Grad gedreht hat. Er Schritt zurück. Damals, 2016. Da traf diese eine Person, die ihm das gab es diesen einen Jungen. Er war gab, was er doch so dringend be- so verunsichert und konnte keine nötigt hatte. Bedingungslose Liebe klaren Blicke fassen. Die Umwelt, in jeglicher Form und die Freiheit, die Gesellschaft bereiteten ihn die Chance sich bestätigt zu fühlen kein einfaches Leben. Da saß er in seiner selbst. Dieser Junge, der nun, im Religionsunterricht in der Protagonist dieser kleinen wahr- zehnten Klasse. Vor ihm lag die haftigen Geschichte, hat über die Frage „Wer bist DU?“ Nach einer Zeit so einiges dazu gelernt. Heu- langen Zeit voller Missgunst, Hass te, definiert er sich als Genderflu- und keiner Akzeptanz war er sich id. Als ein Zusammenspiel, als nun ziemlich sicher, dass er nicht Mann und Frau. Und auch, wenn „er“ ist und ganz sicher nicht die Möglichkeiten immer noch be- „normal“. Nur, was er nun wirklich grenzt sind, frei als das zu leben ist… viel besser, wer oder was er was er ist. Er ist sich sicher. Er nun wirklich sein wollte, wusste er wird niemals nur ganz Frau, ganz auch nicht zu diesem Zeitpunkt. Mann sein, sondern ein Remix aus Irgendwie hatte dieser Junge doch beiden. Und das, macht ihn, macht alles was er wollte… eine unter- sie, zu so einer starken und einzig- stützende Familie, Freunde, ein artigen Person. Manche Menschen tolles Leben. Doch, sein Leben sind nicht nur einzigartig, sie fal- fühlte sich nicht vollkommen an. len aus dem Raster der gewöhnli- Es fehlte etwas in seinem Leben. chen Einzigartigkeit aller. Das Zum einen fehlte diese eine Per- macht sie so gesehen, doppelt be- son. Diese eine Person, die ihm in sonders? seinem Dasein wirklich bestätigen konnte. Zum anderen fehlte ihm (anonym) die Perspektive. Er wusste, dass er nicht hetero ist, aber nur homose- 7
OpenOhr-Rätsel 1. Auch wenn man seine und trotzdem würde man (fast) al- (Wahl-)Familie manchmal gerne les für sie tun? auf den Mond schießen würde, hat 6. Was ist ein anderes Wort für man doch eine Menge … für sie. Streit? 2. Etwas, das in keiner Beziehung 7. Wie nennt man eine Familie, in zu Familienmitgliedern, der die Partner*innen ihre Kinder Freund*innen und Bekannten feh- miteinbringen? len darf. 8. Wenn Familien individuelle 3. Wenn es einmal gebrochen wur- regelmäßige Rituale haben, nennt de, ist es schwierig, es wiederher- man dies … . zustellen. 9. … ist das A und O einer Bezie- 4. Vor allem in der Pubertät wür- hung. de man sie gerne zum Mond schie- 10. Welche Menschen werden oft ßen. als Wahlfamilie betitelt? 5. Welche Menschen können einen 8 am besten zur Weißglut bringen (as)
Bingo „Typisch Familie“ In diesem Bingo habe ich mal ein paar Sätze zusammengefasst, welche man innerhalb der Familie ständig zu hören kriegt. Die Sachen müssen natürlich nicht eins-zu-eins, sondern sinngemäß genannt werden, um ein Kreuzchen zu machen. Mal sehen, wobei ihr eure Eltern, Kinder oder aber euch selbst ertappt… (af) 9
Familie ist (für mich) … Wir haben, passend zum diesjähri- … niemals allein zu sein. (Petronel- gen Motto des OpenOhrFestivals, in la) unseren Freundes- und Bekannten- ... pure Liebe mit Streiten und Ver- kreisen, aber auch über Social Me- zeihen, ein spontanes „Ich hab dich dia gefragt, was Familie ist, ganz lieb“, Geborgenheit und gemein- individuell, aber auch generell. sam eingekuschelt Bücher vorlesen Hier findet ihr nun die zahlreichen auf dem Sofa. (Jessi) Antworten, die ein buntes Bild er- … ein bunter Haufen gefüllt mit geben. Liebe und Zusammenhalt. (@pfad- finderin_scout) … mein Rückhalt in allen Lebensla- … morgens um den Platz im Bad gen. (Dr. Eckhardt Lensch, Sozial- rangeln, mittags darüber streiten, dezernent Mainz) wer die Geschirrspülmaschine aus- ... ein Rückzugsort (Mainzer Ober- räumt und sich abends bei Sonnen- bürgermeister Michael Ebling) untergang in den Armen liegt. … da. (@feebadenius) (Charlotte) … sich fallen lassen. (Lukas) … da, wo ich sein kann, wie ich … wenn man sich streitet, sich aber bin. (Lukas) trotzdem unterstützt, wenn es … Chaos, Lachen, Vertrauen und wichtig ist (@curiouscookiie) das wichtigste auf der Welt! (Sand- … für mich Rückhalt, Unterstüt- ra) zung, tröstende Schultern und ein … ist für mich mein Heimathafen. Rückzugsort. (Lisa) (@nevaphonix) … sind die Menschen, die einem … Segen und Familie gleichzeitig. Geborgenheit, Sicherheit und be- (Johannes) dingungslose Liebe schenken. (@se- … immer da! (Felizia) mih_z) … da, wo ich mich Zuhause fühle. … mein Rückzugsort. (Berit) (Cedric) … nicht immer einfach, aber immer ... Sonnenschein im Herzen auch für dich da. (Anna Luisa) wenn’s im Leben stürmt. (Jessika) … immer irgendwie da, sowohl weit … eine Gruppe von Menschen, mit weg als auch ganz nah bei mir, mal denen man über alles reden kann. Halt gebend, mal den Boden unter (Cedric) den Füßen wegziehend. (@cellisto- … Zusammenhalt, der Ort an dem mephisto) man auch mal schwach sein kann, 10
Rückhalt und Wärme. (Annalena) … wie das Wetter: mal sonnig, mal … Zusammenhalt und eine ewige wolkig, manchmal gewittert es, Verbundenheit (auch wenn man aber es ist immer da, und ganz sich manchmal eine andere selten spannt sich bei Regen und wünscht) (Svetlana) Sonne ein Regenbogen über alles. … wenn man weiß, wem man Es- (Katharina) sen klauen darf und wem nicht. … uneingeschränkte never ending (@gretaswelt) Love! (Sandra) … Probleme gemeinsam zu lösen. … Freunde. (Cedric) (Michael) (zusammengetragen von ks) Gedankenkarussell: Habe ich das Recht mich zu beklagen? Ich kann mich nicht beklagen, den oder sich komplett zurückzie- wenn meine größten Probleme hen, durch den Entzug sozialer sind, dass ich die Clubs, Bars, Res- Kontakte. taurant und Hauspartys vermisse. Ich kann mich nicht beklagen, Ich kann mich nicht beklagen, wenn Kinder schreckliche Kindhei- wenn andere ihren Lebenstraum ten durchstehen müssen. aufgeben müssen, da sie sich sonst nicht über Wasser halten können. Ich kann mich nicht beklagen, wenn ich nie Not leiden musste. Ich kann mich nicht beklagen, wenn Menschen ihre Liebsten Doch kann ich mich beklagen, nicht gebührend verabschieden ohne ein schlechtes Gewissen zu können. bekommen? Ohne daran zu den- ken, wie sehr sich andere Men- Ich kann mich nicht beklagen, schen mein Leben wünschen wür- wenn ich sehe, wie sehr Kinder den? Kann ich mich beklagen? und junge Jugendliche unter der Pandemie leiden. (as) Ich kann mich nicht beklagen, wenn Menschen fast verrückt wer- 11
Gendersternchen und Feminismus -> Segen oder Fluch? Wir haben uns mit zwei Freunden konservativ sind; fühlt sich an wie über das Gendern und den Femi- Inszenierung; Geschlecht sollte nismus unterhalten. Im Folgenden kein Thema sein; fühlt sich ko- haben wir die Eindrücke aus die- misch an zu gendern; ist in vielen sem Gespräch als Stichpunkte auf- Kreisen noch gar nicht angekom- gelistet: men; wird als neue Entwicklung wahrgenommen; es rückt Men- Es gibt zu viele Optionen fürs Gen- schen in den Fokus, die es lieber dern; vielleicht wäre eine einheit- hätten, als Mensch gesehen zu liche Lösung besser; alternative werden; Gleichberechtigung kann Option: neutraler Nenner besser? auch durchs Gendern nicht durch- Manchmal wird übertrieben: Es gesetzt werden, weil die Rollen- gibt Leute, die zum Beispiel verteilung in den Köpfen der Leute „Fachkraft“ gendern; Gendern festsitzt und nicht auf Papier. wirkt oft aufgezwungen; Sprache entwickelt sich und man kann die- Insgesamt haben wir festgestellt, se Änderungen nicht erzwingen; dass wir alle unsere Gründe haben, Sprache wegen der Geschichte der übertriebenes Gendern und über- Welt auf Männer ausgelegt und das triebenen Feminismus zu verurtei- soll jetzt sehr zwanghaft geändert len. Zeichen wie das Genderstern- werden? Vergleich mit Umerzie- chen lösen nicht die Probleme hung von Rechtshändern als Bei- unserer Gesellschaft. Das Umden- spiel dafür, dass erzwungene Än- ken muss in den Köpfen der Men- derungen nicht funktionieren; schen stattfinden und nicht auf fühlt sich wie ein Trend ein; Gen- dem Papier oder durch den Ver- dern kann auch negative Effekte such diese Änderung zu erzwingen, auf Betroffene haben, da z.B. die da dies Trotzreaktionen herbeifüh- Bezeichnung Hauptfrau statt ren kann. Hauptmann als Herabstufung ge- (bd, ch) wertet werden kann, insbesondere wenn die Menschen im Umfeld 12
„Das mache ich später mal ganz anders!“ Austausch zwischen verschiedenen Generationen Familie. Für viele Personen fast über dieselben Themen und ver- Synonym zu Geborgenheit, Solida- hält sich gegebenenfalls anders. rität oder Unterstützung und da- Dieses Phänomen lässt sich nicht mit das höchste Gut und ange- nur gegenwärtig beobachten. Ein strebtes Ziel im Leben. Doch nicht besonders populäres, historisches immer läuft alles harmonisch und Beispiel bietet wohl die „68er-Be- ohne Konflikte ab. Jede Familie wegung“. Die Anhänger grenzten hat schon einmal Streit und Pha- sich von der Generation ihrer El- sen angespannter Stimmung tern, den damit verbundenen Re- durchlebt. Vielleicht wurde ver- geln und Einstellungen radikal ab, gessen die Spülmaschine auszuräu- indem sie die Vorschriften nicht men, die Schuhe haben Spuren im mehr befolgten, auf der Straße Wohnzimmer hinterlassen oder demonstrierten. Nicht nur mehr weniger banale Auslöser wie Lügen Mitspracherecht und Gleichbe- oder Diebstahl, waren die Ursa- rechtigung waren Teil ihrer Wün- che. Auseinandersetzungen und sche, sondern unter anderem auch Spannungen im familiären Umfeld das Ablegen der „prüden“ und können durch vieles ausgelöst konservativen Werte und Einstel- werden – egal ob weniger drama- lungen der älteren Generation. tisch oder sehr gravierend. Be- Damit kann diese Bewegung wohl hauptungen wie „Das werde ich als Paradebeispiel für den potenzi- später ganz anders als meine El- ellen Wertekonflikt verschiedener tern machen!“ kennt wohl jede*r. Generationen gesehen werden. Dahinter steckt der Wunsch sich von seinen Eltern, ihrer Erziehung Verschiedene Generationen – ver- und ihren Ansichten, ihrer Art sich schiedene Themen also? Gleichalt- zu kleiden oder ihrer politischen rige sind häufig aus derselben Einstellung abzugrenzen, mit dem Peergroup, sie teilen Interessen Wunsch bestimmte Dinge explizit und Wissen: Der Erfahrungsstand anders zu machen als die eigenen ist bei Kindern anders als bei Er- Eltern. Man geht also häufig mit wachsenen und sie haben noch Menschen unterschiedlicher Gene- nicht so viel Wissen und somit ein rationen anders um, spricht nicht ganz anderes Verständnis vom Le- 13
ben als ältere Personen, die be- ses vergleichsweise ähnliche Erle- reits mehr Krisen überstanden ha- ben der Abschnitte des Lebens gibt ben. So durchlaufen sie uns oft die Möglichkeit der Identi- unterschiedliche Phasen des Le- fikation mit Gleichaltrigen und ih- bens, während Angehörige dersel- ren Problemen. Man hatte teilwei- ben Generation im selben Moment se schon ähnliche Sorgen und kann (annähernd) dasselbe durchleben: sich selbst in der Situation wieder- Kinder besuchen mit Gleichaltrigen erkennen. So tauscht man sich (dieselbe) Schule und erleben dort dementsprechend oft mit Gleich- ähnliche Dinge, lernen Ähnliches altrigen bzw. teils sogar Gleichge- und sammeln gleichartige Erfah- sinnten darüber aus und kann Ver- rungen. Jugendliche bzw. junge bündete finden. Es kann aber auch Erwachsene teilen Erlebtes und umgekehrt passieren, dass man in Erkenntnisse, wenn zwar nicht den Eltern bzw. den Älteren Ver- zwangsläufig derselben Art in Be- bündete findet, die Trost und zug auf ihr späteres Leben Unterstützung bieten können, (schließlich studiert nicht jede*r wenn es Streit mit Gleichaltrigen oder macht eine Ausbildung und gibt. Sie können vermitteln, helfen die verschiedenen Lebenswege Lösungen zu finden oder einfach und Biographien unterscheiden nur eine tröstende Schulter bie- sich), so sind es doch vergleichba- ten. Sie sind die ersten Menschen, re Themen, die sie beschäftigen: mit denen wir als Babys Kontakt die erste große Liebe, der erste haben und damit die engsten Ver- richtige Herzschmerz beispielswei- trauten. Die Eltern haben also se, die erste eigene Wohnung oder auch eine Vorbild- und Erziehungs- Erlebnisse auf Partys – wenn sie funktion zu erfüllen. Das kann denn bald wieder möglich werden. natürlich schön sein, vor allem, Erwachsene, die schon einen län- wenn Dankbarkeit zurückkommt, geren Lebensweg hinter sich haben aber so sind es auch sie, die den und schon mehr wichtige Entschei- Kindern schon von Geburt an Re- dungen treffen mussten, haben geln und Struktur im Rahmen der zwar auch keine identischen Ent- Sozialisierung geben. Vorschriften wicklungen hinter sich und unter- und Verbote machen (den wenigs- schiedliche Fähigkeiten, aber doch ten) Kindern Spaß und so haben vergleichbarere Kompetenzen und die Eltern als ihre Erzieher*innen Wissen vom Leben. Für sie steht die undankbare Aufgabe der nicht bald das erste Mal „Steuerer- „Spaßbremse“, die das, was wenig klärung“ auf der To-Do-Liste. Die- Spaß macht übermitteln müssen. 14
Genau in diesem Zusammenhang nicht. Viele Aspekte beeinflussen kommen deshalb viele Konflikte dies, allen voran die Sozialisie- und Meinungsverschiedenheiten rung, die man erfahren hat. Nie- zusammen, weil die Beteiligten mand hat die gleichen Anfangsbe- sich meistens mit einem anderen dingungen wie eine andere Person Erfahrungs- und Wissensstand be- und so ist auch der Umgang, das gegnen und so unterschiedliche Verhältnis oder die Wahrnehmung Sichtweisen aufs Leben haben. nicht gleich. Und dies sollte man immer im Hinterkopf behalten: es Egal ob man in den Eltern oder gibt nicht DAS universelle Ver- Kindern, Verbündete oder Men- ständnis vom Austausch zwischen schen, von denen man sich abgren- den Generationen, sondern immer zen möchte, sieht, die Wahrneh- viele Aspekte zu berücksichtigen. mung und der Umgang mit Nicht- Doch egal ob Schulkind, Studieren- Gleichaltrigen ist immer eine de oder ältere Personen, dass man persönliche, individuelle Angele- zu Menschen aus verschiedenen genheit und von vielen Faktoren Altersgruppen teils einen unter- abhängig. Keine Person ist iden- schiedlichen Umgang pflegt, haben tisch zu einer anderen. Keine Fa- wohl die meisten von uns schon er- milie ist wie eine andere. Und so lebt. Deshalb fragt euch doch beim ist es natürlich auch subjektives nächsten Mal, wenn dieser Unter- Empfinden, das hier eine bedeu- schied auffällt, was die Hinter- tende Rolle einnimmt. Ob man in gründe dafür sein könnten und wie seinen Eltern Vorbilder sieht oder man damit umgeht! „es ganz anders machen möchte“, hängt vom Verhältnis zueinander (lh) ab – ob man sich gut versteht oder Coffee to go Die Zutat die ich brauch Den Geruch den ich rauch Sportlich wie ein Ass, trinke ich Kaffee on mus Ich glaube, du brauchst es heute Morgen auch (ch) 15
I know, you know that here is home Was ist eigentlich Familie? Wer ist Herz. Ich werde nie wirklich weg meine wahre und echte Familie? sein, meine über alles geliebte Fa- Erinnert mich irgendwie an die milie. Ihr werdet immer Heimat Frage wer meine echten und wah- für mich sein. Denn Familie ist für ren Freunde sind… Ich beantworte mich dort, wo mein Herz niemals mir die Frage damit, dass ich sage, aufhören wird zu schlagen. Ich bin meine Familie, mein Zuhause ist niemals ganz weg, immer irgend- dort wo mein Herz niemals aufhört wie bei euch. Und wisst ihr was zu schlagen. Wenn ich mir dies in noch viel schöner sein wird, ihr Erinnerung rufe, fühlt sich das al- auch immer bei mir. Es wird les gar nicht mehr so schwer an. schwer und… ich werde euch so sehr vermissen, ihr mich auch… Ich bin bald dabei meine Heimat doch, wir werden das schaffen. Ihr zu verlassen und meine „eine“ Fa- seid mein Herz und ich bin euers. milie, mit der ich schon mein gan- Diese Reise werde ich allein antre- zes Leben lang verbracht habe. Es ten müssen, aber hinter mir steht ist Zeit für neue Wege und für ein immer ihr! Ein Umzug allein, in ein neues Kapitel in meinem Buch des neues Bundesland, in eine neue Lebens. Ich freue mich und habe Heimat und zu einer neuen Familie Angst. So geht es mir gefühlt jeden ist niemals leicht. Vielleicht, für Tag und es wird wohl auch nicht den einen oder anderen, aber besser, bis zu dem Tag, an dem ich nicht für mich. Doch, ich gestehe, in meine neue Heimat reisen wer- dass das okay ist und vielleicht den… zu meiner zweiten Familie, auch so sein muss. Man weiß ja die nun meine Tage bereichern nicht, was einen erwartet und vor werden. Diese Entscheidung zu allem war meine Familie immer treffen ist überhaupt nicht ein- um mich herum. Plötzlich, von ei- fach, keineswegs. Man spielt mit nem auf den anderen Tag soll es den Gefühlen von allen und fühlt nicht mehr so sein, das ist wahn- sich, als könnte man niemals je- sinnig und gruselig…aber okay so. manden gerecht werden. Doch, so Ich werde bereit sein und bin es schwer es auch sein mag, dies war vielleicht jetzt schon. Ich werde und ist der Zeitpunkt, an dem ich meine Wege bestreiten und loslas- auf MICH hören muss. Auf meinen sen, so wie man mich auf die gro- Kopf, auf meinen Bauch, auf mein ße weite Welt hinauslässt. Ich wer- 16
de sagen „water off the duck‘s Yes, I know that I know that here back“. Ich werde euch immer lie- is home
celli zu schreiben. Ein*e Mitschü- drea Bocelli. ler*in fragte mich, warum ich es So positiv und einfach sich meine gerade als wichtig empfinde, einen Worte auch anhören mögen, so Menschen wie Bocelli statt Ste- einfach und positiv ist die Realität phen Hawking, der doch viel ent- leider nicht. Nach einem kritischen scheidender war, auf der Welt zu Gespräch mit einer Person meines haben. Meine Antwort darauf lau- Vertrauens, erkannte ich wie blau- tete „Es ist die Musik!“. Ja, in äugig und träumerisch ich an die meinem Leben spielt die Musik Thematik PID rangegangen bin. eine sehr große Rolle, größer als Stellen wir uns einen schwerbehin- die von der Wissenschaft der Phy- derten Menschen vor, der nichts in sik. Musik ist Leben. Mit ihr fühle seinem Leben tun kann, außer at- ich, denke ich und spreche ich, men… Vielleicht kann er nicht mal mit ihr verliere ich mich und finde das allein. Möchte so ein Mensch den Weg zu mir doch wieder zu- überhaupt existieren? Kann so ein rück. Bocelli schafft mit seiner Mu- Mensch, sich als eine geschaffene sik alles und erweckt in einem das Kreatur Gottes sehen? Ich kann es Gefühl von einer puren Überrei- mir beim besten Willen nicht vor- zung aller Gefühle, die man be- stellen. Diese Seite ist nicht die sitzt. An ihm wird deutlich, wie negative Seite der PID, sondern die wichtig die Musik für unser Leben kritisch umstrittene andere Seite ist. Dank Musik ist Andrea Bocelli meiner Meinung und Auffassung. überhaupt so weit im Leben ge- Alles läuft hinaus auf die Frage der kommen, dank Musik gab er nie- Gewissensethik und Nutzenethik mals auf. PID hätte diese große In- hinaus (Was ist das größte Nutzen spiration, dieses Wesen, an dem und was das größte Glück? Was ist sich jeder ein Stück abschneiden richtig oder falsch), es bezieht sich könnte und müsste, einfach in den auf das einzelne Individuum in ers- Müll geworfen. In den Müll! Das ist ter Linie. Man muss sich selbst die unvorstellbar, doch so funktioniert Frage stellen, ob man diesen Men- die PID. schen wirklich das Leben schenken möchte, obwohl man weiß, dass Gott schuf uns mit all unseren Fa- dieser niemals wirklich glücklich cetten und all unseren Fehlern. sein wird und niemals wirklich le- Wir sind Individualität, jeder ben kann. Wäre dieser Mensch Mensch ist davon ein Teil und hat dennoch ein Teil unserer Individua- sein Sinn und Zweck in dieser Indi- lität? Ja und Nein. Eine Antwort vidualität. Auch Menschen wie An- darauf zu finden ist unmöglich, 18
denn egal wie sehr man versucht, kommen, das Ziel der Frage „Time einen Menschen zu verstehen und to say goodbye“? Die PID besitzt nachzuempfinden was er fühlt, so- zwei Seiten. Einmal die hilfsberei- lange man nicht in seine Haut te Seite und die mörderische Sei- klettern und in ihr herumlaufen te. Sie hilft Menschen besser mit kann (Diese Metapher stammt aus ihren Schicksalen umzugehen und dem Werk „Wer die Nachtigall versucht Menschen, die im Leben stört“), dürften wir uns nicht das niemals Freude verspüren können, Recht nehmen über diese Men- dieses Leid zu nehmen. Anderer- schen zu reden, geschweige denn seits töten sie Individuen, schmei- zu urteilen oder für sie zu ent- ßen sie einfach in den Müll. scheiden. Auch kann man nicht ge- nau darüber urteilen ob Eltern sol- Für welche Seite entscheiden Sie cher Kinder, die Kinder annehmen sich? oder gar nicht erst das Recht auf Leben geben wollen. Wir können (anonym) bzw. ich kann es nicht nachvoll- ziehen, was diese Eltern eigentlich Quellenverzeichnis: alles durchmachen müssen, es ist https://de.wikipedia.org/wiki/ kaum vorstellbar. Diese Seite mei- Andrea_Bocelli ner Meinung, bleibt also weiterhin Lyrik: „Wer die Nachtigall stört“ kritisch umstritten. von Harper Lee, veröffentlicht am Jedoch möchte ich trotzdem auf 11. Juli 1960 einen Weg in Richtung des Zieles Das Einhorn was pupst Das Einhorn hat gefurzt Ahh, Einsturz! Ich bin wieder wach. Einhörner sind doch ganz schön schwach. Kurz, es ist mir furz! (ch) 19
Vertrauen Achtung! Der folgende Text ent- tung des Geräusches. Immer noch hält gewalttätige Handlungen. sehe ich keinen Grund für den Wenn du unter 18 bist, bereits markerschütternden Laut, der sich schlechte Erfahrungen mit Ge- just in dem Moment erneut wie- walt gemacht hast oder es ande- derholt. Vorsichtig taste ich mich re Gründe für dich gibt Gewalt weiter vor zur Klippenkante. DA! zu meiden, bitte ich dich diesen Eine Hand, die sich verzweifelt an Text auszulassen. die Steinwand klammert. Ich gehe vorsichtig noch ein paar Schritte, Ich gehe durch einen Wald. Rechts dann lasse ich mich auf die Knie von mir ist Dickicht, links zieht sinken und spähe über die Kante. sich die Steilküste parallel zum Angstgeweitete Augen starren mir Weg. Es geht auf dieser Seite meh- entgegen. Ich kenne diese Augen, rere Meter fast senkrecht in die ich kenne ihn, der dort hängt. Zu- Tiefe. Ich achte darauf, der Kante mindest bin ich überzeugt, dass nicht zu nahe zu kommen, da die- ich ihn kenne. Seine zweite Hand se sehr schnell unter meinem Ge- hängt frei in der Luft. Ich strecke wicht wegbrechen und mich in den ihm wider jede Vernunft meine ei- Abgrund reißen könnte. Eine beru- gene Hand entgegen. Versuche ihm higende Böe streicht durch mein zu sagen, dass er nach ihr greifen Haar. Ich lausche dem Rauschen soll. Zuerst scheinen ihn meine der Blätter und gehe gemächlich Worte nicht zu erreichen, dann weiter. Vor mir öffnet sich der schnellt seine Hand in Richtung Wald zu einer Lichtung. Nun höre der meinen. Zu spät bemerke ich ich auch das tosende Meer am Fuß das silberne Blitzen des Schwertes der Klippen. Ein lautes Knacken in der freien Hand. Instinktiv greift wie von brechendem Gestein reißt meine andere Hand nach vorn um mich aus meinen Tagträumen und den Gegenstand, der nun fällt, lässt mich erstarren. Zuerst denke aufzufangen. Überrascht stelle ich ich, dass ich nun doch zu weit an fest, dass es sogar funktioniert den Rand geraten bin. Ich erwarte hat. Geschockt ziehe ich mich ein zufallen, doch nichts passiert. Ein wenig zurück und betrachte mit weiteres Knacken dringt an mein wachsendem Entsetzen das Etwas Ohr und lässt mich schaudern. Ver- in meiner Hand. Es ist die Hand, wirrt und besorgt sehe ich in Rich- die ich ihm helfend entgegenge- 20
streckt habe, nur wenige Sekun- doch nur helfen! Haben sie ihn den zuvor. Aus dem dazugehörigen entdeckt? Haben sie ihn doch ret- Stumpf spritzt das Blut in alle ten können? Ist er abgestürzt? Richtungen. Ich spüre jedoch Konnte er das überleben? Fragen nichts. Der Schock betäubt mich über Fragen überschwemmen mei- offenbar. Ich will gerade nochmal nen Verstand zwischen den wogen- nach ihm sehen, da sind auf ein- den Wellen des Schmerzes, die mal mehrere Menschen um mich über mich hinwegrollen. Dann spü- herum, die mich von der Kante re ich einen leichten Stich in der wegreißen. Ich bin nicht dazu in Armbeuge oder bilde ich mir das der Lage irgendetwas zu sagen ein? Kein Gedanke lässt sich länger oder zu tun. Sie verarzten mich als einige Sekunden festhalten. und die abgetrennte Hand. Immer Doch dann ebben die Schmerzen wieder versuche ich einen Blick langsam ab, meine Gedanken flie- zur Klippe, zu ihm, zu erhaschen. ßen nun zäh wie Honig. Sie müssen Doch es sind so viele Menschen im mir ein Schmerzmittel gespritzt Weg, dass ich nicht sehe, ob er haben. Vorsichtig öffne ich meine auch gerettet, ob er überhaupt Augen und blicke in die besorgten von den Leuten entdeckt wurde. Gesichter meiner Freunde. Warme Dann schießt auf einmal der Dankbarkeit erfüllt mich, bevor al- Schmerz durch meinen Arm. Ein les schwarz wird. Schrei dringt an meine Ohren. Bin das ich oder jemand anders? War- (bd) um hat er das getan? Ich wollte Catwoman Ich bin eine Katze. Du findest mich, auf deiner Matratze. Ich bin lieb aber auch böse Ziemlich skandalöse Ich bin doch nur die Hauskatze. (ch) 21
WIR BILDEN AUS Familie finden in einer WG Das Studierendenleben wird oft als Als eine der Studierenden, die erst die beste Zeit des Lebens mit we- in der Pandemie anfingen zu stu- nig Schlaf, ausartenden Partys und dieren, kann ich sagen: Quelle sur- Freundschaften, die fürs Leben prise, nicht viel. Aus meinem Stu- halten, gehalten. Viele Schüler*in- diengang kenne ich nach zwei nen arbeiten, meiner Meinung Semestern, also bereits einem gan- nach, mehr auf diese Erfahrung hin zen Jahr, nicht mehr als zwei Per- als auf das tatsächliche Studium. sonen. Selbst diese Personen ken- Das Studium ist nur ein Anhängsel ne ich nur über Zoom und wir sind mit wiederkehrenden einschläfern- eher Lernpartner*innen als den Vorlesungen, Exkursionen und Freund*innen. Alle anderen Kom- Seminaren. Doch was bleibt aus militon*innen sind schwarze Ka- diesem wilden Studierendenleben cheln mit weißen Namen, die ich mit Ausgangssperren, Kontaktbe- mir nicht in drei Jahren merken grenzungen und Online-Unterricht? werde. Diese Quote von neuen 22
Freundschaften in einer neuen tun hat? Wie erkläre ich, dass ich fremden Stadt ist eher deprimie- vor zwölf Uhr nicht angesprochen rend. werden kann, ohne das Köpfe rol- len? Was ich davor nicht wusste, Dass aktuell keine Partys stattfin- niemanden juckt das alles. Nie- den, muss ich denke nicht erwäh- mand hat ein Problem damit, nen. Das „versprochene“ wilde wenn ich nachts anfange zu ba- Studierendenleben besteht derzeit cken, sondern sie freuen sich am aus Wizard spielen (diejenigen un- nächsten Morgen über frische Muf- ter euch, die dieses Spiel nicht fins. Keiner hinterfragt den Fakt, kennen: kauft es!), Wein trinken, dass ich mich besser mit trauriger über Corona reden und merkwür- Musik konzentrieren kann. Vor al- dige Rezepte auszuprobieren, die lem aber bin ich nicht, wie immer im Internet kursieren. Trotz dieser gedacht, ein Morgenmuffel. Mir ist Tatsachen fühle ich mich in meiner erst durch meine Mitbewohner*in- neuen Heimat wohl. Ausschlagge- nen klar geworden, dass viele bend dafür ist meine WG, die für Eigenheiten, die wir selbst als Rie- mich inzwischen sehr viel mehr als sending sehen, absolut nicht rele- nur eine Wohngemeinschaft ist. vant sind. Jede*r hat merkwürdige Ohne etwas zu romantisieren oder Eigenarten und genau da liegt, die zu verschönern, kann ich behaup- Lösung: Jede*r hat sie. Wie unnö- ten in meinen Mitbewohner*innen tig ist es sich Gedanken über eine neue kleine Familie gefunden Eigenarten zu machen, wenn nur zu haben. Anfangs war ich skep- du sie als Problem siehst? Wenn tisch… Wie soll das funktionieren? fremde Menschen dich aufgrund Wie schaffen wir es, uns nicht deiner Eigenheiten nicht kennen- gegenseitig die Köpfe einzuschla- lernen, ernst nehmen oder im gen? Und vor allem: Wie zur Hölle schlimmsten Fall sich über dich soll ich meinen Mitbewohner*innen lustig machen, haben sie dir einen meine komischen Gewohnheiten Gefallen gemacht. Den Gefallen erklären? Wie soll ich es rechtfer- zu erkennen, wer hinter dir steht tigen, um zwei Uhr nachts anzu- und wer nicht, trotz oder gerade fangen Muffins zu backen? Wie wegen deiner Eigenarten. stelle ich klar, dass die traurige Musik aus meinem Zimmer auf vol- (as) ler Lautstärke nichts mit Traurig- keit, sondern mit Konzentration zu 23
Willkommen in unserer Familie Wir leben in einer Zeit, in der lem ist jedoch nicht etwa die Untersuchungen wie die Pränatal- Beeinträchtigung selbst, sondern diagnostik (PND) immer präsenter die Frage, wie die Gesellschaft werden. Eine Zeit, in der „Desig- und wir persönlich damit umge- nerbabys“ keine reine Utopie mehr hen – Zum Beispiel als Angehöri- sind. In der ein Begriff wie „Wahl- ge*r eines*einer behinderten Per- familie“ plötzlich ganz neuen son. Einige Eltern schämen sich für Interpretationsspielraum zulässt. ihr beeinträchtigtes Kind. Zuhause Doch wie geht unsere Gesellschaft kann es für sie das Normalste auf mit all diesen Möglichkeiten um? der Welt sein, doch wenn bei ei- Ist es denkbar, dass schon bald nem oberflächlichen Smalltalk die keine Babys mit Behinderung mehr Frage nach Kindern aufkommt, zur Welt gebracht werden? Fragen kann die Antwort durchaus auch über Fragen. Und nein – Ich kann mal lauten: „Nein, wir haben kei- leider keine Antworten liefern, ne Kinder“. Grund dafür kann aber vor allem mit letzteren bei- einerseits, wie bereits erwähnt, den Fragen möchte ich mich gerne sein, dass sich die Eltern schämen. auseinandersetzen. Andererseits kann es aber auch Ich durfte vor allem im Rahmen sein, dass sie denken, sie würden meines Sozialpraktikums bereits ihr Gegenüber mit einer ehrlichen viele Erfahrungen mit Antwort bloß unnötig belasten. (schwerst-)behinderten Menschen Lieber gehen sie einer solchen sammeln. Ich durfte erleben, dass Unterhaltung aus dem Weg. Denn diese Menschen sehr wohl noch ak- klar ist: Behinderung ist auch tiv am Leben teilnehmen und dass heutzutage noch ein Tabuthema ihr Charakter durch die Erkrankung und das muss sich ändern. Ich nicht etwa verschwindet, sondern wohne in der Nähe einer Behinder- das einzelne Züge sogar verstärkt tenwerkstatt und wenn ich zufällig zum Ausdruck kommen. Man darf mal gegen Feierabend in die Bahn ihnen weder ihre Individualität ab- einstieg, konnte ich gut beobach- sprechen noch ihre Existenz. Ne- ten, wie sich viele Leute möglichst ben vorwiegend schönen Erfahrun- weit weg von den behinderten Ar- gen habe ich nämlich ebenfalls die beiter*innen setzten. Diese Men- Schattenseiten rund um das Thema schen kommen ihnen fremd vor, Behinderung erfahren. Das Prob- sie wissen nicht recht, mit der 24
Lage umzugehen. Wie auch, wenn Denn darüber zu reden, macht es der einzige Kontaktpunkt die öf- erst real. Naja, und da geht es ei- fentlichen Verkehrsmittel sind? Be- nigen Angehörigen ähnlich. Vor al- hinderte Menschen müssen mehr in lem den Angehörigen Schwerstbe- die Gesellschaft integriert und ihre hinderter wie ich selbst teilweise Existenz nicht außer Acht gelassen erlebt habe. In der Einrichtung, in werden. Und wer könnte besser welcher ich während meines Sozi- dazu beitragen als die Familie die- alpraktikums war, gab es z.B. das ser Menschen? Indem sie offen Angebot zur Physiotherapie. Doch über sie reden und erklären, in- auch wenn die eingeschränkten wiefern sich der Alltag dadurch Menschen sehr davon profitieren, vielleicht anders gestaltet. Ihn*Sie zeigen Angehörige vereinzelt Des- mit zum Stadtspaziergang nehmen. interesse an der Teilnahme. Sie re- Ihr Umfeld für dieses Thema sensi- den die Krankheit klein und ver- bilisieren. Die Menschen mehr ins gessen dabei, was ebendieser doch Licht rücken. Natürlich ist dies entgegenwirken könnte. Stattdes- nicht allein die Aufgabe der Fami- sen wird der Zustand des behin- lie. Letztlich liegt es an uns allen, derten Menschen teilweise sogar diese Menschen mit Beeinträchti- verschlechtert, wenn diesen gung nicht nur zu akzeptieren, Bedürfnissen zuhause bspw. nicht sondern sie aktiv zu integrieren. nachgegangen wird. Vor allem Denn sie sind es, die Gesellschaft dann, wenn das Kind erst nach- noch vielfältiger machen. Was an träglich erkrankt ist, fällt es den dieser Stelle allerdings auch be- Eltern sehr schwer, sich die neue tont werden muss, ist, dass es be- Lage einzugestehen und sich dar- reits viele Familien und Menschen auf einzustellen. Doch auch dies gibt, die offen mit dem Thema Be- sind nur Einzelfälle. Die breite hinderung umgehen und es somit Masse liegt sehr viel daran, dass Stück für Stück enttabuisieren. solche Angebote wahrgenommen Nun aber zurück zum anderen werden. Viele, aber eben nicht Grund, weshalb Eltern oder Ange- alle. hörige oft nur ungern über ihre be- Insgesamt haben sich beeinträch- hinderten Kinder sprechen wollen. tigte Menschen mit den Jahren zu- Es ist eigentlich recht simpel. nehmend etabliert. Was an vielen Kennt ihr den Moment, wenn euch Stellen falsch läuft, läuft an ande- etwas widerfahren ist, was ihr ren umso besser. Die Gesellschaft schlicht nicht wahrhaben wollt? ist offener geworden und doch gibt Richtig. Ihr redet nicht darüber. es noch viel Luft nach oben. Vor 25
allem die Familie muss ein Ort auch ernähren und wie gut unsere sein, an welchem Menschen mit Gene sein mögen. Genauso gut Behinderung Halt finden, an dem kann es passieren, dass ein Mensch sie geschätzt und gefördert wer- erst im Laufe seines*ihres Lebens den. Manchmal vergisst man, dass behindert wird. Umso wichtiger ist diese Menschen meist intensiver es, sich aktiv mit dem Thema aus- dazu in der Lage sind, ihr Umfeld einanderzusetzen und alles dafür wahrzunehmen als Menschen ohne zu tun, die Welt zu einem besseren Behinderung. Sie spüren, ob man Ort zu machen, in dem das eigene ihnen mit Zu- oder Abneigung be- Kind uneingeschränkt willkommen gegnet. ist – ganz egal, ob gesund oder Es besteht immer die Möglichkeit, beeinträchtigt. Kinder mit Beeinträchtigung zur Welt zu bringen. Ganz egal, wie (af) jung wir sind, wie gesund wir uns 26 Bild (fe)
Lasst uns bunte Bande binden Ich habe mir das diesjährige Motto eher dunkler und kraftvoller und mal vorgenommen und mit einer wieder andere schwingen sanft winzigen Änderung interpretiert. und zurückhaltend mit. Auf seine So wurde aus „Lasst uns bunte eigene Art und Weise, ob biolo- Banden bilden“ dieses Bild. Bei gisch oder selbst gewählt, verbin- den OpenOhrNachrichten haben den sich Menschen meistens zu wir uns intensiv über das Thema irgendeiner Familienart. Jedes ausgetauscht und dabei kam mir Mitglied in diesen Gemeinschaften die Idee dieser abstrakteren Dar- hat seine Höhen und Tiefen, die stellung des Themas. Meine Inten- die anderen aber oft ausgleichen tion ist es den tristen Alltag und können. Manche Gruppen sind et- alles was uns grau erscheint in den was größer, manche etwas kleiner Kontrast zu setzen zu den ver- und es gibt auch Extreme in denen schiedenen mehr oder weniger eine Familie nur aus zwei Men- bunten Möglichkeiten der Famili- schen besteht oder aus Unzähli- enbildung. Jeder Mensch hat eine gen. Ab und zu schleicht sich in so Seelenfarbe, manche sind aufge- eine Gruppe auch ein schwarzes weckt hell und fröhlich, andere Schaf ein, dass innerhalb der Ban- 27
de sein eigenes Ding dreht und nen Menschen, wenn er es schafft hier und da findet sich auch eine aus seiner familiären Haft zu ent- Einzelperson, die in eine Familie kommen und mit sehr viel Glück aufgenommen und durch die Struk- findet dieser Jemand einen neues turen innerhalb des Verbundes Familienband, in das er integriert leicht verändert wird. Es kann wird. auch jederzeit passieren, dass ein Das waren meine Gedanken zu neues kleines Fädchen in das Fami- dem Bild. Jetzt möchte ich es lienband verwoben wird. Ein neuer euch überlassen, ob ihr diese Din- kleiner Mensch, der sofort in die ge auch seht oder noch etwas ganz Gruppe gehört und nicht mehr anderes. Überlegt was für euch wegzudenken ist. Doch es gibt eure Familie ausmacht und wes- auch Familienverbindungen, die halb ihr bestimmte Menschen zu pures Gift für die Betroffenen dar- eurer Familie dazu zählt. Viel Spaß stellt, die entweder nebeneinan- beim virtuellen OpenOhrFestival. der im grauen Alltag existieren oder sogar gegeneinander agieren. (bd) Hierbei ist es meist besser für ei- 28 Bild (ch)
Lösung Rätsel 29
Redakteur*innen für OpenOhrNachrichten gesucht! Der Stadtjugendring Mainz e.V. kostenlos auf das Gelände. Dabei organisiert auf dem Open Ohr Fes- habt ihr die Gelegenheit viele tival seit vielen Jahren sein legen- Menschen, die bei diesem Festival däres Zeitungsprojekt mit tägli- mitwirken, persönlich kennenzu- chen Berichten über Musik- und lernen, einen Blick hinter die Ku- Kulturevents auf der Zitadelle. lissen der Festival-Organisation zu Wir suchen schon jetzt engagierte werfen und auch den Antworten Leute für die Bereiche Redaktion, fast all eurer Fragen steht hierbei Layout, Fotografie, Druck, Organi- nichts im Wege. Auf Wunsch kön- sation. nen wir euch ein Praktikumszeug- Wenn ihr zwischen 16 und 27 Jah- nis ausstellen. Bei einem Vorbe- re alt seid und Lust habt, die Ver- reitungswochenende im Frühling öffentlichung der Zeitung mit in lernt ihr die anderen Redak- die Hand zu nehmen und ein biss- teur*innen sowie das OON-Lei- chen hinter die Kulissen zu schau- tungsteam kennen. en, dann meldet euch per Mail unter mail@sjr-mainz.de an. Alte Meldet euch schon jetzt! Wir Ausgaben findet ihr auf unserer freuen uns auf euch! Internetseite www.sjr-mainz.de. Honorare können wir leider nicht bezahlen, ihr kommt allerdings 30
Unsere Unterstützer Wir sagen Danke! PFARRER-LANDVOGT- HILFE E.V. 31
Impressum Die Open Ohr Nachrichten sind ein Projekt des Stadtjugendring Mainz e.V., bei dem Mainzer Jugendliche auf dem Festivalgelände täglich eine Zeitung erstellen. Diese Zeitung muss nicht unbedingt die Meinung des Stadtjugendrings, des Veranstalters, oder der Pro- jektgruppe widerspiegeln. Wir freuen uns über Kritik, Anregungen oder Textbeiträge. Die Redaktion behält sich vor, Textbeiträge zu kürzen. Redaktion: Berit Detlefs (bd), Felizia Schug (fe), Lisa Hagn (lh), Anna Luisa Filtzinger (af), Cedric Heuer (ch), Annalena Safajoo (as) Die Urheber*innen der anonym veröffentlichten Artikel sind dem Leitungsteam der Redaktion bekannt. Leitung des Jugendprojekts „Open Ohr Nachrichten“ und ViSdP: ; Katharina Steiner (ks, SJR Mainz e.V.), Lukas Winterholler (lw, SJR Mainz e.V.), Titelbild: Felizia Schug (fe) Layout: Lukas Winterholler (lw) Auflage 500 Stück
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