Neu in der Interventionellen Radiologie - Bayerisches Ärzteblatt

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Neu in der Interventionellen Radiologie - Bayerisches Ärzteblatt
Neu in der Interventionellen
Radiologie

Mehrere High-Tech-Innovationen der           Novellierung der S3-Leitlinie zum                   die Wertigkeit einer lokalen Tumorablation mit
vergangenen Jahre prägen heute den kli-                                                          der einer chirurgischen Resektion gleichgesetzt.
                                             hepatozellulären Karzinom gibt
nischen Alltag in der Interventionellen                                                          Außerdem werden jetzt auch spezielle Empfeh-
                                             interventionellen Methoden mehr                     lungen zum Bridging vor L­ ebertransplantationen
Radiologie. Insbesondere sind hier die ak-
tuellen gerätetechnischen Entwicklungen      Gewicht                                             gegeben [1].
hervorzuheben. Eine zentrale Rolle für die
                                             Fall 1                                              Im vorliegenden Fall war in der Angio­grafie
fachliche Entwicklung junger Interventio-    Ein 60-jähriger Patient mit kompensierter           bei bestehender hochgradiger verkalkter
nalistinnen und Interventionalisten spielt   posthepatitischer Leberzirrhose nach Hepati-
zudem die Verbesserung der klinischen        tis C-Infektion (Stadium Child A) wurde mit
Aus- und Weiterbildung durch neue simu-      dem Befund eines unifokalen hepatozellulären
latorbasierte Methoden zum Erwerb prak-      Karzinoms (hepatocellular carcinoma, HCC) im
tischer und manueller Fähigkeiten.           Lebersegment 8 (Durchmesser 29 mm, Abbil-
                                             dung 1a) zu uns überwiesen. Im interdiszipli-
                                             nären Tumorboard war für das Bridging bis zur
                                             Lebertransplantation eine transarterielle Che-
                                             moembolisation (TACE) und die anschließende
                                             Mikrowellenablation (MWA) beschlossen wor-
                                             den. Grundlage für diesen Tumorboard­beschluss
                                             war die neue S3-Leitlinie für die Diagnostik und
                                             Therapie des HCC, die in der aktuellen Version
                                             zudem um das cholangiozelluläre Karzinom (cho-
                                             langiocellular carcinoma, CCC) erweitert wurde.     Abbildung 1a: T2-gewichtete MRT mit hyperintensem
                                             Unter bestimmten Kriterien wird d­ arin erstmalig   HCC-Knoten im Lebersegment 8 (Pfeil).

8       Bayerisches Ärzteblatt 1-2/2023
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                                                                                                Dr. Tobias Geith
                                                                                                Professor Dr. Philipp M. Paprottka, MHBA

Abbildung 1b: Angiografie über den hochgradig          Abbildung 1c: 3D-Navigation zeigt den optimalen       Abbildung 1d: Ergebnis der superselektiven Em-
stenosierten Tr. coeliacus: nur flaue Kontrastierung   Sondierungsweg.                                       bolisation des Tumorknotens (Pfeil) in der Leber
der Arterien und des HCC-Knotens (Pfeil).                                                                    nach Sondierung über die A. mesenterica superior
                                                                                                             (beachte den geschlängelten Sondierungsweg des
                                                                                                             Mikrokatheters).

S­ tenose des Truncus coeliacus nur eine sehr          rung bis in den „Tumorfeeder“ (tumorversorgende       Als nächster Schritt wurde die MWA des nun li-
 flaue Kontrastierung der Leberarterien und            Arterie) und die anschließende superselektive         piodolmarkierten HCC durchgeführt. Aufgrund
 des Tumors (Pfeil in Abbildung 1b) möglich.           Embolisation des Tumors mit Lipiodol und Epi-         des hohen Kontrasts zwischen dem lipiodolge-
 Auch mit einem Mikrokatheter konnte diese             rubicin problemlos möglich (Abbildung 1d). Das        sättigten Tumorknoten gegenüber dem restli-
 ­Stenose nicht passiert werden. Mithilfe mo-          Embolisationsergebnis wurde noch während des          chen Leberparenchym war die optimale Platzie-
  derner Navigationssoftware und unterstützt           Eingriffs mit einem Cone-Beam-CT überprüft.           rung der MWA-Sonde im Zentrum des Tumors
  durch Bildfusion wurde schließlich mittels com-      Dabei rotiert der C-Bogen der Angiografie­anlage      unter Echtzeit CT-fluoroskopischer Navigation
  putergestützter Gefäßnavigation ein geeigne-         einmal schnell um den Patienten und erzeugt           möglich (Abbildung 1f). Die exakte Lokalisati-
  ter Sondierungsweg gefunden (Abbildung 1c).          auf diese Weise Schnittbilder ähnlich einem           on des Tumors und die kontrollierte Platzierung
  Dieser verlief über stark torquierte Kollateralen    konventionellen CT. In der Bildfusion des Cone-       der Spitze der Ablationssonde sind wesentliche
  aus der A. mesenterica superior retrograd durch      Beam-CT mit der Vor-CT bestätigte sich die gu-        Voraussetzungen, um ein komplettes Ablations-
  die A. gastroduodenalis bis in die rechte Leber­     te Absättigung des Tumors mit dem Embolisat           ergebnis („A0“), analog zu einer vollständigen
  arterie. Darüber war die Mikrokatheter-Sondie-       (Abbildung 1e).                                       chirurgischen R
                                                                                                                           ­ esektion („R0“), zu erreichen [2].

                                                                                                                   Bayerisches Ärzteblatt 1-2/2023              9
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Abbildung 1e: Überlagerung des Cone-Beam-CT direkt nach der TACE und des          Abbildung 1g: Komplette Ablation des HCC-Knotens (Pfeil) im Kontroll-MRT nach
Vor-CT – gute Lipiodolspeicherung des HCC-Knotens (Pfeil).                        fünf Monaten (fettgesättigte kontrastverstärkte T1 in arterieller Phase).

                                                                                  Abbildung 1f: 3D-CT-        seiner hohen Röntgendichte nebenbei die ty-
                                                                                  Volumenrekonstruktion       pischerweise lipiodolspeichernden HCC-Herde
                                                                                  – Positionierung des        auch in absoluter Niedrigdosis-CT-Fluoroskopie
                                                                                  Mikrowellenapplikators
                                                                                                              (Geräteeinstellung < 10 mAs) gut lokalisierbar.
                                                                                  im Zentrum des lipio-
                                                                                  dolspeichernden HCC-        Dadurch wird die korrekte Positionierung der
                                                                                  Knotens (röntgendichte      RFA- oder MWA-Sonde erleichtert, die als we-
                                                                                  Strukturen wie Knochen,     sentliche Voraussetzung für eine vollständige
                                                                                  Metall und Lipiodol hier    A0-Ablation gilt [2].
                                                                                  türkis, Weichteile rot-
                                                                                  braun dargestellt).
                                                                                                              Im vorgestellten Fall fanden zwar TACE und MWA
                                                                                                              aus logistischen Gründen noch an zwei sepa-
                                                                                                              raten Terminen statt – mit heute verfügbaren
                                                                                                              Angio-CT-Hybridgeräten (Abbildung 2), also
                                                                                                              Kombinationsgeräten aus Angiografieanlage und
                                                                                                              Interventions-CT [3], können TACE und Ablation
                                                                                                              direkt aufeinanderfolgend in einem Arbeitsgang
Die Verlaufs-MRT nach fünf Monaten bestätigte          Für eine TACE wird das Chemotherapeutikum mit          durchgeführt werden, ohne den Patienten zwi-
eine komplette Ablation des jetzt avitalen HCC-        Lipiodol, einem öligen jodhaltigen Röntgenkon-         schen zwei Behandlungstischen umlagern zu
Knotens, der sich nur noch als eingeblutetes           trastmittel, gemischt. Dieses macht aufgrund           müssen. Dies bietet Potenzial hinsichtlich einer
­Residuum darstellte (Abbildung 1g).

Nach der aktualisierten S3-Leitlinie zur Diagnostik
und Therapie des HCC kommen für das Downsta-
ging eines HCC innerhalb der Mailand-Kriterien
(das heißt ein solitärer Knoten ≤ 5 cm bzw. maxi-
mal 3 Herde ≤ 3 cm) und für das Bridging bis zur
Lebertransplantation sowohl transarterielle Ver-
fahren, ablative Verfahren oder eine Leber­resektion
in Frage. Bis zu einem HCC-Durchmesser von 3 cm
werden mittlerweile die interventionelle Ablation
und die chirurgische Resektion als äquivalente
Verfahren betrachtet. Eine verbesserte Datenlage
hat auch dazu geführt, dass die bisher empfoh-
lene Radiofrequenzablation (RFA) und die MWA
nun als gleich gute Verfahren eingestuft werden.
Die Kombination von TACE und anschließender
Ablation wird für HCCs mit einem Durchmesser
zwischen 3 und 5 cm bei Patienten mit erhalte-
ner Leberfunktion und gering- bis mäßiggradiger        Abbildung 2: Zweiraum-Angio/CT-Hybridsystem, das die nahtlose Integration von Bildern aus der Angiografie
portaler Hypertension empfohlen [1].                   und der Computertomografie ermöglicht.

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Abbildung 3a: Die CT zeigt einen sehr kleinen linken Leberlappen (Pfeile).           Abbildung 3b: CT direkt nach der ersten OP bei softALPPS (hyperdense Clips an
                                                                                     den Dissektionsrändern, Pfeile).

schnelleren Rekonvaleszenz der Patienten und             Leberversagen (post-hepatectomy liver failure,        mit Lebervolumetrie und laborchemischer Beur-
ermöglicht in vielen Fällen eine kürzere Dauer           PHLF) führen. Üblicherweise führt man in diesen       teilung der Leberfunktion während der ersten
des stationären Aufenthalts.                             Fällen die operative Ligatur der rechten Pfortader    Operation intraoperative Leberfunktionstests,
                                                         mit Teilung des Leberparenchyms durch [4, 5],         eine radikale Lymphadenektomie und schließlich
Interventionelle Radiologie zeigt                        um so die Hypertrophie des linken Leberlappens        die probatorische temporäre Unterbindung von
                                                         anzustoßen. Danach wartet man das Erreichen           Pfortader und Leberarterie des später zu resezie-
ihre Stärke als Teamplayer in                            eines suffizienten linkshepatischen Volumens ab       renden Leberanteils vorgenommen. Anschließend
der interdisziplinären Weiterent-                        und führt in einer zweiten Operation die Entfer-      findet ein In-Situ-Split der Leber ohne Unterbin-
wicklung etablierter chirurgischer                       nung des rechten Leberlappens mit dem darin           dung der Pfortader statt. Die Resektionsränder
Verfahren                                                befindlichen Tumor durch. Dieses ­„associating        werden auch speziell für die im Intervall von bis
                                                         liver partition with portal vein ligation for sta-    zu mehreren Wochen später stattfindende Teil-
Fall 2                                                   ged hepatectomy (ALPPS)“ genannte Verfah-             entfernung der Leber vorbereitet (Abbildung 3b,
Für eine 84-jährige Patientin mit Klatskin-IIIa-         ren besitzt jedoch eine hohe Morbiditäts- und         CT unmittelbar nach der ersten OP). Der Zeitraum
Tumor wurde im Leber-Tumorboard die Indika-              ­Mortalitätsrate [6].                                 zwischen erster Operation und interventionel-
tion zur Hemihepatektomie rechts gestellt. In                                                                  ler Embolisation der Pfortaderäste des rechten
diesem Fall ist das Volumen des verbleibenden            Darum wurde bei unserer Patientin eine Weiter­        Leberlappens dient der Regeneration der Leber
linken Leberlappens (Abbildung 3a) jedoch sehr           entwicklung des Verfahrens, die sogenannte            nach dem Operationstrauma. Durch das Abwarten
gering (Volumen 201 ml) und würde ohne vor-              „softALPPS“-Technik [7], angewendet. In dieser        einer Verbesserung der Leberwerte ist der Eingriff
bereitende Maßnahmen zu einem postoperativen             Prozedur werden nach präoperativer Bildgebung         insgesamt für die Patienten verträglicher und mit
                                                                                                               weniger gravierenden Nebenwirkungen behaftet.
                                                                                                               Die Unterbindung der Parenchymdurchblutung
                                                                                                               des rechten Leberlappens setzt dabei wie bei der
                                                                                                               ALPPS-Technik den Reiz für die Hypertrophie
                                                                                                               des linken Leberlappens (Abbildung 3c und d).
                                                                                                               Bei der Beurteilung im CT muss jedoch beachtet
                                                                                                               werden, dass die zur Embolisation verwendeten
                                                                                                               Silikonsphären selbst schon hyperdense Dich-
                                                                                                               tewerte haben. Sie dürfen nach intravenöser
                                                                                                               Kontrastmittelgabe nicht mit durchbluteten
                                                                                                               Pfortaderästen verwechselt werden. Eine native
                                                                                                               CT vor Kontrastmittelgabe hilft, Fehldiagnosen
                                                                                                               zu vermeiden (Abbildung 3e).

                                                                                                               Bei unserer Patientin wurde der komplette
                                                                                                               Tumor mit dem rechten Leberlappen in der zwei-
                                                                                                               ten Operation nach ca. fünf Wochen entfernt.
                                                         Abbildung 3d: Kontrolle während der Embolisation      Der genügend hypertrophierte verbleibende linke
                                                         des rechten Leberlappens, das Parenchym des
Abbildung 3c: Transhepatischer Zugang in die Pfort-      rechten Leberlappens (lange Pfeile) mit deutlich
                                                                                                               Leberlappen (Volumen nun 605 ml) war in der
ader: Durchgängiges Pfortadersystem (langer Pfeil)       reduzierter Perfusion im Vergleich zur normalen       Lage, eine ausreichende Rest-Leberfunktion auf-
und (kurzer Pfeil) direkt vor der Embolisation.          Perfusion des linken Leberlappens (kurze Pfeile).     rechtzuerhalten (Abbildung 3f). Embolisationen

                                                                                                                    Bayerisches Ärzteblatt 1-2/2023            11
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Abbildung 3e: Hyperdense Metallcoils mit Aufhärtungsartefakten (lange Pfeile)        Abbildung 3f: Zustand nach Entfernung des rechten Leberlappens bei deutlicher
und hyperdenses Mikrosphären-Embolisat (kurze Pfeile) im Nativ-CT.                   Hypertrophie des linken Leberlappens (Pfeile).

im Pfortadergebiet erfordern allgemein eine hohe         Embolisationstherapie bei                                therapierefraktären Gelenkschmerzen deutlich
Genauigkeit und Erfahrung, da sich die zahlrei-          muskuloskelettalen Erkrankungen                          lindern. Die schmerzhafte Hyperperfusion wird
chen Aufzweigungen der Portalvenenäste in der                                                                     dabei reduziert; wahrscheinlich kommt es auch
angiografischen Darstellung überlagern und die           mit schmerzhafter Hyperperfusion                         durch eine lokale ischämische Denervierung der
Orientierung erschweren. Heute unterstützen die                                                                   periartikulären Weichteile zur entsprechenden
Angio-CT-Hybridsysteme die Interventionalisten           Interventionell-radiologische Embolisationstech-         Schmerzreduktion [8, 9, 10].
(Abbildung 2) bei der exakten Orientierung im            niken finden mittlerweile bei den unterschied-
Pfortadersystem und erhöhen die für eine kom-            lichsten Krankheitsbildern ihre Anwendung. Unter         Fall 3
plette Embolisation der entsprechenden Areale            anderem lassen sich durch die selektive Emboli-          Ein 58-jähriger Patient hatte vor etwa sechs
nötige Zielgenauigkeit.                                  sation mit Mikropartikeln bestimmte Arten von            Jahren ex-domo einen endoprothetischen Knie-

Abbildung 4a und b: Der Angiographie-Simulator im Einsatz.
Abbildung 4a (links): T1-MRT mit i.v.-Kontrastmittel, Subtraktionsbild. Deutliche Metallartefakte durch die Knie-Endoprothese. Entzündungsbedingte Kontrastmittelauf-
nahme unter anderem im Hoffa-Fettkörper (Pfeil) und suprapatellar.
Abbildung 4b (rechts): Großflächige Überdeckung der Arterien durch die röntgendichte Gelenkendoprothese. Mit einem Robotertechnologie-basierenden Multiachsen-
Angiografiesystem (Abbildung 5 – siehe Seite 14) sind auf Grund der unbegrenzten Bewegungsgrade alle zur vollständigen Evaluation der Durchblutung nötigen
Projektionen möglich. Superselektive Embolisation des hyperämen Gewebes mit dem Mikrokatheter (Pfeile).

12        Bayerisches Ärzteblatt 1-2/2023
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 Angiografie-Simulator als Meilenstein in Lehre und Weiterbildung

 Über die letzten Jahre hat die Simulatorgestützte Vermittlung von
 Wissen und handwerklichen Fähigkeiten bei Weiterbildungsassisten-
 ten und Studierenden an Bedeutung gewonnen. Angiografie-Simula-
 toren (Abbildung 6a und b) reichern den Studentenunterricht durch
 anschauliche Live-Demonstration von wichtigen angiografischen
 Eingriffen an, ohne auf Standbilder oder Videos zurückgreifen zu
 müssen. Jeder Arbeitsschritt kann so oft wie gewünscht wiederholt
 werden. Besonders wirkungsvoll ist, dass Studierende und Weiterbil-
 dungsassistenten am Simulator selbst gefahrlos mit Draht und Ka-
 theter arbeiten können und so ihre eigenen manuellen Fähigkeiten
 trainieren und ausbauen. Einige interventionell-radiologische Fach-
 gesellschaften, beispielsweise die Deutsche Gesellschaft für Inter-
 ventionelle Radiologie und minimal-invasive Therapie (DeGIR), bieten
 auf Kongressen und Simulator-Workshops Übungskurse für Wei-
 terbildungsassistenten an. Vor allem akademische interventionell-­
 radiologische Zentren besitzen mittlerweile eigene Angio-Simula-
 toren für die studentische Ausbildung und die Weiterbildung ihrer
 Assistenzärztinnen und Assistenzärzte. Ziel der verbesserten Aus-
 bildung ist in letzter Konsequenz die Steigerung der Qualität der
 interventionell-radiologischen Patientenversorgung [14]. Eine bei
 Studierenden wachsende positive Wahrnehmung des Nischenfaches
 Interventionelle Radiologie aufgrund von Simulatorkursen wurde           Abbildung 6 a und b: Angiografie-Simulator – mit der Hand ausgeführte
 ­bereits in Studien belegt [15].                                         analoge Bewegungen von Draht und Katheter werden im digital simulierten
                                                                          Patienten umgesetzt.

gelenkersatz erhalten. Bei ihm bestanden wei-     seit der Prothesen-Implantation noch weiteren      zusätzlicher retropatellarer Gelenkersatz im-
terhin massive chronische Schmerzen und eine      Operationen ex-domo unterziehen; bei diesen        plantiert. Selbst mit einer Targin-Dauertherapie
dadurch bedingte Bewegungseinschränkung           wurde unter anderem der femorale Prothesen-        (60/30 mg) waren die bereits nach dem mor-
des betreffenden Knies. Der Patient musste sich   teil gewechselt und zuletzt vor einem Jahr ein     gendlichen Aufstehen bestehenden Schmerzen

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 nur unzureichend b­ ehandelt. Anhand der klini-
 schen und radiologischen Befunde wurden ein
                                                         Das Wichtigste in Kürze
mechanisches Problem der Endoprothese, ein
low-grade periprothetischer Infekt und eine All-         » Die neue S3-Leitlinie zum hepatozellulären Karzinom (HCC) wurde um Empfehlungen für das
ergie auf das Prothesenmaterial ausgeschlossen.            cholangiozelluläre Karzinom (CCC) erweitert und hebt anhand von konkreten Empfehlungen
In der MRT (subtrahierte T1 mit KM, Abbildung              die Bedeutung minimalinvasiver interventionell-radiologischer Therapieverfahren hervor.
4a) fanden sich eine erhebliche Tendinose der
­Patellarsehne mit einer entzündlichen Begleit-          » Verbesserungen der Technik zur Hypertrophieinduktion des linken Leberlappens (softALPPS)
 reaktion des Hoffa-Fettkörpers und eine supra-            ermöglichen eine schonendere und verträglichere Behandlung von Patienten, bei denen der
 patellare ­Synovialitis. Das Röntgenbild wies keine       komplette rechte Leberlappen operativ entfernt werden muss.
 Zeichen einer Prothesenlockerung auf.
                                                         » Angiografie/CT-Hybridgeräte und verbesserte Bildnavigation dienen den Interventionellen
                                                           Radiologen bei der zielgerichteten Navigation im Körper.
Da die konservativen Behandlungsmaßnahmen
zu keiner signifikanten Besserung der Beschwer-          » Interventionell-radiologische Embolisationstechniken finden mittlerweile bei unterschied-
den führten, wurde bei starkem Leidensdruck des            lichsten muskuloskelettalen Erkrankungen mit schmerzhafter Hyperperfusion ihre Anwen-
Patienten in Zusammenschau mit den klinischen              dung und können bestimmte Arten von therapierefraktären Gelenkschmerzen deutlich lin-
und radiologischen Befunden die Indikation zur             dern.
angiografischen Evaluation gestellt. Im Fall der
Bestätigung einer lokal begrenzten Hyperämie             » Auf  Robotertechnologie basierendes Multiachsen-Angiografiesysteme verfügen über eine
sollten dann die entsprechend hyperämen pe-                unbegrenzte Flexibilität der Bewegungsgrade und verbessern hierdurch die Therapieergeb-
riprothetischen Weichteile embolisiert werden.             nisse.
Über einen Zugang durch die A. femoralis com-
munis wurden die das Knie versorgenden Ar-               » Digitale Angiografie-Simulatoren unterstützen angehende Interventionalisten beim Erwerb
terienäste mittels katheterbasierter digitaler             solider handwerklicher Fähigkeiten, die für die Behandlung ihrer Patienten nötig sind.
Subtraktionsangiografie (DSA) dargestellt. Da-
bei bestätigte sich eine starke Hyperperfusion
der Synovialis des Kniegelenks insbesondere im
lateralen Anteil, wo auch klinisch die stärksten
Schmerzen zu finden waren. Der versorgende             parapatellar medial (entsprechend dem nicht-­       In diesem Fall konnte durch die Embolisations-
Arterienast wurde superselektiv mit einem Mikro­­      embolisierten Bereich). Nach fünf Stunden Bettru-   therapie dem Patienten geholfen und wieder
katheter sondiert und mit Silikonsphären unter         he und einem Leisten-Druckverband für 24 Stun-      ein normaler Alltag ermöglicht werden. Weitere
Durchleuchtungskontrolle bis zum subtotalen            den wurde der Patient am folgenden Tag entlassen.   publizierte Indikationen zur Embolisation von
Verschluss embolisiert (Abbildung 4b).                                                                     therapierefraktären schmerzhaften Zuständen
                                                       Im Verlauf war der Patient wieder so beweglich,     mit mikrovaskulärer Hyperämie bestehen unter
Postinterventionell hatte der Patient eine bis heu-    dass er die Krankengymnastik zur Verbesserung       anderem bei der Plantarfasziitis [11], der adhäsi-
te anhaltende deutliche Reduktion der Schmerz­         von Kraft und Beweglichkeit wiederaufnehmen         ven Capsulitis („Frozen shoulder“) [12] oder bei der
symptomatik mit geringen Restbeschwerden               konnte.                                             Epicondylitis lateralis („Tennisellenbogen“) [13].

                                                                                                           Das Literaturverzeichnis kann im Internet
                                                                                                           unter www.bayerisches-aerzteblatt.de
                                                                                                           (Aktuelles Heft) abgerufen werden.

                                                                                                           Die Autoren erklären, dass sie keine
                                                                                                           finanziellen oder persönlichen Bezie-
                                                                                                           ­
                                                                                                           hungen zu Dritten haben, deren Interes-
                                                                                                           sen vom ­Manuskript positiv oder negativ
                                                                                                           betroffen sein könnten.

                                                                                                            Autoren
                                                                                                            Dr. Tobias Geith
                                                                                                            Professor Dr. Philipp M. Paprottka, MHBA

                                                                                                            Interventionelle Radiologie,
                                                                                                            Klinikum rechts der Isar,
                                                                                                            Technische Universität München,
                                                                                                            Ismaninger Str. 22, 81675 München,
                                                                                                            Tel.: 089 4140-8272,
                                                                                                            E-Mail: philipp.paprottka@mri.tum.de
Abbildung 5: Robotertechnologie-basierendes Multiachsen-Angiografiesystem: unbegrenzte Flexibilität der
Bewegungsgrade.

14        Bayerisches Ärzteblatt 1-2/2023
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