Neue Impulse für Beschäftigung und Qualifizierung im Mobilitätssektor - Bericht der Fokusgruppe Strategische Personalplanung und -entwicklung der AG 4
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AG 4 - BERICHT Neue Impulse für Beschäftigung und Qualifizierung im Mobilitätssektor Bericht der Fokusgruppe Strategische Personalplanung und -entwicklung der AG 4
AG 1 AG 2 Klimaschutz im Verkehr Alternative Antriebe und Kraft- stoffe für nachhaltige Mobilität AG 3 AG 4 Digitalisierung für den Sicherung des Mobilitäts- und Mobilitätssektor Produktionsstandortes, Batteriezell- produktion, Rohstoffe und Recycling, Bildung und Qualifizierung AG 5 AG 6 Verknüpfung der Verkehrs- und Standardisierung, Normung, Energienetze, Sektorkopplung Zertifizierung und Typgenehmigung
INHALT KURZFASSUNG 4 EXECUTIVE SUMMARY 5 1 EINLEITUNG 6 2 SOFTWARE-TOOL ZUR STRATEGISCHEN PERSONALPLANUNG 8 2.1 Zukunftsfähige Ausrichtung von KMU durch strategische Personalplanung 8 2.2 Entwicklung des strategischen Personalplanungstools PYTHIA Automotive 9 2.3 So funktioniert PYTHIA Automotive: Zentrale Schritte der Tool-Anwendung 10 2.4 Handlungsempfehlungen 12 2.5 Ausblick: Überführung der Betrieblichen Personalbedarfe in individuelle Qualifizierungspläne für die Beschäftigten 13 3 ZUKUNFTSTECHNOLOGIEN FÜR DEUTSCHLAND UND QUALIFIKATIONSBEDARF 14 4 REGIONALE KOMPETENZ-HUBS 16 4.1 Generelles zur Pilotphase 16 4.2 Details aus den Pilot-Bundesländern 16 4.3 Fazit & Handlungsempfehlungen 18 5 AUSBLICK 19 ANHANG 20 Trends und allgemeine Veränderungen unterschiedlicher Bereiche mit Relevanz für KMU des Automotive Sektors 20 TABELLENVERZEICHNIS 22 ABBILDUNGSVERZEICHNIS 22 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS 22 QUELLENVERZEICHNIS 23 IMPRESSUM 24
AG 4 NEUE IMPULSE FÜR BESCHÄFTIGUNG UND QUALIFIZIERUNG IM MOBILITÄTSSEKTOR KURZFASSUNG • Im Zuge der Transformation unserer Mobilität, insbe- den aktiven Umgang damit zu sensibilisieren und mit sondere auch getrieben durch die Verschärfung der entsprechenden Angeboten wie einem Software-Tool gesetzlichen Rahmenbedingungen auf europäischer zur strategischen Personalplanung zu unterstützen. und nationaler Ebene, werden sich Kernbereiche der hiesigen Industrie fundamental verändern. Besonders › Strategische Personalplanung, zum Beispiel mit- die Automobilindustrie mit ihren zahlreichen Zuliefe- hilfe eines Software-Tools speziell für KMU im Auto- rern wird von diesem Wandel betroffen sein. motive-Bereich, kann es Unternehmen ermöglichen, ihre zukünftigen Personalbedarfe zu verstehen und • Dieser Strukturwandel muss politisch und institutionell zur Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit gezielte auf allen Ebenen aktiv begleitet werden, damit die De- Personal- und Qualifizierungsmaßnahmen abzulei- karbonisierung nicht zu einer Deindustrialisierung führt. ten. Auf Initiative der NPM und gefördert durch das Unternehmen, insbesondere KMU, und ihre Angestellten Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird das benötigen Unterstützung bei der Bewältigung der Ver- branchenübergreifende Tool PYTHIA im Jahr 2021 änderungen in Berufsprofilen und Kompetenzbedarfen speziell für KMU aus dem Automotive-Sektor ange- für die Mobilitätstechnologien der Zukunft. passt und zu PYTHIA Automotive weiterentwickelt. • Gesellschaftliche und branchenübergreifende Allianzen › Für eine erfolgreiche Verbreitung und breite Nutzung auf regionaler Ebene werden zu einem Schlüsselfaktor, des Software-Tools PYTHIA Automotive in der Ziel- um den Beschäftigungswandel mit Perspektiven zu ge- gruppe der KMU sollten übergeordnete Verantwort- stalten und einen Mangel an Fachpersonal für die neuen lichkeiten (zum Beispiel für Rückfragen und Updates) Technologien ebenso zu vermeiden wie den Verlust der geschaffen und Multiplikatoren gewonnen werden. Beschäftigung während der Transformation. Regionale Kompetenz-Hubs • Der Einsatz eines Software-Tools zur strategischen Personalplanung für KMU und die Einrichtung von re- › In „regionalen Kompetenz-Hubs“ können sich rele- gionalen Kompetenz-Hubs stellen mögliche Ansätze vante Akteure auf Ebene der Bundesländer mitein- zur aktiven Gestaltung der Transformation dar: ander vernetzen, um ihre Aktivitäten abzustimmen und die Herausforderung der Aus- und Weiterbil- Software-Tool zur strategischen Personalplanung dung gemeinsam zu bewältigen. In drei Pilot-Hubs wird das Konzept seit Anfang 2020 in der Praxis ex- › Die (kleinen und mittleren) Unternehmen in Deutsch- emplarisch in drei Bundesländern mit sehr unter- land sollten sich stärker mit dem bevorstehenden schiedlicher Ausgangslage erprobt. Wandel in der Automobilindustrie und mit strategi- scher Personalplanung auseinandersetzen. Hierzu gilt › Für die Umsetzung der Kompetenz-Hubs wird eine es, sie mit fortlaufenden Appellen für den Wandel und unabhängige, neutrale und kostenfreie Plattform 4
AG 4 NEUE IMPULSE FÜR BESCHÄFTIGUNG UND QUALIFIZIERUNG IM MOBILITÄTSSEKTOR benötigt. Neben der Anpassung von Rahmenbedin- ganzheitlichen Ansatz bewältigen. Voraussetzung für gungen bei der Förderung sollte langfristig eine neu- eine erfolgreiche Bewältigung ist dabei, dass der not- trale übergeordnete Ebene (zum Beispiel Transforma- wendige Raum zur aktiven Gestaltung des Wandels be- tionsbeirat) geschaffen werden, auf der die Bedarfe stehen bleibt. Um die gemeinsame Verantwortung für der regionalen Ebene und die Ausrichtung des Wei- das Land und die Beschäftigten auch vor dem Hinter- terbildungssektors abgestimmt werden können. grund zunehmender Verschärfungen in der Regulierung der Mobilitätsbranche wahrzunehmen, muss der Dialog • Die großen Herausforderungen durch Struktur- und Be- zwischen den Stakeholdern, insbesondere zwischen In- schäftigungswandel lassen sich somit nur durch einen dustrie und Politik, intensiviert werden. EXECUTIVE SUMMARY In line with the transformation of mobility which is driven competitive position. On the initiative of NPM and promo- by the tightening of rules at national and European level, ted by the Federal Ministry of Labour and Social Affairs, the key areas of German industry will undergo fundamental cross-industry tool PYTHIA will be specially adapted to SMEs changes. With its large supply chain, car manufacturing in in the automotive sector, resulting in PYTHIA Automotive. particular will be affected by this transformation. To achieve successful roll-out and acceptance of the PYTHIA This structural change needs to be actively supported poli- Automotive software tool in the target group SMEs, higher- tically and institutionally at all levels, so as to avoid dein- level responsibilities (e. g. regarding queries and updates) dustrialisation becoming a by-product of decarbonisation. should be created and multipliers should be enrolled. Businesses, above all SMEs, and their staff need to be sup- ported in dealing with the changes in job profiles and skills Regional competence hubs required for future mobility technologies. Regional competence hubs are a place for relevant stake- Societal and cross-industry alliances at regional level will holders to network at regional level, to coordinate their play a key role in facilitating this employment transforma- efforts and to tackle the challenging task of education and tion in a future-proof manner and to avoid a lack of skilled training together. Three pilot hubs in three German states workers for these new technologies as well as a loss of em- with very different starting positions have been testing ployment during the transition phase. this concept in practice since early 2020. Using software tools for strategic personnel planning in The implementation of these competence hubs requires SMEs and setting up regional competence hubs are two an independent, objective and free platform. Apart from possible solutions to actively manage this transformation: adapting the conditions relevant to the support provided, in the long run, an unbiased, higher level (for instance a Software tool for strategic personnel planning transformation council) should be set up to coordinate the needs at regional level and to re-focus the training sector. (Small- and medium-sized) enterprises in Germany should put more effort into addressing impending changes in the The big challenges in the context of structural and employ- car industry as well as the matter of strategic personnel ment transformation can only be overcome using an integ- planning. This involves raising awareness by continuous- rated approach. Success in tackling these issues is depen- ly reminding them of the change and of actively managing dent on having the necessary space available to actively it as well as supporting them with relevant offers such as a manage the change. Stakeholders, especially from industry software tool for strategic personnel planning. and politics, must intensify their dialogue to assume their joint responsibility for the country and for employees, even Strategic personnel planning, e. g. using a software tool as the mobility sector is becoming more and more tightly geared at SMEs in the automotive industry, can help busin- regulated. esses understand their future staff needs and take targe- ted action to employ and train staff in order to secure their 5
AG 4 NEUE IMPULSE FÜR BESCHÄFTIGUNG UND QUALIFIZIERUNG IM MOBILITÄTSSEKTOR 1 EINLEITUNG Viele Aspekte der Mobilität verändern sich derzeit, was Mit diesen Fragen beschäftigt sich nicht nur die AG 4 der auch einen Wandel der Mobilitätswirtschaft bedeutet mit NPM. Auf vielen Ebenen finden derzeit industrie- und be- entsprechend weitreichenden Auswirkungen für Wert- schäftigungspolitische Suchbewegungen und Austausch- schöpfung und Beschäftigung in zahlreichen Branchen. prozesse statt. Langsam sickert die Erkenntnis ein, dass Die AG 4 der NPM beschäftigt sich mit diesen Auswir- der laufende Wandel für unser Land – neben den zweifel- kungen und hat sich dabei aufgrund der ökonomischen los gegebenen wirtschaftlichen Chancen auf den Mobili- Bedeutung, der hohen Anzahl der Beschäftigten und der tätsmärkten der Zukunft – auch große Risiken und erheb- vielen betroffenen Regionen unseres Landes in ihrer ers- lichen gesellschaftspolitischen Sprengstoff birgt. Und so ten Arbeitsphase zunächst insbesondere auf die Automo- tut sich einiges, denn es wurde erkannt, dass der Prozess bilwirtschaft konzentriert. des Strukturwandels politisch und institutionell beglei- tet werden muss, damit die Dekarbonisierung nicht zu Ein Kernbereich der hiesigen Industrie, Schlüsselsektor Deindustrialisierung führt. Insbesondere findet dies vor der deutschen Wirtschaft insgesamt, verändert sich fun- dem Hintergrund der aktuellen Erhöhungen der Klima- damental. Bei unsicherer Zukunft müssen Unternehmen schutzziele auf nationaler Ebene und Ebene der EU statt, neue Produkte, Geschäftsmodelle und Märkte finden, die eine stärkere Regulierung nach sich ziehen und die entsprechend investieren, ihre Beschäftigten mitneh- Transformation zunehmend beschleunigen. men und neue Fachkräfte rekrutieren. Das hat massive Auswirkungen auf Beschäftigung, Personalbedarf und Gesellschaftliche und branchenübergreifende Allianzen Qualifikationen zur Folge und stellt veränderte Anforde- auf regionaler Ebene werden zu einem Schlüsselfaktor, rungen an Unternehmen, einzelne Arbeitskräfte und die um die Transformation der Beschäftigung mit Perspek- Weiterbildungslandschaft. tiven zu gestalten, Arbeitslosigkeit zu vermeiden und gleichzeitig dem Fachkräftemangel zu begegnen. So haben Mit diesen Herausforderungen für die Industrie hat sich einige Bundesländer Strategiedialoge zur Automobilwirt- die Fokusgruppe „Strategische Personalplanung und schaft eingerichtet, regionale Allianzen haben sich gebil- -entwicklung“ der AG 4 der NPM intensiv auseinander- det, neue Förderprogramme wurden entwickelt. Während gesetzt. Hunderttausende Beschäftigte müssen sich zum der Arbeit der Fokusgruppe Personalplanung legte die Teil schon heute, zum Teil in den kommenden Jahren auf Bundesregierung im Rahmen des Konjunkturpakets 2020 neue Anforderungen einstellen. Nicht nur die Unterneh- unter der Ziffer „35c“ ein „Bonus-Programm“ auf, „für Zu- men, insbesondere kleine und mittlere, sind angesichts kunftsinvestitionen der Fahrzeughersteller und der Zu- des Wandels mitunter überfordert. Auch das Personal lieferindustrie“, das „der Förderung von Investitionen in braucht Unterstützung bei der Bewältigung dieses Wan- neue Technologien, Verfahren und Anlagen“ dienen soll. dels, der für die Mitarbeiter:innen oft sehr schwerwie- „Forschung und Entwicklung für transformationsrelevante gende biografische Einschnitte bedeutet. Innovationen und neue regionale Innovationscluster vor allem der Zulieferindustrie werden mit 2 Milliarden Euro Wie gelingt es in diesem strukturellen Wandel, Menschen gefördert.“1 Im Frühjahr des Jahres 2021 wurden die För- und Unternehmen zueinander zu führen, Qualifikations- derrichtlinien veröffentlicht, die Antragsverfahren laufen bestände und -bedarfe aufeinander abzustimmen, ohne derzeit. Im Rahmen dieses Programms kann auch Quali- Umwege über eine Arbeitslosigkeit zu erzeugen, ohne am fizierung gefördert werden. Im November 2020 legte die Markt vorbei zu qualifizieren? Wie gelingt das zwischen Bundesregierung im Rahmen der „Konzertierten Aktion und über Branchengrenzen hinaus? Wie identifiziert man Mobilität“ zusätzlich einen „Zukunftsfonds Automobilin- die tatsächlich benötigten Kompetenzen? Was muss sich dustrie“ in Höhe von einer Milliarde Euro auf, der sich er- zu diesem Zweck in den Unternehmen verändern und was gänzend „einer strategischen strukturpolitischen Orien- muss sich institutionell im Umfeld verändern, in der Wirt- tierung für den Standort Deutschland” widmen soll, die schaftsförderung, der Weiterbildungslandschaft, der regio- „dann auch in regionale Transformationsstrategien über- nalen Vernetzung? setzt werden kann.“ Hier werden künftig regionale Trans- formationsnetzwerke gefördert, in denen sich Akteure der 1 Vgl. https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Schlaglichter/Konjunkturpaket/2020-06-03-eckpunktepapier.pdf 6
AG 4 NEUE IMPULSE FÜR BESCHÄFTIGUNG UND QUALIFIZIERUNG IM MOBILITÄTSSEKTOR Automobilwirtschaft und angrenzender Branchen ver- Mit Blick auf Unternehmen, Einzelbetriebe und ihre Be- netzen können und Strategien für ihre Region entwickeln schäftigten entstand das Projekt zur Entwicklung eines sollen. In diesem Zusammenhang wurde auch verabredet, Software-Tools, das Unternehmen aus dem Automotive- das bestehende Bundesprogramm „Aufbau von Weiterbil- Sektor bei der Durchführung einer strategischen Personal- dungsverbünden“ auszubauen und „ein neues Bundespro- planung unterstützt. gramm‚ regionale Qualifizierungscluster‘“ zu starten. So will die Bundesregierung „die Attraktivität von Weiterbil- Aus einer regionalwirtschaftlichen und regional arbeits- dungen für Unternehmen und Beschäftigte stärken“ und marktpolitischen Sicht entstand das Projekt zur institutio- „individuelle Perspektiven schaffen“ sowie „regionale Fach- nellen Vernetzung von großen und kleinen Unternehmen, kräftebedarfe decken.“2 Auch Online-Plattformen wie zum Beschäftigten mit Weiterbildungsbedarf, der Bundesagentur Beispiel die Überlegungen zu einem zentralen Eingangs- für Arbeit vor Ort und der relevanten Weiterbildungsträger: portal für die berufliche Weiterbildung, die im Rahmen der die „regionalen Kompetenz-Hubs“. Nationalen Weiterbildungsstrategie formuliert wurden, können die Weiterbildungsbereitschaft steigern, indem Der vorliegende Bericht beschreibt die genannten Pro- sie zur Transparenz über bestehende Angebote beitragen jekte nachfolgend im Einzelnen. Ergänzt werden diese und Beschäftigte ebenso wie Unternehmen und Bildungs- Ausführungen durch eine Auflistung von Bereichen mit anbieter unterstützen. Und nicht zuletzt verbessern das voraussichtlich guten Wertschöpfungs-Aussichten, aber seit Januar 2019 geltende „Qualifizierungschancengesetz“ auch großem Handlungsbedarf hinsichtlich Arbeitskräfte- und das seit Mai 2020 geltende „Arbeit-von-morgen- Verfügbarkeit in der Automobilwirtschaft und angrenzen- Gesetz“ die Voraussetzungen, Weiterbildung während der den Branchen. Beschäftigung zu ermöglichen. Dies alles sind Ansätze, den betroffenen Menschen und Regionen in der beschriebenen Dynamik des Wandels zu helfen und damit auch die wirtschaftlichen und gesell- schaftlichen Effekte möglichst positiv zu gestalten. In diese Vielzahl von Aktivitäten hat sich auch die Fokus- gruppe „Strategische Personalplanung und -entwicklung“ der NPM mit ihren Vertreter:innen aktiv eingebracht. Sie möchte die bestehenden Aktivitäten darüber hinaus um zwei Projekte ergänzen, die einerseits ihr Beitrag zur De- batte sind und andererseits auch bereits in ganz praktisch realisierte Initiativen vor Ort umgesetzt wurden. 2 Vgl. https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/4-spitzengespraech-der-konzertierten-aktion-mobilitaet-transformation-unterstuetzen-wertschoepfungsketten-sta- erken--1815818.pdf 7
AG 4 NEUE IMPULSE FÜR BESCHÄFTIGUNG UND QUALIFIZIERUNG IM MOBILITÄTSSEKTOR 2 SOFTWARE-TOOL ZUR STRATEGISCHEN PERSONALPLANUNG 2.1 ZUKUNFTSFÄHIGE AUSRICHTUNG VON KMU DURCH STRATEGISCHE PERSONALPLANUNG Der Wandel in der Automobilindustrie hat sich in den ver- ausmachen und damit eine erhebliche Bedeutung für die gangenen Jahren stark beschleunigt: Dies zeigt sich immer deutsche Automobilindustrie besitzen. deutlicher in der zunehmenden Bedeutung elektrifizierter Antriebsstränge in den Fahrzeugzulassungszahlen und Aufgrund ihrer großen Innovationsfähigkeit können KMU den Ankündigungen großer Automobilbauer, ihre Pro- den Wandel prinzipiell durchaus eher als Chance statt als duktion noch schneller als bisher geplant auf nachhal- Bedrohung begreifen. Sie müssen aber dazu befähigt wer- tige Antriebsformen umzustellen. Auch das Ausmaß der den, aktiv mit dem Wandel umzugehen und typischerweise Transformation nimmt stetig zu. Der Markteintritt neuer auftretende Hemmnisse wie einen Mangel an geeignetem Anbieter führt zu einer Verschärfung der Wettbewerbs- Fachpersonal unkompliziert überwinden zu können. Erfah- situation selbst auf dem Heimatmarkt. Wettbewerbsdruck, rungen der Branchenexpert:innen innerhalb der NPM erga- technologischer Fortschritt und verändertes Kundenver- ben jedoch: Anders als Großunternehmen, die ihre Perso- halten führen zu Entwicklungen, die lange Zeit nicht vor- nal- und Qualifizierungsbedarfe im Unternehmen oftmals hersehbar waren. Industriekonzerne der Automobilbranche softwaregestützt langfristig strategisch planen können, erweitern ihre etablierten Geschäftsmodelle, um neue Fel- führen KMU bisher mehrheitlich keine strategische Perso- der wie die Produktion von Fahrzeugbatterie(zelle)n oder nalplanung durch. die Softwareentwicklung für vernetzte und digitalisierte Mobilität. An dieser Stelle soll ein Software-Tool speziell für KMU im Automotive-Bereich ansetzen und ihnen einen unkompli- Insbesondere große Automobilkonzerne und -zulieferer zierten Einstieg in die Planung ihrer zukünftigen Personal- befinden sich bereits mitten in der Anpassung ihrer Ge- basis ermöglichen. schäftsmodelle und Unternehmensstrukturen. Ein großer Teil der Unternehmen der Automobilindustrie ist jedoch noch nicht zufriedenstellend auf die absehbar weitere Verbreitung der Elektromobilität vorbereitet, sondern noch stark vom Verbrennungsmotor abhängig. Dies betrifft ins- besondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die über 90 %3 der Zuliefererbasis des Automotive-Sektors 3 Vgl. Ifo Institut: Strukturmerkmale Automobilindustrie (Stand 29.04.2020, Aktualisierung 23.02.2021) auf Basis von: Statistisches Bundesamt; Bundesagentur für Arbeit; ifo Konjunkturum- fragen; World Input Output Database (WIOD); Alipour et al. 2020. 8
AG 4 NEUE IMPULSE FÜR BESCHÄFTIGUNG UND QUALIFIZIERUNG IM MOBILITÄTSSEKTOR 2.2 ENTWICKLUNG DES STRATEGISCHEN PERSONALPLANUNGSTOOLS PYTHIA AUTOMOTIVE Ein Software-Tool für KMU aus dem Automotive-Sektor Mit dem strategischen Personalplanungstool PYTHIA gibt zur Durchführung einer strategischen Personalplanung es für Unternehmen bereits ein branchenübergreifend soll die Unternehmen dazu befähigen, ihren zukünftigen gestaltetes kostenfreies und auf Microsoft® Excel® basie- Personalbedarf besser zu verstehen und zur Sicherung rendes Werkzeug zur betrieblichen Personalplanung. Die- der Wettbewerbsfähigkeit gezielte Maßnahmen zur An- ses Tool erlaubt dank seiner Reduktion auf das Wesent- passung des Beschäftigtenbestands an bevorstehende liche einen einfachen und unkomplizierten Einstieg in das Herausforderungen abzuleiten. Thema und eine erste Planung auf elektronischem Wege ohne externe Hilfe. Allerdings erfordert die Anwendung Um ein entsprechendes Werkzeug zur Verfügung stellen bei einem Fokus auf eine bestimmte Branche aufgrund zu können, haben die Expert:innen der NPM die folgenden der momentanen möglichst allgemeingültigen Ausrich- Anforderungen an das Tool definiert: tung einen nennenswerten zeitlichen Aufwand. Ein Software-Tool zur strategischen Personalplanung Deswegen wird PYTHIA auf Initiative der NPM im Jahr sollte 2021 speziell für KMU aus dem Automotive-Sektor ange- passt und zu PYTHIA Automotive weiterentwickelt. Hier- • ohne externe Hilfe nutzbar sein mit entsprechenden bei sollen Trends, Herausforderungen und Umbrüche der Anforderungen an Verständlichkeit, Usability sowie Automotive-Branche einbezogen werden, um innovative technische Kompatibilität mit gängigen Betriebssyste- Impulse zu geben, während eine einfache Anwendbarkeit men und Datenbanken etc., und Nähe zu den Anwenderunternehmen und ihrer Aus- gangslage (zum Beispiel über die Auswahlmöglichkeit von • sofort und kostenlos verfügbar sein, typischen Jobprofilen mit spezifischem Kompetenzprofil) sichergestellt werden. Mitglieder der NPM sowie ausge- • auf Basis standardisierter Unternehmensdaten (Alter und wählte kleine und mittlere Unternehmen sind zentrale Kompetenzen der Mitarbeitenden, branchenspezifische Impulsgeber für das vom Bundesministerium für Arbeit Jobgruppen etc.) in Verbindung mit der Unternehmens- und Soziales (BMAS) geförderte Projekt. strategie und externen Faktoren (zum Beispiel Renten- eintrittsalter) die Entwicklung der Personalbasis und damit mögliche Lücken zwischen Personalbestand und -bedarf aufzeigen, • die Möglichkeit geben, die Erkenntnisse zu visualisie- ren und auf dieser Basis Maßnahmen zur zukunftsfähi- gen Ausrichtung der Personalstrategie abzuleiten. Zielgruppe sind KMU im Automotive-Sektor aus der Zulieferindustrie und dem Automobilhandel sowie Automobildienstleister. 9
AG 4 NEUE IMPULSE FÜR BESCHÄFTIGUNG UND QUALIFIZIERUNG IM MOBILITÄTSSEKTOR 2.3 SO FUNKTIONIERT PYTHIA AUTOMOTIVE: ZENTRALE SCHRITTE DER TOOL-ANWENDUNG Anregung zur Auseinandersetzung mit der eigenen Unternehmensstrategie Die Beschäftigung mit der eigenen Unternehmensstrate- • Auseinandersetzung mit aktuellen und zukünfti- gie (und wenn vorhanden auch der Personalstrategie) ist gen Trends sowie möglichen Auswirkungen (heutige eine wichtige Grundlage einer gelungenen strategischen Stärken könnten morgen zu Schwächen werden, etwa Personalplanung. In diesem Zusammenhang bietet dieser eine große Expertise und Fokussierung im Bereich von Schritt folgende Möglichkeiten: Dieselmotorewn) • Durchführung einer SWOT-Analyse zur Beleuchtung der • Ableitung von Herausforderungen und daraus folgen- eigenen Situation den Änderungen im Kompetenzbedarf des Personals Abbildung 1: Nennung beispielhafter Trends in PYTHIA Automotive zur Auswahl Quelle: eigene Darstellung Personalbestand: Verständnis für die aktuelle Beschäftigtenstruktur schaffen Folgende Fragen werden in diesem Schritt behandelt: › Einteilung der Beschäftigten in Jobgruppen und Be- nennung der jeweiligen Hauptaufgaben, Job-Charak- • Wie viele Beschäftigte mit welchen Kompetenzen arbei- teristika sowie vorhandenen Kompetenzen ten heute im Unternehmen? › Definition von zukünftig erforderlichen, heute even- › Erfassung aller Beschäftigten in einer einheitlichen tuell noch gar nicht im Unternehmen vorhandenen Struktur Jobgruppen 10
AG 4 NEUE IMPULSE FÜR BESCHÄFTIGUNG UND QUALIFIZIERUNG IM MOBILITÄTSSEKTOR • Wie wird sich der Bestand an Beschäftigten aufgrund Bereichen, wie hoch ist das Wunsch-Renteneintritts- von Fluktuationen und Renteneintritten entwickeln? alter und welche Trends in Bezug auf den Renten- eintritt gibt es (auch extern getrieben, zum Bei- › Wie hoch ist die Fluktuation in einzelnen Bereichen? spiel Erhöhung des Renteneintrittsalters durch den Gesetzgeber)? › Wie hoch ist das Renteneintrittsalter in einzelnen Abbildung 2: Exemplarisch festgelegte Jobgruppen, Aufgaben und Kompetenzen (bestands- und bedarfsseitig möglich) Quelle: eigene Darstellung Personalbedarf: Herausarbeiten der zukünftig benötigten Beschäftigtenstruktur Folgende Überlegungen können in diesem Schritt ange- • Effekte aus Produktivitätssteigerungen (zum Beispiel stellt werden: aufgrund von Digitalisierung, Automatisierung oder Ähnlichem) • Anzahl an Beschäftigten in definierten Jobgruppen • Fokus-Jobgruppen (zum Beispiel Bewertung der Job- • Neue Kompetenzen, die in den Jobgruppen erforder- gruppen nach Wichtigkeit für den wirtschaftlichen lich werden (und heute eventuell noch gar nicht im Erfolg und Verfügbarkeit von Arbeitskräften oder Unternehmen vorhanden sind), bzw. Änderung von Ähnliches) Kompetenzen in bestehenden Jobgruppen (entlang der Unternehmensstrategie, Marktanforderungen oder Unterstützt wird der Vorgang durch die Möglichkeit zur Ähnlichem) sowie Beschäftigte in den zukünftig erfor- Eingabe zukünftig wichtiger Prozesse. derlichen, heute eventuell noch gar nicht im Unterneh- men vorhandenen Jobgruppen 11
AG 4 NEUE IMPULSE FÜR BESCHÄFTIGUNG UND QUALIFIZIERUNG IM MOBILITÄTSSEKTOR Abbildung 3: Möglichkeit zur detaillierten Spezifizierung zukünftiger Prozesse zur Bedarfsplanung Quelle: eigene Darstellung Auswertung und Ableitung von Maßnahmen Dieser Schritt bietet folgende Möglichkeiten: • Anzeigen von Ergebnissen (in Form von tabellarischen und grafischen SOLL-IST-Gegenüberstellungen) als • Übereinanderlegen von Beschäftigtenbestand und Grundlage für die Definition von Maßnahmen -bedarf • Definition von Maßnahmen mit entsprechenden Kon- kretisierungen (Verantwortlichkeiten, Zeitschiene etc.) Abbildung 4: Exemplarisch festgelegte Maßnahmen zur Schließung von Lücken zwischen Bestand und Bedarf Quelle: eigene Darstellung 2.4 HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN Aus der Bedarfsanalyse im Vorfeld der Tool-Entwicklung und • Übergeordnete Verantwortlichkeit für PYTHIA Automo- der bisherigen Umsetzung der Anpassung von PYTHIA für tive schaffen den Automotive-Sektor bestehen den Expert:innen der NPM zufolge insbesondere die folgenden Handlungsbedarfe: › Für Rückfragen seitens Unternehmen 12
AG 4 NEUE IMPULSE FÜR BESCHÄFTIGUNG UND QUALIFIZIERUNG IM MOBILITÄTSSEKTOR › Für Updates (zum Beispiel der vorgeschlagenen müsste das Tool über einen neutralen Träger ange- Trends) boten werden. › Für die Verbreitung (um möglichst viele Unternehmen • Gewinnung von Multiplikatoren, um das Tool bei der zu erreichen) Zielgruppe bekannt zu machen (zum Beispiel Verbän- de im Automobilbereich, Bundesagentur für Arbeit, › Perspektivisch für eine Datenaggregation der ermit- Unternehmen als Testimonials) telten Unternehmensbedarfe, auf deren Grundlage unternehmensübergreifende Trends identifiziert und Als zentraler übergeordneter und anhaltender Bedarf Maßnahmen abgeleitet werden könnten: In der ano- kann herausgestellt werden: Die (kleinen und mittleren) nymisierten Auswertung der Unternehmensbedarfe Unternehmen in Deutschland sollten sich stärker mit dem besteht großes Potenzial, neben dem Nutzen für die bevorstehenden Wandel in der Automobilindustrie und Unternehmen und die persönliche Entwicklung ihrer mit strategischer Personalplanung auseinandersetzen. Beschäftigten auch Beschäftigungsprognosen und Hierzu gilt es, sie fortlaufend für den Wandel und den Qualifikationsbedarfe für einzelne Regionen abzu- aktiven Umgang damit zu sensibilisieren. Entsprechende leiten. Diese könnten zum Beispiel im Rahmen der Appelle sollten mit Angeboten wie dem Tool zur strategi- regionalen Kompetenz-Hubs aufgegriffen und in schen Personalplanung begleitet werden. Weiterbildungsangebote umgesetzt werden. Hierzu 2.5 AUSBLICK: ÜBERFÜHRUNG DER BETRIEBLICHEN PERSONAL- BEDARFE IN INDIVIDUELLE QUALIFIZIERUNGSPLÄNE FÜR DIE BESCHÄFTIGTEN Sobald Unternehmen, etwa über ein Software-Tool zur terentwicklung von PYTHIA für den Automotive-Sektor strategischen Personalplanung einen Überblick erlangt soll deshalb im Anschluss ein weiteres Programm entwi- haben, welche Kompetenz- und Personalbedarfe sie zu- ckelt werden, mithilfe dessen KMU die in PYTHIA Auto- künftig haben werden, sollte der Blick darauf gelenkt motive ermittelten betrieblichen Kompetenzbedarfe in werden, wie die einzelnen Mitarbeiter die erforderlichen individuelle, strategische Qualifizierungspläne überfüh- Kompetenzen erlangen können. Anknüpfend an die Wei- ren können. 1. Auflösung der Jobgruppen und Zerteilung in die einzelnen Jobprofile Identifizierung des Kompetenz-/Qualifikationsbedarfs 2. je nach Jobprofil Identifizierung des Kompetenz-/Qualifikationsbestands 3. je nach Beschäftigter/Beschäftigtem Vergleich zwischen Kompetenz-/Qualifikationsbedarf je Jobprofil und 4. Kompetenz-/Qualifikationsbestand je Beschäftigter/Beschäftigtem 5. Ableitung des individuellen Qualifizierungsbedarfs Abbildung 5: Vorgehen zur Überführung der Kompetenzbedarfe aus PYTHIA Automotive in Qualifizierungspläne Quelle: eigene Darstellung 13
AG 4 NEUE IMPULSE FÜR BESCHÄFTIGUNG UND QUALIFIZIERUNG IM MOBILITÄTSSEKTOR 3 ZUKUNFTSTECHNOLOGIEN FÜR DEUTSCHLAND UND QUALIFIKATIONSBEDARF In den zurückliegenden Jahrzehnten hat sich Deutsch- • Digitalisierung / Künstliche Intelligenz / Data Analytics land einen erheblichen Teil seines Wohlstands durch die Herstellung und den Verkauf von qualitativ hochwertigen • Neue Mobilitätsformen und -segmente (zum Beispiel Automobilen erarbeitet. Diese Automobile waren dabei Mikromobilität, Passagierdrohnen) bis in die Gegenwart dafür vorgesehen, dass die Person am Steuer dauerhaft Längs- und Querführung ausführt Die deutschen Unternehmen sollten diesen Wandel aktiv als und hierbei durch ein technisches System höchstens un- Chance begreifen und sich erneut eine herausragende Posi- terstützt wird. Des Weiteren war ein Verbrennungsmotor tion auf dem Markt in den neu entstehenden Bereichen er- stets das Herz des Antriebs. arbeiten. Hierfür ist es allerdings erforderlich, dass sie auch über geeignetes Personal mit den erforderlichen Qualifi- Derzeit findet eine Veränderung der Rahmenbedingungen kationen und Kompetenzen verfügen. Daran mangelte es statt, die die Grundlage für den Erfolg deutscher Auto- in der Vergangenheit nicht, da sich zur Arbeit am Verbren- mobile mit Verbrennungsmotor waren. Hierfür gibt es nungsmotor und dessen Weiterentwicklung in Deutsch- mehrere unterschiedliche Auslöser. Diese bestehen unter land über einen langen Zeitraum ein großer Bestand an anderem in neuen gesetzlichen Vorgaben, einem verän- Fachexperten unterschiedlicher Disziplinen gebildet hatte. derten Kundenverhalten, der immer stärkeren Ausnut- zung der durch digitale Technologien gebotenen Mög- In den verschiedenen nun relevanten technologischen lichkeiten oder dem Auftreten bislang in der Branche Entwicklungsrichtungen spielen allerdings veränderte ungewohnter Akteure. Als Konsequenz wandelt sich das und teilweise bislang in der Automobilindustrie nur we- bislang bekannte Prinzip individueller Mobilität, bei dem nig beachtete Schwerpunkte eine Rolle, sodass das Fin- Automobile über ein Netz von Tankstellen mit aus Mine- den entsprechend qualifizierten Personals aktuell großen ralöl gewonnenem Kraftstoff versorgt werden, in gleich Aufwand erfordert. Betroffen hiervon sind zum Beispiel in mehrere unterschiedliche, teilweise komplementäre Zusammenhang mit den klassischen akademischen Ab- Richtungen. In technologischer Hinsicht lassen sich deren schlüssen Maschinenbau und Elektrotechnik Kenntnisse Charakteristika momentan folgendermaßen benennen: hinsichtlich Batterie- und Brennstoffzellentechnologie sowie Energietechnik und ganz allgemein Informatik. • Batterieelektrisches Antriebssystem + Infrastruktur Dies galt bereits vor knapp zehn Jahren4 und wird auch (zum Beispiel Ladesäulen) für die Zukunft prognostiziert, wie eine Expertenbefra- gung im Transformationsrat des Strategiedialog Automo- • Brennstoffzellen-elektrisches Antriebssystem + Infra- bilwirtschaft BW im Rahmen des „Mobility Transforma- struktur (zum Beispiel Wasserstofftankstellen) tion Index“ des Fraunhofer IAO im zweiten Quartal 2020 zeigte (siehe Abbildung 6). • Synthetische Kraftstoffe + Power2Gas + Infrastruktur (zum Beispiel Kraftstoff-Synthetisierung) Diese Erkenntnisse sind als Aufruf an Akteure aus Politik, Wirtschaft, Bildung und Gesellschaft zu verstehen, Unter- • Autonomes Fahren (unter anderem Sensorik, Aktorik nehmen durch das Schaffen geeigneter Rahmenbedin- etc.) gungen dabei zu unterstützen, das zur Bewältigung der bevorstehenden Herausforderungen erforderliche Perso- • Car2X-Vernetzung (fahrzeugseitig) + Infrastruktur nal zu erhalten und somit Wertschöpfung und Beschäfti- (Roadside Units, Sendemasten) gung in Deutschland zu sichern. • Mobilitätsdienstleistungen / Digitale Plattformlösungen (zum Beispiel Sharing) 14 4 Spath et al. 2012.
AG 4 NEUE IMPULSE FÜR BESCHÄFTIGUNG UND QUALIFIZIERUNG IM MOBILITÄTSSEKTOR Anzahl der Nennungen gemäß AKADEMISCH NICHT-AKADEMISCH Erhebung im Rahmen des „Mobility Transformation Index“ des Fraun- hofer IAO im zweiten Quartal 20205 Betriebswirtschaftslehre / Management Karosserie-, Fahrzeugbau-) Mechaniker Produktionstechnik / Verfahrenstechnik (Anlagen-, Industrie-, Konstruktions-, Fachinformatiker / Softwareentwickler IT-System-/Informationselektroniker/ auf die Frage „Fachkräfte welcher Werkstofftechnik / Materialwissen- (Produktions-, Fertigungs-, Zerspa- Ausbildung sind in 10 Jahren nicht Informatik / Softwareengineering nungs-, Verfahrens-) Mechaniker Automobil-/ Service-Kaufmann / ausreichend verfügbar?“ Kraftfahrzeugmechatroniker / Werkstofftechniker / -prüfer Elektrotechnik / Elektronik Mathematik / Physik schaften / Chemie Mechatroniker Maschinenbau Betriebswirt Elektroniker Batterieelektrisches Antriebssystem + 5 5 6 5 5 3 3 4 2 2 4 1 1 1 Infrastruktur (z. B. Ladesäulen) Brennstoffzellenelektrisches Antriebs- 5 6 6 5 4 2 3 4 2 2 4 1 1 1 system + Infrastruktur (z. B. Wasser- stofftankstellen) Synthetische Kraftstoffe + Power2Gas 4 5 5 4 3 2 3 2 2 1 2 1 2 1 + Infrastruktur (z. B. Kraftstoff- Synthetisierung) Autonomes Fahren 2 1 2 4 1 1 2 0 0 0 0 1 0 0 (Sensorik, Aktorik) Car2X-Vernetzung 1 1 2 5 1 2 2 0 0 0 0 1 0 0 (fahrzeugseitig) + Infrastruktur (roadside units, Sendemasten) Mobilitätsdienstleistungen/Digitale 1 1 3 3 1 1 3 0 0 0 0 1 0 1 Plattformlösungen (z. B. Sharing) Digitalisierung / Künstliche Intelligenz / 5 4 6 12 3 4 4 3 2 3 1 4 1 2 Data Analytics Neue Mobilitätsformen und -segmente 3 1 2 1 1 1 3 0 0 0 1 0 0 0 (z. B. Mikromobilität, Passagierdrohnen) Abbildung 6: Verfügbarkeit von Fachkräften unterschiedlicher Disziplinen für verschiedene Entwicklungsrichtungen in 10 Jahren Quelle: Erhebung im Rahmen des „Mobility Transformation Index“ des Fraunhofer IAO im zweiten Quartal 20205 5 Bei der Erhebung berücksichtigt wurden die ca. 30 im Transformationsrat des Strategiedialog Automobilwirtschaft BW organisierten Unternehmen und Einrichtungen aus Baden-Württem- berg (vgl. etwa https://www.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/transformationsrat-automobilwirtschaft-konstituiert-sich/); an der Erhebung teilgenommen haben 29 Angehörige der ca. 30 berücksichtigten Unternehmen und Einrichtungen. 15
AG 4 NEUE IMPULSE FÜR BESCHÄFTIGUNG UND QUALIFIZIERUNG IM MOBILITÄTSSEKTOR 4 REGIONALE KOMPETENZ-HUBS 4.1 GENERELLES ZUR PILOTPHASE Im ersten Zwischenbericht der Fokusgruppe Personal- Grundsatzentscheidung war zudem, nicht Wegbereiter re- planung und -entwicklung wurde die Empfehlung formu- dundanter Strukturen zu sein, sondern für die ausgewähl- liert, regionale Kompetenz-Hubs aufzubauen, in denen ten Pilot-Bundesländer eine Analyse vorhandener Verbün- sich die relevanten Akteure (Unternehmen, Bundes- de, Hubs und Initiativen sowie einen Abgleich mit den aus agentur für Arbeit, IHK, Bildungsträger, Verbände und Sicht der NPM notwendigen Funktionen von Kompetenz- Fachorganisationen) vernetzen, um die durch die Trans- Hubs durchzuführen. formation der Mobilitätsbranche notwendigen Heraus- forderungen in Aus- und Weiterbildung gemeinsam zu Die Idee der Erprobung fällt dabei in eine Zeit, in der die bewältigen. eingangs beschriebenen Förderrahmen ihre Wirkung ent- falten und gleichzeitig bestehende Verbünde, Initiativen, Dieser Ansatz wird nun seit Anfang 2020 in der Praxis er- Fachkräfteallianzen und Arbeitgeberverbände ebenfalls probt. Dabei wurde bezüglich des räumlichen Zuschnitts, ihre Arbeit fortführen und die Funktion der Vernetzung entgegen des ursprünglich gewählten Beispiels mit drei vielerorts bereits ausfüllen. Die Gestaltung der Transfor- übergreifenden Kompetenz-Hubs der Größenordnung mation in Verbundprojekten hat viele Gesichter, denen in „Nord, Mitte, Süd“, die Ebene des Bundeslands als geeig- diesem Bericht nicht vollumfänglich Rechnung getragen netere Umsetzungsgröße gewählt. In der föderalen Struk- werden kann. Vielmehr sollen exemplarische Projekte aus tur Deutschlands verlaufen die Zuständigkeitsgrenzen in den Pilot-Bundesländern wiedergegeben werden, die die den meisten Institutionen ebenfalls an den Grenzen der Verwirklichung der Idee der Kompetenz-Hubs illustrie- Bundesländer. Das Ziel, die relevanten Akteure in den Hub- ren, ohne dabei anders gelagerte Ansätze werten zu wol- Diskussionen an einen gemeinsamen Tisch zu bringen, len, sondern um allgemeingültige Schlüsse abzuleiten. lässt sich somit unter Aufwand-Nutzen-Betrachtung am besten auf der Ebene der Bundesländer verwirklichen. 4.2 DETAILS AUS DEN PILOT-BUNDESLÄNDERN Niedersachsen: In Niedersachsen werden die Funktionen des Kompe- Wichtiger Aspekt in dieser Funktion ist die Möglichkeit der tenz-Hubs durch das sozialpartnerschaftliche Modellpro- Vernetzung, um sich untereinander austauschen zu können, jekt „Partnerschaft Transformation“ umgesetzt. Das Pro- Best-Practices zu teilen und gemeinsam Know-how auf- jekt gliedert sich dabei in die drei wesentlichen Säulen der zubauen. Deshalb vernetzen sich die Lotsen in den Trans- Transformationslotsen, Transformations-Hubs und eines formations-Hubs, von denen aktuell drei im Bundesland Transformationsbeirats. Das Konzept des Transformati- aufgebaut werden. onslotsen ist dabei eine Qualifizierung zur Fachperson für digitale Transformation und Veränderungsmanagement, Großer Vorteil der Transformations-Hubs in dieser Form die sich an Meister:innen und Techniker:innen in richtet, ist, dass auch gleichwertige Qualifizierungen zu den Trans- die dann direkt im Unternehmen Veränderungsprozesse formationslotsen, wie beispielsweise die „Veränderungs- vorantreiben und Transformation direkt im Arbeitskontext MacherIn“ aus dem Strategiedialog Automobilwirtschaft begleiten, die Branchentrends und Innovationspotenziale in Niedersachsen oder die „Qualifizierungs-Guides“, die (er)kennen und die Transformationskompetenzen der rest- seitens des „Continental Instituts für Technologie und lichen Belegschaft stärken. Die Qualifizierung wird durch Transformation“ ausgebildet werden, in den Hub integ- die Bildungswerke der Sozialpartner angeboten. riert werden können. 16
AG 4 NEUE IMPULSE FÜR BESCHÄFTIGUNG UND QUALIFIZIERUNG IM MOBILITÄTSSEKTOR Der Aufbau der Kompetenz-Hubs erfolgt dabei durch das fe unter Einbeziehung der KMU und der Weiterbildungs- bestehende Öko-System der vorhandenen Akteure in anbieter identifiziert und zielgerichtet sowie unterneh- Niedersachsen, wodurch keine Verdrängung bestehender mensübergreifend gedeckt werden. Die Plattform zielt Strukturen erfolgt und der Zugang auch zu den kleinen somit auch auf neue und weiterentwickelte Kooperati- und mittleren Unternehmen sichergestellt ist. Gleich- onsmodelle der KMU untereinander ab. zeitig entsteht durch die Kompetenz-Hubs auch eine Struktur mit Ankerpersonen in den Unternehmen, die es Auch wurde in den Gesprächen aller Akteure die Sinn- erlaubt schnell neue Trends oder Strategien in die Fläche haftigkeit eines vertieften dauerhaften Austauschs auf zu bringen. übergeordneter, strategischer Ebene für das Bundesland festgehalten und darauf abgezielt, diesen zu verstetigen. Die dritte Ebene des Projekts stellt der Transformations- Ziele sind hierbei, die sehr umfangreiche Weiterbildungs- beirat dar, der übergeordnete und überregionale Fragen landschaft transparent zu machen, Innovationen zu för- für das Bundesland im Blick hat und als strategischer und dern, Lücken aufzudecken und die Angebote strategisch steuernder Überbau gedacht ist. Im Beirat wird somit die auszurichten. Schlüsselrolle in der Organisation und Ko- konkrete Arbeit in den Kompetenz-Hubs durch die Betei- ordination nimmt dabei in der übergreifenden Vernetzung ligung von betrieblich Verantwortlichen, Sozialpartnern oft die sozialpartnerschaftlich organisierte „AgenturQ“ und der Wissenschaft flankiert. Dabei wechseln sich die ein, die durch ihren starken Rückhalt auf gewerkschaft- Sozialpartner jährlich mit der Organisation der Beirats- licher, unternehmerischer wie politischer Seite eine sehr sitzungen ab. Der Beirat kann als übergeordnetes Gremi- positive Wirkung in einem Bundesland entfaltet, welches um langfristig und unabhängig wirken und letztlich dafür sich durch eine sehr vielfältige Weiterbildungslandschaft Sorge tragen, dass die unterschiedlichen Initiativen, Ak- mit zahlreichen Akteuren auszeichnet. teure und Ansätze gut ineinandergreifen, eine sinnvolle Struktur für das Bundesland ergeben und dass mögliche Hessen: Synergien gut genutzt werden. In Hessen wurden die Aktivitäten hinsichtlich eines NPM- Baden-Württemberg: Kompetenz-Hubs zu einem späteren Zeitpunkt gestartet. Hauptplattform für die initialen Aktivitäten war ein vom In Baden-Württemberg wurden zeitgleich im Zuge der Verband der Metall- und Elektro-Unternehmen Hessen Pilotphase der NPM-Kompetenz-Hubs umfangreiche Ge- e. V. ausgerichtetes Weiterbildungsforum zum Thema spräche mit allen Akteuren angestoßen, die unabhängig von „Qualifizierung in Zeiten des Umbruchs“. Dabei wurde Niedersachsen ein sehr ähnliches Zielbild für das Bundes- der Fokus initial auf die Ansprache von KMU gelegt, um land hervorgebracht haben. eine direkte Bedarfsabfrage bezüglich Notwendigkeit und Ausprägung eines Kompetenz-Hubs durchzuführen. Das So wird die Idee der Kompetenz-Hubs durch den Aufbau so entstehende Netzwerk aus KMU wie auch Großunter- eines Weiterbildungsverbunds verwirklicht, der durch nehmen, die sich aktiv beteiligen und einbringen wollen, das Bundesprogramm „Aufbau von Weiterbildungsver- wird nun in weiteren Schritten ausgebaut. Dabei wird mit bünden“ des BMAS, als eines von den ersten 13 bundes- Blick auf das Kompetenz-Hub-Konzept aus dem ersten weiten Projekten, seit dem 1. April 2021 für drei Jahre Zwischenbericht der Schwerpunkt zunächst auf das The- gefördert wird. Dabei handelt es sich um die „Plattform menfeld des gemeinsamen Arbeitsmarkts in der Metall- Weiterbildung Region Stuttgart in Automobilwirtschaft und Elektroindustrie gelegt. Hierbei sollen innovative und Maschinenbau – Zur Förderung von Digital- und KI- Konzepte erprobt werden, die Brücken in neue Beschäfti- Kompetenzen“ der Wirtschaftsförderung Region Stutt- gung ermöglichen. gart, die mit vielen Partnern gemeinsam konzipiert wird. Dabei soll eine regionale Weiterbildungsplattform er- schaffen werden, die einerseits digitale Formate abge- deckt, welche multimediale Angebote und den einfachen Zugang zu Weiterbildungsthemen umfassen. Anderseits sollen auch im analogen Format Partner-Angebote an kleine und mittlere Unternehmen gemacht werden, wie zum Beispiel persönliche Hilfestellung, Informationsbe- reitstellung, vertiefte Begleitung von Weiterbildungspro- zessen und die zielgerichtete Vernetzung der Akteure. Als dritten Bereich sollen ungedeckte Weiterbildungsbedar- 17
AG 4 NEUE IMPULSE FÜR BESCHÄFTIGUNG UND QUALIFIZIERUNG IM MOBILITÄTSSEKTOR 4.3 FAZIT UND HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN Ein wesentliches Erfolgskriterium der Zusammenarbeit auf abweichende Zeithorizonte abzielen. Es empfiehlt sich von Unternehmen in Kompetenz-Hubs oder Verbünden hierbei in jedem Falle die Schaffung einer langfristigen stellt die Neutralität des Rahmens dar. Hierbei gilt es bei neutralen übergeordneten Ebene, die Transparenz schafft der Konzeption darauf zu achten, wie zum Beispiel ein Zu- und die strategische Ausrichtung und Steuerung des Wei- sammenspiel von kleinen und mittleren Unternehmen mit terbildungssektors auf die regionalen Bedarfe abstimmt. Großunternehmen sinnvoll gestaltet werden kann. Da ein Dabei bieten sich unterschiedliche Formen an. Im Pilot- regionaler Ansatz verfolgt wird, stehen Unternehmen egal Bundesland Niedersachsen wurde dies durch die Gründung welcher Größe oft in Geschäftsbeziehungen binnen einer des Transformations-Beirats gelöst, dessen Sitzungen im Wertschöpfungskette zueinander. Die in Niedersachsen Wechselspiel der Sozialpartner organisiert werden. Auch gewählte Form mit der Basisebene der Transformations- das Beispiel einer sozialpartnerschaftlich organisierten lotsen bietet sich dabei als gelungenes Beispiel an, diese Gesellschaft wie der AgenturQ in Baden-Württemberg bie- Problematik zu umgehen, da die Lotsen direkt aus unter- tet viele Vorteile. Es muss jedoch hierbei dann auch auf schiedlichsten Bereichen der Belegschaften stammen und entsprechende Finanzierung geachtet werden. Eine sehr somit Abhängigkeiten aus Geschäftsbeziehungen wenig gute neue Möglichkeit stellt hierbei die in der Einleitung mitschwingen. Auch im Veranstaltungsdesign sollten Ab- beschriebene, nun eingeschlagene Richtung dar, regionale hängigkeitsbeziehungen mitgedacht werden, wobei sich Transformationsnetzwerke über den Zukunftsfonds Auto- Großunternehmen hier sehr gut für Veranstaltungsformate mobilwirtschaft zu fördern. zum Beispiel zur Wissensteilung anbieten. Auch bezüglich digitaler Plattformen wäre eine neutrale wiederverwend- Eine politische oder institutionelle Begleitung des Struk- bare Plattformlösung, die zentral und kostenfrei an inte- turwandels kann positive Wirkung vor allem dann entfal- ressierte Verbünde oder Kompetenz-Hubs bereitgestellt ten, wenn das vorhandene Öko-System der Weiterbildung wird, hilfreich. Die ansonsten notwendige Bindung an ein in einer Region berücksichtigt und mitgenommen wird. System, welches zum Beispiel in der Hoheit eines einzel- Während der strategische, übergeordnete Blick auf Ebene nen Bildungsträgers ist, kann schädlich für die Idee sein, des Bundeslands erfolgen kann, so sind Verbünde oft mit allen Akteuren die Mitwirkung am HUB zu ermöglichen. Zuschnitt auf die regionale Ebene besser konzipiert. Die Vernetzung findet letztlich an der Basis durch die regiona- Bezüglich der Fördermöglichkeiten zeigt sich, dass das len Akteure und mit den regionalen Unternehmen statt. Ein Bundesprogramm „Aufbau von Weiterbildungsverbün- bereits in einem lokalen Verbund agierendes kleines oder den“ des BMAS auf sehr großes Interesse stößt und einen mittleres Unternehmen hat beispielsweise nicht beliebige in vielen Regionen vorhandenen Bedarf anspricht. Eine Kapazitäten und auch wenig Nutzen davon, sich in meh- Verbesserungsmöglichkeit wäre hierbei eine Verkürzung reren Verbünden zu vernetzen und zu engagieren. Die Er- des Zeitraums zwischen der initialen Auswahl der Projek- fahrung aus den Kompetenz-Hub-Piloten zeigt: Wenn das te und der tatsächlichen Möglichkeit, förderunschädlich Ziel lautet, auch die kleinen und mittleren Unternehmen die Aktivitäten beginnen zu können. Zu lange Zeiträume mitzunehmen, so kann dies nur in deren regionalen Hand- vor dem tatsächlichen Auftakt eines Verbundprojekts er- lungs- und Vernetzungsradius gelingen, der von Arbeitge- schweren es dem jeweiligen Träger, das notwendige Inter- berverbänden, Kammern, Fachkräfteallianzen und Wirt- esse von sonstigen Akteuren an der Mitwirkung im Ver- schaftsförderungen sowie der Bundesagentur für Arbeit bund aufrechtzuerhalten. und den Gewerkschaften getragen wird. Unterschiedliche Initiativen weisen dabei vielfältige Überlappungen auf, die Die Weiterbildungslandschaft eines Bundeslands stellt berücksichtigt werden müssen. Politische Aufgabe sollte meist ein ganzes „Öko-System“ mit zahlreichen Akteuren hierbei oft mehr die Erhöhung der Transparenz und sinn- dar, welches nicht selten regionale, branchenspezifische volle Verknüpfung des Bestehenden sein, als der Versuch oder thematische Überlappungen aufweist und durch überall neue Strukturen zu etablieren. unterschiedliche Fördermittel finanziert wird, die auch 18
AG 4 NEUE IMPULSE FÜR BESCHÄFTIGUNG UND QUALIFIZIERUNG IM MOBILITÄTSSEKTOR 5 AUSBLICK Die großen Herausforderungen durch die Transforma- Es muss jedoch auch der nötige Raum zu dieser Gestal- tion, mit denen sich die Mobilitätsbranche bereits heute tung gelassen werden. Eine verschärfte Regulierung der konfrontiert sieht und die sich in den nächsten Jahren Mobilitätsbranche durch beispielsweise Klimaschutzgesetz- an vielen Stellen noch verschärfen, lassen sich somit nur gebung, die die Transformation weiter beschleunigt, muss durch einen ganzheitlichen Ansatz bewältigen. Strategi- hierbei stets Beschäftigungseffekte mitdenken und Lösun- sche Personalplanung, zum Beispiel anhand des PYTHIA- gen dafür anbieten, oder gemeinsam mit der betroffenen Tools, ist unabdingbar, um sich mit den notwendigen Branche erarbeiten. Bei zu starker einseitiger Abwälzung Zukunftskompetenzen und deren Relevanz für die Unter- auf die Beschäftigten, die Unternehmen und die Weiter- nehmen auseinanderzusetzen. Dies gilt für Unternehmen bildungsakteure wird der Wandel zum Bruch und die auch jedweder Größe. Weiterhin müssen die Beschäftigten in vorhandenen Chancen der Transformation können dann der Transformation mitgenommen werden, aber auch nicht mehr ergriffen werden. Um die gemeinsame Verant- selbst Veränderungs- und Lernbereitschaft mitbringen. wortung für das Land und die Beschäftigten auch vor dem Die Herausforderungen für die Weiterbildungslandschaft Hintergrund zunehmender Verschärfungen in der Regu- müssen dann in einem vernetzten Ansatz gemeinsam lierung wahrzunehmen, muss der Dialog zwischen den durch die Akteure, wie in den exemplarisch gezeigten Stakeholdern, insbesondere zwischen Industrie und Politik, Ausprägungen der Kompetenz-Hubs, angegangen wer- intensiviert werden. den, um den Wandel aktiv zu gestalten und die darin lie- genden Chancen zu nutzen. BESCHÄFTIGUNGSWANDEL VERSTEHEN & AKTIV GESTALTEN KOMPETENZ- UND QUALIFIZIERUNG ARBEITSMARKTPOLITISCHE QUALIFIZIERUNGSBEDARFE GEMEINSAM GESTALTEN FLANKIERUNG ERKENNEN „PYTHIA Automotive“ Software Regionale Kompetenzhubs und Förderung der Tool zur strategischen Personal- Weiterbildungsverbünde: Bündelung beruflichen Weiterbildung planung für Unternehmen der Kräfte in der Region zur (z. B. Arbeit-von-morgen-Gesetz, Qualifizierung der Beschäftigten Qualifizierungschancengesetz) Identifikation und Bündelung der Kräfte von Gestaltung des Wandels Unternehmen, Politik und Sozialpartnern Abbildung 7: Die drei Säulen und das Fundament im Beschäftigungswandel Quelle: eigene Darstellung 19
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