Neues Wohnen mit Nachbarschaft Wohnprojekte von Baugruppen, Genossenschaften und Investoren

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Neues Wohnen mit Nachbarschaft Wohnprojekte von Baugruppen, Genossenschaften und Investoren
Neues Wohnen mit Nachbarschaft
Wohnprojekte von Baugruppen,
Genossenschaften und Investoren

                                  www.mbv.nrw.de
Neues Wohnen mit Nachbarschaft Wohnprojekte von Baugruppen, Genossenschaften und Investoren
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          Neues Wohnen mit Nachbarschaft
          Wohnprojekte von Baugruppen,
          Genossenschaften und Investoren

     3    Vorwort

     4    Inhaltsverzeichnis

     6    Neues Wohnen mit Nachbarschaft

     6    Das Neue der Neuen Wohnprojekte – und ihre Potenziale
     7    Die neue Verantwortlichkeit – und der soziokulturelle Nutzen
     7    Die neue Vielfalt – und der städtebaulich-architektonische Nutzen
     8    Die neue Wirtschaftlichkeit – und der ökonomische Nutzen für die Gruppen
     8    Die neuen Aufgaben – Nutzen, Chancen und Potenziale für Wohnungsmarktakteure:
          Kommunen – Wohnungswirtschaft – Architekturbüros
     9    Neue Wohngruppenprojekte – zur Nachahmung empfohlen

    10    Drei Projekttypen – ein Ziel
          Tipps und Argumente

    10    Neues Wohnen im Investorenmodell
     11   Neues Wohnen in einer Bewohnergenossenschaft
    12    Neues Wohnen im Eigentum – als Baugruppe in Wohnungseigentümergemeinschaften

    14    Neue Wohngruppenprojekte in Nordrhein-Westfalen – Von guten Beispielen lernen

    16    Bonn		          Amaryllis eG
    20    Dortmund        wir_auf_tremonia
    24    Emsdetten       Hof-Eiche-24
    28    Essen		         Der Beginenhof
    32    Gelsenkirchen   Wohnhaus Zeche Holland eG
    36    Ibbenbüren      WunschWohnen
    40    Köln		          Philia
    44    Mülheim a.d.R   Wohnen mit Freu(n)den unter einem Dach
    48    Münster		       Die Bremer Stadtmusikanten
    52    Siegen		        Lebendiges Wohnen eG

    56    20 Jahre Wohngruppenprojekte in Nordrhein-Westfalen – Vergangenheit mit Zukunft

    56    Der Grundgedanke
    56    Good Practice
    56    Bottom-up Projekte
    57    Top-down Projekte
    57    Fazit

    58    Bielefeld       Ökologische Baugenossenschaft Waldquelle eG
    60    Düsseldorf      Öko-Siedlung Unterbach
    62    Düsseldorf      Wohnen mit Kindern
    64    Köln		          Gemeinsam Wohnen und Leben mit Kindern
    66    Münster		       Gemeinsam Wohnen von Jung & Alt
    68    Oberhausen      Bau- und Wohngenossenschaft Werkbundsiedlung am Ruhrufer eG
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    70   Karte – Vorgestellte Wohngruppenprojekte in Nordrhein-Westfalen

    71   Projekte in Fertigstellung – Ausblick
         Es tut sich was in Nordrhein-Westfalen …

    72   Projekte in Aachen, Bielefeld, Bochum, Bonn, Dortmund, Düsseldorf, Köln, Oberhausen, S
                                                                                              ­ olingen,
         Unna, Wuppertal

    76   Wohngruppenprojekte in der Stadtentwicklung – Erfahrungen aus ­anderen Bundesländern

    76   Neue Wohnprojekte als eine Strategie zur Stadtentwicklung
    76   Bevölkerungswachstum und Brachflächen als Handlungsmotive auch schon in der ­Vergangenheit
    77   Der Blick auf andere Regionen

    78   Freiburg – Klimagerecht und selbstbestimmt
    80   Hamburg – Vorreiter für Wohnprojekte
    82   München – Individuell ausgerichteter Wohnraum durch Wohnprojekte
    84   Tübingen – Alles aus einer Hand

    86   Zukunft fördern – Fördermöglichkeiten durch das Ministerium für Bauen und Verkehr des
         Landes Nordrhein-Westfalen

    87   Zuschussförderung
    87   Bauförderung / Eigentumsförderung
    87   Genossenschaftsgründungsförderung
    87   Bürgschaft des Landes für neue bewohnergetragene Genossenschaften
    87   Förderverfahren

    88   Anhang

    88   Adressen der Projekte
    92   Weiterführende Adressen
    94   Bildnachweis
    95   Impressum
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Neues Wohnen mit Nachbarschaft
Das Wohnen – und ganz besonders die Frage, wie man           Neue Wohnprojekte als Sammelbegriff für gemeinschaft-
denn im nicht mehr all zu fernen Alter wohnen möchte –       lich organisierte Formen des Zusammenplanens, -bauens,
ist zu unserem täglichen Gesprächsstoff geworden. Die        -wohnens und des Zusammenlebens werden nachgefragt.
Diskussionen um den demografischen Wandel haben da-          Sie sind attraktiv – als Wohnform für den dritten Lebens-
bei die Bedeutung von Neuen Wohnprojekten als eine Al-       abschnitt, für Paare, für allein stehende Frauen, aber auch
ternative für das Wohnen im Alter ins Licht gesetzt. Wenn    für junge Familien mit Kindern und andere Lebensformen.
die Kinder aus dem Haus sind, kann neu und anders ge-        Es handelt sich in der Regel um abgeschlossene Wohnein-
plant werden. Der Umzug in ein neues Leben, in dem die       heiten in einer Haus- oder Siedlungsgemeinschaft oder
Bedürfnisse des Alters baulich und sozial an vorderster      um Reihenhäuser in der Gruppe. Eine eigens verfasste
Stelle berücksichtigt werden, ist vielerorts der Motor für   Gemeinschaftsordnung regelt die Belange untereinander.
die Initiierung und den Bau von Mehrgenerationenwohn-        Die Bewohner und Bewohnerinnen verbindet der Wunsch,
projekten, sei es im Eigentum, zur Miete oder als Genos-     in guter lebendiger Nachbarschaft zu leben, sich in de-
senschaft. Der Wunsch der jungen Alten, ihren Lebens-        finierten Grenzen zu unterstützen und sich gemeinsam
abend nicht einsam im „empty nest“ sondern gemeinsam,        eine projektbezogene Infrastruktur und Gemeinschaftsflä-
kommunikativ, mit kultureller, sozialer und gesundheits-     chen im Innen- und Außenbereich zu teilen.
bezogener Infrastruktur in guter Nachbarschaft verbrin-
gen zu wollen, haben darüber hinaus in besonderer Weise      Wohngruppen schließen sich unter bestimmten Wohnvor-
auch andere Generationen und Nutzergruppen auf den           stellungen und Motiven zusammen: neben dem generati-
Geschmack gebracht, Wohngruppenprojekte als zukunfts-        onenübergreifenden Wohnen das nachhaltige und ökolo-
fähige alternative Wohn- und Lebensform für sich zu ent-     gische Wohnen, Wohnen mit Kindern, gemeinschaftliches
decken. Und es bewirkt, dass Menschen verschiedenster        Wohnen mit Freunden, autofreies Wohnen oder auch das
Einkommens- und Altersgruppen, Milieus, Lebens- und          Wohnen unter Frauen. Interessierte finden sich zu Bau-
Haushaltsformen umdenken, sich Gedanken über neue            gruppen zusammen, gründen vereinzelt junge Genos-
Formen des generationenübergreifenden Zusammen-              senschaften oder machen sich auf die Suche nach einem
lebens machen, die gänzlich abweichen von den klassi-        innovativen Investor, der bereit ist, nach ihren Bedürfnis-
schen Formen des Alt seins.                                  sen und Vorstellungen ein Wohnprojekt zur Miete für die
                                                             Gruppe zu errichten oder auch umzubauen. Wohngrup-
Dieser Wunsch des Wohnens unter und mit Gleichgesinn-        pen sind Selbstversorger – vergleichbar vielleicht mit den
ten geht einher mit einem Lebensgefühl, das von Auf-         ersten Genossenschaften im ausgehenden 19. Jahrhun-
bruch, Unternehmergeist und dem Ideal von lebenslan-         dert. Es sind originäre Bottum-up Projekte, die von unten
ger Selbstbestimmung geprägt ist. Doch das Abenteuer         ein Wohnprojekt aufbauen, auch weil die traditionellen
„Neues Wohnen mit Nachbarschaft“ steht nicht nur für         Bauträgerangebote nicht auf ihre baulichen und sozialor-
neue kommunikative Lebenskonzepte. Es harmoniert mit         ganisatorischen Anforderungen eingehen.
der in den Metropolen beobachteten Entwicklung der Re-
naissance der Städte, des Trends „Zurück in die Stadt“.      Engagierte Menschen aller Altersgruppen bestimmen
Die jungen Alten, die ihr Einfamilienhaus am Stadtrand       also zunehmend, wo sie wie mit wem wohnen möchten
gerne gegen eine innerstädtische barrierefreie Stadtwoh-     und nehmen ihre Wohnraumversorgung gemeinsam in
nung mit guter kultureller und medizinischer Infrastruktur   die Hand. In der Vergangenheit brauchten solche Initiati-
tauschen, stehen an der Spitze dieses Trends, ebenso wie     ven allerdings Jahre, um ihre Wünsche vom gemeinsamen
die an städtischem Leben mit kinderbezogener Infrastruk-     Wohnen zu realisieren. Heute hat das allgemeine Interes-
tur interessierten jungen Familien. Trendforscher bezeich-   se an Neuen Wohnprojekten die Start- und Realisierungs-
nen sie als Latte-Macchiato-Familien, Netzwerk-Familien      bedingungen für Wohngruppen deutlich verbessert.
oder auch die Umweltbewussten unter ihnen als die Lohas
(Lifestyle of Health and Sustainability). Attraktiver und
individueller städtischer Wohnraum in architektonischer      Das Neue der Neuen Wohnprojekte –
Qualität mit familien- und altengerechtem Grundriss und      und ihre Potenziale
Ausstattung wird gesucht – und stößt vielerorts an die
Grenzen der Wohnbaupotenziale der Städte.                    Neue Wohnprojekte bieten neue Wohnqualitäten durch
                                                             zusätzliche Ansprüche wie Altersmischung, Nachbar-
Wohngruppenprojekte stellen eine bauliche Alternative        schaftsverantwortung, Quartiersbezogenheit, Umwelt-
dar. In verdichteter Bauweise, im attraktiven Geschoss-      orientierung oder auch besondere Aufgeschlossenheit
wohnungsbau mit eingeplanter Infrastruktur wie Treff-        im Bereich der Lebensstile, Milieus, Kulturen und Ge-
punkten, Cafés und Plätzen können Neue Wohnprojekte          schlechter. Objekte, die diesen Wohnbedürfnissen und
dazu beitragen, bezahlbares Eigentum zu schaffen und         Anforderungen entsprechen, werden auf dem regulären
„verschlafene“ Quartiere und Entwicklungsstandorte zu        Wohnungsmarkt nicht angeboten. Hier setzt die Eigen-
beleben. Sie interessieren sich u.a. für das Wohnen an un-   initiative der Bau- und Wohngruppen ein, indem sie die
gewöhnlichen Orten wie z.B. auf Konversionsflächen, In-      Gruppenvorstellungen vom Gemeinschaftlichen Wohnen
dustriebrachen oder in aufgegebenen Verwaltungs- oder        in die Planung einfließen und z.B. neue Architekturformen
Einzelhandelsgebäuden und schaffen attraktive Quartiere.     entstehen lassen.
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Was alle neuen nachbarschaftlichen Wohnprojekte ver-        professionelle Pflege nicht ersetzen. Für diesen Lebensab-
bindet, ist, dass sie auf aktuelle gesellschaftliche und    schnitt sind Vorkehrungen sowohl mit privaten Pflegeträ-
städtebauliche Fragen Antworten suchen und diese zu         gern, angrenzenden Pflegestationen oder auch im Objekt
neuen Ergebnissen führen. Dabei handelt es sich vor allem   integrierten Pflege-Wohngemeinschaften zu treffen.
um soziokulturelle, städtebaulich-architektonische und
wirtschaftliche Aspekte und Qualitäten. Der Nutzen kann     Auch von den zielgruppen- und milieuorientierten Wohn-
einerseits ganz individuell auf der Ebene der Gruppenpro-   gruppenprojekten werden die Potenziale von Wahlfamilien
jekte und bei einzelnen Bewohnern und Bewohnerinnen         gesehen. Die steigende Zahl der allein stehenden Frauen
liegen. Andererseits bieten Wohngruppenprojekte zahl-       zum Beispiel findet in Wohnprojekten die Chance für ein
reiche Potenziale für die Akteure des Wohnungsmarktes,      Leben in einer kommunikativen und kreativen Gemein-
für Architekturbüros und die Wohnungswirtschaft, für die    schaft, die Freizeitgestaltung, Urlaub, politisches Engage-
Kommunen und die Entwicklung der Innenstädte sowie          ment und einen lebendigen Alltag ermöglicht. Das aktive
das soziale Miteinander in den Quartieren.                  Altern wiederum verzögert die Entwicklung von Alters-
                                                            krankheiten und verlängert die Selbstständigkeit.

Die neue Verantwortlichkeit – und der                       Die modernen Beginenhöfe, deren Schwerpunkt mit zur-
soziokulturelle Nutzen                                      zeit 12 Initiativen in Nordrhein-Westfalen liegt, sind sicher-
                                                            lich – ebenso wie das starke Engagement von Frauen in
Im Zeitalter von Globalisierung und den damit einherge-     allen gemischten Wohngruppenprojekten – eine Antwort
henden Identitätsproblemen einerseits und Individualisie-   auf die demografische Entwicklung. In erster Linie sind
rungstendenzen andererseits wächst parallel der Wunsch      sie jedoch eine Reaktion auf die sich verschärfende wirt-
nach sozial stabiler Nachbarschaft und einer nachhaltig     schaftliche Situation von Frauen: Staatliche Unterstüt-
sicheren Wohnsituation, die auch vor möglicher Vereinsa-    zungssysteme sind rückläufig. Ältere Frauen und allein
mung schützt. Die Aussicht auf ein hohes Lebensalter för-   erziehende Mütter sind davon in besonderer Härte betrof-
dert die Beschäftigung mit und die Bereitschaft für neue    fen. Die Lebenserwartung der Menschen ist generell ge-
altersgerechte Wohnprojekte. Denn mit einer höheren         stiegen. An der Spitze der Alterspyramide stehen die Frau-
Lebenserwartung ist bei vielen die Sorge verbunden, als     en. Für Frauen im Alter von 75 Jahren und mehr erreicht
Hochbetagter an einer der nicht beherrschbaren Alters-      die Alleinlebendenquote mit 63 Prozent das 2,6-fache
krankheiten zu erkranken. Das Mehrgenerationenwoh-          Niveau des entsprechenden Vergleichswertes für Männer
nen zum Beispiel bietet unter der Idee „gemeinsam statt     dieses Alters. Auch deshalb suchen Frauen verstärkt nach
einsam“ die Chance, in einer menschlichen Gemeinschaft      kostengünstigen Alternativen für das Wohnen im Alter,
alt werden zu können, wenn die familiären Netze durch       die ihnen ermöglichen, ihr Leben unabhängig zu gestal-
Berufstätigkeit oder auch zunehmende Kinderlosigkeit        ten und somit nicht auf die herkömmlichen Institutionen
diese Aufgabe nicht mehr übernehmen können. Hier kann       der Altenpflege angewiesen zu sein. Dies finden sie in den
man gemeinsam in einem altersgerechten barrierefrei-        neuen Wohnprojekten für Frauen.
en Objekt in guter Nachbarschaft leben, auf engagierte
Unterstützung bauen und selber Verantwortung für die
Wohngruppenmitglieder übernehmen. Eine niedrige Ge-         Die neue Vielfalt – und der
burtenrate und die Ausdifferenzierung der Gesellschaft      städtebaulich-architektonische Nutzen
haben insbesondere in Europa eine Auflösung dieser ge-
wachsenen Lebenssituation mit sich gebracht. Dennoch        Häufig werden gemeinschaftliche Wohnprojekte in an-
schätzen viele junge Eltern durchaus den Rat von lebens-    spruchsvoller Architektur – nach kleinen aufgeforder-
erfahrenen älteren Menschen und deren Unterstützung         ten Wettbewerbsverfahren bzw. sensibler Auswahl der
– ebenso wie die Kinder die Gelassenheit der Großeltern-    Architekturbüros – errichtet. Baugruppen informieren
generation.                                                 sich ausführlich bei vorbildlichen Projekten. Sie nehmen
                                                            Kontakt zu Architekturbüros auf, die offen für partizipati-
In den Senioren- und Mehrgenerationen-Wohnprojekten         ve Prozesse sind und eine Chance in den an Gestaltungs-
werden Vorstellungen und Konzepte darüber entwickelt,       fragen interessierten Gruppen sehen. Baugemeinschaften
wie man sich unterstützen will. Diese differieren vom       und Initiativen realisieren die Objekte in baubiologischer,
alltäglichen Zusammenleben aller Altersgruppen über         nachhaltiger und energiesparender Bauweise. Sie planen
die genau definierte Unterstützergemeinschaft in einer      in der Regel Gemeinschaftsräume oder -häuser für die
fest umrissenen Seniorengruppe bis hin zur integrierten     eigene Gemeinschaft und die angrenzende Nachbarschaft
Wohngemeinschaft für Alterskranke in Kooperation mit        mit ein. Die anspruchsvolle Gemeinschaftsarchitektur
einer Sozialstation in unmittelbarer Nachbarschaft. Die     und die nachhaltige Bauweise prägen ebenso das angren-
Erfahrung zeigt, dass die Verantwortlichkeit in Mehrgene-   zende Quartier wie die sensibel gestalteten und sorgsam
rationenprojekten nicht zu weit gespannt werden sollte:     gepflegten Gemeinschaftsgrünflächen und die zur Verfü-
Wohngruppenmitglieder können in Bedarfssituationen          gung gestellten Gemeinschaftsräume. „Architektur von
aushelfen. Sie sichern z.B. den Einkauf oder das Putzen     der Stange“ wird es bei neuen Wohnformen nicht geben.
bei Krankheit, übernehmen auch die Verpflegung und          Die Vielfalt der Gestaltungsansprüche wird jeweils zu indi-
kümmern sich gegebenenfalls um die richtige medizini-       viduellen Lösungen führen. Die im Kapitel „Wohngruppen-
sche Versorgung. Sie wirken gegen Vereinsamung und tra-     projekte in der Stadtentwicklung“ vorgestellten Beispiele
gen zur Sicherheit Alleinstehender bei. Sie können jedoch   aus anderen Kommunen, die sich bereits frühzeitig ent-
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schlossen haben, neue Wohnprojekte durch Baugruppen
und Bewohnergenossenschaften zu fördern, demonstrie-
ren überzeugend die dort erreichte architektonische Viel-
falt und Kreativität.

Die neue Wirtschaftlichkeit – und der
ökonomische Nutzen für die Gruppen
Eine neue Form der Eigentumsbildung durch die so ge-
nannten „neuen Eigentümer“, die als Baugruppen oder
Baugemeinschaften (s. S. 12) individuelles Bauen in          zusammen und realisieren – meist in gemischten Finan-
kleinen Einheiten realisieren, bringt neben hohen Wohn-      zierungsformen vom öffentlich geförderten Wohnungs-
qualitäten vor allem auch deutliche Kostenvorteile. Bei      bau über die frei finanzierte Mietwohnung bis hin zum
kostengünstiger Planung kann die monatliche Belastung        Eigentum – ihre Vorstellungen vom gemeinschaftlichen
für Zinsen und Tilgung dem Vergleich mit hochpreisigen       Wohnen. So gelingt eine unauffällige Integration geförder-
Mietwohnungen durchaus standhalten. Bauliche Selbst-         ter Wohnungen. Und da sich die Wohngruppenmitglieder
hilfe sowie eigenständige Organisation des Bauvorha-         in ihrem neuen Wohnquartier, im näheren und weiteren
bens senken die Kosten. Darüber hinaus kann man sich in      Wohnumfeld wohl fühlen wollen, mischen sie sich ein,
der Gruppe deutlich mehr leisten, denn als individueller     gestalten und prägen ihre Umgebung oder tragen so zur
Bauherr: Sauna, Fitnessraum, gemeinsame Dachterrasse         Entwicklung neuer Wohngebiete bei. Davon profitiert die
oder auch nur der obligate großzügige Gemeinschafts-         unmittelbare Nachbarschaft, das Quartier, der Stadtteil,
raum mit Gästezimmer sind erschwinglich, wenn man ge-        die Stadt. Noch wird der mögliche Beitrag von Wohnpro-
meinsam finanziert. Das Einsparen der Bauträgermargen        jekten in der Stadtentwicklung, sei es als Genossenschaft,
und -gewinne ist ein deutlicher Anreiz, als Baugruppe das    Wohnungseigentümergemeinschaft, Verein oder auch als
gemeinsame Wohnprojekt selbst zu realisieren.                Stiftung nicht überall gesehen, aufgegriffen und die Po-
                                                             tenziale genutzt.
Auch die Investorenprojekte (s. S. 10) sind für die Nutzer
langfristig kostengünstig und sicher, denn sie werden in     Zusammenfassend kann der Mehrwert von Wohnprojek-
der Regel in gemischter Finanzierung mit preisgünstigen      ten für Kommunen in folgenden Aspekten liegen:
Mieten realisiert. Hier liegt ein besonderer Reiz für die    - Entlastung der kommunalen Hilfesysteme durch nach-
Initiativen, ohne eigenes finanzielles Risiko im Mietwoh-       barschaftliche Selbsthilfe-Netzwerke
nungsbau zu einem gemeinschaftsorientierten Wohnpro-         - Stabilisierung von Quartieren u.a. durch gemischte
jekt zu kommen, das von ihnen konzeptionell und gestal-         Förderstrukturen
terisch entscheidend beeinflusst und geprägt sein kann.      - Aktives bürgerschaftliches Engagement im Quartier,
                                                                z.B. durch Nutzungsmöglichkeiten der Gemeinschafts-
Trotz oder auch wegen der zunehmenden Individualisie-           räume, Kommunikations- und andere Angebote
rung steigt die Attraktivität des genossenschaftlichen       - Schaffung nachfrageorientierter Wohnraumangebote
Wohnens – die traditionelle Form des gemeinschaftli-            durch neue Akteure
chen Wohnens – deutlich (s. S. 11). Das Interesse an einer   - Wohnungsangebote für eine zunehmend größer wer-
Wohn- und Trägerform, die den Weg des gemeinschaftli-           dende Gruppe zu machen, die u.a. auch aus fiskali-
chen Eigentums zwischen Miete und Einzeleigentum geht           schen Erwägungen interessant ist
und die demokratische Mitgestaltung und Mitsprache           - Gewinnen von neuen Bauherren und Eigentümern
satzungsmäßig an prägnanter Stelle absichert, gewinnt        - Höherwertige und nachhaltigere Architektur als im
wieder an Bedeutung und gesellschaftlicher Akzeptanz.           Standard-Wohnungsbau
Für diese Eigentumsform sprechen sicherlich neben den
abgesicherten demokratischen Beteiligungsmöglichkei-         Die neuen Aufgaben, die mit der Neuorientierung für die
ten vor allem das lebenslange Nutzungsrecht und die          Kommunen bei Förderung und Unterstützung der Neuen
langfristig gesicherten und selbst zu bestimmenden güns-     Wohnprojekte entstehen, sind zum Beispiel:
tigen Mieten.                                                - Vernetzung aller Akteure und Akteurinnen z.B. über
                                                                Internet
                                                             - Organisation der Kommunikation
Die neuen Aufgaben – Nutzen, Chancen                         - Einrichtung von themenbezogenen Runden Tischen
und Potenziale für Wohnungsmarktakteure                      - Bereitstellung von geeigneten Grundstücken
                                                             - Ausweisen von festen Kontingenten für Neue Wohnpro-
Nutzen für die Kommune                                          jekte
                                                             - Bereitstellung einer Ansprechperson in der Kommune
Wohnprojekte schaffen sozial stabile Nachbarschaften.        - Aufbau einer Beratungsinfrastruktur
Hier mischen sich in der Regel unterschiedliche Haus-        - Informationsarbeit z.B. über Veranstaltungen
haltsformen, Generationen und Nationalitäten – und har-
monieren beispielhaft. Es kommen Familien, Singles oder
Paare aus unterschiedlichen Einkommensverhältnissen
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                                                             liegen. Die Auseinandersetzung mit kostengünstiger Ge-
                                                             meinschaftsarchitektur bei gleichzeitig hoher Wohnqua-
                                                             lität und innovativer Gebäudetechnik unter weitgehen-
                                                             der Nutzerbeteiligung kommt sicherlich der berühmten
                                                             Quadratur des Kreises nahe. Sie eröffnet aber auch die
                                                             Aussicht auf die Planung und den Bau ungewöhnlicher
                                                             innovativer Architektur und ein preisgekröntes Projekt.
                                                             Wohngruppen bieten die für Architektinnen und Architek-
                                                             ten seltene Chance, einen an Architektur interessierten
                                                             Auftraggeber zu haben, der das Ungewöhnliche, das Krea-
                                                             tive, das Besondere will.
Chancen für die Wohnungswirtschaft
                                                             Architektinnen und Architekten, die sich auf die Planungs-
Der Wandel der Lebensstile und Haushaltsformen hat           beteiligung von Wohngruppen eingelassen haben und
eine Verunsicherung in der angebotsorientierten Wohn-        Erfahrungen mit Beteiligungsprozessen und Moderations-
raumversorgung bewirkt. Die Wohnungswirtschaft fragt         kenntnisse mitbringen, sind gesuchte Partner. Architek-
sich: Wer ist eigentlich heute mein Kunde? Und was will      ten, die sich erstmalig mit Neuen Wohnformen auseinan-
dieser Kunde? Wohnungsbauunternehmen versuchen               dergesetzt haben, entwickeln diese Bau- und Wohnform
neue Wege zu gehen – doch „Investitionen in Steine“ sind     weiter und entwickeln sich zu Experten. Sicherlich ver-
sowohl kostenträchtig als auch kaum reversibel. Was,         langt ein solcher Prozess mehr Engagement als ein klas-
wenn der Standort nicht angenommen wird? Was, wenn           sischer Standardwohnungsbau. Die Arbeitszufriedenheit
die neuen offenen Grundrisse mit nutzungsneutralen Räu-      mit dem Ergebnis ist dafür in der Regel besonders hoch.
men nicht gefallen? Resultat der vielerorts anzutreffenden   Man kann sich in diesem Architektursegment schnell ei-
Verunsicherung ist, dass die Wohnungswirtschaft kaum         nen guten Namen machen und Renommee erwerben –
noch neu baut. Als Investor für eine Wohngruppe aufzu-       und sicher darüber sein, dass man in der noch überschau-
treten, erfordert sicherlich einige Umdenkprozesse in den    baren Szene gerne weiterempfohlen wird.
gewohnten Verfahren. Es bietet aber auch die Chance:
- zielgruppen- und nachfrageorientiert zu planen
- vorher zu wissen, welche Wohnungsgrößen, Wohnungs-         Neue Wohngruppenprojekte –
   gemenge, Grundrisse und Ausstattungselemente die          zur Nachahmung empfohlen
   späteren Mieterinnen und Mieter wünschen
- Vermietungssicherheit über Jahre zu haben                  Gemeinschaftliche Wohnprojekte drängen in die Zent-
- die Erstbelegung meistens schon zum Richtfest kom-         ren der Klein- und Großstädte. Sie nehmen große Ent-
   plett zu haben                                            wicklungs-, Planungs-, Finanzierungs- und Eigenhilfe­
- bei der Nachbelegung auf die Warteliste des Projektes      leistungen auf sich, um neue Nachbarschaften zu
   zurückgreifen zu können                                   imple­mentieren und mit neuen Wohn- und Lebensformen
- deutlich weniger Fluktuation zu verzeichnen                zu experimentieren. Sie wirken durch anspruchsvolle Ge-
- keine Probleme mit Konflikten in der Mieterschaft          meinschaftsarchitektur und durch ihr Engagement in Be-
   schlichten zu müssen                                      standsquartieren. Ob es sich um vereinzelte Leuchttürme
- sich nicht mit Vandalismus beschäftigen zu müssen          handeln wird oder ob Neue Wohnprojekte zur Verände-
- die klassische Mieter-Vermieter-Polarisierung aufheben     rung der Baukultur in unseren Städten beitragen können,
   zu können                                                 wird die Zukunft zeigen. Ob das Interesse an Neuen Wohn-
- Marketingvorteile und Imagegewinn durch Medienbe-          projekten zu Mengeneffekten führen kann und gemein-
   richte zu haben.                                          schaftliche Wohngruppenprojekte in Form des Mehrge-
                                                             nerationenwohnens zur Regel gehören werden? Auch das
Die neuen Aufgaben für die Wohnungswirtschaft, wenn sie      wird die Entwicklung zeigen. Umfragen prognostizieren
mit Wohngruppen kooperieren will, liegen in:                 allerdings, dass sich immer mehr Menschen eine gemein-
- der notwendigen Öffnung des Unternehmens für Mie-          schaftsorientierte Wohnform vorstellen können.
   termitsprache
- der Akzeptanz eines erhöhten Abstimmungsbedarfs            Good Practice Beispiele aus anderen Bundesländern
   bei Planung und Realisierung                              zeigen, dass es sich lohnt, neue Wohnformen als zusätz-
- der Bereitschaft, mit wohngruppenerfahrenen Archi-         liches Angebot aufzunehmen, sei es durch Baugruppen-
   tekten zusammenzuarbeiten                                 programme der Städte oder sei es als neues Angebot be-
- der Einbeziehung von externen Beratungsbüros für           währter Wohnungsunternehmen und privater Investoren,
   Projektentwicklung oder Moderation                        die auf die sich artikulierende Nachfrage auf dem Markt
                                                             für gemeinschaftliches Wohnen eingehen und als Inves-
                                                             toren auftreten. Beobachtet man die Projektlandschaft,
Potenziale für Architekturbüros                              dann fällt auf: Da, wo der Stein ins Rollen gebracht wurde,
                                                             wo ein gutes Beispiel ausstrahlt, da finden sich Nachah-
Zunehmend erkennen auch renommierte Architekturbü-           mer.
ros, welche Potenziale in der Planung von Neuen Wohn-
projekten und ihren besonderen Herausforderungen
Neues Wohnen mit Nachbarschaft Wohnprojekte von Baugruppen, Genossenschaften und Investoren
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Drei Projekttypen – ein Ziel
Tipps und Argumente

Kein Wohnprojekt ist wie das andere. Unterschiedliche       Die drei Projekttypen stehen für verschiedene Eigentums-
Rechtsformen, regionale bauliche Ausprägungen, un-          formen, die wiederum unterschiedliche Wege der Finan-
terschiedliche Zielgruppenorientierung und -bündelung       zierung und Förderung nach sich ziehen. Außerdem bringt
sowie vor allem auch verschiedene finanzielle Spielräu-     die Entscheidung für eine der drei Träger- und Organisa-
me – all das fließt in die Konzeption, Gestaltung und Or-   tionsformen entsprechende Konsequenzen für den Grad
ganisation eines Wohngruppenprojektes ein. Viele Wege       der Gestaltungsmöglichkeiten und die Berücksichtigung
führen zum geeigneten Trägerkonzept und sie wollen gut      der Nutzerwünsche in Architektur und Wohnungsausstat-
abgewogen, Vor- und Nachteile diskutiert sowie Finanzie-    tung sowie der Selbstbestimmung und Selbstverwaltung
rungsbedingungen geprüft sein. Regionale Besonderhei-       in der Wohnphase mit sich.
ten und Förder- bzw. Beratungsinfrastrukturen beein-
flussen die Entscheidung zusätzlich. So mag im Norden       Die nachfolgenden Ausführungen dienen zum einen po-
Deutschlands mit Hamburg die Neugründung einer Ge-          tenziellen Nutzerinnen und Nutzern als erste Orientie-
nossenschaft lange die präferierte Lösung gewesen sein.     rungshilfe, welcher Projekttyp für sie der passende ist
In Süddeutschland sind vermehrt in städtischen Entwick-     bzw. welche Organisationsform welche Vorteile für sie
lungsgebieten innovative Baugruppen- und Baugemein-         bringen kann. Zum anderen können sie privaten und kom-
schaftsprojekte realisiert worden. Nordrhein-Westfalen      munalen Investorinnen und Investoren, Planerinnen und
weist insbesondere zahlreiche gelungene Beispiele im Be-    Planern, Architektinnen und Architekten sowie der Bau-
reich der Investorenmodelle auf.                            wirtschaft erste Anregungen bieten, ihr Engagement in
Wohngruppenprojekte brauchen belastbare Organisa-           diese Richtung zu lenken.

     Investorenmodell                     Bewohnergenossenschaft                  Baugruppe

tions- und Rechtsformen, die die komplexen Planungs-,       Neues Wohnen im Investorenmodell
Bau- und Verwaltungsprozesse optimal absichern und
die Verfahren handhabbar machen. Im Folgenden werden        Gemeinschaftsorientiertes und selbstbestimmtes Woh-
drei Projekttypen voneinander unterschieden, die sowohl     nen ist auch in Mietwohnungen innerhalb eines Objektes
in Nordrhein-Westfalen als auch in ganz Deutschland         im Rahmen einer organisierten Bewohnergemeinschaft in
seit geraumer Zeit zur Umsetzung von nachbarschaftli-       Zusammenarbeit mit einem Investor realisierbar. Mehr-
chen Wohnkonzepten praktiziert werden. Während Neue         generationenprojekte, Frauenwohnprojekte oder auch
Wohnprojekte, Wohngruppenprojekte oder auch neue            Seniorenwohngruppen tendieren zum Beispiel häufig zum
Wohnformen der Sammelbegriff für gemeinschaftlich or-       Investorenmodell. Diese Wohngruppen trauen sich oft den
ganisierte Formen des Zusammenbauens und -wohnens           gesamten Prozess des Planens und Bauens nicht zu, weil
sind, stehen die drei Projekttypen für unterschiedliche     sie nicht über die notwendigen Fachkenntnisse verfügen
Organisations-, Rechts- und Trägerformen: Das Wohnen        oder sich einfach zu alt fühlen. Sie halten Ausschau nach
zur Miete im Investorenmodell, das Genossenschaftliche      einem Investor, der seine Erfahrungen im Wohnungsbau
Wohnen in der bewohnergetragenen Genossenschaft und         einbringt und vor allem die Finanzierung absichert. Den-
das Wohnen im Einzeleigentum in Wohnungseigentümer-         noch haben die Gruppen klare Vorstellungen vom gemein-
gemeinschaften (WEG) – realisiert im Rahmen von Bau-        schaftlichen Wohnen in altersgerechten Wohnungen mit
gruppen. Im Rahmen der Projektpräsentationen in dieser      der für Gemeinschaftsprojekte notwendigen Infrastruktur
Broschüre werden die drei Projekttypen jeweils farblich     und möchten diese gerne einbringen und möglichst weit-
und mit einem Icon (siehe oben) gekennzeichnet.             gehend realisiert wissen.
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Voraussetzung für die Kooperation mit einem Investor ist       nungsprozess kennen. Das ermöglicht nachfrageorientier-
eine gut verfasste Wohngruppe, die bereits zielgerichtet       tes Planen und Bauen. Eigentlich eine klare Sache, bei der
diskutiert und Entscheidungen zu der grundsätzlichen           die so genannte Win-Win-Situation offensichtlich zu sein
Konzeption des Wohnprojektes getroffen hat, wie z. B.:         scheint. Dennoch ist die Kooperation zwischen Nutzern
gemeinsame Zielformulierung, Leitmotiv, Entscheidung           und Vermietern auch in NRW immer noch ein Pilotprojekt,
über Zielgruppen- und Altersmischung, Wohnungsgemen-           auch wenn zunehmend mehr kommunale Wohnungsun-
ge, individuelle Wohnwünsche und Anforderungen an Ge-          ternehmen und private Investoren – hier insbesondere
meinschaftsarchitektur, Standort- und Lageoptionen. Es         die klassischen Genossenschaften – an diesem Konzept
sollten bereits Vorstellungen über die finanzielle Belast-     Gefallen finden. Neue Kooperationen brauchen die Bereit-
barkeit, über tragbare Miethöhe und Anspruchsberech-           schaft zum Perspektivenwechsel, das Sich-in-den ande-
tigung auf eine öffentlich geförderte Wohnung einzelner        ren-Hineinversetzen, um zu befriedigenden Lösungen für
Interessenten existieren. Exkursionen zu anderen bereits       beide Seiten zu kommen. Externe Moderation und pro-
bewohnten Wohnprojekten mit vergleichbaren Konzepten           fessionelle Prozessbegleitung können helfen, die unter-
wie z.B. dem Mehrgenerationenwohnen bieten Anlass zu           schiedlichen Perspektiven und Positionen zu übersetzen.
klärenden Diskussionen in der Initiativgruppe. Gemein-
same Besichtigungen stärken die Entschlusskraft – und
dämpfen zugleich bei zu viel Individualismus. Die Ausein-
andersetzung mit realisierten Projekten hilft auf jeden Fall
bei der Konkretisierung des inhaltlichen und architektoni-
schen Gruppenkonzeptes.
                                                                 Argumente für das                   Zu bedenken beim
In den Informationsgesprächen können Kontakte vermit-            Investorenmodell                    Investorenmodell
telt, Erfahrungen mit externen Fachleuten ausgetauscht
und wohnprojekterfahrene Architektinnen und Architek-            - Zur Realisierung kein Eigen­      - Notwendiger Kooperationspart-
                                                                   kapital erforderlich                ner nicht leicht zu finden
ten benannt werden. So lange der Aufbau von kommu-
                                                                 - Kein finanzielles Risiko          - Geringere Mitsprache und Ge-
nalen und selbst organisierten Beratungsstrukturen für           - Mischung von Finanzierungs-,        staltungsspielräume als bei der
Wohngruppenprojekte erst in einigen Städten von Nord-              Eigentums- und Förderwegen          „eigenen Firma“
rhein-Westfalen (z.B. Aachen, Dortmund, Köln, Münster)             möglich                           - Nachhaltigkeit nicht gesichert,
begonnen hat, sind die realisierten Wohnprojekte gute Be-        - Investor bringt sein Know-how       da Investor Objekt veräußern
                                                                   in Planung und Durchführung         kann
rater und Informationsquellen für ihre Region – neben den
                                                                   in Bauvorhaben                    - Gefahr steigender Mieten
regionalen durch das Land geförderten Beratungsstellen           - Weniger fachliche Kompeten-       - Bei späterem Modernisierungs-
Neue Wohnformen im Alter in Bochum und Köln.                       zen erforderlich                    bedarf abhängig von Eigentü-
Für einen möglichen Investor gilt es zu erwägen, ob eine         - Keine eigene Verwaltung not-        merentscheidung
Kooperation mit einer Bewohnergemeinschaft gewollt ist             wendig aber möglich
                                                                 - Für Wohngruppen geeignet,
und was das im Detail heißen kann, ob die Unternehmens-
                                                                   die sich die eigene Firma nicht
struktur zum Beispiel eine Beteiligung von Mietern auf der         (mehr) zutrauen
Ebene von Kooperationspartnern verträgt. Für den Inves-
tor ist wichtig, dass die Wohngruppe autorisierte Verhand-
lungspersonen benennt und die Kontinuität gesichert ist.
Das Herzstück der Kooperation zwischen Bewohnerge-
meinschaft und Investor ist der Kooperationsvertrag bzw.
sind die Kooperationsvereinbarungen, die Fragen von Mit-       Neues Wohnen in einer
bestimmungsbereichen, Selbstverwaltung, Belegungsmo-           Bewohnergenossenschaft
dalitäten, die Nachhaltigkeit des Projektzusammenhangs
oder auch den Umgang mit Gemeinschaftsräumen regeln.
Zu Beginn einer Zusammenarbeit macht es Sinn, einen            Die Rechtsform der Genossenschaft eignet sich in be-
Letter of Intent zu dem gemeinsamen Vorhaben zu for-           sonderer Weise für Wohngruppenprojekte. Sie stellt einen
mulieren, da viele Details noch nicht ausverhandelt oder       dritten Weg zwischen Eigentum und Miete dar. Eine Woh-
noch gar nicht spruchreif sind.                                nungsgenossenschaft (Wohn eG) strebt kein individuelles,
                                                               sondern gemeinschaftliches Eigentum an und ist damit
Grundsätzlich eröffnen sich aus Investorensicht viele Per-     eine eigentumsähnliche Wohnform. Die individuelle Spe-
spektiven für eine gute Kooperation mit Wohngruppen:           kulation mit Grund und Boden ist in der genossenschaftli-
Die Findung der Mieterinnen und Mieter liegt in der Regel      chen Eigentumsvariante allerdings ausgeschlossen. Auch
in der Hand der Gruppe, die Identifikation mit und die         bei Einrichtung einzelner Einheiten mit Dauerwohnrech-
Verantwortlichkeit für das Mietobjekt sind bei Wohngrup-       ten behält die Genossenschaft – und damit die Bewohner-
pen deutlich stärker, die Fluktuation ist geringer und das     gemeinschaft – das Verfügungsrecht und bleibt Eigentü-
häufig konfliktreiche Verhältnis zwischen Vermieter und        merin von Grund und Boden.
Mieter ist hier eher von Vertrauen bestimmt.
                                                               Die Wohn eG ist eine demokratische Form, die durch die
Die Vorteile liegen auf der Hand: Bewohnerinnen und Be-        ihr innewohnenden genossenschaftlichen Prinzipien ein
wohner finden einen Bauherren. Investoren finden ihre          hohes Maß an Mitbestimmung und Möglichkeiten der
Mieter und lernen deren Wohnbedürfnisse schon im Pla-          Selbstverwaltung sicherstellt. Eine Wohnungsbaugenos-
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    senschaft dient in erster und einziger Linie der Versor-             gleichzeitig gemeinschaftliche Eigentümer des Objektes.
    gung ihrer Mitglieder mit Wohnraum. Sie hat kein eigenes             Deshalb wird die Rechtsform der Wohnungsgenossen-
    Gewinninteresse. Sie kann durch die frei zu gestaltende              schaft als Dritter Weg zwischen Eigentum und Miete be-
    Satzung ihre Mitglieder z.B. an soziale und ökologische              zeichnet. Neben der Neugründung einer Genossenschaft
    Ziele binden. Die Genossenschaft bietet darüber hinaus               besteht die Option, sich einer Dachgenossenschaft anzu-
    durch die Prüfungspflicht durch einen genossenschaftli-              schließen, die die Verwaltungsstruktur für mehrere Wohn-
    chen Prüfverband ein hohes Maß an wirtschaftlicher Si-               gruppen zur Verfügung stellt. Bewohnergenossenschaften
    cherheit. Die Wohn eG ist also ein geeignetes Instrument,            ermöglichen durch den geringeren Anteil an einzubringen-
    gemeinschaftliches Wohnen zu ermöglichen, langfristig                dem Eigenkapital auch einkommensschwachen Haus-
    zu organisieren und abzusichern. Sie kann als Bauträgerin            halten eine selbstbestimmte und selbstgestaltete Wohn-
    auftreten. Darüber hinaus kann sie mit unterschiedlichen             raumversorgung. Das finanzielle Risiko jedes Einzelnen ist
    Besitzverhältnissen operieren und dennoch eine Gleich-               auf die Höhe der gezeichneten Anteile begrenzt. Darüber
    berechtigung zwischen Mietern und Eigentümern (gem.                  hinaus ermöglicht die Rechtsform der Genossenschaft,
    Dauerwohnrecht nach WEG) gewährleisten. Sie hat damit                Solidarkapital von Menschen einzuwerben, die die Idee
                                                                         unterstützen, aber nicht selbst im Objekt wohnen wollen.

                                                                         Die Neugründung ist jedoch auch heute, wo die Beratung
                                                                         durch genossenschaftliche Prüfverbände, die Gründungs-
                                                                         unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen, freie
Argumente für die                  Zu bedenken bei                       Beratungsbüros und Beratungsmaterialien sowie das In-
Bewohnergenossenschaft             Neugründung                           formationsmedium Internet immer besser wird, nach wie
                                                                         vor mit organisatorischen Hürden und auch Kosten (z.B.
- Versorgung der Mitglieder mit    - Entscheidung für einen Wirt-        Gründungsgutachten) verbunden. Zudem sind die meis-
  preiswertem Wohnraum steht          schaftsbetrieb, die „eigene
                                                                         ten Banken gegenüber Bewohnergenossenschaften auf
  im Zentrum                          Firma“ mit den entsprechenden
- Mischung verschiedener Ein-         wirtschaftlichen Risiken
                                                                         Grund der geringen Eigenkapitalquote zurückhaltend bei
  kommens- und Finanzierungs-      - Kaufmännisches Know-how             der Kreditvergabe. Wenn eine Gruppe jedoch über fachli-
  formen möglich                      bei Gründung und Verwaltung        ches Know-how und das notwendige Eigenkapital verfügt,
- Langfristig sicheres Wohnen zu      unabdingbar                        ist die Bewohnergenossenschaft sicherlich eine nachhalti-
  selbstbestimmbaren Mie-          - Mitmacher mit Kompetenzen
                                                                         ge und langfristig kostengünstige Lösung zur Absicherung
  ten – daher auch Beitrag zur        und Engagement erforderlich
  Altersvorsorge                    - Eigenkapital bzw. Solidarkapital
                                                                         eines gemeinschaftlichen Wohnprojektes, die allerdings
- Lebenslanges vererbbares            erforderlich                       großes persönliches Engagement erfordert. Die in dieser
  Dauernutzungsrecht               - Probleme bei Darlehensbe-           Broschüre dargestellten genossenschaftlichen Wohngrup-
- Keine Veräußerung ohne Zu-          schaffung                          penprojekte sind diesen Weg gegangen und können als
  stimmung der Mitglieder          - Langfristige Festlegung
                                                                         gute Lernprojekte für Interessierte dienen.
- Nachhaltige Sicherung der        - Keine individuelle Wertsteige-
  Projektidee                         rung
- Sichere Rechtsform, die
  Pflichtprüfungen unterliegt                                            Neues Wohnen im Eigentum –
- Risikoarm, da Haftung auf
                                                                         als Baugruppe in Wohnungseigen­tümer­
  den Genossenschaftsanteil
  begrenzt                                                               gemeinschaften
- Für Menschen die nicht viel
  Eigenkapital investieren und                                           Im eigenen Heim und doch nicht allein – das bietet die
  doch eigentumsähnlich woh-                                             Form des Selberbauens in der Gruppe. Baugemeinschaf-
  nen wollen                                                             ten und Baugruppen sind verschiedene Begriffe für die
                                                                         gleiche Form des gemeinsamen Planens und Bauens von
                                                                         mehreren Einzelbauherrn, die den rechtlichen Zusammen-
                                                                         schluss einer (Bau-)Gruppe wählen, um ein eigentums-
    ein Instrument, eine weitgehende soziale Mischung unter              orientiertes Bauvorhaben zu erstellen. Bei Bau(herren)
    den Nutzern zu ermöglichen und bietet so die Möglich-                gemeinschaften geht es immer darum, selbstgenutztes
    keit, Alte und Junge, Menschen mit und ohne Handicap,                Wohneigentum zu schaffen, das durch den rechtlichen Zu-
    Familien und Alleinstehende und Menschen mit viel und                sammenschluss Einzelner kostengünstiger und dennoch
    weniger Geld unter einem Dach zu vereinen.                           selbstbestimmt mit großen individuellen Gestaltungs-
    Die Neugründung einer Bewohnergenossenschaft, die für                spielräumen und Planungsbeteiligung verwirklicht werden
    die Organisation, Steuerung und spätere Verwaltung eines             kann. Baugruppen realisieren ihr selbstgenutztes Wohn-
    Wohnprojektes verantwortlich ist, bietet sich sowohl für             eigentum sowohl in der Form gemeinschaftsorientierter
    den Neubau als auch für die Sanierung einer Bestands-                Einfamilien-(Reihen-)Häusern wie auch in Form der klassi-
    immobilie an. Die neu gegründete Wohn eG ermöglicht es               schen Geschosswohnungen.
    der Initiative, eigentumsähnliche Rechte an Wohnungen
    und Gemeinschaftsräumen zu bilden, ohne in großem                    Die durchaus synonym verwendeten Begriffe Baugruppe
    Umfang privates Kapital zur Verfügung stellen zu müssen.             und Baugemeinschaft stehen eher für regionale Ausprä-
    Die Mitglieder zahlen dafür ein Nutzungsentgelt an die               gungen und Unterschiede. Mal ist eine Baugemeinschaft
    Genossenschaft (mit Ausnahme der Dauerwohnrechts-                    eher pragmatisch an der Schaffung von preiswertem
    inhaber), sind aber über ihre Genossenschaftsanteile                 (innerstädtischem) Wohneigentum interessiert; ein an-
13

deres Mal steht vielleicht neben der Eigentumsbildung        nungseigentümergemeinschaft auch um gemeinsames
der weitergehende Wunsch im Vordergrund, auch in der         Eigentum am jeweiligen Objekt handelt, d.h. jeder Einzel-
Nutzungsphase eine Wohngruppe zu bilden und in akti-         ne trägt das Risiko für die Gruppe mit. Das ist ein Grund,
ver Nachbarschaft zu leben – eben gemeinschaftlich zu        warum sich Baugruppen manchmal für alternative Bau-
wohnen. Die Gemeinsamkeit der Lebensvorstellungen,           betreuer und die Form einer betreuten Baugemeinschaft
die Ähnlichkeit von Lebensstil und Milieu, die gleiche Al-   entscheiden und damit einen Teil der möglichen Kosten-
tersgruppe oder Lebensphase können ebenso zur Grup-          vorteile einer Baugemeinschaft wieder aufgeben. Der
penzusammenstellung führen wie das genaue Gegenteil          Baubetreuer kann sämtliche Aufgaben von der Planung
davon: nämlich der Wunsch, altersgemischt und zum Bei-       über die Ausschreibung, die Baubetreuung bis hin zur Ab-
spiel mit verschiedenen ethnischen und kulturellen Ein-      rechnung des gesamten Bauvorhabens übernehmen. Er
flüssen zusammenzuleben.                                     legt z.B. die notwendigen Verträge für Planungs- und Bau-
Eine starke Motivation für das gemeinsame Bauen in einer     phase vor. Dafür muss in der Regel – je nach Leistungs-
Baugruppe sind die architektonischen, ästhetischen und       volumen – ein Ansatz zwischen 5 und 10 % der gesamten
funktionellen Vorstellungen darüber, wie die eigene Woh-     Bausumme entrichtet werden.
nung oder das Haus und die Beziehung zur unmittelba-
ren Nachbarschaft gestaltet sein sollen. Die Nutzerwün-
sche können von Baugruppen-Architekten berücksichtigt
werden und qualitätssteigernd in die Planung einfließen.
Architektinnen und Architekten haben erfolgreich damit
experimentiert, die Wohnwünsche nach mehr Nachbar-             Argumente für das                  Zu bedenken beim
schaft und neuer Gemeinsamkeit in anspruchsvolle bauli-        Bauen in Baugruppen                Bauen in Baugruppen
che Formen zu gießen. Baugruppenprojekte führen in der
überwiegenden Zahl zu qualitätvoller Architektur, befruch-     - Kostengünstigste Eigentums-      - Zeitaufwand und Know-how
                                                                 bildung                            gefordert
ten angrenzende Quartiere oder prägen gar neue Entwick-
                                                               - Individuelle Wertschöpfung       - Schwierige Grundstücksakquise
lungsstandorte maßgeblich.                                       und individuelle Verfügbarkeit     durch Benachteiligung gegen-
                                                                 möglich                            über traditionellen Bauträgern
Ein treibender Faktor bei dieser Form des gemeinschaft-        - Weitestgehende Mitwirkung an       aufgrund geringerer Kontakte
lichen Bauens sind die zu erzielenden Kostenvortei-              Planung und Gestaltung             und Marktkenntnisse
                                                               - Gute Altersvorsorge              - Wirtschaftliches Risiko
le bei der Erstellung eines Wohnprojektes als „freie“
                                                               - Innovative maßgeschneiderte      - Keine Mischung von Finanzie-
Baugemeinschaft. Dominante Einsparpotenziale sind                Architektur und Haustechnik        rungsformen – oder nur durch
zu allererst die möglichen Gewinne und Verwaltungs-              möglich                            Anleger
kostenansätze der Bauträger und Maklerbüros, die bei           - Individuelle Bedürfnisse und     - Darlehensbeschaffung manch-
konventionellem Erwerb von Einzeleigentum anfallen.              Wohnwünsche können erfüllt         mal schwierig
                                                                 werden                           - Das Portmonee bestimmt die
Darüber hinaus kann die Baugemeinschaft durch ge-
                                                               - Gemeinschaftsräume nach            Gruppenzusammensetzung
meinsame Planung, Erschließung, Einkauf von Baumate-             Bedarf planbar                   - Gemeinschaftsorientierung
rialien, Finanzierung etc. Kosten einsparen. Schon beim        - Hohe Identifikation und Bin-       gegebenenfalls nicht nachhaltig
gemeinsamen Grundstückskauf liegen im Gegensatz zu               dung an Baugemeinschaft und        z.B. bei Verkauf
einem Einzelerwerb nach Fertigstellung deutliche Ein-            Projekt
sparpotenziale: Zum Beispiel zahlt die Baugemeinschaft
die Notargebühren und die Grunderwerbsteuer nur für
die unbebaute Fläche. Beim einzelnen Wohnungskauf
nach Fertigstellung hingegen beziehen sich diese Rech-       Eine neue Variante der Baugruppe stellt die Form des
nungsposten auf das Grundstück und die schlüsselfertige      Mietshäuser Syndikates dar. Ursprünglich in Freiburg
Wohnung bzw. das Einfamilienhaus. Ebenso kann die Bau-       entstanden und im Süden Deutschlands weiter verbrei-
herrengemeinschaft günstigere Zinsen verhandeln, wenn        tet, findet diese solidarische und kostengünstige Form
sie z.B. gemeinsam bei einer Bank finanziert. All das sind   der gemeinschaftlichen Eigentumsbildung, organisiert als
Kostenvorteile, die von den verschiedenen Gruppen und        GmbH, nun auch in Nordrhein-Westfalen Nachahmer.
Baubetreuern mit bis zu 20 % veranschlagt werden.            Ob der Weg der freien oder der betreuten Baugemein-
                                                             schaft gewählt wird: Das gemeinsame Planen und Bauen
Haben sich mehrere Bauherren bzw. Baufamilien ent-           in dieser Organisationsform braucht Engagement, Know-
schlossen, eine Baugemeinschaft zu bilden, planen sie ge-    how und Abstimmungsprozesse, um diese sicherlich
meinsam mit einem Wohnprojekt erfahrenen Architektur-        selbstbestimmteste und gestaltungsoffenste Variante zu
büro, wie das Bauvorhaben gestaltet werden soll, „was es     realisieren. Eine professionelle Beratung und Steuerung in
alles können muss“ und welche Gemeinschaftseinrichtun-       unterschiedlichen Stadien und Varianten ist unerlässlich.
gen und objektbezogene Infrastrukturausstattung man          Gelingt der Diskussions- und Gestaltungsprozess, dann
sich leisten kann und will. Jeder Haushalt zahlt entspre-    ist die Wohnzufriedenheit in der selbstgestalteten Wohn-
chend der Wohnungs- bzw. Hausgröße, des Teileigentums        form hoch. Insbesondere junge Familien profitieren von
im Rahmen der WEG, nach Baufortschritt. Das gemeinsa-        der kostengünstigeren Variante des Wohnens und Lebens
me Bauvorhaben wird in der Regel in der rechtlichen Ver-     in der Gemeinschaft – im bezahlbaren Eigentum. Die in
fassung einer GbR realisiert. Im Rahmen einer GbR haften     dieser Broschüre vorgestellten Beispiele zeigen, dass die
allerdings alle Gesellschafter gemeinsam für das gesam-      Mühe lohnt.
te Vorhaben, da es sich bis zur Aufteilung in einer Woh-
14
15

Neue Wohngruppenprojekte in Nordrhein-Westfalen –
Von guten Beispielen lernen

Immer mehr Menschen in Nordrhein-Westfalen gestalten sich ihr Leben und ihre Nachbarschaft gemein-
sam in neuen Wohnprojekten. Mit qualitätvoller Architektur und einer besonderen Konzeption fürs Mehrge-
nerationenwohnen oder anderen Bewohnerkonzepten, Gemeinschaftsräumen, dem Einsatz erneuerbarer
Energien, der Mischung von Förderprogrammen, innovativen Finanzierungsmodellen oder ungewöhnlichen
Standortlösungen eröffnen sie zahlreiche und zukunftsfähige Alternativen zum traditionellen Wohnungs-
bau. Im Vordergrund steht meist der Wunsch nach einem aktiven Nachbarschaftsleben und manchmal so-
gar nach echten nachbarschaftlichen Hilfeleistungen.

Die in diesem Kapitel vorgestellten zehn Wohnprojekte zeigen eine Auswahl von Neuen Wohnprojekten aus
Nordrhein Westfalen, die überwiegend in den vergangenen drei Jahren bezogen wurden. Sie wurden nach
Aspekten wie Projekttyp und Architektur, aber auch nach Leitidee und Lage ausgewählt. Die Beiträge spie-
geln so den Facettenreichtum der Wohnprojekte wider. Sie zeigen auch, dass die Wohnprojekte so vielfältig
sind wie ihre Bewohnerinnen und Bewohner. Die hier dokumentierten Projektbeispiele bieten vergleichen-
de Informationen zu zentralen Themen von der Gruppenfindung über die Organisation und Realisierung
des Objektes bis hin zum sozialen Miteinander. Das Engagement der Bewohnerschaft findet ebenso seinen
Widerhall wie die aktive Rolle der unterschiedlichen Wohnungsmarktakteure in den Wohnprojektinitiativen
und der Mehrwert, der dadurch für alle Beteiligten entsteht.
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     Bonn – Amaryllis eG

     Eine Seltenheit: Bewohnergenos-
     senschaft im Neubau! Zudem ein
     Wohnprojekt in nicht unbedeutender
     Größe. Die Amaryllis eG ist mit ihrer
     Entscheidung, als neue Genossen-
     schaft zu starten und ihr Projekt im
     Neubau zu verwirklichen Vorreiterin
     in Nordrhein-Westfalen. Das Ziel: eine
     sozial gemischte, solidarisch orien-
     tierte und generationenübergreifen-
     de verbindliche Nachbarschaft zu
     schaffen. Die Amaryllis eG hat ihr
     Ziel erreicht. 2007 konnten die ers-
     ten Bewohner und Bewohnerinnen in
     ihr Wohngruppenprojekt im ­Ortsteil
     ­Vilich-Müldorf des Stadtbezirks
      Bonn-Beuel einziehen.
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Die Gruppe                              Das Grundstück und die Rolle der        waren nicht ausdrücklich vorgese-
Zwei befreundete Familien gaben         Kommune                                 hen. Doch als Amaryllis vorstellig
1992 in einer evangelischen Kirchen-    Von Anfang an suchten die Mitglie-      wurde, nahmen die Stadt Bonn und
zeitung eine Anzeige auf: Sie wollten   der des Vereins Amaryllis nach einem    die LEG NRW das Wohnprojekt gerne
im Alter anders wohnen und suchten      geeigneten Grundstück, um ihre Idee     auf, sahen sie hier doch bereits den
Gleichgesinnte. Das war der Anfang      vom gemeinsamen Wohnprojekt in ei-      Kern einer funktionierenden Nach-
von Amaryllis. 16 Personen ­meldeten    nem Neubau zu verwirklichen. Immer      barschaft. Auch beim alternativen
sich damals auf die Annonce und         wieder zerschlugen sich vermeint-       Mobilitätskonzept des Wohnprojek-
gründeten den Verein Amaryllis 29       liche Optionen. Dennoch gaben sie       tes kam sie der Genossenschaft ent-
– 31 e.V. Mit der Zeit wandelte sich    nicht auf. In Bonn-Beuel konnten sie    gegen. Denn ökologisches Bewusst-
die mehr christliche Ausrichtung        schließlich ein geeignetes Grund-       sein wird im Wohnprojekt Amaryllis
hin zu einer allgemein verantwortli-    stück erwerben. Hier planen die         nicht nur beim Bau groß geschrieben.
chen, solidarischen und ökologischen    Städte Bonn und St. Augustin in einer   Neben energiesparender Architek-
Grundidee. Über Anzeigen, Internet      ungewöhnlichen interkommunalen          tur erarbeiteten die Mitglieder der
und regelmäßige öffentliche Informa-    Zusammenarbeit einen Wohn- und          Genossenschaft auch ein eigenes
tionsveranstaltungen wurden stetig      Wissenschaftspark. Dieser soll Wohn-    Mobilitätskonzept. Pro Wohneinheit
Interessierte gesucht. Mit ihrer Idee   und Bürogebiete auf hohem Niveau        wurde lediglich ein halber PKW-

                                                                                Stellplatz errichtet. Alle Bewohner
                                                                                und Bewohnerinnen erklären sich
                                                                                schriftlich bereit, entweder ganz auf
                                                                                ein Auto zu verzichten oder es im car-
                                                                                sharing-Modell mit anderen zu teilen.
                                                                                Die Stadt Bonn ließ sich darauf ein,
                                                                                dieses Modell mit zu tragen und die
                                                                                Stellplatzvorgabe von einem Park-
                                                                                platz pro Wohneinheit entsprechend
                                                                                zu reduzieren. Falls das Mobilitäts-
                                                                                konzept nicht erfolgreich ist, muss
                                                                                nachgerüstet werden.

                                                                                Die Organisationsform
                                                                                Die Grundstücksoption gab den ent-
                                                                                scheidenden Schub zur Neugrün-
                                                                                dung der Amaryllis eG. Eine Be-
                                                                                wohnergenossenschaft schien der
                                                                                Gruppe die Organisationsform zu
konnte die Gruppe Menschen weit         ermöglichen. Als Entwicklungsträ-       sein, die ihnen die richtige Mischung
über den Bonner Raum begeistern.        gerin und Treuhänderin der städte-      an Mitbestimmung und Finanzier-
66 Personen im Alter zwischen we-       baulichen Entwicklungsmaßnahmen         barkeit sicherte. In dieser Rechts-
nigen Monaten und 85 Jahren zogen       beauftragten die Städte die Landes-     form sahen sie den besten Weg, ihre
schließlich in das Wohnprojekt ein.     entwicklungsgesellschaft Nordrhein-     Ideen und Ziele zu verwirklichen. Bis
                                        Westfalen (LEG NRW). Wohnprojekte       zur Gründung der Genossenschaft
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Amaryllis eG im Jahr 2005 war der         ben werden. Das heißt, sie erwerben      Wohnprojekten, wohnen Architekt
gemeinnützige Verein die treibende        das wirtschaftliche Nutzungsrecht        und Architektin doch selbst in ihrem
Kraft für die Wohnprojektidee. Heute      und können das Dauerwohnrecht ver-       ersten Gruppenprojekt. Ihr Motto
steht die Genossenschaft im Mittel-       äußern, die juristische Eigentümerin     überzeugte: „Man muss mehr ma-
punkt des Projektes und seiner Akti-      aber bleibt die Genossenschaft. Die      chen als nur Architektur“. In enger
vitäten.                                  Grundlagen für eine generationen-        Zusammenarbeit mit dem Archi-
                                          übergreifende und sozial gemischte       tekturbüro entwickelten die Genos-
Externe Beratung und die Finanzie-        Nachbarschaft waren geschaffen.          senschaftsmitglieder individuelle
rung des Projektes                        Um die Kosten für das Wohnprojekt        Grundrisse sowie Ideen für die Ge-
Die Entwicklung des Bauprojektes
nahmen die Bewohnerinnen und Be-
wohner gemeinsam mit dem Archi-
tekturbüro selbst in die Hand. Doch
für die Entwicklung des Finanzie-
rungskonzeptes und der Beratung
zur passenden Rechtsform sowie der
Bearbeitung der Förderanträge holte
sich die Gruppe professionelle Hilfe
bei der WohnBund-Beratung NRW
GmbH. In einer vom Ministerium für
Bauen und Verkehr des Landes Nord-
rhein-Westfalen finanzierten Mach-
barkeitsstudie wurden Organisation

und Finanzierung des Projektes erar-      zu senken, erbrachten die Bewoh-         meinschaftsanlagen. Die Aufträge für
beitet. Mit intensiver Öffentlichkeits-   ner und Bewohnerinnen sehr viel Ei-      Einzelgewerke wurden ausgeschrie-
arbeit suchte die Amaryllis eG zudem      genleistung, sei es durch das eigene     ben. Die meisten beauftragten Unter-
Förderer des Mehrgenerationen-            Projektmanagement, die Übernah-          nehmen kamen aus der Region. Nach
wohnprojektes und der Genossen-           me von Aufgaben in der Bauphase          nur 10 Monaten Bauzeit konnten die
schaftsidee und fand sie: an die 180      oder durch das Anlegen der Garten-       ersten Bewohnerinnen und Bewoh-
Personen aus dem Freundes- und An-        bereiche im Rahmen vieler Gemein-        ner im September 2007 einziehen.
gehörigenkreis der Amaryllis-Gruppe       schaftsaktionen nach dem Einzug.         Die 30 Wohneinheiten des Projek-
unterstützen die Idee und das Vorha-                                               tes verteilen sich auf Reihenhäuser,
ben durch Kleinstbürgschaften und         Architektur und Wohnumfeld               Wohnungen und eine so genannte
Sparbriefe der GLS-Bank. Neben frei       Die Objektplanung und Bauleitung         Seniorenetage mit abgeschlossenen
finanzierten Wohnungen entstanden         lag bei den Architekten Birgit Sieben-   Appartements samt einem gemein-
in der Anlage 6 geförderte Wohnun-        morgen und Bodo Frömgen-Sieben-          samen Wohnzimmer mit Balkon. Fast
gen. Auch die Gemeinschaftsräume          morgen vom Büro Alte Windkunst.          alle 30 Wohnungen sind barriere-
wurden gefördert. Für jede Wohnein-       Die Gruppe entschied sich für ein        frei über Laubengänge zugänglich.
heit gab es KfW-Kredite gemäß „Öko-       Architekturbüro, das seit zwanzig        Die Laubengänge erschließen dabei
logisch Bauen Energiesparhaus 40“.        Jahren Erfahrungen mit Planung und       nicht nur die einzelnen Stockwerke,
Drei Wohneinheiten können von Men-        Bau von Wohngruppenprojekten hat.        sondern vernetzten die drei Gebäude
schen mit kleinen Kindern im Rah-         Zudem verfügt das Architektenpaar        der Anlage quer über das Gelände.
men eines Dauerwohnrechts erwor-          über persönliche Erfahrungen mit         Mit 170 qm ist der Gemeinschafts-
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