Nutzerwünsche erfüllen und Nachwuchskräfte gewinnen
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Bergmann REPORTAGEN 427 Nutzerwünsche erfüllen und Nachwuchskräfte gewinnen Bericht über die zweite Digitalkonferenz der Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlicher Sortiments- und Fachbuchhandlungen, im Netz am 24. Juni 2021 Helga Bergmann „Weiter gemeinsam Zukunft gestalten“ war das Motto der 2. AWS Digitalkonferenz am 24. Juni 2021. In fünf spannenden Beiträgen wurden aktuelle und wichtige Themen für Fachmedienhändler und Fachverlage behandelt – Topics, die auch für den Bibliotheksbereich interessant sind, gehören doch Kundenorientierung, Gewinnung von Nachwuchskräften und Dienstleistungsmarketing zunehmend zu den Aufgabenfeldern von Bibliotheken. Durch die Veranstaltung führten Bianca Kölbl und Volker Stuhldreher, Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlicher Sortiments- und Fachbuchhandlungen (AWS). Die technische Durchführung hatte Steffen Meier, Herausgeber des digital publishing report. ❱ „Neue Kunden gewinnen in herausfordernden Zeiten“ – zu diesem Thema referierte Dr. Hermann Riedel von Atypon. Atypon, seit 2016 eine unabhän- gige Geschäftseinheit von Wiley, arbeitet als weltweit größte Plattform für wissenschaftliche Inhalte eng mit über 100 Verlagen und wissenschaftlichen Gesell- schaften zusammen. Gehostet werden Bücher, Zeit- schriften, Blogs, Podcasts, Videos, interaktive Aufga- bensammlungen und alle anderen Zusatzmaterialien. Zielgruppen sind die Verlagsbranche, Fachmedien- handlungen und wissenschaftliche Fachgesellschaf- ten. Als größte Herausforderung für Sortimenter, Verlage und wissenschaftliche Fachgesellschaften bezeichne- te Riedel den Wunsch der Nutzenden, relevante Infor- mationen zu jeder Zeit, an jedem Ort und auf jedem Endgerät zu bekommen, offline und online arbeiten, so schnellere und präzisere Ergebnisse liefern. Ange- Inhalte kommentieren oder mit eigenen Inhalten kom- sichts rund drei Mio. wissenschaftlicher Artikel, die binieren sowie in Gruppen arbeiten zu können. Da die pro Jahr publiziert werden, ermögliche Atypon mit- Suche meist bei Google beginne, erwarteten die Nut- hilfe von KI und optimiertem SSO (Single-Sign-on)- zenden ähnliche Funktionen auch von anderen Platt- Authentifizierverfahren kontinuierliches Lesen auf formen. Atypon biete daher verschiedene Tools und verschiedenen Anwendungen und Websites, um sich Geräte an, die diese Herausforderungen adressieren: schnell einen Überblick über neue Publikationen zu So wird z.B. Search Engine Optimization (SEO) zum verschaffen, so Riedel. leichteren Auffinden von Inhalten eingesetzt. eRea- Auch für die Wünsche institutioneller Kunden halte der, die das Arbeiten auf unterschiedlichen Geräten Atypon Lösungen bereit, etwa für einfaches Erwer- durch Synchronisation unterstützen, werden ebenso ben und sofortige Freischaltung von Inhalten, für die angeboten wie personalisierbare Newsfeeds. Durch Unterstützung aller gängigen Bibliotheks-Tools sowie die Nutzung künstlicher Intelligenz (KI)-Technologien von Websites mit eigenem User Interface (UI). Werk- verfüge Atypon über autotopic modelling- und colla- zeuge für die Dokumentation von erworbenen Inhal- borative filtering-Funktionen, die den Plattformbesu- ten sowie deren Nutzung gehören ebenfalls zum An- chern zielgerichtet Empfehlungen geben, Erfahrun- gebot. Für Fachsortimenter halte Atypon innovative gen und Suche der Nutzenden personalisieren und Lösungen bereit, um Wachstumspotenziale zu schaf- www.b-i-t-online.de 24 (2021) Nr. 4 online Bibliothek. Information. Technologie.
428 REPORTAGEN Bergmann fen und Arbeitsprozesse zu optimieren. Riedel er- Brill’s EBA model klärte, ein kundenfreundlicher eCommerce-Prozess Over three centuries of scholarly publishing (Evidence-Based Acquisition) verkürze den Weg der Leser von der Entdeckung der Literatur bis zum Kauf. Er betonte, die moderne Access when and where your users need it, User-Experience-Gestaltung (UX) der Plattform sei with maximum flexibility der von Amazon nachempfunden und steigere Käufe Brill offers more than 22,000 unique E-Books und Nutzerzufriedenheit durch die Reduzierung von on brill.com to choose from, including about Klicks, die Vereinfachung des Sign-Ins und die Einfüh- 3,500 titles in German language! rung eines Gastzugangs. Mit der Digital-Publishing- Plattform soll zukünftiges Geschäftswachstum der - Wider range of titles for library patrons - Remote access, unlimited site licenses Kunden unterstützt werden. - COUNTER reports, free MARC records „Customer Analytics – profitable Kunden identi- fizieren, für sich gewinnen und an sich binden“ lautete der Titel des Beitrags, den Jutta Hobbelha- gen und Jutta Brinkmann von der Haufe Group hiel- ten. Customer Analytics bedeute ein „lebenslanges Lernen“ entlang von echtem Kundenverhalten, um es zu verstehen und dann vorhersagen zu können, erklärte Hobbelhagen. Dazu würden aus vorhande- nen Kundendaten erste Ansätze für ein Customer Relationship Management (CRM) aufgebaut und ent- lang konkreter Fragestellungen gezielt weitere Daten generiert. Dabei sei nicht die Menge der Daten ent- scheidend, sondern ausreichend und passende Daten zu haben. Kernelemente von Customer Analytics sei- en, mithilfe von Analysen Einsichten zu gewinnen, die Vorhersagen zu konkreten Fragestellungen erlaubten und Trends erkennen ließen. Als Methoden, die da- für angewandt werden, zählte Hobbelhagen Descrip- tive, Diagnostic, Predictive und Prescriptive Analytics auf. Die ersten drei würden Auskunft geben, was und warum etwas geschehen sei und vorhersagen, was For further information, please visit brill.com or contact us at sales@brill.com geschehen wird. Bei Prescriptive Analytics gehe es darum, Empfehlungen für neue Angebote und Servi- ces zu geben, mit denen man das Eintreffen der Pro- gnosen unterstützen kann. Optimale Wege für Kun- Brill has acquired Vandenhoeck denakquisition, -bindung, Prozessautomatisierungen & Ruprecht Verlage und Klassifikationen zu finden und aus den Daten ei- Founded in 1735 and headquartered in Göttingen, ne Wertschöpfung zu holen, gelinge nur, so die Refe- Vandenhoeck & Ruprecht Verlage has a superb rentinnen, wenn Kollegen aus den Fachbereichen mit and long-standing international reputation in the den Kollegen aus der IT zusammenarbeiteten. Humanities, especially in the fields of Theology „Standardsystem vs. Individualentwicklung – and History. Grundentscheidungen bei der Auswahl von Soft- ware und Katalogdaten“ thematisierten Stefan Schwedt und Moritz Hodde vom Systemhaus NEW- BOOKS Solutions-iucon. Bei Planung der Einführung eines neuen Systems sei die Auswahl der richtigen Datenquellen und Datenbanken die erste essentiel- le Frage, denn die Datenbasis reflektiere letztendlich As of March 1, 2021, this renowned publishing das Angebot für den Kunden. Exemplarisch stellte house is now part of Brill Germany together Hodde zwei Datenbanken vor, die Zeitschriftenda- with our imprints Schöningh, Fink and mentis. tenbank von NewBOOKS Solution mit einem Mix aus Fach- und Kioskzeitschriften sowie aus dem anglo- Bibliothek. Information. Technologie. online 24 (2021) Nr. 4 www.b-i-t-online.de
Bergmann REPORTAGEN 429 amerikanischen Sprachraum die BDS-Datenbank mit 40 Mio. Titeln, die laut Hodde auch für Bibliotheken eine Alternative zu den gängigen Datenbanken sein könnte. Besonders interessant: Die Daten werden redaktionell angereichert: Marketingklassifikationen und Bibliothekssystematiken werden allokiert, MARC 21 Formate werden nicht einfach aus ONYX konver- tiert, sondern redaktionell bearbeitet und RDA-Kata- logisate sind erhältlich. BDS berücksichtigt auch die Klassifikationen der Library of Congress, Classifica- tion (LCC) und Subject Headings (LCSH) sowie die Dewey Decimal Classification (DDC). Für die Entscheidung zwischen Standardsystem, um individuelle Features erweitertes Standardsystem oder Individualsystem ist entscheidend, so Schwedt, welche Kernanforderungen bestehen. Reichen zur Er- füllung der Kernanforderungen marktgängige fest fi- xierte Prozesse aus und soll das System möglichst schnell etabliert werden, biete sich ein Standardsys- Der passende tem an. Je mehr Individualität die Kernanforderungen beinhalten, umso eher kämen erweiterte Standard- „Nicht die Datenmenge, sondern Medienmix für die Qualität der Daten ist entscheidend“ Ihre Bibliothek! systeme oder Individualsysteme in Frage. Die größte Ihr großer unabhängiger Medienhändler Herausforderung bei Individualsystemen besteht laut im Herzen von Berlin mit bundesweiter Schwedt darin, beim ausgewählten Systemdienstleis- Lieferung: Neben klassischen Printmedien ter Verständnis für die marktspezifischen und indivi- liegen unsere besonderen Schwerpunkte duellen Anforderungen zu erzeugen. in den Bereichen Tonträger, Filme, „Wie werde ich attraktiv für Nachwuchskräfte?“ Musikalien und fremdsprachiger Literatur Die Antwort auf diese Frage gab Dietmar Heijenga verschiedener Sprachräume. (Kurswechsel Unternehmensberatung GmbH). Ange- sichts sich verändernder Bedürfnisse vieler potenziel- Unser Serviceangebot: Standing Order, ler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten sich auch individuelle Titelauswahl, zuverlässige die Anforderungen an die Arbeit und an den Rahmen, Bearbeitung von Recherche- und in dem Arbeit stattfindet, geändert, erklärte Heijenga. Angebotsanfragen, Neuauflagenservice Immer häufiger stünden bei der Auswahl eines neuen sowie eine flexible Rechnungslegung: Arbeitgebers nicht mehr die Themen Gehalt oder Kar- Schnell, einfach, individuell. rierechancen im Vordergrund. Viele Nachwuchskräfte hielten Ausschau nach Unternehmen, die eine Inno- vationskultur leben oder maximalen Freiraum in der Sprechen Sie uns gerne an! Wahl des Arbeitsortes bieten. Maßnahmen wie schick 030 20 25 24 21 gestaltete Büroräume, Fitness- oder Massage-Ange- bibliotheken@dussmann.de bote, kostenlose Getränke oder Obstkörbe in jedem kulturkaufhaus.de Büro seien nicht geeignet, Nachwuchskräfte zu ge- winnen oder langfristig zu binden. Vielmehr sei es die Arbeit selbst und die Organisationsstruktur, die über Attraktivität entscheide. Um attraktiv für Nachwuchs- kräfte zu sein, müssten Rahmenbedingungen mit mo- tivationsfördernden Strukturen geschaffen werden, die ein wirksames Arbeiten ermöglichen, Teamarbeit www.b-i-t-online.de 24 (2021) Nr. 4 online Bibliothek. Information. Technologie. 87x257_bit.indd 1 04.05.2021 16
430 REPORTAGEN Bergmann zichten. Da aber in Zukunft damit zu rechnen sei, dass eine Umweltzertifizierung zunehmend gefordert werde, bemühe sich der Börsenverein, für seine Mit- gliedsfirmen ein relativ günstiges Angebot für eine Zertifizierung zu organisieren. Zu DEAL berichtete Sprang, der Börsenverein habe die Kartellbeschwerde gegen das Projekt DEAL nach der Veröffentlichung einer Studie zu den Auswirkun- gen des „DEAL“ auf das Publikationsverhalten1 im April 2021 erneut ergänzt. Die Studie komme zu dem Schluss, dass DEAL zu starken Marktverwerfungen geführt habe. Im Mai 2021 habe es das Kartellamt je- doch erneut abgelehnt, der Beschwerde des Börsen- vereins „zum jetzigen Zeitpunkt“ weiter nachzugehen. In der Auseinandersetzung um die digitale Leihe (E-Lending) hätte im Februar dieses Jahres eine Be- sprechung mit Vertretern der Bibliotheksverbände und des Börsenvereins im Bundesministerium der erlaubten, Kreativität der Mitarbeitenden sowie eine Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) stattgefun- persönliche Gestaltung der Arbeit zuließen. den. In dieser Besprechung hat sich der zuständige Prof. Dr. Christian Sprang vom Börsenverein des Ministerialbeamte laut Sprang im Falle einer gesetz- Deutschen Buchhandels e.V. behandelte in seinem lichen Regelung gegen eine Urheberrechtsschranke Beitrag die Themen „Buchpreisbindung und Ra- ausgesprochen und eine Zwangslizenz favorisiert. battspreizung, Projekt DEAL und Kartellrecht so- Im März hat der Bundesrat eine Stellungnahme zum wie Digitale Leihe.“ Am 13. April und 17. Mai 2021 Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Anpassung hatte der Börsenverein Vertreterinnen und Vertreter des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen aller Sparten der Branche zu einem „Runder Tisch zur Binnenmarktes abgegeben, in der Verleger verpflich- Buchpreisbindung“ eingeladen. Dabei wurde nach ei- tet werden sollten, nicht kommerziell tätigen Biblio- ner gemeinsamen Lösung für die in Zusammenhang theken ein Nutzungsrecht einzuräumen und ihnen zu mit §6 Abs.3 BuchPrG entstandenen Probleme der ermöglichen, jeweils ein Vervielfältigungsstück des Rabattspreizung gesucht. Trotz unterschiedlicher In- Werkes digital für begrenzte Zeit jeweils einer Per- teressen habe eine Branchenlösung im Vordergrund son zugänglich zu machen. Dieser Vorschlag wurde gestanden, berichtete Sprang. Bei Erhalt der Preisbin- zwar nicht in den Gesetzentwurf aufgenommen, aber dung sollte auf weitere juristische Auseinanderset- Sprang befürchtet, „aufgehoben ist nicht aufgescho- zungen verzichtet werden. Verlage sollten ihr Kondi- ben“. Schließlich stünde das Thema digitale Leihe bei tionengefüge verändern, große Sortimenter ihre Ver- allen politischen Parteien auf den Agenden zum Urhe- handlungsmaßstäbe anpassen, und Barsortimenter berrecht weit oben. ihre Konditionenverbesserung an unabhängige Sorti- menter weitergeben. Zur Erfolgskontrolle wurde eine Der Mitschnitt der Veranstaltung ist gegen eine gerin- Ombudsstelle eingerichtet. ge Gebühr einsehbar. AWS Unternehmensberatung Weiter berichtete Sprang, dass der Börsenverein, Christa Beiling aws@chbeiling.de ❙ nachdem in einer Schulbuchausschreibung der Ge- meinde Erkrath in Nordrhein-Westfalen eine Umwelt- zertifizierung von den anbietenden Buchhandlungen gefordert wurde, die rechtliche Situation geprüft ha- be: Nach dem neuen europäischen Vergabe-Recht sei Helga Bergmann-Ostermann es zulässig, bei Ausschreibungen eine solche Zertifi- Journalistin zierung zu fordern, erklärte der Justitiar. Da dies im Dipl.-Übersetzerin Buchhandel bisher nicht üblich war, konnte die Ge- h.bergmann-ostermann@t-online.de meinde Erkrath überzeugt werden, diesmal auf eine solche Anforderung in ihrer Ausschreibung zu ver- 1 https://juser.fz-juelich.de/record/892563 online 24 (2021) Nr. 4 Bibliothek. Information. Technologie. www.b-i-t-online.de
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