GEHT DER BLICK WEITER ALS DIE ERSTEN STERNE? - WIE WEIT KÖNNEN WIR WIRKLICH IN DIE VERGANGENHEIT SCHAUEN? - HARVARD CFA
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Kosmologie Milliarden Jahre bis zu uns gereist Wie weit können wir wirklich in die ist. Im Frühjahr 2019 startet das James Webb Weltraumteleskop, wel- Vergangenheit schauen? ches einen mehr als fünfmal so grossen Spiegel wie das Hubble Te- Geht der Blick weiter leskop besitzt und besonders im Infrarotbereich über erheblich grös- sere Kapazitäten als Hubble verfügt, als die ersten Sterne? womit die ersten Sterne und Gala- xien nach dem Urknall entdeckt und untersucht werden können. Es stellt sich dann natürlich die Frage, ob wir jemals noch weiter sehen kön- Von Sandro Tacchella nen. Wo sind uns optisch Grenzen gesetzt? Gibt es Möglichkeiten, noch In der letzten ORION-Ausgabe haben wir die neue Genera- näher an den Urknall zu schauen? tion von Weltraumteleskopen und deren Möglichkeiten beleuchtet. Die spannendeste Frage dabei war; wie weit Eine Zeitreise in die Vergangenheit können wir mit dem machbar Technischen überhaupt sehen? Sind uns irgendwann Grenzen gesetzt oder kom- Da sich Licht mit einer endlichen Geschwindigkeit von knapp 300'000 men wir dem Urknall auf ganz andere Wege noch ein Stück Kilometer pro Sekunde ausbreitet, näher? empfangen wir Licht, das vor einiger G. I llingworth D okkum and van B ild: NASA, ESA / P. O esch, G. B rammer, P. Abbildung 1: Das Bild zeigt die Position der am weitesten entfernten Galaxien im GOODS North (Great Observatories Origins Deep Survey North), welches mit dem Hubble-Teleskop aufgenommen wurde. Wir zählen über 10'000 Galaxien! Das Hubble Weltraumteleskop hat Galaxie im Universum hat die Be- Zeit in der Vergangenheit ausgesen- mit seinen Aufnahmen das For- zeichnung GN-z11 (Abbildungen 1 det wurde. Der Mond liegt rund schungsgebiet der Galaxienent- und 2) und weist eine spektroskopi- 400'000 Kilometer von der Erde ent- wicklung revolutioniert und tiefe sche Rotverschiebung von 11.1 auf, fernt. Das Licht braucht etwas mehr Einblicke in die Vergangenheit des das heisst, dass das Licht 400 Milli- als eine Sekunde, um diese Strecke Universums ermöglicht. Die heute onen Jahre nach dem Urknall aus- zu überwinden. Wenn wir den Mond am weitesten entfernte bekannte gesendet wurde und es rund 13.3 beobachten, sehen wir ihn daher, ORION 404 18
Kosmologie weiteste von Kosmische Früherer Hubble beobachtete Mikrowellenhinter- «Rekordhalter» Galaxie grundstrahlung Rotverschiebung (z) 0 8 12 20 Kosmisches «dunkles Zeitalter» A. Feild (STS c I) z = 8.68 z = 11.1 «Moderne» Galaxien Reionisations- Erste Sterne Urknall bilden sich epoche entstehen and heute B ild: NASA, ESA, 0 Milliarden Jahre 13.0 13.4 13.5 13.8 Abbildung 2: Diese Illustration zeigt einen Zeitstrahl des Universums, der sich vom heutigen Tag (links) zurück zum Urknall vor 13.8 Milliarden Jahren erstreckt (rechts). Die Galaxie GN-z11 ist mit einer Rotverschiebung von 11.1, die 400 Millionen Jahre nach dem Urknall entspricht, die bisher am weitesten entfernte Galaxie. Die Position des vorherigen Rekordhalters wird ebenfalls identifiziert. Die ersten Galaxien und Sterne bildeten sich in einem Universum, das voll von neutralem Wasserstoff war. In den kommenden Jah- ren wird es dank des Radioteleskops SKA möglich sein, die Verteilung dieses Wasserstoffs zu messen. Das entfernteste «Objekt», das die Menschheit je aufgenommen hat, ist die sogenannte kosmische Mikrowellenhintergrundstrahlung (hier abgebildet in oran- ge-rot). Um noch weiter als die Hintergrundstrahlung an den Urknall heranzuschauen, muss man auf exotischere Informationsträger wie Gravitationswellen oder Neutrinos zurückgreifen. wie er vor einer Sekunde ausgese- Existenz (nach der Inflation kurz Nanometern messen wollen. Leider hen hat. Andere astronomische Ob- nach seiner Entstehung) verlang- (aus astronomischer Sicht) absor- jekte liegen natürlich noch viel wei- samt. Es wurde jedoch beobachtet, biert und streut die Luft das einfal- ter von der Erde entfernt. Dabei dass seit einigen Milliarden Jahren lende Licht, was dazu führt, dass wird dieser Effekt vom «In-die-Ver- diese Ausdehnungsgeschwindigkeit wir von der Erde aus nur einige we- gangenheit-Schauen» noch viel aus- aber immer weiter zunimmt. Diese nige «atmosphärische Fenster» ha- geprägter: Bei der Sonne blicken wir beschleunigte Expansion ist noch ben, in welchen das Licht die Atmo- 8 Minuten in die Vergangenheit und überhaupt nicht verstanden und Ge- sphäre der Erde weitgehend durch- bei Alpha Centauri (nächster Stern genstand aktueller Forschung lässig (transparent) ist (Abb. 4). Das ausserhalb unseres Sonnensys- (Dunkle Energie). optische Fenster erlaubt Beobach- tems) bereits etwas über 4 Jahre. Unsere nächste grössere Nachbar- galaxie ist Andromeda, welche 2.5 Die kosmologische Rotverschiebung Millionen Lichtjahre von uns ent- fernt liegt. Das heisst; wir sehen sie Wenn sich nun das Licht durch den heute so, wie sie uns vor 2.5 Millio- ausdehnenden Raum bewegt, ver- nen Jahren erschienen wäre. grössert sich die Wellenlänge um Die meisten Galaxien liegen natür- den gleichen Faktor, wie sich das lich noch viel weiter entfernt als die Universum vergrössert. Das heisst, Zeit Andromedagalaxie. Hubble und an- dass das Licht von weitentfernten G rafik: J ohn D. N orton dere Astronomen haben festgestellt, Galaxien durch die Expansion des dass Galaxien, welche weiter von Universums «rot» verschoben wird uns entfernt liegen, sich auch (Rotverschiebung; Abbildung 3). schneller von uns entfernen. Diese Diese kosmologische Rotverschie- Raum Beobachtung von der Zunahme der bung ist von der Rotverschiebung räumlichen Ausdehnung des Uni- durch den Dopplereffekt zu unter- versums wird als Expansion des scheiden, welche selbst nur von der Universums bezeichnet. Es ist nicht relativen Geschwindigkeit der Ga- Abbildung 3: Kosmologische Rotver- so, dass sich Galaxien in der Raum- laxien abhängt. schiebung. Wenn sich nun das Licht zeit voneinander entfernen (Relativ- Das optische Licht wird also in den durch den ausdehnenden Raum bewegung), aber es ist der Raum infraroten Wellenbereich verscho- bewegt, vergrössert sich die Wellen- selbst, der sich ausdehnt, und die ben: Eine Galaxie mit Rotverschie- länge um den gleichen Faktor, wie sich Galaxien werden mitbewegt. Ge- bung z = 10 müssten wir bei einer das Universum vergrössert. Das heisst, mäss Urknall-Theorie hat sich die Wellenlänge von 5.5 Mikrometern dass das Licht von weitentfernten Gala- Expansion des Universums in den beobachten, wenn wir das optische xien durch die Expansion des Univer- ersten Milliarden Jahren seiner Licht mit einer Wellenlänge von 500 sums «rot» verschoben wird. ORION 404 19
Kosmologie Gamma, Röntgenstrahlen und Licht, das mit Der Hauptteil des Radiowellen, die von Langwellige UV-Licht, das von der oberen Verzerrungen infraroten Spektrums der Erdoberfläche aus Radiowellen Atmosphärische Opazität Atmosphäre blockiert wird. (Kann von der Erdober- wird von der Atmo- beobachtet werden werden an der am Besten vom Weltraum aus beob- fläche beobachtet sphäre absorbiert. können. Ionosphäre re- achtet werden). werden kann. flektiert. 100 % 50 % Q uelle: NASA 0% 0.1 nm 1 nm 10 nm 100 nm 1 µm 10 µm 100 µm 1 mm 1 cm 10 cm 1m 10 m 100 m 1 km Wellenlänge Abbildung 4: Durchlässigkeit der Atmosphäre für elektromagnetische Strahlung unterschiedlicher Wellenlängen. Das optische Fens- ter erlaubt der beobachtenden Astronomie die Beobachtung astronomischer Objekte im Bereich des sichtbaren Lichtes und im nahen Infraroten, das Radiofenster die Beobachtung astronomischer Objekte mit Methoden der Radioastronomie vom Erdboden aus. tungen im Bereich des sichtbaren von der Erde aus nur begrenzt be- Rekordhalter GN-z11 mit einer Rot- Lichtes und im nahen Infraroten, obachtet werden kann. Weltraumte- verschiebung von z = 11.1 (Abb. 1 das Radiofenster Beobachtungen im leskope bieten natürlich eine Ab- und 2) wurden viele hunderte Gala- Frequenzbereich von 15 MHz bis zu hilfe, um dieses atmosphärische xien mit Rotverschiebungen zwi- 100 GHz (Wellenlängen von 20 m bis Absorption zu überwinden. In den schen z = 6 -10 gefunden. Das Hubble zu einigen Millimetern). letzten Jahren hat vor allem das Teleskop verfügt nur über begrenzte Da die ersten Sterne und Galaxien Hubble Weltraumteleskop (auch in Möglichkeiten, Spektren von diesen alle eine hohe Rotverschiebung ha- der Kombination mit dem Spitzer Galaxien zu messen. Daher haben ben (z ≥10), wird deren optisches Weltraumteleskop) grosse Fort- viele dieser Galaxien nur eine unge- Licht in den infraroten Wellenlän- schritte bei der Suche nach den ers- nau, sogenannte photometrische genbereich verschoben, welches ten Galaxien gemacht. Neben dem Rotverschiebung, welche von brei- P lanck Kollaboration und die Q uelle: ESA Abbildung 5: Die von Planck beobachteten Anisotropien des kosmischen Mikrowellenhintergrunds. Die kosmische Hintergrund- strahlung ist eine Momentaufnahme des ältesten Lichts in unserem Universum, das aus gesendet wurde, als das Universum nur 380’000 Jahre alt war. Sie zeigt winzige Temperaturschwankungen, die Regionen mit leicht unterschiedlichen Dichten entsprechen und die Geburtsorte aller zukünftigen Strukturen darstellen: Die Sterne und Galaxien von heute. ORION 404 20
Kosmologie ten Filtern eruiert wurden. Um die die 21 cm-Linie wird zum Beispiel Mikrowellenhintergrundstrahlung Rotverschiebungen zu bestätigen, zur Vermessung der Rotationskur- (Abbildungen 2 und 5), welche aus müssen spektroskopische Nachun- ven von Galaxien im heutigen Uni- der Zeit etwa 380'000 Jahre nach tersuchungen mit anderen Instru- versum verwendet. dem Urknall stammt (Rotverschie- menten (zum Beispiel mit dem MU- Um die Wasserstoffverteilung und bung z = 1089). Es kam zur Bildung SE-Instrument am Very Large Teles- daher die Struktur im Universum dieser Strahlung 380'000 Jahre nach kop) durchgeführt werden. vor der Entstehung der ersten dem Urknall, weil die Temperatur Sterne zu vermessen, muss man den im ausdehnenden Universum unter Himmel bei einer Frequenz zwi- 3'000 Kelvin sank, wobei dann die Kann man etwas sehen, bevor schen 9 und 200 MHz beobachten, Protonen und Elektronen sich zu es entstanden ist? weil auch die 21 cm-Linie (1.4 GHz) Wasserstoff vereinen konnten. Dies rotverschoben wird. Die Schwierig- führte dazu, dass die Lichtteilchen Das James Webb Weltraumteleskop, keit dieser Messung ist, dass das (Photonen) nicht mehr mit der Ma- welches als Nachfolger vom Hubble Signal durch die Ionosphäre sowie terie wechselwirken und sich daher Teleskop gesehen wird, soll Hubbles Rundfunksendeanlagen gestört frei ausdehnen konnten – das Uni- Leistungen weit übertreffen. Im Ge- wird. Eines der vielversprechends- versum wurde «durchsichtig». Ob- gensatz zu Hubble, welches im sicht- ten Instrumente ist das Square Ki- wohl dieses Licht am Anfang eine baren, nahen ultravioletten und lometre Array (kurz SKA), welches typische Temperatur von ca. 3'000 nahem infraroten Bereich beobach- sich momentan in der Entwicklung Kelvin hatte (Wellenlänge von circa tet, soll das James Webb Teleskop befindet. Gebaut wird es in unbe- 100 Nanometer im ultravioletten fast ausschliesslich im Infraroten wohnten Gebieten mit sehr kleinen Bereich), können wir es heute mit (Wellenlängen 0.6 – 28 Mikrometer) künstlichen Radiointerferenzen in einer Temperatur von 2.7 Kelvin im arbeiten. Dies ermöglicht es, nach Südafrika, Australien und Neusee- Mikrowellenbereich (Wellenlänge dem Licht von den ersten Sternen land. SKA wird ein Radioteleskop von 1 Millimeter) beobachten. Die und Galaxien nach dem Urknall zu mit einer Gesamt-Sammelfläche von Entdeckung der Mikrowellenhinter- suchen. Von kosmologischen Model- ungefähr einem Quadratkilometer grundstrahlung brachte Penzias und len erwartet man, dass die ersten sein. Diese grosse Sammelfläche Wilson 1978 den Physik Nobelpreis Sterne sich rund 100 bis 250 Millio- wird durch die Kombination von ein; einen weiteren gab es im Jahre nen Jahre nach dem Urknall bilden tausenden kleinen Radioantennen 2006 für Smoot und M ather für des- konnten. Ein grosser Unterschied erreicht. Durch die grosse räumli- sen genaue Vermessung mit dem zur heutigen Sternentstehung ist, che Distanz von bis zu 3'000 km COBE Satelliten. Weitere Untersu- dass die Protogalaxien ausser Was- wird es möglich, damit ein riesiges chungen durch bodengebundene serstoff und Helium, die noch vom Radioteleskop zu simulieren, wel- Experimente, Ballonteleskope und Urknall stammten, kaum andere ches über eine extrem hohe Emp- besonders die Raumsonden WMAP chemische Elemente enthielten. Die findlichkeit und Winkelauflösung und Planck haben die Stärke der meisten schwereren Elemente bil- verfügt, um die Gasverteilung im Temperaturschwankungen in der deten sich erst durch thermonukle- frühen Universum zu vermessen. Hintergrundstrahlung in Abhängig- are Fusion in dieser ersten Genera- Die ersten Beobachtungen sind für keit von ihrer Winkelausdehnung tion von Sternen. 2020 geplant. Eine der grössten He- am Himmel noch wesentlich besser Doch können wir auch etwas im rausforderungen liegt der Daten- charakterisiert (Abbildung 5). Die Universum sehen, bevor diese ers- analyse beziehungsweise Daten- gute Übereinstimmung der gemes- ten Sterne entstanden sind? Da zu speicherung: SKA wird circa ein senen Eigenschaften des Mikrowel- diesem Zeitpunkt das Universum Exabyte (also eine Million Terabyte) lenhintergrundes mit den theoreti- voll von neutralem Wasserstoff (HI) pro Tag an Rohdaten liefern. Die schen Vorhersagen stellt einen der ist, bildet dessen Beobachtung eine Astronomen arbeiten bei der Ent- herausragenden Belege für die Gül- gute Möglichkeit, die Struktur des wicklung der Hardware mit IBM tigkeit der Urknalltheorie dar. jungen Universums zu erforschen zusammen, um dieses Datenvolu- Die kosmische Hintergrundstrah- (Abbildung 2). Glücklicherweise men in den Griff zu bekommen. Als lung bildet die fundamentale Grenze emittiert neutraler Wasserstoff die Vergleich: im Jahr 2003 hat Randall des sichtbaren Universums bezüg- sogenannte Wasserstofflinie, wel- Munroe geschätzt, dass Google lich des Lichts. Es gibt jedoch an- che durch den Hyperfeinstrukturü- circa 10 Exabyte an Daten gespei- dere Informationsträger, welche es bergang des neutralen Wasser- chert hat; Google hat sich geweigert, uns ermöglichen, noch weiter zum stoffatoms im 1s-Grundzustand Munroes Einschätzung zu kommen- Urknall «hinzusehen». Zum einen entsteht. Das ist der Energieunter- tieren. können Gravitationswellen, welche schied zwischen der parallelen und indirekt via Pulsar 1913+16 von antiparallelen Spin-Orientierung Hulse und Taylor (Physik-Nobel- des Elektrons relativ zum Spin des Entdeckung der Mikrowellenhinter- preis 1993) sowie direkt mit dem Protons. Diese Emissionslinie hat grundstrahlung LIGO Detektor (Physik-Nobelpreis eine Wellenlänge von 21 Zentimeter 2017) nachgewiesen wurden, Indi- und wird daher auch 21cm-Linie be- Obwohl das SKA unser Verständnis zien zur Inflation geben, also jener zeichnet. Obwohl dieser Spin-Flip über die Entstehung der ersten Ga- Phase im Universum, welche unmit- im Wasserstoffatom äussert selten laxien revolutionieren wird, dürfte telbar nach dem Urknall stattgefun- passiert (im Durchschnitt nur alle es nicht sehr nahe an den Urknall den hat. Mit dem BICEP-Experiment 10 Millionen Jahre), kann man die schauen können. Das Entfernteste, versucht man die Polarisation (so- 21cm-Linie beobachten, da es sehr das die Menschheit je aufgenommen genannte B-Mode) der kosmischen viel Wasserstoff im Universum gibt: hat, ist die sogenannte kosmische Mikrowellenhintergrundstrahlung ORION 404 21
Kosmologie zu messen, um dabei Gravitations- Es geschah in einer weit, weit entfernten wellen von der Inflation zu entde- cken. Im März 2014 wurde von der Galaxis ... Kollaboration BICEP die Entde- Kosmischer ckung der B-Mode in der Hinter- grundstrahlung vermeldet. Im Sep- tember 2014 veröffentliche dann Paukenschlag jedoch die Planck Kollaboration eine Analyse ihrer Daten, nach der die BICEP-Daten durch polarisierte Emission von kosmischen Staub der Milchstrasse verursacht worden sein könnte. Im Januar 2015 wurde Von Dr. Hansjürg Geiger die Entdeckung der B-Mode von den Forschern offiziell zurückgezogen. Eine kosmische Kollision liess das Weltall erzittern. Gravitati- In der Zwischenzeit wurde weiter fleissig Daten gesammelt, und wir onsphysiker hier auf der Erde empfingen die Signale, gerie- können hoffen, dass wir bald Neues ten ins Schwärmen, wussten plötzlich, woher das viele Gold von diesem Experiment hören wer- stammt und kassierten Nobelpreise. Wieso? den. Für einen Physiker muss es eine nur noch als Spezialfall einer viel Die Grenzen des «Lichtes» schmerzliche Erkenntnis gewesen komplexeren Wahrheit erschienen sind erreicht sein. A lbert Einstein hatte eine neue liessen. Aber jede Idee eines Natur- Theorie entwickelt, eine sensatio- wissenschaftlers ist bekanntlich Ein weiterer Informationsträger nelle, völlig neue Weltsicht erarbei- nur gerade so gut, wie die Ergeb- vom frühen Universum neben Licht tet, welche die alten Überzeugungen nisse der Versuche, die er zur Über- und Gravitationswellen sind Neutri- nos, also elektrisch neutrale Ele- mentarteilchen mit sehr geringer Masse. Wie der kosmische Mikro- wellenhintergrund ist der kosmi- sche Neutrinohintergrund ein Über- rest des Urknalls: er geht auf die Entkopplung der Neutrinos von der Materie rund zwei Sekunden nach dem Urknall zurück. Da der Mikro- wellenhintergrund entstand, als das Weltall rund 380'000 Jahre alt war, kann der Neutrinohintergrund mehr Details vom Urknall liefern. Da Neu- trinos mit einer geringen Energie nur sehr schwach mit Materie in Wechselwirkung treten, sind sie sehr schwierig nachzuweisen. Es gibt jedoch überzeugende indirekte Hinweise auf sein Bestehen. Das geplante Experiment PTOLEMY hat als Ziel, den Neutrinohintergrund direkt zu messen. Fast am Urknall Zusammenfassend kann man sagen, dass wir beim Informationsträger «Licht» mit der kosmischen Mikro- B ild: ESO wellenstrahlung an unsere Grenze gelangt sind: Weiter weg können wir nicht sehen. Es stehen uns aber mit den Gravitationswellen und Neutri- Abbildung 1: Schon bei der Geburt von Sternen kommt es zu gewaltigen Strahlungs- nos andere Informationsträger zur ausbrüchen. Die Aufnahme zeigt das Objekt HH-34 im Sternbild Orion, 1500 Licht- Verfügung, mit denen wir das Uni- jahre von uns entfernt. Der junge Stern produziert zwei Jets, die mit grosser Wucht in versum mit einem Alter von ledig- das umgebende interstellare Umfeld dringen. Im «unteren» Jet, im rot leuchtenden lich 10 -35 Sekunden erforschen kön- Strahl, sind mehrere Blasen erkennbar, die von einzelnen Strahlungsausbrüchen nen. stammen. ORION 404 22
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