Optische Atomuhren mit perfekter Anregung - IDW Online

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Pressemitteilung
Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB)
Dipl.-Journ. Erika Schow
31.01.2018
http://idw-online.de/de/news688404
Forschungsergebnisse
Physik / Astronomie
überregional

Optische Atomuhren mit perfekter Anregung
PTB-Wissenschaftler präsentieren ein störungsfreies Laserpuls-Schema für Präzisionsmessungen an
Atomen

Optische Atomuhren „ticken“ mit der unvorstellbar hohen Frequenz von Laserlicht - fast 10 hoch 15 Hertz. Mit
geeigneten Messverfahren muss dafür gesorgt werden, dass die Laserfrequenz selbsttätig genau auf die ungestörte
Übergangsfrequenz zwischen zwei atomaren Energiezuständen stabilisiert wird. Um Störungen zu vermeiden, befinden
sich die Referenzatome im Vakuum in maßgeschneiderten Fallen, sodass sie bei der Anregung durch das Laserlicht vor
Einflüssen aus der Umgebung möglichst gut geschützt sind. Die Übergangsfrequenz kann jedoch auch durch die
Wechselwirkung der Atome mit dem anregenden Licht gestört werden. In der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift
Physical Review Letters beschreiben Wissenschaftler der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) ein neues
experimentelles Verfahren, mit dem Störungen durch die Anregung der Atome vollständig eliminiert werden. Durch
Vergleichsmessungen zwischen zwei 171Yb+-Einzelionenuhren wird die Wirksamkeit des Verfahrens demonstriert.

Von Norman Ramsey (Physik-Nobelpreis 1989) stammt die bahnbrechende Idee, für spektroskopische
Präzisionsmessungen Atome mit zwei Hochfrequenz- oder Lichtpulsen anzuregen, die durch eine Dunkelzeit getrennt
sind. Der erste Puls startet dabei sozusagen eine Schwingung zwischen den atomaren Zuständen. Mit dem zweiten Puls
wird geprüft, ob die Frequenz des Lasers und der „freien“ atomaren Schwingung während der Dunkelzeit gleich waren
oder ob sich ein Phasenunterschied zwischen Atom und Laser ergeben hat. Mit steigender Dunkelzeit verbessert sich
die Schärfe des atomaren Resonanzsignals, und Messfehler durch die kurze Wechselwirkung der Atome mit dem
Laserlicht werden reduziert. Aufgrund dieser Vorteile nutzen beispielsweise auch Cäsium-Fontänenuhren, mit denen
gegenwärtig die SI-Einheit Sekunde realisiert wird, ein Ramsey-Anregungsschema im Mikrowellenbereich.

Atomuhren mit Referenzübergang im optischen Spektralbereich übertreffen inzwischen die Genauigkeit der besten
Cäsiumuhren um etwa das Hundertfache. Hier reicht bei einigen Systemen das konventionelle Ramsey-Verfahren nicht
mehr aus, um den verbleibenden Effekt der Wechselwirkung zwischen Atomen und Laserpulsen oder anderer mit der
Anregung verbundener Störungen vernachlässigbar zu machen. Das jetzt an der PTB entwickelte Anregungsverfahren
löst dieses Problem durch zwei Änderungen am Ramsey-Schema: Zum einen werden neben Messungen mit langer
Dunkelzeit auch Messungen mit identischen Pulsen und kurzer Dunkelzeit durchgeführt. Zum anderen gibt es für den
zweiten Puls eine einstellbare Phasenkorrektur, die in langen und kurzen Messsequenzen gleich ist.

Tatsächlich reichen diese beiden Maßnahmen aus, Störungen durch die Wechselwirkung zwischen Licht und Atomen
vollständig zu vermeiden. Die Ergebnisse von Messungen mit langer und kurzer Dunkelzeit werden durch solche
Störungen in gleicher Weise beeinflusst. Es wäre also möglich, das Messergebnis der kurzen Sequenz als Korrektur für
die Messungen mit langen Sequenzen zu benutzen und die Laserfrequenz mit dem resultierenden Signal zu
stabilisieren. In diesem Fall verbleibt allerdings bei kurzen und langen Sequenzen ein Phasenunterschied zwischen
Atom und Laser, der bei Frequenzschwankungen des Lasers zu einem unsymmetrischen Verhalten der
Frequenzregelung und damit zu einem Regelfehler führt. Nutzt man aber die Phasenkorrektur und stellt sie so ein, dass
der in der kurzen Messsequenz bestimmte Phasenunterschied kompensiert wird, liefern die langen Messsequenzen ein

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fehlerfreies Signal, mit dem die Laserfrequenz auf die ungestörte atomare Übergangsfrequenz stabilisiert wird.

Die PTB-Forscher verifizierten die vorteilhaften Eigenschaften des neuen Anregungsverfahrens durch den Vergleich
zwischen zwei Einzelionenuhren, die einen Übergang in 171Yb+ nutzen, dessen Frequenz sehr stark durch das anregende
Laserlicht verschoben wird. Eine der Uhren wurde mit dem neuen Anregungsschema betrieben, und hier wurden
absichtlich Variationen der Lichtverschiebung und Änderungen der Pulsform eingeführt, die um mehrere
Größenordnungen größer waren als die unter normalen Bedingungen erwarteten Störungen. Dennoch zeigte sich, dass
die Ausgangsfrequenz der Uhr innerhalb der relativen statistischen Vergleichsunsicherheit von ca. 1 · 10 hoch -16
unverändert blieb. Da Ramsey-Verfahren in einer breiten Palette von Präzisionsmessungen verwendet werden, werden
neben der Yb-Uhr sicher auch andere Anwendungen von der neuen Methode profitieren.
(es/ptb)

Ansprechpartner:
Dr. Christian Tamm, Senior Scientist, Fachbereich 4.4, Fachgebiet „Optische Frequenznormale“, Telefon (0531)
592-4415,E-Mail: christian.tamm@ptb.de

Die wissenschaftliche Veröffentlichung:
Christian Sanner, Nils Huntemann, Richard Lange, Christian Tamm, Ekkehard Peik: Autobalanced Ramsey
Spectroscopy. Physical Review Letters 120, Phys. Rev. Lett. 120, 053602 – Published 30 January 2018

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Ein Blick in den Versuchsaufbau der optischen Einzelionenuhr der PTB
(Foto: PTB)

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