Psychische und psychosomatische Störungen bei HIV: Wie erkennen, wie behandeln? - Dr. Ute Engelbach Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und ...

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Psychische und psychosomatische Störungen bei HIV: Wie erkennen, wie behandeln? - Dr. Ute Engelbach Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und ...
Psychische und psychosomatische Störungen
   bei HIV: Wie erkennen, wie behandeln?
                       Dr. Ute Engelbach
  Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie
Psychische und psychosomatische Störungen bei HIV: Wie erkennen, wie behandeln? - Dr. Ute Engelbach Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und ...
ICD-10 : Psychische und Verhaltensstörungen
   F00-F09 Organische, einschließlich symptomatischer psychischer
   Störungen
   F10-F19 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope
   Substanzen
   F20-F29 Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen
   F30-F39 Affektive Störungen
   F40-F48 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
   F50-F59 Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und
   Faktoren
   F60-F69 Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
   F70-F79 Intelligenzstörung
   F80-F89 Entwicklungsstörungen
   F90-F98 Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der
Aidshilfe Frankfurt 16.02.2016 Kindheit und Jugend
Ute Engelbach
Psychische und psychosomatische Störungen bei HIV: Wie erkennen, wie behandeln? - Dr. Ute Engelbach Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und ...
Stigma
            HIV-Patienten erleben oft doppelte Diskriminierung:

            • wegen ihrer Krankheit,
            • wegen der Zugehörigkeit zu einer
              Bevölkerungsgruppe, die gesellschaftlich häufig
              diskriminiert wird,

            geschichtetes oder kumulatives Stigma (layered
            stigma)

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Ute Engelbach
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Charakteristika, die die Stigmatisierung
               eines Merkmals wahrscheinlich machen
            • Wahrnehmung, dass der Träger für die eigene
              Erkrankung verantwortlich ist
            • Wahrnehmung der Krankheit als tödlich oder
              degenerativ
            • Wahrnehmung der Krankheit als ansteckend
            • Vorhandensein körperlicher Veränderungen, die
              sichtbar sind und als unangenehm
              wahrgenommen werden.

Aidshilfe Frankfurt 16.02.2016                        Herek (1999)
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internalisiertes Stigma

wahrgenommenes Stigma

erlebte Diskriminierung

                           Diskriminierung   Depressivität

   negativen Effekt
   auf die Gesundheits-
   entwicklung

                                                        Vanable et al. 2006
                                                        Rao et al. 2012
                                                        Vierneisel 2012

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Komorbidität: psych. Erkrankung und HIV
            Ca. 50 % mit psychiatrischer Diagnose, Depression (36%) und
            Generalisierte Angststörung (16%) häufigste auftretende
            Komorbiditäten (Bing 2001)

            39% affektive oder Angststörungen (Pence et al. 2006)

            psychische Komorbiditäten deutlich unterdiagnostiziert, für
            Depression gezeigt (Asch et al. 2003)

            HIV-infizierte Patienten mit unbehandelter psychischer
            Erkrankung (v.a. Depression) nach 12 Jahren deutlich höhere
            Mortalität als mit entsprechender Behandlung (De Lorenze et al.
            2010)
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Depression
      Affektiven Störungen

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Murray & Lopez 1997
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Epidemiologie
            Prävalenz: 20% Lebenszeit, Tendenz steigend (Beesdo&Wittchen 2006)
            Punktprävalenz 5-10% der deutschen Bevölkerung
            Rezidivierend ca 80%, chronisch 12%, Dauer Episode: ca 6 Monate
            (unbehandelt, Angaben streuen)
            Verhältnis M:F 1:2-3
            Unterschicht
            Junge Erwachsene
            Unterschiede Kultur/Länder (Taiwan 2%, Beirut 19%)
            3. Häufigste Störung in der Bevölkerung
            2. Häufigste Störung in der Allgemeinmedizin vs. diagn Defizit: nur 54%
            von Primärärzten erkannt

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Verlauf der Major Depression

            Rezidivierender Verlauf
            • 40% Rezidiv nach 2 J.
            • 60% nach 5 J.
            • 75% nach 10 J.
            • 87% nach 15 J.

            Lebenszeitrisiko nach
              Erstmanifestation MDE:
            • 4 Episoden
            • Dauer:  4-5 Mo.

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Ute Engelbach                                            Keller & Boland, 1998
"Zuerst hatte ich das Gefühl, heimtückisch von
   irgendeinem Übel überfallen worden zu sein. Ich hatte
   keine Ahnung, dass ich unter einer Depression, das
   heißt unter einer seelischen Störung, litt. Ich wusste
   wohl, dass ich mich nicht gut fühlte, dass ich
   gedrückter Stimmung war. Ich wusste, dass ich weder
   zu der Arbeit, mit der ich mich gerade befasste, noch
   zu den Menschen, mit denen ich arbeitete, rechtes
   Vertrauen hatte, aber ich kam nicht auf den
   Gedanken, dass ich krank sein könnte. Morgens fiel es
   mir furchtbar schwer aufzustehen, und abends konnte
   ich es gar nicht erwarten, wieder ins Bett zu kommen,
Aidshilfe Frankfurt 16.02.2016                   Snyder 1994, S. 98
Ute Engelbach
obgleich ich auch nicht mehr gut schlief. ... Ich
     dachte, mit mir sei alles ganz in Ordnung, meine
     gedrückte Stimmung sei lediglich Ausfluss
     irgendeiner unbewussten persönlichen Enttäuschung,
     eines Umstandes, über den ich mir selbst nicht recht
     klar werden konnte.
     ... So zwang ich mich denn monatelang dazu, ein
     tristes, hoffnungsloses Leben weiterzuführen, bis
     meine düstere Stimmung sich wieder aufhellte. Aber
     selbst dann wusste ich noch nicht, dass ich krank
     gewesen war."
     Joshua Logan, Theaterproduzent und Regisseur
Aidshilfe Frankfurt 16.02.2016   (Snyder, 1994, S. 98)
Ute Engelbach
Metaanalyse: signifikanter Zusammenhang zwischen
             Depressionen und Non-Adherence bei HIV-infizierten Patienten
             (Gonzalez et al. 2011) → Empfehlung auch subklinische
             depressive Zustände behandeln

             Im Verlauf symptomatisch gewordene HIV-infizierte Patienten
             hatten ein höheres Risiko für Depression, Vorhandensein von
             Depressionen wurde häufig vor Serokonversion berichtet oder für
             die Progression der HIV-Infektion diskutiert wird (Atkinson et al.
             2008, Rabkin et al. 2004, Lyketsos et al. 1996a, 1996b,
             Leserman et al. 1999).

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European AIDS Clinical Society Guidelines (EACS) 2014, p.59
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Algoithmus
S3-Leitlinie
Depression

  DGPPN 2012

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S3-Leitlinie zur Behandlung der Depression
            Bei einer leichten depressiven Episode kann, wenn
            anzunehmen ist, dass die Symptomatik auch ohne aktive
            Behandlung abklingt, im Sinne einer aktivabwartenden
            Begleitung zunächst von einer depressionsspezifischen
            Behandlung abgesehen werden. Hält die Symptomatik nach
            einer Kontrolle nach spätestens 14 Tagen noch an oder hat
            sie sich verschlechtert, soll mit dem Patienten über die
            Einleitung einer spezifischen Therapie entschieden werden.

            Zur Behandlung akuter leichter- bis mittelschwerer
            depressiver Episoden soll eine Psychotherapie angeboten
            werden.
                                                              DGPPN 2012

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S3-Leitlinie zur Behandlung der Depression
            Bei akuten schweren Depressionen soll eine
            Kombinationsbehandlung mit medikamentöser Therapie
            und Psychotherapie angeboten werden.

            Wenn ein alleiniges Behandlungsverfahren in Betracht
            gezogen wird, soll bei ambulant behandelbaren Patienten
            mit akuten mittelschweren- bis schweren depressiven
            Episoden eine alleinige Psychotherapie gleichwertig zu
            einer alleinigen medikamentösen Therapie angeboten
            werden.

            Depressive Patienten mit psychotischen Merkmalen sollten
            in jedem Falle eine medikamentöse Therapie erhalten.
                                                              DGPPN 2012
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Bei der akuten Depression PTH und AD etwa gleich
            wirksam. Ebenso alle wissenschaftlich begründeten
            Therapieverfahren.

            Kein sicherer Vorteil für primäre Kombinationsbehandlung
            (AD+PTH)

            Beste Ergebnisse für sequentielle Strategien: bei leichten
            und mittelschweren Depressionen erst Psychotherapie und
            bei Nichtwirksamkeit nach 6-8 Wochen zusätzlich AD

            Indikation für Medikation:
            - schwere Symptome (Angst, Schlafstörung etc.)
            - längere Depressivität unter Psychotherapie
            - Chronische D., höheres Alter
            - evtl. Prophylaxe bei rezidiv. depressiven Episoden
                                                                   DGPPN 2012

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Suizidalität
            HIV-Patienten sind gefährdeter für Suizide, insb:
            •     ältere Patienten
            •     Patienten mit i.v. Drogenkonsum
            •     fortgeschrittenen Krankheitsstadium
            •     Patienten mit familiärer Belastung bezüglich Suiziden
            •     Patienten mit depressiven Störungen
            •     Patienten mit vermehrten Verlusten von HIV-infizierten
                  Bekannten oder Freunden
            •     sozialer Isolierung
            •     Verlust von Arbeitsplatz
            •     finanziellen Sorgen
            •     Angewiesenheit auf staatliche Unterstützung
                                                                  Kelly et al. 1998,
                                                                  Goldblum & Moulton 1989,
Aidshilfe Frankfurt 16.02.2016                                    Houston-Vega & Ward 1998.
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European
                                 AIDS Clinical
                                 Society
                                 Guidelines 2014,
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Psychotherapeutische Ansätze

            •     Psychodynamische Therapie
            •     Verhaltenstherapie
            •     (interpersonelle Therapie)
            •     (Psychoanalyse)

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Differenzial-/Komorbiditätsdiagnose zu
                   weiteren psychischen Störungen
            ❃ bipolare Störungen
            ❃ demenzielle Erkrankungen
            ❃ Abhängigkeitserkrankungen
            ❃ Schizophrenie und andere psychotische Erkrankungen
            ❃ Angst- und Zwangsstörungen
            ❃ somatoforme Störungen
            ❃ Essstörungen
            ❃ Persönlichkeitsstörungen

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Angst-
         erkrankungen

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Trauma- und belastungsbezogene      Zwangsstörung und verwandte
Angststörungen                                                                                                     Dissoziative Störungen
                                       Störungen                           Störungen
                                                                                                                            Dissoziative
F93.0   Störung mit Trennungsangst     F94.1    Reaktive Bindungsstörung   F42       Zwangsstörung                 F44.81
                                                                                                                            Identitätsstörung
                                                Beziehungsstörung mit
F94.0   Selektiver Mutismus            F94.2                               F45.22    Körperdysmorphe Störung       F44.0    Dissoziative Amnesie
                                                Enthemmung
                                                Posttraumatische                                                            Depersonalisations-
F40.2xx Spezifische Phobie             F43.10                              F42       Pathologisches Horten         F48.1
                                                Belastungsstörung                                                           /Derealisationsstörung

F40.10 Soziale Angststörung            F43.0    Akute Belastungsstörung    F63.2     Trichotillomanie
F41.0   Panikstörung                   F43.2x   Anpassungsstörungen        L98.1     Dermatillomanie
(Verbalk
odierun Zusatzkodierung Panikattacke
g)
F40.00 Agoraphobie
F41.1   Generalisierte Angststörung

                                                                                     Substanz-
        Substanz-
                                                                                     /medikamenteninduzierte
Fxx.xxx /medikamenteninduzierte                                            Fxx.x88                                           aus: Wittchen et al. 2014, S.250
                                                                                     Zwangsstörung oder
        Angststörung
                                                                                     verwandte Störung

                                                                                     Zwangsstörung oder
        Angststörung aufgrund eines
                                                                                     verwandte Störung aufgrund
F06.4   anderen medizinischen                                              F06.8
                                                                                     eines anderen medizinischen
        Krankheitsfaktors
                                                                                     Krankheitsfaktors

                                                Andere näher bezeichnete
                                                                                     Andere näher bezeichnete
        Andere näher bezeichnete                trauma- und                                                                 Andere näher Bezeichnete
F41.8                                  F43.8                               F42       Zwangsstörung oder            F44.89
        Angststörung                            belastungsbezogene                                                          Dissoziative Störung
                                                                                     verwandte Störung
                                                Störung
                                                Nicht näher bezeichnete
   Aidshilfe                                                                         Nicht näher bezeichnete
       NichtFrankfurt 16.02.2016
             näher bezeichnete                  trauma- und                                                                 Nicht näher bezeichnete
F41.9                            F43.9                                     F42       Zwangsstörung oder            F44.9
   Ute Engelbach
       Angststörung                             belastungsbezogene                                                          dissoziative Störung
                                                                                     verwandte Störung
                                                Störung
PTBS Posttraumatische Belastungsstörung
            • Intrusionen
            Flash backs – Alpträume

            • Konstriktion
            Vermeidung traumaassoziierter Stimuli
            Sozialer Rückzug
            Numbness (emotionale Taubheit)

            • Hyperarousal
            Schreckhaftigkeit - Hypervigilanz
            Schlafstörungen - Reizbarkeit

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Ute Engelbach
Epidemiologie
           Die Häufigkeit von PTBS ist abhängig von der Art des Traumas.
               • Ca. 50% Prävalenz nach Vergewaltigung
               • Ca. 25% Prävalenz nach anderen Gewaltverbrechen
               • Ca. 20% bei Kriegs- und 15% bei Verkehrsunfallopfern
               • Ca. 15% bei schweren Organerkrankungen, (Herzinfarkt,
                  Malignome)
           • Die Lebenszeitprävalenz für PTSD in der
              Allgemeinbevölkerung liegt zwischen 1% und 7%.
                   vs. HIV: 7-74% (Sherr et al. 2011) oder 10-90% (Brezing et al. 2015)
           • Die Prävalenz subsyndromaler Störungsbilder ist wesentlich
              höher.
           • Es besteht eine hohe Chronifizierungsneigung.

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Ute Engelbach
Syndemieeffekte
            Zusammenhang: sexueller Missbrauch/Gewalt in der
            Kindheit und einem riskanten Sexualverhalten bzw. erhöhter
            Reviktimisierung im Erwachsenenalter (z.B. Wyatt et al.
            2002, Arriola et al. 2005).
            Vorausgegangene Traumatisierungen wirken sich auf
            riskantes (Sexual-)Verhalten und haben Einfluss auf die
            psychische Gesundheit bzw. Vulnerabilität einer Person,
            nachdem es zu einer Serokonversion gekommen ist.
            Traumafolgestörungen und insbesondere PTBS war mit
            einem größeren Abfall der CD4/CD8-Ratio assoziiert
            (Kimerling u.a. 1999) .

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Ute Engelbach
Syndemieeffekte

            „Syndemie“ beschreibt das gleichzeitige
            Auftreten verschiedener Krankheiten und/oder
            sozialer Probleme, die zusammen einen
            starken negativen Einfluss auf die Gesundheit
            ausüben.                               (Singer 1994)

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Ute Engelbach
Prospektive Längsschnittstudie von homosexuellen Männern in
      Bezug auf ihr Infektionsrisiko, zu Beginn der Untersuchung:
      •     47 % Symptome einer Depression
      •     39 % sexuellen Missbrauch in ihrer Kindheit
      •     25 % Konsum stimulierender Drogen (Crack, Kokain oder Crystal Meth)
      •     14 % gaben polyvalenten Drogenkonsum
      •     11 % starken Alkoholkonsum.
      Nur ein Viertel der Männer aus der Kohorte berichtete zu Beginn der
      Befragung von keinem dieser Probleme.
      Signifikant erhöhtes Risiko, sich mit HIV zu infizieren bei mindestens:
      •     eines dieser Probleme 1,7-fach,
      •     bei zwei Problemen 2,4-fach
      •     bei drei Problemen 5,3-fach
      •     vier oder fünf Probleme 8,7-fach erhöhtes Risiko
Aidshilfe Frankfurt 16.02.2016                                     Mimiaga et al. 2015
Ute Engelbach
Aidshilfe Frankfurt 16.02.2016
Ute Engelbach
                                 Gonzalez et al. 2011, p.16
S3-Leitlinie Traumatherapie
            trauma-fokussierte kognitiv-behaviorale
            Therapie/Expositionsbehandlung oder EMDR (Eye
            Movement Desensitization and Reprocessing).

            Als obsolet gilt:
            • Anwendung nicht traumaadaptiver Therapien
            (z.B. unmodifiziertes psychoanalytisches Verfahren,
            unkontrollierbare Reizüberflutung, unkontrollierte
            regressionsfördernde Therapien)
            • Alleinige Pharmakotherapie
            • Traumatherapie ohne Gesamtbehandlungsplan

Aidshilfe Frankfurt 16.02.2016                             DeGPT-LL Flatten et al. 2011
Ute Engelbach
Angststörungen im ICD-10
            • Fallen unter F4: Neurotische, Belastungs- und
              somatoforme Störungen

            • Unterschieden werden:
               – Phobische Störungen (F40.0):
                           • Agoraphobie mit/ohne Panikstörung
                           • Soziale Phobie
                           • Spezifische Phobien
                    – Sonstige Angststörungen (F41)
                           •     Panikstörung
                           •     Generalisierte Angststörung
                           •     Angst und depressive Störung gemischt

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Ute Engelbach
Epidemiologie
                                               Gesamt         Männer   Frauen
 12-Monats-
 Prävalenz                       Irgendeine   15,3            9,4      21,3
                                 Angststörung         20.3%
 von
 Angststörungen                  Panikstörung 2,0             1,2      2,8
                                 mit / ohne
 Jacobi et al., 2014                                  12.3%
                                 Agoraphobie
                                 Agoraphobie   4,0            2,3      5,6
  Population von
  behandelten                    Soziale       2,7            1,9      3,6
  HIV-infizierten                Phobie
  Patienten                      GAS           2,2    2.8%    1,5      2,9
  Vitiello et al. 2003
                                 Spezifische   10,3           5,1      15,4
                                 Phobie
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Ute Engelbach
Panikstörung (F41.0)
                    Wiederkehrende schwere Angstattacken, die sich
                     nicht auf eine spezifische Situation oder besondere
                     Umstände beschränken lassen
                    Körperliche Symptome: Atemnot, Schwindel,
                     beschleunigter Herzschlag, Zittern,
                     Erstickungsgefühle, Schwitzen, Übelkeit, Gefühl der
                     Unwirklichkeit, Taubheitsgefühle, Hitzewallungen
                     oder Kälteschauer, Schmerzen oder
                     Beklemmungsgefühle in der Brust, Angst zu sterben,
                     Beherrschung zu verlieren oder verrückt zu werden
                    DD Phobie: Symptome setzen scheinbar spontan ein
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Ute Engelbach
Agoraphobie (F40.0)

                    Vermeiden oder nur mit starker Angst zu ertragene
                     Vielzahl von Situationen, öffentlicher Orte und
                     Menschenansammlungen, in denen eine schnelle
                     Flucht nicht möglich ist oder keine Hilfe
                     vorhanden ist oder es peinlich wäre die Situation
                     zu verlassen

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Ute Engelbach
Soziale Phobien (F40.1 )

             Die Angst muss auf bestimmte soziale Situationen
              beschränkt sein oder darin überwiegen.
             Wenn möglich, Vermeidung der phobischen Situation.
             Die psychischen, Verhaltens- oder vegetativen
              Symptome müssen primäre Manifestationen der Angst
              sein und nicht auf anderen Symptomen wie Wahn und
              Zwangsgedanken beruhen.

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Ute Engelbach
Generalisierte Angststörung (F41.1 )
            Primäre Symptome von Angst an den meisten Tagen,
            mindestens mehrere Wochen lang, meist mehrere Monate.
            In der Regel sind folgende Einzelsymptome festzustellen:
            Befürchtungen (Sorge über zukünftiges Unglück,
            Nervosität, Konzentrationsschwierigkeiten usw),
            motorische Spannung (körperliche Unruhe,
            Spannungskopfschmerz, Zittern, Unfähigkeit, sich zu
            entspannen); vegetative Übererregbarkeit
            (Benommenheit, Schwitzen, Tachykardie oder
            Tachypnoe, Oberbauchbeschwerden, Schwindelgefühle,
            Mundtrockenheit etc).
Aidshilfe Frankfurt 16.02.2016
Ute Engelbach
Angststörung                Fragen
     Panikstörung/Agoraphobie Haben Sie plötzliche Anfälle, bei denen Sie in Angst und
                              Schrecken versetzt werden, und bei denen Sie unter
                              Symptomen wie Herzrasen, Zittern, Schwitzen, Luftnot,
                              Todesangst u.a. leiden?
                              Haben Sie in den folgenden Situationen Angst oder
                              Beklemmungsgefühle: Menschenmengen, enge Räume,
                              öffentliche Verkehrsmittel? Vermeiden Sie solche Situationen
                              aus Angst?
     Generalisierte           Fühlen Sie sich nervös oder angespannt? Machen Sie sich
     Angststörung             häufig über Dinge mehr Sorgen als andere Menschen?
                              Haben Sie das Gefühl, ständig besorgt zu sein und dies nicht
                              unter Kontrolle zu haben?
                              Befürchten Sie oft, dass ein Unglück passieren könnte?
     Soziale Phobie           Haben Sie Angst in Situationen, in denen Sie befürchten, dass
                              andere Leute negativ über Sie urteilen könnten, Ihr Aussehen
                              kritisieren könnten oder Ihr Verhalten als dumm, peinlich oder
                              ungeschickt ansehen könnten?
     Spezifische Phobie       Haben Sie starke Angst vor bestimmten Dingen oder
                              Situationen, wie Insekten, Spinnen, Hunden, Katzen,
                              Naturgewalten (Gewitter, tiefes Wasser), Blut, Verletzungen,
                              Spritzen oder Höhen?
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Ute Engelbach                                                               Bandelow et al. 2014, S.15
Behandlung der Angsterkrankungen
                    • Psychotherapie, dabei sollte die Präferenz des
                      informierten Pat. berücksichtigt werden
                    • KVT mit Exposition soll angeboten werden
                    • Wenn sich eine KVT nicht als wirksam erwiesen hat,
                      nicht verfügbar ist oder wenn eine diesbezügliche
                      Präferenz des informierten Pat. besteht sollte ein
                      psychodynamische Psychotherapie angeboten werden
                    • Pharmakotherapie (Citalopram, Escitalopram,
                      Paroxetin, Sertralin oder Venlafaxin)
                    • Wenn SSRIs oder SNRI Venlafaxin nicht wirksam war
                      oder nicht vertragen wurde sollte Clomipramin
                      angeboten werden                                        Bandelow et al. 2014

                    • HIV: psychotherapeutische Interventionen (KVT) rein
                      medikamentösen Therapien überlegen (Clucas et al. 2011)
Aidshilfe Frankfurt 16.02.2016
Ute Engelbach
Severe Mental Illness
                             (Schwere Psychische Erkrankungen)

            •     Delir
            •     Demenz
            •     Schizophrenie
            •     Bipolare Störungen
            •     schwere Depression
            •     Suchterkrankungen

Aidshilfe Frankfurt 16.02.2016
Ute Engelbach
Delir

            Störungen des Bewusstseins, der Wahrnehmung, der
            Psychomotorik und des Schlafs, akuter Beginn und fluktuierender
            Verlauf.
            Weitere Symptome: wie Halluzinationen, Wahnvorstellungen,
            nestelnde Bewegungen, Suggestibilität, affektive Störungen wie
            Depression, Euphorie oder Gereiztheit können hinzukommen.
            Das Delir ist ein medizinischer Notfall und bedarf einer
            psychiatrischen stationären Abklärung und Behandlung der
            Grundkrankheit.
            Akutsituation: hochpotente Neuroleptika

Aidshilfe Frankfurt 16.02.2016
Ute Engelbach
Demenz
            signifikante Abnahme HIV-assoziierter Demenzen seit HAART,
            mildere Formen/subklinische Bilder/Vorstufen der HIV-assoziierten
            Demenz haben zugenommen und präsentieren sich als
            Alzheimer-ähnliches Krankheitsbild:
            Störung vieler höherer kortikaler Funktionen, einschließlich
            Gedächtnis, Denken, Orientierung, Auffassung, Rechnen,
            Lernfähigkeit, Sprache und Urteilsvermögen. Das Bewusstsein ist
            nicht getrübt. Die kognitiven Beeinträchtigungen werden
            gewöhnlich von Veränderungen der emotionalen Kontrolle, des
            Sozialverhaltens oder der Motivation begleitet.
            EACS (2014) neurokognitives Screening drei Fragen: vermehrte
            Vergesslichkeit, langsameres Denken und verminderte
            Aufmerksamkeit?

Aidshilfe Frankfurt 16.02.2016
Ute Engelbach
EACS 2014, p 63

Aidshilfe Frankfurt 16.02.2016
Ute Engelbach
Schizophrenie, akute vorübergehende
             psychotische Störungen und wahnhafte Störungen

          Wahnsymptome, Halluzinationen, desorganisierte Sprache und
          desorganisiertes oder katatones Verhalten
          Durch genetische und psychosoziale Faktoren eine Prädisposition
          bzw. erhöhte Vulnerabilität – Cave: HIV = neurotropes Virus
          MRT und eine Liquor-Diagnostik, Medikamenten-Anamnese
          Kombination aus medikamentöser Therapie, psychotherapeutischen,
          psychoedukativen und sozialpsychiatrischen Interventionen
          Akutbehandlung medikamentöse Einstellung mit Neuroleptika
          Cave: Wechselwirkungen/synergistische Effekte bzgl. der
          Nebenwirkungen wie z.B. des Dyslipidämierisikos

Aidshilfe Frankfurt 16.02.2016
Ute Engelbach
Bipolare Störung
            Bipolare Störung gehört zu den Affektstörungen
            phasenweise, extreme Auslenkung der Stimmung, der Aktivität
            und des Antriebs.
            Manisches oder hypomanes Erleben: gesteigerter Antrieb,
            Rastlosigkeit und inadäquat gehobene Stimmung, vermehrte
            Gesprächigkeit oder vermindertem Schlaf, gesteigertes
            Kaufverhalten sowie einer deutlichen Selbstüberschätzung,
            gesteigerte Libido in Verbindung mit dem Verlust der
            gewissermaßen normalen sozialen Hemmung.
            Die Behandlung erfolgt in erster Linie mit Stimmungsstabilisatoren
            wie Lithium, Valproat, Lamotrigin oder Carbamazepin.

Aidshilfe Frankfurt 16.02.2016
Ute Engelbach
Zusammenfassung
            Psychische Störungen sind bei HIV-infizierten Patienten gehäuft
            zu beobachten
            HIV-Schwerpunktärzte sollten wegen dieser erhöhten
            Prävalenzen hellhörig bezüglich psychischer Komorbiditäten sein
            und ein basales Verständnis der Diagnostik und Behandlung
            dieser Erkrankungen haben.
            Günstig feste Kooperationen mit Psychiatern, Psychosomatikern
            und Psychologischen Psychotherapeuten.
            Wenig systematische Erkenntnisse zu wahrscheinlichen
            Wechselwirkungen von antiretroviraler Medikation und
            Psychopharmaka, d.h. vorsichtiger Umgang bei der
            Eindosierung/Umstellung der Medikation mit eventuellem
            Therapeutischen Drug Monitoring.
Aidshilfe Frankfurt 16.02.2016
Ute Engelbach
Zusammenfassung
            Nach besseren Behandlungsoptionen der HIV-Infektion ist es
            jetzt an der Zeit, sich auch den psychischen und anderen
            Komorbiditäten und deren Behandlung im Rahmen von
            Forschungsprojekten vermehrt zuzuwenden.
            Psychotherapeutische Behandlungen tragen wesentlich zur
            Reduktion von Risikoverhaltensweisen bei, verbessern die
            Adherence sowie Depressions- und Angstsymptomatik
            und steigern die Lebensqualität.
            Behandlungsangebot ist nicht in gleicher Weise organisiert,
            wie dies von anderen chronischen somatischen Erkrankungen
            (z.B. Diabetes mel.) bekannt ist.

Aidshilfe Frankfurt 16.02.2016
Ute Engelbach
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