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F. van Buuren, K. P. Mellwig, C. Prinz, T. Kottmann, B. Körber, A. Fründ, L.Faber, N. Bogunovic, J. Dahm, D. Horstkotte, D. Fritzsche: Elektromyostimulation (EMS) verbessert die Leistungsfähigkeit und die linksventrikuläre Funktion bei 76 Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz ORIGINALARBEIT Elektromyostimulation (EMS) verbessert die Leistungsfähigkeit und die linksventrikuläre Funktion bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz Frank van Buuren1, Klaus Peter Mellwig1, Christian Prinz1, Tanja Kottmann1, Britta Körber1, Andreas Fründ1, Lothar Faber1, Nicola Bogunovic1, Johannes Dahm3, Dieter Horstkotte1, Dirk Fritzsche2 1 linik für Kardiologie, Herz und Diabetes Zentrum NRW, Ruhr Universität K Bochum, Bad Oeynhausen 2 Klinik für Herzchirurgie, SANA Herzzentrum Cottbus 3 Klinik für Kardiologie und Angiologie, Neu Bethlehem Krankenhaus, Göt- tingen PERFUSION 2013; 26: 76–84 Die Elektromyostimulation der Ske- Zusammenfassung lettmuskulatur (EMS) ist eine neue Fragestellung: Die Elektromyostimulation (EMS) hat sich als strategische The- Trainingsmethode, die sich in den Be- rapieoption für Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz (CHF) erwiesen. reichen Fitness und Medical Fitness Ziel dieser Studie war es, die Wirkung unterschiedlicher Stimulationsstrategi- bereits etabliert hat und eine rasche en auf wichtige Parameter der körperlichen Belastungstoleranz bei Patienten mit CHF zu untersuchen. Hierzu nutzten wir ein am Markt befindliches EMS- Verbreitung findet. Für Patienten mit Trainingsgerät, das simultan 8 große Muskelareale elektrisch stimulieren kann chronischer Herzinsuffizienz (CHF) (extensives EMS Training, exEMS), und verglichen die Ergebnisse mit einer wurden sehr vielversprechende Effek- Gruppe von Patienten, bei denen das EMS-Training ausschließlich auf die Ge- te in verschiedenen Studien validiert säß- und Oberschenkelmuskulatur limitiert wurde (limEMS). [1, 34]. Die Methode basiert auf der Patienten und Methode: Für ein EMS-Trainingsprogramm wurden stabile Pati- elektrischen Stimulation großer Mus- enten (NYHA II–III) mit chronischer Herzinsuffizienz rekrutiert. Das Training kelgruppen, ohne dass der Patient bzw. wurde über 10 Wochen, zweimal wöchentlich für 20 Minuten durchgeführt. 12 Patienten (10 männlich; mittleres Alter 62,17±12,6 Jahre) erhielten exEMS- der Trainierende selber aktive Bewe- Training, 12 Patienten (9 männlich, mittleres Alter 62,75±8,77 Jahre) erhielten gungen ausführt. limEMS Training. Untersucht wurden Auswirkungen auf die körperliche Be- In der Vergangenheit wurde die EMS- lastungstoleranz, die Sauerstoffaufnahme, die linksventrikuläre Funktion und Therapie bei kritisch kranken Patienten anerkannte Biomarker der CHF. mit Muskeldystrophie, Skoliose oder Ergebnisse: Es konnte ein signifikanter Anstieg der Sauerstoffaufnahme an Paraplegie angewandt [2]. Später wur- der anaeroben Schwelle nachgewiesen werden: bei exEMS von 14,7±3,42 de diese Trainingstherapie gelegentlich auf 19,6±4,5 ml/kg/min (+32,65 %, p limEMS), krankung des Herzens. Umfangreiche konnte statistisch nicht bewiesen werden. strukturelle und enzymologische Ver- änderungen der Skelettmuskulatur und neurohumorale und inflammatorische Schlüsselwörter: körperliches Training, chronische Herzinsuffizienz, kardiale Systemdeviationen tragen ebenfalls Rehabilitation, EMS-Training, Elektromyostimulation wesentlich zu einer Belastungsintole- Perfusion 03/2013 26. Jahrgang © Verlag PERFUSION GmbH
F. van Buuren, K. P. Mellwig, C. Prinz, T. Kottmann, B. Körber, A. Fründ, L.Faber, N. Bogunovic, J. Dahm, D. Horstkotte, D. Fritzsche: Elektromyostimulation (EMS) verbessert die Leistungsfähigkeit und die linksventrikuläre Funktion bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz 77 Summary = Einbeziehung der Rumpf- und Ober- Purpose: Electromyostimulation (EMS) of thigh and gluteal muscles has armmuskulatur), weitere 12 Patienten found to be a strategy to increase exercise capacity in patients with chronic (9 männlich, mittleres Alter 62,75±8,77 heart failure (CHF). Aim of this study was to investigate the effects of different Jahre) erhielten ein limEMS-Training stimulation strategies in CHF patients using a newly developed stimulation suit that involves also trunk and arm muscles (extended electromyostimula- (limitiert = nur Stimulation von Gesäß- tion, exEMS) in comparison to EMS therapy limited to gluteal and leg muscles und Beinmuskulatur). (limEMS). Die Studie wurde von der Ethikkom- Patients and methods: 24 stable CHF patients (NYHA class II–III) joined the mission votiert (Nr. 27/2008, Univer- EMS training program. They received either exEMS (12 patients, 10 males, sität Bochum). Alle Patienten willigten mean age 62.2±12.6 years) or limEMS (12 patients, 9 males, 62.75±8.77 years). schriftlich in das Studienprotokoll ein. Training was performed for 10 weeks twice weekly for 20 minutes, the level of daily activity remained unchanged. Effects on exercise capacity, oxygen up- take, left ventricular function (LVEF) and biomarkers were evaluated. Results: There was a significant increase of oxygen uptake at aerobic threshold Einschlusskriterien in all groups: exEMS: 14.7±3.9 to 19.6±4.5 ml/kg/min (+32.65 %, p
F. van Buuren, K. P. Mellwig, C. Prinz, T. Kottmann, B. Körber, A. Fründ, L.Faber, N. Bogunovic, J. Dahm, D. Horstkotte, D. Fritzsche: Elektromyostimulation (EMS) verbessert die Leistungsfähigkeit und die linksventrikuläre Funktion bei 78 Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz Inaktivität Inaktivität Mangelversorgung LV Dysfunktion Vasokonstriktion Vagotonus ↓ Reduzierter peripherer Blutfluss Katabole Situation Änderungen der muskulären Entzündung und vaskulären Regulation Myopathie Physische Dekonditionierung Inaktivität Muskuläre Ermüdung Inaktivität Luftnot Abbildung 1: Auswirkungen der chronischen Herzinsuffizienz auf das Endorgan Muskulatur – ein Circulus vitiosus (nach [3]) Stimulationsweste. In die Weste sind Brust, Bauch, Gesäß, Oberschenkel. Muskulatur anzustreben, die unterhalb Elektroden eingebracht, die synchron Die Stimulation erfolgte zweimal wö- der Schmerzschwelle liegt. große Muskelareale erregen. Ferner chentlich für 20 Minuten, wobei pro Herzfrequenz (Hf) und Blutdruck (RR) gehören zum System separate Elektro- Trainingszyklus 4 Sekunden Stimu- wurden am Beginn und am Ende jeder den für die Oberarm-, die Oberschen- lation von 4 Sekunden Pause gefolgt EMS-Trainingseinheit gemessen und kel- und die Gesäßmuskulatur. waren. Die Frequenz betrug 80 Hz, die daraus das Produkt RPP (rate pressure Bei den Patienten der exEMS-Gruppe Impulsbreite 350 µs. Die Amplitude product), ein Marker für die myokardi- wurden synchron folgende Muskel- wurde vom Patienten selbst geregelt, ale Sauerstoffaufnahme, errechnet. gruppen stimuliert: Arm, oberer Rü- nachdem er aufgefordert wurde, eine cken, unterer Rücken, lateraler Thorax, möglichst suffiziente Kontraktur der Perfusion 03/2013 26. Jahrgang © Verlag PERFUSION GmbH
F. van Buuren, K. P. Mellwig, C. Prinz, T. Kottmann, B. Körber, A. Fründ, L.Faber, N. Bogunovic, J. Dahm, D. Horstkotte, D. Fritzsche: Elektromyostimulation (EMS) verbessert die Leistungsfähigkeit und die linksventrikuläre Funktion bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz 79 Studienprotokoll EMS-Trainingsphase waren intraindivi- ten nahmen Kalziumkanalblocker (4). duell identisch. Die Probanden wurden Der systolische Blutdruck zu Beginn Alle Untersuchungen erfolgten unmit- angehalten, ein Gasaustauschniveau des Trainingszyklus lag in der exEMS- telbar vor Beginn und innerhalb einer von >1,0 zu erreichen. Die Sauerstoff- Gruppe bei 128,7±16,78 mmHg und nach Woche nach Beendigung der Trai- aufnahme an der anaeroben Schwelle der 10-wöchigen Trainingsphase bei ningsphase. (VO2AT) und die maximale Sauerstoff- 128,42±13,34 mmHg, (limEMS: 131,94± Körpergröße, Gewicht und Körper- aufnahme (peakVO2) wurden anhand 13,79 mmHg bzw. 133,10±10,33 mmHg), fett wurden mittels Impedanzwaage der V-Slope-Methode bestimmt. Als der diastolische Blutdruck bei 72,26± gemessen (TANITA, body composi- Abbruchkriterien galten Atemnot, mus- 7,89 und 75,23±9,32 mmHg (limEMS: tione analyzer, TBF-410 MA, Japan). kuläre Erschöpfung, schwere Rhyth- 79,09±6,91 mmHg und 80,77±3,57 Hieraus wurden der Body-Mass-Index musstörungen, RR-Dysregulationen mmHg). (BMI) sowie die Körperoberfläche und Schwindel. Alle spiroergometri- Die Herzfrequenz stieg von 75,91± (BSA) errechnet. schen Untersuchungen wurden nach 10,95 auf 84,96±13,24 Schläge/min B-Typ Natriuretisches Peptid (BNB) den Standards der European Associa- am Ende einer Trainingseinheit in der und sein Metabolit (NT-proBNP) sind tion for Cardiovascular Prevention and exEMS-Gruppe (limEMS: 70,80±5,51 die am häufigsten verwandten Biomar- Rehabilitation durchgeführt [16]. auf 79,16±7,63 Schläge/min). ker zur Beurteilung der CHF [13]. Bei- Gewicht und Körperfettverteilung än- de Marker wurden zu Beginn und nach derten sich nicht signifikant. Beendigung der Trainingsphase in den Statistische Auswertung Das RPP stieg um 9,4 % in der exEMS- Morgenstunden abgenommen. Jeder Gruppe (p=0,024) und um 12,5 % in Patient erhielt ein 12-Kanal-EKG. Die statistische Auswertung erfolg- der limEMS-Gruppe (p=0,091) an. Eine transthorakale Echokardiographie te mittels SPSS für Windows, V 18.0 wurde nach den ASA-Richtlinien mit- (SPSS Inc., USA). Als Signifikanz- tels eines GE Vingmed Seven durchge- schwelle wurde p
F. van Buuren, K. P. Mellwig, C. Prinz, T. Kottmann, B. Körber, A. Fründ, L.Faber, N. Bogunovic, J. Dahm, D. Horstkotte, D. Fritzsche: Elektromyostimulation (EMS) verbessert die Leistungsfähigkeit und die linksventrikuläre Funktion bei 80 Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz CHF (n=12) – extended EMS CHF (n=12) – limited EMS vor nach Verän- vor nach Verän- p- p- derung derung Mittelwert Mittelwert Wert Mittelwert Mittelwert Wert [%] [%] ± SD ± SD ± SD ± SD Watt AT 87,5±27,7 100,5±39,7 0,044 +15,5 86,9±30,2 110,4±29,9 0,002 +27,0 [Watt] Watt max 111,75±35,8 122,5±40,7 0,200 +6,5 121,6±49 135,5±46,3 0,064 +11,4 [Watt] VO2 AT 14,7±3,42 19,6±4,5
F. van Buuren, K. P. Mellwig, C. Prinz, T. Kottmann, B. Körber, A. Fründ, L.Faber, N. Bogunovic, J. Dahm, D. Horstkotte, D. Fritzsche: Elektromyostimulation (EMS) verbessert die Leistungsfähigkeit und die linksventrikuläre Funktion bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz 81 Abbildung 2: Auswirkungen des exEMS- sowie des limEMS-Trainings auf physische Belastbarkeit (VO2max; VO2 AT) sowie die linksventrikuläre Ejektionsfraktion die körperliche Belastbarkeit [8, 21]. Training auf die Sauerstoffaufnahme Sportart bei CHF-Patienten demonst- Es ist anerkannt, dass bei älteren stabi- sind gut untersucht. Allerdings gibt es riert. len CHF-Patienten mit erhaltener links- kaum Daten zu den Effekten des EMS- Das EMS-Training wurde gut toleriert, ventrikulärer Funktion die verringerte Trainings auf die linksventrikuläre kein Patient hat die Studie abgebro- peakVO2 Folge einer reduzierten Herz- Funktion und die körperliche Belast- chen. Alle Patienten dokumentierten leistung auf dem Boden eingeschränk- barkeit von CHF-Patienten. in einer Befragung den hohen Zuge- ter chronotroper, inotroper und vaso- Zahlreiche Studien beschreiben die Be- winn an Lebensqualität, ein stärkeres dilatativer Reserven ist [22]. Andere deutung dynamischer Trainingsformen Spannungsgefühl des Körpers und eine Autoren diskutieren die Rolle eines ein- bei der Behandlung der CHF [23–27]. deutlich gesteigerte Leistungsfähig- geschränkten oxidativen Metabolismus Hambrecht et al. konnten eindrucks- keit. Nebenbefundlich waren die bei der Muskulatur, der in einer reduzierten voll zeigen, dass 20 Minuten Laufband 75 % der exEMS Patienten vorhande- arteriovenösen Ausschöpfung resul- pro Tag auf einem Niveau von 70 % der nen Rückenbeschwerden nach kurzer tiert. Es konnte nachgewiesen werden, peakVO2 zu einer Verkleinerung der Trainingsphase eliminiert. Diese Ef- dass die arteriovenöse Ausschöpfung Ventrikeldiameter, einer Verbesserung fekte konnten auch in anderen Studien (errechnet nach der Fick’schen Glei- der körperlichen Belastbarkeit der Pa- gezeigt werden [31]. chung) nach effizientem körperlichem tienten und einer Erhöhung des links- Körpergewicht und Fettverteilung Training wieder anstieg, während sie ventrikulären Schlagvolumens führten wurden in der kurzen Trainingsphase bei vergleichsweise trägen Individuen [24, 32]. nicht signifikant verändert. Eine posi- konstant blieb. Hier war die Erhöhung Weitere Studien konnten nachweisen, tive Veränderung erscheint aber nicht der arteriovenösen Ausschöpfung der dass die peakVO2 streng mit der Prog- ausgeschlossen, sofern die Untersu- Hauptgrund für die Verbesserung der nose der CHF korreliert [28]. chungsdauer verlängert wird. peakVO2, wobei vor allem periphere Die Ergebnisse unserer Studie unter- Mechanismen wie mikrovaskuläre und streichen die positiven Effekte eines zelluläre Funktionen des Skelettmus- EMS-Trainings bei CHF-Patienten. BNP kels die wichtigsten Gründe für die er- Der Umfang der Erhöhung von VO2AT höhte körperliche Belastbarkeit dieser in beiden Gruppen (exEMS und li- BNP und vor allem sein Metabolit Patienten darstellten. mEMS) war deutlich. Bislang wur- NT-proBNP sind anerkannte Marker Die Auswirkungen von körperlichem den derartige Steigerungen mit keiner einer CHF. Beide wurden im Lauf der Perfusion 03/2013 26. Jahrgang © Verlag PERFUSION GmbH
F. van Buuren, K. P. Mellwig, C. Prinz, T. Kottmann, B. Körber, A. Fründ, L.Faber, N. Bogunovic, J. Dahm, D. Horstkotte, D. Fritzsche: Elektromyostimulation (EMS) verbessert die Leistungsfähigkeit und die linksventrikuläre Funktion bei 82 Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz Trainingsphase gesenkt, die Reduktion jedoch in den Muskelbiopsien. Dies bei CHF-Patienten scheint sehr viel- erreichte aber nicht die Signifikanz- könnte eine Erklärung dafür sein, dass versprechend. Gerade höhergradig er- schwelle. In anderen Untersuchungen der Abbauprozess der Skelettmuskula- krankte, immobile Patienten profitieren konnte aber durchaus nachgewie- tur durch körperliches Training resp. überproportional von der Aktivierung sen werden, dass nach Beginn einer EMS-Training bei Patienten mit CHF der Skelettmuskulatur sowie deren Sporttherapie die BNP-Spiegel bei aufgehalten bzw. rückgängig gemacht Auswirkungen auf den Prozess der CHF-Patienten signifikant abnahmen werden kann [24]. chronischen Herzinsuffizienz. Bereits [29]. Andererseits muss bedacht wer- im kurzfristigen Zeitfenster konnten den, dass BNP-Spiegel bei vollständig positive Effekte auf die Mikrozirkula- kompensierten CHF-Patienten oft im Linksventrikuläre Funktion tion nachgewiesen werden [35]. Aller- Normbereich sind und hier eine signi- dings fehlen bislang Untersuchungen, fikante Reduktion von vornherein nicht Eines der bedeutendsten Ergebnisse in welcher Art und in welchem Umfang erwartet werden kann. Dies führt zu der vorliegenden Studie ist die Erhö- sich strukturelle und immunologische der Annahme, dass die Beobachtung hung der linksventrikulären Funktion Remodeling-Prozesse der Muskulatur der BNP-Spiegel in diesem Studien- von 38,4 % auf 45,21 % in der exEMS- und des Herzens in Abhängigkeit von design von limitiertem Wert ist. Gruppe. Ähnliche Effekte konnten der Zeit und der EMS-Trainingsinten- bereits durch die Arbeitsgruppe Ham- sität darstellen. precht und andere dargestellt werden Der unveränderte LVEDD und die er- Belastungstoleranz [24, 26, 32]. Der Effekt kann vornehm- höhte EF in der vorliegenden Studie lich durch die Senkung des peripheren weisen darauf hin, dass die morpho- Wir konnten einen unerwartet hohen Gefäßwiderstands erklärt werden. logische Adaptation des Herzens sich und signifikanten Anstieg der VO2AT In der limEMS-Gruppe konnte eben- offenbar erst nach einer längeren Pe- und der peakVO2 nachweisen. Dabei falls eine signifikante Erhöhung der riode eines verbesserten funktionellen war der Effekt in der exEMS-Grup- LVEF nachgewiesen werden. Status einstellt. Diese Vermutung wird pe deutlicher ausgeprägt als in der Die Bedeutung des Erhalts von Skelett- durch Ergebnisse aus der Leipziger limEMS-Gruppe, wiewohl der Un- muskulatur hinsichtlich des Durchbre- Arbeitsgruppe unterstrichen, wonach terschied im Vergleich der Gruppen chens des Circulus vitiosus der CHF die Verkleinerung des LVEDV und der untereinander nicht signifikant war. wurde eindrucksvoll durch frühere Ar- LV-Masse zeitlich deutlich nach der Barnerjee berichtete über eine Erhö- beiten dargestellt (Abb. 1 [3]). Unsere zellulären und molekularen Erholung hung der Sauerstoffaufnahme von 10 % Ergebnisse hinsichtlich des Anstieges des Skelett- und des Herzmuskels auf- bei gesunden Personen mit einem recht der LVEF können somit durch einen traten [32]. Bislang gibt es keine Er- trägen Lebensstil [30]. Dies wurde in verbesserten Muskelmetabolismus, kenntnisse darüber, welche konkreten unserer Gruppe mit limEMS-Training eine Erhöhung der Kapillarisierungs- zeitlichen Perioden für diese Prozesse mit 17,6 % bereits übertroffen. Mit ei- dichte, gefolgt von einer Absenkung benötigt werden. ner Steigerung von 32,65 % der VO2AT des systemischen Widerstands, Absen- In unserer Studie blieb die linksvent- in der exEMS-Gruppe werden hier erst- kung sympathischer Stimulation und rikuläre Wanddicke unverändert. Die mals Dimensionen des Anstieges der verminderter Vasokonstriktion erklärt E/A-Ratio zeigte weiterhin Zeichen ei- VO2AT beschrieben, die in der Lite- werden. ner diastolischen Funktionsstörung in ratur noch mit keiner anderen Sportart Die kürzlich durch Gielen [9] beschrie- beiden Gruppen. dokumentiert wurden. Die Betrachtung bene Senkung der Proteasen-Aktivität Vor dem Hintergrund der positiven der Steigerungsraten legt die Annahme in Muskelbiopsien von CHF-Patienten Ergebnisse eines exEMS - bzw. des einer Dosis-Wirkungs-Beziehung nach nach Ausdauertraining wurde bislang limEMS-Trainings hinsichtlich funkti- dem Prinzip „je mehr Muskulatur sti- nach EMS-Training noch nie beschrie- oneller Parameter bei CHF-Patienten muliert wurde, desto intensiver ist der ben und sollte Gegenstand weiterer erscheint es angezeigt, mögliche In- Anstieg der Sauerstoffaufnahme“ nahe. Untersuchungen sein. teraktionen des EMS-Trainings mit Allerdings erreicht der Unterschied des Signifikante Änderungen der linksven- derzeit aktuellen Implantaten zur Re- VO2AT-Anstiegs zwischen exEMS und trikulären Diameter konnten im Ge- synchronisation bzw. Defibrillation zu limEMS statistisch keine Signifikanz. gensatz zu Hamprechts Studien nicht untersuchen. Eine lokale Senkung bestimmter Ent- nachgewiesen werden [24]. Unsere zündungsmarker wurde 2003 in einer Daten sind vergleichbar mit den Ergeb- Studie an 10 Patienten beschrieben, bei nissen von Haykowsky et al., die nach Schlussfolgerungen denen nach einem 6-monatigem Ergo- 4 Monaten Ausdauertraining eine sig- metertraining Biopsien des M. vastus nifikante Erhöhung der peakVO2, nicht EMS stellt ein effektives Trainings- lateralis durchgeführt wurden [25]. aber eine Abnahme der linksventriku- konzept für Patienten mit CHF dar. Während die Plasmaspiegel von TNF- lären Volumina nachweisen konnten Es konnten signifikante Erhöhungen alpha, Interleukin-1-beta und Interleu- [22]. der Sauerstoffaufnahme und der links- kin 6 unverändert blieben, sanken sie Die Bedeutung von EMS-Training ventrikulären Ejektionsfraktion nach- Perfusion 03/2013 26. Jahrgang © Verlag PERFUSION GmbH
F. van Buuren, K. P. Mellwig, C. Prinz, T. Kottmann, B. Körber, A. Fründ, L.Faber, N. Bogunovic, J. Dahm, D. Horstkotte, D. Fritzsche: Elektromyostimulation (EMS) verbessert die Leistungsfähigkeit und die linksventrikuläre Funktion bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz 83 S. Electrical muscle stimulation preserves 10 Deley G, Kervio G, Verges B, Hannequin gewiesen werden. Die Auswirkungen the muscle mass of critically ill patients: a A, Petitdant MF, Salmi-Belmihoub S, scheinen bei Patienten, die mit exEMS randomized study. Crit Care 2009;13:161 Grassi B, Casillas JM. Comparison of trainierten, höher zu sein als bei Pati- 3 Piepoli MF, Corrà U, Agostoni PG, Belar- low-frequency electrical myostimulation enten, die nur einem limEMS-Training dinelli R, Cohen-Solal A, Hambrecht R, and conventional aerobic exercise training Vanhees L. Task Force of the Italian Wor- in patients with chronic heart failure. Eur J unterzogen wurden. Die Unterschiede king Group on Cardiac Rehabilitation and Cardiovasc Prev Rehabil 2005;12:226-233 erreichten jedoch statistisch keine Sig- Prevention (Gruppo Italiano di Cardiolo- 11 Dobsák P, Nováková M, Fiser B, Siegelo- nifikanz. gia Riabilitativa e Prevenzione, GICR); vá J, Balcárková P, Spinarová L, Vítovec Vor diesem Hintergrund betrachten wir Working Group on Cardiac Rehabilitation J, Minami N, Nagasaka M, Kohzuki M, and Exercise Physiology of the European Yambe T, Imachi K, Nitta S, Eicher JC, EMS als sinnvoll und hilfreich, um Society of Cardiology. Statement on cardi- Wolf JE. Electrical stimulation of skeletal CHF-Patienten vor einer Progression opulmonary exercise testing in chronic muscles. An alternative to aerobic exercise muskulärer Atrophie zu bewahren und heart failure due to left ventricular dys- training in patients with chronic heart fai- somit den Circulus vitiosus der chro- function: recommendations for perfor- lure? Int Heart J 2006;47:441-453 mance and interpretation Part II: How to 12 Sbruzzi G, Ribeiro RA, Schaan BD, Sig- nischen Herzinsuffizienz zu durchbre- perform cardiopulmonary exercise testing nori LU, Silva AM, Irigoyen MC, Plentz chen. in chronic heart failure. Eur J Cardiovasc RD. Functional electrical stimulation in Sollten die demonstrierten Effekte auf Prev Rehabil 2006;13:300-311 the treatment of patients with chronic 4 Piepoli MF, Corrà U, Agostoni PG, Belar- heart failure: a meta-analysis of rando- die Verbesserung der Herzfunktion in dinelli R, Cohen-Solal A, Hambrecht R, mized controlled trials. Eur J Cardiovasc Langzeitbeobachtungen bestätigt wer- Vanhees L. Task Force of the Italian Wor- Prev Rehabil 2010;17:254-260 den können, so könnte EMS-Training king Group on Cardiac Rehabilitation Pre- 13 Berliner D, Angermann CE, Ertl G, Stoerk zukünftig dazu beitragen, ICD- oder vention; Working Group on Cardiac Reha- S. Biomarkers in heart failure – better than bilitation and Exercise Physiology of the history or echocardiography? Herz BVSM-Implantationen bei Patienten European Society of Cardiology. State- 2009;34:581-588 mit eingeschränkter EF zu verhindern. ment on cardiopulmonary exercise testing 14 Cheitlin, MD, Armstrong, WF, Aurigem- in chronic heart failure due to left ventri- ma, GP, Beller, GA, Bierman, FZ, Davis, cular dysfunction: recommendations for JL, Douglas, PS, Faxon, DP, Gillam, LD, performance and interpretation. Part I: de- Kimball, TR, Kussmaul, WG, Pearlman, Limitationen der Studie finition of cardiopulmonary exercise tes- AS, Philbrick, JT, Rakowski, H, Thys, ting parameters for appropriate use in DM, Antman, EM, Smith, SC, Alpert, JS, Aus methodischen Gründen schlossen chronic heart failure. Eur J Cardiovasc Gregoratos, G, Anderson, JL, Hiratzka, wir alle Patienten mit einem implan- Prev Rehabil 2006;13:150-164 LF, Hunt, SA, Fuster, V, Jacobs, AK, Gib- 5 Piepoli MF, Conraads V, Corrà U, Dick- bons, RJ, Russell, RO; American College tierten Aggregat aus. Dies geschah vor stein K, Francis DP, Jaarsma T, McMurray of Cardiology; American Heart Associati- dem Hintergrund eventueller Interfe- J, Pieske B, Piotrowicz E, Schmid JP, An- on; American Society of Echocardiogra- renzen des EMS-Trainings mit dem ker SD, Solal AC, Filippatos GS, Hoes phy. ACC/AHA/ASE 2003 guideline up- Aggregat. Da viele der CHF-Patienten AW, Gielen S, Giannuzzi P, Ponikowski date for the clinical application of echo- PP. Exercise training in heart failure: from cardiography: summary article: a report of mit besonders stark reduzierter EF theory to practice. A consensus document the American College of Cardiology/Ame- heute einen ICD oder ein BVSM-Im- of the Heart Failure Association and the rican Heart Association Task Force on plantat tragen, erscheint unsere Patien- European Association for Cardiovascular Practice Guidelines (ACC/AHA/ASE tenselektion noch „relativ gesund“ und Prevention and Rehabilitation. Eur J Heart Committee to Update the 1997 Guidelines Fail 2011;13:347-357 for the Clinical Application of Echocardi- Trainingsbeobachtungen an höchstgra- 6 Piepoli MF, Davos C, Francis DP, Coats ography). Circulation 2003;108:1146- dig eingeschränkten Patienten konnten AJ; ExTraMATCH Collaborative. Exer- 1162 nicht durchgeführt werden. cise training meta-analysis of trials in pati- 15 Abernethy, WB, Choo, JK, and Hutter, ents with chronic heart failure (ExTra- AM. Echocardiographic characteristics of Ferner wurden in dieser Studie kei- MATCH). Br Med J 2004;328:189 professional football players. J Am Coll ne Muskelbiopsien durchgeführt. Die 7 Piepoli MF, Flather M, Coats AJ. Over- Cardiol 2003;41:280-284 bioptische Analyse histologischer und view of studies of exercise training in 16 Mezzani A, Agostoni P, Cohen-Solal A, enzymologischer Änderungen der chronic heart failure: the need for a pros- Corrà U, Jegier A, Kouidi E, Mazic S, pective randomized multicentre European Meurin P, Piepoli M, Simon A, Laethem Skelettmuskulatur ist aber von hohem trial. Eur Heart J 1998;19:830-841 CV, Vanhees L. Standards for the use of Interesse, um zukünftig strukturelle 8 Dobsák P, Nováková M, Siegelová J, Fiser cardiopulmonary exercise testing for the Änderungen, immunologische und ent- B, Vítovec J, Nagasaka M, Kohzuki M, functional evaluation of cardiac patients: a zündliche Prozesse besser verstehen zu Yambe T, Nitta S, Eicher JC, Wolf JE, report from the Exercise Physiology Sec- Imachi K. Low-frequency electrical stimu- tion of the European Association for Car- können. lation increases muscle strength and im- diovascular Prevention and Rehabilitation. proves blood supply in patients with chro- Eur J Cardiovasc Prev Rehabil 2009; nic heart failure. Circ J 2006;70:75-82 16:249-267 Literatur 9 Gielen S, Sandri M, Kozarez I, Kratzsch J, 17 Dickstein K, Cohen-Solal A, Filippatos G, Teupser D, Thiery J, Erbs S, Mangner N, McMurray JJ, Ponikowski P, Poole-Wil- 1 Banerjee P, Caulfield B, Crowe L, Clark Lenk K, Hambrecht R, Schuler G, Adams son PA, Strömberg A, van Veldhuisen DJ, A. Prolonged electrical muscle stimulation V. Exercise training attenuates MuRF-1 Atar D, Hoes AW, Keren A, Mebazaa A, exercise improves strength and aerobic ca- Expression in the Skeletal Muscle of Pati- Nieminen M, Priori SG, Swedberg K; pacity in healthy sedentary adults. 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