Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - Katholische Pfarrei Romanshorn
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Ostern Editorial Wie der Holzschneider das Es fällt mir dieses Jahr schwer, mich auf In vierzehn Bildern von Ostern bis Pfingsten Ostern zu freuen. Das Halleluja findet irgendwie keinen Zugang zu meinem Bild: zVg Herzen. Schuld daran sind die Meldun- Seit 2001 ist die Via Lucis als kirchliche burtstag wollte er gen, die mich in diesen Tagen erreichen: Andachtsform anerkannt. Dennoch ken- etwas Neues schaf- von unschuldigen Terroropfern in nen viele Gläubige diese Form des Gebets fen. Etwas, das St. Petersburg, Stockholm und Ägypten; nicht. Ein Bilderzyklus mit vierzehn Holz- auch zur Osterzeit von Menschen, die bei einem Giftgasan- schnitten des Künstlers Peter Rottmeier passt. Einen Kreuz- griff in Syrien auf schreckliche Weise ihr soll das ändern. weg zu illustrieren, Leben lassen müssen – darunter sogar wäre für ihn aber Kinder und Frauen; von Millionen von Es sind kleine Formate und gedämpfte Far- nicht in Frage ge- Menschen, denen in Zentralafrika der ben, die Peter Rottmeier für die Illustratio- kommen. «Die Via Hungertod droht. nen des Lichtwegs gewählt hat. Nicht grös- Crucis ist ein Der Künstler Peter Beim Lesen des Osterevangeliums bleibe ser als ein Blatt Schreibpapier entfalten schwieriges, fast Rottmeier ich an einem Satz hängen. «Fürchtet euch sie ihre Wirkung in der Reduktion von Form erdrückendes nicht!», sagt der Engel zu den beiden Frau- und Farbe. «Das Thema ist nicht schreiend, Thema», meint Rottmeier. Er sei dagegen en, die nicht verstehen, was ihnen gerade es soll fein und zurückhaltend daherkom- eher ein fröhlicher Mensch. geschieht (Mt 28,1-7). Ich muss an all die men.» Kaum zu glauben, dass die subtilen Fragen denken, an denen sich Politiker Farbnuancen, die der Künstler erzeugt, mit Peter Rottmeier fand sein Motiv schliess- und Verantwortliche auf der ganzen Welt Holzplatten geschaffen wurden. Luzide lich im Lichtweg der Salesianer des Don schon lange Zeit die Zähne ausbeissen: Blau- und Violetttöne überwiegen, Grün und Bosco. Eine Ordensgemeinschaft, die im Wie kann erreicht werden, dass möglichst Rot setzen sparsame Farbakzente. Gold 19. Jahrhundert gegründet wurde und sich viele Menschen zu essen und zu trinken und Silber verschaffen den Bildern, eine seither in der Jugendarbeit engagiert. Die haben? Wie können Kriege beendet und ätherische Strahlkraft. Schematische, auf Idee für einen Lichtweg entstand Ende der verhindert werden? Was muss getan wer- das Nötigste reduzierte Figuren lassen der 1980er-Jahre. Seine Stationen beschrei- den, um den Klimawandel zu stoppen? Betrachterin Raum für eigene Gedanken. ben analog zum Kreuzweg den Lichtweg «Fürchtet euch nicht!» – Es kommen mir Es sind Bilder, die inspirieren, eines führt von Ostern bis Pfingsten. Der Weg kann als die Ergebnisse einer neuen Studie in den zum nächsten, keines tanzt aus der Reihe. Ergänzung und Fortsetzung der Via Crucis Sinn, für die rund eine Million junge Men- verstanden und gebetet werden. Be- schen in Europa befragt wurden: 82 Pro- Eine Herausforderung sonders junge Christen fühlen sich von die- zent (!) der «Generation what» hat kein Für Peter Rottmeier war die Schaffung des ser Andachtsform angesprochen. So wurde Vertrauen mehr in die Politik, was wohl Zyklus Via Lucis eine Herausforderung. der Lichtweg beispielsweise im Jahre 2000 damit zusammenhängt, dass sie eine Denn die unterschiedlichen Motive der vier- an den 15. Weltjugendtage in Rom von jun- wachsende soziale Ungerechtigkeit wahr- zehn Bilder sollten eine Einheit bilden, «sie gen Menschen aus aller Welt gefeiert. Hier nimmt. Dennoch sind 55 Prozent aller Be- müssen gleichsam eine gemeinsame Bild- sieht Peter Rottmeier denn auch einen Zu- fragten gegenüber der Zukunft eher opti- sprache sprechen», sagt der Holzschnei- sammenhang zu seinem Leben. «Ostern ist Titelbild: Peter Rottmeier: Ich habe den Herrn gesehen, Holzschnitt, 2012. © Peter Rottmeier mistisch gestimmt. Die überwiegende der. Eine Herausforderung, die der Künstler Befreiung, Auferstehung und Mysterium: Mehrheit – in der Schweiz 85 Prozent – bewusst gesucht hat. Für eine Ausstellung Das kann ich in meinem Bildern auffan- gibt an, auch ohne Glauben an Gott im Kloster Fischingen zu seinem 70. Ge- gen», sagt der Künstler. Er selber war 35 glücklich werden zu können. Wo steuert Jahre lang Lehrer und fühlt sich der Jugend unsere Welt hin? verpflichtet. «Ihr möchte ich einen Weg der «Fürchtet euch nicht!» Das ruft der Engel Freude und der Hoffnung aufzeigen.» auch uns zu, die wir versuchen, unseren Inhalt Beitrag zum Fortbestand und Gelingen Dass der Holzschneider die Herausforde- dieser Welt zu leisten. Er möchte uns Mut Ökumene 4 rung, die er suchte, auch gemeistert hat, machen, dabei auf eine Kraft zu ver - Mehr als eine diplomatische Geste erklärt er sich so: «Wenn ich arbeite, flie- trauen, die grösser ist als alle Dekrete, Stimmen zum ökumenischen Gedenkanlass gen mir oft Gedanken und Ideen zu, die ich Aktienfonds oder Waffen. Eine sanfte nur noch umsetzen muss.» Doch nicht alle Kraft, die unscheinbar daherkommt, die Bruder Klaus 7 Motive gehen dem Künstler gleichermas- sich aber unaufhaltsam entfaltet. Der Frau und Familie verlassen sen von der Hand. Die Gestaltung des Bil- Mensch und Mystiker seiner Zeit (3) Engel möchte uns die Augen dafür öffnen, des «Geistsendung» sei ihm schwer gefal- dass einer der grössten Liebenden durch len. «Die Aussage ist wohl richtig, aber es Kirche ohne Grenzen – Polnisch 10 Verschwörung und Gewalt hindurch zum «Gut wie das Brot sein» überzeugt mich nicht ganz», gibt er zu. «Ich Leben gefunden hat. In diesem Sinn Das Leben vom heiligen Bruder Albert bin ein gläubiger Mensch, aber ich habe wünsche ich Ihnen ein frohes Osterfest! auch viele Fragezeichen.» Dennoch wolle er Kurse · Tagungen 14 sich als Künstler auch Themen stellen, die er nicht ganz erklären kann. Das könne er Gottesdienste an den Wochenenden 15 am besten, indem er seine Bilder sprechen lasse. «Sie sprechen eine Sprache, die Kalenderblatt · Zum Schluss 16 andere verstehen.» Die Botschaften, die 2 forumKirche | 8-2017
Ostern Licht sieht News ■ Imam-Ausbildung in Paris geplant Frankreich will im September 2018 ein neues Institut für die Ausbildung von Bild: Peter Rottmeier Imamen eröffnen. Die Vereinigung der Moscheen Frankreichs (UMF) habe dem Plan zugestimmt, wird berichtet. Der Kampf gegen die Radikalisierung von Jugendlichen hänge von der Fähigkeit Frankreichs ab, religiöse Persönlichkeiten auszubilden, betonte UMF. Die Ausbildung soll in Evry südlich von Paris stattfinden. Mangelnder Kinderschutz in Orden Die irische Kommission zum Schutz von Kindern in der katholischen Kirche hat in einem aktuellen Bericht drei Ordensge- meinschaften für deren Umgang mit Miss- brauchsvorwürfen kritisiert. Die Kommis- sion vermisst beim Orden der Brüder der christlichen Schulen, der Prämonstraten- ser und der Nazarethschwestern eine Umsetzung der 2009 festgeschriebenen Kinderschutzmassnahmen. Für Debatte über verheiratete Priester Der emeritierte deutsche Kurienkardinal Walter Kasper pocht auf eine offene Dis- kussion über verheiratete Priester in der katholischen Kirche. Konkret geht es ihm nicht um die Abschaffung des Zölibats, sondern um die Möglichkeit, sogenannte «viri probati» zu Priestern zu weihen, also in Ehe und Beruf erfahrene Männer. «Wir können so, wie es jetzt ist, nicht weiter- machen», sagte Kasper. Papst entlässt Vatikan-Mitarbeiter Ein ranghoher Schweizer Angestellter im Peter Rottmaier: Die Auferstehung Jesu, Holzschnitt 2012 Vatikan soll laut Medienberichten auf per- sönliche Intervention von Papst Franziskus hin entlassen worden sein. Es handle sich sie vermitteln ergeben sich aus den vier- führt. Zudem arbeitet der Künstler mit Scha- um Eugene Hasler, Sekretär von Bischof zehn Stationen des Lichtwegs. Dazu blonen. So trägt er die Farben Gold und Sil- Fernando Vergez Alzaga, dem zweiten gehören unter anderen «Die Auferstehung ber mit Hilfe einer Schablone und eines Mann im Governatorat des Vatikanstaats. Jesu», «Auf dem Weg nach Emmaus», Stupfpinsels auf jedes einzelne Bild auf. Motiv für das ungewöhnliche päpstliche «Im Abendmahlssaal», «Himmelfahrt» oder «Das geht nur, weil ich kleine Auflagen ma- Eingreifen sollen interne Spannungen «Die Geistsendung». che», sagt er. Bei der Via Lucis sind es zehn gewesen sein. Stück. Ein vollständiger Zyklus ist noch im Alte Technik Besitz des Künstlers. Einer ist ganzjährig – Kluft zwischen Arm und Reich Peter Rottmeiers künstlerisches Medium ist ausser in der Passionszeit – in der katholi- Papst Franziskus beklagt eine «dramati- der Holzschnitt. Zu dieser Technik fand der schen Kirche in Geroldswil (ZH) ausgestellt. sche Kluft zwischen denen, die zu viel, gelernte Schriftsetzer und spätere Real- Ein weiterer befindet sich im Kloster Bene- und denen, die nichts haben». Es müsse schullehrer über seine Liebe zum Holz. «Es diktbeuren (D). Zudem besteht die Möglich- gerechtere Formen der Teilhabe geben, ist eine ganz alte Technik», so Rottmeier. keit, die Bilderreihe beim Künstler auszulei- forderte er auf einem Kongress zu der vor Der Holzschnitt erlebte um 1500 mit der hen oder in Buchform zu beziehen. «Ich 50 Jahren erschienenen Sozial-Enzyklika Erfindung des Buchdrucks eine Hochblüte. freue mich», so Peter Rottmeier, «wenn ich «Populorum progressio». Nur eine Integra- Damals dienten die prägnanten Schwarz- mit meinen Holzschnitten mithelfen darf, tion zwischen armen und reichen Gesell- Weiss-Bilder zur Illustration von Büchern. die Via Lucis in die Welt hinauszutragen. schaften ermögliche «eine Zukunft des Peter Rottmeier dagegen erzeugt im Zyklus Friedens und der Hoffnung», so der Papst. Via Lucis feine Farbabstufungen. Das ge- Sibylle Zambon-Akeret lingt, weil er unterschiedliche Druckstöcke kath.ch/Red. verwendet und mehrere Arbeitsgänge aus- ■ Weitere Infos: www.pero.ch forumKirche | 8-2017 3
Ökumene Mehr als eine diplomatische Geste Stimmen zum ökumenischen Gedenkanlass in Zug Bild: Sibylle Kathriner lichen Kommission Justitia et Pax, Thomas Wallimann-Sasaki, war vom Gedenkanlass «intellektuell und persönlich angesprochen», wie er auf Anfrage sagte. In Zug sei eine Gemeinschaft aus Persönlichkeiten beider Konfessionen und dank vieler Angebote auch eine «Chilbistimmung» entstanden. Dass das Zeichen der Versöhnung am Schluss kam, empfand er als «sehr gelun- gen». «Ein Gottesdienst kann ja erst leben- dig werden, wenn Gemeinschaft da ist», ist er überzeugt. Auch das gemeinsame Teilen des Brotes sei sehr gut umgesetzt gewesen. Zeichen gesetzt Als problematisch empfand Wallimann, dass die Ökumene ausschliesslich aufs Liturgische ausgerichtet war. Gerade in die- sem Bereich werde man wohl auf höheren Ebenen zuletzt zueinander finden, sagte er. Und er meinte: «Das Zeichen ist gesetzt. Eine Umarmung als Zeichen der Versöhnung: Gottfried Locher (links) und Bischof Felix Gmür Jetzt muss man gemeinsam Nägel mit Köpfen machen.» Was für ihn heisst: Soziale, diakonische und politische The- Der ökumenische Gedenkanlass zur Refor- Ausdruck gebracht, die im Dialog der bei- men müssen auf den Tisch. mation und zu Niklaus von Flüe am 1. April den Konfessionen seit Jahren spürbar sei. Auch für Michel Müller, den Kirchenrats- in Zug kam gut an bei den Beteiligten und Zum gesamten Gedenkanlass meinte er: präsidenten der reformierten Kirche Kanton Besuchern. Dies zeigt eine Umfrage von «Die Dynamik, die im Motto ‹Gemeinsam Zürich, ist die Sache mit der ökumenischen kath.ch bei Exponenten der katholischen zur Mitte› steckt, hat sich entfaltet.» Die Geste am Gedenktag nicht abgeschlossen. und reformierten Kirche, darunter Gottfried Begegnungen, Gespräche, Vorträge und die «Das ökumenische Zeichen hat etwas vor- Locher und Bischof Felix Gmür. Feier des ökumenischen Gottesdienstes weggenommen, was noch nicht eingelöst als Höhepunkt hätten ihn bestärkt, den ist und noch nicht von allen Beteiligten Die beiden Jubiläen zur Reformation und zu gemeinsamen Weg weiterzugehen. beider Konfessionen getragen wird», sagte Niklaus von Flüe hätten «einander berei- «Diese wichtigen Gesten und Bekenntnisse er auf Anfrage. «Alle am Gedenken Anwe- chert» und die Kirchen über Konfessions- von Gottfried Locher und Bischof Felix ha- senden haben nun die Aufgabe, innerlich grenzen hinweg zusammengeführt, meinte ben das Gedenken zu einer Feier werden diesem Akt zu folgen.» Gottfried Locher, Präsident des Schweize- lassen», sagte Luc Humbel, der als Präsi- rischen Evangelischen Kirchenbunds: dent der Römisch-katholischen Zentralkon- Vor der Versöhnung das Schuldbekenntnis «‹Zug› könnte zum Meilenstein der Schwei- ferenz zu Gast war. «Dieses Engagement Der Versöhnungsgeste und Entschuldigung zer Ökumene werden.» und die damit zum Ausdruck gebrachte von Locher und Gmür voran ging ein Gottfried Locher und der Basler Bischof Haltung haben mich tief berührt.» Schuldbekenntnis. «Wir bekennen, dass Felix Gmür leiteten den ökumenischen Got- wir einander Gewalt angetan haben und tesdienst am Nachmittag, bei dem es zu Versöhnung auch zwischen Menschen gegeneinander gar in den Krieg gezogen einer wohl historischen Entschuldigung der «Vielen Gottesdienstteilnehmenden ist die sind – in die Kappelerkriege, in die Konfessionen kam. Zu jenem Moment sag- Entschuldigung unter die Haut gegangen», Schlacht am Gubel, in die Villmergenkrie- te Locher im Nachhinein: «Was mir Bischof fand auch Sabine Brändlin, die bei der re- ge», heisst es da. Und weiter: «Dass wir Felix gesagt hat, war echt. Offenbar ging es formierten Kirche Kanton Aargau die Fach- einander als Ketzer verfolgt, aus den Dör- ihm bei meinen Worten auch so. Nur des- stelle «Frauen, Männer, Gender» leitet. Die fern vertrieben, ausgehungert, eingekerkert halb konnten wir einander umarmen.» Das Leute wüssten aus ihrer eigenen Familie, oder lebendigen Leibs verbrannt haben.» habe ihn gerührt, wie offenbar auch viele wie schwierig das Miteinander der beiden In einem Referat am Vormittag hob der Anwesende. Konfessionen lange Zeit war. «Am Samstag Historiker Josef Lang hervor, dass Niklaus ist es zu einem wichtigen Schritt der Ver- von Flüe «als Vorläufer des Protestan- Bestärkt auf dem gemeinsamen Weg söhnung gekommen – nicht nur zwischen tismus» betrachtet werden könne, sagte Die gegenseitige Bitte um Entschuldigung Institutionen, sondern auch zwischen Lang. Er habe einen Übergang vom Huma- und Umarmung waren «mehr als eine diplo- Menschen.» nismus seiner Zeit zur Reformation gebildet. matische Geste», sagte Bischof Felix Gmür Der Leiter des Instituts für Sozialethik auf Anfrage. Sie hätten eine Haltung zum ethik22 und Interimspräsident der bischöf- Regula Pfeifer/Red. 4 forumKirche | 8-2017
Aus dem Bistum «Sexuelle Übergriffe sind Ausnahmen» Weiterbildung zum Thema «Nähe und Distanz in der Pastoral» Mit einem obligatorischen Präventions- kursen darauf hin, dass die Seelsorgenden kommission zu sexuellen Übergriffen in der kurs für alle Seelsorgenden will das im persönlichen Verhalten ein Bewusstsein Pastoral. Als Seelsorger bewege man sich Bistum Basel sexuellen Übergriffen vor- für mögliche Abhängigkeiten und für eine auf einem schmalen Grat, so Kurt Grüter. beugen. Im März fanden entsprechende entsprechend angemessene Form von Dem aktuellen Weiterbildungskurs attes- Kurse im Aargau statt. Horizonte hat mit Nähe und Distanz entwickeln», so Rita tiert er einen guten Zugang zur Thematik. der Kursreferentin Rita Wismann-Baratto Wismann-Baratto, die seit drei Jahren als Vergleiche man die Beispiele, die im aktuel- sowie mit Teilnehmenden gesprochen. Ansprechperson Mitglied im Fachgremium len Kurs zur Diskussion gestellt würden, gegen sexuelle Übergriffe im Bistum Basel mit dem, womit er und seine Kommissions- Es sind nicht die eindeutigen Situationen, ist. «Eine Seelsorge-Beziehung darf nie in mitglieder seinerzeit konfrontiert gewesen die im Kurs «Nähe und Distanz in der Pas- eine private Beziehung uminterpretiert wer- seien, so sei das ziemlich kongruent und toral» zu reden geben, sondern der «Grau- den», stellt sie klar. «Es darf nie darum ge- nahe an der Realität. «Oft geht es ja nicht bereich». Entsprechend gross ist auch die hen, dass im Kontakt zum Gegenüber eige- direkt um konkrete sexuelle Übergriffe, son- Verunsicherung bei verschiedenen Teilneh- ne Bedürfnisse eine Rolle spielen.» Das sei dern um lapidare Bemerkungen oder unre- merinnen und Teilnehmern. «Was ist zu umso wichtiger, als in der Beziehung zur flektiertes Verhalten, das zu Gerüchten und viel? Was darf ich noch tun?» Solche Fra- hilfesuchenden Person ja per se schon ein heiklen Situationen führt.» gen wurden im Kurs verschiedentlich ge- Gefälle besteht, das für Abhängigkeiten In den aktuellen Kursen gehe es darum, äussert, erinnert sich Veronika Werder aus anfällig sei. Sexuelle oder freundschaftli- die Leute für das Thema zu sensibilisieren, Windisch. «Heutzutage ist in unserer Kultur che Beziehungen, die sich im Rahmen erklärt Rita Wismann-Baratto. «Wir klären, einiges bereits zu viel, das zurzeit von kirchlicher Seelsorgetätigkeit anbahnen, wo Abhängigkeitsverhältnisse beginnen, Jesus unproblematisch war oder in ande- sind ein absolutes No-Go. Für kirchliche was Formen der sexuellen Belästigung ren Kulturen kein Problem darstellen wür- Mitarbeitende gelten gleich strenge Mass- sind. Mein Ziel ist es, den Seelsorgenden de. Gewisse Menschen erleben Handaufle- stäbe wie für Therapeuten oder Ärzte, Sicherheit in diesem Thema zu geben. Sie gen als wohltuend, für andere ist es ein bestätigt Rita Wismann-Baratto. sollen eine Bewusstseinsstärkung im Zu- Übergriff.» Es gelte daher, das richtige sammenhang mit dem eigenen Verhalten «Gspür» zu entwickeln, so Veronika Werder. «Das Thema ist sehr aufgeladen» erfahren, aber auch wissen, wie sie sich Dass die Situation gerade in der Seelsorge bei problematischen Situationen in der 223 Fälle in sechs Jahren schnell einmal heikel werden kann, weiss Gemeinde zu verhalten haben.» Genau jene «Grauzonen» sichtbar zu ma- auch Kurt Grüter. Der Leiter des Pastoral- chen, ist für Rita Wismann-Baratto sehr raumes «Unteres Freiamt» war unter Bi- Andreas C. Müller, wichtig. «Sexuelle Übergriffe sind Gott sei schof Kurt Koch Mitglied einer Experten- Aargauer Pfarrblatt Horizonte/Red. Dank Ausnahmen. Umso wichtiger ist es, Bild: Roger Wehrli sich mit dem Thema ‹Nähe und Distanz› zu befassen, um sich bewusst zu machen, wo Grenzverletzungen entstehen können», so die Gemeindeleiterin aus Suhr. Der Besuch eines solchen Kurses ist für Priester und Diakone, aber auch für Laientheologinnen, bzw. Laientheologen sowie Katechetinnen und Katecheten, die mit einer Missio canonica beauftragt sind, obligatorisch. Ein Blick in die Statistiken der Schweizeri- schen Bischofskonferenz zeigt: Von den 223 Fällen, die im Zeitraum von 2010 bis 2015 für die ganze Schweiz gemeldet wor- den waren, ereignete sich der grösste Teil in den Jahren von 1950 bis 1990. Für den Zei- traum von 2000 bis 2015 verzeichnet die Statistik der Schweizer Bischöfe allerdings wieder mehr gemeldete Übergriffe. 55 Fälle waren sexuell gefärbte Äusserungen und Gesten, alle weiteren Vorfälle erfüllten den Tatbestand von schwereren Vergehen. Massstäbe wie für Ärzte und Therapeuten «Für alle Formen sexueller Übergriffe gilt im Bistum die Nulltoleranz-Politik. Entspre- chend arbeiten wir in den Weiterbildungs- Rita Wismann-Baratto möchte Seelsorgende für das Thema «Nähe und Distanz» sensibilisieren. forumKirche | 8-2017 5
Kino «Ich habe muslimische Gebete gelernt» Ein Film über eine junge IS-Sympathisantin Bild: © Agora/Filmcoopi Noémie Merlant spielt eine 17-Jährige, die heimlich zum Islam übertritt und sich radikalisiert. Über junge Männer, die für den Krieg in waren sie auf der Suche nach dem Sinn in Gehirnwäsche. Ist das eine Hauptbotschaft Syrien rekrutiert werden, gibt es viele ihrem Leben. des Films? News-Beiträge und Videos. Nun themati- Viele dieser Mädchen wissen überhaupt siert der französische Film «Der Himmel Welche Motivation gibt es bei jungen nichts vom Islam. Viele lernen Gebete, die wird warten» die Rolle von jungen, west- Frauen in Frankreich, sich für den IS zu en- sie nicht verstehen. Sie tun einfach, was ih- lichen Frauen in diesem Konflikt. kath.ch gagieren? nen aufgetragen wird. Sie sind in dieser re- hat mit der katholischen Schauspielerin Es gibt einen spirituellen oder religiösen ligiösen Welt gefangen. Es gibt darüber hin- Noémie Merlant über ihre Erfahrungen in Anteil. Einige Mädchen kommen aus einer aus auch viele, die sich verlieben. Der der Rolle einer muslimischen Konvertitin muslimischen Kultur, haben aber ihre kon- IS-Mann wird zu einer Art «Prinz». Das führt gesprochen. Der Film läuft seit Anfang krete religiöse Praxis verloren. Andere sind zu Träumereien. Bei anderen gibt es eine April in den Schweizer Kinos. nicht-praktizierende Katholikinnen, Jüdin- spirituelle Suche, ein Forschen nach Gott nen und Atheistinnen. Ihnen fehlen Antwor- und einem reinen Leben, das in vollständi- Welche Herausforderung war es für Sie, die ten nach dem Sinn des Lebens und des To- gem Gegensatz zu unserer modernen Ge- Rolle von Sonia zu spielen? des. Das ängstigt sie. Die Welt bewegt sich sellschaft steht. Das ist natürlich über- Die Dreharbeiten begannen im November zudem in grosser Geschwindigkeit: Es han- haupt nicht das, was sie in Syrien im Krieg 2015, genau drei Tage nach dem Attentat delt sich um ein ständiges «Zapping», mit finden. in Paris. Ich kannte die Rolle aus dem der Jagd nach Anerkennung und Reichtum. Drehbuch und war mir bewusst, dass es ei- Da stellen sich viele junge Frauen in der Haben Sie für die Rolle von Sonia musli- ne komplexe Figur ist. Es geht um eine Ak- Schule die Frage, wozu dies alles gut ist. mische Gebete und Rituale gelernt? tualität, die nicht einfach zu verstehen ist. Ja, aber nicht nur für die Rolle, sondern Man spricht darüber in den Medien, aber Wie kann es geschehen, dass sich junge auch für mich selbst. Ich wollte auch einen es gibt keine emotionale Annäherungs- Frauen aus der offenen Gesellschaft Imam treffen, der nicht diesen fundamenta- weise an diese Mädchen, die für den IS westlichen Stils zurückziehen und zu einer listischen Ansatz des Islam vertritt. Ich ha- rekrutiert werden. Mit einer guten Distanz strengen Religiosität konvertieren? be mir auch viel dokumentarisches Materi- wird es möglich, den Dialog in den Mittel- Man sieht in den Propaganda-Videos Frage- al angeschaut. punkt zu stellen, die Sinnfragen und die stellungen, die sich auf wahre Probleme Bedeutung dieser Ereignisse für die Gesell- beziehen. Durch soziale Netzwerke werden Welche Beziehung haben Sie zum Islam schaft. diese Videos verbreitet und verstärken die nach diesem Film? Ängste der jungen Frauen. IS-Leute nutzen Ich kannte den Islam vorher gar nicht. Was War das Drehbuch festgelegt, oder konnten die Gelegenheit und bauen Beziehungen zu man am Fernseher sieht und hört, führt Sie selber Aspekte und Themen in die Rolle ihren Opfern auf. Sie verdrehen ihnen den vielfach zu einer Konfusion. Ich selber bin einbringen? Kopf. Dies führt zu einer zunehmenden Ab- Katholikin und meine, dass es nicht sein Es gab Improvisationen. Die Person, die ich hängigkeit. Die Gruppe ersetzt das Individu- kann, die terroristischen Akte mit dem spiele, habe ich durch viele Gespräche mit um. Mit hunderten von Botschaften pro Tag Islam zu vermischen. Das führt nur zur betroffenen jungen Frauen und ihren Fami- wird so eine eigene soziale Welt aufgebaut. Verletzung von praktizierenden Muslimen. lien erarbeitet. Es gibt ein gesellschaftli- Herz und Kopf dieser Mädchen werden An der Basis sind christliche und islami- ches Unbehagen gegenüber dem Konsum, durch diese Propaganda manipuliert. sche Ansichten vergleichbar. Sie beziehen gleichzeitig das Bedürfnis nach einer rei- sich auf Werte wie Frieden und Toleranz. nen Liebe. Es gab Frauen, die mir von ihrer Es gibt im Film die Unterscheidung Spiritualität erzählt haben; in Wirklichkeit zwischen freier Gewissensentscheidung und Charles Martig/Red. 6 forumKirche | 8-2017
Bruder Klaus Frau und Familie verlassen Niklaus von Flüe – Mensch und Mystiker seiner Zeit (3) Bild: Louis Brem, Luzern Was stritten sich doch die Theologen und gen waren gefragt. Warum sollte sich Geschichtsschreiber in seiner Zeit. Darf Dorothea nicht dazu entschieden haben, Niklaus seine Familie und seine Kinder zum Wohle der Familie und deren Fortbe- einfach verlassen? standes, Niklaus zu unterstützen, dass sein Wegzug möglich wurde? Oder gar Selten gab es so etwas ja nicht. War es noch mehr, vielleicht war es ja auch not- doch so, dass viele Männer auf Wallfahr- wendig, dass er ging? Nichts mehr als die ten gingen, um das Heil zu suchen, viel- Ordnung stand auf dem Spiel. Mit dem leicht auch um aus den Umständen aus- Abschied war sie wieder da. Die Ordnung. zubrechen. Aber nichtsdestotrotz, einfach Und so stellt der Abschied im ersten nicht zu gehen, und alles zurückzulassen – war einfach eine Abwendung von der Familie dies ein akzeptabler Weg? dar, sondern eine Perspektive für die Zukunft. Er selbst sah seine in der Hin- Schwer zu verstehen wendung zu Gott. Petrus Numagen von Trier wollte es bewei- sen, dass es juristisch rechtens war. In Heiligmässige Frau scholastischer Manier überzeugte er 1483 Dorothea war wohl eine anständige, starke seine Nachwelt. Ja, um ein gotterfülltes Frau. Und nicht selten gingen die Besucher Leben zu führen darf man sie verlassen – zuerst zu ihr, bevor der steile Weg in die die Frau. Heinrich Wölfin, erster offizieller nahe gelegene Klause unter die Füsse ge- Biograf, der im Auftrag des Standes Obwal- nommen wurde. «Eyne suberliche junge den die Lebensgeschichte des Heiligen im Frawe» mit einem «suberlich angesichte Ranft 1501 aufschrieb, machte es schon und eyn glat vel» sei sie gewesen, so be- sensibler. Eine intakte Beziehung sei es richten die Quellen. Sprache ändert sich, gewesen, die Ehe zwischen Klaus und aber Schönheit bleibt wohl. Dorothea, und die Trennung fand unter dem Einverständnis seiner Gattin statt. Ein In der Wirkungsgeschichte wurde Dorothea einvernehmlicher Entscheid sei es gewe- selbst zu einer heiligmässigen Frau. Ja, sie sen. Trotzdem, die Nachwelt, gerade jene war und ist selbst als Heilige zu sehen. des 21. Jahrhunderts, bekundete trotzdem Gedanken, die Papst Johannes Paul II. bei Mühe. Die Mühe ist zu verstehen, wenn seinem Besuch im Ranft 1984 auch man das bürgerliche Familienideal des aufnahm. 19. Jahrhunderts zur Folie nimmt. Aber die Sache lässt sich nicht so einfach sehen. Gefragter Berater Niklaus von Flüe wurde zum Ratgeber sei- Niklaus von Flüe, so moderne Interpreten, ner Zeit. Menschen gingen zu ihm, baten lebte in einer ganz anderen Zeit. Die Fami- um Rat. 1467, nach irrigen Wegen bis nach lie war nicht per se – nur – eine Liebes- Liestal, fand er wieder zurück. Zuerst im gemeinschaft, vielmehr eine auch von wirt- Stall versteckt, im Wald herumirrend, lebte schaftlichen Interessen geprägte. Und der er fortan in einer eigens für ihn gebauten Vater hatte seine Rolle zu spielen. Er war Klause. Weit herum wurde bekannt, dass Oberhaupt der Familie, Garant dafür, dass hier ein Mann lebte, den man um Rat fra- das System «Familie» funktionierte. gen konnte. Von Abgeschiedenheit also kei- ne Spur, durchaus reges Kommen und Ge- Ausweg aus einer Krise hen. Alltag in der Einsamkeit sieht anders Und dann dies: Die Krise des Niklaus. Er aus. Und dann noch mehr: Niklaus, Bruder war zeitweise – vielleicht gar sehr lange – Klaus, wurde ungewollt in theologische nicht mehr ansprechbar. Er versank in tiefe Debatten verstrickt, deshalb auch die Bitte Depressionen, in heutigen Bildern ausge- von den Standesherren, man möge ihn drückt. Er schwieg am oberen Ende des doch schützen und schauen, dass nicht Tisches, seine Rolle spielte er nicht mehr. jeder Dahergelaufene – sei er nun gescheit Unerträglich für ein System, wenn jener, oder dumm – ihn belästige. der es repräsentiert und am Laufen hält, Dorothea von Flüe mit drei ihrer Kinder vor der nichts mehr tut. Ökonomisch gesichert – Guido Estermann Villa Foresta, Mendrisio – Skulptur von Rolf der älteste Sohn war ja bereits 20 Jahre –, Brem (Meggen, 1926–2014) musste das System wieder in die Ordnung gebracht werden. Einvernehmliche Lösun- forumKirche | 8-2017 7
Kirche Schweiz · Diverses Bild: © Zentrum Ranft Dachverband gegründet Schweizer Hindus treten mit vereinter Stimme auf In der Schweiz gibt es 50’000 Hindus. Bis vor Kurzem hatten sie noch keine gemeinsame Stimme. Am 2. April haben sich jedoch verschiedene Vereine zusammengeschlossen und den Schweizeri- schen Dachverband für Hinduismus gegründet. Mit dem Schweizerischen Dachverband für Hinduismus haben die verschiedenen Gruppen und Gemeinschaften «einen gerechten, offiziellen Platz in der multireligiösen Schweiz» – und damit «end- lich eine gemeinsame Stimme» erhalten, heisst es in der Medien- Das Dorothea-Haus in Flüeli-Ranft mitteilung des neuen Dachverbands. Dieser soll die Zusammenarbeit unter den verschiedenen Hindu- Neues spirituelles Zentrum Gemeinschaften stärken, wie Vorstandsmitglied Krishna Premarũpa Dasa gegenüber kath.ch sagte. «Wir wünschen uns Dorothea-Haus mit neuer Ausrichtung aber auch, dass wir den Hinduismus somit in der Öffentlichkeit sichtbarer machen können.» Der interreligiöse Dialog könne nur In Flüeli-Ranft soll unter dem Namen «Zentrum Ranft» ein stattfinden, wenn diese Religion «für Aussenstehende verständ- spirituelles Bildungshaus entstehen. Eine neue Trägerschaft hat licher und zugänglicher wird», so Premarũpa Dasa weiter. Dazu dazu das Dorothea-Haus erworben, wie einer Mitteilung des werde der Dachverband in Zukunft Veranstaltungen organisieren, Vereins Zentrum Ranft zu entnehmen ist. eine Website aufschalten und auch Publikationen veröffentlichen. «Flüeli braucht ein spirituelles Haus», sagt Ursula Bründler Stadler, Gründung war nicht einfach Präsidentin des neuen Vereins Zentrum Ranft, gegenüber kath.ch. Von den 50’000 Schweizer Hindus seien jedoch noch nicht alle un- Sie umschreibt das geplante Angebot mit den Worten «Stille, ter einem Dach. Das Bedürfnis nach einer gemeinsamen Stimme Spiritualität und Solidarität». habe zwar schon lange bestanden, so das Vorstandsmitglied. Doch der Kontakt unter den Vereinen war eher dürftig. Denn der Hinduis- Angebote für Jugendliche und Langzeitgäste mus in der Schweiz ist laut Premarūpa Dasa vielfältig. Es gibt Nebst den Kontemplationskursen, die auch bisher im Via Cordis- tamilische Hindus aus Sri Lanka, oder aus Indien, Nepal oder Haus St. Dorothea (so der bisherige Name) stattfanden, will der Hindus mit Schweizer Wurzeln. «Erst als wir gemerkt haben, dass Verein drei neue Schwerpunkte setzen: Den Aufbau einer betreuten mehrere Vereine und Vertreter ein gemeinsames Ziel hatten, Wohngruppe für Jugendliche über 16 Jahren, die auch den Garten entstand der Kontakt untereinander», sagt Premarūpa Dasa. bewirtschaften soll, ein Angebot für Langzeitgäste, das eine «kur- hausmässige Betreuung» mit therapeutischer Begleitung beinhal- Erst ein Anfang tet, sowie den Aufbau einer spirituellen Lebensgemeinschaft vor Bei der Gründung am 2. April seien rund 60 Privatpersonen und Ort, erklärt Bründler. Das Angebot soll laut Mitteilung auf Einzel- etwa ein Dutzend Vereine und Tempel in Winterthur anwesend und Langzeitgäste sowie auf Menschen aus der Umgebung aus- gewesen, so Premarūpa Dasa. Darunter ein paar tamilische Tem- gerichtet sein, mit einer «vegan-vegetarischen Gastronomie». pel aus dem Raum Zürich, wie Adliswil, Glattbrugg und Dürnten, so Mit den drei genannten Werten soll das Vermächtnis von Niklaus wie aus St. Margrethen und Chur. Hinduistische Vereine wie die von Flüe, Bescheidenheit und Friedensvermittlung, zum Ausdruck Ramakrishna Mission in Genf, Omkarananda Ashrama aus Winter- kommen. Die soziale Verantwortung werde durch ein «einfaches, thur und die Krishna Gemeinschaft Schweiz in Zürich sowie Nepale- gutes, aber bewusst bescheidenes Angebot realisiert, gerade auch sische Hinduisten waren ebenso vertreten. Mit weiteren Tempeln für Leute mit beschränktem Budget», heisst es in der Mitteilung. aus Trimbach, Basel und Bern und anderen stehe der Dachverband schon in Kontakt. Diese müssten die Mitgliedschaft jedoch unter kath.ch/Red. sich noch besprechen. «Wir stehen also noch am Anfang, sind jedoch optimistisch», meint das Vorstandsmitglied. Ein wichtiger Schritt sei mit der Gründung jedoch gemacht, ist er sich sicher. Filme zu «Laudato si» kath.ch/Red. 2015 veröffentlichte Papst Franziskus seine Enzyklika «Laudato si». Darin ruft er zu einem besonnenen und gerechten Umgang mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen und der Umwelt auf. Die Mediendienststelle der Erzdiözese München und Freising hat nun eine Liste von Filmen veröffentlicht, die die Themen der Enzy- klika aufgreifen. Die Filme eignen sich zum Einsatz in der Kateche- se und Erwachsenenbildung. Die Filmempfehlungen können unter www.bit.ly/2jEL35v eingesehen und heruntergeladen werden. Besuchen Sie uns auf www.forumkirche.ch Red. 8 forumKirche | 8-2017
Kinder fragen … Zeichnung: Furkan, 11 Jahre Die 4b-Klasse der Volksschule Hasenfeld in Lustenau, Vorarlberg, hat bereits Erfahrung im Philosophieren. Seit November letzten Jahres setzen sie sich regelmässig im Kreis zusammen, um gemeinsam über ihre Fragen nachzudenken. Heute haben sich die 19 Kinder im Alter von 9 bis 12 Jahren für Amelys Frage entschieden: Warum machen die Menschen die Welt kaputt? Ich eröffne das Gespräch, indem ich darauf hinweise, Auch vom Palmöl haben die Kinder schon gehört, für dass sich in dieser Frage eine Annahme versteckt. das Regenwald abgeholzt wird und das sich in vielen Die Kinder stellen jedoch klar, dass die Aussage «Die Produkten befindet, leider auch in Nutella. Es drängt Menschen machen die Welt kaputt» stimme und somit sich die Erkenntnis auf, dass, obwohl wir es nicht keine Annahme, sondern eine Tatsache sei. Dies wollen, auch wir die Welt kaputt machen, indem wir belegen sie mit einigen Beispielen: diese Produkte essen. «Die Abgase der Menschen verschmutzen die Umwelt.» Plötzlich kommt den Kindern der Biber in den Sinn. «Die Menschen wollen die Erde für sich selbst haben Der fällt auch Bäume und zwar viele in kürzester Zeit, und fällen Bäume.» wie sie selbst an einer Wasserstelle in der Nähe Darauf eingehend meint ein Junge, die Menschen ma- beobachten können. Dennoch, der Biber macht die chen Krieg und zerstören dabei viele Bäume. Erst durch Welt nicht kaputt. «Warum?», frage ich nach. «Weil er erstauntes Nachfragen ergänzt er: «Und Menschen.» die Bäume für seine Kinder braucht und wir für Geld.» Auch die zweite Aussage wird genauer beleuchtet: «Die Ich will es genauer wissen: «Ihr seid doch auch Kinder, Länder mit dem meisten Geld wollen die Erde für sich eure Eltern brauchen doch für euch Geld?» – «Ja, aber haben.» «Wie zum Beispiel Donald Trump, er will die nicht so viel.» – «Menschen kaufen unnütze Dinge, wie ganzen USA für sich allein haben und baut Türme mit zum Beispiel Alkohol», «…oder Zigaretten», «…oder seinem Namen drauf.» Playstation», ergänzen die Kinder. Ein Junge erzählt von einer Frau, die zwei Jahre in An dieser Stelle war die Schulstunde beinahe zu Ende, einem Mammutbaum gelebt hat, um zu verhindern, etwas war einem Kind jedoch noch wichtig: «Jeder dass der Wald abgeholzt wird. Schlussendlich musste Mensch will angeben, deswegen kauft er Dinge, die er sie wegziehen. Der Grund waren Überraschungseier, nicht braucht.» erklärt der Schüler, der dies von seiner Mutter wusste. Gemeint war eine Kakaoplantage, die nach der Rodung Maria Rüdisser, Kinderphilosophin angepflanzt wurde. forumKirche | 8-2017 9
Schaffhausen · Kirche ohne Grenzen – Polnisch Der Menschen-glücklich-Macher «Gut wie das Biblische Geschichten als Spiegel der Seele Das Leben vom heiligen Bruder Bild: www.profile-productions.ch Ein bekanntes Bild: Obdachlose in zer- schlissenen Kleidern liegen auf der Stras- se und betteln. Viele Menschen schauen einfach weg. Es gibt aber auch solche, die in Notleidenden ein hilfsbedürftiges Ge- schöpf Gottes erkennen. Zu ihnen gehörte der heilige Bruder Albert. Kirche ohne Grenzen hat sich auf Spurensuche ge- macht und einen Barmherzigen entdeckt, der besonders für polnische Gläubige wichtig ist. Er wurde im Jahr 1845 unter den Namen Adam Hilarius Chmielowski als Sohn adeli- Carlos Martínez tritt am 6. Mai in Schaffhausen auf (www.profile-productions.ch). ger Eltern in Polen geboren. Schon früh lernte er die schwierigen Seiten des Le- bens kennen. Mit elf Jahren wurde er Wai- Einen Magier ohne Trickkisten, nannte ihn Martínez in einem Interview mit dem deut- se und mit siebzehn verlor er durch eine die NZZ; als einen Menschen-glücklich- schen Fernsehsender Hope Channel, «aber Kampfverletzung bei einem Volksaufstand Macher bezeichnete ihn einmal ein Zu- ihre Perspektive.» Er wolle in seinen Pro- ein Bein. Als in der Heimat der Aufstand ge- schauer. Nun kommt der preisgekrönte grammen einen Gott zeigen, der die Welt in gen die zaristischen Unterdrücker miss- Mime Carlos Martínez nach Schaffhausen. seinen Händen hält und auf sie aufpasst. glückte, musste Adam ins Ausland fliehen. «Ich erzähle einfach die Geschichten der Im Jahr 1887 schloss er sich dem «Dritten Ob in der Schweiz, irgendwo in Europa oder Bibel mit viel Menschlichkeit und Humor.» Orden» der Franziskaner an. Unter dem Or- an andern Orten auf der Welt: Carlos densnamen Albert gründete er die «Alberti- Martínez berührt sein Publikum. Aber nicht Leute zum Lachen bringen ner», die Diener der Armen. Seine Maxime mit lauten Töne, sondern mit der Stille. Seit über 30 Jahren steht Martínez nun auf war: «Gut wie das Brot sein, das für alle auf Denn der 62-jährige Spanier ist Mime. Die der Bühne und bereist die ganze Welt. dem Tisch bereit liegt, wenn sie Hunger ha- Pantomime ist seine Kunstform, die Stille «Gesten sind international», sagt der Mime. ben.» Er organisierte Hilfswerke verschie- sein Medium. Bei Martínez wird sie beredt. Das hat den Vorteil, dass seine Programme denster Art: zum Beispiel Heime für die Ar- Auf der Bühne, vor schwarzem Hintergrund überall verstanden werden. Sein Ziel sei men und Körperbehinderten, Volksküchen, spricht allein die Mimik seines weiss ge- es, Menschen mit seinen Geschichten zu Asyle und Waisenhäuser sowie Unterkünfte schminkten Gesichts, begleitet von seinen berühren. Geschichten erzählen ohne für obdachlose Jugendliche. Jeder konnte weiss behandschuhten Händen. Worte, geht das? «Ja», sagt Martínez. «Ein auf seine Hilfe zählen, ohne Unterschied Pantomime tut es, indem er Gefühle, von Konfession oder Nationalität. Doch «My Bible» Charaktere und Gegenstände darstellt.» Albert wusste auch: Ohne auszuruhen kann Nun kommt auch das Schweizer Publikum Der mimische Ausdruck von Gefühlen wie man den Menschen nicht lange dienen. in den Genuss seiner poetischen Geschich- Angst, Glück oder Traurigkeit werde von al- Deshalb zog sich der Heilige regelmässig in ten. Im Mai beginnt er seine Tournee in len Menschen gleichermassen verstanden. seine Einsiedelei in den südpolnischen Schaffhausen mit seinem Programm «My Bei den Gegenständen dagegen, sei es Bergen zurück, um mit Gott alleine zu sein. Bible». Ein Programm, in welchem er The- wichtig, solche zu verwenden, die das An diesem Ort konnte er Körper und Geist men wie die Schöpfungsgeschichte oder Publikum kennt. Da gebe es kulturelle und erneuern und Kraft, Ausdauer und Hingabe biblische Personen aufgreift. Wer etwas im altersbedingte Unterschiede. Telefonappa- für seine Aufgaben empfangen. Netz recherchiert, findet Programmtrailer, rate mit Wählscheibe beispielsweise seien die einen Vorgeschmack auf Carlos einem jüngeren Publikum nicht mehr ver- Vorbild auch für den polnischen Papst Martínez Bibelinterpretation geben. Da ist traut. «Es ist also wichtig, dass ich mich Schon zu Lebzeiten war Albert ein grosses Abraham, der sich anschickt, seinen Sohn dem Publikum anpasse», so Martínez. Das Vorbild. Später inspirierte sein Leben auch Isaak auf dem Altar zu opfern. In sich ge- kann auch bedeuten, dass er in einer Num- den polnischen Papst Johannes Paul II. kehrt und ohne Pathos trifft der Vater alle mer den Elektroherd durch einen Feuerherd Dieser beschrieb die turbulente Geschichte nötigen Vorkehrungen. Da ist der Weise aus austauscht, je nachdem, vor wem er spielt. von Adam Chmielowski im Theaterstück dem Morgenland, der sein Fernrohr aus- «Mein Ziel ist, dass sich die Leute mit dem «Bruder unseres Gottes». Im Jahr 1989 fährt und seinen Augen nicht traut. Da ist identifizieren, was sie auf der Bühne wurde Bruder Albert dann von Johannes auch Jesus beim letzten Mahl mit seinen sehen», schreibt der Künstler auf seiner Paul II. kanonisiert. Der Heilige war ein Jüngern. Martínez versteht es, die bibli- Website. «Ich bringe sie zum Lachen, weil sensibler und einfühlsamer Mann. Zornig schen Figuren zum Leben zu erwecken. Sie Lachen etwas ist, das jeder braucht.» machte ihn aber Gleichgültigkeit gegenüber werden greifbar und menschlich. «Biblische Hilfsbedürftigen. Trotz seiner körperlichen Geschichten sind nicht veränderbar», sagt Sibylle Zambon-Akeret Behinderung lebte er standhaft vor, was es 10 forumKirche | 8-2017
Kirche ohne Grenzen – Polnisch Brot sein» Albert Bild: zVg Być dobrym jak chleb życie Świętego Brata Alberta Obraz leżących na ulicy żebraków zna każdy. Większość wybiera nie- stety odwracanie wzroku od niewy- godnej konfrontacji z nędzą. Na szczęście są również tacy, którzy w obdartych kloszardach dostrzegają stworzenie Boże. Nie jest to łatwe, ale Bratu Albertowi się udało. Urodził się jako Adam Chmielowski w 1845 r. Szybko poznał smak cierpienia, gdy jako nastolatek stał się sierotą, a w walkach powstańczych stracił nogę. Podczas carskich represji studiował sztuki piękne w Paryżu i Monachium, po czym wrócił do Ojczyzny. W 1887 r. chęć służenia potrzebującym wzięła jednak górę nad polotem artystycz- nym. Przywdziawszy szary habit ter- cjański u ojców kapucynów, przyjął imię Albert. Rok później założył Zgro- madzenie Braci Albertynów i później Albertynek, posługujące ubogim. Pracował z wielkim poświęceniem w Bruder Albert gemalt von Leon Wyczółkowski, einem Freund, im Jahr 1902. przekonaniu, że w wyniszczonych i od- rzuconych osobach spotykamy same- go Chrystusa. Mimo wielu trudności, heisst, in den Ärmsten Christus selbst zu schiedenen albertinischen Einrichtungen własnego kalectwa, a później ciężkiej begegnen. und ist seither von der Ruhe und Ausdauer choroby, pozostał wierny swemu po- der Brüder bei ihrer schwierigen Arbeit mit wiedzeniu: «Trzeba być dobrym jak Polnische Kirche feiert Obdachlosen begeistert. chleb, który leży na stole, dla głod- Genau 100 Jahre nach seinem Tod zele- nych.» Jego wrażliwa natura i nieugię- briert die polnische Kirche ein Jahr des Interview & Übersetzung: ta wola działania stały się inspiracją dla heiligen Bruder Albert. Dieses begann am Monika Freund Schoch wielu ludzi, np. dla polskiego papieża 25. Dezember 2016 mit dem Namenstag Jana Pawła II., który za młodu opisał des Heiligen. Auch hierzulande ist der Heili- ■ Die Jubiläumsgottesdienste finden wie burzliwe dzieje Brata Alberta w sztuce ge vielen Polen bekannt. Im Gespräch mit folgt statt: teatralnej pt. «Brat naszego Boga.» W Mitgliedern der Gebets- und Evangelisa- – 2. Juli, 17.00 Uhr 1989 r. jego osoba została oficjalnie tionsgruppe Mörschwil wurde deutlich, – Bruder Klaus Kirche Eschlikon włączona do kanonu Świętych. Dokład- dass viele Gläubige ihn als Versorger den – 23. Juli, 11.00 Uhr nie sto lat po jego śmierci, 25.12.2016 Ärmsten und als Beispiel absoluter Barm- – Herz-Jesu-Kapelle St. Gallen r., polski Kościół ogłosił rok 2017 ro- herzigkeit bewundern. Auch soll sein Bild kiem Brata Alberta. W ośrodkach mi- «Ecce Homo» in Krakau als wundervollbrin- syjnych Eschlikon i St. Gallen również Bild: zVg gend verehrt werden. Monika Freund Schoch (35) planowana jest celebracja obchodów Die polnischen Missionen in St. Gallen ist Soziologin polnischer roku św. Brata Alberta. Usłyszymy und Eschlikon wollen nun auch zusammen Herkunft. Sie spezialisierte wtedy więcej nt. jego osoby, by za einen festlichen Gottesdienst zum Jubi- sich auf Internationale przykładem świętego uczyć się, mimo läumsjahr vorbereiten. Pfarrer Gregor Beziehungen, Diversity- brudu, odoru i nędzy kochać bliźnigo, Syska wird dann als Gast predigen. Der und Integrationsmanagement. Seit zehn przywracając w ten sposób godność junge Geistliche ist seit seiner Kindheit von Jahren lebt sie mit ihrem Mann und zwei człowieka, nie tylko jemu, ale również Albert als Vorbild inspiriert. Im Priester- Kindern in Schwellbrunn (AR). sobie. seminar machte er zudem Praktika bei ver- forumKirche | 8-2017 11
Interreligiöser Dialog Verschiedene Pfade zum Heil Ein Bildvortag über die indische Grossstadt Varanasi Bilder: Mark Keller Spinozas erinnere. Auch im Gespräch mit gläubigen Muslimen habe er immer wieder eine gewisse Nähe zu deren Glauben ge- spürt. Wasser, das reinigt In seinem Bildvortrag möchte Mark Keller auch auf die Vielfalt der Gottesvorstellun- gen und auf die grosse Bedeutung des Ganges eingehen, dessen Wasser die Men- schen innerlich rein machen soll. Er wird Sadhus (Asketen) vorstellen, die auch lust- voll am hinduistischen Frühlingsfest Holi teilnehmen. Frauen meiden in dieser Zeit die Öffentlichkeit, um nicht von Männern begrapscht zu werden. Ausserdem wird Keller einen Blick auf Formen von Religio- sität werfen, die einem auf Strassen und Plätzen begegnen, z. B. religiösen Rituale, Eine Ähnlichkeit in der Darstellung von Shiva Gottesdienste im Freien oder Kremationen und Maria ist nicht zu übersehen. an den Ufern des Ganges. Das letzte Ziel Für Hindus ist Varanasi die heiligste Um 1200 n. Chr. geriet die Region unter Ein besonderes Anliegen ist es Mark Keller, Stadt. Doch auch andere Religionen sind muslimische Vorherrschaft. In dieser Zeit auf Vorstellungen zu Tod und Erlösung hin- hier beheimatet. Mark Keller, Dozent an wurden auch Hindutempel zerstört. zuweisen, die ihm in Indien begegnet sind. der Pädagogischen Hochschule Thurgau, «Danach haben die Religionen friedlich Sowohl aus Sicht des Hinduismus als auch kennt Varanasi von vielen Besuchen her. koexistiert bis zu den Auseinandersetzun- des Buddhismus steckt der Mensch im In einer Foto-Reportage zeigt er, was man gen im Zusammenhang mit den Unabhän- Strom der Wiedergeburt. Sein Ziel erreicht an diesem Ort über das Zusammenleben gigkeitsbestrebungen», so Keller. er im Eingehen in die All-Seele (Hindu- von Religionen lernen kann. ismus) bzw. im Nirwana, im Verlöschen sei- Parallelen ner Lebensenergie (Buddhismus). Bildlich Varanasi liegt an einer Biegung des heili- Wenn er heute durch die Strassen von gesprochen führen verschiedene Pfade zu gen Flusses Ganges im Bundesstaat Uttar Varanasi gehe, erlebe er das Verhältnis der dem einen Ziel, zu dem einen Gipfel, z. B. Pradesh im nordöstlichen Teil Indiens. Laut Religionen als ein Nebeneinander, so der über die Liebe zu Gott oder über die Er- einer Volkszählung von 2011 leben hier Indienkenner. Mithilfe von Fotos macht er kenntnis oder über die Pflicht ethischen etwa 1,2 Millionen Menschen. Etwa 69 deutlich, wie sich die verschiedenen Rich- Handelns. Wer anfängt zu streiten, welches Prozent von ihnen sind Hindus, etwa 30 tungen des Hinduismus durch ihre Stirnzei- der richtige Weg ist, tritt auf der Stelle und Prozent Muslime. Varanasi gilt als eine der chen unterscheiden. Viele Muslime erken- kommt nicht weiter. Das sei aus indischer heiligsten Stätten des Hinduismus. Seit ne man auf der Strasse leicht an ihren Sicht unsinnig, so Keller. Das einzige, was mehr als 2500 Jahren ist sie das Ziel gläu- Kopfbedeckungen. In seinem Vortrag wird zählt, ist, den einmal eingeschlagenen Weg biger Pilger. Nach hinduistischer Vorstel- Mark Keller aufzeigen, wie die Bildsprache konsequent weiterzugehen. lung soll ein Bad im Ganges von Sünden des Hinduismus auf Darstellungen des reinigen. Wer hier stirbt und wessen Asche Christentums abgefärbt hat: «Der Strahlen- Detlef Kissner im Fluss verstreut wird, kann – der hin- kranz um die Madonna hat seinen Ur- duistischen Mythologie zufolge – aus dem sprung möglicherweise in einer Darstellung ständigen Kreislauf der Wiedergeburt von Shiva.» Parallelen entdeckt er nicht nur Der Bildvortrag «Varanasi – oder: Was ausbrechen. in den Bildern, sondern auch in der Vor- man auf Reisen für das interreligiöse Zu- Aber auch für Buddhisten hat der Ort eine stellung, mit dem Göttlichen in eine lieben- sammenleben lernen kann» findet am besondere Bedeutung. «Nur wenige Kilome- de Beziehung zu treten: «‹Ich liebe Krishna› Freitag, 5. Mai, um 19.00 Uhr an der Pä- ter von hier soll Buddha das Rad der Leh- bedeutet ähnlich wie ‹Ich liebe Jesus›, dass dagogischen Hochschule in Kreuzlingen ren angedreht haben, das heisst zum ers- man sich auf den Weg der liebenden Hin- statt. Veranstalter ist der Interreligiöse ten Mal seine Ideen verkündet haben», gabe an Gott macht.» Arbeitskreis im Kanton Thurgau, der erzählt Mark Keller. Zahlenmässig spielen Faszinierend findet Keller die monistisch- Interessierte herzlich dazu einlädt. An- Buddhisten hier – ähnlich wie Dschainas pantheistische Lehre der indischen Ved- ■ schliessend findetwww.thurgau-interreligioes.ch Nähere Infos unter die Mitgliederver- (Anhänger des Jainismus) oder Christen – anta-Philosophie, die das Göttliche in der sammlung des Vereins statt. eine zu vernachlässigende Rolle. Natur entdecke und ihn an die Gedanken 12 forumKirche | 8-2017
Schaffhausen Auf den Spuren der Reformation Ein frommer Schaffhauser als Augenzeuge der religiösen Umwälzung Vom Umbruch zur Reformation in Schaff- Weggefährte Zwinglis. Als er 1522 in seine seines antiken Motivs. Auch eine Marien- hausen berichtet der Chronist Hans Heimatstadt zurückkehrt, beeindruckt er statue, die hoch über der Stadt in einer Ni- Stockar (1490–1556). Obwohl in vielen durch seine reformatorischen Predigten, sche des St. Johann-Kirchturms thront, politischen Ämtern tätig, wird er als from- die besonders gegen die kirchlichen Miss- überlebt den Bildersturm. Bei Restaurie- mer Altgläubiger Opfer des Bildersturms. bräuche zielen. Das ist den Schaffhauser rungsarbeiten von 1900 befreit man sie Das Museum zu Allerheiligen bietet einen Ratsherren ein Dorn im Auge. Sie nehmen wieder aus ihrer Einmauerung. Im Museum dreiteiligen Stationenpfad «Auf den Spu- die Zunftunruhen der Fischer und Rebleute, kann man ihre Replik in Augenschein neh- ren der Reformation mit Hans Stockar» den Aufstand der Bauern sowie die radikal- men. Daneben hilft ein Fernrohr, das innerhalb seiner Sammlung an. reformatorische Täuferbewegung im Klett- Original in der Turmnische zu entdecken. gau zum Anlass, Sebastian Hofmeister Nach seinen Kriegszügen im eidgenössi- 1525 als Anstifter zu beschuldigen und ver- Einzigartige Chronik schem Söldnerheer begibt sich der betuch- bannen ihn aus der Stadt. Die Bevölkerung Dank der Aufzeichnung des Augenzeugens te Kaufmann Hans Stockar auf drei grosse ist in altgläubige und reformfreudige Grup- Hans Stockar, der Mitglied des Grossen Pilgerreisen: nach Santiago de Compostela, pen gespalten. Erst auf Druck der bereits Rates ist, kennen wir das entscheidende nach Rom und ins Heilige Land. Zurückge- reformierten eidgenössischen Städte aner- Datum in der Geschichte der Reformation in kehrt nach Schaffhausen wirkt er neben kennen die Ratsherren 1529 den neuen Schaffhausen: den 29. September 1529. seinem Wein- und Salzhandel in öffent- Glauben. Es ist eher eine aussenpolitische Nach dem Ratsbeschluss enden die Chro- lichen Ämtern wie Richter, Säckelmeister, Berechnung als eine religiöse Überzeu- niken, die viele Informationen zum Zeitge- Obervogt und Mitglied im Grossen und Klei- gung. schehen liefern. Ob Hans Stockar die neue nen Rat. Von 1520 bis 1529 macht er sich Konfession annimmt, ist nicht überliefert. private Notizen zum vorreformatorischen Reformatorischer Bildersturm Seine öffentlichen Ämter führt er bis zu sei- Tagesgeschehen, nur mit der Absicht «alles Während der reformatorischen Umwälzung nem Lebensende 1556 fort. Nach seinem für mein Gedächtnis auf(zu)schreiben». werden Stadtklöster aufgehoben sowie reli- Tod folgt seine Frau ihrem jüngsten Sohn, giöses Inventar vernichtet. «In der Zeit ward der den alten Glauben behält, ins katholi- Vor der Reformation mir mein Vesperbild zerschlagen in drei sche Solothurn, während der älteste Sohn Bis ins 16. Jahrhundert fühlen sich die Stücke in meiner Trotte im Ölberg. Ich war sich zum neuen Glauben bekennt. Menschen von vielen Kriegen, Missernten, der erste, den man die Bilder zerschlug, Hungersnöten, Pest-Epidemien und uner- hier fing es an, an mir», schildert Hans Judith Keller klärlichen plötzlichen Toden konfrontiert. Stockar. Verschont bleibt der berühmte Die Betroffenen versuchen diese Schick- «Onyx von Schaffhausen» aus dem Kirchen- ■ Stationenpfad noch bis 19. November, salsschläge als Strafe Gottes zu erklären. schatz des Klosters Paradies wohl wegen nähere Infos unter www.allerheiligen.ch Grosse Angst herrscht vor dem Jüngsten Gericht Gottes. Es urteilt über ihr Seelen- Bild: Judith Keller leben und ihr weiteres Dasein, sei es im ewigen Himmel, im qualvollen Fegefeuer oder in der grausamen Hölle. Sünden min- dern oder den Aufenthalt im Fegefeuer ver- kürzen kann jeder durch «Gute Werke» im Diesseits tun, wie beten, Messe lesen las- sen, Almosen geben, Kircheninventar stif- ten und wallfahrten. Seit dem 11. Jahrhun- dert «befreien» Päpste durch Ablassbriefe die zahlungswilligen Christen von den Sün- denstrafen. Papst Leo X. missbraucht die- sen Ablasshandel, um sein ausschweifen- des, kostspieliges Leben zu finanzieren. Er tilgt alle Sünden des Käufers sowie dessen verstorbenen Verwandten, um dem gefürch- teten Fegefeuer ganz entgehen zu können. Auch der gottesfürchtige Stockar erwarb ei- nen Ablass. Eine solche Ablassurkunde ist im Museum zu entdecken. Reformation in Schaffhausen Der erste Reformator von Schaffhausen wird Sebastian Hofmeister (um 1494– 1533), ein hochgebildeter Theologe und Bildnis des Chronisten Hans Stockar (Öl auf Leinwand, Museum zu Allerheiligen) forumKirche | 8-2017 13
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