PHOTOVOLTAIK IN DER LANDSCHAFT - Natur- und raumverträglich eingefügt: Planungsleitlinie für PV-Freiflächenanlagen mit Weitsicht für Umwelt und ...

Die Seite wird erstellt Yves-Leander Keßler
 
WEITER LESEN
PHOTOVOLTAIK IN DER LANDSCHAFT - Natur- und raumverträglich eingefügt: Planungsleitlinie für PV-Freiflächenanlagen mit Weitsicht für Umwelt und ...
Natur- und raumverträglich eingefügt:

                   PHOTOVOLTAIK
                   IN DER LANDSCHAFT
                   Planungsleitlinie für PV-Freiflächenanlagen
                   mit Weitsicht für Umwelt und Raum
© ECOWIND | Kilb
PHOTOVOLTAIK IN DER LANDSCHAFT - Natur- und raumverträglich eingefügt: Planungsleitlinie für PV-Freiflächenanlagen mit Weitsicht für Umwelt und ...
2 – Ausgangslage

AUSGANGSLAGE
              Photovoltaik (PV) steht in der Entwicklung der Stromproduktionskapazitäten in Österreich in den kommenden
              Jahren im absoluten Fokus. Aus Solarenergie produzierter Strom verringert den Bedarf an Energie aus fossilen
              Stoffen. Co2-Emissionen werden dadurch mittel- bis langfristig gesenkt was wesentlich zum Klimaschutz beiträgt.
              Das Potenzial ist enorm und die Ausbauziele entsprechend hoch. Bis 2030 sollen mindestens 13 Gigawattpeak
              (GWp) der österreichischen Stromleistung aus Sonnenergie kommen. Das entspricht aus heutiger Sicht einem
              Zubau von 11 Terrawattstunden (TWh). Abertausende Gebäude in Österreich werden dafür eine zusätzliche
              Funktion erhalten und zu kleinen und größeren Kraftwerken der dezentralen Energieversorgung werden.
              Zusätzlich werden wir leistungsstarke Photovoltaikanlagen benötigen, die mit Bedacht in unsere Landschaft
              gesetzt das ökologische Gleichgewicht erhalten und sich raumverträglich einfügen sollen.

              Trotz hohen theoretischen Potenzials auf                Um die Ausbauziele in den kom­menden
              Dachflächen und Fassaden, eignet sich in                Jahren tatsächlich erreichen zu kön-
              absehbarer Zeit nur rund ein Drittel davon              nen, wird Photovoltaik daher auch auf
              tatsächlich für die Sonnenstrom­produktion.             bislang unbebauten Flächen errichtet
              Weiteres Potenzial besteht auf bereits                  werden müssen. Derzeit ist davon auszuge-
              ver­­bauten Flächen wie Parkplätzen, auf                hen, dass unter den aktuellen Rahmenbe-
              der Oberfläche von künstlich angelegten                 dingungen Freiflächenanlagen zur Strom­
              stehenden Gewäs­sern – etwa auf ehema-                  erzeugung im Ausmaß von ca. 5,7 TWh zu
              ligen Schotterabbauflächen – oder auf Son-­             errichten sind, um die bis 2030 gesteckten
              der­stätten wie Deponien oder auf Lärm­                 Ziele zu erfüllen. Dazu wird inklusive Neben-
              schutzwänden. Die Nutzung der klein­tei­                flächen eine Gesamtfläche von etwa 70 bis
              ligen Strukturen auf Gebäudehüllen und                  80 km² benötigt, was ungefähr 0,25 bis 0,3 %
              Sonderstandorten ist aus unterschied­                   der landwirtschaftlich genutzten Fläche
              lichsten Gründen manch­mal sehr auf-­                   Österreichs entspricht.
              wändig oder nur kostspielig möglich.

                                                                                       Technisches              Wirtschaftlich/Ökologisch/
                                                                                        Potenzial                  Sozial realisierbares
                                                                                          (TWh)                  Potenzial bis 2030 (TWh)

                Theoretisches Potenzial                       Gebäude                        13,4                          4,0

                                                              Deponien                        1,2                          0,3
                    Technisches Potenzial
                                                              Verkehrssektor                  4,5                          1,0
                      Wirtschaftliches Potenzial
                         Soziales Potenzial                   Freiflächen                   28-32                           ?
                                                              Summe                       max. 51,1                      = 5,3+?

            Quelle: Fechner, Hubert: Ermittlung des Flächenpotenzials für den PV-Ausbau in Österreich. 2020. S. 40
            Die obige Abbildung zeigt das aktuell realisierbare Potenzial für den PV-Ausbau in Österreich. Das technische Poten-
            zial ist jener Anteil der momentan theoretisch umsetzbar wäre hinsichtlich z.B. Sonneneinstrahlung, Gebäudebestand
            und Statik. Das technische Potenzial wird durch das wirtschaftliche Potenzial (z.B. mögliche Rentabilität, Verfüg-
            barkeit von finanziellen Mitteln, Zweitwohnsitz) und dem sozialen Potenzial (z.B. Wissen über PV, Interesse, einge­
            schränkter persönlicher Nutzen durch fortgeschrittenes Lebensalter hinsichtlich Zeitpunkt der Amortisation) reduziert.
            Durch Anreize (höhere Förderungen, Informationskampagnen etc.) und PV-fittere Gesetze können diese Potenziale
            gehoben werden.
PHOTOVOLTAIK IN DER LANDSCHAFT - Natur- und raumverträglich eingefügt: Planungsleitlinie für PV-Freiflächenanlagen mit Weitsicht für Umwelt und ...
Aus Projektentwicklungssicht wären öster­
                                                                   reichweit einheitliche Kriterien und Rege­l­
                                                                   ungen zur Standortauswahl von Freiflächen­-
                                                                   anlagen wünschenswert. Um den unter-
                                                                   schiedlichen Landschaftsräumen in Öster­­
                                                                   reich gerecht zu werden, müssen Raum­
                                                                   ordnung und Naturschutz auf Bundes­länder­
              PV-Freiflächenanlagen entfalten aufgrund             ebene geregelt sein. Mit dieser Leitlinie
              ihrer Beschaffenheit eine bestimmte Raum-            stellen wir nicht die Standortfrage in
              wirkung, sei es visuell im Landschaftsbild           den Fokus, sondern gehen einen Schritt
              oder auch hinsichtlich ihres Einflusses auf          weiter: Wie soll eine PV-Freiflächenanlage
              das lokale Ökosystem. Die aktuellen De-              ausgestaltet sein, die sich mit Weitsicht auf
              batten werden dabei nicht immer auf der              Umwelt und Raum verträglich in die Land-
              Sachebene geführt. Da zusehends mehr                 schaft einfügt. Neben der umweltfreund­
              Freiflächen­anlagen auch in Österreich ent­stehen,   lichen Stromproduktion soll diese Leitlinie
              beziehungsweise geplant werden, fiel die             den Erhalt der ökologischen Funktionen
              Entscheidung jetzt diese Leitlinie auf Basis des     dieser Flächen sicherstellen oder gar eine
              aktuellen Wissens­standes zu erarbeiten.             Chance für verbesserte ökologische Bedin­
                                                                   gungen und erhöhte Biodiversität bieten.

  Die Notwendigkeit der Energiewende ist festge­                   Mit dieser Leitlinie wird ein Planungs­
  schrieben. PV-Freiflächenanlagen werden in einem                 standard formuliert, der Planungssicherheit
  gewissen Ausmaß zur Zielerreichung notwendig                     auf Seiten der Projektentwickler erhöhen
  sein. Zweck dieser Leitlinie ist es, ein Handwerks-              und den zuständigen Sachverständigen auf
  zeug zu liefern wie gute Freiflächenanlagen                      Behördenseite eine Richtschnur geben soll.
  geplant, errichtet & betrieben werden, so dass sie               Schlussendlich soll sie der Kommunalpolitik
  natur- und raumverträglich sind.                                 und der lokalen Bevölkerung Referenz sein,
                                                                   wie eine gute PV-Freiflächen­anlage aus­
                                                                   schauen kann.

               Vergleich:
               PV-Ausbau auf Freifläche um Klimaziele unter
               den aktuellen Rahmenbedingungen zu erreichen

Quelle: Jakob Kaufmann, Datum 6/21. Wien.
Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen
Statistik Austria
Agrarstrukturerhebung 2016
Bundesforschungszentrum für Wald, mm-forst.at
Inspiration: Bloomberg
Adaption: Photovoltaic Austria
PHOTOVOLTAIK IN DER LANDSCHAFT - Natur- und raumverträglich eingefügt: Planungsleitlinie für PV-Freiflächenanlagen mit Weitsicht für Umwelt und ...
4 – Photovoltaik-Freiflächenanlagen

PHOTOVOLTAIK-
FREIFLÄCHENANLAGEN
              Als PV-Freiflächenanlagen werden alle PV-Anlagen bezeichnet, die nicht auf Gebäuden oder anderen Bauwerken
              (wie z.B. Lärmschutzanlagen, Carports) errichtet werden, sondern selbst die Hauptfunktion des Bauwerks darstellen.
              Das bedeutet aber nicht, dass diese Flächen monofunktional zur Sonnenstromproduktion verwendet werden,
              sondern auch einen Zusatznutzen bzw. einen lokal wirksamen ökologischen Mehrwert bieten können. Der Fokus
              liegt dabei dennoch auf der Elektrizitätsgewinnung. Sonderstandorte, wie etwa geschlossene Deponien, stark
              vorbelastete Flächen oder auf Wasserflächen, stellen meist sehr spezifische Anforderungen an Bauwerke
              und sind daher von dieser Leitlinie nicht abgedeckt.

              In Abgrenzung dazu steht auch die Agrar-
              Photovoltaik (Agri-PV), bei der die land­
              wirtschaftliche Nutzung im Vordergrund
              steht und die Elektrizitätsgewinnung einen
              gewollten Zusatzeffekt darstellt. Diese
              Anlagen richten sich in ihrer Bauform nach
              den Anforderungen der Landwirtschaft
              und sind daher ebenso nicht Bestandteil
              dieser Leitlinie.

Informationen zur landwirtschaftlichen Nutzung von
PV-Freiflächenanlagen entnehmen Sie der Broschüre
“Photovoltaik-Nutzung in der Landwirtschaft - Einblick
in die umfangreichen Möglichkeiten der nachhaltigen
Sonnenstromproduktion im Agrarsektor” des Bundes-
verbands Photovoltaic Austria.

              Mit dieser Leitlinie werden Umsetzungs-
              standards für die ökologische Multifunktio­-
              nalität für PV-Freiflächenanlagen geboten.
              Grundlage ist dabei ein geeigneter Standort
              auf bislang unbebauten Flächen im soge-
              nannten Dauersiedlungsraum.

                                                             © Wien Energie – Michael Horak – Schafflerhof Wien
PHOTOVOLTAIK IN DER LANDSCHAFT - Natur- und raumverträglich eingefügt: Planungsleitlinie für PV-Freiflächenanlagen mit Weitsicht für Umwelt und ...
DER GEEIGNETE STANDORT
     Die Festlegung von Standorten für PV-Frei­     geeigneten Standorte für PV-Freiflächen­
     flächenanlagen obliegt in Österreich im Wege   anlagen. Standortgunst wird hingegen
     der Raumordnung den Bundesländern. Die         allgemein durch geringe Exponiertheit in
     jeweiligen konkreten Bestimmungen und          der Landschaft, keine anderen drängenden
     Kriterien sind in den einzelnen Raum­          Nutzungsansprüche an den Standort, nicht
     ordnungs- bzw. Raumplanungsgesetzen            mehr als durchschnittliche ökologische
     sowie in den Naturschutzgesetzen der           Bedeutung im Bestand, keine höchstwer-
     Bundes­länder geregelt. Dabei unter-           tigen landwirtschaftlichen Böden sowie
     scheiden sich die Bewertungskriterien und      angemessene Nähe zu einem geeigneten
     deren Gewichtungen im Einzelnen zwar von       Netzanschlusspunkt definiert.
     Bundesland zu Bundesland, viele der Krite-
     rien besitzen jedoch allgemeine Gültigkeit.
                                                      Allgemein ist das Potenzial an theoretisch geeigneten
     So sind ökologisch besonders hochwertige
                                                      Freiflächen wesentlich größer als der langfristige Bedarf.
     Standorte wie etwa die nach dem jeweiligen
     Landesgesetz explizit ausgewiesenen und
     verordneten Naturschutzgebiete oder auch       Verfügbare, gut geeignete Standorte werden
     siedlungsstrukturell wichtige Flächen wie      gemäß den Bestimmungen der jeweiligen
     innerstädtische Freiräume generell keine       Bundesländer festgelegt.

BAUFORMEN VON
PHOTOVOLTAIK-FREIFLÄCHENANLAGEN
     Die Bauformen von PV-Freiflächenanlagen        Sonderformen wie hoch aufgeständerte
     können sehr unterschiedlich sein und           Anlagen, die eine energiewirtschaftliche
     beeinflussen die visuelle Wirkung als auch     Zusatznutzung über bewirtschafteten Acker­
     deren Umweltwirkungen. Freiflächen­            flächen oder über Parkplätzen bieten, werden
     anlagen können starr montiert sein, nach       von dieser Leitlinie nicht behandelt.
     Süden ausgerichtet (pultartig in Reihen),
     in Ost-West-Ausrichtung (dachartig) bzw.
     in vertikaler Aufstellung (mit bifazialen
     Modulen). Darüber hinaus gibt es die
     Möglichkeit von nachgeführten Anlagen,
     einachsig in Ost-West-Richtung oder mehr­
     achsig um dem Lauf der Sonne zu folgen
     und den Anlagenertrag zu maximieren.
PHOTOVOLTAIK IN DER LANDSCHAFT - Natur- und raumverträglich eingefügt: Planungsleitlinie für PV-Freiflächenanlagen mit Weitsicht für Umwelt und ...
6 – Photovoltaik-Freiflächenanlagen

KRITERIEN FÜR EINE NATUR- UND RAUMVERTRÄGLICHE
PHOTOVOLTAIK-FREIFLÄCHENANLAGE
                Neben der Vornutzung und dem öko­lo­
                gischen Ausgangszustand des Stand­orts
                sind die bauliche Ausführung der Frei-
                flächenanlage und das Grünflächenma­
                nagement innerhalb der Anlage weitere maß­
                gebliche Faktoren, die die öko­logischen
                und räumlichen Auswirkungen einer PV-Frei-
                flächenanlage steuern.

                Hier setzt diese Leitlinie an: Durch die Defi-
                nition von ökologisch und räumlich verträg­
                lichen Umsetzungsparametern sollen PV-
                Freiflächenanlagen hinsichtlich einer quali-
                tativen Ausgestaltung standardisiert werden.

Wirkfaktoren von
Freiflächenanlagen
Die anlagenspezifischen Wirkfaktoren von PV-Frei­
flächenanlagen gliedern sich in Raumbeanspruchung
und Raumbeeinflussung. Als Raumbeanspruchung
gelten alle Wirkungen auf die direkte Grundstücksfläche
der Anlage (wie z.B. Überschirmung des Bodens mit
PV-Modulen), während unter Raumbeeinflussung die
Auswirkungen auf die Umgebung (wie z.B. Veränderung
des Landschaftsbildes) verstanden wird. Je nach Aus­
gangszustand des Standortes und baulicher Aus­
führung der Anlage können diese Wirkungen negativ,
neutral oder positiv sein. Vgl. Glossar im Anhang.

                                                                 © eco-tec.at Photovoltaics GmbH – Mitterdorf
PHOTOVOLTAIK IN DER LANDSCHAFT - Natur- und raumverträglich eingefügt: Planungsleitlinie für PV-Freiflächenanlagen mit Weitsicht für Umwelt und ...
UMSETZUNGS­STANDARDS
     Ausgehend von der Auswahl eines generell geeigneten Standorts ist eine entsprechende bauliche
     Ausführung der PV-Freiflächenanlage und ihrer kontinuierlichen Pflege wesentlich, um die Qualitäten
     eines Standorts zu erhalten bzw. einen Mehrwert für die Biodiversität zu schaffen.

 1   MULTIFUNKTIONALE FLÄCHEN
     Flächen, die einer Nutzung zur Sonnenstrompro-          Auf Standorten mit vormals intensiver landwirtschaft-
     duktion zugeführt werden, dienen bei entsprech-         licher Nutzung kann mit der naturgerechten Gestal-
     ender Ausgestaltung vorzugsweise nicht aus­             tung der PV- Freiflächenanlage eine naturverträgliche
     schließlich der Energiegewinnung. Im Sinne dieser       Flächennutzung ermöglicht werden.
     Leitlinie, die sich mit Weitsicht für Umwelt und
     Raum eine effiziente und verträgliche Flächen-
     nutzung zum Ziel setzt, sollen Freiflächen­anlagen         Der Boden innerhalb einer naturverträglichen PV-Freiflächen­anlage
     explizit zusätzliche Funktionen aufweisen.                 wird nicht versiegelt oder beispielsweise auch nicht vollflächig ge­
                                                                schottert, sondern in seiner Funktionsfähigkeit erhalten.
     Im entsprechenden Umgang mit den baulichen
     Bedingungen von PV-Freiflächenanlagen sind Zu-             Untersuchungen in einer Vielzahl von Anlagen zeigen, dass
     satzfunktionen unkompliziert umsetzbar. Beispiels­         viele Pflanzen- und Tierarten PV-Freiflächenanlagen als Lebens­-
     weise müssen, um eine Eigenverschattung der                raum annehmen. So wurden verschiedene Arten von Schmetter­
     Module zu vermeiden, zwischen den Modulreihen              lingen, Brutvögeln, Heuschrecken, Feldhamster und Zaun­
     bestimmte Abstände zueinander eingehalten                  eidechsen innerhalb von PV- Freiflächenanlagen bzw. in den
     werden. Diese Abstandsflächen können dabei auf             oft ökologisch wertvollen Randbereichen beobachtet.
     verschiedene Arten genutzt und gestaltet werden:

     extensive landwirtschaftliche Nebennutzung              Durch ein entsprechendes Flächenmanagement
     Bewahrung respektive Verbesserung der                   wird diese Multifunktionalität der Flächen sicher­
     ökologischen Funktionen durch Brachwiesen               gestellt. Ein Flächenmanagement-Konzept könnte
                                                             zum Beispiel die Beweidung mit Schafen vorsehen.
     Auch, wenn die Energiegewinnung im Vordergrund
     steht, bedeutet eine optimale Flächennutzung dabei
     nicht, ausschließlich auf den Energieertrag je Fläche
     zu fokussieren, sondern in Kombination mit anderen
     Flächenfunktionen einen möglichst großen Gesamt-
     nutzen auf der Projektfläche zu erreichen.
8 – Umsetzungs­standards

      2       BODENSCHONENDE FUNDAMENTIERUNG
              DER AUFSTÄNDERUNGEN & AUSFÜHRUNG
              DER NEBENANLAGEN
              Wurden früher vielfach Betonfundamente errichtet,         versiegelung ausgeführt, sodass sie in weiterer Folge
              werden heute bodenschonende Bauweisen wie                 auch als Lebensraum für Pioniervegetation und be­
              Ramm- oder Schraubfundamente eingesetzt. Aus-             stimmte Tier- und Insektenarten dienen können.
              nahmen stellen Sonderstandorte wie ehemalige
              Deponien oder geologisch sensible Hanglagen               Unter Beachtung dieser Standards bewirkt eine
              dar, da hier durch Ramm- oder Bohrfundamente              PV-Freiflächenlage inklusive aller Nebenanlagen je
              die Abdichtung verletzt oder die Hangstabilität           nach Standort und Anlagentyp einen Gesamtver-
              gefährdet werden könnte. Die notwendigen Neben­           siegelungsgrad von maximal 2 - 5 % der Gesamtpro-
              anlagen für Wechselrichter und Trafostation               jektfläche. Der tatsächliche Versiegelungsgrad hängt
              werden flächenschonend errichtet.                         dabei vor allem von Grundstückszuschnitt, Hanglage
                                                                        und Größe der Anlage ab.
              Temporäre Fahrwege bspw. in der Errichtungs­
              phase, werden projektspezifisch mit dem Ziel einer          Mindestens 95% der Gesamtprojektfläche
              möglichst geringen Bodenverdichtung geplant und             bleiben versickerungsoffen.
              nach Anlagenfertigstellung rückgebaut. Darüber hi-
              naus werden notwendige Fahrwege innerhalb der
              Anlagen minimiert und ohne vollständige Boden-

      3       MODULANORDNUNG UND MODULDICHTE
              Der Anteil an überschirmter Fläche hängt von der Art      tischunterkante in Abstimmung mit den geplanten Be-
              der Anlage ab. Reihenartig angeordnete südseitig aus-     wirtschaftungsmaßnahmen vom Boden erhöht sein. Als
              gerichtete Module benötigen mehr Abstandsflächen          Richtwert haben sich 80 cm bei ebenem Boden etabliert.
              zueinander als dachartig angeordnete ost-west-aus-        Dadurch wird zudem die maschinelle Bewirtschaftung
              gerichtete Module. In beiden Fällen wird zum Erhalt der   bzw. Beweidung durch Nutztiere erleichtert.
              Vegetation und als Lebensraum nicht mehr als 50% der
              Gesamtprojektfläche überschirmt. Eine Mindestbreite       Um eine ortsnahe Versickerung von Niederschlägen zu
              von jeweils 2 m zwischen den Modulreihen dient zur        ermöglichen und ein technisches Regenwassermanage-
              Erhaltung der ökologischen Funktionen des Bodens.         ment zu vermeiden und eine ausreichende Belichtung
                                                                        der darunter liegenden Flächen zu gewährleisten, wird
              Die Wirkung der Überschirmung hängt zusätzlich            eine Tiefe der Modulreihe von 6,5 m nicht überschritten.
              von der Höhe der Modultischunterkante sowie der           Die Versickerungsmöglichkeit unter den Modultischen
              Größe und Durchlässigkeit der einzelnen Mo­dultische      wird durch entsprechende Abstände der einzelnen
              ab. Um eine standortgerechte und möglichst durch-         Module zueinander sichergestellt.
              gehende Vegetation zu ermöglichen, soll die Modul-

              Abmessungen natur- und raumverträglicher PV-Freiflächenanlagen:
© eco-tec.at Photovoltaics GmbH – Admont

4   EINBINDUNG IN LANDSCHAFTSSTRUKTUR
    UND LANDSCHAFTSBILD
    Die Auswirkungen von PV-Freiflächenanlagen auf das         onen sollen durch Verwendung von reflexionsarmen
    Landschaftsbild hängen sehr stark von der Topogra-         Materialien sowie durch sichtverschattende Pflan­
    fie des Geländes ab. In ebener Landschaft können           zungen und gegebenenfalls Anpassung der Ausrich-
    selbst großflächige Anlagen aufgrund ihrer im Regel-       tung und Neigung der Module minimiert werden.
    fall sehr geringen Höhe durch bestehende oder neu
    angelegte Hecken an den sichtbaren Rändern unauf­          Um die Maßstäblichkeit der Landschaft zu erhalten,
    fällig in die Landschaft integriert werden bzw. sind       werden großflächige PV-Anlagen in einzelne Seg-
    bereits nach wenigen hundert Metern Distanz an der         mente mit Abständen zueinander gruppiert. Die
    Horizontlinie kaum mehr wahrnehmbar. Im Hügelland          Größe der einzelnen Segmente hängt dabei stark
    und in Tälern muss das bestehende Landschaftsbild          von den bestehenden Landschaftsstruktur­elementen
    bei der Ausgestaltung der PV-Anlage stärker berück-        im jeweiligen Landschaftsraum ab. Eine optisch
    sichtigt werden. Die Anlage soll sich daher immer an       wirksame Gliederung einzelner Segmente wird
    bestehenden landschaftsgliedernden Elementen und           entweder durch bestehende Landschaftsstrukturele-
    Biotopstrukturen sowie an der Horizontlinie orientieren.   mente wie Hecken oder Baumreihen erreicht oder
                                                               durch entsprechende Abstände der Sektoren zuein-
    Die landschaftliche Einbindung einer PV-Freiflächen­       ander sichergestellt. Bereits vorhandene linienhafte
    anlage im hügeligen Gelände kann durch Hecken-             Vegetationsstrukturen sind zu erhalten und sollen
    pflanzungen erleichtert werden. Bei Neuanlage von          nach Möglichkeit entsprechend der Landschafts-
    Grünstrukturen ist immer auf die bestehende Struktur       charakteristik weiterentwickelt werden. Neben der
    der Landschaft zu achten, um auch traditionelle            landschaftlichen Gliederung sind Freihaltebereiche
    Offenlandschaften möglichst in ihrer Charakteristik zu     zwischen den einzelnen Segmenten auch potenzielle
    erhalten. Notwendige Heckenpflanzungen werden              Lebensräume für Arten, die auf Weiträumigkeit ange-
    in Höhe und Breite derart dimensioniert, dass nicht        wiesen sind. Notwendige Heckenpflanzungen
    nur die optische Einbindung, sondern auch die öko­         werden in Höhe und Breite derart dimensioniert,
    logische Wirksamkeit der Hecke sichergestellt wird.        dass ein Schattenwurf auf die PV-Module verhin-
    Entsprechend der bestehenden Landschaftsstruktur           dert wird und nicht nur die optische Einbindung,
    werden einheimische, gebiets- und bodentypische            sondern auch die ökologische Wirksamkeit der
    Pflanzen verwendet. Blendwirkungen und Reflexi­            Hecke sichergestellt wird.
10 – Umsetzungs­standards

      5       MASSNAHMEN ZU ERHALT UND VERBESSERUNG DER
              LOKALEN ÖKOLOGISCHEN FUNKTIONSFÄHIGKEIT
              Um die Anlagenfläche möglichst gut in die Umge-             E
                                                                           rhalt von bestehenden Strukturelementen wie
              bung integrieren und lokale Artenvielfalt und Lebens­       Hecken, Baumreihen & solitäre Büsche & Bäume
              raum verbessern zu können, ist bei der Setzung von
              Maßnahmen auf die vorhergehende Nutzung sowie               N
                                                                           euanlage von Strukturelementen wie Hecken,
              den ursprünglichen Zustand der Fläche Bedacht zu            Einzelsträuchern aber auch Vogelnistkästen,
              nehmen. Die Definition von konkreten ökologischen           Totholz-, Lesesteinhaufen oder Vernässungsflächen
              Entwicklungszielen hilft bei der Entscheidung, welche
              Maßnahmen am besten geeignet sind, die Naturver-             eilweise Begrünung der Umzäunung durch
                                                                          T
              träglichkeit auf den PV-Flächen sicher zu stellen.          ökologisch funktionsfähige Heckenstrukturen

              Die passenden Maßnahmen zu Erhalt und Verbesse-         Bei der Neuanlage ist heimisches, standortge­rechtes
              rung der lokalen ökologischen Funktionsfähigkeit ori-   Saatgut zu verwenden, um die örtlichen Pflanzen­
              entieren sich sowohl an Standort als auch Dimension     arten und die daran angepassten Tierpopulationen
              der Anlage und können zum Beispiel beinhalten:          bestmöglich zu erhalten. Insbesondere in der Phase
                                                                      der Vegetationswiederherstellung ist auf eine allfällige
                                                                      Ausbreitung von invasiven Neophyten zu achten. Zur
                                                                      Erhaltung der lokalen Artenvielfalt sind geeignete
                                                                      Maß­nahmen zu setzen.

      6
              FLÄCHENMANAGEMENT: EXTENSIVE
              BEWIRTSCHAFTUNG UND ÖKOLOGISCH
              ANGEPASSTES PFLEGEKONZEPT
              Die Flächen unter den Modulen bzw. die Abstands­        haltung der Flächen durch extensive Beweidung
              flächen zwischen den Modulreihen und zur                sichergestellt werden. Beweidung kann eine ein-
              Umzäunung sind mit einem eigenen Flächen­               fache und kostengünstige Pflegemaßnahme
              management zu bewirtschaften, um den Anspruch           darstellen. Neben Schafen kann die Beweidung
              auf Erhalt bzw. Erhöhung der örtlichen Funktions-       auch mit Hühnern oder Gänsen erfolgen, wobei die
              fähigkeit gerecht zu werden. Es beinhaltet kurz-        erforderlichen Ställe je nach Flächengröße dabei
              und langfristige Maßnahmen, also eine dauerhafte        auch mobil konstruiert sind und alle 10 bis 14 Tage
              Begleitung, so dass der Beitrag zur Biodiversität       innerhalb der Anlage versetzt werden, um jeweils
              auch nach mehreren Jahren noch gegeben ist.             einzelne Teilabschnitte zu bewirtschaften. Dies bietet
              Vormals landwirtschaftlich genutzte Flächen bieten      den Vorteil einer unregelmäßigen Entnahme des
              etwa großes Potenzial für eine extensive Grünland-      Pflanzenaufwuchses wodurch bei nicht zu hoher
              bewirtschaftung oder extensive Beweidung. Auf           Besatzdichte immer ausreichend Rückzugsflächen
              den Einsatz von chemisch-synthetischen Dünge-           erhalten bleiben.
              und Pflanzenschutzmitteln sowie von Chemikalien
              zur Modulreinigung wird verzichtet.                         Wer eine PV-Anlage betreibt muss sich auch mit dem öster­
                                                                          reichischen Steuerrecht befassen. Die Lieferung von Strom
              Ein, auf die konkreten Standortanforderungen und
                                                                          an Wiederverkäufer ist grundsätzlich eine unternehmer­ische
              die Bauform abgestimmtes Beweidungs- bzw.
                                                                          Tätigkeit. Neben der Frage der Umsatzsteuerpflicht, ist die Ein­
              Mahdmanagement, unterstützt eine naturschutz-
                                                                          kommensteuerberechnung gerade bei Landwirten ein komplexer
              fachliche Aufwertung der Anlagenfläche, insbe-
                                                                          Sachverhalt. Nähere Informationen zu steuerrechtlichen Fragen
              sondere bei vorheriger intensiv landwirtschaftlicher
                                                                          finden Sie im „Steuer-Ratgeber für den Betrieb von Photovoltaik­
              Nutzung. Das Pflegekonzept verfolgt dabei nicht
                                                                          anlagen“ des Bundesverbands Photovoltaic Austria.
              nur ökologische Kriterien, sondern erbringt über
              eine extensive Grünlandbewirtschaftung auch einen
              landwirtschaftlichen Nebennutzen. Insbesondere          Falls es das Anlagenkonzept zulässt, können, durch
              im ersten Jahr nach Errichtung der Anlage ist mit       eine abschnittsweise Bewirtschaftung bzw. durch
              entsprechenden Pflegemaßnahmen besonderes               Wiesenbrachflächen und Blühstreifen, Zwischen-
              Augenmerk darauf zu legen, dass sich die Zielvege­      flächen zu attraktiven Lebensräumen für Wild­
              tation entsprechend entwickeln kann. Alternativ         bienen werden. Gegebenenfalls können sie zur An-
              zur Bewirtschaftung durch Mahd kann die Offen-          siedlung von Honigbienenvölkern genutzt werden.
7   DURCHLÄSSIGKEIT DER ANLAGE
    Zur Erhaltung der Durchlässigkeit für Tiere ist im         und Ausgestaltung nach den standortspezifischen
    Idealfall der Verzicht einer Umzäunung anzustre-           wildökologischen Anforderungen. Das bestehende
    ben. Wo dies nicht möglich ist, wird die Durchlässigkeit   Wegenetz für Landwirtschaft und Erholungszwecke
    für Kleinsäuger und Amphibien durch Hochstellung           soll möglichst erhalten bleiben, oder gegebenenfalls
    des Zaunes (Richtwert: 20 cm über Geländeoberkante)        räumlich nahe verlagert werden. Bei Verlauf durch bzw.
    bzw. durch vergrößerte Maschenweiten im bodennahen         zwischen PV-Freiflächenanlagen kann die Anlage von
    Bereich gesichert. Zum Schutz der Tiere wird auf den       Grünstrukturen entlang der Wege den technogenen
    Einsatz von Stacheldraht verzichtet.                       Charakter der Anlagen mindern sowie Verschmu­tzung
                                                               der Module durch landwirtschaftliche Fahrzeuge unter­
    Auf bestehende Wildquerungskorridore und Vernet­           binden. In Randbereichen könnten zur Attraktivierung
    zungsstrecken von Lebensräumen von Großsäugern             themenbezogene Rast- und Verweilplätze mit Infor­
    wird bereits zu Beginn der Anlagenplanung Rücksicht        mationen über die PV-Anlage und möglicherweise
    genommen. Falls notwendig, werden innerhalb der An-        E-Bike-Ladestationen mit Strom aus der benachbarten
    lage Querungsmöglichkeiten bzw. Migrationskorridore        PV-Freiflächenanlage errichtet werden.
    freigehalten. Diese richten sich in ihrer Breite, Anzahl

8   VERMEIDUNG VON LOKALEN WÄRMEINSELN
    PV-Module erwärmen sich unter Sonneneinstrahlung           wird darauf geachtet, dass zwischen den Modul-
    und geben diese Wärme schnell wieder ab, was               reihen ausreichend unbebaute und bewachsene
    besonders bei großen Anlagen zur Erhöhung der              Flächen vorhanden sind, sodass durch die Ver-
    Lufttemperaturen in unmittelbarer Nähe der Module          dunstungsleistung der Vegetation die Luft abgekühlt
    führen kann. Zur Vermeidung von lokalen Wärme­inseln       werden kann.

9   RÜCKBAU UND RECYCLING
    Aufgrund des modularen Aufbaus von PV-Anlagen              – beispielsweise wieder als landwirtschaftliche Nutz-
    kann die Lebensdauer einer Anlage durch den Tausch         fläche – steht damit nichts im Weg. Die abgebauten
    einzelner Komponenten fast unendlich verlängert            Anlagenbestandteile werden nach dem aktuellen
    werden. Dennoch sollte ein vollständiger Rückbau           Stand der Technik fachgerecht recycelt bzw. entsorgt.
    der Anlage und eine Nachnutzung der Fläche bereits         Derzeit ist damit zu rechnen, dass mehr als 90 % aller
    in der Planungsphase mitgedacht werden. Eine               verwendeten Materialen wiederverwendet werden
    PV-Freiflächenanlage ist üblicherweise einfach abzu-       können. Durch laufende Forschungsaktivitäten wird
    bauen, alle Anlagenelemente (inkl. Fundamente und          nicht nur der Materialeinsatz bei PV-Anlagen reduziert,
    Kabeltrassen) können rückstandslos und schonend            sondern auch dessen Recyclingfähigkeit optimiert.
    entfernt werden. Einer störungsfreien Nachnutzung
12 – Gute Planungspraxis

GUTE PLANUNGSPRAXIS
              Erfahrungen nicht nur mit PV-Freiflächenanlagen, sondern auch mit Windparks und anderen Infrastrukturprojekten
              haben gezeigt, dass Projekte wesentlich einfacher und schneller umgesetzt werden können, wenn sich sowohl
              Gemeindevertretung als auch BürgerInnen eingebunden fühlen und sich im besten Fall damit identifizieren können.

              FRÜHZEITIGE                                           MITWIRKUNG IM
              INFORMATION                                           PLANUNGS­PROZESSS
              PV-Freiflächenanlagen sind in Österreich relativ      GemeindevertreterInnen, lokale Bevölkerung,
              neue Vorhaben, dementsprechend viele Fragen           lokale Naturschutzgruppen und Initiativen zeich-
              sind dazu in der Lokalpolitik und der Bevölkerung     nen sich oftmals auch durch spezielle Ortskennt-
              noch offen. Da für die Akzeptanz und Raumver-         nis aus. Durch einen Beteiligungsprozess in der
              träglichkeit nicht zuletzt die bauliche Ausführung    Planung können ungeklärte Punkte und Fragen
              und das Grünflächenmanagement innerhalb der           geklärt und obendrein lokales Wissen, beispiels-
              Anlage entscheidend sind, ist es wichtig, dass Ge-    weise über Wildquerungskorridore oder klein-
              meindevertretung und Bevölkerung frühzeitig in-       flächige Lebensräume genutzt werden.
              formiert werden, welche Art von Anlagen, in welcher
              Dimension und Ausführung geplant sind. Auch
              die ökologischen Entwicklungsziele sowie die ge-      BETEILIGUNGS­
              planten Maßnahmen zur naturverträglichen Integra-
              tion der Anlage werden möglichst frühzeitig kommu-    MÖGLICHKEITEN
              niziert, um die Auswirkungen auf den Naturhaushalt    Über finanzielle Beteiligungsmöglichkeiten können
              transparent darzustellen.                             sich GemeindebewohnerInnen an der Finanzierung
                                                                    der PV-Freiflächenanlage beteiligen und erhalten
              Eine bildhafte Projektdarstellung der geplanten       über eine vereinbarte Laufzeit eine jährliche Ren-
              PV-Freiflächenanlage kann die Integration in die      dite. Energiegemeinschaften stellen gegebenen­
              Landschaft bzw. die visuelle Wirkung der PV-Frei-     falls eine neue Möglichkeit dar, BürgerInnen
              flächenanlage simulieren. Für die Detailgestaltung    in solche Projekte mit einzubeziehen, und den
              und Einbettung in bestehende landschaftliche Struk-   Strom aus der Anlage vor Ort zu beziehen. Dies
              turen und Raumnutzungsmuster kann zudem eine          ergibt nicht nur finanzielle Vorteile für Gemeinde-
              Einbindung von lokalen ExpertInnen hilfreich sein.    bewohnerInnen und lokale Wirtschaftstreibende,
                                                                    sondern kann auch die Bereitschaft zur Errichtung
                                                                    des Vorhabens erhöhen und zu einer größeren
                                                                    Identifikation mit der PV-Freiflächenanlage führen.
GLOSSAR
Raumbeanspruchung –
Einwirkungen auf die Grundstücksfläche

      Veränderung der ökologischen                              Bodeneingriffe
      Funktions­fähigkeit und Wertigkeit                        Bodeneingriffe finden in erster Linie in der Errich­
      PV-Freiflächenanlagen stellen eine Umnutzung ge-          tungs­phase statt. Sie betreffen einerseits Grabungen
      genüber der bisherigen Flächennutzung dar. Je nach        für Verkabelungen und andererseits Bohrungen bzw.
      Ausgangszustand und baulicher Ausführung kann             Fundamentierungen für die Modulaufständerung,
      eine Fläche dadurch in ihrer ökologischen Funktions-      Einzäunung und allfälliger Nebenanlagen. Diese Ein-
      fähigkeit und Wertigkeit verbessert oder verschlechtert   griffe werden nach Fertigstellung der Anlage weitest-
      werden. Bei vormals landwirtschaftlich intensiv           gehend rückgebaut, notwendige Fahrwege werden
      genutzten Flächen wird unter Anwendung der in             minimiert und können als Lebensraum dienen.
      dieser Leitlinie formulierten Maßnahmen die örtliche
      Arten­vielfalt erhalten bzw. erhöht und die Fläche        Versiegelung
      öko­logisch aufgewertet.                                  Versiegelung bezeichnet die „Abdeckung des
                                                                Bodens mit einer wasserundurchlässigen Schicht“.
      Flächeninanspruchnahme                                    Dadurch verliert der Boden seine natürlichen Funk-
      Den augenscheinlichsten Wirkfaktor stellt die Flächen­    tionen wie die Aufnahme von Niederschlagswasser.
      inanspruchnahme dar. Für eine PV-Freiflächenanlage        Bei PV-Freiflächenanlagen betrifft dies haupt­
      mit einer installierten Leistung von 1 MWp wird inklu-    sächlich die betriebsnotwendigen Nebenanlagen
      sive Nebenanlagen in etwa eine Fläche von 1,0 bis         wie Wechselrichter und Trafostationen sowie allfällige
      1,4 ha benötigt. Die Flächeninanspruchnahme durch         Fundamente für Einfriedungen oder die Auf­
      die Anlage bewirkt wichtige ökologische Chancen           ständerung der PV-Module (Anteil
14 – Glossar

Raumbeeinflussung –
Auswirkungen auf die Umgebung

               Sichtbarkeit
               PV-Freiflächenanlagen entfalten ihre Sichtbarkeit           Umzäunung von PV- Freiflächenanlagen kann für
               je nach Dimension und Bauhöhe. Die konkrete                 Mittel- und Großsäugetiere zu erheblichen Stör-
               Bauform spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Durch       wirkungen bis hin zu Lebensraumverlusten führen.
               die geringe Bauhöhe der Anlagen bestehen in der             Während die Durchlässigkeit für Kleinsäuger
               Ebene nur sehr geringe Sichtwirkungen. Bei entspre-         durch einen Abstand des Zaunes vom Boden bzw.
               chender Begleitpflanzung bzw. landschaftsgerechter          großmaschigen Zaunelementen in Bodennähe
               Anordnung entlang bestehender Hecken oder Baum-             erhalten werden kann, sind zur Durchlässigkeit
               reihen kann eine großflächige PV-Anlage bereits             für Großsäugetiere bei großflächigen Anlagen
               ab etwa 200 m Entfernung kaum mehr bewusst wahr­            entsprechende und ausreichend breite Querungs­
               genommen werden. Anders verhält sich die visuelle           korridore anzulegen.
               Wirkung einer PV-Anlage im Hügel- oder Bergland oder
               wenn man von weiter oben auf sie herabsieht.                Mikroklimatische Effekte
                                                                           PV-Module besitzen im Regelfall einen sehr geringen
               Reflexionen                                                 solaren Reflexionsgrad und einen sehr hohen Ab-
               Obwohl PV-Module so konstruiert sind, dass sie              sorptionsgrad. Bei einem Modulwirkungsgrad von
               den größtmöglichen Teil des Lichts absorbieren,             etwa 18 % und einem Reflexionsgrad von 3-5 % er-
               wird dennoch ein Teil der Einstrahlung reflektiert. Je      wärmen sich PV-Module unter Sonneneinstrahlung
               kleiner der Einfallswinkel, desto größer fällt der Anteil   ähnlich wie eine Betonoberfläche mit 20 % Albedo
               an Reflexion aus. Bei süd-ausgerichteten fix instal-        (Rückstrahlungsgrad). Allerdings ist die Wärme­
               lierten Anlagen in der Ebene können daher zu den            speicherkapazität von PV-Modulen deutlich geringer
               Tagesrandzeiten Reflexionsbildungen westlich bzw.           als jene von Beton oder Asphalt womit die Wärme viel
               östlich der Module auftreten. Optimale Neigung              schneller wieder abgegeben wird und die Module
               und Ausrichtung reduzieren die Reflexionswirkung.           am Abend wieder schnell abkühlen. Die Tagesluft-
               Durch die starke Streuwirkung der PV-Module nimmt           temperaturen in unmittelbarer Nähe der PV-Module
               die Blendwirkung mit zunehmender Distanz stark              steigen leicht an, während auf die Nachtlufttempera-
               ab. Sichtverschattende Pflanzen reduzieren die Re-          turen kein signifikanter Effekt erkennbar ist.
               flexion weiters.
                                                                           Durch die Beschattung des Bodens sinkt dessen
               Barriere- und Zerschneidungswirkung                         Temperatur im Vergleich zu unbeschatteten Flächen
               Großflächige PV-Freiflächenanlagen mit durch­               im Sommer. Im Winter kehrt sich dieser Effekt um und
               gehender Umzäunung können zu Beeinträchtigun-               die Überschirmung verringert die Wärmeabgabe
               gen von lokalen Wegenetzen für Landwirtschaft               des Bodens, was zu leicht höheren Bodentempera-
               und Freizeitnutzungen führen. Darüber hinaus                turen unter den PV-Modulen führt. Auch im Tages-
               können hohe und dichte Abzäunungen zu einer                 gang ist die Temperaturvarianz in den überschirmten
               Entwertung der Erholungsfunktion führen. Die                Bereichen reduziert.

Sozio-ökonomische Wirkungen

               Finanzielle Wirkungen                                       Möglichkeit zur Beteiligung
               für die Standortgemeinde                                    Über allfällige Beteiligungsmodelle (entweder über
               Über lokal erbrachte Dienstleistungen bei Errich-           einen finanziellen Beitrag oder durch Strombezug aus
               tung und Betrieb der Anlage sowie Pflege der An-            der Anlage vor Ort) können sich Gemeindebewohner-
               lagenflächen können zusätzlich Kommunalsteuer­              Innen sowie gegebenenfalls auch die Standort­
               einnahmen anfallen. Allenfalls ergibt sich ein neues        gemeinde selbst finanziell an der Anlage im eigenen
               Potenzial für landwirtschaftliche (Neben-)Nutzungen         Gemeinde­gebiet beteiligen, was Verbundenheit
               sowie für touristische Ausflugsziele.                       sowie aktive Teilhabe an der Energiewende und
                                                                           ökologische Renditemöglichkeiten schafft.
Der Bundesverband Photovoltaic Austria                       Das ÖIR (Österreichische Institut für Raumplanung)
(PV Austria) ist die freiwillige und überpartei­-            ist ein national und international tätiges Beratungs-
liche Interessensvertretung der Photovoltaik-                und Planungsbüro in Wien und unterstützt
und Speicherbranche Österreichs. Mit                         Planungs­prozesse in Städten, Gemeinden und
Rück­grat von Unternehmen entlang der ge-                    Regionen. In Zusammenarbeit mit lokalen und
samten Wertschöpfungskette setzt sich                        regionalen AkteurInnen entwickelt das ÖIR sek-
der Bundesverband für die Verbesserung                       torenübergreifende Lösungen in den Bereichen
der gesetzlichen Rahmenbedingungen und                       Siedlungsentwicklung, Wirtschaft, Wohnen und
für Bewusstseinsbildung zu Photovoltaik in                   Daseinsvorsorge, Umwelt und Verkehr. Einer der
Österreich ein. Der Verband steht zudem                      Schwerpunkte ist die Analyse von Wirkungen von
seit Jahren für einen hochwertigen Austausch                 Windparks und Photovoltaikanlagen auf Raum­
innerhalb der Branche.                                       entwicklung und Umwelt.

                            KATHRIN KOLLMANN                                         RAFFAEL KOSCHER
                            Bundesverband                                            OIR GmbH
© Weinwurm

                            Photovoltaic Austria
                                                              © ÖIR

                202122021

                                          Das Österreichische Umweltzeichen
                                          für Druckerzeugnisse, UZ 24, UW 686
                                          Ferdinand Berger & Söhne GmbH.

Impressum: Medieninhaber, Redaktion: Photovoltaic Austria; Design & Konzept: RNPD.com;
Lektorat: Susanne Kollmann; Druck: Ferdinand Berger & Söhne Ges.M.B.H.; Satz- und Druckfehler vorbehalten.
Alle Rechte vorbehalten. Stand Februar 2022
24 Rounded Social Icons                     24 Rounded Social Icons

www.pvaustria.at                   @PV_Austria       @photovoltaicaustria

             Franz-Josefs-Kai 13/12-13 1010 Wien .
                                             .
               office@pvaustria.at 01/ 522 35 81

                         by Dreamstale.com                           by Dreamstale.com
Sie können auch lesen