Plan B Tätigkeitsbericht 2020 - Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption

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Plan B Tätigkeitsbericht 2020 - Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption
plan B                                         Kindern Schutz
                                               und Halt geben.

Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption   Ausgabe 2 / 2021

Tätigkeitsbericht 2020
Plan B Tätigkeitsbericht 2020 - Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption
» Inhalt

Themen                                                                                   Inhalt
dieser Ausgabe
                                                                                          Editoral, Vorstand                                                         3

           6-43 Berichte aus                                                              Grußworte                                                                  5

           den Fachbereichen                                                              Pflegefamilien                                                             6
           Wir stellen das vielfältige Angebot von
           plan B aus allen Arbeitsbereichen vor.                                         Adoptivfamilien                                                           12

                                                                                          Familienberatung                                                          14

                                                                                          Familiäre Krisenbetreuung                                                 16

                                                                                          IN-Betreuung                                                              18

                                                                                          Stationäre Krisenbetreuung                                                24

                          44-51 Zahlen und Fakten                                         Fachakademie                                                              28

                          Das Jahr 2020 in Zahlen:                                        Nur für Kinder                                                            33
                          Unsere Eckdaten im Überblick
                                                                                          Psychosoziale Familienbegleitung                                          34

                                                                                          Schöne neue (Arbeits-) Welt?                                              38

                                                                                          Zahlen und Fakten                                                         44

                                                                                          Sozialfonds für Pflegekinder                                              52

                                                                                          Einladung zur Generalversammlung                                          54

                                                                                          Feriencamps 2021                                                          55

                                                                                          Service und Termine                                                       56

        plan B wird gefördert:
     › Bundeskanzleramt Sektion V                                                        Impressum: Erscheinungsort: Linz. DVR.Nr. 4011539 · Mitglieds­beitrag:
     › Kinder- und Jugendhilfe                                                           EUR 35,- jährlich (inkludiert Abonnement »plan B - Zeitschrift für Pfle-
                                                                                         ge, Krisen­ betreuung, IN-Betreuung und Adoption«) · EUR 15,- nur für
     › Abteilung Bildung des Landes Oö.                                                  die Zeitschrift · Alle Angebote können auch von Nicht­         mit­ gliedern in
                                                                                         Anspruch genommen werden · Unsere Bankverbindung: HYPO Ober­
                                                                                         österreich IBAN: AT66 5400 0000 0037 9909 BIC: OBLAAT2L · Medien­in­
                                                                                         haber, Heraus­  geber, Verleger: plan B gem. GmbH. FN 407083 b · Grund­
                                                                                         legende ­Richtung: Informations- und Kommunikations­organ, Anregungen,
        Bundeskanzleramt                                                                 Hilfen und Hintergrund­information · Erscheint drei mal jährlich · F.d.I.v.: Alex-
                                                                                         ander König, MAS; Mag.a Gertrude Pirklbauer · Richterstraße 8d, 4060 Leon­
                                                                                         ding, Tel. 0732 · 60 66 65, Fax: DW 9. · Druck: Druckerei Gutenberg-Werbering
        SektionV Familien und Jugend                                                     GmbH, Linz · Satz: G2 Druck­vor­stufe, Linz · Fotos: plan B gem. GmbH.

2   plan B – Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption 2/2021
Plan B Tätigkeitsbericht 2020 - Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption
Editoral «

                       Liebe Leserinnen,
                       liebe Leser!
                       Am 16. März des vergangenen                                Dieses wohl ungewöhnlichste Jahr hat uns neben
                       Jahres wurde in Österreich von                             allen unplanbaren Belastungen aber auch gezeigt,
                       der Bundesregierung der erste                              welche Veränderungen in unserer »Arbeitswelt«
                       Lockdown verhängt. Kurz danach                             möglich, sinnvoll und zukunftsweisend sein
                       war unsere Kindergruppe Mogli die                          können. Diese Lernpotenziale wollen wir für die
                       erste Einrichtung der KJH in OÖ,                           Weiterentwicklung von plan B verstärkt nutzen.
                       die von COVID-Infektionen betroffen                        Verdeutlicht haben sich bedingt durch die äuße-
                       war. Es war völlig unklar, wie damit                       ren Entwicklungen einige Gesichtspunkte, die an
                       umzugehen ist, für uns und auch für                        sich nicht neu sind, die jedoch vor dem Hinter-
Dr. Erik Hohensinner
                       die Sanitätsbehörden. Niemand wusste,                      grund der Erfahrungen nun wesentlich konkreter
Obmann
                       ob und wie wir den Betrieb insgesamt                       erscheinen.
                       weiterführen können. Wie sollte                            Im Kern steht das Bemühen um grundlegen-
                       es gelingen, dass Herkunftseltern,                         de Zugänge und Haltungen. Die kontinuierliche
                       den Kontakt zu ihren Kindern                               Entwicklung einer gemeinsamen Kultur, die von
                       aufrechterhalten? Wie könnten wir                          Wertschätzung, Kooperation und Beteiligung
                       angesichts mangelnder (technischer)                        getragen ist, bildet das Fundament dafür. Diese
                       Infrastruktur große Teile des Betriebes                    Wertebasis verleiht uns eine gemeinsame Spra-
                       auf Homeoffice umstellen? Wie würden                       che und fokussiert unseren Blick auf das, wofür
                       wir die Kinder und Jugendlichen in                         plan B steht und künftig stehen möchte. Mit der
                       den Gruppen weiter betreuen können,                        Implementierung des SEN-Modells verfügen wir
   Alexander König,
                       wenn Pädagog/innen erkranken und                           über zusätzliche Werkzeuge, diesen Weg erfolg-
  Geschäftsführung
                       unter Quarantäne gestellt werden?                          reich zu beschreiten.

                       Solche und eine Unzahl weiterer Fragen haben               Das Thema der Flexibilisierung auf unterschiedli-
                       unseren Arbeitsalltag fundamental verändert                chen Ebenen beschäftigt plan B bereits seit länge-
                       und jegliche Routine außer Kraft gesetzt. Heu-             rem. Aufgrund der dezentralen Struktur bestehen
                       te blicken wir mit diesem Jahresbericht zurück             besondere Anforderungen, auch im Zusammen-
                       und können sagen, wir haben es geschafft! Das              hang mit der räumlichen und zeitlichen Arbeits-
                       soll nicht als lapidare Feststellung verstanden            gestaltung. Auch wenn plan B seit vielen Jahren
                       werden. Vielmehr handelt es sich um einen Aus-             über ein sehr flexibles Arbeitszeitmodell verfügt,
                       ruf, der von Stolz und Anerkennung getragen ist.           haben die äußeren Umstände des letzten Jahres,
                       Diese Wertschätzung gilt in erster Linie allen             hier insbesondere die erhöhte Notwendigkeit des
                       Betreuereltern, Sozialpädagoginnen und Fach-               Homeoffice, gezeigt, welche weiteren Schritte
                       kräften, die mit größter Beherztheit und tollem            erforderlich sind. Nicht zuletzt spielt dabei eine
                       Engagement die Kernaufgabe von plan B auch in              entsprechende technische Infrastruktur in der IT
                       dieser schwierigen Situation gewährleistet ha-             eine entscheidende Rolle.
                       ben, nämlich Kindern Schutz und Halt zu geben.
                       Darüber hinaus haben alle Mitarbeiter/innen auf
                         unterschiedlichen Ebenen bei plan B nicht min-
                             der wertvolle und unverzichtbare Beiträge
                                geleistet. Ohne dieses tolle Team wäre all
                                   das nicht möglich gewesen!

                                                                   plan B – Zeitschrif t für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption21/2021   3
Plan B Tätigkeitsbericht 2020 - Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption
» Editoral

                              Diese und manche weitere Überlegungen haben                In der Hoffnung, Ihnen mit diesem
                              uns auf der Ebene der Organisationsentwicklung             Tätigkeitsbericht 2020 eine interessante
                              dazu geführt, uns verstärkt mit der Frage agiler           Urlaubslektüre und ein lebendiges Bild der
                              Organisation auseinanderzusetzen. Aus diesem               Entwicklung zu bieten, wünschen wir Ihnen
                              Grund haben wir uns dazu entschieden, diesen               und Ihren Familien eine schöne und erholsame
                              Aspekt in den vorliegenden Jahresbericht einflie-          Ferienzeit und natürlich allen Kindern viele
                              ßen zu lassen.                                             sonnige Badetage und vor allem Gesundheit!

                              Wie jedes Jahr gibt uns der Tätigkeitsbericht auch         Wie immer freuen wir uns auf Ihre Reaktionen,
                              die Möglichkeit, im Namen von Vorstand und                 Rückmeldungen und Anregungen!
                              Geschäftsführung Dank für die vielen wichtigen
                              Beiträge zu sagen. Allen voran gilt dieser der Ab-
                              teilung Kinder- und Jugendhilfe des Landes Oö.
                              und der Kinder- und Jugendhilfe der Bezirke und
                              Magistrate, die plan B mit verschiedenen Aufträ-
                              gen über viele Jahre das Vertrauen geschenkt ha-
                              ben. Ohne das große Engagement aller Adoptiv-,
                              Pflege- und Krisenpflegeeltern, IN-Familien und
                              allen Mitarbeiter/innen von plan B und ihrer Be-
                              reitschaft, aktiv mitzugestalten, wären diese Ent-
                              wicklungen nicht möglich gewesen. Wir danken
                              allen ehemaligen und derzeitigen Mitarbeiter/in-
                              nen für ihren unverzichtbaren Beitrag. Der Dank
                              gilt auch allen weiteren Förder/innen, Spender/
                              innen, Sponsor/innen und Systempartner/innen,
                              die hier nicht namentlich genannt werden kön-
                              nen.

                              Dr. Erik Hohensinner                                       Alexander König
                              Obmann                                                     Geschäftsführer

4   plan B – Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption 2/2021
Plan B Tätigkeitsbericht 2020 - Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption
Grußworte «

                      Kindern ein Zuhause geben.                                           Seit vielen
                      Jahren ist plan B ein wichtiger Partner der Kinder- und Jugendhilfe Oberösterreich,
                      wenn es darum geht, Kindern Schutz und Halt zu geben. Durch gezielte Hilfe wird
                      vielen Kindern ein gesichertes Heranwachsen ermöglicht und durch die Leistung von
                      Pflegeeltern ist es möglich, dass sie wieder in ein normales Leben zurückfinden.
                                         Für rund 70 Kinder werden pro Jahr in Ober­österreich Pflegefamilien gesucht.
                                         Dazu braucht es Menschen, die bereit sind, einem oder mehreren Kindern ein
                                         neues Zuhause zu geben. Diese Kinder brauchen Beständigkeit, viel Liebe und
                                         Geborgenheit und Eltern, die bereit sind, den Pflegekindern ihr ganzes Vertrauen
                                         und ihre Unterstützung zu geben.
                                         Jede Unterstützung, die in einer Krisensituation geleistet werden kann und die
                                         dazu beiträgt, dass Kinder gerade in schwierigen Phasen stabilisiert und gestärkt
                                         werden können, hat für mich einen sehr hohen Stellenwert. Die Notwendigkeit
                                         Familien zu unterstützen wird in den kommenden Jahren – das ist meine Prog-
                                         nose – noch deutlich ansteigen und die Problemstellungen werden weiter noch
                                         vielfältiger und komplexer werden, als sie es heute ohnehin schon sind. Ich gehe
Sozial-Landesrätin davon aus, dass die COVID-19 Krise noch einen langen Schatten auf viele Familien werfen wird und
  Birgit Gerstorfer diese Zeit teils extremer Belastungen durch Gesundheits-, aber auch Wirtschaftskrise in der Zeit nach
                    der Pandemie weiterhin virulent bleiben.
                    Kinder, die belastenden Situationen ausgesetzt waren, haben manchmal wenig Selbstwertgefühl und
                    brauchen daher Pflegeeltern, die sie stärken und für eine bestimmte oder unbestimmte Zeit die Aufga-
                    ben der leiblichen Eltern übernehmen.
                    Ich bedanke mich bei allen Pflegeeltern sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von plan B für das
                    so wichtige Engagement und wünsche für die Zukunft alles Gute! Birgit Gerstorfer

                      Mit Anlauf in den zweiten Lockdown!
                      So könnte man meinen Start im November 2020 in die Abteilung Kinder- und Jugendhilfe des
                      Landes Oberösterreich beschreiben. Doch neben all den spannenden neuen Aufgaben haben mir
                      die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein gutes Ankommen ermöglicht, wofür ich dankbar bin.
                                          Dankbar bin ich auch, dass nach Monaten der Corona-bedingten Zusatzheraus-
                                          forderungen wir uns nun über Lockerungen im sozialen Zusammenleben freuen
                                          dürfen. Und das ist dringend nötig. Wir Menschen als soziale Wesen brauchen
                                          den Kontakt mit Menschen, das Gehört-, das Gesehen- und das Wahrgenommen-
                                          Werden. In den Monaten des Distanzhaltens haben wir die Wertigkeit physischer
                                          Treffen und das »Dazugehören wollen« wiederentdeckt. Die amerikanischen Psy-
                                          chologen Ryan & Deci (2000) bezeichnen das als »das soziale Eingebundensein« –
                                          eines der drei psychologischen Grundbedürfnisse jedes Menschen.
                                          Dieser sozialen Einbindung bedürfen Babys, Kinder, Jugendliche und Erwachse-
                                          ne bis zum Lebensende. Noch viel mehr Eingebundensein brauchen Kinder und
                                          Jugendliche, die in ihren Herkunftssystemen Gewalt oder Missbrauch erfahren
       Leiterin der   haben, oder deren familiäres Umfeld nicht in der Lage war, ihren Kindern ausreichend Schutz und
 Abteilung Kinder-    Geborgenheit zu schenken.
  und Jugendhilfe     Hier leisten Pflegeeltern, Adoptiveltern, die familiäre Krisenbetreuung oder die IN-Betreuung samt
   Mag.a Theresia     all den Helfersystemen von plan B wertvollste Dienste. Sie sind es, die versuchen Bindung aufzubauen,
     Schlöglmann      Vertrauen herzustellen und Wunden zu kitten. Mit hoher Verantwortung wird ein gangbarer Weg in
                      eine bessere Zukunft beschritten. Corona-bedingt finden sich zusätzliche Steine auf diesem an-
                      spruchsvollen Weg, die es zu überwinden gilt. Durch das gemeinsame Finden eines guten Weges sind
                      Sie zu einem unverzichtbaren Teil im Leben eines Kindes oder Jugendlichen geworden. Dafür sage ich
                      ein herzliches Dankeschön!
                      Mit der Bitte, weiterhin für Kinder und Jugend­liche Ihr Bestes zu geben und sorgsam mitein­ander
                      umzugehen, verbleibe ich mit besten Grüßen. Mag.a Theresia Schlöglmann

                                                                plan B – Zeitschrif t für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption21/2021   5
Plan B Tätigkeitsbericht 2020 - Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption
Tätigkeitsbericht
Pflegefamilien

6   plan B – Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption 2/2021
Plan B Tätigkeitsbericht 2020 - Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption
Fachbereich Pflegefamilien «

                Begleitete persönliche Kontakte
Von Leiterin Lisa Maria Hörtenhuber

                Die begleiteten persönlichen Kontakte zwischen           Die Kunst der Begleitung der persönlichen Kon-
                der leiblichen Familie und den Pflegekindern sind        takte ist, immer wieder auf das gemeinsame
                unser größter Aufgabenbereich. 2020 haben zwölf          Ziel hinzuweisen. Der gemeinsame Wunsch von
                Sozialarbeiter/innen die Pflegekinder dabei un-          Herkunftsfamilie und Pflegefamilie, dass es den
                terstützt, sich in dieser besonders herausfordern-       Kindern gut geht und sie sich ebenso entwickeln
                den Situation zurechtzufinden und sich mit ihrer         können. Besonders für Pflegekinder ist es sehr
                Vergangenheit auseinanderzusetzen. Gelingende            wichtig, dass sie mit ihren beiden Familien in ei-
                Kontakte mit der Herkunftsfamilie sind für das           ner positiven Art und Weise verbunden sein kön-
                Kind und seine Entwicklung eine Bereicherung.            nen.
                Darüber hinaus bedeutet dieser Kontakt für die
                                                                         Diese Verbundenheit wird vor allem durch die
                Pflegekinder eine verbliebene, sichtbare Verbin-
                                                                         Gestaltung der persönlichen Kontakte gefördert.
                dung zu ihren leiblichen Eltern.
                                                                         Diesbezüglich waren wir im vergangenen Jahr
                Für diese persönlichen Treffen in einem geschütz-        sehr gefordert, da pandemiebedingt neue Rah-
                ten Rahmen mit einer professionellen Kontakt-            menbedingungen für die Kontakte entwickelt
                begleitung stehen uns in Oberösterreich sieben           wurden, auf die im nächsten Artikel näher einge-
                Standorte zur Verfügung: Leonding, Vöckla­               gangen wird.
                bruck, Steyr, Ried/I., Braunau, Schärding und
                                                                         Ich möchte mich abschließend bei allen
                Freistadt.
                                                                         Pflege­eltern bedanken.
                Die dafür zuständigen Sozialarbeiter/innen be-           Vielen Dank für Ihr Engagement und
                weisen in der täglichen Arbeit viel Empathie und         Ihr Einfühlungsvermögen! Danke für
                Feingefühl. Sie gehen individuell auf die Bedürf-        Ihren täglichen und so wertvollen
                nisse jedes einzelnen Kindes ein und gestalten           Einsatz für Ihre Pflege­kinder!
                davon ausgehend ihre Begleitung der persön­
                                                                         Vielen Dank an alle Mitarbeiter/
                lichen Kontakte.
                                                                         innen unserer Abteilung! Ihr geht
                Wichtig ist uns dabei die Umsetzung der Metho-           individuell auf jedes Kind und jede
                den des Modells »SEN - Sicherheit entwickeln –           Familie empathisch ein und bietet so
                Entwicklung nutzen« sowie die damit einherge-            den Kindern die Unterstützung, die
                henden Grundhaltungen.                                   sie in ihrer Situation brauchen.
                Diese spannende Entwicklung hat uns die Arbeit           Vielen Dank an alle Kooperationspartner/
                in vielen Situationen bereits erleichtert und neue       innen und Sozialarbeiter/innen
                Blickwinkel aufgezeigt.                                  für die gute Zusammenarbeit!

                                                           plan B – Zeitschrif t für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption21/2021   7
Plan B Tätigkeitsbericht 2020 - Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption
» Fachbereich Pflegefamilien

              Angebote für Pflegefamilien

                              Familienbegleitung plus.                                   Feriencamps für Pflege- und IN-Kinder
                              Es freut uns sehr, dass 2020 durch 13 erhöhte              Unsere Feriencamps für Kinder und Jugend­
                              Anstellungen, 13 Assistenz- und 2 sozialpädago-            liche aus Pflege- und IN-Familien bieten immer
                              gische Fachkräfte, Pflegefamilien in hochbelaste-          viel Spaß und spannende Momente. Erfahrene
                              ten Situationen unterstützt und entlastet werden           Pädagogen/innen begleiten die 7- bis 15-jährigen
                              konnten.                                                   Pflege- und IN-Kinder. Sie bieten spannende Ak-
                                                                                         tivitäten und Abenteuer. Darüber hinaus kom-
                              Wir arbeiten gemeinsam mit der Kinder- und Ju-
                                                                                         men sie mit anderen Pflege- und IN-Kindern in
                              gendhilfe daran, dieses Angebot weiterzuentwi-
                                                                                         Austausch.
                              ckeln und viele weitere Pflegefamilien zur Verfü-
                              gung stellen zu können.                                    Im Sommer 2020 haben insgesamt 42 Pflege- und
                                                                                         IN-Kinder an den insgesamt in 6 Feriencamps
                              Vielen Dank für die Rückmeldungen und Anre-
                                                                                         teilgenommen und wurden dabei von 17 erfahre-
                              gungen, die diesbezüglich an uns herangetragen
                                                                                         nen Pädagog/innen betreut und begleitet.
                              wurden; dadurch kann eine gute Zusammenar-
                                                                                         Für 2021 sind noch freie Plätze im Feriencamp
                              beit gelingen.                              ■
                                                                                         verfügbar! Die Ausschreibung hierzu finden Sie
                                                                                         im Service-Teil.

                                                                                         Sollte es zu Änderungen bezüglich COVID-19
                                                                                         kommen, werden wir Sie umgehend darüber in-
                                                                                         formieren.                               ■

8   plan B – Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption 2/2021
Plan B Tätigkeitsbericht 2020 - Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption
Fachbereich Pflegefamilien «

                Und, wann sehe ich die Sandra-Mama
                eigentlich wieder?
Durch die Pandemie war es vorübergehend nicht erlaubt, dass
die persönlichen Kontakte zwischen Herkunftsfamilie und Pflege­
kindern mittels Treffen in Präsenz stattfinden. Dieser Umstand
hat uns alle sehr gefordert, uns auf neue Arten der Kontakt­
möglichkeiten in der Begleitung der persönlichen Kontakte zwischen
Pflegekindern und ihrer Herkunftsfamilie einzulassen.

                Besonders wichtig war eines zu vermeiden,                 Außerdem nutzten einige leibliche Eltern die
                nämlich ein Kontaktabbruch. Das hätte für die             Möglichkeit, direkt von den Kindern zu erfahren,
                Pflege­k inder eine neuerliche Verlusterfahrung           wie es ihnen in dieser speziellen Zeit so gehe und
                bedeutet. Durch ihre Vorerfahrungen hätte dies            ihnen ihre Zuwendung und Liebe auszudrücken.
                negative Auswirkungen auf die Entwicklung von             Man merkte, dass diese spezielle Zeit dazu beige-
                Vertrauen sowie ihre Beziehungsgestaltung ha-             tragen hat, dass die Herkunftseltern den Kindern
                ben können.                                               verstärkt auch in Worten mitteilten, dass sie sie
                                                                          »liebhaben« und sich schon auf ein Wiedersehen
                Also haben wir für jede Familie die passende
                                                                          freuen und dass sie sich freuen zu sehen, dass es
                Kontaktmöglichkeit gefunden, damit die Pflege-
                                                                          ihnen gut geht.
                kinder auch in dieser speziellen Situation spüren
                konnten: Meine Herkunftsfamilie denkt an mich             Des Weiteren konnten durch die neue Art des
                und hat Interesse an mir.                                 Kontakts viele Kinder und leibliche Eltern das
                                                                          erste Mal einen Teil der Wohnungen sehen. So gab
                Es wurden Pakete mit Fotos, Zeichnungen und
                                                                          es auch Wohnungsbesichtigungen via Videotele-
                Basteleien seitens der Pflegefamilie an die Her-
                                                                          fonie und dabei war es dann für manche Pflege-
                kunftsfamilie geschickt und diese schickten Pake-
                                                                          kinder auch möglich, z.B. die Haustiere der leibli-
                te mit Süßigkeiten oder Fotos zurück. Besonders
                                                                          chen Eltern kennenzulernen, die sie sonst nur aus
                schön war es, wenn Videos versendet wurden, in
                                                                          Erzählungen kennen.
                denen die Pflegekinder ihren leiblichen Eltern et-
                was vorgesungen haben oder sich im neuen Kleid­           Es wurde also das Beste aus jeder Situation ge-
                ungsstück, das sie beispielsweise von der leibli-         macht und das von allen Beteiligten. Es war be-
                chen Mutter geschickt bekommen hatten, zeigten.           rührend zu sehen, wie viel Energie, Kreativität
                                                                          und Flexibilität an den Tag gelegt wurde, um den
                Eine Möglichkeit war auch die Videotelefonie, je
                                                                          Kindern den Kontakt auch in dieser schwierigen
                nach Alter und Motivation der Kinder mal länger
                                                                          Zeit zu der leiblichen Familie zu ermöglichen.
                und mal kürzer. Besonders eindrucksvoll war es,
                wenn Rituale beibehalten wurden, wie beispiels-           Es gab auch Familien, die es nicht geschafft ha-
                weise das gemeinsame Frühstück. Anstatt Trink-            ben, sich auf diese Kontaktmöglichkeiten einzu-
                packerl und Kinderjoghurt wie gewohnt zum Be-             lassen. Manche leiblichen Eltern litten persönlich
                suchskontakt mitzubringen, besorgten sowohl die           so stark unter der von der Pandemie verursach-
                leibliche Mutter als auch die Pflegefamilie dieses        ten Situation, dass sie sich zwischenzeitlich nicht
                besondere Frühstück. Die Freude am gemeinsa-              mehr meldeten und für uns nicht mehr erreichbar
                men Essen und Trinken per Videotelefonie war              waren. Für die Pflegekinder war das meist sehr
                groß, als jeder mit Saft und Joghurt vor seinem           schwierig einzuordnen, wenn sie gar nichts von
                Bildschirm saß.                                           ihrer Herkunftsfamilie gehört, gesehen oder ge-
                                                                          lesen haben. Wir haben in diesen Situationen die
                                                                          Pflegeeltern dabei unterstützt, wie sie die Kinder
                                                                          in ihrer Traurigkeit, über den erlebten Kontaktab-
                                                                          bruch, auffangen und begleiten können.

                * Name(n) wurde(n) von der Redaktion geändert.

                                                           plan B – Zeitschrif t für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption21/2021   9
Plan B Tätigkeitsbericht 2020 - Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption
» Fachbereich Pflegefamilien

                             Für Pflegeeltern ist es in dieser Situation enorm
                             wichtig, das Kind verständnisvoll und einfühl-
                             sam aufzufangen und auch Verständnis für die
                             Gefühle und die Situation der Herkunftsfamilie
                             aufzubringen. Außerdem ist zentral, der Traurig-
                             keit des Kindes ihren Platz zu geben und vielleicht
                             auch gemeinsam über die aktuelle Situation trau-
                             rig zu sein. Besonders wichtig ist es zu vermitteln,
                             dass es niemals an den Kindern liegt, wenn sich
                             die Herkunftseltern vorübergehend nicht melden.
                             Manchmal trauen sie sich nicht, schämen sich,
                             haben zu viel mit sich selbst zu tun, etc. (vgl. Wie-
                             mann/Homeier 2016, S. 123). Darüber hinaus ist es
                             ist enorm wichtig, dass Pflegeeltern nach einem
                             zwischenzeitlichen Kontaktabbruch, einem neu-
                             erlichen Kontakttermin positiv gegenüberstehen.
                             Je nachdem, wie lange die Kontaktpause ange-
                             dauert hat, kann es vorkommen, dass das Pfle-
                             gekind etwas Zeit braucht, um wieder, wie vor
                             dieser Pause, auf die leibliche Familie zuzugehen.
                             Liebevolle Biographiearbeit kann dem Kind dabei
                             helfen, seine Situation besser einordnen und ver-
                             stehen zu können. Dadurch schafft man eine gute
                             Basis, auch nach einer längeren Pause den Kon-
                             takt so entspannt wie möglich zu gestalten.

10   plan B – Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption 2/2021
Fachbereich Pflegefamilien «

Leyla
Ich möchte kurz am Beispiel von Pflegetochter          Als dann endlich wieder das persönliche Treffen
Leyla beschreiben, welche positiven Auswirkun-         stattfinden darf, ist Leyla kaum zu halten. Wäh-
gen das »In-Kontakt-Bleiben« in dieser Zeit hatte.     rend die Begrüßung normalerweise immer eher
Leyla kam aufgrund einer psychischen Erkran-           zurückhaltend war und Leyla immer etwas Zeit
kung ihrer leiblichen Mutter bereits mit 1 ½ Jah-      brauchte, um aufzutauen, lief sie mit offenen Ar-
ren zu ihren Pflegeeltern. Seitdem hat sie alle        men auf ihre leibliche Großmutter und Mutter zu
14 Tage einen Kontakttermin mit ihrer leiblichen       und umarmte sie ganz fest. Dann forderte sie die
Großmutter und, wenn sie es schafft, kommt auch        beiden erstmalig von sich aus zum Spiel auf und
die leibliche Mutter zu den Kontakten mit. Leyla       ließ gar nicht locker, wenn die mal eine Pause ma-
ist mittlerweile 6 Jahre alt.                          chen wollten.

In dieser pandemiebedingt schwierigen Phase            Seit den Videotelefonaten schafft es auch Leylas
fragte sie ihre Pflegeeltern immer wieder: »Und,       leibliche Mutter, regelmäßiger zu den Kontakten
wann sehe ich die Sandra-Mama und die Omi ei-          mitzukommen. Während sie es zuvor viermal im
gentlich wieder?« Also haben wir uns für die Vi-       Jahr schaffte, ist sie nun monatlich bei den Ter-
deotelefonie als Kontaktvariante entschieden.          minen anwesend.
Durch diese Möglichkeit schaffte es auch die leib-
                                                       Natürlich können die Videotelefonate kein Er-
liche Mutter, regelmäßig mit ihrer Tochter in Kon-
                                                       satz für die persönlichen Treffen sein, aber sie
takt zu gehen. Es gelang ihr sogar, aktiv auf Leyla
                                                       können verhindern, dass ein Kontakt zwischen-
zuzugehen und mit ihr ins Gespräch zu kommen.
                                                       zeitlich abbricht und eine längere Kontakt­pause
Leyla war sichtlich erfreut über diese Entwick-
                                                       entsteht. So haben wir entschieden, dass in Zei-
lung und die Videotelefonate wurden immer
                                                       ten, in denen es der leiblichen Mutter wieder
länger und erreichten letzten Endes sogar die
                                                       schwerer fällt mitzukommen, es auch immer
tatsächliche Kontaktzeit von 90 Minuten. Leyla
                                                       wieder ein Videotelefonat geben sollte. So kann
sang ihrer leiblichen Mutter und Großmutter ihre
                                                       Leyla mit ihrer leiblichen Mutter regelmäßig in
Lieblingslieder vor und bestand immer darauf die
                                                       Kontakt sein. Für Leyla gelingt es auf diese Wei-
Kleider anzuziehen, die sie von ihnen geschenkt
                                                       se, dass sie mittlerweile ohne größere Pausen,
bekommen hatte. Die Pflegemutter erzählt, dass
                                                       gut mit ihren beiden Familien in Kontakt und in
sie vor dem Videotelefonat ein richtiges Ritual ha-
                                                       Verbindung sein kann.                          ■
ben. Es wird sorgfältig ausgewählt, was hergezeigt
werden soll und wie für die persönlichen Treffen                                         Lisa Maria Hörtenhuber, MA
macht sich Leyla immer besonders hübsch in den                                               Leiterin Soziale Familien
Kleidern, die sie von ihrer Herkunftsfamilie ge-
schenkt bekommen hat.

Die leibliche Großmutter freut das immer sehr.
Sie nennt Leyla liebevoll »meine wunderschöne
Prinzessin«, sagt ihr, wie sehr sie sie liebt und
dass sie sich schon aufs persönliche Treffen freut.
Diese Worte, die Leyla sonst eher selten von ihrer
Herkunftsfamilie hört, scheinen im neuen Medi-
um leicht zu fallen. Die leibliche Mutter schafft es
auch erstmalig, diese Worte ihrer Tochter gegen-
über auszusprechen.

                                                                  plan B – Zeitschrif t für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption21/2021   11
Tätigkeitsbericht
Adoptivfamilien

12   plan B – Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption 2/2021
Fachbereich Adoptivfamilien «

                Angebote für Adoptivfamilien
Von Leiterin Lisa Maria Hörtenhuber

                In enger Zusammenarbeit mit der Fachakademie             Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen
                entwickeln wir unsere Angebote für Adoptiv­              Adoptiveltern bedanken. Danke für Ihren täg-
                familien stetig weiter.                                  lichen Einsatz für Ihre Adoptivkinder, für Ihre
                                                                         Offenheit und Ihr Engagement, die täglichen
                Wichtige Angebote sind das Adoptivfamilienfest,
                                                                         Herausforderungen zu meistern!
                die Aussendung des Adoptivfamilien-Newslet-
                ters sowie die Beratung zu unterschied­lichsten
                Themen rund um die Adoption. Auch unsere
                Familienberatungsstelle ist für diese Fragen eine        Vielen Dank an alle Mitarbeiter/
                Anlaufstelle.
                                                                         innen in dieser Abteilung, die sich
                Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, dass wir
                                                                         so engagiert für die Umsetzung und
                bei der Gründung von neuen Adoptivfamilien-
                Stammtischen unterstützend zur Seite stehen.             Weiterentwicklung der bestehenden
                Derzeit gibt es bereits bestehende Stammtische
                                                                         Angebote zur Unterstützung der
                in Leonding, Vöcklabruck und Ried im Innkreis,
                denen man gerne beitreten kann. Bitte kommen             Adoptiveltern einsetzen!
                Sie bei Interesse auf uns zu!

                                                    Leider konnte das Adoptivfamilienfest 2020 aufgrund
                                                                       der Coronakrise nicht stattfinden.

                                                         plan B – Zeitschrif t für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption21/2021   13
Tätigkeitsbericht
Familienberatung

14   plan B – Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption 2/2021
Fachbereich Familienberatung «

                Spezialisierung und Erfahrung
                in der Familienberatung
Von Leiterin Lisa Maria Hörtenhuber

                Familienberatung                                          Die Hauptthemen in den
                Unsere Familienberatung genießt seit fast 20 Jah-         Beratungsgesprächen 2020 waren:
                ren die offizielle Anerkennung und Förder­ung des         › Besuchsrechtsprobleme 34,33 %
                Bundeskanzleramt Sektion V.                               › Inpflegenahme/-unterbringung
                                                                            von Kindern/ Adoption: 15,63 %
                Wir hatten 2020 in 320 Beratungsgesprächen für            › Überforderung: 7,19 %
                165 Personen ein offenes Ohr.                             › Sonstige Rechtsfragen: 6,56 %
                Die meisten Anfragen kamen aus Oberösterreich,            › Unterhaltsprobleme: 5,63 %
                aber auch Menschen aus anderen Bundesländern
                (vor allem aus Wien) wandten sich mit ihren Fra-          Darüber hinaus wurden folgende Themen
                gen an uns.                                               an die Berater/innen herangetragen:
                Vorwiegend wurden die Beratungen telefonisch              Kinderwunsch, Verhaltensauffälligkeiten bei
                geführt. Es gab darüber hinaus aber auch eini-            Kindern, Ausbildungsfragen, schulische Pro-
                ge persönliche Beratungsgespräche in unserem              bleme, Ablösungs­  probleme von Jugendlichen,
                Kompetenzzentrum in Leonding.                             Paar­konflikte, Konflikte im familiären Umfeld,
                Es wurden 296 Beratungsgespräche mit Einzel-              Obsorge, Trennung/Scheidung, Beeinträchtigung
                personen und 12 Paarberatungen durchgeführt.              Angehöriger, Wohnen, Schuldenregulierung,
                                                                          Arbeits­recht, psychische Erkrankung, Psycho­
                Für die Familienberatungen sind vier Sozialarbei-         somatik, Verlustangst, traumatische Kindheits­
                terinnen, zwei Psychologinnen und eine Juristin           erlebnisse, u.v.m.                           ■
                zuständig. Die an uns herangetragenen Anliegen
                können so inhaltlich entsprechend aufgeteilt und
                professionell bearbeitet werden.

                                       Bundeskanzleramt
                                       Sektion V Familien und Jugend

                                                          plan B – Zeitschrif t für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption21/2021   15
Tätigkeitsbericht
Familiäre Krisenbetreuung

16   plan B – Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption 2/2021
Fachbereich Familiäre Krisenbetreuung «

                     Corona kann vieles erschüttern – nicht
                     aber die Familiäre Krisenbetreuung
Von Leiterin Heike Korrell

                     Darüber, dass das Jahr 2020 ein herausfordern-           Generell haben sich unser aller Kenntnisse im
                     des Jahr war, sind sich die meisten Kolleginnen          Umgang mit diversen IT- und Kommunikations-

           67
                     und Kollegen, Leserinnen und Leser einig. Das            medien enorm verbessert. Innerhalb kürzester
                     vergangene Jahr hat aber auch viele neue Er-             Zeit wechselten Fallbegleitungen, Psychologin-
    Anfragen für     kenntnisse und Lernimpulse für uns bereitgehal-          nen und Teamleitung zur Telearbeit. In einem
                     ten und uns gezeigt, welche unserer Stärken auch         Bereich, der von persönlichen Kontakten und

   77      Kinder
                     eine Pandemie nicht erschüttern kann.                    Austausch lebt, wurde auf einmal unglaublich
                                                                              viel telefoniert, videotelefoniert, gemailt, SMS
                     Als Mitte März des letzten Jahres ein Lockdown

   32
                                                                              verschickt, etc. Seien es Teambesprechungen,
                     ausgerufen wurde, wurden auch unsere Routi-
           Krisen­                                                            Fallbesprechungen, Reflexionsgruppen oder ein
                     nen, Abläufen und Prozesse erst einmal obsolet.
pflegefamilien be-                                                            Nachfragen, wie »Wie geht es euch in der aktuel-
                     Unsere Kernaufgabe und Kernkompetenz hinge-
treuten insgesamt                                                             len Situation?«.
                     gen blieben unverändert. Die 27 Krisenpflegekin-

   59
                     der, die uns zum Zeitpunkt der Lockdown-Ver-             Komplett ohne persönliche Kontakte konnten wir
          Kinder.    kündung anvertraut waren, bekamen vom Wirbel             aber nicht auskommen. Auch in Pandemiezeiten
                     um sie herum im ersten Moment wenig mit. Sie             konnten wir unsere Kernaufgabe erfüllen und im
                     wurden weiterhin so gut und liebevoll von ihren          ersten Lockdown sechs Krisenpflegekinder auf-
                     Krisenpflegemütter betreut wie zuvor. Dies auch          nehmen. Fünf Krisenpflegekindern konnten wir
                     dank des fortwährenden unterstützenden Einsat-           in dieser Zeit weiter ermöglichen, ihre künftigen
                     zes der Krisenpflegeväter, -schwestern und -brü-         Pflegeeltern, IN-Familie, LiF-Familie und Ver-
                     der, die jeden Tag einen so wichtigen Beitrag zum        wandten kennenzulernen. Diese Kinder konnten
                     Gelingen der Familiären Krisenbetreuung leisten.         während des Lockdowns in ihr langfristiges Zu-
                     So können unsere Krisenpflegefamilien auch in            hause übersiedeln.
                     gesamtgesellschaftlichen Krisenzeiten ein siche-
                                                                              Was uns der Lockdown ebenfalls gezeigt hat, ist
                     rer Hafen sein, der den Kleinsten Schutz und Halt
                                                                              die Wichtigkeit der Unterstützung durch unsere
                     bietet.
                                                                              Familienhelferinnen. Diese konnten im ersten
                     Veränderungen, die wir für unsere Schützlinge            Lockdown ebenfalls vorübergehend aus Gründen
                     nicht vermeiden konnten, lagen in den Kontakten          der Risikoabwägung nicht im Einsatz sein. Umso
                     zu den wichtigen Bezugspersonen des Herkunfts-           freudiger wurde mit den ersten Lockerungs-
                     systems. Die Besuchskontakte konnten von ei-             schritten auf ihre Unterstützung zurückgegriffen.
                     nem auf den anderen Tag nicht, wie gewohnt, in
                                                                              Wir haben in diesem herausfordernden Jahr 2020
                     unseren Räumlichkeiten stattfinden. Innerhalb
                                                                              gelernt, dass uns unsere jahrelang erprobte Stär-
                     kürzester Zeit entwickelten die Kolleginnen neue
                                                                              ke der Flexibilität auch in Zeiten einer Pandemie
                     Ideen, wie der Kontakt aufrechterhalten werden
                                                                              weiterhilft. Ein großes Dankeschön gilt an dieser
                     kann. So wurden Fotos und kleine Videos aufge-
                                                                              Stelle allen Kolleginnen in der Familiären Kri-
                     zeichnet und verschickt sowie videotelefoniert.
                                                                              senbetreuung! Durch den Beitrag jeder einzelnen
                     Beide Möglichkeiten möchten wir seither nicht
                                                                              Kollegin, jeder Krisenpflegemutter, Familien-
                     mehr missen. Ein Foto, das zeigt, dass es den ei-
                                                                              helferin, Fallbegleitung und Psychologin konnte
                     genen Kindern einen Tag nach der Aufnahme in
                                                                              das herausfordernde Jahr 2020 so gut gemeistert
                     der FKB gut geht, kann Eltern so viele Sorgen
                                                                              werden. Danke, dass Sie trotz aller Herausforde-
                     nehmen. Und ein kurzes Handyvideo der Eltern,
                                                                              rungen und Widrigkeiten das Wichtigste nicht
                     in dem sie erzählen, dass sie sich auf die bevor-
                                                                              aus den Augen verlieren – das Wohl der uns an-
                     stehende Rückführung der Kinder freuen, kann
                                                                              vertrauten Kinder!                             ■
                     Kindern den Übergang erleichtern.

                                                              plan B – Zeitschrif t für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption21/2021   17
Tätigkeitsbericht
IN-Betreuung

18   plan B – Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption 2/2021
Fachbereich IN-Betreuung «

                IN-Betreuung –
                Sozialpädagogik zu Hause
Von Leiter Martin Seufer-Wasserthal

                Seit 2015 leben bei plan B Kinder und Jugendli-          Insgesamt gibt es ein wertvolles und wertschät-
                che in IN-Familien. Mit Jahresende 2020 arbei-           zendes Miteinander, das ohne den intensiven
                ten 14 Familien in diesem Bereich. Sie betreuen          fachlichen Austausch wohl nicht so gut funktio-
                insgesamt 17 Kinder bzw. Jugendliche und junge           nieren würde. Wir alle sind vom Konzept der IN-
                Erwachsene.                                              Betreuung überzeugt und auch davon, dass diese
                                                                         familiäre Betreuungsform, begleitet von einem
                Im Jahr 2020 zogen aber auch einige Kinder und
                                                                         umfassenden Paket an Unterstützungsangebo-
                Jugendliche aus den IN-Familien aus. Manche,
                                                                         ten, die Basis für ein gesundes Aufwachsen der
                weil sie volljährig wurden und so aus der IN-Be-
                                                                         uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen bil-
                treuung ausschieden und manche, weil die Prob-
                                                                         det. Auch zeugen Anfragen aus ganz Österreich
                lematik so groß wurde, dass das Familiensystem
                                                                         nach dem Konzept der IN-Betreuung und auch
                der IN-Betreuung die Betreuung des Kindes leider
                                                                         nach der Möglichkeit, ob Kinder aus anderen
                nicht mehr leisten konnte. Für sie wurden andere
                                                                                  Bundesländern aufgenommen werden
                gute Plätze gefunden. Nachbe-
                                                                                               können, von der Qualität

                                              2020
                treuungen durch die
                                                                                                     dieser Betreuungs-
                IN-Betreuerinnen
                                           16
                                                                         arbeiteten                    form.
                und IN-Betreuer

                                                 23
                                                  Familien im Bereich der IN-Betreuung
                konnten realisiert                                                                 Die       Anfragen
                                                  die insgesamt        Kinder bzw.
                werden, damit der                                                                  der Kinder- und
                Kontakt zur IN-Fa-
                                                         Jugendliche betreuten.
                                                                                                Jugend­h ilfe­einricht­
                milie nicht abrupt abge­                                                  ungen nach Betreuungs-
                brochen werden muss-                                         plätzen konnten wir im vergangenen
                te.                                                 Jahr wieder bei Weitem nicht erfüllen. Besonders
                                                                    die Suche nach Betreuungsfamilien gestaltet sich
                Viele der Kinder und Jugendlichen haben regel­
                                                                    nicht ganz einfach. Auf Ausschreibungen melden
                mäßige Kontakte zu ihren Eltern. Die IN-
                                                                    sich nur wenige interessierte Menschen.
                Betreuer­innen und IN-Betreuer sind dabei in der
                Gestaltung äußerst kreativ und engagiert. Trotz     Die ständige Suche nach neuen IN-Betreuerinnen
                Corona konnten Kontakte ausgebaut und vertieft      und IN-Betreuern fordert uns auf allen Ebenen.
                werden. Die Treffen finden entweder bei plan B      Wir hatten und haben hier alle Hände voll zu tun.
                in den Besucherräumlichkeiten, auf neutralem        Fragen, wie neue Personen für die IN-Betreuung
                Boden oder sogar bei den IN-Familien zu Hause       gefunden und begeistert werden können bzw. die
                unter Berücksichtigung der Corona-Sicherheits-      IN-Betreuung insgesamt bekannter und attrakti-
                bestimmungen statt.                                 ver werden kann, stellen sich zunehmend.

                Es gibt aber auch Kinder, die keine beziehungs-          Das letzte Jahr war von vielen verschiedenen
                weise kaum Kontakte zu ihrer Familie haben               Themen geprägt, wobei sicher das Thema Corona
                (können). Bei diesen wird versucht, ihre Familie         mit all seinen Ausprägungen von Homeschooling,
                beispielsweise mittels Words & Pictures mehr in          Lockdown, Familie nicht sehen können uvm. sehr
                den Blick zu rücken.                                     stark in den Mittelpunkt rückte.

                Die fachliche Begleitung der Familien und das
                Unterstützungsangebot werden als durchwegs
                positiv bewertet und führen zur Entlastung der
                Familien.

                                                         plan B – Zeitschrif t für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption21/2021   19
» Fachbereich IN-Betreuung

                             Durch die krisenhaften Zustände vor allem im                 Wir Erwachsene sagen oft, dass ein Jahr nicht so
                             ersten Lockdown (viele Dinge, die selbstverständ-            lang ist und die Zeit verfliegt. Für eine 15-Jährige
                             lich waren, konnten von heute auf morgen nicht               ist ein Jahr ¹ ̸₁₅ ihres Lebens, für einen 7-Jähri-
                             gemacht werden; die Zukunft war sehr ungewiss)               gen ¹ ̸₇. Gerade dies muss ich mir selbst immer
                             wurde ersichtlich, wie wichtig die enge Zusam-               wieder vor Augen führen, wenn ich darüber nach-
                             menarbeit zwischen den einzelnen handelnden                  denke, was ich in diesem Alter machen bzw. erle-
                             Personen der IN-Betreuung ist. Gerade in der                 ben durfte und welche Freiheiten und Aufgaben
                             Zeit, als diese Zusammenarbeit vorwiegend auf                ich hatte. Vieles davon können/ dürfen Kinder
                             das Telefon beschränkt war, hat sich gezeigt, dass           und Jugendliche im Moment nicht machen. »Der
                             persönliche Kontakte durch nichts zu ersetzen                Standard« berichtet am 24. März 2021 im Artikel
                             sind. Alle anderen Möglichkeiten sind eine gute              »Arme Eltern besorgt über ihre traurigen, einsa-
                             Ergänzung, aber kein Ersatz. Dies wiederum lässt             men Kinder«, dass zwei von zehn Kindern einsa-
                             für mich Rückschlüsse darauf zu, wie wichtig                 mer und trauriger als vor der Corona-Krise seien.
                             zum Beispiel auch persönliche Kontakte der Kin-              Jedes dritte Kind schlafe auch schlechter bzw. sei
                             der und Jugendlichen zu ihren Wurzeln – ihrer                unruhiger und gestresster. Bei Kindern, die schon
                             eigenen Familie – sind.                                      vor der Krise Probleme hatten, seien diese Werte
                                                                                          um ein Vielfaches höher.
                             An neuer Qualität ist aber dennoch hinzugekom-
                             men, dass wir in der IN-Betreuung nun endlich                In der IN-Betreuung haben alle in die Betreuung
                             mit den Vorzügen der neuen Technologien ausge-               involvierten Personen im letzten Jahr mit viel
                             stattet worden sind. So ist es nun für niemanden             Engagement, Zielstrebigkeit und Kreativität und
                             mehr ein Problem, an einer Videokonferenz teil-              trotz so mancher Bedenken wegen möglicher An-
                             zunehmen oder auch Videokontakte mit der Fa-                 steckungsgefahren dafür gesorgt, dass die uns an-
                             milie zu begleiten.                                          vertrauten Kinder und Jugendlichen zumindest
                                                                                          einen Teil der für sie so wichtigen Kontakte mit
                             Vor einem Jahr habe ich mir als Leiter der IN-Be-
                                                                                          Eltern und Gleichaltrigen aufrechterhalten konn-
                             treuung noch Gedanken gemacht, wie es möglich
                                                                                          ten. Sie sorgten dafür, dass zumindest ein Teil an
                             ist, mit allen IN-Betreuerinnen und IN-Betreuern
                                                                                          »Normalität« beibehalten werden konnte. Dafür
                             möglichst schnell und direkt in Kontakt zu treten
                                                                                          möchte ich mich in diesem Bericht ausdrück-
                             und sich abzusprechen, ohne dass sich gleich ins
                                                                                          lich bei allen Menschen in der IN-Betreuung bei
                             Auto gesetzt werden muss. An regelmäßige Video-
                                                                                          plan B bedanken: allen voran den IN-Familien,
                             konferenzen habe ich da noch nicht gedacht.
                                                                                          deren Assistenzkräften und Fallbegleiterinnen.
                             Aber auch hier ist zu bemerken, dass sich alle
                                                                                          Zu einem funktionierenden System gehören aber
                             schon wieder darauf freuen, sich endlich wieder
                                                                                          nicht nur die direkt mit den Kindern und Ju-
                             persönlich treffen zu können. Die Gespräche zwi-
                                                                                          gendlichen arbeitenden Menschen. Somit gilt der
                             schen Tür und Angel, beim Kaffee oder einfach
                                                                                          Dank auch all jenen, die IN-Betreuung bei plan B
                             kurz nach einer offiziellen Besprechung sind un-
                                                                                          überhaupt ermöglichen und »hinter den Kulis-
                             ersetzbar.
                                                                                          sen« unermüdlich und tagtäglich dafür arbeiten,
                             Für die uns anvertrauten Kinder und Jugend-                  dass den uns anvertrauten Kindern und Jugend-
                             lichen war dieses Jahr sicherlich ein besonders              lichen der bestmögliche Schutz und Halt gegeben
                             anstrengendes und hochemotionales. Gerade sie                werden kann.                                    ■
                             waren und sind von dieser so besonderen Zeit
                             überaus stark betroffen. Die IN-Familien geben
                             ihnen hier mit ihrem einerseits professionellen
                             Verständnis und andererseits mit der Stabilität
                             und Stärke des Familiensystems einen besonde-
                             ren Halt. Es hat sich aber auch gezeigt, dass dieses
                             starke System nicht als selbstverständlich gese-
                             hen werden darf. Es muss ständig an den Stärken
                             gearbeitet und die auftretenden Schwächen und
                             Ängste müssen ernst genommen und reflektiert
                             werden.

20   plan B – Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption 2/2021
Fachbereich IN-Betreuung «

                 Vom Versuch in schwierigen Zeiten
                 als Team gut zusammenzuarbeiten
                 und den Blick auf das Positive
                 zu behalten – wie geht das?
»Einen Artikel für den Jahresbericht bräuchten wir noch. Und
eine Idee für ein Thema. Und jemanden der‘s schreibt.« Mit einem
solch netten Auftrag überraschte uns unser Teamleiter Martin
wieder einmal im Jänner bei einer Team-Besprechung.
Tja, was für ein Thema? Puh, was war denn alles im vorigen Jahr …
Corona fällt uns sofort ein. – Bitte nicht schon wieder! – Keiner kanns
mehr hören. – Das ist doch echt nicht mehr zum Aushalten. – Immer noch
kein Ende in Sicht. – Und die Zahlen steigen schon wieder. – Na, ob alles
jemals wieder »normal« wird? – Hach, wissts noch, wie unkompliziert
vorher alles war? Ohne Masken. Ohne Abstandhalten. – Seufz.

                 Mitten in den Corona-Frust schlägt plötzlich ein    Nun hört sich das sehr nach »Einzelkämpfer-
                 SEN-Blitz ein und geboren ist die Idee: Wir sch-    tum« an, ist es aber nicht. Das Team ist eine der
                 reiben einfach darüber, was uns geholfen hat, in    wertvollsten Ressourcen, die wir haben und er-
                 schwierigen Zeiten als Team gut zusammenzuar-       möglicht uns erst qualitätsvolles Arbeiten, stärkt
                 beiten und den Blick auf das Positive nicht zu ver- jeder/m von uns den Rücken, ermöglicht uns
                 lieren! Gute Idee! Herausfordernde Zeiten gibt’s    neue Sichtweisen und Erkenntnisse. Deshalb
                 sicher auch nach Corona, das können wir und/        sind ein regelmäßiger Kontakt und Austausch im
                 oder vielleicht auch andere brauchen. (Zur Res-     Team uns allen äußerst wichtig und deshalb er-
                 source Humor/Augenzwinkern unten mehr           ).  achten wir unsere Arbeitsbeziehungen als höchst
                                                                                  schützenswert. Wir sind in den letz-
                 Aber jetzt mal ernsthaft - zu
                                                                                         ten Jahren durch Hochs und
                 unserer      Ausgangslage/
                                                  »There’s a crack in everything.           Tiefs gegangen, hatten
                 Herausforderung: Unser
                                                   That’s how the light gets in.«            natürlich auch unsere
                 kleines »IN-Büro-Team«
                                                             Leonard Cohen                   Auseinandersetzungen
                 besteht aus 5 Personen
                                                                                            miteinander, manchmal
                 - Teamleiter Martin und
                                                                                        hat es dabei auch Unterstüt-
                 Fallbegleiterinnen Julia, Elisa-
                                                                                 zung von außen bedurft, um es gut zu
                 beth, Maria und Martina. Zu unserem Job muss
                                                                     lösen. Aber wir haben es immer wieder geschafft,
                 man wissen, dass wir generell sehr viel unterwegs
                                                                     zusammenzukommen und sind dadurch noch
                 sind, auf Hausbesuchen bei unseren IN-Familien
                                                                     mehr zusammengewachsen. Corona hat uns nun
                 oder sonstigen externen Terminen. Hinzu kommt,
                                                                     vor ganz neue Herausforderungen gestellt, die
                 dass wir Fallbegleiterinnen alle teilzeitbeschäf-
                                                                     Ressource »Team« zu erhalten und zu pflegen.
                 tigt sind und damit ohnehin schon nicht sehr oft
                 im Büro anzutreffen sind. Mit Corona hat sich die   Wie kam das? Wir saßen also da in unseren Home
                 Anwesenheit im Büro noch einmal reduziert, da       Offices und winkten uns von unseren Bildschir-
                 wir vermehrt im Home Office gearbeitet haben.       men aus quer über ganz Oberösterreich zu. Team-
                                                                     Besprechungen, Supervisionen etc. liefen nur
                                                                     mehr über Telefon, Mail, Teams, zoom & Co. Hin-
                                                                     zu kamen die sehr speziellen Herausforderungen,

                                                           plan B – Zeitschrif t für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption21/2021   21
» Fachbereich IN-Betreuung

                             die jede/r von uns im privaten Bereich auch noch             › Wir versuchen in Kontakt zu bleiben. Auf der
                             zu meistern hatte, wie etwa Kinderbetreuung,                   technischen Ebene nutzen wir dazu sämtliche
                             Heimbeschulung, Home Office einrichten etc. Im                 digitalen Medien wie Teams, zoom usw. und
                             ersten Lockdown war vor allem die Unsicherheit                 natürlich das Telefon als Hilfsmittel. Auf der
                             und das Unwohlsein mit dieser ungewohnten Si-                  mensch­lichen und inhaltlichen Ebene ist es uns
                             tuation zu spüren. Wie geht’s bloß weiter? Wie                 generell wichtig, dass wir viele Dinge an­sprechen
                             soll die Begleitung unserer IN-Familien ausse-                 können, egal ob positiv oder negativ. Jede/r
                             hen? Ist Kurzarbeit eine Lösung für uns? Es gab                Einzelne wird wertgeschätzt und die Meinungen,
                             nichts, woran sich irgend jemand von uns orien-                so unterschiedlich sie auch sein mögen, werden
                             tieren hätte können, denn so eine Situation gab                ernst genommen. Und wenn’s einmal »kracht«,
                             es zuvor nicht. Jede/r wirkte auch durch seine                 dann versuchen wir durchzuatmen und bleiben
                             persönlichen Herausforderungen und durch die                   trotzdem dran um eine Aussprache und Lösung zu
                             Distanz ein bisschen wie »auf einem eigenen Pla-               bewirken. Dabei ist uns wichtig, wertschätzend
                             neten« und entsprechend merkte man dies auch                   zu sein und auch einmal einen Schlusspunkt zu
                             in der Kommunikation miteinander. Hinzu kam                    machen, wenn sich etwas gelöst hat. Zusätzlich
                             auch noch, dass wir in unserer Fallarbeit mit den              merkt man auch bei uns allen die Motivation, aus
                             Familien, Kindern und Jugendlichen einige ganz                 Fehlern oder Herausforderungen lernen zu wollen.
                             besondere Herausforderungen hatten, nebst den
                                                                                          › SEN und auch der kompetenzorientierte Zugang
                             neuen Anforderungen an unsere Betreuer/innen
                                                                                            der Sexualpädagogik haben schon ihre Spuren
                             wegen Corona sind etwa die ersten beiden jungen
                                                                                            bei uns hinterlassen und davon haben wir
                             Frauen, aus ihren Familien in ein selbstständiges
                                                                                            auch in der Corona-Zeit profitiert. Wir richten
                             Leben gewechselt, für 2 Kinder musste ein neuer
                                                                                            unseren Blick viel schneller in Richtung »Was
                             Betreuungsplatz gesucht werden etc. Die Ressour-
                                                                                            läuft trotzdem gut?« / »Was funktioniert?« /
                             ce Team war ganz schön gefordert und bekam hie
                                                                                            »Was ist machbar und gut genug?«. Auch wenn
                             und da auch leichte Risse.
                                                                                            eine Situation noch so schwierig ist, zumindest
                             Dazu fällt mir eine Zeile aus Leonard Cohens                   eine Person nimmt immer diesen Blickwinkel
                             Song »Anthem« ein: »There’s a crack, a crack in                auf und bewegt auch die anderen mit. Und wir
                             everything. That’s how the light gets in.« Alles hat           beginnen beispielsweise unsere 14-tägige Team-
                             Risse – auf diese Weise dringt das Licht ein. Hier             Besprechung mit einem positiven Einstieg: jede/r
                             ist ein Bericht darüber, wie wir versucht haben,               berichtet, was ihm/ihr seit dem letzten Team gut
                             mit den Rissen und dem Licht umzugehen. Was                    gelungen ist, worüber man sich gefreut hat etc.
                             hat uns geholfen, den Blick aufs Positive nicht zu
                                                                                          › Damit sind wir schon beim nächsten Punkt:
                             verlieren und als Team weiterhin gut zusammen-
                                                                                            Erfolge feiern und sich mitfreuen. All zu schnell
                             zuarbeiten?
                                                                                            sind wir gleich beim nächsten Problem, wenn
                                                                                            wir einmal eines gelöst haben. Auch wenn wir
                                                                                            das gerne hintan stellen: Die Zeit innezuhalten,
                                                                                            zu reflektieren wie wir etwas geschafft haben
                                                                                            und sich auch ausreichend darüber zu freuen –
                                                                                            am Besten in Gemeinschaft – ist äußerst
                                                                                            wertvoll. Dazu reicht es manchmal, es im Team
                                                                                            zu erzählen, manches verdient aber einen
                                                                                            besonderen Rahmen und es darf auch einmal
                                                                                            angestoßen werden oder mit viel Kuchen gefeiert
                                                                                            werden. Da haben wir noch einiges aufzuholen
                                                                                            nach Corona!

                                                                                          › Nach wie vor eine Herausforderung: Möglich­
                                                                                            keiten für einen informellen Austausch zu
                                                                                            schaffen. Wenn man sich nicht sieht, ist

22   plan B – Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption 2/2021
Fachbereich IN-Betreuung «

  ein zufälliges Gespräch oder ein Plaudern           Nun handelt dieser Erfahrungsbericht hauptsäch-
  zwischen Tür und Angel nicht möglich. Deshalb       lich von der Zusammenarbeit in unserem »Büro-
  versuchen wir das auch bei unseren Telefonaten/     Team«. Es gibt aber noch ein großes IN-Team –
  Videokonferenzen einzubauen oder nehmen uns         jenes, zu dem auch unsere IN-Betreuer/-innen
  vor, auch einfach so zum Hörer zu greifen und       gehören. Die obigen Punkte haben wir jedoch auch
  ohne Fallhintergrund zu telefonieren. Das fordert   versucht, in unserer Arbeit mit den IN-Familien,
  aber viel mehr aktives Zutun und sich dafür Zeit    Kindern und Jugendlichen in dieser besonderen
  zu nehmen ist nicht immer einfach.                  Zeit umzusetzen. Denn unser Tun und unsere Hal-
                                                      tung wirken sich über all unsere Schnittstellen und
› Unser persönliches Repertoire an Selbstfürsorge
                                                      über alle Ebenen aus. Das Wohl der Kinder/Ju-
  nutzen wir verstärkt für Ausgleich, Erholung
                                                      gendlichen, die uns anvertraut wurden, steht dabei
  und zum Krafttanken. Da hat jede/r seine/ihre
                                                      im Fokus. Auch das Wohl unserer IN-Betreuer/-
  eigenen Tankstellen – sei es viel in der Natur zu
                                                      innen liegt uns sehr am Herzen. Wir haben bei
  sein, Sport oder Yoga zu machen, ein gutes Buch
                                                      und mit ihnen besonders während der Corona-Zeit
  zu lesen etc.
                                                      sehr viel Engagement, Offenheit und Lösungsori-
› Dosierter Medienkonsum im Hinblick auf die          entierung erlebt und sie haben den anstrengenden
  Corona-Berichterstattung. Ganz ohne geht’s          Alltag mit den Kindern/Jugendlichen bestens ge-
  nicht, da wir ja auch auf dem Laufenden bleiben     meistert. Es wurden zudem Wege gefunden, wie
  müssen bzgl. neuer Vorgaben/Regelungen in           trotz Corona Hausbesuche oder Kontakte mit leib-
  Bezug auf Corona. Aber mit Haus­verstand bei        lichen Eltern stattfinden konnten. Dafür gebührt
  der Sache sein und sich nicht verrückt machen       ihnen ein riesengroßes Dankeschön und – sobald
  lassen – das war die Erkenntnis nach der            es wieder möglich ist – ein persönliches gemeinsa-
  allgemeinen Schockstarre des ersten Lockdowns.      mes Feiern dieser ihrer Leistung!

› Humor (behalten) und manches mit einem              Eine Herausforderung, die uns nach wie vor be-
  Augenzwinkern betrachten. Auch wenn’s               schäftigt, ist, diese Gruppe voll bunter Individuen
  vielleicht in der problematischen Situation         »im Boot« zu haben und gemeinsam mit ihnen an
  selbst nicht gelingt oder auch nicht angebracht     der Weiterentwicklung der IN-Betreuung zu arbei-
  ist, so hilft es manchmal auch im Nachhinein,       ten. Dazu benötigt es auch abseits der Fallbeglei-
  manches oder auch sich selbst mit einem             tungen eine entsprechende Struktur. Aufgrund der
  Augenzwinkern betrachten zu können. Auch gibt       Corona-Einschränkungen verstärkte sich die Sor-
  es kreative, lustige, lustvolle Methoden, sich      ge, dass wir diese Anbindung unserer IN-Betreuer/
  gewisse Themen zu erarbeiten – so geschehen         innen zunehmend verlieren könnten. Es hat zwar
  beim Team im März: Julias Fragekarten zu            einiger Anlaufzeit bedurft, aber schlussendlich ist
  beantworten machte einfach Spaß und sorgte          es gelungen, einen guten Austausch über monatli-
  für Abwechslung im, wie immer sehr dichten und      che Jour Fixes per Videokonferenz zu schaffen, der
  intensiven, Programm.                               sogar viel zeitnaher und aktueller ist als die bishe-
                                                      rige Struktur mit den üblichen Dienstbesprechun-
› Kleine Worte – große Wirkung. Öfter mal
                                                      gen. Zusätzlich gibt es beinahe im Wochenrhyth-
  Danke sagen z. B. für’s Zuhören, positives
                                                      mus Mails vom Teamleiter mit Neuigkeiten.
  Feedback geben, oder mit einer Kleinigkeit am
  Bürotisch der Kollegin zeigen, dass man an sie      Und übrigens – wir sind immer noch dabei, mit
  gedacht hat… Egal ob Geschäftsführer oder           den Rissen und dem Licht zu arbeiten. Manches
  Reinigungskraft: wir sind doch schlussendlich       Mal ist es schwierig, da wir Menschen alle von Na-
  alle nur Menschen, soziale Wesen, die nach          tur aus eher problemfokussiert denken, aber im-
  Zugehörigkeit streben und sich über positive        mer wieder schaffen wir es, den Blick auf das Po-
  Zuwendungen freuen.                                 sitive zu lenken. Daraus entstehen dann mitunter
                                                      diese kleinen und großen erhellenden, kraftvollen
› Und noch ein Schlusssatz – Zitat Martin:
                                                      Momente, von denen wir zehren können und wor-
  Ganz allgemein ist es durchaus hilfreich,
                                                      aus wieder Neues entsteht und wachsen kann. ■
  wenn man sich gegenseitig mag.
                                                          Martina Lanzerstorfer, BA, Fallbegleiterin IN-Betreuung

                                                                 plan B – Zeitschrif t für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption21/2021   23
Tätigkeitsbericht
Stationäre Krisenbetreuung

24   plan B – Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption 2/2021
Fachbereich Stationäre Krisenbetreuung «

                30 Jahre Mogli
Von Leiterin Barbara Krenn
Das Jahr 2020 war für alle ein sehr herausforderndes und auch
besonderes Jahr – auch wir sind hier keine Ausnahme. Trotz der vielen
Herausforderungen gab es viele schöne und ebenso wichtige Momente,
die wir in Erinnerung rufen wollen und die gefeiert werden möchten.
Ein solcher Anlass ist das 30-jährige Bestehen der Kindergruppe MOGLI.

                 Die Recherchearbeiten zu den letzten 30 Jahren            Im Jahr 2000 wurde in der Leondinger Straße
                 forderten uns zuerst einmal heraus. Unsere Ar-            das 10-jährige Bestehen des Krisenpflegeplatz
                 beit bestand darin, handschriftliche Aufzeich-            Mogli gefeiert. Bis dahin konnte das Mogli bereits
                 nungen zu sichten – eine ungewohnte Tätigkeit,            für 171 Kinder aus Oberösterreich ein Zuhause auf
                 denn in der heutigen Zeit ist man die Digitalisie-        Zeit in akuten Krisensituationen sein.
                 rung von Unterlagen einfach schon gewohnt. Den-
                                                                           Über die nächsten Jahre stieg der Bedarf an Be-
                 noch konnten nach ein wenig Suche Schriftstücke
                                                                           treuungsplätzen für Kinder und Jugendliche wei-
                 gefunden werden und so begann die zeitliche Re-
                                                                           terhin an. Dies wurde von der Abteilung Jugend-
                 cherche zum 30-jährigen Bestehen des MOGLI.
                                                                           wohlfahrt des Landes Oö. als Anlass gesehen, das
                 Bereits im Jahr 1990 wurde der Krisenpflegeplatz
                                                                           Konzept der Krisen- und Übergangsbetreuung in
                 Hafnerstraße des Vereins Pflege- und Adoptiv­
                                                                           Zusammenarbeit mit Vertreter/inne/n der Träge-
                 eltern OÖ. gegründet. Die Anfrage des Projekts
                                                                           reinrichtungen zu evaluieren, zu adaptieren und
                 lief zuerst unter dem Namen »Kindernest« und
                                                                           die Platzanzahl auszubauen.
                 hatte als Ziel, ein familienähnliches Umfeld für
                 Kinder zu schaffen, um in akuten Krisensituati-           Im Zuge dessen wurde plan B beauftragt, die Kin-
                 onen zu entlasten. Die Zeit der Krisenbetreuung           dergruppe zu erweitern und zusätzlich eine eige-
                 solle genützt werden, um entweder die Rückkehr            ne Gruppe für Jugendliche aufzubauen. Für die
                 zur Herkunftsfamilie vorzubereiten oder zum               Realisierung musste zunächst einmal eine geeig-
                 Finden von Pflege- oder Adoptiveltern. Am Kri-            nete Infra-
                 senpflegeplatz Hafnerstraße konnten damals fünf           struktur
                 Kinder von der Geburt bis zu ihrem 8. Lebens-
                 jahr, in Ausnahmefällen bis zum 12. Lebensjahr,
                 in der Wohngruppe betreut werden.

                 Bereits im Jahre 1995, also fünf Jahre nach der
                 Gründung des Krisenpflegeplatzes, zeigte sich
                 die Notwendigkeit von mehr Betreuungsplät-
                 zen für Kinder und diese wurden in der
                 Leondinger Straße 18 am Froschberg
                 gefunden. Hier standen sechs Plätze
                 und ein Not-Platz für Kinder zwi-
                 schen zwei und zwölf Jahren
                 zur Verfügung. Gleichzeitig
                 wurde auch das Konzept
                 erneuert und der Kri-
                 senpflegeplatz wurde
                 in Krisen­pflegeplatz
                 Mogli umbenannt.

                                                          plan B – Zeitschrif t für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption21/2021   25
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