Plan B Tätigkeitsbericht 2020 - Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption
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plan B Kindern Schutz und Halt geben. Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption Ausgabe 2 / 2021 Tätigkeitsbericht 2020
» Inhalt Themen Inhalt dieser Ausgabe Editoral, Vorstand 3 6-43 Berichte aus Grußworte 5 den Fachbereichen Pflegefamilien 6 Wir stellen das vielfältige Angebot von plan B aus allen Arbeitsbereichen vor. Adoptivfamilien 12 Familienberatung 14 Familiäre Krisenbetreuung 16 IN-Betreuung 18 Stationäre Krisenbetreuung 24 44-51 Zahlen und Fakten Fachakademie 28 Das Jahr 2020 in Zahlen: Nur für Kinder 33 Unsere Eckdaten im Überblick Psychosoziale Familienbegleitung 34 Schöne neue (Arbeits-) Welt? 38 Zahlen und Fakten 44 Sozialfonds für Pflegekinder 52 Einladung zur Generalversammlung 54 Feriencamps 2021 55 Service und Termine 56 plan B wird gefördert: › Bundeskanzleramt Sektion V Impressum: Erscheinungsort: Linz. DVR.Nr. 4011539 · Mitgliedsbeitrag: › Kinder- und Jugendhilfe EUR 35,- jährlich (inkludiert Abonnement »plan B - Zeitschrift für Pfle- ge, Krisen betreuung, IN-Betreuung und Adoption«) · EUR 15,- nur für › Abteilung Bildung des Landes Oö. die Zeitschrift · Alle Angebote können auch von Nicht mit gliedern in Anspruch genommen werden · Unsere Bankverbindung: HYPO Ober österreich IBAN: AT66 5400 0000 0037 9909 BIC: OBLAAT2L · Medienin haber, Heraus geber, Verleger: plan B gem. GmbH. FN 407083 b · Grund legende Richtung: Informations- und Kommunikationsorgan, Anregungen, Bundeskanzleramt Hilfen und Hintergrundinformation · Erscheint drei mal jährlich · F.d.I.v.: Alex- ander König, MAS; Mag.a Gertrude Pirklbauer · Richterstraße 8d, 4060 Leon ding, Tel. 0732 · 60 66 65, Fax: DW 9. · Druck: Druckerei Gutenberg-Werbering SektionV Familien und Jugend GmbH, Linz · Satz: G2 Druckvorstufe, Linz · Fotos: plan B gem. GmbH. 2 plan B – Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption 2/2021
Editoral « Liebe Leserinnen, liebe Leser! Am 16. März des vergangenen Dieses wohl ungewöhnlichste Jahr hat uns neben Jahres wurde in Österreich von allen unplanbaren Belastungen aber auch gezeigt, der Bundesregierung der erste welche Veränderungen in unserer »Arbeitswelt« Lockdown verhängt. Kurz danach möglich, sinnvoll und zukunftsweisend sein war unsere Kindergruppe Mogli die können. Diese Lernpotenziale wollen wir für die erste Einrichtung der KJH in OÖ, Weiterentwicklung von plan B verstärkt nutzen. die von COVID-Infektionen betroffen Verdeutlicht haben sich bedingt durch die äuße- war. Es war völlig unklar, wie damit ren Entwicklungen einige Gesichtspunkte, die an umzugehen ist, für uns und auch für sich nicht neu sind, die jedoch vor dem Hinter- Dr. Erik Hohensinner die Sanitätsbehörden. Niemand wusste, grund der Erfahrungen nun wesentlich konkreter Obmann ob und wie wir den Betrieb insgesamt erscheinen. weiterführen können. Wie sollte Im Kern steht das Bemühen um grundlegen- es gelingen, dass Herkunftseltern, de Zugänge und Haltungen. Die kontinuierliche den Kontakt zu ihren Kindern Entwicklung einer gemeinsamen Kultur, die von aufrechterhalten? Wie könnten wir Wertschätzung, Kooperation und Beteiligung angesichts mangelnder (technischer) getragen ist, bildet das Fundament dafür. Diese Infrastruktur große Teile des Betriebes Wertebasis verleiht uns eine gemeinsame Spra- auf Homeoffice umstellen? Wie würden che und fokussiert unseren Blick auf das, wofür wir die Kinder und Jugendlichen in plan B steht und künftig stehen möchte. Mit der den Gruppen weiter betreuen können, Implementierung des SEN-Modells verfügen wir Alexander König, wenn Pädagog/innen erkranken und über zusätzliche Werkzeuge, diesen Weg erfolg- Geschäftsführung unter Quarantäne gestellt werden? reich zu beschreiten. Solche und eine Unzahl weiterer Fragen haben Das Thema der Flexibilisierung auf unterschiedli- unseren Arbeitsalltag fundamental verändert chen Ebenen beschäftigt plan B bereits seit länge- und jegliche Routine außer Kraft gesetzt. Heu- rem. Aufgrund der dezentralen Struktur bestehen te blicken wir mit diesem Jahresbericht zurück besondere Anforderungen, auch im Zusammen- und können sagen, wir haben es geschafft! Das hang mit der räumlichen und zeitlichen Arbeits- soll nicht als lapidare Feststellung verstanden gestaltung. Auch wenn plan B seit vielen Jahren werden. Vielmehr handelt es sich um einen Aus- über ein sehr flexibles Arbeitszeitmodell verfügt, ruf, der von Stolz und Anerkennung getragen ist. haben die äußeren Umstände des letzten Jahres, Diese Wertschätzung gilt in erster Linie allen hier insbesondere die erhöhte Notwendigkeit des Betreuereltern, Sozialpädagoginnen und Fach- Homeoffice, gezeigt, welche weiteren Schritte kräften, die mit größter Beherztheit und tollem erforderlich sind. Nicht zuletzt spielt dabei eine Engagement die Kernaufgabe von plan B auch in entsprechende technische Infrastruktur in der IT dieser schwierigen Situation gewährleistet ha- eine entscheidende Rolle. ben, nämlich Kindern Schutz und Halt zu geben. Darüber hinaus haben alle Mitarbeiter/innen auf unterschiedlichen Ebenen bei plan B nicht min- der wertvolle und unverzichtbare Beiträge geleistet. Ohne dieses tolle Team wäre all das nicht möglich gewesen! plan B – Zeitschrif t für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption21/2021 3
» Editoral Diese und manche weitere Überlegungen haben In der Hoffnung, Ihnen mit diesem uns auf der Ebene der Organisationsentwicklung Tätigkeitsbericht 2020 eine interessante dazu geführt, uns verstärkt mit der Frage agiler Urlaubslektüre und ein lebendiges Bild der Organisation auseinanderzusetzen. Aus diesem Entwicklung zu bieten, wünschen wir Ihnen Grund haben wir uns dazu entschieden, diesen und Ihren Familien eine schöne und erholsame Aspekt in den vorliegenden Jahresbericht einflie- Ferienzeit und natürlich allen Kindern viele ßen zu lassen. sonnige Badetage und vor allem Gesundheit! Wie jedes Jahr gibt uns der Tätigkeitsbericht auch Wie immer freuen wir uns auf Ihre Reaktionen, die Möglichkeit, im Namen von Vorstand und Rückmeldungen und Anregungen! Geschäftsführung Dank für die vielen wichtigen Beiträge zu sagen. Allen voran gilt dieser der Ab- teilung Kinder- und Jugendhilfe des Landes Oö. und der Kinder- und Jugendhilfe der Bezirke und Magistrate, die plan B mit verschiedenen Aufträ- gen über viele Jahre das Vertrauen geschenkt ha- ben. Ohne das große Engagement aller Adoptiv-, Pflege- und Krisenpflegeeltern, IN-Familien und allen Mitarbeiter/innen von plan B und ihrer Be- reitschaft, aktiv mitzugestalten, wären diese Ent- wicklungen nicht möglich gewesen. Wir danken allen ehemaligen und derzeitigen Mitarbeiter/in- nen für ihren unverzichtbaren Beitrag. Der Dank gilt auch allen weiteren Förder/innen, Spender/ innen, Sponsor/innen und Systempartner/innen, die hier nicht namentlich genannt werden kön- nen. Dr. Erik Hohensinner Alexander König Obmann Geschäftsführer 4 plan B – Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption 2/2021
Grußworte « Kindern ein Zuhause geben. Seit vielen Jahren ist plan B ein wichtiger Partner der Kinder- und Jugendhilfe Oberösterreich, wenn es darum geht, Kindern Schutz und Halt zu geben. Durch gezielte Hilfe wird vielen Kindern ein gesichertes Heranwachsen ermöglicht und durch die Leistung von Pflegeeltern ist es möglich, dass sie wieder in ein normales Leben zurückfinden. Für rund 70 Kinder werden pro Jahr in Oberösterreich Pflegefamilien gesucht. Dazu braucht es Menschen, die bereit sind, einem oder mehreren Kindern ein neues Zuhause zu geben. Diese Kinder brauchen Beständigkeit, viel Liebe und Geborgenheit und Eltern, die bereit sind, den Pflegekindern ihr ganzes Vertrauen und ihre Unterstützung zu geben. Jede Unterstützung, die in einer Krisensituation geleistet werden kann und die dazu beiträgt, dass Kinder gerade in schwierigen Phasen stabilisiert und gestärkt werden können, hat für mich einen sehr hohen Stellenwert. Die Notwendigkeit Familien zu unterstützen wird in den kommenden Jahren – das ist meine Prog- nose – noch deutlich ansteigen und die Problemstellungen werden weiter noch vielfältiger und komplexer werden, als sie es heute ohnehin schon sind. Ich gehe Sozial-Landesrätin davon aus, dass die COVID-19 Krise noch einen langen Schatten auf viele Familien werfen wird und Birgit Gerstorfer diese Zeit teils extremer Belastungen durch Gesundheits-, aber auch Wirtschaftskrise in der Zeit nach der Pandemie weiterhin virulent bleiben. Kinder, die belastenden Situationen ausgesetzt waren, haben manchmal wenig Selbstwertgefühl und brauchen daher Pflegeeltern, die sie stärken und für eine bestimmte oder unbestimmte Zeit die Aufga- ben der leiblichen Eltern übernehmen. Ich bedanke mich bei allen Pflegeeltern sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von plan B für das so wichtige Engagement und wünsche für die Zukunft alles Gute! Birgit Gerstorfer Mit Anlauf in den zweiten Lockdown! So könnte man meinen Start im November 2020 in die Abteilung Kinder- und Jugendhilfe des Landes Oberösterreich beschreiben. Doch neben all den spannenden neuen Aufgaben haben mir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein gutes Ankommen ermöglicht, wofür ich dankbar bin. Dankbar bin ich auch, dass nach Monaten der Corona-bedingten Zusatzheraus- forderungen wir uns nun über Lockerungen im sozialen Zusammenleben freuen dürfen. Und das ist dringend nötig. Wir Menschen als soziale Wesen brauchen den Kontakt mit Menschen, das Gehört-, das Gesehen- und das Wahrgenommen- Werden. In den Monaten des Distanzhaltens haben wir die Wertigkeit physischer Treffen und das »Dazugehören wollen« wiederentdeckt. Die amerikanischen Psy- chologen Ryan & Deci (2000) bezeichnen das als »das soziale Eingebundensein« – eines der drei psychologischen Grundbedürfnisse jedes Menschen. Dieser sozialen Einbindung bedürfen Babys, Kinder, Jugendliche und Erwachse- ne bis zum Lebensende. Noch viel mehr Eingebundensein brauchen Kinder und Jugendliche, die in ihren Herkunftssystemen Gewalt oder Missbrauch erfahren Leiterin der haben, oder deren familiäres Umfeld nicht in der Lage war, ihren Kindern ausreichend Schutz und Abteilung Kinder- Geborgenheit zu schenken. und Jugendhilfe Hier leisten Pflegeeltern, Adoptiveltern, die familiäre Krisenbetreuung oder die IN-Betreuung samt Mag.a Theresia all den Helfersystemen von plan B wertvollste Dienste. Sie sind es, die versuchen Bindung aufzubauen, Schlöglmann Vertrauen herzustellen und Wunden zu kitten. Mit hoher Verantwortung wird ein gangbarer Weg in eine bessere Zukunft beschritten. Corona-bedingt finden sich zusätzliche Steine auf diesem an- spruchsvollen Weg, die es zu überwinden gilt. Durch das gemeinsame Finden eines guten Weges sind Sie zu einem unverzichtbaren Teil im Leben eines Kindes oder Jugendlichen geworden. Dafür sage ich ein herzliches Dankeschön! Mit der Bitte, weiterhin für Kinder und Jugendliche Ihr Bestes zu geben und sorgsam miteinander umzugehen, verbleibe ich mit besten Grüßen. Mag.a Theresia Schlöglmann plan B – Zeitschrif t für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption21/2021 5
Tätigkeitsbericht Pflegefamilien 6 plan B – Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption 2/2021
Fachbereich Pflegefamilien « Begleitete persönliche Kontakte Von Leiterin Lisa Maria Hörtenhuber Die begleiteten persönlichen Kontakte zwischen Die Kunst der Begleitung der persönlichen Kon- der leiblichen Familie und den Pflegekindern sind takte ist, immer wieder auf das gemeinsame unser größter Aufgabenbereich. 2020 haben zwölf Ziel hinzuweisen. Der gemeinsame Wunsch von Sozialarbeiter/innen die Pflegekinder dabei un- Herkunftsfamilie und Pflegefamilie, dass es den terstützt, sich in dieser besonders herausfordern- Kindern gut geht und sie sich ebenso entwickeln den Situation zurechtzufinden und sich mit ihrer können. Besonders für Pflegekinder ist es sehr Vergangenheit auseinanderzusetzen. Gelingende wichtig, dass sie mit ihren beiden Familien in ei- Kontakte mit der Herkunftsfamilie sind für das ner positiven Art und Weise verbunden sein kön- Kind und seine Entwicklung eine Bereicherung. nen. Darüber hinaus bedeutet dieser Kontakt für die Diese Verbundenheit wird vor allem durch die Pflegekinder eine verbliebene, sichtbare Verbin- Gestaltung der persönlichen Kontakte gefördert. dung zu ihren leiblichen Eltern. Diesbezüglich waren wir im vergangenen Jahr Für diese persönlichen Treffen in einem geschütz- sehr gefordert, da pandemiebedingt neue Rah- ten Rahmen mit einer professionellen Kontakt- menbedingungen für die Kontakte entwickelt begleitung stehen uns in Oberösterreich sieben wurden, auf die im nächsten Artikel näher einge- Standorte zur Verfügung: Leonding, Vöckla gangen wird. bruck, Steyr, Ried/I., Braunau, Schärding und Ich möchte mich abschließend bei allen Freistadt. Pflegeeltern bedanken. Die dafür zuständigen Sozialarbeiter/innen be- Vielen Dank für Ihr Engagement und weisen in der täglichen Arbeit viel Empathie und Ihr Einfühlungsvermögen! Danke für Feingefühl. Sie gehen individuell auf die Bedürf- Ihren täglichen und so wertvollen nisse jedes einzelnen Kindes ein und gestalten Einsatz für Ihre Pflegekinder! davon ausgehend ihre Begleitung der persön Vielen Dank an alle Mitarbeiter/ lichen Kontakte. innen unserer Abteilung! Ihr geht Wichtig ist uns dabei die Umsetzung der Metho- individuell auf jedes Kind und jede den des Modells »SEN - Sicherheit entwickeln – Familie empathisch ein und bietet so Entwicklung nutzen« sowie die damit einherge- den Kindern die Unterstützung, die henden Grundhaltungen. sie in ihrer Situation brauchen. Diese spannende Entwicklung hat uns die Arbeit Vielen Dank an alle Kooperationspartner/ in vielen Situationen bereits erleichtert und neue innen und Sozialarbeiter/innen Blickwinkel aufgezeigt. für die gute Zusammenarbeit! plan B – Zeitschrif t für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption21/2021 7
» Fachbereich Pflegefamilien Angebote für Pflegefamilien Familienbegleitung plus. Feriencamps für Pflege- und IN-Kinder Es freut uns sehr, dass 2020 durch 13 erhöhte Unsere Feriencamps für Kinder und Jugend Anstellungen, 13 Assistenz- und 2 sozialpädago- liche aus Pflege- und IN-Familien bieten immer gische Fachkräfte, Pflegefamilien in hochbelaste- viel Spaß und spannende Momente. Erfahrene ten Situationen unterstützt und entlastet werden Pädagogen/innen begleiten die 7- bis 15-jährigen konnten. Pflege- und IN-Kinder. Sie bieten spannende Ak- tivitäten und Abenteuer. Darüber hinaus kom- Wir arbeiten gemeinsam mit der Kinder- und Ju- men sie mit anderen Pflege- und IN-Kindern in gendhilfe daran, dieses Angebot weiterzuentwi- Austausch. ckeln und viele weitere Pflegefamilien zur Verfü- gung stellen zu können. Im Sommer 2020 haben insgesamt 42 Pflege- und IN-Kinder an den insgesamt in 6 Feriencamps Vielen Dank für die Rückmeldungen und Anre- teilgenommen und wurden dabei von 17 erfahre- gungen, die diesbezüglich an uns herangetragen nen Pädagog/innen betreut und begleitet. wurden; dadurch kann eine gute Zusammenar- Für 2021 sind noch freie Plätze im Feriencamp beit gelingen. ■ verfügbar! Die Ausschreibung hierzu finden Sie im Service-Teil. Sollte es zu Änderungen bezüglich COVID-19 kommen, werden wir Sie umgehend darüber in- formieren. ■ 8 plan B – Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption 2/2021
Fachbereich Pflegefamilien « Und, wann sehe ich die Sandra-Mama eigentlich wieder? Durch die Pandemie war es vorübergehend nicht erlaubt, dass die persönlichen Kontakte zwischen Herkunftsfamilie und Pflege kindern mittels Treffen in Präsenz stattfinden. Dieser Umstand hat uns alle sehr gefordert, uns auf neue Arten der Kontakt möglichkeiten in der Begleitung der persönlichen Kontakte zwischen Pflegekindern und ihrer Herkunftsfamilie einzulassen. Besonders wichtig war eines zu vermeiden, Außerdem nutzten einige leibliche Eltern die nämlich ein Kontaktabbruch. Das hätte für die Möglichkeit, direkt von den Kindern zu erfahren, Pflegek inder eine neuerliche Verlusterfahrung wie es ihnen in dieser speziellen Zeit so gehe und bedeutet. Durch ihre Vorerfahrungen hätte dies ihnen ihre Zuwendung und Liebe auszudrücken. negative Auswirkungen auf die Entwicklung von Man merkte, dass diese spezielle Zeit dazu beige- Vertrauen sowie ihre Beziehungsgestaltung ha- tragen hat, dass die Herkunftseltern den Kindern ben können. verstärkt auch in Worten mitteilten, dass sie sie »liebhaben« und sich schon auf ein Wiedersehen Also haben wir für jede Familie die passende freuen und dass sie sich freuen zu sehen, dass es Kontaktmöglichkeit gefunden, damit die Pflege- ihnen gut geht. kinder auch in dieser speziellen Situation spüren konnten: Meine Herkunftsfamilie denkt an mich Des Weiteren konnten durch die neue Art des und hat Interesse an mir. Kontakts viele Kinder und leibliche Eltern das erste Mal einen Teil der Wohnungen sehen. So gab Es wurden Pakete mit Fotos, Zeichnungen und es auch Wohnungsbesichtigungen via Videotele- Basteleien seitens der Pflegefamilie an die Her- fonie und dabei war es dann für manche Pflege- kunftsfamilie geschickt und diese schickten Pake- kinder auch möglich, z.B. die Haustiere der leibli- te mit Süßigkeiten oder Fotos zurück. Besonders chen Eltern kennenzulernen, die sie sonst nur aus schön war es, wenn Videos versendet wurden, in Erzählungen kennen. denen die Pflegekinder ihren leiblichen Eltern et- was vorgesungen haben oder sich im neuen Kleid Es wurde also das Beste aus jeder Situation ge- ungsstück, das sie beispielsweise von der leibli- macht und das von allen Beteiligten. Es war be- chen Mutter geschickt bekommen hatten, zeigten. rührend zu sehen, wie viel Energie, Kreativität und Flexibilität an den Tag gelegt wurde, um den Eine Möglichkeit war auch die Videotelefonie, je Kindern den Kontakt auch in dieser schwierigen nach Alter und Motivation der Kinder mal länger Zeit zu der leiblichen Familie zu ermöglichen. und mal kürzer. Besonders eindrucksvoll war es, wenn Rituale beibehalten wurden, wie beispiels- Es gab auch Familien, die es nicht geschafft ha- weise das gemeinsame Frühstück. Anstatt Trink- ben, sich auf diese Kontaktmöglichkeiten einzu- packerl und Kinderjoghurt wie gewohnt zum Be- lassen. Manche leiblichen Eltern litten persönlich suchskontakt mitzubringen, besorgten sowohl die so stark unter der von der Pandemie verursach- leibliche Mutter als auch die Pflegefamilie dieses ten Situation, dass sie sich zwischenzeitlich nicht besondere Frühstück. Die Freude am gemeinsa- mehr meldeten und für uns nicht mehr erreichbar men Essen und Trinken per Videotelefonie war waren. Für die Pflegekinder war das meist sehr groß, als jeder mit Saft und Joghurt vor seinem schwierig einzuordnen, wenn sie gar nichts von Bildschirm saß. ihrer Herkunftsfamilie gehört, gesehen oder ge- lesen haben. Wir haben in diesen Situationen die Pflegeeltern dabei unterstützt, wie sie die Kinder in ihrer Traurigkeit, über den erlebten Kontaktab- bruch, auffangen und begleiten können. * Name(n) wurde(n) von der Redaktion geändert. plan B – Zeitschrif t für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption21/2021 9
» Fachbereich Pflegefamilien Für Pflegeeltern ist es in dieser Situation enorm wichtig, das Kind verständnisvoll und einfühl- sam aufzufangen und auch Verständnis für die Gefühle und die Situation der Herkunftsfamilie aufzubringen. Außerdem ist zentral, der Traurig- keit des Kindes ihren Platz zu geben und vielleicht auch gemeinsam über die aktuelle Situation trau- rig zu sein. Besonders wichtig ist es zu vermitteln, dass es niemals an den Kindern liegt, wenn sich die Herkunftseltern vorübergehend nicht melden. Manchmal trauen sie sich nicht, schämen sich, haben zu viel mit sich selbst zu tun, etc. (vgl. Wie- mann/Homeier 2016, S. 123). Darüber hinaus ist es ist enorm wichtig, dass Pflegeeltern nach einem zwischenzeitlichen Kontaktabbruch, einem neu- erlichen Kontakttermin positiv gegenüberstehen. Je nachdem, wie lange die Kontaktpause ange- dauert hat, kann es vorkommen, dass das Pfle- gekind etwas Zeit braucht, um wieder, wie vor dieser Pause, auf die leibliche Familie zuzugehen. Liebevolle Biographiearbeit kann dem Kind dabei helfen, seine Situation besser einordnen und ver- stehen zu können. Dadurch schafft man eine gute Basis, auch nach einer längeren Pause den Kon- takt so entspannt wie möglich zu gestalten. 10 plan B – Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption 2/2021
Fachbereich Pflegefamilien « Leyla Ich möchte kurz am Beispiel von Pflegetochter Als dann endlich wieder das persönliche Treffen Leyla beschreiben, welche positiven Auswirkun- stattfinden darf, ist Leyla kaum zu halten. Wäh- gen das »In-Kontakt-Bleiben« in dieser Zeit hatte. rend die Begrüßung normalerweise immer eher Leyla kam aufgrund einer psychischen Erkran- zurückhaltend war und Leyla immer etwas Zeit kung ihrer leiblichen Mutter bereits mit 1 ½ Jah- brauchte, um aufzutauen, lief sie mit offenen Ar- ren zu ihren Pflegeeltern. Seitdem hat sie alle men auf ihre leibliche Großmutter und Mutter zu 14 Tage einen Kontakttermin mit ihrer leiblichen und umarmte sie ganz fest. Dann forderte sie die Großmutter und, wenn sie es schafft, kommt auch beiden erstmalig von sich aus zum Spiel auf und die leibliche Mutter zu den Kontakten mit. Leyla ließ gar nicht locker, wenn die mal eine Pause ma- ist mittlerweile 6 Jahre alt. chen wollten. In dieser pandemiebedingt schwierigen Phase Seit den Videotelefonaten schafft es auch Leylas fragte sie ihre Pflegeeltern immer wieder: »Und, leibliche Mutter, regelmäßiger zu den Kontakten wann sehe ich die Sandra-Mama und die Omi ei- mitzukommen. Während sie es zuvor viermal im gentlich wieder?« Also haben wir uns für die Vi- Jahr schaffte, ist sie nun monatlich bei den Ter- deotelefonie als Kontaktvariante entschieden. minen anwesend. Durch diese Möglichkeit schaffte es auch die leib- Natürlich können die Videotelefonate kein Er- liche Mutter, regelmäßig mit ihrer Tochter in Kon- satz für die persönlichen Treffen sein, aber sie takt zu gehen. Es gelang ihr sogar, aktiv auf Leyla können verhindern, dass ein Kontakt zwischen- zuzugehen und mit ihr ins Gespräch zu kommen. zeitlich abbricht und eine längere Kontaktpause Leyla war sichtlich erfreut über diese Entwick- entsteht. So haben wir entschieden, dass in Zei- lung und die Videotelefonate wurden immer ten, in denen es der leiblichen Mutter wieder länger und erreichten letzten Endes sogar die schwerer fällt mitzukommen, es auch immer tatsächliche Kontaktzeit von 90 Minuten. Leyla wieder ein Videotelefonat geben sollte. So kann sang ihrer leiblichen Mutter und Großmutter ihre Leyla mit ihrer leiblichen Mutter regelmäßig in Lieblingslieder vor und bestand immer darauf die Kontakt sein. Für Leyla gelingt es auf diese Wei- Kleider anzuziehen, die sie von ihnen geschenkt se, dass sie mittlerweile ohne größere Pausen, bekommen hatte. Die Pflegemutter erzählt, dass gut mit ihren beiden Familien in Kontakt und in sie vor dem Videotelefonat ein richtiges Ritual ha- Verbindung sein kann. ■ ben. Es wird sorgfältig ausgewählt, was hergezeigt werden soll und wie für die persönlichen Treffen Lisa Maria Hörtenhuber, MA macht sich Leyla immer besonders hübsch in den Leiterin Soziale Familien Kleidern, die sie von ihrer Herkunftsfamilie ge- schenkt bekommen hat. Die leibliche Großmutter freut das immer sehr. Sie nennt Leyla liebevoll »meine wunderschöne Prinzessin«, sagt ihr, wie sehr sie sie liebt und dass sie sich schon aufs persönliche Treffen freut. Diese Worte, die Leyla sonst eher selten von ihrer Herkunftsfamilie hört, scheinen im neuen Medi- um leicht zu fallen. Die leibliche Mutter schafft es auch erstmalig, diese Worte ihrer Tochter gegen- über auszusprechen. plan B – Zeitschrif t für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption21/2021 11
Tätigkeitsbericht Adoptivfamilien 12 plan B – Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption 2/2021
Fachbereich Adoptivfamilien « Angebote für Adoptivfamilien Von Leiterin Lisa Maria Hörtenhuber In enger Zusammenarbeit mit der Fachakademie Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen entwickeln wir unsere Angebote für Adoptiv Adoptiveltern bedanken. Danke für Ihren täg- familien stetig weiter. lichen Einsatz für Ihre Adoptivkinder, für Ihre Offenheit und Ihr Engagement, die täglichen Wichtige Angebote sind das Adoptivfamilienfest, Herausforderungen zu meistern! die Aussendung des Adoptivfamilien-Newslet- ters sowie die Beratung zu unterschiedlichsten Themen rund um die Adoption. Auch unsere Familienberatungsstelle ist für diese Fragen eine Vielen Dank an alle Mitarbeiter/ Anlaufstelle. innen in dieser Abteilung, die sich Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, dass wir so engagiert für die Umsetzung und bei der Gründung von neuen Adoptivfamilien- Stammtischen unterstützend zur Seite stehen. Weiterentwicklung der bestehenden Derzeit gibt es bereits bestehende Stammtische Angebote zur Unterstützung der in Leonding, Vöcklabruck und Ried im Innkreis, denen man gerne beitreten kann. Bitte kommen Adoptiveltern einsetzen! Sie bei Interesse auf uns zu! Leider konnte das Adoptivfamilienfest 2020 aufgrund der Coronakrise nicht stattfinden. plan B – Zeitschrif t für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption21/2021 13
Tätigkeitsbericht Familienberatung 14 plan B – Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption 2/2021
Fachbereich Familienberatung « Spezialisierung und Erfahrung in der Familienberatung Von Leiterin Lisa Maria Hörtenhuber Familienberatung Die Hauptthemen in den Unsere Familienberatung genießt seit fast 20 Jah- Beratungsgesprächen 2020 waren: ren die offizielle Anerkennung und Förderung des › Besuchsrechtsprobleme 34,33 % Bundeskanzleramt Sektion V. › Inpflegenahme/-unterbringung von Kindern/ Adoption: 15,63 % Wir hatten 2020 in 320 Beratungsgesprächen für › Überforderung: 7,19 % 165 Personen ein offenes Ohr. › Sonstige Rechtsfragen: 6,56 % Die meisten Anfragen kamen aus Oberösterreich, › Unterhaltsprobleme: 5,63 % aber auch Menschen aus anderen Bundesländern (vor allem aus Wien) wandten sich mit ihren Fra- Darüber hinaus wurden folgende Themen gen an uns. an die Berater/innen herangetragen: Vorwiegend wurden die Beratungen telefonisch Kinderwunsch, Verhaltensauffälligkeiten bei geführt. Es gab darüber hinaus aber auch eini- Kindern, Ausbildungsfragen, schulische Pro- ge persönliche Beratungsgespräche in unserem bleme, Ablösungs probleme von Jugendlichen, Kompetenzzentrum in Leonding. Paarkonflikte, Konflikte im familiären Umfeld, Es wurden 296 Beratungsgespräche mit Einzel- Obsorge, Trennung/Scheidung, Beeinträchtigung personen und 12 Paarberatungen durchgeführt. Angehöriger, Wohnen, Schuldenregulierung, Arbeitsrecht, psychische Erkrankung, Psycho Für die Familienberatungen sind vier Sozialarbei- somatik, Verlustangst, traumatische Kindheits terinnen, zwei Psychologinnen und eine Juristin erlebnisse, u.v.m. ■ zuständig. Die an uns herangetragenen Anliegen können so inhaltlich entsprechend aufgeteilt und professionell bearbeitet werden. Bundeskanzleramt Sektion V Familien und Jugend plan B – Zeitschrif t für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption21/2021 15
Tätigkeitsbericht Familiäre Krisenbetreuung 16 plan B – Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption 2/2021
Fachbereich Familiäre Krisenbetreuung « Corona kann vieles erschüttern – nicht aber die Familiäre Krisenbetreuung Von Leiterin Heike Korrell Darüber, dass das Jahr 2020 ein herausfordern- Generell haben sich unser aller Kenntnisse im des Jahr war, sind sich die meisten Kolleginnen Umgang mit diversen IT- und Kommunikations- 67 und Kollegen, Leserinnen und Leser einig. Das medien enorm verbessert. Innerhalb kürzester vergangene Jahr hat aber auch viele neue Er- Zeit wechselten Fallbegleitungen, Psychologin- Anfragen für kenntnisse und Lernimpulse für uns bereitgehal- nen und Teamleitung zur Telearbeit. In einem ten und uns gezeigt, welche unserer Stärken auch Bereich, der von persönlichen Kontakten und 77 Kinder eine Pandemie nicht erschüttern kann. Austausch lebt, wurde auf einmal unglaublich viel telefoniert, videotelefoniert, gemailt, SMS Als Mitte März des letzten Jahres ein Lockdown 32 verschickt, etc. Seien es Teambesprechungen, ausgerufen wurde, wurden auch unsere Routi- Krisen Fallbesprechungen, Reflexionsgruppen oder ein nen, Abläufen und Prozesse erst einmal obsolet. pflegefamilien be- Nachfragen, wie »Wie geht es euch in der aktuel- Unsere Kernaufgabe und Kernkompetenz hinge- treuten insgesamt len Situation?«. gen blieben unverändert. Die 27 Krisenpflegekin- 59 der, die uns zum Zeitpunkt der Lockdown-Ver- Komplett ohne persönliche Kontakte konnten wir Kinder. kündung anvertraut waren, bekamen vom Wirbel aber nicht auskommen. Auch in Pandemiezeiten um sie herum im ersten Moment wenig mit. Sie konnten wir unsere Kernaufgabe erfüllen und im wurden weiterhin so gut und liebevoll von ihren ersten Lockdown sechs Krisenpflegekinder auf- Krisenpflegemütter betreut wie zuvor. Dies auch nehmen. Fünf Krisenpflegekindern konnten wir dank des fortwährenden unterstützenden Einsat- in dieser Zeit weiter ermöglichen, ihre künftigen zes der Krisenpflegeväter, -schwestern und -brü- Pflegeeltern, IN-Familie, LiF-Familie und Ver- der, die jeden Tag einen so wichtigen Beitrag zum wandten kennenzulernen. Diese Kinder konnten Gelingen der Familiären Krisenbetreuung leisten. während des Lockdowns in ihr langfristiges Zu- So können unsere Krisenpflegefamilien auch in hause übersiedeln. gesamtgesellschaftlichen Krisenzeiten ein siche- Was uns der Lockdown ebenfalls gezeigt hat, ist rer Hafen sein, der den Kleinsten Schutz und Halt die Wichtigkeit der Unterstützung durch unsere bietet. Familienhelferinnen. Diese konnten im ersten Veränderungen, die wir für unsere Schützlinge Lockdown ebenfalls vorübergehend aus Gründen nicht vermeiden konnten, lagen in den Kontakten der Risikoabwägung nicht im Einsatz sein. Umso zu den wichtigen Bezugspersonen des Herkunfts- freudiger wurde mit den ersten Lockerungs- systems. Die Besuchskontakte konnten von ei- schritten auf ihre Unterstützung zurückgegriffen. nem auf den anderen Tag nicht, wie gewohnt, in Wir haben in diesem herausfordernden Jahr 2020 unseren Räumlichkeiten stattfinden. Innerhalb gelernt, dass uns unsere jahrelang erprobte Stär- kürzester Zeit entwickelten die Kolleginnen neue ke der Flexibilität auch in Zeiten einer Pandemie Ideen, wie der Kontakt aufrechterhalten werden weiterhilft. Ein großes Dankeschön gilt an dieser kann. So wurden Fotos und kleine Videos aufge- Stelle allen Kolleginnen in der Familiären Kri- zeichnet und verschickt sowie videotelefoniert. senbetreuung! Durch den Beitrag jeder einzelnen Beide Möglichkeiten möchten wir seither nicht Kollegin, jeder Krisenpflegemutter, Familien- mehr missen. Ein Foto, das zeigt, dass es den ei- helferin, Fallbegleitung und Psychologin konnte genen Kindern einen Tag nach der Aufnahme in das herausfordernde Jahr 2020 so gut gemeistert der FKB gut geht, kann Eltern so viele Sorgen werden. Danke, dass Sie trotz aller Herausforde- nehmen. Und ein kurzes Handyvideo der Eltern, rungen und Widrigkeiten das Wichtigste nicht in dem sie erzählen, dass sie sich auf die bevor- aus den Augen verlieren – das Wohl der uns an- stehende Rückführung der Kinder freuen, kann vertrauten Kinder! ■ Kindern den Übergang erleichtern. plan B – Zeitschrif t für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption21/2021 17
Tätigkeitsbericht IN-Betreuung 18 plan B – Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption 2/2021
Fachbereich IN-Betreuung « IN-Betreuung – Sozialpädagogik zu Hause Von Leiter Martin Seufer-Wasserthal Seit 2015 leben bei plan B Kinder und Jugendli- Insgesamt gibt es ein wertvolles und wertschät- che in IN-Familien. Mit Jahresende 2020 arbei- zendes Miteinander, das ohne den intensiven ten 14 Familien in diesem Bereich. Sie betreuen fachlichen Austausch wohl nicht so gut funktio- insgesamt 17 Kinder bzw. Jugendliche und junge nieren würde. Wir alle sind vom Konzept der IN- Erwachsene. Betreuung überzeugt und auch davon, dass diese familiäre Betreuungsform, begleitet von einem Im Jahr 2020 zogen aber auch einige Kinder und umfassenden Paket an Unterstützungsangebo- Jugendliche aus den IN-Familien aus. Manche, ten, die Basis für ein gesundes Aufwachsen der weil sie volljährig wurden und so aus der IN-Be- uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen bil- treuung ausschieden und manche, weil die Prob- det. Auch zeugen Anfragen aus ganz Österreich lematik so groß wurde, dass das Familiensystem nach dem Konzept der IN-Betreuung und auch der IN-Betreuung die Betreuung des Kindes leider nach der Möglichkeit, ob Kinder aus anderen nicht mehr leisten konnte. Für sie wurden andere Bundesländern aufgenommen werden gute Plätze gefunden. Nachbe- können, von der Qualität 2020 treuungen durch die dieser Betreuungs- IN-Betreuerinnen 16 arbeiteten form. und IN-Betreuer 23 Familien im Bereich der IN-Betreuung konnten realisiert Die Anfragen die insgesamt Kinder bzw. werden, damit der der Kinder- und Kontakt zur IN-Fa- Jugendliche betreuten. Jugendh ilfeeinricht milie nicht abrupt abge ungen nach Betreuungs- brochen werden muss- plätzen konnten wir im vergangenen te. Jahr wieder bei Weitem nicht erfüllen. Besonders die Suche nach Betreuungsfamilien gestaltet sich Viele der Kinder und Jugendlichen haben regel nicht ganz einfach. Auf Ausschreibungen melden mäßige Kontakte zu ihren Eltern. Die IN- sich nur wenige interessierte Menschen. Betreuerinnen und IN-Betreuer sind dabei in der Gestaltung äußerst kreativ und engagiert. Trotz Die ständige Suche nach neuen IN-Betreuerinnen Corona konnten Kontakte ausgebaut und vertieft und IN-Betreuern fordert uns auf allen Ebenen. werden. Die Treffen finden entweder bei plan B Wir hatten und haben hier alle Hände voll zu tun. in den Besucherräumlichkeiten, auf neutralem Fragen, wie neue Personen für die IN-Betreuung Boden oder sogar bei den IN-Familien zu Hause gefunden und begeistert werden können bzw. die unter Berücksichtigung der Corona-Sicherheits- IN-Betreuung insgesamt bekannter und attrakti- bestimmungen statt. ver werden kann, stellen sich zunehmend. Es gibt aber auch Kinder, die keine beziehungs- Das letzte Jahr war von vielen verschiedenen weise kaum Kontakte zu ihrer Familie haben Themen geprägt, wobei sicher das Thema Corona (können). Bei diesen wird versucht, ihre Familie mit all seinen Ausprägungen von Homeschooling, beispielsweise mittels Words & Pictures mehr in Lockdown, Familie nicht sehen können uvm. sehr den Blick zu rücken. stark in den Mittelpunkt rückte. Die fachliche Begleitung der Familien und das Unterstützungsangebot werden als durchwegs positiv bewertet und führen zur Entlastung der Familien. plan B – Zeitschrif t für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption21/2021 19
» Fachbereich IN-Betreuung Durch die krisenhaften Zustände vor allem im Wir Erwachsene sagen oft, dass ein Jahr nicht so ersten Lockdown (viele Dinge, die selbstverständ- lang ist und die Zeit verfliegt. Für eine 15-Jährige lich waren, konnten von heute auf morgen nicht ist ein Jahr ¹ ̸₁₅ ihres Lebens, für einen 7-Jähri- gemacht werden; die Zukunft war sehr ungewiss) gen ¹ ̸₇. Gerade dies muss ich mir selbst immer wurde ersichtlich, wie wichtig die enge Zusam- wieder vor Augen führen, wenn ich darüber nach- menarbeit zwischen den einzelnen handelnden denke, was ich in diesem Alter machen bzw. erle- Personen der IN-Betreuung ist. Gerade in der ben durfte und welche Freiheiten und Aufgaben Zeit, als diese Zusammenarbeit vorwiegend auf ich hatte. Vieles davon können/ dürfen Kinder das Telefon beschränkt war, hat sich gezeigt, dass und Jugendliche im Moment nicht machen. »Der persönliche Kontakte durch nichts zu ersetzen Standard« berichtet am 24. März 2021 im Artikel sind. Alle anderen Möglichkeiten sind eine gute »Arme Eltern besorgt über ihre traurigen, einsa- Ergänzung, aber kein Ersatz. Dies wiederum lässt men Kinder«, dass zwei von zehn Kindern einsa- für mich Rückschlüsse darauf zu, wie wichtig mer und trauriger als vor der Corona-Krise seien. zum Beispiel auch persönliche Kontakte der Kin- Jedes dritte Kind schlafe auch schlechter bzw. sei der und Jugendlichen zu ihren Wurzeln – ihrer unruhiger und gestresster. Bei Kindern, die schon eigenen Familie – sind. vor der Krise Probleme hatten, seien diese Werte um ein Vielfaches höher. An neuer Qualität ist aber dennoch hinzugekom- men, dass wir in der IN-Betreuung nun endlich In der IN-Betreuung haben alle in die Betreuung mit den Vorzügen der neuen Technologien ausge- involvierten Personen im letzten Jahr mit viel stattet worden sind. So ist es nun für niemanden Engagement, Zielstrebigkeit und Kreativität und mehr ein Problem, an einer Videokonferenz teil- trotz so mancher Bedenken wegen möglicher An- zunehmen oder auch Videokontakte mit der Fa- steckungsgefahren dafür gesorgt, dass die uns an- milie zu begleiten. vertrauten Kinder und Jugendlichen zumindest einen Teil der für sie so wichtigen Kontakte mit Vor einem Jahr habe ich mir als Leiter der IN-Be- Eltern und Gleichaltrigen aufrechterhalten konn- treuung noch Gedanken gemacht, wie es möglich ten. Sie sorgten dafür, dass zumindest ein Teil an ist, mit allen IN-Betreuerinnen und IN-Betreuern »Normalität« beibehalten werden konnte. Dafür möglichst schnell und direkt in Kontakt zu treten möchte ich mich in diesem Bericht ausdrück- und sich abzusprechen, ohne dass sich gleich ins lich bei allen Menschen in der IN-Betreuung bei Auto gesetzt werden muss. An regelmäßige Video- plan B bedanken: allen voran den IN-Familien, konferenzen habe ich da noch nicht gedacht. deren Assistenzkräften und Fallbegleiterinnen. Aber auch hier ist zu bemerken, dass sich alle Zu einem funktionierenden System gehören aber schon wieder darauf freuen, sich endlich wieder nicht nur die direkt mit den Kindern und Ju- persönlich treffen zu können. Die Gespräche zwi- gendlichen arbeitenden Menschen. Somit gilt der schen Tür und Angel, beim Kaffee oder einfach Dank auch all jenen, die IN-Betreuung bei plan B kurz nach einer offiziellen Besprechung sind un- überhaupt ermöglichen und »hinter den Kulis- ersetzbar. sen« unermüdlich und tagtäglich dafür arbeiten, Für die uns anvertrauten Kinder und Jugend- dass den uns anvertrauten Kindern und Jugend- lichen war dieses Jahr sicherlich ein besonders lichen der bestmögliche Schutz und Halt gegeben anstrengendes und hochemotionales. Gerade sie werden kann. ■ waren und sind von dieser so besonderen Zeit überaus stark betroffen. Die IN-Familien geben ihnen hier mit ihrem einerseits professionellen Verständnis und andererseits mit der Stabilität und Stärke des Familiensystems einen besonde- ren Halt. Es hat sich aber auch gezeigt, dass dieses starke System nicht als selbstverständlich gese- hen werden darf. Es muss ständig an den Stärken gearbeitet und die auftretenden Schwächen und Ängste müssen ernst genommen und reflektiert werden. 20 plan B – Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption 2/2021
Fachbereich IN-Betreuung « Vom Versuch in schwierigen Zeiten als Team gut zusammenzuarbeiten und den Blick auf das Positive zu behalten – wie geht das? »Einen Artikel für den Jahresbericht bräuchten wir noch. Und eine Idee für ein Thema. Und jemanden der‘s schreibt.« Mit einem solch netten Auftrag überraschte uns unser Teamleiter Martin wieder einmal im Jänner bei einer Team-Besprechung. Tja, was für ein Thema? Puh, was war denn alles im vorigen Jahr … Corona fällt uns sofort ein. – Bitte nicht schon wieder! – Keiner kanns mehr hören. – Das ist doch echt nicht mehr zum Aushalten. – Immer noch kein Ende in Sicht. – Und die Zahlen steigen schon wieder. – Na, ob alles jemals wieder »normal« wird? – Hach, wissts noch, wie unkompliziert vorher alles war? Ohne Masken. Ohne Abstandhalten. – Seufz. Mitten in den Corona-Frust schlägt plötzlich ein Nun hört sich das sehr nach »Einzelkämpfer- SEN-Blitz ein und geboren ist die Idee: Wir sch- tum« an, ist es aber nicht. Das Team ist eine der reiben einfach darüber, was uns geholfen hat, in wertvollsten Ressourcen, die wir haben und er- schwierigen Zeiten als Team gut zusammenzuar- möglicht uns erst qualitätsvolles Arbeiten, stärkt beiten und den Blick auf das Positive nicht zu ver- jeder/m von uns den Rücken, ermöglicht uns lieren! Gute Idee! Herausfordernde Zeiten gibt’s neue Sichtweisen und Erkenntnisse. Deshalb sicher auch nach Corona, das können wir und/ sind ein regelmäßiger Kontakt und Austausch im oder vielleicht auch andere brauchen. (Zur Res- Team uns allen äußerst wichtig und deshalb er- source Humor/Augenzwinkern unten mehr ). achten wir unsere Arbeitsbeziehungen als höchst schützenswert. Wir sind in den letz- Aber jetzt mal ernsthaft - zu ten Jahren durch Hochs und unserer Ausgangslage/ »There’s a crack in everything. Tiefs gegangen, hatten Herausforderung: Unser That’s how the light gets in.« natürlich auch unsere kleines »IN-Büro-Team« Leonard Cohen Auseinandersetzungen besteht aus 5 Personen miteinander, manchmal - Teamleiter Martin und hat es dabei auch Unterstüt- Fallbegleiterinnen Julia, Elisa- zung von außen bedurft, um es gut zu beth, Maria und Martina. Zu unserem Job muss lösen. Aber wir haben es immer wieder geschafft, man wissen, dass wir generell sehr viel unterwegs zusammenzukommen und sind dadurch noch sind, auf Hausbesuchen bei unseren IN-Familien mehr zusammengewachsen. Corona hat uns nun oder sonstigen externen Terminen. Hinzu kommt, vor ganz neue Herausforderungen gestellt, die dass wir Fallbegleiterinnen alle teilzeitbeschäf- Ressource »Team« zu erhalten und zu pflegen. tigt sind und damit ohnehin schon nicht sehr oft im Büro anzutreffen sind. Mit Corona hat sich die Wie kam das? Wir saßen also da in unseren Home Anwesenheit im Büro noch einmal reduziert, da Offices und winkten uns von unseren Bildschir- wir vermehrt im Home Office gearbeitet haben. men aus quer über ganz Oberösterreich zu. Team- Besprechungen, Supervisionen etc. liefen nur mehr über Telefon, Mail, Teams, zoom & Co. Hin- zu kamen die sehr speziellen Herausforderungen, plan B – Zeitschrif t für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption21/2021 21
» Fachbereich IN-Betreuung die jede/r von uns im privaten Bereich auch noch › Wir versuchen in Kontakt zu bleiben. Auf der zu meistern hatte, wie etwa Kinderbetreuung, technischen Ebene nutzen wir dazu sämtliche Heimbeschulung, Home Office einrichten etc. Im digitalen Medien wie Teams, zoom usw. und ersten Lockdown war vor allem die Unsicherheit natürlich das Telefon als Hilfsmittel. Auf der und das Unwohlsein mit dieser ungewohnten Si- menschlichen und inhaltlichen Ebene ist es uns tuation zu spüren. Wie geht’s bloß weiter? Wie generell wichtig, dass wir viele Dinge ansprechen soll die Begleitung unserer IN-Familien ausse- können, egal ob positiv oder negativ. Jede/r hen? Ist Kurzarbeit eine Lösung für uns? Es gab Einzelne wird wertgeschätzt und die Meinungen, nichts, woran sich irgend jemand von uns orien- so unterschiedlich sie auch sein mögen, werden tieren hätte können, denn so eine Situation gab ernst genommen. Und wenn’s einmal »kracht«, es zuvor nicht. Jede/r wirkte auch durch seine dann versuchen wir durchzuatmen und bleiben persönlichen Herausforderungen und durch die trotzdem dran um eine Aussprache und Lösung zu Distanz ein bisschen wie »auf einem eigenen Pla- bewirken. Dabei ist uns wichtig, wertschätzend neten« und entsprechend merkte man dies auch zu sein und auch einmal einen Schlusspunkt zu in der Kommunikation miteinander. Hinzu kam machen, wenn sich etwas gelöst hat. Zusätzlich auch noch, dass wir in unserer Fallarbeit mit den merkt man auch bei uns allen die Motivation, aus Familien, Kindern und Jugendlichen einige ganz Fehlern oder Herausforderungen lernen zu wollen. besondere Herausforderungen hatten, nebst den › SEN und auch der kompetenzorientierte Zugang neuen Anforderungen an unsere Betreuer/innen der Sexualpädagogik haben schon ihre Spuren wegen Corona sind etwa die ersten beiden jungen bei uns hinterlassen und davon haben wir Frauen, aus ihren Familien in ein selbstständiges auch in der Corona-Zeit profitiert. Wir richten Leben gewechselt, für 2 Kinder musste ein neuer unseren Blick viel schneller in Richtung »Was Betreuungsplatz gesucht werden etc. Die Ressour- läuft trotzdem gut?« / »Was funktioniert?« / ce Team war ganz schön gefordert und bekam hie »Was ist machbar und gut genug?«. Auch wenn und da auch leichte Risse. eine Situation noch so schwierig ist, zumindest Dazu fällt mir eine Zeile aus Leonard Cohens eine Person nimmt immer diesen Blickwinkel Song »Anthem« ein: »There’s a crack, a crack in auf und bewegt auch die anderen mit. Und wir everything. That’s how the light gets in.« Alles hat beginnen beispielsweise unsere 14-tägige Team- Risse – auf diese Weise dringt das Licht ein. Hier Besprechung mit einem positiven Einstieg: jede/r ist ein Bericht darüber, wie wir versucht haben, berichtet, was ihm/ihr seit dem letzten Team gut mit den Rissen und dem Licht umzugehen. Was gelungen ist, worüber man sich gefreut hat etc. hat uns geholfen, den Blick aufs Positive nicht zu › Damit sind wir schon beim nächsten Punkt: verlieren und als Team weiterhin gut zusammen- Erfolge feiern und sich mitfreuen. All zu schnell zuarbeiten? sind wir gleich beim nächsten Problem, wenn wir einmal eines gelöst haben. Auch wenn wir das gerne hintan stellen: Die Zeit innezuhalten, zu reflektieren wie wir etwas geschafft haben und sich auch ausreichend darüber zu freuen – am Besten in Gemeinschaft – ist äußerst wertvoll. Dazu reicht es manchmal, es im Team zu erzählen, manches verdient aber einen besonderen Rahmen und es darf auch einmal angestoßen werden oder mit viel Kuchen gefeiert werden. Da haben wir noch einiges aufzuholen nach Corona! › Nach wie vor eine Herausforderung: Möglich keiten für einen informellen Austausch zu schaffen. Wenn man sich nicht sieht, ist 22 plan B – Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption 2/2021
Fachbereich IN-Betreuung « ein zufälliges Gespräch oder ein Plaudern Nun handelt dieser Erfahrungsbericht hauptsäch- zwischen Tür und Angel nicht möglich. Deshalb lich von der Zusammenarbeit in unserem »Büro- versuchen wir das auch bei unseren Telefonaten/ Team«. Es gibt aber noch ein großes IN-Team – Videokonferenzen einzubauen oder nehmen uns jenes, zu dem auch unsere IN-Betreuer/-innen vor, auch einfach so zum Hörer zu greifen und gehören. Die obigen Punkte haben wir jedoch auch ohne Fallhintergrund zu telefonieren. Das fordert versucht, in unserer Arbeit mit den IN-Familien, aber viel mehr aktives Zutun und sich dafür Zeit Kindern und Jugendlichen in dieser besonderen zu nehmen ist nicht immer einfach. Zeit umzusetzen. Denn unser Tun und unsere Hal- tung wirken sich über all unsere Schnittstellen und › Unser persönliches Repertoire an Selbstfürsorge über alle Ebenen aus. Das Wohl der Kinder/Ju- nutzen wir verstärkt für Ausgleich, Erholung gendlichen, die uns anvertraut wurden, steht dabei und zum Krafttanken. Da hat jede/r seine/ihre im Fokus. Auch das Wohl unserer IN-Betreuer/- eigenen Tankstellen – sei es viel in der Natur zu innen liegt uns sehr am Herzen. Wir haben bei sein, Sport oder Yoga zu machen, ein gutes Buch und mit ihnen besonders während der Corona-Zeit zu lesen etc. sehr viel Engagement, Offenheit und Lösungsori- › Dosierter Medienkonsum im Hinblick auf die entierung erlebt und sie haben den anstrengenden Corona-Berichterstattung. Ganz ohne geht’s Alltag mit den Kindern/Jugendlichen bestens ge- nicht, da wir ja auch auf dem Laufenden bleiben meistert. Es wurden zudem Wege gefunden, wie müssen bzgl. neuer Vorgaben/Regelungen in trotz Corona Hausbesuche oder Kontakte mit leib- Bezug auf Corona. Aber mit Hausverstand bei lichen Eltern stattfinden konnten. Dafür gebührt der Sache sein und sich nicht verrückt machen ihnen ein riesengroßes Dankeschön und – sobald lassen – das war die Erkenntnis nach der es wieder möglich ist – ein persönliches gemeinsa- allgemeinen Schockstarre des ersten Lockdowns. mes Feiern dieser ihrer Leistung! › Humor (behalten) und manches mit einem Eine Herausforderung, die uns nach wie vor be- Augenzwinkern betrachten. Auch wenn’s schäftigt, ist, diese Gruppe voll bunter Individuen vielleicht in der problematischen Situation »im Boot« zu haben und gemeinsam mit ihnen an selbst nicht gelingt oder auch nicht angebracht der Weiterentwicklung der IN-Betreuung zu arbei- ist, so hilft es manchmal auch im Nachhinein, ten. Dazu benötigt es auch abseits der Fallbeglei- manches oder auch sich selbst mit einem tungen eine entsprechende Struktur. Aufgrund der Augenzwinkern betrachten zu können. Auch gibt Corona-Einschränkungen verstärkte sich die Sor- es kreative, lustige, lustvolle Methoden, sich ge, dass wir diese Anbindung unserer IN-Betreuer/ gewisse Themen zu erarbeiten – so geschehen innen zunehmend verlieren könnten. Es hat zwar beim Team im März: Julias Fragekarten zu einiger Anlaufzeit bedurft, aber schlussendlich ist beantworten machte einfach Spaß und sorgte es gelungen, einen guten Austausch über monatli- für Abwechslung im, wie immer sehr dichten und che Jour Fixes per Videokonferenz zu schaffen, der intensiven, Programm. sogar viel zeitnaher und aktueller ist als die bishe- rige Struktur mit den üblichen Dienstbesprechun- › Kleine Worte – große Wirkung. Öfter mal gen. Zusätzlich gibt es beinahe im Wochenrhyth- Danke sagen z. B. für’s Zuhören, positives mus Mails vom Teamleiter mit Neuigkeiten. Feedback geben, oder mit einer Kleinigkeit am Bürotisch der Kollegin zeigen, dass man an sie Und übrigens – wir sind immer noch dabei, mit gedacht hat… Egal ob Geschäftsführer oder den Rissen und dem Licht zu arbeiten. Manches Reinigungskraft: wir sind doch schlussendlich Mal ist es schwierig, da wir Menschen alle von Na- alle nur Menschen, soziale Wesen, die nach tur aus eher problemfokussiert denken, aber im- Zugehörigkeit streben und sich über positive mer wieder schaffen wir es, den Blick auf das Po- Zuwendungen freuen. sitive zu lenken. Daraus entstehen dann mitunter diese kleinen und großen erhellenden, kraftvollen › Und noch ein Schlusssatz – Zitat Martin: Momente, von denen wir zehren können und wor- Ganz allgemein ist es durchaus hilfreich, aus wieder Neues entsteht und wachsen kann. ■ wenn man sich gegenseitig mag. Martina Lanzerstorfer, BA, Fallbegleiterin IN-Betreuung plan B – Zeitschrif t für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption21/2021 23
Tätigkeitsbericht Stationäre Krisenbetreuung 24 plan B – Zeitschrift für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption 2/2021
Fachbereich Stationäre Krisenbetreuung « 30 Jahre Mogli Von Leiterin Barbara Krenn Das Jahr 2020 war für alle ein sehr herausforderndes und auch besonderes Jahr – auch wir sind hier keine Ausnahme. Trotz der vielen Herausforderungen gab es viele schöne und ebenso wichtige Momente, die wir in Erinnerung rufen wollen und die gefeiert werden möchten. Ein solcher Anlass ist das 30-jährige Bestehen der Kindergruppe MOGLI. Die Recherchearbeiten zu den letzten 30 Jahren Im Jahr 2000 wurde in der Leondinger Straße forderten uns zuerst einmal heraus. Unsere Ar- das 10-jährige Bestehen des Krisenpflegeplatz beit bestand darin, handschriftliche Aufzeich- Mogli gefeiert. Bis dahin konnte das Mogli bereits nungen zu sichten – eine ungewohnte Tätigkeit, für 171 Kinder aus Oberösterreich ein Zuhause auf denn in der heutigen Zeit ist man die Digitalisie- Zeit in akuten Krisensituationen sein. rung von Unterlagen einfach schon gewohnt. Den- Über die nächsten Jahre stieg der Bedarf an Be- noch konnten nach ein wenig Suche Schriftstücke treuungsplätzen für Kinder und Jugendliche wei- gefunden werden und so begann die zeitliche Re- terhin an. Dies wurde von der Abteilung Jugend- cherche zum 30-jährigen Bestehen des MOGLI. wohlfahrt des Landes Oö. als Anlass gesehen, das Bereits im Jahr 1990 wurde der Krisenpflegeplatz Konzept der Krisen- und Übergangsbetreuung in Hafnerstraße des Vereins Pflege- und Adoptiv Zusammenarbeit mit Vertreter/inne/n der Träge- eltern OÖ. gegründet. Die Anfrage des Projekts reinrichtungen zu evaluieren, zu adaptieren und lief zuerst unter dem Namen »Kindernest« und die Platzanzahl auszubauen. hatte als Ziel, ein familienähnliches Umfeld für Kinder zu schaffen, um in akuten Krisensituati- Im Zuge dessen wurde plan B beauftragt, die Kin- onen zu entlasten. Die Zeit der Krisenbetreuung dergruppe zu erweitern und zusätzlich eine eige- solle genützt werden, um entweder die Rückkehr ne Gruppe für Jugendliche aufzubauen. Für die zur Herkunftsfamilie vorzubereiten oder zum Realisierung musste zunächst einmal eine geeig- Finden von Pflege- oder Adoptiveltern. Am Kri- nete Infra- senpflegeplatz Hafnerstraße konnten damals fünf struktur Kinder von der Geburt bis zu ihrem 8. Lebens- jahr, in Ausnahmefällen bis zum 12. Lebensjahr, in der Wohngruppe betreut werden. Bereits im Jahre 1995, also fünf Jahre nach der Gründung des Krisenpflegeplatzes, zeigte sich die Notwendigkeit von mehr Betreuungsplät- zen für Kinder und diese wurden in der Leondinger Straße 18 am Froschberg gefunden. Hier standen sechs Plätze und ein Not-Platz für Kinder zwi- schen zwei und zwölf Jahren zur Verfügung. Gleichzeitig wurde auch das Konzept erneuert und der Kri- senpflegeplatz wurde in Krisenpflegeplatz Mogli umbenannt. plan B – Zeitschrif t für Pflege, Krisenbetreuung, IN-Betreuung und Adoption21/2021 25
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